Studien und Dokumente zur Gallia Pontificia Bd. 7 2012 ______________________________________________________________ Copyright Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.net, der OnlinePublikationsplattform der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen ausschließlich zu privaten und nichtkommerziellen Zwecken erfolgen. Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil-, als auch strafrechtlich verfolgt werden. Zu Auswirkungen des alexandrinischen Schismas in Diözese und Kirchenprovinz Reims* von Ludwig Falkenstein I. — Vorbemerkung 1. Zur Lage der Diözese und der Kirchenprovinz Es mag zunächst überraschen, dass Auswirkungen des alexandrinischen Schismas in der Diözese und der Kirchenprovinz Reims hier erörtert werden sollen. Die einzige Diözese der Kirchenprovinz, in der man allenfalls solche Auswirkungen erwarten dürfte, ist die größtenteils zum mittelalterlichen Reich gehörende Diözese Cambrai. Sie erstreckte sich im Nordwesten der Kirchenprovinz Reims fast bis zur Mündung der Schelde. Nicht zufällig haben sich für diese Diözese und ihren Bischof auch mehrere bezeichnende Zeugnisse erhalten1. Jedoch ist nicht zu übersehen, dass einerseits die Bedingungen für diese Diözese sich grundlegend von denen anderer zur Kirchenprovinz Reims gehörender Diözesen unterschieden, andererseits einzelne Diözesen und ihre Bischöfe, darunter die Diözese des Metropoliten selbst, mit Problemen kon* Dieser Beitrag ist aus der Beschäftigung mit der Sammlung päpstlicher Briefe des Codex Arras 964 entstanden. Rolf Große (Paris) habe ich dafür zu danken, dass er durch Zusendung von Photokopien seine Hilfe gewährte, Frau Anneliese Lohne, Bibliothekarin des Historischen Instituts der Universität Aachen, bin ich für das Besorgen auswärtiger Literatur zu Dank verpflichtet. 1. Dazu unten, Anm. 23. 140 Ludwig Falkenstein frontiert wurden, die durch das im Reich entstandene Schisma verursacht worden waren. Um die im Folgenden vorgelegten Zeugnisse angemessen einordnen zu können, ist ein kurzer Blick auf die geographische Lage der Diözese und der Kirchenprovinz Reims unerlässlich, denn ohne ihre Kenntnis sind manche der hier vorgelegten Nachrichten kaum oder nur schwer verständlich. Im Rahmen der unter Diokletian erfolgten Neuordnung der drei gallischen Provinzen wurde 291-292 auch die Provinz Belgica in die Belgica prima mit Trier als Hauptstadt und die Belgica secunda mit Reims als Hauptstadt aufgeteilt. Die neue Provinz Belgica secunda war von den Provinzen Germania inferior im Norden, Belgica prima im Osten, Lugdunensis prima im Südosten, Lugdunensis quarta im Süden und Südwesten sowie Lugdunensis secunda im Westen um­geben. Mit dieser Neuordnung sollten auf Jahrhunderte hinaus, bis zum Jahr 15592, auch die historischen Bedingungen für die kirchlichen Gebietseinheiten vorgegeben sein, die sich analog zu den spätantiken römischen Provinzen im Norden des spätantiken Gallien etablierten. Die Hauptstädte dieser Provinzen wurden nunmehr zu Metropolen der nach ihnen benannten Kirchen­pro­ vinzen : um die Kirchenprovinz Reims lagen jetzt die Kirchenprovinzen Köln im Norden, Trier im Osten, Lyon im Südosten, Sens im Süden und Südwesten sowie Rouen im Westen3. Die Grenzen der Diözese Reims indes dürften denen der civitas Remorum entsprochen haben. Sie war umgeben im Norden von der Diözese Laon, die nicht aus einer civitas entstanden war, sondern in der Spätantike von der Diözese Reims abgetrennt wurde 4. Im Nordosten reichte die Diözese Reims an die Diözese Lüttich heran, die zur Kirchenprovinz Köln zählte. Im Osten stieß sie an die Diözese Trier, südlich davon an die Diözese Verdun, die Teil der Kirchenprovinz Trier war. Im Süden grenzte sie an die Diözese Châlons-en2. Siehe M. Dierickx, De oprichting der nieuwe bisdommen in de Nederlanden onder Philipps II 15591570, Antwerpen / Utrecht, 1950. Zu einzelnen Versuchen, neue Bischofssitze zu gründen oder « wiederherzustellen », Lotte Kéry, Die Errichtung des Bistums Arras 1093/1094, Sigmaringen, 1994 (Beihefte der Francia, 33) ; kurze Hinweise bei Pascal Montaubin, « La province ecclésiastique de Reims vue de Rome (viiie-xiiie siècles) », in Mélanges académiques. La province ecclésiastique de Reims. Journée d’études de l’université de Reims (9 novembre 2007), Reims, 2008 (Travaux de l’Académie nationale de Reims, 178), S. 285-316, hier S. 307-310. 3. Aus der Fülle der Literatur sei nur auf den folgenden Titel hingewiesen : Topographie chrétienne des cités de la Gaule des origines au milieu du viii e siècle, hg. Luce Pietri, Brigitte Beaujard u. Francoise Prêvot, Bd. XIV : Province ecclésiastique de Reims (Belgica secunda), Paris, 2006. Darin Marie-Thérèse Raepsaet-Charlier, « Organisation de la province », S. 5-15 ; Luce Pietri, « Organisation de la pro­ vince », S. 16-20 ; Luce Pietri u. Robert Neiss, « Reims », S. 21-45. 4. Zur besonderen Entstehung dieser Diözese Reinold Kaiser , « Bistumsgründungen im Merowingerreich im 6. Jahrhundert », in Beiträge zur Geschichte des Regnum Francorum, hg. Rudolf Schieffer, Sigmaringen, 1990 (Beihefte der Francia, 22), S. 9-35, hier S. 10-18 ; sowie jüngst Michèle Gaillard u. Jean-Pierre Jorrand, « Laon », in Topographie chrétienne…, Bd. XIV, S. 170. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 141 ­Champagne, die zur Kirchenprovinz Reims gehörte, während sie im Südwesten und Westen von der Diözese Soissons begrenzt wurde ; deren Bischof nahm unter den Suffraganen den ersten Rang ein. Dies zeigt, dass die Diözese Reims inner­halb der Kirchenprovinz exzentrisch im Nordosten an deren Grenzen lag. Drei von sechs Diözesen, die sie im Norden und Osten umgaben, Lüttich, Trier und Verdun, zählten nicht nur zu anderen Kirchenprovinzen, sondern sie gehörten seit der Bildung der karolingischen Teilreiche zugleich auch zu einer anderen politischen Gebietseinheit als der größte Teil der Diözese Reims : zuerst zum Mittelreich Lothars I. (843), dann zu Lotharingien (855), wenig später zum ostfränkischen Reich (877 und 879/880), danach zum mittelalterlichen Reich, auch wenn die Grenzen der Kirchenprovinzen und Reiche keineswegs mitein­ander identisch waren5. Die Reichsgrenze verlief von Norden nach Süden mitten durch den öst­ lichen Teil der Diözese Reims, aber keineswegs entlang der Maas. Von den 450 Pfarreien, die es zu Beginn des 14. Jahrhunderts in der Diözese gab, lagen 30 « en terre d’Empire6 ». Sie gehörten damals nach Ausweis des ältesten, noch erhalten gebliebenen Pouillé zu den östlich gelegenen Landdekanaten Mézières, Mouzon und Dun-sur-Meuse7. Erzbischof Guillaume aux Blanches Mains (1176-1202) hat zumindest vor­ übergehend den Plan verfolgt, diesen Teil der Diözese Reims zu einer eigenen Diözese zu erheben, deren Mittelpunkt Mouzon (arr. Sedan, Ardennes) hätte werden sollen. Obwohl Coelestin III. und Innocenz III. unter dem Vorbehalt den Plan billigten, entweder in der Abtei einen Bischofssitz zu errichten oder im castrum Mouzon eine Kathedrale zu erbauen, der ein Bischof vorstehen sollte, ohne die Mönche aus ihrem Kloster auszuschließen, ist er gleichwohl nie ausgeführt worden8. In diesem Zusammenhang verdient erwähnt zu werden, dass 5. Dazu vor allem Michel Bur, « La frontière entre la Champagne et la Lorraine du milieu du xe à la fin du xiie siècle », in Francia, Bd. 4, 1976, S. 237-254 ; jetzt auch in ders., La Champagne médiévale. Recueil d’articles, Langres, 2007, S. 141-160 ; ders., « Recherches sur la frontière dans la région mosane aux xiie et xiiie siècles », in Actes du 103e Congrès national des sociétés savantes (Section de philologie et d’histoire jusqu’à 1610), Nancy-Metz, 1977, Paris, 1979 (Comité des travaux historiques et scientifiques), S. 143-160 ; jetzt auch in ders., La Champagne médiévale…, S. 161-179 ; Michel Parisse, « La frontière de la Meuse au xe siècle », in Haut Moyen-Âge. Culture, éducation et société. Études offertes à Pierre Riché, hg. Michel Sot, La Garenne-Colombes, 1990, S. 427-437. 6. Dazu jüngst Patrick Demouy, Genèse d’une cathédrale. Les archevêques de Reims et leur Église aux xi e et xii e siècles, Langres, 2005, S. 184-186. 7. Das Gebiet entsprach den alten pagi des Castrice, des Mouzonnais und des Dormois ; Pouillés de la province de Reims, ed. Auguste Longnon, Bd. I, Paris, 1908, S. 24-25, 29-30, 32-33. Namentliche Aufzählung bei P. Demouy, Génèse…, S. 184-186. 8. Die Vorgänge sind bezeugt in den Litterae cum serico Innocenz’ III. für Guillaume aux Blanches Mains, Kardinal von S. Sabina, Erzbischof von Reims, Potthast 157, (1198 Mai 11) ; Migne P.L., Bd. CCXIV, Sp. 136AD, Nr. CLI ; Die Register Innocenz’ III., Bd. I : 1. Pontifikatsjahr, 1198/99, ed. Othmar Hageneder u. Anton Haidacher, Graz / Köln, 1964 (Publikationen des Österreichischen Kulturinstituts in Rom, II/1), S. 222-223, Nr. 152 : […] ut in predicta abbatia iuxta prescriptam tibi formam a predeces- 142 Ludwig Falkenstein Erzbischof Folmar von Trier, dessen Kandidatur Kaiser Friedrich I. nach einer Doppelwahl verworfen hatte, und der am 1. Juni 1186 von Urban III. zum Bischof konsekriert wurde 9, in seiner Eigenschaft als Legat des apostolischen Stuhls eine Synode der Trierer Suffragane 1187 nach Mouzon einberief und dort auch hielt 10. Außer kaum nennenswerten und fehlgeschlagenen Versuchen, die Diözese Cambrai der Kirchenprovinz Köln anzugliedern11, hat der Verlauf der Reichsgrenzen in merowingischer Zeit keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Kirchenprovinz gehabt. In den Gegenden, die nach Norden zu den Ardennen hin stark bewaldet waren, konnte es in frühen Zeiten gelegentlich zu Auseinandersetzungen mit einem benachbarten Bischof um einen Grenzverlauf kommen. Für die Bi­schöfe von Lüttich sind zwei Konflikte bekannt geworden. Zuerst ist der Brief zu erwähnen, den Bischof Remigius von Reims zwischen 510 und 533 an Falco, den Bischof von Tongeren-Maastricht, richtete. Darin führt er heftige Beschwerde darüber, dass Falco sich in Mouzon (arr. Sedan, Ardennes) an der Maas Weiherechte angemaßt und Abgaben erhoben hatte, die nur ihm, Remigius, zustünden12. Selbst noch im 12. Jahrhundert kam es zu einem Streit zwischen Erzbischof Radulf, der sich deswegen an Paschalis II. gewandt hatte, und Bischof Otbert von Lüttich, weil dieser in der zu Reims gehörenden Pfarrei des castrum in Bouillon (Prov. Luxembourg, Belgien) auf dem linken Ufer der sore nostro episcopatum erigere valeas vel, si malueris, in eodem castro cathedralem ecclesiam, cui preficiatur episcopus, fabricare, liberam tibi concedimus auctoritate apostolica facultatem : ita tamen, quod ab eodem monasterio monachi nullatenus excludantur ; ne forte venire contra sanctiones canonicas videremur, quibus provida fuit deliberatione statutum, ut que semel Deo dicata sunt monasteria, semper maneant monasteria […]. Dazu P. Demouy, Genèse…, S. 436f. 9. Dazu Germania Pontificia, Bd. X/1, S. 144, Nr. *347. 10. ������������������������������������������������������� « Gestorum Treverorum continuatio », III, 10, ed. Georg Waitz, in M.G.H., Scriptores, Bd. XXIV, Hannover, 1879, S. 387. Die Urteile der Synode wurden vom Papst bestätigt ; Germania pontificia, Bd. X/1, S. 145, Nr. *350a. Dazu Michel Parisse, « Présence et interventions de Frédéric Barberousse en Lorraine », in Friedrich Barbarossa. Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers, hg. Alfred Haverkamp, Sigmaringen, 1992 (Vorträge und Forschungen, 40), S. 201-223, hier S. 214. 11. �������������������������������������������������������������������� Zu einem solchen Versuch zur Zeit Heinrichs II. (1012) vgl. Theodor Schieffer, « Ein deutscher Bischof des 11. Jahrhunderts : Gerhard I. von Cambrai (1012-1051) », in Deutsches Archiv, Bd. 1, 1937, S. 323-360, hier S. 332f. Zu einem weiteren Versuch, unten, Anm. 28. Zur Kirchenprovinz Reims in merowingischer Zeit, Charles Mériaux, « La province de Reims à l’époque mérovingienne », in Mélanges académiques. La province ecclésiastique de Reims…, S. 267-293, hier S. 277-282. 12. M.G.H., Epistolae, ed. Wilhelm Gundlach, Bd. III, Berlin, 1892, S. 114-116, Nr. 4 ; Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. CXVII, Turnhout, 1957, S. 411-413, Nr. 4 ; dazu Petrus Cornelis Boeren, « Les évêques de Tongres-Maestricht », in Revue d’histoire de l’Église de France, Bd. 62, 1976, S. 25-36, hier S. 34f. ; Eugen Ewig, « Les Ardennes au haut Moyen Âge », in Anciens pays et assemblées d’états, Bd. 28, 1963, S. 1-38, hier S. 22 ; auch in ders., Spätantikes und fränkisches Gallien, Bd. I, hg. Hartmut Atsma, München, 1976 (Beihefte der Francia, 3/1), S. 523-552, hier S. 539 ; Jean-Louis Kupper, « Leodium (Liège/Luik) », in Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis, Series V : Germania, Bd. I : Archiepiscopatus Coloniensis, hg. Stefan Weinfurter u. Odilo Engels, Stuttgart, 1982, S. 43-83, hier S. 49. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 143 Semois Rechte usurpierte, die ihm nicht zustanden, und dort an Saint-Jean sogar einen Priester ordiniert hatte. Paschalis II. ermahnte Otbert, solches zu unterlassen oder sich gegebenenfalls einer Untersuchung durch die Bischöfe (Wilhelm ?) von Châlons-en-Champagne und (Richwin) von Toul zu stellen (JL 6499, [1107-1116] Dezember 27)13. Ob es zu einer solchen Untersuchung jedoch kam, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich hatte der Streit längst ein Ende gefunden, bevor Erzbischof Rainald von Reims 1127 dem Bischof Adalbero I. von Lüttich ein bei Bouillon gelegenes Lehen der Kirche von Reims übertrug 14. Vergleichbare Zwischenfälle an den Grenzen zu den Diözesen Trier oder Verdun sind nicht überliefert. In Zeiten eines Schismas konnte die Grenznähe zu drei nördlich und östlich gelegenen Diözesen durchaus von Vorteil sein, um Details über Vorgänge oder politische Absichten der anderen Obödienz zu erfahren ; indes sind Mitteilungen von Mittelsmännern über konkrete Vorgänge nur äußerst selten bezeugt. Über ihren Wahrheitsgehalt lassen sich zudem kaum sichere Urteile fällen. Bekannt ist eine Mitteilung, die Johannes von Salisbury wohl im Juli 1166 in einem Brief an Johannes von Canterbury machte, den Bischof von Poitiers15. Sie betraf Vorgänge, die der Leistung des Eides vorausgingen, den Johannes von Oxford auf dem Hoftag in Würzburg im Mai 1165 geschworen hatte. Für die Zuverlässigkeit der Nachricht berief sich Johannes von Salisbury auf magni et multi et religiosi nostrates [de prouincia dico Remensi] qui interfuerunt 16. 13. ������� Edmond Martène u. Ursin Durand, Veterum scriptorum et monumentorum historicorum, dogmaticorum, moralium amplissima collectio, Bd. II, Paris, 1724, Sp. 624AB, Nr. I ; Migne P.L., Bd. CLXIII, Sp. 395BC, Nr. CDLIII. Dazu Wolfgang Peters, « Zur Gründung und frühen Geschichte des Benediktinerpriorates St. Peter in Bouillon », in Revue bénédictine, Bd. 109, 1999, S. 341-358, hier S. 357. 14. Cartulaire de l’Église Saint-Lambert à Liège, ed. Stanislas Bormanns u. Émile Schoolmeesters, Bd. I, Liège, 1893, S. 36-38, Nr. XXXV ; zu dem Lehen Chantal Zoller-Devroey, « Féodalité et éco­nomie rurale dans les Ardennes médiévales : le fief de Bouillon en Sédanais », in Centenaire du séminaire d’histoire médévale de l’Université libre de Bruxelles, 1876-1976, Bruxelles, 1977, S. 21-57 ; Jean-Louis Kupper, Raoul de Zähringen, évêque de Liège, 1167-1191. Contribution à l’histoire de la politique impériale sur la Meuse moyenne, Bruxelles, 1974 (Académie royale de Belgique. Mémoires de la classe des Lettres. Collection in-8o, 2e série, LXII/2), S. 61. 15. Materials for the History of Thomas Becket, Archbishop of Canterbury, ed. James Craigie Robertson, Bd. VI : Epistles CCXXVII-DXXX, London, 1882 (Rerum Britannicarum medii aevi scriptores), S. 430f., Nr. CCCCXVIII ; The Letters of John of Salisbury, Bd. II : The Later Letters, 1163-1180, ed. William James Millor u. Chistopher Nugent Lawrence Brooke, Oxford, 1979 (Oxford Medieval Texts), S. 182-185, Nr. 177 : Nam cum Iohannes de Oxeneforda nomine regis Teutonico tiranno coniuraturus esset, et opem auxilii et consilii sacramento promitteret contra omnes homines, excepto solo rege Francorum, ait Teutonicus per interpretem, sicut attestantur magni et multi et religiosi nostrates [de prouincia Remensi] qui interfuerunt : Rollandus, hostis ecclesiae et imperii, homo quidem est et mortalis, et omnes cardinales sui, et nullus eorum rex Francorum est ; unde nullum eorum intelligo nec uolo intelligi in hac confoederatione mei et regis Anglorum. Si uos ita sentitis an aliter, publice profiteamini. 16. ������������������ Dazu jüngst Hanna Vollrath, « Lüge oder Fälschung ? Die Überlieferung von Barbarossas Hoftag zu Würzburg im Jahr 1165 und der Becket-Streit », in Stauferreich im Wandel. Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas, hg. Stefan Weinfurter, Stuttgart, 2002 (Mittelalter-For- 144 Ludwig Falkenstein 2. Die wichtigsten Quellen Die mit Abstand wichtigsten Quellen, die noch heute zur Geschichte des alexandrinischen Schismas in der Diözese und in der Kirchenprovinz Reims zur Verfügung stehen, sind Briefe oder Mandate der päpstlichen Kanzlei. Sie gehören zu einer Sammlung päpstlicher Schreiben, die an Heinrich von Frank­ reich, den jüngeren Bruder König Ludwigs VII., entweder ergingen oder ihn betrafen : die Sammlung des Codex 964 der Bibliothèque municipale in Arras. Heinrich war seit 1149 Bischof von Beauvais, von 1161/62 an bis 1175 Erzbi­ schof von Reims 17. Die Sammlung enthielt, soweit sich ihre ursprüngliche Form ermitteln lässt, mindestens 559 Texte, nämlich 537 päpstliche Litterae und ein päpstliches Privileg, denen 21 andere Briefe und Aufzeichnungen gegenüber­ standen. Da sieben päpstliche Litterae in der Sammlung doppelt kopiert wurden, eine der Litterae Hadrians IV. und sechs Litterae Alexanders III.18, sind tatsächlich 530 päpstliche Litterae sowie ein päpstliches Privileg sowie insgesamt 21 weitere Schreiben und Aufzeichnungen in der Sammlung enthalten. Schon während seiner Amtszeit als Bischof von Beauvais hat man Schreiben und Mandate der Päpste Eugen III. und Hadrian IV., die an ihn adressiert waren oder ihn und seine Angelegenheiten betrafen, systematisch gesammelt. Deren Zahl stieg unter Alexander III. auf 481 Litterae an. Im Spätsommer 1159 brach nach dem Tode Hadrians IV. mit der Doppelwahl das alexandrinische Schisma aus. Heinrich von Frankreich trat auf die Seite Alexanders III. Als es um die Anerkennung dieses Papstes ging, wurde er in Frankreich, wie ihm der Papst bestätigte, zum wichtigsten Verfechter der alexandrinischen Sache 19. Die besondere Rolle des Bischofs und Erzbischofs in den Anfängen schungen, 9), S. 149-171, hier S. 169f. Vgl. jedoch The Correspondence of Thomas Becket, Archbishop of Canterbury, 2 Bde., ed. Anne J. Duggan, Oxford, 2000 (Oxford Medieval Texts), Bd. II, S. 1402f. 17. �������������������������������������������������������������������������������������� Die Sammlung wurde im Juni 1718 von Edmond Martène und Ursin Durand auf ihrer zweiten « Voyage littéraire » in der Bibiliothek der Abtei Saint-Vaast entdeckt und 1724 von beiden publiziert ; Voyage littéraire de deux religieux bénédictins de la congrégation de S. Maur, Paris, 1724, S. 63 ; Edition : E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. �������������������������������������� II, Sp. 622-1011 : « Registrum epistolarum Alexandri papae III. pro Remensi provincia, quibus nonnullas aliorum summorum pontificum aliaeque praemittuntur epistolae, ex ms. codice insignis monasterii Attrebatensis S. Vedasti ». Korrektur���������� bögen für die Ausgabe Sp. 612-1023 finden sich heute in Paris, BNF, lat. 17183. 18. ��� Die Litterae Hadrians IV. sind JL 10037, erstmals als Nr. 186, aber als Nr. 285 erneut kopiert. Bei den Litterae Alexanders III. handelt es sich in der Reihenfolge ihres Auftretens um folgende Stücke : JL 10661, Nr. 1 = Nr. 69 ; JL 10656, Nr. 2 = Nr. 33 ; JL 11059, Nr. 129 = Nr. 148 ; JL 11562, Nr. 187 = Nr. 191 ; JL 11799, Nr. 254 = Nr. 296 ; JL 11931, Nr. 350 = Nr. 354. 19. ������������������������������������������������������������������� In JL 10660, (1161) April 7, an Heinrich, Bischof von Beauvais, E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 659A-660E, Nr. VII ; R.H.F., Bd. XV, S. 768B-769B, Nr. XXVII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 111A-112D, Nr. XL, heißt es : Nostram uero receptionem que in concilio in Frantia celebrato sollempniter facta est, magis quam tibi nulli mortalium imputamus, cuius quidem studio, uigilantia et labore et animi hesitantium ad ueritatis sunt semitam reuocati et in deuocione ęcclesię persistentes in ea firmius roborati. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 145 des Schismas bot den Anlass, die an ihn gerichteten päpstlichen Briefe und Mandate sowie die ihn betreffenden Schreiben als geschlossene Sammlung in einen Codex aufzunehmen20. Von den 481 Litterae Alexanders III. in der Sammlung sind noch sieben an Heinrich als Bischof von Beauvais, dagegen 372 an ihn als Erzbischof von Reims adressiert. In einem Fall richten sich Litterae Alexanders III. an ihn als Elekten von Reims. Hinzu kommt, dass Heinrich noch als Bischof von Beauvais in zwei Litterae Alexanders III. einen Mitadressaten, als Erzbischof von Reims dagegen sicher in 17 Litterae einen oder zwei Mitadressaten hatte : insgesamt 399 päpstliche Litterae lassen sich somit auf Grund ihrer Inscriptio ihm als Empfänger oder als Mitempfänger zuordnen, das sind 83 % aller päpstlichen Litterae, die in die Sammlung aufgenommen wurden. Darüber hinaus enthält die Sammlung zahlreiche Litterae, die ihn oder die ihm überwiesenen Gerichtsverfahren zwar betreffen, jedoch nicht an ihn adressiert sind, sondern als Belege für frühere Vorgänge mit aufgenommen wurden. Da die Sammlung des heutigen Codex Arras 964 von Edmond Martène und Ursin Durand 1724 erstmals publiziert wurde, freilich ohne dabei auf die Reihenfolge der Handschrift zu achten, werden die aus dieser Sammlung herrührenden Schreiben hier unter Angabe ihres Erstdrucks zitiert. Außer den päpstlichen Schreiben sind vereinzelt Delegatenurkunden und eine Gerichtsurkunde mit herangezogen worden. Bei Urkunden dagegen, die sich zu Vorgängen während des Schismas äußern, ist keineswegs Vollständigkeit erstrebt, geschweige denn erreicht worden. Vor allem ging es darum, Mandaten und Schreiben der päpstlichen Kanzlei, die auf einzelne, durch den Ausbruch des Schismas bedingte Vorgänge eingehen, Gehör zu verschaffen, nachdem die päpstlichen Ersuchen um die Leistung von außerordentlichen Subsidien und um die für den reisenden Papst bereitzustellende procuratio canonica schon früher eigens untersucht worden waren21. 3. Die besondere Lage der Diözese Cambrai Anders als die Diozësen der übrigen Reimser Suffragane lag die Diözese Cambrai überwiegend auf dem Gebiet des mittelalterlichen Reiches. Ihre Ausdehnung reichte von den Quellen der Schelde im Süden (bei Mont-Saint-Martin, Aisne, cant. Le Catelet, com. Gouy) bis fast zu ihrer Mündung in die Nordsee, etwa bis zum Verlauf der heutigen Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden im Norden, nördlich von Antwerpen. Sie umfasste damit beträchtliche Teile der heutigen belgischen Provinzen Antwerpen, des flämischen Brabant 20. ������������������������������������������������������������������������������������������ Dazu hoffe ich eine eigenen Studie zu Entstehung, Umfang und Ausrichtung der Sammlung des Codex Arras 964 in Kürze vorzulegen. 21. ������� Ludwig Falkenstein, « Leistungsersuchen Alexanders III. aus dem ersten Jahrzehnt seines Pontifikates », in Zeitschrift für Kirchengeschichte, Bd. 102, 1991, S. 45-75, 175-208. 146 Ludwig Falkenstein sowie des wallonischen Brabant, der Provinzen Hainaut und Ostflandern, aber auch ansehnliche Teile der jetzigen französischen Départements Pas-de-Calais, Nord und Aisne 22. Dass dieses Gebiet großenteils zum mittelalterlichen Reich gehörte, ging auf die Reichsteilungen des 9. Jahrhunderts zurück (843 und 880). Die Bischöfe von Cambrai waren Reichsbischöfe, wurden oftmals vom König/Kaiser designiert und stets von ihm mit den Regalien investiert, bevor sie zur Konsekration vor dem Erzbischof von Reims erschienen. Heinrich II. übertrug der Kirche von Cambrai 1007 den comitatus Chameracensis. Die Bischöfe hatten seitdem das Recht, den Grafen zu wählen. Der Burggraf erhielt auch die gräfliche Gerichtsbarkeit im pagus Cameracensis aus der Hand des Bischofs 23. Dass angesichts dieser Abhängigkeit vom Reich auch in Zeiten eines vom Herrscher und seinen engsten Beratern selbst angezettelten Schismas der Bi­schof dieser Diözese einen besonders schweren und wenig beneidenswerten Stand hatte, der ihn ebenso bei seinem Herrscher verdächtig 24 wie dem Papst, dem er wirklich zuneigte, suspekt machte – trotz Interventionen König Ludwigs VII. (!) und seines Metropoliten Heinrich von Frankreich25, zeigt schlagartig das Dilemma, in dem er sich befand. Der Bischof Nicolas, in Gegenwart König Lothars III. im März 1136 auf einem Hoftag in Aachen erhoben, hatte wohl auf dem Würzburger Hoftag von 1165 den Eid auf Paschalis III. geleistet 26. Das 22. ���������� Dazu Erik van Mingroot, Les chartes de Gérard Ier, Liébert et Gérard II, évêques de Cambrai et d’Arras, comtes du Cambrésis (1012-1092/93), Leuven, 2005 (Mediaevalia Lovaniensia, Series I/Studia, 35), S. 1. 23. M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. III, ed. Harry Bresslau u. Hermann Bloch, Hannover, 1900-1903, S. 168-169, Nr. 142. Dazu Hartmut Hoffmann, « Grafschaften in Bischofs­hand », in Deutsches Archiv, Bd. 46, 1990, S. 375-480, hier S. 391f. Zum Status des « Bischofsstaats » Cambrai Wilhelm Reinecke, Geschichte der Stadt Cambrai bis zur Entstehung der Lex Godefridi, Marburg, 1896, S. 3-30 ; Thomas Bauer, Lotharingien als historischer Raum. Raumbildung und Raumbewußtsein im Mittelalter, Köln / Weimar / Wien, 1997, S. 103-120. Zur civitas, zum spätantiken und frühmittelalterlichen Cambrai Elzbieta Dabrowska, in Topographie chrétienne des cités de la Gaule…, Bd. XIV, S. 97-105 ; Michel Rouche, « Cambrai, du comte mérovingien à l’évêque impérial », in Histoire de Cambrai, hg. Louis Trenard, Lille, 1982 (Histoire des villes du Nord-Pas-de-Calais, 2), S. 11-42. Zur Diözese Henri Platelle, « Les origines, le Moyen Âge », in Les diocèses de Cambrai et de Lille, Paris, 1978 (Histoire des diocèses de France, 8), S. 9-39. 24. ������������������������������������������������������������������������������������ Dazu das Mandat Friedrichs I. an Bischof Nicolas von Cambrai (1165 nach Oktober 4), M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. X/2, ed. Heinrich Appelt, Hannover, 1979, S. 418f., Nr. 494 (mit der Weisung zur Benediktion des Gossichinus in Saint-Ghislain). Dazu auch Timothy A. Reuter, The Papal Schism, the Empire and the West, Phil. Diss., Oxford, 1975, S. 183f. Die Meinung von Johannes Laudage, Alexander III. und Friedrich Barbarossa, Köln / Weimar / Wien, 1997 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, 16), S. 166, Anm. 82, man könne « mit einiger Sicherheit davon ausgehen, daß der Bischof letztlich auf Seiten des Gegenpapstes stand », dürfte unhaltbar sein. 25. ������������������������������������������������ Dazu vor allem JL 11107, (1164-1165) Januar 27, R.H.F., Bd. XV, S. 814CD, Nr. CXXV ; Migne P.L. Bd. CC, Sp. 328C-329B, Nr. CCXCVI. 26. ������������������������������������������������������������������������������������������� Dies und das Folgende gehen aus dem Schreiben des Johannes von Salisbury an Magister Girardus Pucella von circa Mai 1168 hervor ; W. J. Millor u. C. N. L. Brooke, The Letters of John of Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 147 brachte ihn noch kurz vor seinem Tod, am 1. Juli 1167, in die größte Bedrängnis, denn « der Erzbischof von Reims und alle seine Suffragane, die eigens dazu zusammengekommen waren, wagten es nicht, ihn in ihre Gemeinschaft aufzunehmen, ohne zuvor den Papst befragt zu haben, obwohl er unter Tränen bereute »27. Nur wenige Wochen nach diesen Vorgängen versuchte bei der Sedisvakanz nach dem Tode des Nicolas der Erzbischof Philipp von Köln mit Hilfe eines Privilegs Paschalis’ III. die Diözese Cambrai der Kirchenprovinz Köln anzugliedern, mit dem Hinweis darauf, dass die Kirche von Reims « sich nicht davor gescheut habe, mit ihrem Hirten durch Anhängen an den Schismatiker Roland und seine Partei sich mit dessen Aussatz zu beflecken » (JL 14495, 1168 Februar 25)28. Dies weist aber zugleich darauf hin, dass die Diözese Cambrai einer eigenen Betrachtung bedürfte, die den Rahmen dieser Untersuchung weit sprengen müsste. Dass gelegentlich Vorgänge in dieser zum Reich gehörenden Diözese während des alexandrinischen Schismas unmittelbar eine Kirche in Reims berühren konnten, zeigt der Fall des Leo, der zunächst Prior von SaintRemi gewesen war, dann (1165-1166) gegen einen anderen Kandidaten namens Gossichinus zum Abt der Mönchsabtei von Saint-Ghislain (prov. Hainaut, cant. Boussu, arr. Mons, Belgien) erhoben wurde 29, aber sich schließlich gegen einen Salisbury…, Bd. II, S. 594f., Nr. 277 ; J. C. Robertson, Materials for the History of Thomas Becket…, Bd. VI, S. 430f., Nr. CCCCXVIII. Johannes von Salisbury war über die Vorgänge in Würzburg durch Informanten aus der Kirchenprovinz Reims informiert ; vgl. oben, Anm. 15. 27. ������ Ebd. : […] quin potius attenderet quod dominus Remensis et omnes suffraganei sui, ad hoc conuocati, non ausi sunt episcopum Cameracensem etiam cum lacrimis poenitentem in communione recipere, antequam super hoc dominus papa consuleretur. Vestra tamen, sicut eis responsum est, causa longe dissimilis est. Ille enim in scismaticorum iurauerat errorem […]. Ille erat episcopus et catholicos uisus est subuertisse, uos in statu priuati ad unitatem conamini scismaticos reuocare. Dazu T. Reuter, The Papal Schism…, S. 183f. 28. ���������� Julius von Pflugk-Harttung, Acta pontificum Romanorum inedita, Bd. I, Tübingen, 1881, S. 294f., Nr. 329 : Inde est, […] quod episcopatum Cameracensem, qui hactenus metropolitano Remensi subiectus extitit, pro eo quod eadem Remensis ecclesia cum suo pastore Rolando scismatico et eius parti adherendo lepra ipsius commaculari non timuit […] , ab ipsius obedientia atque subiectione emancipamus, et tibi atque Coloniensi ecclesie ; […] eundem episcopatum Cameracensem subiciendo concedimus et confirmamus. Über die Reaktion des Elekten Petrus, Lambert de Wattrelos, « Annales Cameracenses », a. 1168, in R.H.F., Bd. XIII, S. 528AD ; ed. Georg Heinrich Pertz, in M.G.H., Scriptores, Bd. XVI, Hannover, 1859, S. 546. Dazu Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. II, ed. Richard Knipping, Bonn, 1901 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, XXI/2), S. 164f., Nr. 908 ; Friedrich Wilhelm Oediger, Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, Bd. I, 2. Aufl., Köln, 1972 (Geschichte des Erzbistums Köln, 1), S. 157 ; Thérèse De Hemptinne, « Peter van de Elzas, leven en loopbaan (ca. 1145-1176) », in Handelingen van het Genootschap voor geschiedenis gesticht onder de benaming « Société d’émulation » te Brugge, Bd. 113, 1976, S. 139-160, hier S. 153f. 29. ��� Zu Gossichinus Lambert de Wattrelos, « Annales... », a. 1167, ed. G. H. Pertz, S. 541, 543. ­Ferner ist das oben, Anm. 24, zitierte Mandat Friedrichs I. an Bischof Nicolas von Cambrai heranzuziehen. Dazu und zum Folgenden Ludwig Falkenstein, « Analecta pontificia Cameracensia. Zu Datum und Inhalt einiger Mandate Alexanders III. betreffend Cambrai », in Archivum historiae pontificiae, Bd. 21, 1983, S. 35-78, hier S. 63-65. 148 Ludwig Falkenstein Lambertus dort nicht durchzusetzen vermochte 30, obwohl Alexander III. für ihn bei Heinrich, Erzbischof von Reims, nachdrücklich intervenierte. In dem Mandat heißt es : da Leo, Abt von Saint-Ghislain, obwohl kanonisch gewählt, danach nicht jenen abscheulichen Eid habe schwören wollen – gemeint ist der auf dem Hoftag in Würzburg (Mai 1165) verlangte Eid auf Paschalis III. –, sei er von Schismatikern verjagt und an seiner statt durch den sog. Elekten (Petrus) von Cambrai ein anderer hineingedrängt worden. Falls Leo kanonisch gewählt und aus keinem anderen Grund entfernt worden sei, außer dass er schismatischer Schlechtigkeit nicht habe zustimmen und sich nicht mit jenem Eid habe beflecken wollen, solle der Erzbischof Leos Wahl, falls er sonst geeignet sei, ohne die Möglichkeit einer Appellation durch irgendeinen bestätigen und ihm nach Beseitigung des Eindringlings die Verwaltung dieser Kirche belassen. Wolle jemand Leo deswegen behelligen, so solle der Erzbischof über ihn un­ver­ züglich eine Kirchenstrafe verhängen31 : Nr. [376], JL 11993, (1171) Februar 27 32. Leider ist von möglichen Folgen, die das Mandat hatte, nichts bekannt geworden. II. — Die Lage in den Reims benachbarten Diözesen des Reiches nach Ausbruch des Schismas Im Mittelpunkt des folgenden Überblicks sollen zwar die drei an die Diözese Reims unmittelbar angrenzenden Diözesen Lüttich, Trier und 30. ������������������������������������������������������������������������������������������� Leos Signum steht unter der Urkunde von 1166, mit der ein Hugues, Grafensohn aus dem Hause Rethel (Ardennes), bei seiner Conversio wohl als monachus ad succurrendum der Abtei Saint-Remi eine Schenkung machte ; Pierre Varin, Archives administratives de la ville de Reims, Bd. I/1, Paris, 1839 (Collection de documents inédits sur l’histoire de France), S. 344-346, Nr. CL. Als Leo abbas Sancti Gilleni wird er als Zeuge in einer Delegatenurkunde von 1170 erwähnt ; Ramackers, Papsturkunden, Bd. IV, S. 259, Nr. 132. – Da in JL 11294, (1166) November 9, davon die Rede ist, dass L[eo], Prior von Saint-Remi, aus Verehrung gegen Papst und Kirche die Abtei, an deren Spitze er gewählt worden sei, ausgeschlagen habe, kann damit nicht Saint-Ghislain gemeint sein ; E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 741AC, Nr. CXXIV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 422D-423B, Nr. CDX. 31. ������������������������������������ Vgl. JL 11993 (wie folgende Anm.) : Perlatum est ad audientiam nostram, quod cum Leo canonice fuit in abbatem Sancti Gisleni electus, postea quia noluit istud nefandum et detestabile juramentum praestare, a schismaticis fuit ejectus et alius in loco suo per Cameracensem dictum electum intrusus. Unde quoniam ex eo quod fidei catholicae et unitatis virtutem servavit, gloriam meruit et laudem adquirere et dignae retri­butionis praemium expectare, fraternitati tuae […] mandamus, quatenus rei veritate comperta, si tibi constiterit, quod de persona praedicti L. canonice fuisset facta electio et pro alia causa non fuerit amotus, nisi quia schismaticae pravitati noluit consentire nec illo detestabili juramento foedari, ipsius electionem, si alias idoneus est, nullius obstante appellatione confirmes et ipsum administrationem praedictae ecclesiae intruso amoto libere facias sine molestatione habere, et si quis eum super hoc ausu temerario infestare praesumserit, in eum ecclesiasticae animadversionis non differas exercere censuram. Zum Datum L. Falkenstein, « Analecta pontificia Cameracensia... », S. 65. 32. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 889BD, Nr. CCCXXXII ; R.H.F., Bd. XV, S. 901CD, Nr. CCXCVIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 783AC, Nr. DCCCLXXI. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 149 Verdun stehen, jedoch muss aus bald einsichtigen Gründen auch kurz auf die Diözese Metz und die Diözese Toul eingegangen werden, weil der Erzbischof von Reims gleichfalls mit Vorgängen befasst wurde, die sich in ihnen zutrugen. 1. Lüttich Von den erwähnten drei benachbarten Diözesen des Bistums Reims, die zu anderen Kirchenprovinzen gehörten, sind Klagen vor allem aus der Diözese Lüttich bekannt geworden. Obwohl während des Schismas vor dem päpstlichen Gericht Alexanders III. mehrere solcher Klagen und Beschwerden gegen Beklagte in der Diözese Lüttich anhängig wurden, überwies sie der Papst jedoch keineswegs an den schismatischen Bischof dieser Diözese – etwa an Heinrich II. (Henri de Leez) (1145-1164), der dadurch zur Konsolidierung des kaiserlichen Schismas beitrug, dass er nach dem Tode Victors IV. (20. April 1164) dessen Nachfolger Paschalis III. wohl auf Betreiben Rainalds von Dassel, des Elekten von Köln, am 26. April 1164 konsekrierte, an Alexander II. (1164/1165-1167) oder an Radulf von Zähringen (11671191) – und auch nicht an einen oder mehrere Dignitäre dieser Diözese, die mit der großen Mehrheit ihres Klerus auf der kaiserlichen Seite stand33. Dies wäre wohl, abgesehen von der Nichtigkeit einzelner, von Schismatikern ausgeführter Amtshandlungen, ohnehin aussichtslos gewesen. Soweit die heute trümmerhafte Überlieferung noch ein Urteil erlaubt, gingen mehrere dieser Klagen oder Beschwerden an Heinrich von Frankreich, den Bruder König Ludwigs VII., der von Anfang 1162 bis zu seinem Tod am 13. November 1175 Erzbischof von Reims war und damit als Metropolit an der Spitze jener Kirchenprovinz von zwölf Diözesen stand, zu der auch die Diözese Cambrai, die westliche Nachbarin der Diözese Lüttich, gehörte. Jedoch ist sofort hinzuzufügen, dass solche Klagen nur dann dem Erzbischof von Reims delegiert wurden, wenn es gute Chancen dafür gab, dass er auch die zur Bestrafung von Tätern verhängten Strafen oder Maßnahmen würde vollstrecken können. So konnte der Eindruck entstehen, Alexander III. habe den Erzbischof von Reims generell mit « les affaires liégeoises » betraut 34. 2. Trier Für die Diözese Trier lassen sich vergleichbare Fälle wie für die Diözese Lüttich und die Trierer Suffraganbistümer nicht benennen. Zwar legt ein 33. ������ J.-L. Kupper, Raoul de Zähringen…, S. 65 : « Les antipapes furent reconnus par l’évêque de Liège, mais aussi par son diocèse, dans sa quasi-totalité. » 34. ����������������������������������������������������������������������������������������������� Ebd., S. 56 : « C’est à son vieil ami l’archevêque de Reims, Henri de France, […] qu’il confie généralement les affaires liégeoises. » 150 Ludwig Falkenstein Brief des Kardinaldiakons Oddo an Thomas Becket, den Erzbischof von Canterbury, aus der Zeit um Mai 1165 die Vermutung nahe, dass Konrad von Wittelsbach, Elekt von Mainz, bei seiner Hinwendung zu Alexander III. diesem mitgeteilt haben könnte, auch seine Mitbrüder Hillin in Trier und Konrad in Salzburg stimmten mit ihm in der Ablehnung Guidos von Crema zum Gegenpapst Paschalis III. überein, und der Erzbischof von Magdeburg bekenne sich zum Papst (Alexander)35. Ähnliches steht auch in einem unter den Schreiben des Herbert von Bosham überlieferten Brief des Thomas Becket an Alexander III. Dort heißt es sogar, Hillin habe zusammen mit anderen kirchlichen und weltlichen Großen geschworen, einen neuen Kaiser erheben zu wollen, wenn der gegenwärtige hinsichtlich der Kirche und der Freiheit Deutschlands nicht seiner und seiner Mitverschwörer Meinung sei36. Jedoch ist das Schreiben wohl nicht authentisch und wurde deshalb in die neue Ausgabe der Korrespondenz des Thomas Becket nicht mehr aufgenommen. Es ist schwer zu sagen, auf welchen Gewährsmann die Angaben zurückgehen. Für die Diözese Trier sind aus päpstlichen Schreiben an Empfänger in der Kirchenprovinz Reims keine Fälle bekannt geworden, in denen der Erzbischof von Reims oder ein anderer Delegat beauftragt worden wäre. 3. Verdun Die Lage in der Diözese Verdun während des alexandrinischen Schismas unterschied sich jedoch von der in den benachbarten Diözesen Lüttich und Trier dadurch, dass es in der Diözese Verdun, trotz einer gewissen Königstreue, nicht nur selbstbewusste Bischofskandidaten, sondern auch, wohl infolge französischer Einflüsse, alexandrinisch gesinnte Kräfte innerhalb ihrer Geistlichkeit gab. Zu einer ähnlich bedingungslosen und kontinuierlichen Unterwerfung ihrer Oberhirten und ihres Klerus unter das kaiserliche Kirchenregiment und damit unter die Obödienz der kaiserlichen Päpste wie in den beiden Diözesen Lüttich und Trier, kam es hier nicht 37. Albert de Mercy (1156-1163) hatte an den kaiserlichen Synoden 35. J. C. Robertson, Materials for the History of Thomas Becket…, Bd. V : Epistles I-CCXXVI, London, 1881 (Rerum Britannicarum medii aevi scriptores), S. 158f., Nr. LXXXII ; A. Duggan, The Correspondence of Thomas Becket…, Bd. I, S. 204-207, Nr. 47. H. Vollrath, « Lüge oder Fälschung… », S. 165, Anm. 66, weist darauf hin, dass « die Version der Epistola amici (scil. an Alexander III.), nach der nur ganz wenige der deutschen Fürsten den neuen Gegenpapst unterstützten und die Erzbischöfe von Trier, Salzburg und Magdeburg sich mit dem Erzbischof Konrad von Mainz verbündeten », von dem erwähnten Brief des Kardinaldiakons Oddo an Thomas Becket bestätigt werde. 36. J. C. Robertson, Materials for the History of Thomas Becket…, Bd. V, S. 285f., Nr. CLVI. 37. ������������������������������������������������������������������������������������������ Bester Überblick über die Bischöfe und das kirchliche Leben im 12. Jahrhundert bei Michel Parisse, « La fin de l’Église impériale (1089-1208) », in Histoire de Verdun, hg. Alain Girardot, Toulouse, 1982, S. 51-75, bes. S. 52-59, 66-75 (ohne Belege). Ferner ders., « Présence et interventions… », S. 212. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 151 von Pavia und Lodi teilgenommen, legte aber sein Amt im Frühjahr 1163 nieder und zog sich in die Abtei Saint-Vanne zurück, wo er den Mönchshabit nahm38. Danach wurde Richard de Durbuy (1163-1171) zwar zum neuen Bischof gewählt, vermied es jedoch, sich vom Erzbischof von Trier, seinem zuständigen Metropoliten, konsekrieren zu lassen, um nicht als Schismatiker verurteilt zu werden und sich auf den kaiserlichen Papst festlegen zu müssen. Er blieb bis zu seinem Tod Elekt und behielt, im Gegensatz zur Meinung der Kanonisten 39, weiterhin die Dignität eines Primicerius im Domkapitel bei, die etwa der eines Dompropstes in anderen Domkapiteln entsprach40. Dass er schon ganz früh nach seiner Erhebung Kontakte zu Alexander III. aufgenommen hatte, bezeugt eines von dessen Schreiben an Heinrich, Erzbischof von Reims, das oftmals übersehen wurde : JL 10939, (1163) September 5. Es wurde von Bourges aus als persönliches Schreiben dem Erzbischof von Reims mit der Mitteilung zuge­stellt, dass ein Mitglied der römischen Adelsfamilie der Frangipani (Oddo) aus dem regnum Teutonicum, wo es mit seinen Verwandten weile, zu ihm kommen wolle 41. 38. Continuatio der « Gesta episcoporum Virdunensium », ed. Georg Waitz, in M.G.H., Scriptores, Bd. X, Hannover, 1852, S. 517f. Dazu Albert Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. IV, 8. Aufl., Berlin, 1954, S. 269. Das Zitat aus dem Obituar von Saint-Vanne bei M. Parisse, « Présence et interventions… », S. 212, Anm. 65. Das dort zitierte Schreiben Alexanders III. an den Abt von Saint-Vanne, in dem der Bischof als ille quondam schismaticus Virdunensis episcopus erwähnt wird, ist JL 11091, (1163.1165) April 9, Edmond Martène u. Ursin Durand, Thesaurus novus anecdotorum, Bd. I, Paris, 1717, Sp. 455E-456C ; R.H.F., Bd. XV, S. 796BC, Nr. LXXIX ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 321C-322A, Nr. CCLXXXV ; Michel Parisse, « Bullaire de la Lorraine (jusqu’à 1198) », in Annuaire de la Société d’histoire et d’archéologie de la Lorraine, Bd. 69, 1963, S. 5-102 (1-98), hier S. 58 (54), Nr. 254 (zu 1163). 39. ��������������� Dazu Robert L. Benson, The Bishop Elect. A Study in Medieval Ecclesiastical Office, Princeton (N. J.), 1968, S. 112 mit Anm. 12, zu der Ausnahme, die eine Beibehaltung bisheriger Benefizien gestattete. 40. ���������������������������������������������������������������������������������������������� In den drei Domkapiteln der Trierer Suffragane wurde so die erste Dignität benannt, wohl eine Reminiszenz an die Übernahme der römischen Liturgie in Metz im 8. und. 9. Jahrhundert. 41. ���������������������������������������������������������������������������������������� Zur Ankunft des Oddo Frangipane, Sohn des C[encio], vgl. das Schreiben JL 10770, (1162) Oktober 26, unten, Anm. 44 ; E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 677E-678C, Nr. XXX ; R.H.F., Bd. XV, S.786AC, Nr. LVI ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 178AC, Nr. CIII. Dazu Jürgen Petersohn, « Kaiser, Papst und Praefectura Urbis. Probleme der Besetzung und Chronologie der römischen Präfektur im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts », in Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, Bd. 60, 1980, S. 157-188, hier S. 171-173 ; Matthias Thumser, « Die Frangipane. Abriss der Geschichte einer Adelsfamilie im hochmittelalterlichen Rom », in Quellen und Forschungen aus italianischen Archiven und Bibliotheken, Bd. 71, 1991, S. 106-163, hier S. 145. Er dürfte mit Oddone Frangipane identisch sein, der von Beginn des Schismas an ein Anhänger Alexanders III. war. Oddo könnte sich in Siegburg aufgehalten haben. Die « Translatio sancti Annonis », ed. Rudolf Koepke, in M.G.H., Scriptores, Bd. XI, Hannover, 1854, S. 516, teilt Genaues dazu nicht mit. 152 Ludwig Falkenstein Er, der Papst, habe deswegen an den Elekten (Richard de Durbuy) von Verdun, geschrieben, mit der Ermahnung, diesen, den er aus Gründen der Geheimhaltung nicht habe nennen wollen, sicher in das regnum Francorum zu geleiten. Er bitte den Erzbischof, das Schreiben an den Elekten von Verdun durch einen zuverlässigen Boten weiterzuleiten und ihm den Besucher ehrenvoll und sicher zuzuführen, was er wegen der Sicherheit für sich behalten solle 42. Das gleichzeitig ergangene päpstliche Schreiben an den Elekten von Verdun ist nicht erhalten43. Nahezu ein Jahr zuvor hatte Alexander III. dem Erzbischof von Reims schon einmal O[ddo], den Sohn des C[encius] Frangipane, den er, der Papst, aus dem regnum Teutonicum zurückgerufen habe, angekündigt : JL 10770, (1162) Oktober 2644. Der Elekt Richard wandte sich auch später nochmals an Alexander III., als Witerus de Cornay (Ardennes, cant. Grandpré), ein Diözesane des Erzbischofs von Reims, in Besitzungen der Kirche von Montfaucon (arr. Verdun, Meuse, Diözese Reims) eindrang und sie verwüstete, zugleich aber auch den Elekten und seine Leute schädigte : JL 11447, (1167-1169) November 9. Der Papst forderte daraufhin den Erzbischof von Reims auf, er solle gegen den Schädiger einschreiten und ihn zwingen, dem Elekten und seinen Leuten Wiedergutmachung zu leisten45. Nach Richards Tod vermied auch sein Nachfolger Arnoul de Chiny, sich umgehend durch den Erzbischof von Trier weihen zu lassen. Er wurde erst nach dem Frieden von Venedig (1177) zum Bischof konsekriert 46. Dies zeigt auch die Adresse eines Mandats Alexanders III. an W[ilhelm], Erzbischof von Reims, Kardinal von S. Sabina und Legaten des apostolischen Stuhles, sowie [Arnold], Erzbischof von Trier, die Bischöfe [Berthold] von Metz, [Arnulf ] von Verdun, [Radulf ] von Lüttich, ferner die Archidiakone, Dekane und Priester, in dem ihnen aufgetragen wird, sie sollten Laien, Kleriker, Kanoniker und Mönche in ihren Amtsbereichen unter Androhung von Suspension und Exkommunikation daran hindern, von den Brüdern der Zisterzienserabtei Orval (Villers-devant-Orval, prov. Luxembourg, Belgien) oder anderen Klöstern des 42. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 675CE, Nr. XXV ; R.H.F., Bd. XV, S. 806DE, Nr. CIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 265AC, Nr. CCV. Das Schreiben scheint das erste datierbare Zeugnis dafür zu sein, dass Richard sich der Obödienz Alexanders III. angeschlossen hatte. Zu dem Obödienzwechsel A. Hauck, Kirchengeschichte…, Bd. IV, S. 275, Anm. 2. 43. ���������������������������� JL –, (1163) um September 5. 44. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 677E-678C, Nr. XXX ; R.H.F., Bd. XV, S. 786AC, Nr. LVI ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 178AC, Nr. CIII. 45. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 761AD, Nr. CXLIX ; R.H.F., Bd. XV, S. 869AB, Nr. CCXXXV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 513AC, Nr. DXV. 46. ��������������������������������������������������������������������� Das genaue Datum scheint bisher unbekannt zu sein ; vgl. Hans Jürgen Krüger, « Ist Arnold von Verdun als Elekt gestorben ? », in Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte, Bd. 1, 1975, S. 47-58 (nach 1178). Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 153 Zisterzienserordens in ihren Diözesen Neubruchzehnte, Zehnte von Eigenbau und Futterzehnte zu fordern : JL 13549, (1180) April 25 47. 4. Metz Obwohl nur wenige, wenngleich sehr bezeichnende Zeugnisse dafür vorliegen, dass selbst Probleme in der Diözese Metz während des Schismas nach Reims gelangten, sei auch diese, noch östlich der Diözese Verdun gelegene Diözese der Kirchenprovinz Trier hier kurz erwähnt. Ähnlich wie in Verdun verlief die Entwicklung in der ihr unmittelbar nach Osten hin benachbarten Diözese Metz. Deren Haltung war im Hinblick auf die Politik Friedrichs I. und seiner Päpste vorsichtig und abwartend48, mitunter so, als habe man dabei an die Sonderrolle anknüpfen wollen, welche die Bischöfe von Metz schon zur Zeit des Investiturstreits spielten49. Étienne de Bar war am 30. Dezember 1162 gestorben50, hatte aber noch, nachdem er vorübergehend Victor IV. angehangen, vor seinem Tod zur Obödienz Alexanders III. gefunden51. Noch im selben Jahr wählte man seinen Neffen Thierry de Bar (1163-1171) zum Nachfolger 52. Auch dieser blieb stets Elekt, weil er es hinausschob, sich von Hillin, dem Erzbischof von Trier, wei- 47. Cartulaire de l’abbaye d’Orval, ed. Hippolyte Goffinet, Bruxelles, 1879 (Académie royale des scien­ces, des lettres et des beaux-arts de Belgique. Commission royale d’histoire), S. 78f., Nr. XLVII ; dazu Germania Pontificia, Bd. X/1, S. 320, Nr. 4. 48. ����������� Dazu Georg Wolfram, « Zur Metzer Bischofsgeschichte während der Zeit Kaiser Friedrichs I. », in Jahrbuch der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 15, 1903, S. 207-217 ; Michel Parisse, « L’apogée médiéval de la principauté et du diocèse », in Le diocèse de Metz, hg. Henri Tribout de Morembert, Paris, 1970 (Histoire des diocèses de France), S. 47-67, bes. S. 48-53 (ohne Belege) ; M. Parisse, « Présence et interventions … », S. 211. 49. ������������ Dazu Michel Parisse, « Naissance de la principauté et réformes (883-1120) », in Le diocèse de Metz…, S. 29-46, hier S. 34-46 (ohne Belege) ; zum Ende des Investiturstreits in Metz und zu den Anfängen des Bischofs Stephan von Bar, Franz-Reiner Erkens, Die Trierer Kirchenprovinz im Investiturstreit, Köln / Wien, 1987 (Passauer historische Forschungen, 4), S. 228-248. 50. �������������������������� Der ältere Versuch von G. Wolfram, « Zur Metzer Bischofsgeschichte… », S. 208f., als Todesjahr 1163 festzulegen, scheitert daran, dass in dem von ihm zitierten Diplom Friedrichs I. von 1163 Juli 8 für Maursmünster die Rede ist von dilectus noster Theodoricus Metensis episcopus eiusque predecessor felicis memorie Stephanus ; M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. X/2, ed. Heinrich Appelt, Hannover, 1979, S. 277, Nr. 400. M. Parisse, « Présence et interventions… », S. 211. 51. ����������������������������������������������������������������������������������������� Dass er vorübergehend Victor IV. angehangen hatte, geht aus Alexanders III. Schreiben an H[einrich], Erzbischof von Reims, JL 11687, (1168-1170) Januar 26, hervor (dazu Anm. 119) ; E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 780C-781A, Nr. CLXXV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 626C-627B, Nr. DCL ; M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », p. 59 (55), Nr. 261. 52. ��� G. Wolfram, « Zur Metzer Bischofsgeschichte… », S. 214, nennt den 8. oder 11. August 1171 als seinen Todestag. Er rechnet damit, dass er auch 1163 am Hof vom Kaiser die Investitur empfangen habe und mit den Regalien belehnt worden sei. 154 Ludwig Falkenstein hen zu lassen53. Sein Verhältnis zum Kaiser scheint indes ebenso wie das seines Nachfolgers Friedrich (1171-1173) loyal gewesen zu sein54. Auch Friedrich war nur Elekt 55, dürfte aber, wie das Diplom Friedrichs I. vom 4. September 1171 zeigt, mit dem dieser die Kirche von Metz in seinen Schutz nahm und den Elekten mit der Burg Saarbrücken belehnte, zuvor die Regalien erhalten haben56. Er scheint indes dem Versuch des Kaisers, den Klerus auf den Gegenpapst eidlich zu verpflichten, nachdrücklich widerstanden zu haben57. Friedrichs Nachfolger wurde Thierry, ein Sohn des Herzogs Matthäus von Oberlothringen und Neffe Friedrichs I. Er erhielt das Bistum auf Für­sprache der Herzogin Bertha. Auch er blieb nur Elekt, wurde jedoch (auf dem III. Laterankonzil 1179 ?) abgesetzt. Der Grund für diese Absetzung dürfte jedoch nicht in seiner Haltung während seiner bisherigen Amtseit gelegen haben, sondern darin zu suchen sein, dass man seine Wahl trotz zahlreicher päpstlicher Verbote seit dem Konzil von Clermont (1095) vorgenommen hatte, ohne die dafür geforderte päpstliche Dispens zuvor vom Papst eingeholt zu haben, weil der Kandidat noch infra ordines war 58. Dies wäre in der Kirchenprovinz Reims kaum denkbar gewesen, weil man hier diesen Grundsatz seit Langem kannte und auch im Einzelnen befolgte, wie die Erhebungen des Erzbischofs Manasses II. in Reims (1096)59 sowie der Bischöfe oder Elekten Simon de Vermandois 53. ���������� Die erste Continuatio zu den « Gesta episcoporum Mettensium », ed. Georg Waitz, S. 545, bemerkt dazu : Et propter pericula, quae ex schismate adhuc durante imminebant, ad sacerdotii gradum et consecrationem pontificalem conscendere veritus, electus tantum et levita […] catholicus decessit. 54. ��� G. Wolfram, « Zur Metzer Bischofsgeschichte… », S. 214f. 55. ����������������������� Von ihm sagt die erste Continuatio der « Gesta episcoporum Mettensium… », S. 546 : Hic cum sub prenominato pontifice summo Alexandro, Friderico imperante, electus tantum et levita propter prefata scismatis pericula duobus annis et totidem mensibus sedisset, V. kalend. Octobris catholicus migravit ad dominum. 56. M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. X/3, ed. Heinrich Appelt, Hannover, 1985, S. 56f., Nr. 580. Über ihn G. Wolfram, « Zur Metzer Bischofsgeschichte… », S. 215. 57. ��������������� Dazu die erste Continuatio zu den « Gesta episcoporum Mettensium… », S. 545 : Idem cardinalibus Octoviani heresiarchae civitatem Metensem cum nuntio imperatoris satis pompose ingressis et clerum universum ad sacramentum obedientiae ydolo suo prestandum cogere volentibus, viriliter in facie resistit, ipsosque, infecto prorsus propter quod venerant negocio, cum pudore et confusione omnimodo fecit recedere. 58. ��������������� Ebd., S. 546 : Qui et alia fortasse annalibus digna gessisset, nisi eiusdem Alexandri III manum sensisset validam, sua ob hoc electione cassata ab illo, quia infra ordines fuerat celebrata. G. Wolfram, « Zur Metzer Bischofsgeschichte… », S. 217. Unmittelbar danach berichtet die Continuatio davon, dass auch der auf Thierry folgende Kandidat Bertram, den man in Bremen bereits zum Erzbischofselekten postuliert hatte, zuvor aus demselben Grund vom Papst abgesetzt und danach zum Elekten in Metz erhoben worden war. Der wird mit dem gleichnamigen Kanonisten aus Köln identifiziert ; dazu Pieter Gerbenzon, « Bertram of Metz, the author of “Elegantius in iure divino” (Summa Coloniensis) ? », in Traditio, Bd. 21, 1965, S. 510f. ; Peter Landau, Die Kölner Kanonistik des 12. Jahrhunderts. Ein Höhepunkt der europäischen Rechtswissenschaft, Badenweiler, 2008 (Kölner rechtsgeschichtliche Vorträge, 1), S. 16-18. 59. ������������ Dazu Ludwig Falkenstein, « Lettres et privilèges pontificaux perdus adressés aux archevêques de Reims (xie-xiie siècles) », in Revue du Nord, Bd. 86 : L’Église et la société entre Seine et Rhin (v e-xvi e ­siècle). Recueil d’études d’histoire du Moyen Âge en l’honneur de Bernard Delmaire, hg. Bertrand Schnerb, 2005, S. 585-603, hier S. 585, 590. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 155 in Noyon/Tournai (1122)60, Nicolas in Cambrai (1136)61, Petrus von Flandern in Cambrai62 sowie Robert d’Aire in Arras (1172)63 und in Cambrai (1174)64 zeigen. 5. Toul Anders wiederum war die Lage in der dritten Diözese, deren Bischöfe gleich­ falls Suffragane der Erzbischöfe von Trier waren, der Diözese Toul. Diese grenzte zwar nicht unmittelbar an die Diözese Reims wie die Diözese Verdun, sondern südlich der Diözese Verdun an die Diözese Châlons-en-Champagne, wohl aber damit an die Kirchenprovinz Reims. Als ihr Bischof Henri de Lorraine im Juni 1165 verstarb, wurde Pierre de Brixey sein Nachfolger. Er zögerte nicht, sich spätestens im folgenden Jahr konsekrieren zu lassen. Damit bekundete er aber zugleich auch seine Entscheidung für die kaiserliche Seite und das Schisma65. Ähnlich wie bei Klägern aus den Diözesen Lüttich, Verdun und Metz, überwies Alexander III. mehrere Streitsachen, die Beklagte in der Diözese Toul betrafen, dem Erzbischof Heinrich von Reims zur Entscheidung 66. Auch wandte er sich an den Erzbischof mit der Bitte, einem Priester aus der Diözese Toul, der sich in die Diözese Reims begeben hatte, ein Benefizium zu verleihen sowie dessen Bruder zu versorgen67. III. — Kläger aus Diözesen der alexandrinischen Obödienz gegen Beklagte in Diözesen der Reichskirche vor dem Gericht Alexanders III. Um die teilweise sehr persönlich gehaltenen päpstlichen Schreiben an Heinrich von Frankreich, die das Schisma vor allem in seinen Anfängen und während des Exils der Kurie in Frankreich betrafen, von anderen Schreiben, die sich für einzelne Kläger oder Beschwerdeführer mit den Folgen des Schismas befassen, deutlich abzusetzen, seien nur diese hier kurz erwähnt. An der 60. ������������������ Dazu ebd., S. 587. 61. ������������������������������������������������������������������������������������������ Ebd., S. 590f. Die « Wahl » hatte in Gegenwart König Lothars III. auf einem Hoftag am 22. März 1136 in Aachen stattgefunden ; Johann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii, IV/1 : Die Regesten des Kaiserreiches unter Lothar III. und Konrad III., Bd. I : 1125 (1075)-1137, ed. Wolfgang Petke, Köln / Weimar / Wien, 1994, S. 300f., Nr. 472, S. 304, Nr. 477. 62. �������� Dazu L. Falkenstein, « Analecta pontificia Cameracensia… », S. 57f. ; ders., « Alexandre III et Henri de France. Conformités et conflits », in L’Église de France et la papauté, hg. Rolf Große, Bonn, 1993 (Studien und Dokumente zur Gallia Pontificia, 1), S. 103-176, hier S. 152-154. 63. ��� L. Falkenstein, « Lettres et privilèges… », S. 591-593 ; ders., « Alexandre III et Henri de France… », S. 161-163. 64. �������� Dazu L. Falkenstein, « Lettres et privilèges… », S. 163. 65. ������������������ So überzeugend M. Parisse, « Présence et interventions… », S. 212f. 66. ������������������������� Dazu unten, Anm. 101-103. 67. ��������������������� Dazu unten, Anm. 106. 156 Ludwig Falkenstein Spitze sollen diejenigen stehen, die sich mit Beklagten in einzelnen Diözesen der Reichskirche befassen. Das erste von ihnen, JL 10783, (1162) November 16, aus Tours an den Erzbischof von Reims gerichtet, führt gut in die Problematik solcher Mandate ein. Letoldus, einer der Pröpste des Domkapitels von Sainte-Croix in Orléans, war der Kläger. Ihn sieht man als Verfasser eines besonders boshaften Briefes an, den das Domkapitel in Orléans über seinen Bischof Manasses de Garlande an Alexander III. in den Anfängen des Schismas richtete68. Dieser Bischof galt als Vertreter der « kaiserlichen » Partei am Hofe König Ludwigs VII. von Frank­ reich69. Letoldus hatte geklagt, dass ihm die Kanoniker des Domkapitels von Saint-Lambert in Lüttich, wo er eine Präbende innehatte, deren Erträgnisse seit zwei Jahren vorenthielten. Der Papst wies den Erzbischof von Reims daraufhin an, die Kanoniker in Lüttich durch Schreiben abzumahnen und ihnen nötigenfalls damit zu drohen, falls sie seiner Aufforderung nicht nachkämen, denjenigen von ihnen, die Einkünfte aus seiner Kirchenprovinz erhalten müssten, so viel davon beschlagnahmen zu lassen, wie dem Letoldus von seiner Präbende nachweislich weggenommen worden sei70. Es dürfte offenkundig sein, dass der Erzbischof von Reims im vorliegenden Fall nur deshalb mit der Beschwerde des Letoldus aus Orléans befasst wurde, weil sich ihm wohl am ehesten die Möglichkeit bot, Ansprüche des Klägers an die Beklagten, die Korporation des Domkapitels in Lüttich, über die Beschlagnahme von Einkünften aus deren in der Kirchenprovinz Reims gelegenen Gütern oder einzelnen Kanonikern zuste­ henden Einkünften gerichtlich durchsetzen und gegebenenfalls nach ergangenem Urteil vollstrecken zu lassen. Ob der Erzbischof von Reims einen Brief an das Domkapitel in Lüttich richtete und ob der Klage des Letoldus Erfolg beschieden war – ein solcher setzt zumindest Verzeichnisse dieser Einkünfte 68. R.H.F., Bd. XV, S. 765A-766B, Nr. XXIII ; dazu vor allem Bernhard Bischoff, « Vagantenlieder aus der Vaticana », in Zeitschrift für romanische Philologie, Bd. 50, 1930, S. 76-97, hier S. 91-93 ; Ramackers, Papsturkunden, Bd. VI, S. 10, Anm. 5 zur Stimmung des alexandrinisch gesinnten Klerus in den Anfängen des Schismas ist auch das Schreiben des Petrus Pisanus, Dekans von Saint-Aignan in Orléans, an Alexander III. heranzuziehen ; R.H.F., Bd. XV, S. 780D-781B, Nr. XLVI. 69. ���������������������������������������������������������������������������������������� Über ihn und seine Rolle vor dem geplanten Treffen bei Saint-Jean-de-Losne, Franz-Josef ­Schmale, « Friedrich I. und Ludwig VII. im Sommer des Jahres 1162 », in Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Bd. 31, 1968, S. 315-368, hier S. 350f. 70. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 679BD, Nr. XXXII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 182BC, Nr. CX : Unde […] fraternitati tuae per apostolica scripta mandamus, quatenus praefatis canonicis commonendo et etiam comminando, si opus fuerit, sollicite scribas, ut si ita est, subtractos fructus ei cum integritate restituant et eum super ejusdem praebendae fructibus nullatenus decetero inquietare praesumant. Quod si nec monitis nec comminatione territi facere forte voluerint, tantum de illis redditibus quos quidam praedictorum canonicorum in archiepiscopatu tuo colligere debent, accipias, quantum ipsi Letoldo de praebenda sua per eos constiterit injuste fuisse sublatum. Dazu J.-L. Kupper, Raoul de Zähringen…, S. 56. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 157 voraus, wenn man nicht erst aufwendige Beweisverfahren in Gang setzen wollte, deren Ausgang nicht abzuschätzen war –, ist nicht überliefert. Weniger schwierig und aufwendig dürften die im Auftrag des Papstes zu ergreifenden Maßnahmen in einem anderen Fall gewesen sein. Indes ist nicht sicher zu entscheiden, ob die Kläger, Brüder des Johanniterordens, auch aus der Diözese Lüttich kamen. Es könnte auch eine Institution des Ordens als Kläger aufgetreten sein, die auf Anzeige der unmittelbar Geschädigten in der Diözese Lüttich hin tätig wurde. Gottfried von Löwen, der Herzog von Brabant, wird in zwei Fällen von Johannitern ( fratres hospitalis Ierosolimitani ) beschuldigt, ihnen übertragenes Land gewaltsam an sich genommen zu haben. In einem Fall handelt es sich um eine Grundherrschaft (uilla de Bechehem), bei deren Übertragung er möglicherweise als Zeuge fungiert hatte, die von dem ehemaligen Bischof Heinrich von Lüttich (Henri de Leez), dum adhuc esset catholicus, also vor dem Frühjahr 116171, bestätigt worden war. Die Johanniter hatten sie lange Zeit unangefochten besessen, ehe der Herzog sie ihnen gewaltsam wegge­nommen und einem Ritter verkauft hatte : Nr. 246, JL 11571, (1168-1169) August 27. Die Grundherrschaft lag somit in der Diözese Lüttich. In einem anderen Fall ging es um eine fromme Schenkung (helemosinam quandam in uilla que Benten. dicitur), die vielleicht in derselben Ortschaft gemacht wurde (?) : JL 11478, (1167-1169) Dezember 23. Da keine der beiden Litterae auf den Text der anderen Bezug nimmt, lässt sich ihre Zeitspanne nicht einengen72. Was die Grundherrschaft angeht, so sollte der Erzbischof den Herzog nach­drücklich zu ihrer Rückgabe anhalten ; komme dieser ihr nicht nach, solle der Erzbischof ihn sowie deren Inhaber exkommunizieren sowie über den Teil seines Herzogtums, der in seiner Kirchenprovinz liege, jeglichen Gottesdienst außer der Kindtaufe und der Buße von Sterbenden abzuhalten verbieten73. Bei der helemosina solle der Erzbischof im Weigerungsfalle über das Land des Herzogs, das sich in seiner Provinz befinde, gleichfalls das Interdikt verhängen und ihn selber in der 71. ������������������ Dazu ebd., S. 52f. 72. �������������� JL 11571 ; E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 752C-753A, Nr. CXXXVII ; R.H.F., Bd. XV, S. 865AB, Nr. CCXXVIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 556BD, Nr. DXC ; JL 11478 ; E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 771AD, Nr. CLXIII ; R.H.F., Bd. XV, S. 871CD, Nr. CCXLI ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 524C-525A, Nr. DXXXIV. Einen Anhaltspunkt, in dem Schreiben JL 11478 das spätere der beiden zu sehen, bietet vielleicht die Bestimmung über die öffentliche Exkommunikation des Herzogs (wie Anm. 74), die eine Verschärfung der Strafe gegenüber JL 11571 bedeutet. Jedoch könnte man, falls dies zutrifft, selbst dann noch nicht jedes von beiden einem bestimmten Jahr zuweisen. 73. ����������������������� In JL 11571 heißt es : Quod si ad commonitionem tuam efficere forte contempserit, personam eius cum pretaxatę uillę detentore sublato appellationis remedio sententia excommunicationis percellas et in terra eius que in prouintia tua existit, omnia diuina preter baptisma paruulorum et penitentias morientium prohibeas officia celebrari. Zu einer solch partiellen Interdiktsverhängung Paul Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland, Bd. V, Berlin, 1893, S. 24f. 158 Ludwig Falkenstein Kirchen­provinz Reims öffentlich exkommunizieren74. Dass hierbei, anders als im Fall der Grundherrschaft, nicht ein partielles, sondern ein uneingeschränktes Interdikt verhängt wird, könnte, wenngleich nicht zwingend, auf spätere Ent­stehung des Schreibens JL 11478 hinweisen, aber ebenso am Charakter der helemosina gelegen haben. Große Teile der zum Herzogtum Brabant gehörenden Gebiete lagen in der Diözese Cambrai. Ob der Erzbischof den Herzog danach zur Rückgabe der beschlagnahmten Ländereien bewegen konnte, oder ob er die angedrohten Kirchenstrafen über ihn verhängte, ist nicht bekannt. Noch nahezu ein Jahrzehnt danach ist ein weiterer Fall überliefert, bei dem ähnlich wie bei den bislang erörterten Fällen verfahren werden sollte. Die Äbtissin der Frauenabtei Saint-Pierre-les-Dames in Reims hatte gegen den Abt der Zisterzienserabtei Lachalade (Meuse, cant. Varennes-en-Argonne) in der Diözese Verdun wegen der Einkünfte eines Hofes, der auf dem Gelände der Frauenabtei lag, vor Alexander III. geklagt : JL 12087, (1171-1172) Juni 2575. Der hatte zunächst den Streit den Bischöfen (Barthélemy de Montcornet) von Beauvais und (Thibaud Briton) von Amiens überwiesen76. Nach Anhörung beider Seiten hatten diese Richter der Äbtissin den Besitz der umstrittenen Einkünfte und eine Wiedergutmachung der angerichteten Schäden zwar zugesprochen ; der beklagte Abt aber hatte angeblich, da seine Abtei in der Diözese Verdun lag, für einen Zisterzienser nahezu unglaublich, scismatica prauitate pollutus, die seiner Gegnerin zugesprochenen Einkünfte nicht herausgegeben und zu Unrecht festgehalten. Da der umstrittene Hof indes in der Diözese Châlons-en-Champagne lag, hatten die beiden Delegaten dem Bischof (Gui de Joinville) von ­Châlons in päpstlichem Auftrag geboten, die Äbtissin aus Reims in den Besitz der Streit­sache zu setzen, der aber hatte ihren Auftrag nicht ausgeführt 77. Welche Haltung dahinterstecken könnte, soll noch zur Sprache kommen. Nachdem der Papst erfahren hatte, dass der Abt angeblich scismatica est contagione resparsus, beauftragte er H[einrich], den Erz74. ������������������������������ In JL 11478 lautet der Text : Quod si ad commonitionem tuam adimplere neglexerit, terram quam in tua prouintia habere dinoscitur, interdicto subicias et personam illius, si nec sic resipuerit, uinculo excommunicationis astringas et ab omnibus per tuam prouinciam sicut excommunicatam precipis euitari. 75. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 942BE, Nr. CCCC ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 836C-837A, Nr. CMLIV. 76. ���������������������������������������������������������������������������� Das päpstliche Mandat an die beiden Bischöfe hat sich nicht erhalten ; JL –. 77. Cumque fratri nostro Catal[aunensi] episcopo ex parte nostra mandassent, ut sicut in parrochia sua predicta curtis existit, ita quoque abbatissam faceret quod iudicatum est possidere, id efficere penitus supersedit. ���������������������������������������������������������������������������������������� Grundsätzlich hätten die Delegaten neben dem Diözesanbischof auch den zuständigen Archidiakon oder den Landdekan zum Urteilsvollstrecker vor Ort bestellen können. Gelegentlich hat sich sogar einmal ein Formularbehelf für eine solche, stets schriftlich ergangene Vollstreckung erhalten ; Jane E. ­Sayers, « A judge delegate formulary from Canterbury », in Bulletin of the Institute of Historical Research, Bd. 35, 1962, S. 198-211, hier S. 209 ; auch in dies., Law and Records in Medieval England. Studies on the Medieval Papacy, Monasteries and Records, London, 1988 (Collected Studies Series, 278), Nr. VIII (mit denselben Seitenzahlen). Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 159 bischof von Reims, damit, falls der Sach­verhalt zutreffe, von den Einkünften des Abtes, die dieser in der Provinz Reims habe 78, die der Äbtissin gerichtlich zugesprochenen Schäden unverzüglich und bei Wegfall einer Appellation erstat­ ten zu lassen und ihr die ihr von den Bischöfen zugesprochenen Einkünfte in Frieden zu belassen79. Wie die Untersuchung endete und wohin die Maßnahmen des Erzbischofs führten, ist leider nicht bekannt. Gleichwohl ist Vorsicht geboten, denn im gleichen Zeitraum ließen Abt und Brüder von Lachalade ein Delegations­ mandat an den Erzbischof (Heinrich) von Reims, den Bischof (Gui de Joinville) von Châlons-en-Champagne und den Elekten (Arnoul de Chiny) von Verdun impetrieren : JL 11971, (1171-1172) Januar 23. Darin wird (Heinrich), Châtelain von Vitry(-en-Perthois, Marne, arr. Vitry-le-François), beschuldigt, den Klägern gewaltsam carruce beschlagnahmt zu haben ; dazu sollen er und andere ihrer Diözesanen den Klägern Güter geplündert und Höfe weggenommen haben80. Über den genauen Zeitpunkt der Klage ist ebenso wenig bekannt wie über ihren Ausgang. Dass neben dem Bischof von Châlons auch der Elekt von Verdun zum Delegaten ernannt wurde, dürfte deshalb erfolgt sein, weil in ihren Diözesen Kläger und Beklagte saßen und vielleicht auch die geschädigten Güter der Abtei lagen. Ob dies auch für den Erzbischof von Reims zutraf oder dieser, wie auch in einem anderen Fall81, als Metropolit der Kirchenprovinz für deren parrochiani zuständig war, ist schwer zu entscheiden. Jedoch ist die Vermutung nicht abwegig, dass der Erzbischof den Delegaten auch deshalb beigegeben wurde, weil man einem unbegründeten Ausscheiden des Bischofs von Châlons aus dem Prozess und damit einem Scheitern des Verfahrens vorbeugen wollte 82. Darauf wird nochmals einzugehen sein. In der Zwischenzeit scheinen auch der Abt Petrus Cellensis und die Brüder aus Saint-Remi vor der Stadt Reims einen ähnlichen Versuch unternommen zu 78. �������������������������������������������������������������������������������������������� Zu den Besitzungen der Abtei Lachalade in der Diözese Châlons-en-Champagne liegt eine Bestätigungsurkunde des Bischofs Boso von Châlons (s. d.) in Abschrift von 1787 Februar 17 vor ; Paris, BNF, Moreau, 70, fol. 101-101v. 79. ������������������������������ In JL 12087 lautet der Text : Vnde quia predicte abbatisse nolumus ad iusticiam suam consequendam aliqua ratione obesse, quod prefatus abbas scismatica est contagione resparsus, f[raternitati] t[ue] per a[postolica] s[cripta] mandamus, quatinus si res ita se habet, de redditibus iamdicti abbatis quos habet in prouintia tua, memorate abbatisse sibi adiudicata facias, omni occasione et appellatione postposita, resarciri et redditus quos predicti episcopi sibi adiudicasse noscuntur, nostra et tua auctoritate in pace et quiete dimitti. 80. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 881C-882A, Nr. CCCXX ; R.H.F., Bd. XV, S. 896D-897A, Nr. CCLXXXVIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 768D-769B, Nr. ­DCCCXLIX ; M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », S. 60 (56), Nr. 265. Eine Urkunde des Châtelains Heinrich von Vitry für die Abtei (s. d.) findet sich in Abschrift in Paris, BNF, Moreau, 74, fol. 121. 81. ������������������������������ Dazu JL 11465, unten, Anm. 90. 82. ��������������������������������������������������������������������������� Zu einem solchen Verhalten des Bischofs vgl. auch JL 11182, unten, Anm. 94�. 160 Ludwig Falkenstein haben, wahrscheinlich jedoch ohne der päpstlichen Audientia dabei konkrete Angaben zu machen. In einem langen Mandat, das zusammen mit anderen erging und sich zum einen gegen einen Stephanus und andere der Leute der Abtei in Isles-sur-Suippe (Marne, cant. Bourgogne) (in uilla Sancti Remigii que dicitur Insula), zum anderen gegen Johanniter (fratres hospitalis Ierosolimitani) richtete, werden zum Schluss auch Einkünfte und Besitzungen der Abtei in Alemannia erwähnt : JL 11578, (1168-1169) September 6 83. Hier heißt es : da Abt und Brüder dem Vernehmen nach an den Einkünften und Besitzungen, die sie in Alemannia hätten, durch Schismatiker, die sie ihnen entzögen, große Schäden erlitten, gebiete der Papst dem Erzbischof, ihnen Besitzungen und Benefizien, die Schismatiker de regno Alemanię in seiner Provinz nachweislich hätten, bei Wegfall eines Widerspruchs und einer Appellation anzuweisen und sie in Frieden besitzen zu lassen, bis sie ihre Güter und Einkünfte und die vollständige Wiedergutmachung für Weggenommenes wiedererlangten. Danach folgt indes die vorsichtige Erinnerung daran, dass keineswegs alle de regno Alemanię « von schismatischer Schlechtigkeit benetzt », sondern etliche dem Papst ergeben seien84 ! Mit den Besitzungen und Einkünften könnten vor allem diejenigen gemeint sein, die Saint-Remi in der Diözese Mainz besaß, an der Spitze Remigiusberg und Kusel in der Pfalz85. Im Unterschied zu den bereits von Letoldus aus Orléans und von der Äbtissin von Saint-Pierre-les-Dames impetrierten Mandaten ging jedoch die Conclusio des vorliegenden Schreibens über deren Anordnungen hinaus, wenn sie zwar dem Geschädigten den Nachweis für die Ursächlichkeit und das Verschulden bestimmter Schädiger zur Pflicht machte, ihm aber zugleich die Möglichkeit eröffnete, sich auch an Gütern Dritter schadlos zu halten, denen, außer ihrer Zugehörigkeit zur Obödienz des gegnerischen Papstes, sonst eine Mitschuld nicht nachzuweisen war – ein in mehrfacher Hinsicht nicht unbedenkliches Verfahren, wie die mahnende Erinnerung verrät. 83. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 757C-758C, Nr. CXLIV ; R.H.F., Bd. XV, S. 868CE, Nr. CCXXXIV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 560AD, Nr. DXCVII. 84. ������� Ebd. : Et quoniam de redditibus et possessionibus quas idem abbas et fratres in Alemannia consueuerunt habere, per scismaticos qui eos sibi subtraxerunt, dampna grauia sustinuisse dicuntur, tue discretioni presentium auctoritate mandamus atque precipimus, quatinus ipsis possessiones et beneficia que scismatici de regno Alemanię in prouintia tua noscuntur habere, omni contradictione et appellatione cessante assignes et in pace facias possidere, donec sua recuperauerint et integram ablatorum recompensationem. Illud autem memoriter teneas, quod non omnes de regno Alemannie scismatica sunt prauitate respersi, sed quidam eorum nobis deuoti existant. 85. ��������������� Dazu Françoise Poirier-Coutansais, Gallia monastica. Tableaux et cartes de dépendances monastiques, hg. Jean-François Lemarignier, Bd. I : Les abbayes bénédictines du diocèse de Reims, Paris, 1974, S. 81f. ; Gerhard Schneider, « Reims und das Remigiusland im frühen Mittelalter », in Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 119, 1971, S. 471-480. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 161 IV. — Kläger aus Diözesen der Reichskirche gegen Beklagte in der Kirchenprovinz Reims Anders als in den soeben erörterten Fällen, bei denen Kläger oder Beschwerde­ führer, die zur alexandrinischen Obödienz gehörten, gegen Beklagte oder Be­schul­digte in einer der schismatischen Diözesen vorzugehen beabsichtigten, liegt die Sache bei Klägern, die zwar in einer der Diözesen der Reichskirche ihren festen Sitz hatten, die sich aber gleichwohl an Alexander III. mit ihrer Klage wandten, um Verfahren gegen Beklagte in Gang zu setzen, die in der Kirchenprovinz Reims lebten, in der sich Episkopat und Klerus zur alexandrinischen Obödienz bekannten. 1. Kläger aus der Diözese Lüttich Der zeitlich erste solcher Fälle betrifft einen prominenten Kläger und bezeugt einen für das Schisma bemerkenswerten Rekurs an das Gericht Alexanders III. Es erging deswegen ein Mandat an Heinrich, Erzbischof von Reims : JL 10841, (1163) März 22. Heinrich der Blinde, Graf von Namur und Luxemburg, war in zweiter Ehe mit Laureta, einer Tochter des Dietrich von Elsass, Grafen von Flandern, verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Laureta hatte indes ihren Ehemann zu einem unbekannten Zeitpunkt verlassen. Die Klage muss nach dem Tod des Erzbischofs Samson de Mauvoisin (21. September 1161), aber vor dem Empfang des Palliums durch Heinrich von Frankreich (Mai 1162 ; dazu JL 10710), während der Sedisvakanz der Metropole erfolgt sein, denn das vorliegende Schreiben JL 10841 erwähnt, der Bischof (Nicolas) von Cambrai habe über die Gräfin de mandato Rem[ensis] ęcclesię, auf Weisung des Metropolitankapitels in Reims, die Exkommunikation verhängt, wohl deshalb, weil diese sich in der Diözese Cambrai aufhielt, ohne dass sich angeblich der Aufent­halts­ort näher ermitteln ließ86. Dem Erzbischof von Reims wurde nunmehr geboten, die Gräfin abzumahnen, innerhalb von dreißig Tagen zu ihrem Ehemann zurückzukehren und, falls sie einen triftigen Grund zu haben vermeine, vor ihm, dem Erzbischof, zu erscheinen, um ihre Sache anhören und entscheiden zu lassen, sie jedoch, falls sie sich weigere, zu exkommunizieren und als solche in seiner Kirchenprovinz von allen meiden zu lassen87. Was der Erzbischof daraufhin unternahm, ist nicht bekannt. Der Grund für die Wahl 86. ����������� Dazu J.-L. Kupper, Raoul de Zähringen…, S. 56f. ; Ludwig Falkenstein, « Alexandre III et la vacance d’un siège métropolitain : le cas de Reims », in Sede vacante. La vacance du pouvoir dans l’Église du Moyen Âge, Bruxelles, 2001 (Centre de recherches en histoire du droit et des institutions. Cahier, 15), S. 3-37, hier S. 18f. 87. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 690BE, Nr. XLIX ; R.H.F., Bd. XV, S. 795D-796B, Nr. LXXVIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 207BD, Nr. CXLIV. Dazu Félix Rousseau, Henri l’Aveugle, comte de Namur et de Luxembourg, 1136-1196, Liège / Paris, 1921 (Bibliothèque de la faculté de philosophie et lettres de l’université de Liège, 27), S. 67. 162 Ludwig Falkenstein des Erz­bischofs von Reims zum delegierten Richter liegt auf der Hand : die Beklagte hielt sich in seiner Kirchenprovinz, vermutlich in der Diözese Cambrai, auf 88. Auch ein weiterer Fall betrifft einen prominenten Adligen. Als Alexander III. und seine Kurie bereits in Benevent residierten, klagte der Ritter Gilles, « châtelain de Chimay » (prov. Hainaut, Belgien), dessen Sitz in der Diözese Lüttich und auf Reichsgebiet lag, nach seiner Rückkehr aus Jerusalem gegen seinen Schwager Renaud de Rozoy, « sire de Rozoy-sur-Serre » (Aisne, arr. Laon), weil dieser ihm das Heiratsgut seiner Frau gewaltsam weggenommen hatte und ihn durch andere Belästigungen schikaniere 89. Der Kläger genoss somit den besonderen Schutz der Kreuzfahrer. Alexander III. beauftragte daraufhin Hein[rich], Erzbischof von Reims, und [Gautier], Bischof von Laon : JL 11465, (11671169) Dezember 8. Sie sollten den Beklagten unverzüglich zur Rückgabe aller ent­wendeten Güter und zur Einstellung seiner Schikanen veranlassen oder binnen zweier Monate nach Empfang vorliegenden Schreibens von ihm sich darüber Rechenschaft geben lassen. Verstehe dieser sich nicht dazu, sollten sie ihn bei Wegfall einer Appellation dazu durch Verhängung einer strengen Kirchenstrafe zwingen90. Auch hier ergibt sich die Auswahl beider Delegaten dadurch, dass für den Beklagten – er wird ausdrücklich als parrochianus uester apostrophiert – der Bischof von Laon der Ordinarius war, der Erzbischof von Reims hingegen wahrscheinlich deshalb als delegierter Richter hinzugezogen wurde, weil Güter, die zu der Streitsache gehörten, in seiner Diözese lagen. Außerdem gab es in seiner Diözese mehrere kirchliche Güter, über die der Beklagte teilweise ein Kondominium ausübte, wie wenige Jahre später sein erbitterter Streit mit dem Metropolitankapitel in Reims um das Kondominium an der Seigneurie von Fraillicourt (Ardennes, cant. Chaumont-Porcien), zeigt, die nur fünf Kilometer 88. ����������������������������������������������������������������������������������������� Warum Alexander III. im vorliegenden Fall nicht auch dem Bischof Nicolas von Cambrai die Angelegenheit übertrug oder zusammen mit dem Erzbischof delegierte, könnte damit zusammenhängen, dass der Papst entweder den Bischof wegen der hochpolitischen Seite der Affäre aus der Sache heraushalten wollte oder ihn wegen seiner Haltung in dem für ihn als Reichsbischof prekären Schisma der Unentschiedenheit verdächtigte ; dazu das Schreiben an König Ludwig VII., JL 11107, (11641165) Januar 27 ; R.H.F., Bd. XV, S. 814CD, Nr. CXXV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 328C-329B, Nr. ­CCXCVI. Zur Haltung des Bischofs « Gesta pontificum abbreviata per canonicum Cameracensem», c. 19, ed. Ludwig C. Bethmann, in M.G.H., Scriptores, Bd. VII, Hannover, 1846, S. 508. 89. ���������������������������������������������������������������������������������������������� Nach Gislebert de Mons war die Ehefrau Alix eine Schwester des Renaud de Rozoy und des Roger, Bischofs von Laon ; La chronique de Gislebert de Mons, ed. Léon Vanderkindere, Bruxelles, 1904 (Commission royale d’histoire. Recueil de textes pour servir à l’étude de l’histoire de Belgique), S. 64. Gilles de Chimay genoss als Kreuzfahrer erhöhten Rechtsschutz. Über ihn und die Châtellenie, Claire Billen, « Terre, pouvoir, revenus. La formation de la châtellenie de Chimay, xie-xiiie siècles », in Recueil d’études d’histoire hainuyère offertes à Maurice A. Arnould, hg. Jean-Marie Cauchies u. Jean-Marie Duvosquel, Bd. II, Mons, 1983, S. 59-74, hier S. 65-68. 90. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp 767D-768C, Nr. CLIX ; R.H.F., Bd. XV, S. 870D-871A, Nr. CCXXXIX ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 520BD, Nr. DXXVII ; dazu J.-L. Kupper, Raoul de Zähringen…, S. 57. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 163 südostlich von Rozoy lag 91. Zudem hatte der Beklagte Vogteirechte inne. Ob die Klage des Gilles de Chimay erfolgreich war und welche Maßnahmen die beiden Delegaten ergriffen, ist unbekannt. 2. Kläger aus der Diözese Metz An dieser Stelle muss kurz auf gelegentliche Auswirkungen des alexandri­ nischen Schismas auf die Bischofsstadt und die Diözese Metz eingegangen werden. Die Frauenabtei Sainte-Glossinde hatte zwar 1162, als Victor IV. nach dem gescheiterten Treffen von Saint-Jean-de-Losne in Metz erschienen war, sogar ein feierliches Privileg von diesem Papst erhalten, in dem ihr ihre Rechte auf die Besetzung der Propstei in der jüngst zur Stiftskirche umgewandelten Kirche Saint-Thiébault bestätigt wurden : JL 14476, 1162 Oktober 27 92. Aber als es nur wenig mehr als zwei Jahre danach um zwei Rechtsverletzungen in den Diözesen Verdun und Châlons-en-Champagne ging, die wahrscheinlich der Unsicherheit nach dem Ausbruch des Schismas zu verdanken waren, strengten die Äbtissin Agnes und die Schwestern der Abtei Sainte-Glossinde in Metz eine Klage vor dem Gericht Alexanders III. an. Die Nonnen hatten sowohl in der Diözese Verdun als auch in der Diözese Châlons-en-Champagne Kirchenbesitz. Jedoch hatten Mönche des Cluniazenserpriorats Saint-Thibaud in Vitry(-enPerthois, Marne, cant. Vitry-le-François) in der Diözese Châlons eigenmächtig in den Kirchen von Narcy (Haute-Marne, cant. Chevillon, Diözese Châlonsen-Champagne) und Brauvilliers (Montiers-sur-Saulx, Meuse, arr. Bar-le-Duc, Diözese Verdun) das Präsentationsrecht usurpiert. Zunächst wurde der zuständige Diözesanbischof mit der Untersuchung beauftragt. Da der Elekt von Verdun um diese Zeit wohl schwerlich damit betraut werden konnte, weil dies der kaiserlichen Partei kaum verborgen geblieben wäre 93, lag es nahe, sie dem Bischof von Châlons-en-Champagne zu delegieren. Dass der Erzbischof Heinrich von Reims gegebenenfalls mit der Klage befasst werden sollte, war so zuerst wohl nicht vorgesehen. Jedoch teilte der Papst, bereits im Aufbruch zur Rückkehr nach Italien begriffen, von Étampes aus gleichzeitig dem Erzbischof Heinrich von Reims mit, er habe die Streitsache zwar dem Bischof (Gui de Joinville) von Châlons-en-Champagne zur Ent­ scheidung übertragen (Deperditum zu [1164] um April 21) ; wolle dieser sie aber nicht anhören, solle der Erzbischof die Streitsache entscheiden : JL 11182, 91. ������������������������������������������������������������������������������������������ Dazu die Urkunde Wilhelms, des Erzbischofs von Reims und Kardinals von S. Sabina von 1182 (März 25/28-1183 März 24/April 16) über eine friedliche Einigung zwischen den Parteien bei P. Varin, Archives administratives…, Bd. I/2, S. 387-390, Nr. CCLIX. Zu Fraillicourt jüngst Patrick Demouy, « La cathédrale, fruit de la terre et du travail des hommes : le temporel du chapitre métropolitain de Reims dans la première moitié du xiiie siècle », in Ex animo. Mélanges d’histoire médiévale offerts à Michel Bur, hg. Patrick Corbet u. Jackie Lusse, Langres, 2009, S. 229-276, hier S. 249-251. 92. Gallia christiana, Bd. XIII, Sp. 930E (mit irrigem Monatstag). 93. ������������������� Dazu oben, Anm. 42�. 164 Ludwig Falkenstein (1165) April 21 94. Offensichtlich war man an der Kurie Alexanders III. über die Haltung des Gui de Joinville in ähnlichen Fällen bereits hinreichend informiert. Der Papst, der den Bischof von Châlons verdächtigte, die Streitsache nicht untersuchen zu wollen, schien, obwohl keine Begründung dafür genannt wird, für seine Meinung gute Gründe zu haben. Der Streit wurde nämlich, wie eine Delegatenurkunde zeigt, erst mehrere Jahre danach von R[obert du Bois], einem der Archidiakone der Diözese Châlons 95, 1170 zugunsten der Klägerinnen entschieden, nachdem der Papst ihn zuvor eigens mit der Erledigung der Streitsache beauftragt hatte 96. Schon oben wurde erwähnt, dass im Streit der Äbtissin von Saint-Pierre-lesDames in Reims mit dem Abt von Lachalade der Bischof Gui de Joinville von Châlons-en-Champagne eine ihm von den beiden päpstlichen Delegaten, den Bischöfen von Beauvais und Amiens, gebotene Besitzeinweisung der Klägerin nicht ausgeführt hatte. So entsteht der begründete Verdacht, dass Gui de Joinville bei Aufträgen, die Streitsachen in einer benachbarten, zum Schisma übergetretenen Diözese betrafen, seine Mitarbeit verweigerte. Dass er damit keine Zustimmung bei Alexander III., aber auch nicht bei seinem Metropoliten, der ihm von seiner Erhebung an schroff ablehnend gegenüberstand97, gefunden hat, sei hier nur angemerkt. 94. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 691AB, Nr. L ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 354AB, Nr. CCCXXIX. Dazu M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », S. 58 (54), Nr. 257. 95. ��������������������������������������������������������������������������������� Über ihn und sein Auftreten gegen Gilbert de la Porrée auf dem Konzil von Reims, Johannes von Salisbury, Historia pontificalis, VIII : John of Salisbury’s Memoirs of the Papal Court, ed. Marjorie Chibnall, London / Edinburgh, 1956, S. 18f. 96. ��������� Kopie s. xiii/xiv, Chartular s. xiii/xiv von Sainte-Glossinde in Metz : Paris, BNF, lat. 10024, fol. 59 ; Chartular s. xv : Metz, AD Moselle, H 4150, n. 3, fol. 6 : In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ego Robertus dei nutu Cathal[aunensis] ecclesie archi[diaconus] tam presen[tibus] quam futuris. Instinctu justicie et karitatis intuitu cunctis fidelibus intimare et scripto memorieque mandare curauimus, qualiter controuersia que inter abb[atiss]am Sancte Glod[esindis] que est Metis, et monachos cenobii Sancti Theobaldi de Vitriaco coram nobis ter[m]inata sit lisque decisa. Cum ex mandato domini pape in presen[tia] nostra pars vtraque die super hoc prefixa assisteret, abb[atiss]a videlicet predicte ecclesie per sufficientem responsalem, monachi vero per priorem proprium, vtrisque data est allegandi licentia. Prior itaque cause sue merito et veritatis beneficio vt uisum est diffidens, eidem protinus renunciauit nec amplius super re proposita acturum se proposuit. Vnde etiam sibi a nobis coram presentibus annunciatum fuit, quod si taliter abiret a causa sua, penitus cadetur. Qui tamen nichilo[min]us iterato negocio renunciauit nec aliquam saltim dilationis causam recedendo protulit. Nos igitur alterius partis cause veritatem cognoscentes auct[oritate] domini pape dignum duximus ecclesias pro quibus contendauerunt, Narceyum videlicet Brohouillare, abbatisse et abbatie sue confirmare et de cetero possidendas decernere. Ne itaque ullius temeritas huius veritatis paginam audeat deinceps ullatenus vexare auct[oritate] apostolica anathematis vinculo prohibemus. Testium etiam nomina qui aderant adhibemus : Gaufridus Suessionen[sis], Guido de Bazoches can[onici] Sancti Stephani ; Rollandus can[onicus] Sancte Marie de Vallibus et magister Richerus, Petrus clericus, Willelmus, Hugo Bellus et Nicholaus frater eius. Actum Cathal[aunis] anno incarnati uerbi .M o.C o.LXX o. 97. ������������ Dazu Ludwig Falkenstein, « Alexander III. und der Streit um die Doppelwahl in Châlons-surMarne (1162-1164) », in Deutsches Archiv, Bd. 32, 1976, S. 444-494, hier S. 489-493. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 165 V. — Kläger aus der Diözese Toul gegen Beklagte in der Kirchenprovinz Trier Eigene Aufmerksamkeit dürfte die Tatsache beanspruchen, dass Alexander III. während des Fortgangs des Schismas selbst mit solchen Klagen befasst wurde, bei denen Kläger aus Diözesen der Reickskirche gegen Beklagte im Bereich der eigenen Diözesen und der eigenen Kirchenprovinz auftraten, obwohl diese zur Obödienz eines kaiserlichen Gegenpapstes zählten. Entweder 1171 oder 1172 überwies Alexander III. von Tusculanum aus dem Erzbischof H[einrich] von Reims insgesamt neun verschiedene Klagen, die sich auf drei gleichzeitig ausgefertigte Delegationsmandate verteilten. Klägerin waren bei allen neun Klagen eine wohl adlige Witwe, Hodeardis von Maidières (Meurthe-et-Moselle, cant. Pont-à-Mousson), mehrfach zusammen mit ihren Söhnen, die in der Diözese Toul ansässig waren98. Da nicht nur Klagen von Witwen und Waisen, sondern alle Klagen, die sich gegen kirchliche Institutionen und ihre Mitglieder richteten, zweifellos die kirchliche Gerichtsbarkeit betrafen, verstand sich die Zuständigkeit eines kirchlichen Gerichtes von selbst. Warum aber klagte man vor dem Gericht Alexanders III. und ließ dabei den Erzbischof von Reims zum Delegaten ernennen99 ? Noch erstaunlicher ist jedoch, dass von den neun beklagten Parteien, die alle entweder zu den Zisterziensern oder zu Kommunitäten von Regularkanonikern gehörten, fünf in der Diözese Toul, zwei in der Diözese Metz ansässig waren, eine in der Diözese Verdun. Acht zählten somit zur Kirchenprovinz Trier. Allein die Zisterzienser von Trois-Fontaines aus der Diözese Châlons-enChampagne gehörten zur Kirchenprovinz Reims. In dem ersten Mandat lautet die Einlassung der Klägerin : Obwohl Balduin, ihr ehemaliger Ehemann, dem Abt und den Brüdern der Prämonstratenserabtei Saint-Paul in Verdun (Meuse) 80 Pfund und 46 Schillinge der Münze von Châlons-en-Champagne ohne Wucher geliehen habe 100, weigerten diese sich, ihnen das Geld zurückzuerstat98. ������������������������������������������������������������������������������������������ Ob ein Jacques de Maidières, der im 13. Jahrhundert Kanoniker an der Kathedrale in Verdun war, zu der Familie gehörte, vermag ich nicht zu sagen ; zu ihm Michel Parisse, Noblesse et chevalerie en Lorraine médiévale. Les familles nobles du xi e au xiii e siècle, Nancy, 1982, S. 262. 99. ����������������������������������������������������������������������������������������������� Das Dekretralenrecht räumte den Parteien Einfluss auf die Auswahl der delegierten Richter ein, um einer recusatio iudicis und damit einer möglichen peremtorischen Prozesseinrede zuvorzukommen ; dazu Linda Fowler, « Recusatio iudicis in civilian and canonist thought », in Post Scripta. Essays on Medieval Law and the Emergence of the European State in Honor of Gaines Post, hg. Joseph R. Strayer u. Donald E. Queller, Roma, 1972 (Studia Gratiana, 15), S. 719-785 ; A. Duggan, The Correspondence of Thomas Becket…, Bd. II, S. 1401. 100. ���������������������������������������������������������������������������������������� Zur Rolle der Währung von Châlons-en-Champagne als regionaler « Leitwährung » weit über die Diözesangrenzen hinaus, vgl. Michel Bur, La Formation du comté de Champagne, v. 950-v. 1150, Nancy, 1977 (Mémoires des Annales de l’Est, 54), S. 325-327 ; Sonja Benner, Châlons-en-Champagne. Die Stadt, das Chorherrenstift Toussaint und das Umland bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, Trier, 2005 (Trierer Historische Forschungen, 55), S. 236f. 166 Ludwig Falkenstein ten. Die Söhne der Frau klagten, dass der Abt und die Brüder der Prämon­ stratenserabtei Riéval (Meuse, cant. Void-Vacon, com. Ménil-la-­Horgne, Diözese Toul) ihnen 63 Pfund, die sie ihnen schuldeten, nicht zurückgaben. Der Abt und die Brüder der Zisterzienserabtei Trois-Fontaines (Marne, cant. ­Thiéblemont-Farémont, Diözese Châlons) dagegen lehnten es ab, ihnen ein Depot von mehr als 100 Pfund herauszugeben : JL 12123, (1171-1172) September 29101. Das zweite Mandat lautet : obwohl die Klägerin und ihre Söhne dem Abt und den Brüdern der Zisterzienserabtei Saint-Benoît-en-Woëvre (Meuse, com. Vigneulles-lès-Hattonchâtel, Diözese Metz) 133 Pfund und 5 Schillinge sowie dem Abt und den Brüdern der Zisterzienserabtei Villers(-Bettnach, Moselle, cant. Vigy, Diözese Metz) 70 Pfund und dem Abt und den Brüdern der Regularkanonikerabtei Saint-Léon in Toul (Meurthe-et-Moselle) 55 Pfund der Münze von Châlons-en-Champagne, 15 Schillinge und 4 Denare weniger einen Obol ohne Wucher ausgeliehen hätten, könnten sie von ihnen ihr Geld nicht zurückerlangen : JL 12124, (1171-1172) September 29102. Und der Text des dritten Mandats bemerkt : obwohl sie dem Abt und den Brüdern der Zisterzienserabtei L’Isle-en-Barrois (Meuse, cant. Vaubecourt, Diözese Toul) sowie dem Abt und den Brüdern der Prämonstratenserabtei (Sainte-Marie-auBois) in Prény (Meurthe-et-Moselle, cant. Pont-à-Mousson, Diözese Toul) 13 Pfund der Münze von Châlons-en-Champagne ohne Wucher geliehen hätten, könnten sie von ihnen das Geld nicht zurückerhalten : JL 12125, (1171-1172) September 29103. In allen Fällen solle der Erzbischof die Beklagten abmahnen und notfalls streng dazu zwingen, der Frau und ihren Söhnen ihre Schulden zurückzuzahlen oder sich vor des Erzbischofs Gericht darüber zu verantworten. Ob es zu den einzelnen Verfahren kam und wie sie endeten, ist bislang nicht bekannt. Dass die Kläger gegen die Zisterzienser von Trois-Fontaines in der Diözese Châlons-en-Champagne das Gericht Alexanders III. anriefen, ist nicht weiter erstaunlich. Gern wüßte man aber vor allem, was sie bewogen hatte, vor Alexander III. gegen acht Klöster in der Kirchenprovinz Trier zu klagen. Hatten sie Kenntnis davon, dass der dritte, von der kaiserlichen Partei erhobene Papst, Calixt III., kaum dazu in der Lage war, eine umfassende päpstliche Gerichtsbar- 101. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 952AC, Nr. CCCCXIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 864AC, Nr. CMLXXXV ; dazu M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… » , S. 60 (56), Nr. 266. 102. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 952D-953A, Nr. CCCCXIV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 864C-865A, Nr. CMLXXXVI ; dazu M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », S. 60 (56), Nr. 267. 103. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 953BD, Nr. CCCCXV; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 865AB, Nr. CMLXXXVII ; dazu M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », S. 60 (56), Nr. 268. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 167 keit durchzusetzen ? Oder waren die beklagten Religiosen längst der Obödienz Alexanders III. beigetreten ? VI. — Das Los der Emigranten 1. Ein Mönch aus dem regnum Teutonicum Gelegentlich, wenngleich selten, hört man von Personen, die das Schisma im mittelalterlichen Reich zur Emigration gezwungen haben soll. Ein Beispiel bietet folgendes Mandat, das gleichfalls an den Erzbischof Heinrich von Reims erging, angeblich durch Folgen des Schismas bedingt, in einer anderen Sache : JL 11292, (1166) Oktober 19. Ein Mönch namens Balduin war vor dem Papst erschienen und hatte vorgetragen, dass er, obwohl er in einem Kloster des regnum Teutonicum den Mönchshabit empfangen habe, propter schismaticorum perfidiam nicht wage, dort zu bleiben, sondern gezwungen werde, das Exil auf sich zu nehmen. Der Erzbischof solle den Abt (Petrus) und die Brüder von Saint-Remi bitten und ermahnen, Balduin aufzunehmen und zu versorgen, bis er in seine Kirche zurückkehren könne104. Leider fehlen Angaben über die Herkunft des Empfohlenen, und über den Wahrheitsgehalt seines Begehrens lässt sich ebenso wenig etwas sagen. Es könnte in derselben Sache auch ein eigenes Schreiben des Papstes an den Abt Petrus Cellensis und die Brüder von Saint-Remi ergangen sein, doch hat sich davon keine Spur erhalten. Ob der Abt und die Brüder von Saint-Remi dem päpstlichen Wunsch entsprachen, ist nicht bekannt. 2. Zwei Brüder als Exulanten aus der Diözese Toul auf der Suche nach einem Benefizium Der folgende Fall betrifft den Versuch eines Priesters aus der Diözese Toul, über eine Intervention des Papstes die Zusage für eine Präbende zu erlangen. Ähnlich wie dem Mönch Balduin, der « in einem Kloster des regnum Teutonicum den Mönchshabit empfangen » habe, angeblich aber propter schismaticorum perfidiam nicht wage, dort zu bleiben, sondern gezwungen werde, das Exil auf 104. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 740CE, Nr. CXXIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 422BD, Nr. CDIX. – Das Problem von Mönchen in grenznahen Gebieten, die wegen des Schismas ihre Klöster verließen, ist auch sonst bekannt ; vgl. das Beispiel eines R. und seiner Gefährten aus Cluny in JL 10660, (1161) April 7 ; E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 659A-660E, Nr. VII ; R.H.F., Bd. XV, S. 768B-769B, Nr. XXVII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 111A-112D, Nr. XL ; dazu Giles Constable, « The abbots and anti-abbot of Cluny during the papal schisme of 1159 », in Revue bénédictine, Bd. 94, 1984, S. 370-400, hier S. 379, 389 ; wieder in ders., The Abbey of Cluny. A Collection of Essays to Mark the Eleven-Hundredth Anniversary of its Foundation, Berlin, 2010, S. 491-520, hier S. 500, 509. 168 Ludwig Falkenstein sich zu nehmen105, scheint es einem Priester namens Walter (G.) ergangen zu sein, der mit seiner Mutter, seinem Bruder und seiner Schwester zu Beginn des Schismas aus der Diözese Toul « wegen der Bosheit der Schismatiker » in das Gebiet von Reims gekommen sei, wo er sich seither satis laudabiliter aufhalte. Da dessen Bruder, etsi litteratus et probus existat, bisher nicht in den Klerus aufgenommen worden sei, bitte und ermahne der Papst den Erzbischof, ihn zum Kleriker zu ordinieren und ihn irgendwo so angemessen zu versorgen, dass er das Lebensnotwendige erhalten und Gott getreu dienen könne. Außerdem empfiehlt ihm der Papst aufs Angelegentlichste den Walter, um « dessen Bitten nachdrücklich zu erhören » : JL 11742, (1170) März 16106. Das Schreiben wurde in Veroli ausgefertigt. Es ging um nichts weniger als um zwei Provisionen, eine für den Priester, eine andere für dessen Bruder, der bisher nicht einmal zum Klerus zählte, also um Forderungen, bei denen Bischöfe und andere, die das Recht hatten, Präbenden zu vergeben, angesichts der zunehmend abstoßenderen Verlangen gerade auch Alexanders III. für gewöhnlich gern weghörten, wenn solche päpstlichen « Bitten » sie erreichten107. Jedoch war dem Ersuchen des Papstes damit noch kein Erfolg beschieden. Aus einem weiteren Schreiben, das der Papst dem Erzbischof von Reims vielleicht noch im Oktober des gleichen Jahres, diesmal aber schon in Tusculanum ausgefertigt, zugehen ließ, erfährt man nämlich, dass die Kanoniker der Kathedrale Saint-Gervais in Soissons dem Priester auf Bitten König L[udwigs VII.] hin angeblich eine ihnen gehörende Kirche versprochen hatten. Aus diesem Grund, so heißt es in dem vorliegenden Schreiben, habe der Papst gleichzeitig zu diesem Schreiben auch an den Bischof Hugues de Champfleury von Soissons ein eigenes Schreiben gerichtet, in dem er ihn ersuchte, dem Priester Walt[er] diese oder eine andere gleichwertige Kirche zu verleihen108. Der Erzbischof von Reims sollte nunmehr auf den Bischof von Soissons Druck ausüben, damit dieser sich bemühe, des Papstes « Bitten in dieser Sache schnell und mit Nutzen 105. Dazu oben, Anm. 67. 106. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 822AD, Nr. CCXXXVIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 656CD, Nr. DCCIII ; M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », S. 59 (55), Nr. 262. 107. ���������������������������������������������������������������������������������������������� Ein naheliegendes Beispiel ist JL 13253, (1176 August-1179 Anfang), Alexander III. an Bischof (Guido), den Domdekan und das Domkapitel in Châlons-en-Champagne : Pfründenprovision für W., Neffen ihres ehemaligen Archidiakons R[obert]. Kopie s. xii/xiii, Epistolae Alexandrinae : Cambridge, Trinity College, ms. R. 9. 17, fol. 109-109v ; Samuel Loewenfeld, Epistolae Romanorum pontificum ineditae, Leipzig, 1885, S. 171f., Nr. 297 (zu 1178-1179 vor März). Dazu Kenneth Pennington, « Epistolae Alexandrinae. A Collection of Pope Alexander III’s Letters », in Miscellanea Rolando Ban­di­ nelli papa Alessandro III, hg. Filippo Liotta, Siena, 1986 (Accademia Senese degli Intronati), S. 339-353, hier S. 344. 108. ����������������������������������������������������� Das Schreiben scheint nicht erhalten zu sein : JL – . Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 169 in die Tat umzusetzen »109. Der Papst empfahl danach erneut dem Erzbischof den Priester und ersuchte ihn zugleich, dessen Bruder, falls er diesen für ge­eig­ net halte, unverzüglich gemäß dem Wortlaut seines früheren Schreibens (JL 11742) zum Kleriker zu ordinieren, d. h. ihm die Tonsur zu erteilen : JL 11922, (1170-1172) Oktober 20110. Indes sollte auch diese Initiative des Papstes für den Priester noch nicht zum Ziele führen. Wahrscheinlich ein halbes Jahr danach wandte sich Alexander III. in derselben Sache erneut an Heinrich, den Erzbischof von Reims : er erinnere sich, so heißt es hier, schon einmal an ihn die nachdrückliche Bitte für D. und G. (Walter) aus der Diözese Toul gerichtet zu haben. Dem Vernehmen nach habe er, der Erzbischof, in dem Willen, seiner Bitte darin zu entsprechen, dem Bischof von Soissons geboten, einem von beiden irgendeine Kirche zu verleihen. Aber da der Bischof in einen Rechtsstreit und in eine Auseinandersetzung verwickelt war, habe er sie ihm nicht übertragen dürfen. Er bitte ihn durch erneutes Schreiben und gebiete ihm, auf die Versorgung dieser Kleriker sorgfältig hinzuarbeiten und jeden von beiden in der Diözese Reims oder in seiner Kirchenprovinz entweder selbst oder von einem seiner Suffraganbischöfe angemessen versorgen zu lassen : JL 12033, (1171-1172) April 6 111. Wahrscheinlich hatte der Erzbischof von Reims dem Bruder des Walter, dessen Namen mit seinem Anfangsbuchstaben hier erwähnt wird, inzwischen die Tonsur erteilt, denn eine erneute Aufforderung dazu, die noch in JL 11922 am Ende stand, fehlt hier. Ein Detail lässt aufhorchen : dass der Bischof von Soissons, in einen Rechtstreit verwickelt, dem Walter eine Präbende nicht habe übertragen dürfen. Dies lässt vermuten, dass möglicherweise der Papst selber über ihn ein Verbot verhängt hatte, Präbenden zu verleihen112. Da gerade 109. Nunc uero quia pro eodem sacerdote venerabilem fratrem nostrum Suession[ensem] episcopum per scripta nostra rogauimus, ut ei ecclesiam quam canonici Sancti Geruasii Suession[ensis] ad preces karissimi in Christo filii nostri .L. illustris Francorum regis liberaliter promisisse dicuntur, uel aliam ęquiualentem concedat liberaliter et assignet, fraternitati t[ue] per a[postolica] s[cripta] mandamus, quatinus eundem episcopum instanter moneas et inducas, ut preces nostras in hac parte celeriter studeat et utiliter effectui mancipare. Der Text ist aus JL 11922 (wie folgende Anm.). 110. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 851BE, Nr. CCLXXXII ; R.H.F., Bd. XV, S. 891AC, Nr. CCLXXXVI ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 739C-740B, Nr. DCCCIV ; M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », S. 59 (55), Nr. 263 : Fratrem etiam predicti sacerdotis, si ipsum idoneum esse cognoscis, iuxta tenorem aliarum litterarum nostrarum non differas ordinare. 111. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 916D-917C, Nr. CCCLXV ; R.H.F., Bd. XV, S. 911CE, Nr. CCCXIV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 809AC, Nr. CMIX ; M. Parisse, « Bullaire de la Lorraine… », S. 60f. (56f.), Nr. 269. 112. ������������������������������������������������������������������������������������������� Ein ähnliches Beispiel : der Bischof Henri von Senlis hatte auf Drängen seines Erzbischofs Heinrich einem von dessen Klerikern (G.) eine Präbende versprochen, die er jedoch, in Widerspruch zu einer Bestimmung der Synode von Tours (1163), zwischen diesem Kleriker und einem Archidiakon teilte. Als der Erzbischof deswegen den Papst anrief, suspendierte dieser u. a. den Bischof von der Gewalt, Präbenden zu verleihen ; JL 12009, (1171) März 13 ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 793B-794B, Nr. ­DCCCLXXXVII. Zum Inhalt Ludwig Falkenstein, « Pontificalis maturitas vel modestia sacerdo- 170 Ludwig Falkenstein damals (1169-1170) zwei Streitsachen zwischen Mitgliedern des Domkapitels und dem Bischof, nämlich dem Domdekan113 und gleichzeitig dem Kantor des Domkapitels, um Präbenden und Einkünfte 114, vor allem aber der Streit um das Recht des Domkapitels, über die Bischofsstadt auch ohne Zustimmung des Bischofs das Interdikt zu verhängen115, mit großer Erbitterung geführt wurden, talis ? Alexander III. und Heinrich von Frankreich in den Jahren 1170-1172 », in Archivum historiae pontificiae, Bd. 22, 1984, S. 31-88, hier S. 42f. ; zum Datum S. 51, Anm. 60. Zur Sache Guillaume Mollat, « Les graces expectatives du xiie au xiv e siècle », in Revue d’histoire ecclésiastique, Bd. 42, 1947, S. 81-102, hier S. 86f. (zu 1172). 113. ��������������������������������������������������������������������������������������� Zu dem Streit zwischen Bischof und Domdekan : Hadrian IV. hatte dem Domdekan Wil[helm] eine bisher von Hugues de Champfleury, dem Elekten von Soissons und Kanzler Ludwigs VII., genutzte Präbende mit der Bestimmung verliehen, diese müsse künftig zum Amt des Domdekans gehören ; dazu die Mitteilung an den Elekten und das gesamte Kapitel, JL 10553, (1159) März 5, E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 653D-654A, Nr. XXII ; R.H.F., Bd. XV, S. 692CD, Nr. LIII ; Migne P.L., Bd. CLXXXVIII, Sp. 1625AB, Nr. CCXLVIII. Jedoch hielt Hugues auch als Bischof die Präbende weiterhin inne, und Ermahnungen Alexanders III., sie herauszugeben, blieben ohne Erfolg ; vielleicht ist Wilhelm identisch mit dem magister G., dessetwegen Alexander III. bei Heinrich, dem Bischof von Beauvais, intervenierte ; JL 10652, (1161) Februar 3, E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 656C-657B, Nr. IV ; R.H.F., Bd. XV, S. 750CE, Nr. IX ; Migne P.L. Bd. CC, Sp. 166AD, Nr. XXXIII. Der Domdekan klagte erneut, nachdem der Bischof die Präbende einem anderen verliehen hatte : JL 11499-11500, (1169) März 22, E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 795D-796C, n. CXCVII ; R.H.F., Bd. XV, S. 874BD, Nr. CCXLVI ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 531C-532A, Nr. DXLVI, und JL 11500, E. ­Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 796C-797A, Nr. CXCVIII ; R.H.F., Bd. XV, S. 874D-875A, Nr. CCXLVII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 532BD, Nr. DXLVII. 114. ��������������������������������������������������������������������������������������������� Der Kantor R[adulf ] des Domkapitels hatte gegen den Bischof geklagt, weil zwei seiner Vorgänger das altare in Bussiares (Aisne, cant. Neuilly-Saint-Front) zusammen mit der Kantorei besessen hätten, das der Bischof bei Vakanz der Kantorei einem anderen verliehen hatte ; JL 11509, (1169) März 31, E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 801C-802A, Nr. CCVII ; R.H.F., Bd. XV, S. 875C-876A, Nr. CCXLIX ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 535D-536B, Nr. DLIV. Darüber war bereits früher eine Übereinkunft erzielt worden, an die der Bischof sich wohl nicht hielt ; JL 10991, (1163-1164) Dezember 23, André Duchesne, Historiae Francorum scriptores coaetanei, 5 Bde., Paris 1636-1649, Bd. IV, S. 592BC, Nr. LXXVII ; R.H.F., Bd. XV, S. 812AB, Nr. CXVIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 281C-282A, Nr. ����������������������������������������������������������������� CCXXXII. Aus dem späten Frühjahr 1169 dürfte der Brief des Domkapitels an H[einrich], Erzbischof von Reims, stammen ; E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, S. 797BD, Nr. CXCIX ; R.H.F., Bd. XVI, S. 186DE, Nr. CX. 115. �������������������������������������������������������������� Zum Datum und zum Inhalt sind die Urkunde König Ludwigs VII., Gallia christiana, Bd. X, Instrumenta, Sp. 125D-126B, Nr. XLI ; R.H.F., Bd. XV, S. 876, Anm. b ; Achille Luchaire, Études sur les actes de Louis VII, Paris, 1885 (Histoire des institutions monarchiques de la France sous les premiers Capétiens), S. 281f., Nr. 577, ferner Ludwigs VII. Schreiben an Alexander III., A. Du Chesne, Historiae Francorum Scriptores.…, Bd. IV, S. 584B, Nr. LIX ; R.H.F., Bd. XV, S. 876AB, Nr. CCL ; A. Luchaire, Études…, S. 282, Nr. 578, und die Litterae cum serico Alexanders III. JL 11785, (1170) März 15, für das Domkapitel heranzuziehen ; Lohrmann, Papsturkunden, S. 406f., Nr. 134. Ferner JL 11508, (1169) März 31, an H[einrich], Erzbischof von Reims, E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 800D-801B, Nr. CCVI ; R.H.F., Bd. XV, S. 875AC, Nr. CCXLVIII ; Migne PL, Bd. CC, Sp. 535BD, Nr. DLIII. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 171 könnte deren Verlauf zu einem solchen Verbot geführt haben116. Trifft dies zu, dann hätte der Erzbischof von Reims, wahrscheinlich unwissentlich, vor dem Bischof von Soissons den Papst mit seinem über den Bischof verhängten Verbot, Präbenden zu verleihen, gleichsam ins Leere laufen lassen. 3. Anfragen zur Gültigkeit der von Schismatikern erteilten Weihen Die hier gebotene Übersicht wäre unvollständig, wenn nicht ein Problem gestreift würde, das sich im Gefolge des alexandrinischen Schismas auch in der Kirchenprovinz Reims zuweilen stellte, aber von dem nicht zu ermitteln ist, wie häufig es vorkam : die Frage einer Gültigkeit der von Schismatikern erteilten Weihen. Es gab Kleriker in der Kirchenprovinz, die aus schismatischen Diözesen stammten und denen schismatische Bischöfe eine der höheren Weihen erteilt hatten. Undurchsichtig wurden solche Fälle vor allem da, wo ein Bischof sich nicht in seiner gesamten Amtszeit, sondern zeitweise der Obödienz eines der Gegenpäpste angeschlossen hatte. Gelegentlich führten Fragen nach der Gültigkeit der von Schismatikern erteilten Weihen zu päpstlichen Schreiben an Heinrich, Erzbischof von Reims. Solche Fragen wurden indes meistens erst dann spruchreif, wenn einem Exulanten das bisher innegehabte oder das noch zu verleihende Benefizium von einem Konkurrenten bestritten wurde. Vereinzelt hatte Heinrich von Frankreich sich als Erzbischof von Reims an Papst Alexander III. solcher Fragen wegen wenden müssen. Ein Priester J[ohannes] – seinen Namen nennt die Rubrik, die dem Schreiben in der Handschrift vorausgeht –, der aus der Diözese Metz stammte, war mit einem Schreiben des Erzbischofs an den Papst vor diesem erschienen (Deperditum). Dieser ließ antworten, durch sein Schreiben und das Eingeständnis des Priesters J[ohannes], des Überbringers, wisse er, dass der Erzbischof ihn trotz Präsentation nicht auf eine Kirche habe annehmen wollen, weil er von O. (!), ehemals Bischof von Metz117, geweiht worden sei, der zuerst katholisch, später Schismatiker gewesen sei. Er habe dem Elekten [von Metz] geboten (Deperditum, JL –)118, zu erkunden, zu welchem Zeitpunkt J[ohannes] durch den Bischof, ob zur Zeit, als der katholisch gewesen oder als er, ins Schisma gefallen, exkommu116. ������������������������������������������������������������������������������������������ Neben den soeben erwähnten Konflikten gab es einen weiteren Rechtsstreit zwischen dem Domkapitel von Soissons und einem seiner Kanoniker, dem königlichen Kleriker Petrus, einem Verwandten des Bischofs Hugues, um dessen Einkünfte, der daher rührte, dass Petrus als Kleriker des Königs und im Dienste des Bischofs seiner Residenzpflicht nicht nachkommen konnte. Dazu und zu den Schreiben JL 11780, (1170) April 26, und JL 11786, (1170) Mai 1, Ludwig Falkenstein, « Ein vergessener Brief Alexanders III. an einen rex Hibernorum », in Archivum historiae pontificiae, Bd. 10, 1972, S. 107-160, hier S. 113, Anm. 28. 117. ����������������������������������������������������������������������������������������� Die Initiale geht auf eine Verschreibung zurück, denn es kann sich nur um Étienne de Bar handeln, der vor seinem Tod 1162 sich Alexander III. angeschlossen hatte ; dazu oben, Anm. 51. Wäre er noch Schismatiker gewesen, hätte sicherlich nicht quondam Meten[si] episcopo in dem Schreiben gestanden. 118. ���������������������������������������������������������������������������������������� Es kann sich bei dem Elekten nur um Thierry de Bar gehandelt haben ; dazu oben, Anm. 51�. 172 Ludwig Falkenstein niziert worden sei, oder erst nach dessen Absolution die Priesterweihe empfangen habe, und dies dem Erzbischof mitzuteilen. Sei Johannes von dem Bischof, als er noch katholisch war oder nach dessen Absolution ordiniert worden, solle er ihn zulassen : JL 11687, (1168-1170) Januar 26 119. Wenige Jahre danach trifft man auf einen ähnlichen Fall, dessen Lösung indes erheblich größere Probleme verursacht haben dürfte als der des Priesters aus der Diözese Metz. Auch in diesem Fall musste sich Alexander III. an Heinrich, den Erzbischof von Reims, wenden. Der Bischof [Milon] von Thérouanne hatte dem Papst mitgeteilt (Deperditum), so heißt es in dem Schreiben an den Erzbischof, dass der Papst ihn vor geraumer Zeit gebeten habe, einem Diakon G., Überbringer des Schreibens, die Kirche von Hondschoote (Nord, arr. Dunkerque) zu übertragen (Deperditum, JL – ). Der Bischof habe nach Vorladung eines Priesters B. dessen Weihe untersucht. Vor Gericht habe er durch Geständnis erfahren, dass dieser Priester von dem Schismatiker und Eindringling Gero von Halberstadt zum Priester geweiht worden sei, angeblich, bevor dieser zum Schisma abgefallen sei. Er behaupte, jene Kirche kanonisch erlangt zu haben. Da jedoch der Diakon bei dem Bischof nachdrücklich darauf drängte, ihm nach dem Wortlaut des päpstlichen Schreibens die besagte Kirche zu verleihen, habe B. den Diakon vor das Gericht des Papstes zitiert und das kommende Fest der Reinigung Mariens (2. Februar) als Frist für seine Appellation gesetzt. Da unzweifelhaft sei, dass Gero als Eindringling von Halberstadt Schismatiker und exkommuniziert gewesen sei, solle der Erzbischof den besagten Bischof und andere, welche die Wahrheit kennen würden, die Streitsache untersuchen lassen. Stehe fest, dass B. in einer Verhand­lung vor dem Bischof zugegeben habe, von jenem G[ero] zum Priester geweiht worden zu sein, solle er ihn der Weihestufe, die er von diesem erhalten habe, entsetzen und aus der erwähnten Kirche entfernen. Der Erzbischof solle den Bischof ermahnen, dem Diakon unverzüglich diese Kirche nach dem Wortlaut des päpstlichen Schreibens zu übertragen : JL 11943, (1170-1172) November 27 120. Wie der Wortlaut zeigt, stand auch ein Bischof der Frage, wie er hier eine Entscheidung treffen solle, ohne eine der Parteien zu benachteiligen, ziemlich ratlos gegenüber. 119. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 780C-781A, Nr. CLXXV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 626C-627B, Nr. DCLX. 120. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 860AE, Nr. CCXCIV ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 751C-752B, Nr. DCCCXXII ; Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe, Bd. I, ed. Gustav Schmidt, Leipzig, 1883, S. 235, Nr. 271. – Dazu Germania pontificia, Bd. V/2, S. 256, Nr. 147 ; Karlotto Bogumil, Das Bistum Halberstadt im 12. Jahrhundert, Köln / Wien, 1972 (Mitteldeutsche Forschungen, 69), S. 244. Zur Pfarrei Hondschote, Bernard Delmaire, « La géographie paroissiale du diocèse de Thérouanne (xive-xvie siècle) : approche cartographique », dans Le diocèse de Thérouanne au Moyen Âge. Actes de la journée d’études tenue à Lille le 3 mai 2007, éd. Jeff Riddet et Benoît-Michel Tock, Arras, 2010 (Mémoires de la Commission départementale d’histoire et d’archéologie du Pas-de-Calais, 30), S. 149-180, hier 160. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 173 VII. — Anhänger der alexandrinischen Obödienz rufen den Kaiser, den Gegenpapst Victor IV. oder Rainald von Dassel an Wie die Beispiele aus den Diözesen Metz und Toul gezeigt hatten, appellierte man gelegentlich selbst aus Reichsbistümern, die zur Obödienz eines der Gegenpäpste zählten, gleichwohl an Alexander III., wenn dies ein erfolg­ versprechender Weg war, um einer Klage Nachdruck zu verleihen und seine Ansprüche erfolgreich durchzusetzen. Aber es gibt in der gleichen Zeit auch Beispiele dafür, dass erklärte Anhänger Alexanders III. sich an den Kaiser, ja sogar an das Gericht des Gegenpapstes oder an das eines seiner profiliertesten Anhänger wandten, wenn sie sich davon Vorteile versprachen. Nahezu gleichzeitig lassen sich dafür zwei Fälle benennen, die Streitsachen in der Diözese Lüttich betreffen. 1. Eine Appellation des Abtes Petrus von Saint-Remi an ­Victor IV. : der Streit um eine Kanonikerpräbende in Meerssen Ein Beispiel aus den frühen Jahren des Schismas lässt sich für einen besonders rührigen Anhänger Alexanders III. anführen. In der Zeit zwischen 1162 und 1164 kam es wohl in Lüttich zu einer Gerichtsverhandlung vor Ph[ilipp von Heinsberg], Domdekan in Köln und Archidiakon in Lüttich, dem späteren Nachfolger Rainalds von Dassel als Erzbischof von Köln. Dabei wurde ein Rechtsstreit beigelegt, bei dem der Abt von Saint-Remi gegen einen G. de Marsna, den Bruder eines Ludwig, geklagt hatte, der an der ehemaligen Stiftskirche in Meerssen (Maastricht, prov. Limburg, Niederlande) eine Kanonikerpräbende usurpiert hatte. Der delegierte Richter, der die Verhandlung im Auftrag « des Herrn Papstes V[ictor] » geführt hatte, ließ den Vorgang über das Streitende in einer Delegatenurkunde beurkunden121. Zum Verständnis des Rechtsstreites muss erwähnt werden, dass zahlreiche Güter, die aus dem Witwengut der Königin Gerberga († 969), einer Tochter König Heinrichs I., Witwe des Grafen Reginar und danach Witwe König Ludwigs IV. (d’Outremer), stammten, nach Gerbergas Tod an die Abtei Saint121. �������������������������������������� Die Urkunde ist gedruckt bei Johannes Ramackers, « Niederrheinische Urkunden und Briefe des 12. und 13. Jahrhunderts aus französischen und belgischen Archiven und Bibliotheken », in Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Bd. 121, 1932, S. 61-78, hier S. 72f., Nr. 5 ; ders., Papsturkunden in den Niederlanden (Belgien, Luxemburg, Holland und Französisch-Flandern), 2 Bde., Berlin, 1933-1934 (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philologische-historische Klasse, 3. Folge, 8-9), S. 249f., Nr. 114 ; jetzt gut zugänglich bei Wolfgang Petke, « Reimser Urkunden– und Siegelfälschungen des 12. und 13. Jahrhunderts für Priorat und Pfarrei Meerssen, mit einem Originalbrief von 1136 und einem Urkunden– und Regestenanhang », in Hermann Jakobs u. ders., Papsturkundenforschung und Historie. Aus der Germania Pontificia Halberstadt und Lüttich, Köln / Weimar / Wien, 2008 (Studien und Vorarbeiten zur Germania Pontificia, 9), S. 129-276, hier S. 229f., Nr. 17 ; zur Sache S. 143f. 174 Ludwig Falkenstein Remi gelangt waren122. Die Mehrzahl dieser Güter lag nördlich und nordöstlich von Maastricht an der mittleren Maas, darunter die ehemalige Pfalz Meerssen. Andere Besitzungen befanden sich südlich von Tiel an der unteren Maas, so etwa Lith sowie das östlich davon gelegene Lithooien (nordwestl. Oss, prov. Noord­ brabant, Niederlande)123. Zu den Besitzungen an der mittleren Maas gehörte auch die abbatia in Meerssen, ein ursprünglich vom Reich herrührendes kleines Kanonikerstift, das in Anlehnung an seine ehemalige Stiftsdignität fortan als Propstei der Abtei unterstand, aber in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in ein der Abtei Saint-Remi unterstelltes Priorat umgewandelt wurde124. Diese Güter lagen im Nordosten und Norden der Diözese Lüttich. Das war auch der Grund dafür, dass Victor IV., als man an ihn appellierte, mit der Führung des Rechtsstreits einen Delegaten aus der Diözese Lüttich betraute. Wahrscheinlich fand die Verhandlung in der Bischofsstadt Lüttich statt125, möglicherweise sogar in der Kathedrale von Saint-Lambert, denn im Eschatokoll der Delega­ ten­urkunde heißt es : […] et tota Leodiensis ecclesia hoc uidit et audiuit. Wer der bisher noch nicht namentlich genannte Abt von Saint-Remi war, kann keinem Zweifel unterliegen, denn bei der Nennung des Streitgegenstandes erwähnt die Urkunde, dass der Beklagte in der Kirche von Meerssen eine Kanoniker­ präbende, die er bisher gewaltsam innegehabt habe, nämlich absque dono et assensu predicti abbatis uenerabilis Petri, einem Propst von Meerssen namens Guarnerus zurückgegeben habe, und zwar auf ausdrückliche Weisung des Herrn Papstes und der kaiserlichen Majestät, Kaiser F[riedrichs], hin126. Das 122. ��������������� Dazu Ferdinand Lot, Les derniers Carolingiens. Lothaire, Louis V, Charles de Lorraine, Paris, 1891 (Bibliothèque de l’École des hautes études. Sciences philologiques et historiques, 87), S. 62. 123. ������������ Dazu Claire Bernard, « Étude sur le diplôme de 968, par lequel Gerberge, veuve de Louis IV d’Outremer, donne à Saint-Remi de Reims son domaine de Meersen », in Bulletin de la Commission royale d’histoire, Bd. 123, 1957, S. 191-224 ; Willy Steurs, Naissance d’une région : aux origines de la mairie de Bois-le-Duc. Recherches sur le Brabant septentrional aux 12 e et 13 e siècles, Bruxelles, 1993 (Académie royale de Belgique. Classe des lettres et des sciences morales et politiques. Mémoire de la Classe des lettres. Coll. in-8°, 3e série, 3), S. 70-80. 124. ��������������� Das Stift, die abbatia, in Meerssen wurde der Abtei Saint-Remi durch ein Diplom König Ottos III. von 986 November 29 bestätigt ; M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. II/2, ed. Theodor Sickel, Hannover, 1893, S. 427f., Nr. 28. Zur Umwandlung des Stiftes in eine Mönchskommunität ausführlich Petke, « Reimser Urkunden- und Siegelfälschungen… », S. 132-139. Da Kanoniker, sofern sie sich nicht eines Vergehens schuldig gemacht hatten, das den Verlust ihres Benefiziums nach sich zog, nicht ihrer Präbenden beraubt werden durften, konnte sich eine solche Umwandlung über viele Jahre hinziehen, bis ein Kanoniker verstarb, freiwillig seine Präbende aufgab oder etwa durch Erhebung auf einen Bischofsstuhl auf seine Präbende verzichten musste. 125. ������������ So schon J. Ramackers, « Urkunden und Briefe… », S. 72 ; ders., Papsturkunden in den Niederlanden…, S. 249, Vorbemerkung. 126. ������������������ Ebd., S. 250 ; W. Petke, « Reimser Urkunden– und Siegelfälschungen… », S. 239f. : Idem etenim G. canonicam uitam, quam in Marsnensi ęcclesia absque dono et assensu predicti abbatis uenerabilis Petri, quod nulli licet, uiolenter tenuerat, preposito Marnensi domno Guarnerio reddidit et sicut domnus papa et imperialis maiestas F. scilicet semper augustus preceperant, cum omni integritate et condicione remota, ęcclesię resignauit et, quod amplius res ad ius Beati Remigii pertinentes per se uel per alium uel pro alio nul- Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 175 Delegations­mandat Victors IV. indes liegt heute nicht mehr vor ; auch das kaiserliche Mandat muss als verloren gelten127. Der Abt war somit kein anderer als Petrus Cellensis (Pierre de Celle), der erst 1162 Nachfolger des Abtes Hugo in Saint-Remi vor Reims geworden war. Der Text der Urkunde erweckt den Eindruck, als habe sich der Kläger zuvor sowohl an den kaiserlichen Papst als auch an den Kaiser selbst gewandt, um die gewaltsame Inbesitznahme einer Präbende durch einen Unbefugten zu beenden. Schießlich sollten ja frei gewordene Kanoniker­präbenden im Zuge der Umwandlung des älteren Stiftes in ein Priorat an Mönche der Abtei Saint-Remi gelangen128. Wer unbefangen Schreiben Alexanders III. liest, die sich mit Kontakten einzelner seiner Anhänger im Schisma zu Anhängern der kaiserlichen Obödienz befassen, wird sich bei der Lektüre der Urkunde für Meerssen vielleicht ein wenig die Augen reiben, denn bei der Unerbittlichkeit und Kompromisslosigkeit, mit der sich der Papst sonst gegen jeglichen Kontakt seiner eigenen Anhänger zu denen des kaiserlichen Papstes, geschweige denn zu Victor IV. oder gar zu Friedrich I. selber wandte – darauf ist noch näher einzugehen –, drängt sich die Frage geradezu auf, ob denn Alexander III. von diesem Schritt des Abtes von Saint-Remi etwas gewusst hat. Immerhin dürfte der Beauftragte der Abtei, der vor dem Delegaten Victors IV. erschien, gleich zu Prozessbeginn ein Beglaubigungsschreiben seines Auftraggebers mit der Prozessvollmacht vorgelegt haben129. Dass man in Meerssen mit der Delegatenurkunde schon bald nicht mehr ganz glücklich war, zeigt nichts deutlicher als ein kleines Detail : in ihrem Original ist die Initiale V. des kaiserlichen Papstes schon bald danach latenus inuaderet aut inquietaret, fideliter promittens. Zu dem verlorenen kaiserlichen Mandat, Johann Friedrich Böhmer, Regesta imperii, Bd. IV/2 : Die Regesten des Kaiserreiches unter Friedrich I. : 1152 (1122)-1190, 2. Lief. : 1158-1168, ed. Ferdinand Oppl, Wien / Köln, 1991, S. 257, Nr. 1584, wo davon ausgegangen wird, dass das Mandat an den Beklagten gerichtet war. 127. ����� Dazu M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. X/4, ed. Heinrich Appelt, Hannover, 1990, S. 451, Nr. *1144 (vor 1166 Oktober) ; J. F. Böhmer u. F. Oppl, Regesten des Kaiserreiches, IV/2…, S. 257, Nr. 1584. 128. ���������������������� Dazu die jetzt bei W. Petke, « Reimser Urkunden– und Siegelfälschungen… », S. 212f., Nr. 1, gut zugängliche Urkunde des Bischofs Alexander (I.) von Lüttich (s. d., 1135 vor Mai). 129. ������������������������������������������������������������������������������������������ Solche Beglaubigungen gehörten zum Prozess. Als es im Mai 1165 vor den päpstlichen Delegaten Petrus, Abt von Saint-Remi, und dem Domdekan Leo von Reims zu einem Prozess zwischen dem Metropolitankapitel von Saint-Maurice in Tours (Indre-et-Loire) und den Mönchen des Cluniazenserpriorats in Tours-sur-Marne (Marne, cant. Ay) kam, denen Leute der Kanoniker widerrechtlich Ländereien übereignet hatten, legten die Kanoniker aus Tours ein solches Beglaubigungsschreiben vor : Die igitur assignato partium responsalibus, priore videlicet Cluniaci et abbate Sancti Basoli, tunc procuratore celle Cluniaci que est Turonibus super Marnam aliisque quamplurimis monachis, ex altera parte aliquibus clericis necnon et cantore Sancti Mauricii Gileberto nomine et cum eo Tannone tunc preposito litteras archiepiscopi sui venerabilis Jocii et capituli sui de ratihabitione proferente in presentia nostra assistentibus, clerici allegantes volebant, quatinus monachi memorata predia dimitterent. Der Text bei Ludwig Falkenstein, « Decretalia Remensia. Zu Datum und Inhalt einiger Dekretalen Alexanders III. für Empfänger in der Kirchenprovinz Reims », in Miscellanea Rolando Bandinelli…, S. 155-216, hier S. 212f. 176 Ludwig Falkenstein nahezu ausradiert worden. Da von Petrus Cellensis sonst bekannt ist, dass er nach Ausbruch des Schismas auf der Seite Alexanders III. stand, ist der Vorgang insofern um so erstaunlicher, als er sofort die Frage provoziert, ob denn der erst kurz zuvor zum Abt von Saint-Remi Erhobene dabei im Einverständnis mit seinem Papst handelte oder sein ungewöhnlicher Schritt gar stillschweigend von Alexander III. geduldet wurde. Immerhin hatte Petrus Cellensis in den Anfängen des alexandrinischen Schismas als Abt von Montier-la-Celle sogar Heinrich von Frankreich, der damals noch Bischof von Beauvais war, in einem emphatischen Schreiben aufgefordert, für Alexander III. als rechtmäßigen Papst einzutreten130 ! Da die zweite Annahme, es könne eine päpstliche Billigung vorgelegen haben, im Hinblick auf noch viel später zu erwähnende Entschei­ dungen Alexanders III. in vergleichbaren oder analogen Fällen unwahr­scheinlich sein dürfte, muss dann nicht damit gerechnet werden, dass der Ortsordinarius von Reims, Erzbischof Heinrich, von dem Schritt des Abtes von Saint-Remi in Kenntnis gesetzt worden war ? Indes begegnet auch eine solche Annahme Skepsis, denn es darf bezweifelt werden, dass der Erzbischof von Reims für ein Priorat der Abtei in der Diözese Lüttich zuständig war ; zum anderen galt der Erzbischof genau zu diesem Zeitpunkt als einer der wohl kompromisslosesten Anhänger Alexanders III. in Frankreich131. Sollte er wegen eines Präbendenstreites im fernen Meerssen seine Stellung im französischen Episkopat aufs Spiel gesetzt haben ? Hat somit Petrus Cellensis « auf eigene Faust » in einem Rechtsstreit in der Diözese Lüttich an den kaiserlichen Papst appelliert, ja sich sogar an den Kaiser selbst gewandt ? Oder tat dies sein Vertreter in Meerssen in seinem Auftrag ? Immerhin könnte ein früherer Vorgang den Abt dazu veranlasst haben. Unmittelbar nach der Königskrönung Friedrichs I. ließ dieser dem vor ihm in Aachen erschienenen Abt Hugo von Saint-Remi, dem Vorgänger des Petrus, am folgenden Tag, dem 10. März 1152, ein Diplom ausfertigen, in dem ihm die im Reich gelegenen Besitzungen der Abtei, ferner das von Herzog Gottfried von Löwen zeitweise entfremdete, nunmehr aber zurückerstattete Lith und die Rechte des Vogtes über diese Besitzungen bestätigt wurden132. Nachdem es gleich­falls 1152 nach Übergriffen des vom Reich ernannten Vogtes Goswin von Heinsberg in Meerssen zu einer Klage der aus Saint-Remi stammenden Mönche vor König Friedrich I. gekommen war, entsandte dieser den Stiftsdekan des 130. Migne P.L., Bd. CCII, Sp. 424C-425B, Nr. XXII ; The Letters of Peter of Celle, ed. Julian ������������� Haseldine, Oxford, 2001 (Oxford Medieval Texts), S. 60-63, Nr. 22. 131. ��������������������������������������������������������������������������������������������� Vgl. das Schreiben Alexanders III. an Heinrich, Bischof von Beauvais, JL 10660, (1161) April 7, wie oben, Anm. 19. 132. M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. X/1, ed. Heinrich Appelt, Hannover, 1975, S. 3-6, Nr. 2 ; J. F. Böhmer u. F. Oppl, Regesten des Kaiserreiches…, Bd. IV, S. 14f., Nr. 68. Zur Rückgabe von Lith R. Knipping, Regesten der Erzbischöfe von Köln…, Bd. II, S. 118, Nr. 704 ; J. F. Böhmer u. F. Oppl, Regesten des Kaiserreiches…, S. 92f., Nr. 924. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 177 Marienstiftes in Aachen, R[icher], einen Schultheißen A. und seinen Marschall Macelin nach Meerssen, die im Rahmen eines Inquisitionsverfahrens von den Bewohnern erfahren sollten, welche der alten Reichsrechte es in Meerssen gab. Die darüber angelegte Aufzeichnung wurde einem Diplom zugrunde gelegt, das 1152 in Paderborn ausgefertigt wurde 133. Wenig später ersuchte Wibald von Corvey in einem Brief Erzbischof Arnold von Köln, die Mönche von SaintRemi in Meerssen gegen die Verschlagenheit Goswins zu schützen134. Sicherlich wäre es in naher Zukunft nahezu aussichtslos gewesen, in einem Rechtsstreit um eine Präbende in Meerssen das päpstliche Gericht Alexanders III. anzurufen. Die Kirche, um deren Kanonikerpräbende es ging, rührte ehemals vom Reich her, und der Ortsordinarius, Henri de Leez, und sein Klerus hatten uneingeschränkt den kaiserlichen Papst Victor IV. anerkannt 135. Auch wenn es innerhalb der Diözese Lüttich, gerade in Gegenden, die nahe der Diözese Cambrai lagen, Anzeichen dafür gibt, dass man in bestimmten Klöstern eher zu Alexander III. als zu einem der kaiserlichen Päpste neigte 136, blieb die Diözese vorwiegend dem kaiserlichen Einfluss ausgesetzt. Hat Petrus Cellensis trotz des Schismas an frühere Kontakte seiner Vorgänger zum Kaiser anknüpfen wollen und sogar in seinem Namen an das Gericht Victors IV. appellieren lassen, oder hat sich sein Stellvertreter in Meerssen in seiner prekären Lage eigenmächtig zu einem solchen Schritt verleiten lassen, bevor es zur Anrufung des Kaisers und zur Appellation an den Gegenpapst und zur Verhandlung vor dessen Delegaten kam ? Könnte Petrus Cellensis, so muss man zuletzt fragen, bei der Rückgewinnung einer zu Unrecht usurpierten Präbende der Propstei Meerssen auf dem Klageweg vor Victor IV. sich am Ende des stillschweigenden Einverständnisses Alexanders III. oder eines päpstlichen Legaten versichert haben ? 2. Eine Intervention Odos, des Abtes von Saint-Denis, bei Kaiser Friedrich I. : Anteile an Einkünften einer inkorporierten Kirche in Grand-Axhe Dass ein Abt alexandrinischer Obödienz in Zeiten, in denen einträgliche Güter oder Einkünfte aus dem Fernbesitz seiner Abtei bedroht wurden, trotz des Schismas auch einmal an den Kaiser, den für die Kirchenspaltung Haupt­ verantwortlichen herantrat, ist so ungewöhnlich nicht, wie es scheint, denn auch Odo, Abt der bei Paris gelegenen Abtei Saint-Denis (damit sei kurz die Kirchenprovinz Reims verlassen), wandte sich nahezu gleichzeitig zu den hier 133. M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. X/1, ed. Heinrich Appelt, S. 14-16, Nr. 8. 134. Monumenta Corbeiensia, ed. Philipp Jaffé, Berlin, 1864 (Bibliotheca rerum Germanicarum, 1), S. 510-512, Nr. 381 ; R. Knipping, Regesten der Erzbischöfe von Köln…, Bd. II, S. 90, Nr. 538. 135. ����������� Dazu J.-L. Kupper, Raoul de Zähringen…, S. 52 ; ders., « Leodium… », S. 78. 136. ������ J.-L. Kupper, Raoul de Zähringen…, S. 54f., erwähnt Aulne, das an der Sambre lag, unweit Lobbes, betont aber, dass es sich dabei um eine Zisterzienserabtei handelt. 178 Ludwig Falkenstein besprochenen Vorgängen in Meerssen persönlich an Kaiser Friedrich I.137, wenngleich nicht ausgeschlossen ist, dass der Beginn des Streites schon mehrere Jahre zurückreicht 138. Der Gegenstand seiner Beschwerde war ein Vorgang, der sich gleichfalls in der Diözese Lüttich zugetragen hatte. Die Klage richtete sich gegen einen Priester, der den personatus einer der Abtei Saint-Denis inkorporierten Kirche im hasbanischen Grand-Axhe (Waremme, prov. Liège, Belgien), westlich der Bischofsstadt Lüttich, innehatte 139. Dieser hatte versucht, seinen ihm zubemessenen und im Vergleich zu französischen Kirchen recht ansehnlichen Anteil, die später so genannte portio congrua 140, auf Kosten der Abtei Saint-Denis zu vergrößern141. Der Kaiser beauftragte daraufhin den Archidiakon Alexander, die Streitsache, die schon dem Landkapitel vorgelegen hatte, zugunsten der Abtei zu entscheiden142. Das 137. ������������������������������ Dazu und zum Folgenden Claude Gaier, « Documents relatifs aux domaines hesbignons de l’abbaye de Saint-Denis en France », in Bulletin de la Commission royale d’histoire, Bd. 127, 1961, S. 163202 ; Julien Maquet, « Faire justice » dans le diocèse de Liège au Moyen âge (viii e-xii e siècles). Essai de droit judiciaire reconstitué, Genève, 2008 (Bibliothèque de la faculté de philosophie et lettres de l’université de Liège, 290), S. 251f., 495. 138. ���������������������������������������������������������������������������������������� In der Urkunde des Archidiakons Alexander von 1164 (wie Anm. 142) heißt es von dem Abt : […] aures imperatorias tum per se tum per interpositas personas sepenumero compellauit. Das könnte darauf hinweisen, dass der Konflikt mehrere Jahre dauerte und seine Anfänge vielleicht schon in die Zeit vor Ausbruch des Schismas reichten. 139. ���������������� Die Bezeichnung personatus für den Anteil des Seelsorgpriesters (wie Anm. 141) ist ungewöhnlich und verrrät Unsicherheit, während die Bezeichnung prebenda sacerdotis (wie Anm. 140) eindeutiger dessen Anteil bezeichnet, der nach der Inkorporation aus dem altare ausgegliedert wurde. 140. ����������������������������������������������������� Dieser Anteil wird in einer Urkunde von 1136, bei C. Gaier, « Documents… », S. 187, Nr. 3, nach einer älteren Vorlage so umschrieben : Est igitur pars illa que videlicet personam contingere debet, unus mansus terre .XII. bonuariorum quam libere absque ullo censu vel alicuius generis exactione possidebit et eiusdem decima sua erit libera et quieta ; similiter et curtis una in qua domum poterit edificare cum horreo ; pariter quoque tercia pars decime cuiuscumque generis habeatur in villa, preter decimam que de dominicis dabitur culturis, terris seu pratis aut animalibus, que quidem ex integro ad ecclesiam Beati perveniet cum ceteris suis rebus Dyonisii. Erit quoque de prebenda sacerdotis quicquid in altaribus offeretur et hiis contentus de cetero nichil exigat. Selbst angesehene Kleriker ließen sich zum Investiten (wie man in der Diözese bald die vicarii perpetui nannte, die an inkorporierten Kirchen die pars congrua innehatten) bestellen, auch wenn sie die Seelsorge vor Ort oft durch Mietpriester versehen ließen. 141. ����������������������������������������������������������������������������������� Die darüber 1164 ausgefertigte Urkunde des Dompropstes und Archidiakons Alexander, C. Gaier, « Documents… », S. 189-193, Nr. 4, bemerkt dazu eingangs : Notum fieri volumus quod Galterus, persona de Aiz, conatus dotis sue terminos extendere, ausus fuit ecclesiam Beati Dyonisii, a cuius beneficio suum personatum susceperat, in occasionis molestiam provocare. 142. ������������������������������������������������������������� Dazu die Urkunde des Archidiakons Alexander von 1164, bei C. Gaier, « Documents… », S. 190f., Nr. 4 : […] dominus abbas, cum esset de sublimis Gallie et domino imperatori amicitia satis ad­iunctus, aures imperatorias tum per se tum per interpositas personas sepenumero compellauit et, de ueritatis oppressione conquestus intra misericordie exauditorum receptus est. Ex mandato igitur domini imperatoris et multa parium nostrorum redargutione compulsi, concilii testimonium in virtute obediencie super hac veritate commonitum, sic accepimus quod predecessor ipsius Galteri, dominus Henricus, Leodiensis episcopus, longue ante promotionem suam, cum determinatione huius dotis integri mansi videlicet .XII. bunuariorum et tercie partis decime multis annis eandem ecclesiam tenuerit et in eius promotione vacantem predictus Galterus, multa magnatum intercessione, sub eadem determinationis observatione et in faciem concilii in hac divisionis Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 179 kaiserliche Mandat ist verloren143. Gleichwohl dürfte auch hier, wie im Falle des Abtes von Saint-Remi, die Frage zu beantworten sein, ob Alexander III. darüber informiert war, dass der Abt der wohl berühmtesten und dazu seit Langem exemten Abtei in Frankreich sich unmittelbar (tum per se) an den Kaiser gewandt hatte, um die Einkünfte einer seiner Abtei inkorporierten Pfarrkirche in voller Höhe zurückzugewinnen. Dabei darf angenommen werden, dass der Abt von Saint-Remi, anders als der Abt von Saint-Denis, nicht in eigener Person den Kaiser aufgesucht und diesem sein Ersuchen vorgetragen, sondern sich dazu wohl eines Mittelsmannes bedient hatte 144. Im Falle der Präbende in Meerssen hatte der Abt von Saint-Remi sogar das Gericht Victors IV. angerufen oder anrufen lassen. So weit war sein Kollege aus Saint-Denis nicht gegangen. Aber zählten Verhandlungen oder gar Klagebegehren von Anhängern Alexanders III. gegen Anhänger Victors IV. nicht etwa zu Kontakten zwischen Anhängern der alexandrinischen Observanz und Schismatikern ? 3. Ein Rechtsstreit des Abtes von Saint-Vaast um eine Kirche vor dem Tribunal Rainalds von Dassel, des Erzbischofs von Köln Mindestens ebenso erstaunlich wie die Appellation an Victor IV. und die Interventionen zweier französischer Äbte bei Kaiser Friedrich I. dürfte der folgende Vorgang sein, auch wenn es dabei nicht zu einer Appellation an einen Gegenpapst kam. Gleichwohl führte der Vorgang den Abt einer exemten Kirche alexandrinischer Obödienz vor das Tribunal des Mannes, der Alexander III. und den Alexandrinern als einer der Urheber jenes Schismas erschien, das für nahezu zwei Jahrzehnte die lateinische Christenheit in Europa spaltete. Die Mönchsabtei Saint-Vaast in der Stadt Arras (Pas-de-Calais) hatte älteren Besitz an mehreren Orten im Haspengau und in Ripuarien145. Ihr Abt Martin successione bannos suos habuit […]. Mit concilium ist das zuständige Landkapitel gemeint, dem sowohl die Pfarrer selbständiger Pfarreien als auch die Investiten inkorporierter Kirchen angehörten. 143. ����� Dazu M.G.H., Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. X/4, ed. Heinrich Appelt, S. 449, Nr. *1140. 144. ������������������������������������������������������������������������������������������ Dabei muß offenbleiben, ob der Abt von Saint-Denis den Kaiser noch vor Ausbruch des Schismas persönlich ( per se) aufgesucht hat. – In dem lange andauernden Streit zwischen der Abtei SaintDenis und der Abtei Saint-Mihiel (Meuse, arr. Commercy) um das Priorat Salonnes (Moselle, cant. Château-Salins, Diözese Metz) hat zwar der Bischof von Verdun auf Betreiben von Saint-Mihiel das Gericht Victors IV. angerufen, wie das Mandat Victors IV. JL 14431, (1160) Februar 15, an Bischof Albert von Verdun zeigt ; Chroniques et chartes de l’abbaye de Saint-Mihiel, ed. André Lesort, Paris, 19091912 (Mettensia, 6), S. 341-343, Nr. 104 ; dazu Grosse, Papsturkunden, S. 42, Nr. 126. Aber einen Hinweis darauf, dass Saint-Denis dabei Friedrich I. oder gar Victor IV. angerufen hätte, enthält die Überlieferung meines Wissens nicht. 145. ����������� Dazu Eugen Ewig, « Rheinischer Besitz westfränkischer Kirchen », in Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte, Bd. 10, 1958, S. 341-346, hier S. 343f. ; auch in ders., Spätantikes und fränkisches Gallien. Gesammelte Schriften (1952-1973), hg. Hartmut Atsma, Bd. II, München, 1979 (Beihefte der Francia, III/2), S. 182-188, hier S. 185f. ; Gregor Hövelmann, « Westfränkischer Klosterbesitz am unteren Niederrhein », in Rheinische Vierteljahrsblätter, Bd. 27, 1962, S. 18-36, hier S. 28-32 ; Tobias 180 Ludwig Falkenstein bemühte sich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts darum, Fernbesitz, der am unteren Niederrhein lag, aber entfremdet worden war, wieder zurück­ zugewinnen. Zu diesem Fernbesitz dürfte auch eine Kirche in Wolferen gehört haben, einer heute abgegangenen Ortschaft unterhalb von Nimwegen, die auf der rechten Seite der Waal in der heutigen Provinz Gelderland lag 146. Auf die Schenkung welches Stifters oder Herrschers diese Kirche zurückging, lässt sich vermutlich nicht mehr genau klären. Ein angebliches Diplom des Merowinger­ königs Theuderich III., der nach einer erst spät bezeugten Tradition zusammen mit seiner Gemahlin Doda in Saint-Vaast in Arras bestattet worden sein soll147, dürfte unecht und « erst im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts entstanden » sein148. Die Chancen, solchen Fernbesitz zurückzugewinnen oder ihn gar auf Dauer zu behalten, waren zumindest nach den Reichsteilungen im 9. Jahr­ hundert gering. Zu Weihnachten 1165 fand in Aachen ein Hoftag Kaiser Friedrichs I. statt 149, in dessen Verlauf Karl der Große am 29. Dezember kanonisiert wurde150. Er­schienen war auch Graf Philipp von Flandern, um vom Kaiser mit Reichslehen belehnt zu werden151. Er wurde dabei u. a. von Abt Martin aus Saint-Vaast in Arras begleitet. Wie aus einer Urkunde hervorgeht, die man darüber ausfertigte, fand am 26. Dezember 1165 in Aachen eine Verhandlung vor Rainald von Dassel, dem Erzbischof von Köln, statt, « dem Urheber und dem Haupt dieser Kirchenverwirrung », wie Alexander III. selber ihn vor Heinrich von Frankreich bezeichnet hatte 152. Hing seine Zuständigkeit damit zusammen, dass er der für Herrmann, « Historisch-diplomatische Untersuchungen zur Frühgeschichte der Abtei St-Vaast (Vedastus) in Arras », in Archiv für Diplomatik, Bd. 51, 2005, S. 49-125, hier 92f. 146. ���������� Rudolf E. Künzel, Dirk Peter Blok u. J.M. Verhoeff, Lexicon van nederlandse toponiemen tot 1200, 2. Aufl., Amsterdam, 1989, S. 407, geben die Lage mit « 4,5 km ten zw van Valburg » an. 147. ������������������� Dazu Karl Heinrich Krüger, Königsgrabkirchen der Franken, Angelsachsen und Langobarden bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts, München, 1971 (Münstersche Mittelalter-Schriften, 4), S. 194-205 ; Carlrichard Brühl, Palatium und Civitas. Studien zur Profantopographie spätantiker Civitates vom 3. bis zum 13. Jahrhundert, Bd. I : Gallien, Köln / Wien, 1975, S. 91. 148. M.G.H., Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica, Bd. I, ed. Theo Kölzer, Hannover, 2001, S. 292-295, Nr. †114. Das Zitat ebd., S. 294. Unter den aufgezählten Besitzungen auch […] et Wilfaram cum capella. Zu dem Diplom T. Herrmann, « Historisch-diplomatische Untersuchungen… », S. 93f. 149. J. F. Böhmer u. F. Oppl, Regesten des Kaiserreiches…, S. 241f., Nr. 1526. 150. ������������������������� Ebd., S. 242f., Nr. 1529. 151. ��������������������������������������������������������������������������������������������� In einer Urkunde des Grafen Philipp von Flandern für die Mönchsabtei Afflighem (Aalst, prov. Ostflandern, cant. Hekelghem, Belgien) in der Diözese Cambrai heißt es : cum Aquisgrani fiodum quod mihi iuste competebat ab imperatore in curia suscepissem, Haffligeniensis ecclesie fratribus curtem que est in Malsna cum omnibus pertinentiis suis in elemosinam coram hominibus libere tradidi ; De oorkonden der graven van Vlaanderen (Juli 1128 – September 1191), Bd. II : Uitgave, Teil I : Regering van Diederik van de Elzas (Juli 1128-17 Januari 1168), ed. Thérèse De Hemptinne, Adriaan Verhulst u. Lieve De Mey, Bruxelles, 1988 (Koninklijke Academie van België. Koninklijke Commissie voor geschiedenis. Verzameling van de akten der belgische vorsten, 6), S. 401, Nr. 253. 152. ���������������������������������������������� Dazu JL 11033, (1164) Juli 6, unten, Anm. 180. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 181 die Kirche in Wolferen zuständige Ortsordinarius war ? Dagegen spricht indes die Lage, denn « nördlich Venlo war die Maas bis zu ihrem Zusammenfluss mit der Waal die Grenze (sc. der Diözese Köln zur Diözese Utrecht). Nimwegen und das Land zwischen den beiden Flüssen bildeten das nördlichste Dekanat »153. Jedoch lagen Valburg und Wolferen rechts der Waal in der Diözese Utrecht. Im Verlauf der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Graf Dietrich von Kleve Kirche und altare von Wolferen gewaltsam in seinem Besitz hatte. Der Erzbischof von Köln sprach sie jedoch dem Abt Martin von Saint-Vaast zu, ohne dass man über die dazu vorgelegten Beweismittel etwas erführe. Das lässt zumindest die Vermutung zu, dass der Besitz in eine frühere Zeit hinaufreichte, der rechtmäßige Besitzer der bereits inkorporierten Kirche gut zu ermitteln war oder der Abt von Saint-Vaast oder sein Vorgänger bereits ihr Recht an der ihnen inkorporierten Kirche wahrgenommen oder auch geltend gemacht hatten154. Die Reise des Abtes aus Arras war somit von Erfolg gekrönt, auch wenn der clericus, der das altare innehatte, es auf Lebenszeit behalten durfte. Hätte sie aber auch vorher oder danach die Zustimmung Alexanders III. gefunden ? Man kann die Frage aus gutem Grund verneinen. 153. ����������� Dazu F. W. Oediger, Das Bistum Köln…, Bd. I, S. 200. Jedoch « Waal und Rhein bis oberhalb Emmerich waren anscheinend ursprünglich die Grenzen mit Utrecht gewesen ». Auch sprechen die ersten beiden publizierten Karten des Dekanats Nimwegen aus dem 15. Jahrhundert gegen eine Zugehörigkeit von Valburg und Wolferen zum Dekanat Nimwegen und zur Diözese Köln ; Niederrheinischer Städteatlas. Geldrische Städte, Bd. I : Nimwegen, ed. Friedrich Gorissen, Kleve, 1956 (Niederrheinischer Städteatlas, II, 1), S. 51f., Abb. 18f. 154. ��������������������� Der Text in Kopie s. xiii, aus Arras, BM, ms. 1266, fol. 44-44v : Reinaldus dei gratia sancte Coloniensis ecclesie archiepiscopus. ������������������������������������������������������������������������� Ad consulendum humanę memorię fragilitate congruum uiuacis scripture suffragium adinuenit antiquitas. Ideoque presentis scripti ministerio omnium tam presentium quam futurorum uniuersitate testamur, quod dilectus amicus noster Theodericus comes de Cleue in Aquensi curia cui et illuster amicus noster Phylippus comes Flandrensis et quamplures famosi principes imperii Romani interfuerunt, super iniuria quam in ecclesia et altari ęcclesię de Wolfara abbati ac monasterio Sancti Uedasti in Atrebato uiolenter inferebat, a nobis legitime est ammonitus, ipseque suam uidens partem iusticię nullatenus in hac causa inniti, prefatam ęcclesiam et altare de Wolfara cum omnibus eidem ęcclesię pertinentibus in manu domni Martini uiri uenerabilis abbatis Attrebatensis in ciuitate imperiali Aquisgrani coram nobis libere resignauit. Hoc tamen nostris suisque precibus obtinuit, ut clericus […] quidam eius nomine personatum eiusdem ęcclesię uita comite possideret. Illoque defuncto abbas Atrebatensis pro suo hanc arbitrio disponeret. Hoc uidimus, hoc testamur, et ut factum hoc nullus unquam presumat infringere, banno beati Petri ac nostro confirmamus, et presentem paginam auctoritatis nostre sigillo communimus. Acta sunt hec Aquisgrani .VII. kl. Ianuarii, anno dominice incarnationis M o. C o. LX o. V o. Indict[ione] XIIII a. Imperante domino Friderico Romanorum imperatore inuictissimo. Actum regni eius .X oIIII. Imperii .XI o. Pontificatus nostri anno primo. Adolph Guesnon, « Un cartulaire de l’abbaye Saint-Vaast d’Arras », in Bulletin historique et philologique du Comité des travaux historiques et philologiques, 1896, S. 240-305, hier S. 281, Nr. IX. Dazu R. Knipping, Regesten der Erzbischöfe von Köln…, Bd. II, S. 139f., Nr. 829 ; J. F. Böhmer u. F. Oppl, Regesten des Kaiserreiches…, Bd. IV, S. 242, Nr. 1527. T. Herrmann, « Historisch-diplomatische Untersuchungen… », S. 93, Anm. 220, meint, dem Grafen sei zugestanden worden, « die Kirche weiterhin verwalten zu dürfen ». 182 Ludwig Falkenstein Um zu ermessen, in welchem Ausmaß sich bei den Anhängern Alexanders III. das negative Bild Rainalds von Dassel verfestigt hatte, sei es gestattet, dazu ein zeitgenössisches Zeugnis zu erwähnen. Rainald war nicht irgendein Anhänger des Kaisers, sondern, wie erst kurz zuvor die Vorgänge auf dem Hoftag zu Würzburg 1165 gezeigt hatten, einer der hartnäckigsten und ­fanatischsten seiner Berater. Als einer der Hauptverantwortlichen für das Schisma war er bereits auf der Synode von Tours im Mai 1163 namentlich exkommuniziert worden155. Am Pfingstsonntag, dem 12. Juni 1166, nicht ganz ein halbes Jahr nach der Verhandlung in Aachen, verdammte Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury, in der Abteikirche La Madeleine in Vézelay (Yonne, arr. Avallon) nicht nur feierlich die Konstitutionen von Clarendon, sondern zugleich exkommunizierte er auch mehrere der königlichen Ratgeber und Widersacher namentlich. In einem Brief, der anschließend offiziell als Rundschreiben an seine Suffragane erging, teilte der Erzbischof dem Bischof von London, Gilbert Foliot, als dem decanus suffraganeorum 156 und den Suffraganen der Kirche von Canterbury mit, wer zu den namentlich Exkommunizierten gehörte, teilweise auch, welche Gründe es für ihre Exkommunikation gab157. An der Spitze der namentlich Exkommunizierten finden sich die Namen der beiden Gesandten König Heinrichs II., die auf dem Hoftag in Würzburg vom Mai 1165 im Auftrag ihres Königs erschienen waren, Johannes von Oxford und Richard von Ilchester. Dem Johannes von Oxford werden als Gründe seiner namentlichen Exkommunikation genannt, dass er zu einer bereits verdammten Häresie abgefallen sei, indem er den Schismatikern einen Eid geleistet habe, mit dem er ein in Deutschland fast dahingeschiedenes Schisma wiederbelebt habe, ferner dadurch, dass er mit dem namentlich bekanntesten Schismatiker (nominatissimo schismatico) Rainald aus Köln Gemeinschaft gehabt habe, und schließlich, dass er trotz des vom Papst und von ihm, dem Erzbischof, verhängten Verbotes 155. ������������������������������������������������������������������������������������������� « Sigeberti Gemblacensis continuatio Aquicinctina », a. 1162, ed. Georg ������������������������� Heinrich Pertz, in M.G.H., Scriptores, Bd. VI, Hannover, 1844, S. 409 : Alexander papa collecto generali concilio Turonis excommunicavit Octovianum scismaticum et Rainaldum Coloniensem electum, archiepiscopum Mogontinum, Hugonem Cluniacensem, cum quibusdam scismatis auctoribus ; R. Knipping, Regesten der Erzbischöfe von Köln…, Bd. II, S. 124, Nr. 758 ; Robert Somerville, Pope Alexander III and the Council of Tours (1163). A Study of Ecclesiastical Politics and Institutions in the Twelfth Century, Berkeley / Los Angeles / London, 1977 (Publications of the Center for Medieval and Renaissance Studies, 12), S. 64. 156. ���������������������������������������������������������������������������������������� Zu dieser Funktion des Bischofs von London, die in der Kirchenprovinz Reims dem Bischof von Soissons zukam, Eric Waldram Kemp, « The Canterbury provincial chapter and the collegiality of bishops in the Middle Ages », in Études d’histoire du droit canonique dédiées à Gabriel Le Bras, Bd. I, Paris, 1965, S. 185-194. 157. ������ J. C. Robertson, Materials for the History of Thomas Becket…, Bd. V, S. 392-397, Nr. CXCVIII ; A. Duggan, Correspondence of Thomas Becket…, Bd. I, S. 308-317, Nr. 78. Zu den Vorgängen Frank Barlow, Thomas Becket, Berkeley / Los Angeles, 1986, S. 147f. Das Schreiben ist auch in erzählenden Quellen überliefert ; Chronica Magistri Rogeri de Houedene, Bd. I, ed. William Stubbs, London, 1868 (Rerum Britannicarum Medii ævi scriptores), S. 237-240 ; dazu H. Vollrath, « Lüge oder Fälschung… », S. 158. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 183 die Dekanswürde der Kirche von Salisbury usurpiert habe 158. Dem Richard von Ilchester wird außer den drei ersten Anschuldigungen, darunter wiederum die Gemeinschaft mit Rainald von Dassel, auch noch vorgeworfen, sich dadurch schuldig gemacht zu haben, dass er alle Übel zusammen mit den Schismatikern und jenen Deutschen zur Vernichtung der Kirche Gottes und besonders der römischen Kirche aus den zwischen dem König (Heinrich II.) und ihnen ab­ge­ schlossenen Verträgen ersonnen und ins Werk gesetzt habe 159. Dass dies alles, die namentlich erfolgte Exkommunikation Rainalds 1163 und Verstöße gegen das damit verbundene Verkehrsverbot, dem Abt Martin von Saint-Vaast in Arras, der sich im Gefolge des Grafen Philipp von Flandern in Aachen eingefunden hatte, unbekannt geblieben sei, ist nicht glaubhaft. 4. Exkommunikation und Verkehrsverbot Jede verhängte Exkommunikationssentenz hatte Folgen nicht nur für den oder die Exkommunizierten, sondern auch für diejenigen, die mit ihm Kontakte oder Beziehungen unterhielten, die ihm nahestanden oder ihm unter­ standen, denn man suchte den oder die Exkommunizierten in ihrer Ge­sell­schaft zu isolieren, auch wenn die Folgen, die man Abhängigen oder Personen an­drohte, oder die Strafen, die auf Kontakte mit dem Bestraften angewiesen waren, gemildert wurden160. Das Verhalten aller drei Äbte wirft deshalb die Frage auf, ob das Anrufen eines im Verlauf des Schismas exkommunizierten Richters oder gar politische Verhandlungen mit Exkommunizierten vielleicht dann erlaubt waren, wenn dies der einzig erfolgversprechende Weg war, ein be­drohtes Recht zu bewahren oder Nachteile oder gar einen Verlust einer Sache, die noch dazu nennenswerte Einkünfte sicherte, abzuwenden bzw. zu verhindern. Oder bedurfte es gar einer förmlichen Dispens des Papstes, um solche Kontakte vorübergehend aufzunehmen und Verhandlungen zu führen ? Jedoch drängt sich eine Frage auf : Wurde bei der Beurteilung solcher Kontakte zu exkommunizierten Schismatikern vielleicht mit zweierlei Maß ­gemessen ? Ralph Diceto erwähnt in seiner Chronik bestimmte Vorgänge, die sich um Rainald von Dassel anlässlich seiner Gesandtschaft an den Hof Hein158. ������ J. C. Robertson, Materials for the History of Thomas Becket…, Bd. V, S. 394-395, Nr. CXCVIII ; A. Duggan, Correspondence of Thomas Becket…, Bd. I, S. 310-313, Nr. 78 : Denunciauimus etiam excommunicatum, et ex nomine excommunicauimus, Iohannem de Oxenefordia, qui in heresim dampnatum incidit, prestando iuramentum scismatis, quo scisma iam fere emortuum in Alemannia reuixit, communicando etiam illi nominatissimo scismatico Reginaldo Coloniensi, et quia, contra mandatum domini pape et nostrum decanatum Saresberiensis ecclesie sibi usurpauit. 159. ������� Ebd. : Similiter et Ricardum de Iuelcestria denuntiauimus excommunicatum et excommunicauimus, eo quod in eandem heresim dampnatum inciderit, communicando eidem Reginaldo Coloniensi scismatico ; machinando etiam et fabricando omnia mala cum scismaticis et Theutonicis illis in perniciem ecclesie Dei, et presertim ecclesie Romane, ex pactis contractis inter dominum regem et ipsos. 160. �������� Dazu P. Hinschius, Kirchenrecht…, Bd. V, S. 3-6. 184 Ludwig Falkenstein richs II. abspielten. Es ging dabei an der Wende von 1164 zu 1165 161 im Auftrag Kaiser Friedrichs I. um den Abschluß zweier Ehebündnisse, von denen Ralph indes nicht die Brautwerbung für Friedrichs I. gleichnamigen Sohn, sondern nur das Bündnis mit Heinrich dem Löwen und der Königstochter Mathilde nennt 162. Dazu heißt es hier : Obwohl ihm (scil. Rainald) Magnaten des Königreiches feierlich entgegeneilten, empfing Graf Robert von Leicester, Justitiar des Königs, ihn als « Erzschismatiker » nicht zum Kusse ; Altäre, über denen jene Schismatiker die Messe zelebriert haben, sind allenthalben zerstört worden163. Offenbar wurden, ähnlich wie schon beim Umgang mit Fremden und Reisenden164, aus Gründen der Staatsraison auch bei Gesandtschaften weniger rigorose Vorschriften beachtet, wenn es um Verhandlungen, um Bündnisse und um den diplomatischen Verkehr zwischen Staaten ging. Gestand man solche oder ähnliche Ausnahmen oder Erleichterungen auch Klägern, etwa Vorstehern einer Kirche, zu, die zur Rückgewinnung entfremdeten oder gefährdeten Besitzes das Gericht eines Schismatikers anzurufen sich gezwungen glaubten ? Gerade daran sind indes überaus starke Zweifel erlaubt, denn auch unter den Ausnahmen, die sich seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert und frühen 12. Jahrhundert finden, ist keine, auf welche die hier erörterten Sachverhalte 161. ����������������������������� Zum annähernden Zeitpunkt R. Knipping, Regesten der Erzbischöfe von Köln…, Bd. II, S. 135f., Nr. 816 ; T. Reuter, The Papal Schism…, S. 252f. 162. Radulfus de Diceto, « Ymagines historiarum », a. 1165, in Radulfi de Diceto decani Lundoniensis opera historica / The Historical Works of Master Ralph de Diceto, Dean of London, Bd. I, ed. William Stubbs, London, 1876 (Rerum Britannicarum Medii ævi scriptores), S. 318. 163. ������� Ebd. : Rege morante apud Westmustier, Reginaldus Coloniensis archiepiscopus venit in Angliam, accepturus uxorem Henrico duci Saxoniæ Matildem primogenitam filiam regis. Cui cum magnates regni sollenniter occurrissent, Robertus comes Legecestriæ justiciarius regis illum archiscismaticum in osculum non recepit. Eversa sunt passim altaria super quæ missam illi celebrarunt scismatici. 164. �������� Dazu P. Hinschius, Kirchenrecht…, Bd. V, S. 5. – Unberücksichtigt müssen hier solche Beziehungen zwischen Kirchen der verschiedenen Obödienzen bleiben, auf die das Schisma keinen Einfluss hatte. Bei den Kirchen in Frankreich, die alten Fernbesitz in Diözesen des mittelalterlichen Reiches hatten, gab es solche, denen schismatische Bischöfe einzelne neue Besitzungen oder Vorrechte übertrugen oder bestätigten, ohne dass das Schisma erwähnt wurde. So bestätigte Alexander (II.), Bischof von Lüttich, der exemten Abtei Corbie (Somme, arr. Amiens) 1165 die bereits unter seinem Vorgänger, Bischof Henri de Leez, erfolgte Übertragung des personatus, auf die dessen Inhaber verzichtet hatte, und des altare von Haren (Bommershoven, südöstl. Borgloon, prov. Limburg, arr. Tongeren, Belgien), die er als Dompropst und Archidiakon von Hasbanien vielleicht schon vor dem Schisma vorgenommen hatte, und erbat sich die Gebetsgemeinschaft der Abtei (communionem orationum et beneficiorum ecclesie vestre reposcentes) ; Laurent Morelle, Les chartes de l’abbaye de Corbie (988-1196). Présentation et édition critique, thèse de doctorat, histoire, maschinenschriftl., Paris-I, 1988, S. 520-523, Nr. 110. Zu Besitzungen der Abtei in Niederlothringen vgl. Chantal Zoller-Devroey, « Le domaine de l’abbaye Saint-Pierre de Corbie en Basse-Lotharingie et en Flandre au Moyen âge », in Revue belge de philologie et d’histoire, Bd. 54, 1976, S. 427-457, 1061-1097, hier S. 452-453. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 185 zutreffen165. Es gibt dafür auch nicht nur die Möglichkeit einer bloßen Vermutung, sondern ein konkretes Zeugnis, das noch fast ein Jahrzehnt danach die Haltung Alexanders III. in einer solchen Frage erkennen lässt, und dieses Zeugnis betrifft keinen geringeren als Heinrich von Frankreich selbst, den Erzbischof von Reims. VIII. — Eine Anfrage Heinrichs von Frankreich an Alexander III. zur Belehnung des Schismatikers Radulf von Zähringen Anlass zu der Anfrage Heinrichs, des Erzbischofs von Reims, bei Alexander III. bot möglicherweise ein Ersuchen seines Lehensmannes, von dem jedoch keine Quelle etwas überliefert. Radulf von Zähringen war spätestens seit dem 9. Mai 1168 konsekrierter Bischof von Lüttich166. Sechs Jahre danach hatte der Lehnsherr offenbar noch immer nicht jenes bei Bouillon gelegene Lehen der Kirche von Reims, das seit den Tagen des Bischofs Adalbero die Kirche von Lüttich vom Erzbischof von Reims zu nehmen pflegte und von dem schon oben die Rede war, dem Lehnsmann übertragen167. Die Leistung von Hulde und Mannschaft durch den Lehensmann aus Lüttich war wegen des Schismas bisher unterblieben. Im Frühjahr 1174, in den Monaten März und April, entsandte der Erzbischof von Reims seinen Kleriker Milo, einen mit dem kurialen Geschäftsgang vertrauten Prokuratoren, an die päpstliche Kurie 168. Ihm waren mehrere wichtige Aufträge des Erzbischofs an den Papst zugedacht. Zum einen wollte der Erzbischof dem Papst seinen unversöhnlichen Hass und seinen erbitterten Widerstand gegen einen Bischofskandidaten mitteilen, den kurz zuvor das Domkapitel von Cambrai auf Betreiben des Grafen Philipp von Flandern als künftigen Bischof dieser Diözese postulierte hatte : Robert d’Aire, den Elekten von Arras 169, der seit 1167 wichtigster Mann in der Kanzlei des Grafen war 170 und der ihn auch gegen Ende 1165 nach Aachen begleitet hatte 171. Zeugnis 165. ��� P. Hinschius, Kirchenrecht…, Bd. V, S. 7-13 ; Johannes Baptist Sägmüller, Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts, Bd. I, 3. Aufl., Freiburg im Breisgau, 1914, S. 357. 166. ����������� Dazu J.-L. Kupper, Raoul de Zähringen…, S. 38-40 ; ders., « Leodium… », S. 80. 167. ������������������� Dazu oben, Anm. 14. 168. ������������������������������������������������������������������������� Zum Werdegang dieses im kurialen Geschäftsgang erfahrenen Mannes, Ludwig Falkenstein, « Étienne de La Chapelle als Vertrauter Ludwigs VII. und Delegat Alexanders III. », in Archivum historiae pontificiae, Bd. 26, 1988, S. 375-392, hier S. 375, Anm. 1. 169. �������� Dazu L. Falkenstein, « Alexandre III et Henri de France… », S. 163f. 170. ��� T. De Hemptinne u. A. Verhulst, Oorkonden der graven van Vlaanderen…, Bd. II/I, S. lii. 171. ��������������������������������������������������������������������������������������������� Das geht aus der oben, Anm. 151 zitierten Urkunde des Grafen Philipp für die Abtei Afflighem hervor, wo es heißt : Testes : Robertus prepositus de Aria. Robert d’Aire war Stiftspropst mehrerer gräflicher Stiftskirchen in Flandern. Seinen Beinamen trug er nach der Stiftskirche in Aire-sur-la-Lys (Pas-deCalais, arr. Saint-Omer). 186 Ludwig Falkenstein davon gibt ein ungewöhnlich heftiger, ja bis zur Geschmacklosigkeit gehender polemischer Brief, den der Erzbischof von Reims wohl bei dieser Gelegenheit dem Papst zugedacht hatte 172, wie seine Überlieferung nahelegt. Zum anderen hatte Erzbischof Heinrich von Alexander III. ein consilium in einer für ihn wichtigen Angelegenheit begehrt, die den schismatischen Bischof Radulf von Zähringen in Lüttich betraf. Er wollte vom Papst wissen, ob er « von dem schismatischen Lütticher Eindringling » (Radulf ) das Hominium entgegennehmen dürfe. M[ilo], sein Kleriker und Bote, habe versichert, dass der Erzbischof durch einen derartigen Aufschub die Rechte und die Würde seiner Kirche zu verlieren fürchte : JL 12256, (1174) März 27 173. Erzbischof Heinrich befürchtete eine Minderung, wenn nicht einen Verlust von Rechtsansprüchen der Kirche von Reims 174. Alexander III. erteilte ihm daraufhin den Rat, falls er sich dessen, vorbehaltlich des Rechts und der Würde der Kirche von Reims, enthalten könne, mit dem « Eindringling » von Lüttich auf gar keine Weise eine Verbindung zu unterhalten, solange dieser im Schisma verharre, und, falls er 172. R.H.F., Bd. XV, S. 948D-949B, Nr. CCCLXXVIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 1367D-1368C, Nr. VIII. Dazu L. Falkenstein, « Alexandre III et Henri de France… », S. 163-165. Das Schreiben wird öfters überliefert : Paris, BNF, lat. 2595, fol. 40b-40va ; lat. 14168, fol. 64vab ; lat. 15166, fol. 32b-32va ; lat. 17468, fol. 131ab ; Cambrai, BM, ms. 211, fol 179va-180a ; The Letters of Arnulf of Lisieux, ed. Frank Barlow, London, 1939 (Camden Third Series, 61), S. lxviii. In Troyes, BM, ms. 444, fol. 106a, findet sich das Schreiben unter den Briefen des Philipp von l’Aumône. Bereits Michel-JeanJoseph Brial, Histoire littéraire de la France, Bd. XIV, Neue Aufl., Paris, 1869, S. 172, nahm an, dass Philipp auch das Schreiben verfasst habe. Zu Philipp von L’Aumône, der nicht mit einem gleichnamigen Archidiakon der Diözese Lüttich identisch sein dürfte, sondern mit jenem Erzbischofelekten von Tours, der als Erzbischof von Tarent auf dem II. Laterankonzil 1139 abgesetzt wurde, danach Mönch und Prior in Clairvaux wurde, ehe er als Abt nach L’Aumône (Cour-Cheverny, Loir-et-Cher, cant. Contres), ging, jetzt San ­Bernardo, Lettere, Bd. I : 1-210 (Opere di San Bernardo, a cura di Ferruccio Gastaldelli, VI/1), Mailand, 1986, S. 668-671, Anm. 1 ; zuletzt Anne J. Duggan, « The Lorvão transcription of Benedict of Peterborough’s Liber miraculorum beati Thome : Lisbon, Cod. Alcobaça CCXC /143 », in Scriptorium, Bd. 51, 1997, S. 51-68, hier S. 58, Anm. 47 ; dies., The Correspondence of Thomas Becket…, Bd. II, S. 1381f. Dass der Erzbischof zurecht Vorbehalte gegen Robert d’Aire hatte, zeigt ein Brief des Petrus von Blois, der vorgibt, an ihn geschrieben worden zu sein ; Migne P.L., Bd. CCVII, Sp. 122B-125D, Nr. XLII. 173. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 959E-960D, Nr. CCCC­ XXV ; R.H.F., Bd. XV, Sp. 931D-932A, Nr. CCCLI ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 931AD, Nr. MLI : Postulasti siquidem a nobis consilium per dilectum filium nostrum M. clericum et nuntium tuum, utrum a Leodiensi intruso qui est schismatis contagione pollutus, hominium recipere debeas, quod hucusque idcirco recipere distulisti, ne forte contra id quod a sanctis patribus prohibetur, te sibi communicare oporteret, et ita de participatione sua notam contraheres et exinde grauiter deum offenderes. Asseruit autem idem M., quod per huiusmodi dilationem jura et dignitatem ecclesiae tuae deperire times, quod nullatenus volumus, et creatorem tuum alias offendere vereris, quod super omnia prudentiam tuam et omnes Christi fideles summopere cavere oportet. 174. ��������������������������������������������������������������������������������������������� Mir ist indes bisher kein Fall bekannt geworden, bei dem eine Verzögerung einer Lehnsübertragung eine Verwirkung des Lehens für den Verleiher nach sich gezogen hätte. Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 187 das ohne großen Schaden für diese Kirche unterlassen könne, von diesem kein Hominium entgegenzunehmen175. Außer diesen beiden Aufträgen ließ der Erzbischof dem Papst durch seinen Prokurator Milo auch noch eine Klage gegen seinen Suffragan, Bischof Gui de Joinville von Châlons-en-Champagne, anstrengen, weil dieser Appella­tionen von seinem Gericht an das des Erzbischofs mehrfach übergangen hatte : JL 12257, (1174) März 27 176. Überdies beschlich den Erzbischof von Reims die Furcht, der Papst könne dem Grafen von Flandern, der die Kandidatur des Robert d’Aire in Cambrai persönlich unterstützte, eine bevorzugte kirchliche Sonderstellung gegenüber dem für ihn bisher zuständigen Metropoliten, dem Erzbischof von Reims, eingeräumt haben. Alexander III. beschied deshalb Heinrich von Frankreich mit der beruhigenden Antwort, er habe dem Grafen Ph[ilipp] von Flandern keinerlei immunitas gegen des Erzbischofs Recht und Würde gewährt und ihn nicht von seiner Gewalt eximiert, damit der Erzbischof über ihn jene Jurisdiktion und Amtsgewalt ausüben könne, die seine Vorgänger gehabt hätten und die hl. Kanones erlaubten : JL 12270, April 17 177. Der Papst ließ somit selbst fast fünfzehn Jahre nach Ausbruch des Schismas nur im Falle eines drohenden großen Schadens einen Kontakt des Erzbischofs zu einem Schismatiker allein unter größtem Vorbehalt zu. Dass Alexander III. zur Rückgewinnung einer Kanonikerpräbende in Meerssen eine im Namen des Petrus Cellensis, des Abtes von Saint-Remi, erfolgte Appellation an den Gegenpapst und eine Intervention bei Kaiser Friedrich I. in den Anfangsjahren des Schismas akzeptiert oder eine Intervention des Abtes Odo von Saint-Denis bei Kaiser Friedrich I. gebilligt hätte, um die volle Höhe der Einkünfte aus einer inkorporierten Kirche zu erhalten, erscheint deshalb mehr als fraglich. Dies gilt auch für die Annahme, um die Wende des Jahres 1165 zu 1166 habe es Alexander III. hingenommen, dass der Abt Martin von Saint-Vaast in Arras vor dem Gericht Rainalds von Dassel erschienen sei, um seiner Abtei die Erträge einer inkorporierten Kirche zurückzugewinnen. 175. ����������������������������������� Die Conclusio in JL 12256 lautet : Super quo fraternitati tuae taliter duximus de consilio respon­ dendum, ut eidem intruso, nisi a schismatica pravitate ad ecclesiae unitatem et devotionem beati Petri et nostram redierit, si salvo jure et dignitate Remensis ecclesiae abstinere poteris, in nullo communices et hominium ab eo, donec in schismate perseuerauerit, si absque grave detrimento ejusdem ecclesiae id potes omittere, non recipias, ne omnipotentem deum in hac parte offendes, et alii a te exemplum sumant participando schismatica contagione pollutis. Verum si cognoveris quod ecclesia tua gravem jacturam sustineat, si hominium ejusdem recipere distuleris, id arbitrio relinquimus. Monemus tamen honestatem tuam et exhortamur attentius, ut ita temporalibus utaris, quod eterna et spiritualia non omittas. 176. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 960E-961B, Nr. CCCC­ XXVI ; R.H.F., Bd. XV, S. 932BC, Nr. CCCLII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 931D-932B, Nr. MLII. Zum Datum L. Falkenstein, « Alexandre III et Henri de France… », S. 164-167. 177. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 968D-969A, Nr. CCC­ XXXIX ; R.H.F., Bd. XV, S. 932CD, Nr. CCCLIII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 938D-939A, Nr. MLXV. Zum Datum L. Falkenstein, « Alexandre III et Henri de France… », S. 164-167. 188 Ludwig Falkenstein IX. — Zur Bewertung der wichtigsten Quellen und ihrer Überlieferung Oben wurde daran erinnert, dass es vor allem Briefe und Mandate der päpstlichen Kanzlei aus den Anfängen des Pontifikats Alexanders III. waren, die mehrere Zeugnisse zum Verhalten von Zeitgenossen während des alexandri­ nischen Schismas lieferten. Es besteht die begründete Vermutung, dass die Absicht, die beträchtliche Anzahl persönlich gehaltener Schreiben Alexanders III. an den Erzbischof von Reims zur Entstehungszeit dieses Schismas erst zur Redaktion dieser Zeugnisse zu einer Sammlung geführt hat, wie an anderer Stelle zu zeigen ist. Gerade solche Briefe und Mandate hatten den Anlass gegeben, die verschiedenen Schreiben zu einer Sammlung zu vereinen. Obwohl die Sammlung einige Zeugnisse zum Alltag im Schisma bietet, gilt für ihre Bewertung ein Vorbehalt. Wie alle Delegationsmandate enthalten auch die hier zitierten päpstlichen Schreiben allein die Einlassungen ihrer Kläger. Dies zeigt, dass diese Zeugnisse nur einen « unvollständigen » Anteil der Wirklichkeit bieten, denn mehrfach war anzumerken, dass über den Fortgang oder das Ende eines Rechtsstreites bisher nichts ermittelt werden konnte. Auch wenn solche Briefe und Mandate der päpstlichen Kanzlei nur einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit liefern, sind ihre Aussagen gleichwohl von Wert. Sie lassen nämlich erahnen, in welchem Ausmaß das alexandrinische Schisma auch zu Verwirrung oder zu Rechtsunsicherheit führen konnte. Nur in einem Fall, der Klage der Äbtissin aus SainteGlossinde in Metz, war zugleich auch der Text einer Delegatenurkunde erhalten, die über das Ende des Rechtsstreites, um den es ging, einschließlich des gefällten Urteils Auskunft gibt. Gleichwohl sind die erhaltenen Delegationsmandate nicht als gering einzuschätzen, geben sie doch Zeugnis von Problemen, die im Schisma entstanden und spiegeln damit auch die Wirklichkeit wider, wie sie sich der päpstlichen Audientia und der Kanzlei darbot. Die hier erörterten Zeugnisse lassen sofort die Frage entstehen, ob denn aus anderen Kirchenprovinzen und ihren Diözesen, die entweder in Nach­bar­ schaft zum mittelalterlichen Reich oder teilweise sogar auf Reichsgebiet lagen, ähnlich zahlreiche Zeugnisse überliefert sind. Leider ist dies so nicht der Fall. Man ist geneigt, dabei leicht zu übersehen, dass die Überlieferung, auf die hier zurückgegriffen wurde, ganz auf die Person eines Bischofs zugeschnitten ist, Heinrichs von Frankreich. Indem Männer aus seiner Umgebung eingetroffene Delegations- oder Exekutionsmandate zu einer Sammlung vereinten, haben sie eine einzigartige Quelle hinterlassen, die noch heute erlaubt, einen genaueren Blick, als sonst möglich, hinter die Kulissen zu tun. Die Sammlung der päpstlichen Schreiben des Codex 964 der Bibliothèque municipale in Arras hat zwar auch päpstliche Briefe und Mandate Eugens III. und Hadrians IV. an den Bischof von Beauvais überliefert. Aber erst die Dichte der Schreiben Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 189 Alexanders III. an den Erzbischof von Reims hat erlaubt, hier Zeugnisse für das alexandrinische Schisma zu erörtern. Nur wenige Schreiben und Urkunden aus anderen Überlieferungen kamen hinzu. Es kann hier wegen der geringen Zahl von Belegen nicht erörtert werden, ob nicht auch Opportunismus gelegentlich eine Rolle spielte, wenn Kläger beider Obödienzen vor das Gericht Alexanders III. zogen. Es bleibt indes beachtlich, dass die Klage des Abtes Petrus von Saint-Remi wegen der Präbende in Meerssen sogar vor das Gericht Victors IV. führte. Erst 1158 hatten Bischöfe des Reiches dem Papst Hadrian IV. auf dessen Beschwerde wegen Behinderung von Besuchern der Kurie hin die Antwort Friedrichs I. mitteilen lassen : Den Zugang nach und von Italien haben wir weder durch ein Edikt sperren lassen, noch wollen wir ihn auf irgendeine Weise Pilgern oder solchen sperren, die für ihre notwendigen Angelegenheiten rechtens und mit einem Zeugnis ihrer Bischöfe und Prälaten den römischen Sitz aufsuchen ; aber wir haben die Absicht, jenen Miss­ bräuchen entgegenzutreten, von denen alle Kirchen unseres Reiches beschwert und geschwächt und nahezu alle klösterlichen Grundsätze untergegangen und erstorben sind178 ! Man suchte den Rekurs an das Gericht des Papstes durch Kontrollen möglichst zu beschränken, den Verkehr von Appellanten zu behindern. Im Hinblick auf die nur sehr geringe Anzahl von Dekretalen aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, die an Empfänger im Reich ergingen, hat man nicht zu Unrecht geurteilt : « Das bedeutet aber, dass der deutsche Episkopat es ab­lehn­te, den Papst um seine Meinung in Rechtssachen zu fragen, ganz anders als etwa der englische, an den im gleichen Zeitraum 434 Entscheidungen ergangen sind […] »179. 178. ��������������������������������������������������������������������������������������������� Der Brief des deutschen Episkopats an Hadrian IV. vom Beginn des Jahres 1158 jetzt am besten in Die Admonter Briefsammlung nebst ergänzenden Briefen, ed. Günther Hödl u. Peter Classen, München, 1983 (M.G.H., Die Briefe der deutschen Kaiserzeit, 6), S. 44-46, hier S. 45 als Antwort auf JL 10321 (1157 Ende) : Introitum et exitum Italię nec clausimus edicto nec claudere aliquo modo volumus peregrinantibus vel pro suis necessitatibus rationabiliter cum testimonio episcoporum et prelatorum suorum Romanam sedem adeuntibus ; sed illis abusionibus, quibus omnes ecclesię regni nostri gravatę et attenuatę sunt et omnes pene claustrales disciplinę emortuę et sepultę, obviare intendimus. 179. ���������������������� Das Zitat bei Walther Holtzmann, « Das Ende des Bischofs Heinrich II. von Chur. Ein Beitrag zur Geschichte von Reich und Kirche in der Zeit Kaiser Heinrichs VI. », in Zeitschrift für Schweizerische Geschichte, Bd. 29, 1949, S. 145-194, hier S. 177 ; auch in ders., Beiträge zur Reichs– und Papstgeschichte des hohen Mittelalters. Ausgewählte Aufsätze, Bonn, 1957 (Bonner historische Forschungen, 8), S. 197234, hier S. 220. Zu den Dekretalen Peter Landau, « Kanonistische Ergänzungen zur Germania und Bohemia Pontificia. Päpstliche Dekretalen an Empfänger im Reich zwischen 1140 und 1198 », in Sacri canones servandi sunt. Ius canonicum et status ecclesiae saeculis xiii-xv, hg. Pavel Krafl, Prag, 2008 (Opera Instituti historici Pragae, ser. C, Miscellanea, 19), S. 241-257. 190 Ludwig Falkenstein Eine abschließende Bemerkung sei erlaubt : Gelegentlich werfen päpstliche Schreiben dabei auch auf die persönliche Erbitterung der Hauptgegner in dem großen Streit ein bezeichnendes Licht, so etwa, wenn Alexander III., der damals in Sens residierte, Heinrich von Frankreich als Erzbischof von Reims darüber informiert, dass R[ainald von Dassel], « Urheber und Haupt der Kirchenverwirrung », Kanzler F[riedrichs I.], des « ehemaligen » Kaisers, geplant habe, durch Flandern nach Deutschland (in teutonicam terram) zu reisen, und den Erzbischof von Reims dabei auffordert, selber, seine Freunde und Getreuen dazu anzustiften, R[ainald] zu verwirren, mit allen Mitteln daran zu hindern und, falls möglich, nicht zu zögern, ihn gefangenzunehmen : JL 11033, (1164) Juli 6 180. Der letzte Vorschlag offenbart zugleich, dass der Papst hier, anders als in ähnlich vergleichbaren Situationen181, einmal der Versuchung erlegen ist, Wunschvorstellungen nachzugeben, die nur durch die übrigens nahezu gleichzeitig auftretende Realitätsferne seines Widersachers Rainald von Dassel überboten werden können. Dieser hatte genau damals in Vienne geweilt und in der ihm eigenen Fehleinschätzung französischer Zeitgenossen bei einer Versammlung von Erzbischöfen und Bischöfen die Anerkennung des Guido von Crema als Papst betreiben wollen, wie der Brief eines Ungenannten an Thomas Becket aus dem Juli 1164 erwähnt 182. Einige der Versammelten waren stattdessen bereit, seine Kreatur, den Gegenpapst Paschalis III., in Rainalds Gegenwart zu exkommunizieren ! Zugleich berichtet der anonyme Informant, Rainald habe den Grafen Heinrich (von Troyes) um eine Unterredung ersucht 183. 180. ��� E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 710AC, Nr. LXXX ; R.H.F., Bd. XV, S. 818CD, Nr. CXXXVI ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 297D-298B, Nr. CCLIV : Noueris autem, quod ille auctor et caput turbationis ęcclesię .R. uidelicet quondam .F. dicti imperatoris cancellar[ius], cum aliunde suus omnimodo disturbetur ingressus, per Flandriam in Teutonicam terram ire disposuit. Quoniam igitur de tue uirtutis constantia plenam in omnibus fiduciam obtinemus, prouidentiam tuam omnibus modis rogamus atque monemus, quatenus per te, amicos et fideles tuos predictum .R. disturbare satagas et omnimodis impedire, et ipsum si potes, capere nulla ratione postponas. Dazu R. Knipping, Regesten der Erzbischöfe von Köln…, Bd. II, S. 132, Nr. 803 ; Germania Pontificia, Bd. VII, S. 111, Nr. 340. 181. ��������������������������������������������������������������������������������������������� Als Alexander III. Heinrich von Frankreich als Bischof von Beauvais den Auftrag erteilte, in Cluny den Abt Hugo abzusetzen und einen Nachfolger erheben zu lassen, riet er ihm, dazu den Rat und die Zustimmung seines Bruders Ludwigs VII. einzuholen ; JL 10660, (1161) April 7, E. Martène u. U. Durand, Veterum scriptorum collectio…, Bd. II, Sp. 659A-660E, Nr. VII ; R.H.F., Bd. XV, S. 768B-769B, Nr. XXVII ; Migne P.L., Bd. CC, Sp. 111A-112D, Nr. XL : […] fraternitati tue […] mandantes, quatinus memorati filii nostri regis consilio habito et fauore, cuius quidem regnum occasione ista per eundem abbatem infestari posset et plurimum molestari […]. 182. J. C. Robertson, Materials for the History of Thomas Becket…, Bd. V, S. 116-121, Nr.LXI, bes. S. 120 ; A. Duggan, The Correspondence of Thomas Becket…, Bd. I, S. 116-125, Nr. 33, ebd. S. 124f. ; R. Knipping, Regesten der Erzbischöfe von Köln…, Bd. II, S. 131f., Nr. 801f. 183. ������� Ebd. : Cancellarius ueniens Viennam archiepiscopos et episcopos quamplures conuocauit ; primoque milites ad opus imperatoris ab eis quesiuit. Postmodum de receptione Guidonis Cremensis, quem imperator receperat, instantissime singulos conuenit, ibique spe et desiderio suo priuatus est. Quidam enim eorum ipsum Guidonem coram eo excommunicare parati fuerunt. Ipse uero, cum non posset iuxta uotum suum proficere, indixit comiti Henrico colloquium suum se uelle cum eo habiturum. Comes autem, cum hec uobis scriberem, Zu auswirkungen des alexandrinischen Schismas 191 Dieser nur kurze Blick auf die Überlieferung zeigt auch, dass unsere Kenntnisse von den Wirkungen des alexandrinischen Schismas auf die Kirchenprovinz Reims hauptsächlich einem Überlieferungszufall verdankt werden. Der Wert dieser Überlieferung, die sich auf einen einzigen, heute dazu noch teilweise ganzer Lagen beraubten Textzeugen gründet, kann aber nicht hoch genug eingeschätzt werden. transierat Parisius, ut regem super hoc consuleret ; sed quid facturus esset, nos adhuc ignorabamus. Dazu Paul Fournier, Le royaume d’Arles et de Vienne (1138-1378). Étude sur la formation territoriale de la France dans l’Est et le Sud-Est, Paris, 1891, S. 47f.