Untitled - Linde Verlag

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Projektmanagement_6Afufl.book Seite 19 Montag, 30. Juni 2014 9:27 09
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1 Grundlagen
1.1 Grundlagen zu Projekt und Projektmanagement
1.1.1 Projektbegriff
Projekte sind Vorhaben, die im Wesentlichen durch die Einmaligkeit
der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet sind. Die daraus
resultierende mangelhafte Erfahrung schlägt sich als Unbestimmtheit
bzw. Unsicherheit nieder.
Hinsichtlich des Bestimmtheitsgrades können Projekte in einer Hierarchie rationaler menschlicher Handlungen eingeordnet werden:
Prozesse
(Routine-)
Einzelaufgaben
Häufig wiederholte, eher sequentielle Verkettung
von Aktivitäten, wobei die Ausgangslage sowie das
angestrebte Ergebnis definiert und die erforderlichen
Maßnahmen kategorisiert bzw. spezifiziert sind.
Es bestehen nur unbedeutende Unsicherheiten in der
Zielerreichung.
Beispiel: Beschaffung eines Zulieferteils
Projekte
Einmalige, parallele und sequentielle Vernetzung
von Aktivitäten, wobei die Ausgangslage definiert,
das angestrebte Ergebnis spezifiziert und die erforderlichen Maßnahmen jedoch zum Teil noch völlig
offen sind, so dass wesentliche Unsicherheiten in der
Zielerreichung bestehen.
Beispiel: Produktentwicklung
Programme
Parallele und sequentielle Vernetzung von Aufgaben
und Einzelprojekten, wobei das angestrebte Ergebnis
in Form einer Zielvorstellung bloß spezifiziert ist, die
erforderlichen Maßnahmen und Einzelprojekte aber
zum Teil noch völlig offen sind.
Der hohen Unsicherheit bei der Erreichung der nur
grob definierten Ziele wird durch Steuerungsmaßnahmen in Form weiterer, neu zu definierender Projekte begegnet.
Beispiel: Einführung von Total-Quality-Management (TQM) als umfassende Unternehmenskultur,
Aufbau eines neuen Marktes
Abb. 1-1: Unterscheidung Prozesse – Projekte – Programme
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Projektmanagement
Projekte sind zeitlich begrenzte, komplexe Vorhaben. Mit anderen Worten: Jedes Projekt besitzt ein von Beginn an mitgedachtes, geplantes Projektende. Damit können Projekte als Unternehmen auf Zeit gesehen
werden, womit sie sich auch als ausgezeichneter Qualifizierungsschritt
für das Management erweisen.
Projekte zeichnen sich durch hohe Ausprägungen der folgenden
Merkmale aus:
Merkmal
Beschreibung
neuartig:
Nicht oder nur zum Teil sich wiederholende Aufgabenstellung, verbunden mit Unsicherheit und
hohem Risiko.
zielorientiert:
Das zu erbringende inhaltliche Ergebnis (Sachziel) ist spezifiziert, der dafür erforderliche Zeitund Mitteleinsatz (Formalziele) begrenzt.
abgegrenzt:
Ein Projekt weist Begrenzungen hinsichtlich des
Zeitrahmens, des Budgets sowie organisatorisch-rechtlicher Art auf.
komplex, dynamisch:
Die Aufgabenstellung ist umfangreich und stark
vernetzt, so dass viele Abhängigkeiten zwischen
den Einzelaufgaben und zum Umfeld bestehen,
wobei sich Inhalte wie auch Abhängigkeiten laufend ändern können. Schlechte Überschaubarkeit liegt vor.
interdisziplinär,
fachübergreifend:
Die Aufgabenstellung ist nur durch das Zusammenwirken unterschiedlichster Qualifikationen,
die meist aus verschiedenen Organisationseinheiten kommen, durchführbar.
bedeutend:
Projekte haben für die beteiligten Organisationseinheiten eine hohe Relevanz bezüglich Nutzungseignung, Akzeptanz, wirtschaftlichem Erfolg, Ressourcenbindung u.Ä.
Abb. 1-2: Merkmale von Projekten
Projekte sind eigenständige soziale Systeme, eingebettet in ein projektspezifisches Umfeld, weil sehr häufig Handlungsmuster, Arbeitsformen, Kommunikationsflüsse und Regeln entstehen, die sich von der Kultur der Stammorganisation unterscheiden.
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Grundlagen
Die Einbettung in ein projektspezifisches Umfeld bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Projekte nie losgelöst von Umfeldeinflüssen sind.
Erst durch die bewusste Berücksichtigung dieser Faktoren, die sich durch
Personen, Personengruppen, Interessenträger sowie durch sachliche Einflüsse äußern, entsteht eine Gesamtsicht des Projekts. Die oben genannten projektspezifischen Verhaltensweisen ergeben sich gerade aus den
speziellen Interessen, Erwartungen und Befürchtungen, die von den verschiedenen Umfeldgruppen an das Projekt gerichtet werden.
1.1.2 Projektarten
Man kann Projekte nach unterschiedlichen Kriterien in Kategorien einteilen.
Eine Unterscheidung nach Projektarten ermöglicht die Nutzung von Gemeinsamkeiten für ein effizientes Projektmanagement (vgl. Projektportfolio-Management, Kapitel 6) und den Einsatz von maßgeschneiderten
Methoden und Strukturen.
Gliederungskriterium
Beispiel
Projektinhalt:
Hinsichtlich Projektinhalt kann in folgende Projektarten unterschieden werden:
 Unternehmensgründungs- und Unternehmenskaufprojekte
 Unternehmensbeteiligungsprojekte
 Marketingprojekte, Veranstaltungsprojekte
 Strategieprojekte
 Akquisitionsprojekte, Angebotsprojekte
 Durchführbarkeitsstudien, Planungsprojekte
 Forschungsprojekte, Produktentwicklungsprojekte
 Organisationsentwicklungsprojekte
 IT-Projekte
 Investitionsprojekte (Bau, Anlagenbau etc.)
 Instandhaltungsprojekte, Großreparaturen
Stellung des
Kunden bzw.
Projektauftraggebers:
Hinsichtlich der Stellung des Kunden (Auftraggebers) kann unterschieden werden in:
 Externe Projekte:
externer Kunde (externer Auftraggeber, Besteller)
 Interne Projekte:
interner Kunde (interner Auftraggeber, Nutzer)
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Projektmanagement
Für jedes Projekt muss es einen internen Auftraggeber geben, der die Verantwortung dafür trägt, dass
das Projekt im Unternehmen durchgeführt wird.
Grad der
Wiederholung:
Es kann unterschieden werden zwischen:
einmaligen Projekten (Pionierprojekten)
 ähnlich wiederkehrenden Projekten (Standardbzw. Routine-Projekten), so genannten repetitiven Projekten

Beteiligte
Organisationseinheiten:
Die organisatorische Komplexität steigt mit der Anzahl der involvierten Stellen. Daher kann unterschieden werden in:
 abteilungsinterne Projekte
 abteilungsübergreifende Projekte
 organisationsübergreifende Projekte
Schwierigkeitsgrad:
Dieser manifestiert sich in den Projekteigenschaften,
wie: Umfang, Komplexität, Laufzeit, rechtliche Bestimmungen etc.
Eine Kategorienbildung nach Schwierigkeitsgrad
definiert das Ausmaß an Methoden und Regelungen,
die im Projektmanagementhandbuch angeführt sind.
Abb. 1-3: Kategorisierung von Projekten
Weiters dient die Unterscheidung nach Projektarten auch dem projektartenspezifischen Einsatz von Projektmanagement-Methoden bzw. der
Schwerpunktsetzung im Projektmanagement.
Ein Beispiel dafür ist etwa, dass typischerweise bei externen
Abwicklungsprojekten zwischen dem Kunden und dem Auftragnehmer klare, sehr detaillierte Verträge vereinbart werden, die meist auch
knappe Termine und Pönalvereinbarungen enthalten. Für diese Art von
Projekten ist eine strukturierte Termin- und Kostenplanung sowie ein gut
funktionierendes Controllinginstrumentarium (verbunden mit Claim
Management) sehr wesentlich für den Projekterfolg. Hingegen werden
interne Projekte oft recht vage und mündlich in Auftrag gegeben. Für
derartige Projekte wäre eine kurze Projektdefinition mit einer möglichst
konkreten Zielformulierung schon eine wichtige Basis für die erfolgreiche Projektabwicklung. Hingegen würde umfassendes Claim Management oder detailliertes Kostencontrolling bei derartigen internen Projekten einen erheblichen Kulturschock bewirken.
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Grundlagen
Ein weiteres Beispiel betrifft die Unterscheidung zwischen Pionierprojekten (einmaligen Projekten), Routineprojekten und Einzelaufgaben.
Routineprojekte sind Vorhaben, die in ähnlicher Form schon mehrmals
durchgeführt wurden. Für derartige Projekte lässt sich das Projektmanagement standardisiert sehr effizient einsetzen. Checklisten, Formularvordrucke, Standardprojektstrukturpläne und vieles mehr werden
schon vor Projektbeginn vorliegen, so dass der Projektleiter und das
Team darauf mit geringem Aufwand aufbauen und ihre projektspezifischen Pläne entwickeln können. Im Unterschied dazu zeichnen sich
Pionierprojekte durch ihren hohen Unsicherheitsgrad und durch die geringe Erfahrung bei derartigen Vorhaben aus. Daher ist es bei Pionierprojekten von besonderer Bedeutung, dass der Projektleiter im Rahmen
eines intensiven Startprozesses (Projektstartworkshop) die Ziele, Maßnahmen und spezifische Organisation für das Projekt gemeinsam mit
dem Team entwickelt.
Pionierprojekte,
Routineprojekte
und Routineaufgaben erfordern einen differenzierten
Methodeneinsatz
Als drittes Beispiel für projektartenspezifischen Projektmanagementeinsatz möchten wir hier die Unterschiede zwischen Investitionsprojekten,
deren Erfolgsfaktor meistens in der technischen Exaktheit und Qualität
des Ergebnisses liegt, und Organisationsentwicklungsprojekten, deren Erfolg vor allem von der Akzeptanz der Organisationsänderung bei
allen Beteiligten und Betroffenen abhängt, aufzeigen. Für Organisationsentwicklungsprojekte ist daher ein intensiver Kommunikationsprozess
durch Teamarbeit, gemeinsame Entwicklung von Zwischenergebnissen,
intensiver Informationsfluss etc. von wesentlicher Bedeutung für den
Projekterfolg. Bei Investitionsprojekten hingegen ist die detaillierte
Budgetplanung und Budgetverfolgung sowie die Einhaltung der Termine
das entscheidende Erfolgskriterium.
Die oben genannten Beispiele sollen zeigen, dass professionelles
Projektmanagement nicht heißt, alle Projektmanagementmethoden und
-ansätze aus dem Instrumentenkoffer des Projektmanagements unter allen Umständen und in gleicher Ausführlichkeit einzusetzen, sondern die
Projektmanagementmethoden situativ bzw. projektartenspezifisch so zu
verwenden, dass möglichst großer Nutzen in Bezug auf den eingesetzten
Aufwand erzielt wird.
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Projektmanagement
Innovationsgrad
niedrig ————————— hoch
Projektart:
Standardprojekte
Pionierprojekte
Marketingprojekte,
Strategieprojekte
Akquisitionsprojekte,
Angebote
Durchführbarkeitsstudien
Planungsprojekte
Forschungs- und Produktentwicklungsprojekte
Organisationsentwicklungsprojekte
Investitionsprojekte
(Bau, Anlagenbau etc.)
Einführungsprojekte
(z.B. EDV-Einführung)
Instandhaltungsprojekte,
Großreparaturen
Abb. 1-4: Erhebungsbogen zur Kategorisierung von Projekten
1.1.3 Die Projektmanagement-Aufgaben
Projektmanagement lässt sich in allgemein gültige Managementfunktionen unterteilen (siehe dazu im Detail 1.1.7).
Wir verwenden die in der folgenden Abbildung gewählte Gliederung, in
der die Teilaufgaben des Projektmanagements der entsprechenden Managementfunktion zugeordnet sind.
Die Gliederung in Hauptfunktionen enthält:
Planen:
das Festlegen, was angestrebt wird
Organisieren: das Zum-Funktionieren-Bringen
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Führen:
das zielorientierte Anleiten Anderer
Steuern:
das Verfolgen im Hinblick auf erfolgreiche Projektabwicklung
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Grundlagen
Management- Projektmanagement-Aufgaben
Aufgaben
Planung











Organisation,
Kommunikation,
Koordination







Führung








Steuerung,
Controlling





Projektstrategie
Projektdefinition
Planung der Umfeldbeziehungen
Erfassung der Projektrisiken
Leistungsplanung
Gestaltung der Arbeitsaufträge
Qualitätsplanung
Terminplanung
Ressourcenplanung
Kostenplanung
Finanzplanung
Rollendefinition
Aufgaben- und Verantwortungsverteilung
Gestaltung des Informationsflusses (Projekt-Informationssystem: Berichtswesen, Sitzungsmanagement, Dokumentation, ..)
Gestaltung der Kommunikation im Projektteam
und mit dem Projektumfeld (Stakeholder)
Projektmarketing
Schnitt- bzw. Nahtstellenmanagement
Gestaltung von Werten, Normen, Regeln (Projektkultur)
Mitarbeiterauswahl
Förderung der Zielklarheit und Zielakzeptanz
Förderung der Entwicklung der Teammitglieder
Förderung der Zusammenarbeit der Teammitglieder (Motivation, Coaching, Konfliktbehandlung)
Initiierung von Veränderungen
Förderung der Arbeitsbedingungen
Herbeiführen von Entscheidungen
Teamauflösung
Erfassung und Bewertung des Fortschrittes
Integrierte Steuerung von Qualität, Terminen,
Ressourcen, Kosten, Finanzmitteln
Maßnahmenplanung zur Steuerung
Verfolgung der Entwicklung kritischer Erfolgsfaktoren/der Risiken
Anordnung von korrektiven Maßnahmen
Abb. 1-5: Projektmanagement-Aufgaben
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Projektmanagement
1.1.4 Das Projektmanagement-Gesamtbild
Um ein möglichst vollständiges, logisch begründetes Gesamtbild von
„Projektmanagement“ zu entwerfen, werden die folgenden Gliederungskriterien verwendet:
(1) die Systemebenen von Projektmanagement
(2) die Phasen und Prozesse des Projektmanagements
(3) die Wirkungsfelder/Komponenten des Projektmanagements
Das System "projektorientiertes Unternehmen"
Das System "Projektportfolio / Programm”
Das System "Projekt"
PM-Phasen
STARTPHASE
PLANUNGS- UND
AUSFÜHRUNGSPHASEN
PROJEKTUMFELD
Umfeldanalyse
Analyse Kundenanf.
Claim-Vorsorge
Vertragsgestaltung
Projektmarketing
Schwache Signale
erkennen
INSTRUMENTE
Projektdefinition
Projektplanungen
Wirkungsfelder
PROJEKTORGANISATION
PROJEKTTEAM
und
MITARBEITER
Auswahl des
Projektteams
KOORDINATIONS& ÄNDERUNGSPHASEN
ABSCHLUSSPHASE
ÄnderungsAuflösung Umfeldmanagement
beziehungen
Krisenmanagement
Übergabe an Kunden
Claim-Erkennung
und -Verfolgung
Projektsteuerung
Projektreviews
Projektaudits
Projektevaluierung
Aufgabenverteilung
Berichtslegung
Erfahrungssitzung
Schnitt- & Nahtstellenplanung
Konfigurationsmanagement
Auflösung
Projektorganisation
Gestaltung des
Informationswesens
Anpassungsmaßnahmen
Übergang zu
after-sales-Phase
Entwicklung
Teamkultur
Sitzungsmanagement
Auflösung des
Projektteams
Entscheidungsfindung im Team
Konfliktmanagement
Feedback
Teamorganisation
Abb. 1-6: Projektmanagement-Gesamtbild
Die im Projektmanagement betrachteten Systemebenen beschreiben die
jeweils zu steuernden Systeme. Daraus ergeben sich die entsprechenden
relevanten Umfeldsysteme.
Projektmanagement umfasst daher das Management der folgenden Systeme:
 Projektmanagement des Einzelprojekts
 Projektportfolio/Programm-Management einer Gruppe sich gegenseitig beeinflussender Projekte und Aufgaben
 projektorientiertes Unternehmen: Management eines Unternehmens, das Projekte als überwiegende Arbeitsform einsetzt
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Grundlagen
Es ist Aufgabe einer systemorientierten Betrachtung von Projektmanagement, Analogien zwischen den unterschiedlichen Systemebenen herauszuarbeiten und das Projektmanagement auch als Managementkonzept
für Unternehmen mit einzubinden.
Die Phasen des Projektmanagements als typische Zustände des Systems im Lebenszyklus:
Projektmanagement weist in seinem Ablauf typische Management-Phasen auf. Projektphasenmodelle können inhaltlich oder prozessorientiert
strukturiert sein. Im Kapitel 3.2.2 „Aufgabenplanung“ sind spezifische,
nach inhaltlichen Kriterien gegliederte Phasenmodelle dargestellt.
Ein prozessorientiertes Projektphasenmodell, das in dieser Form für alle
Projekte Gültigkeit hat, besteht aus folgenden Phasen
A. Projektstartphase
B. Planungs- und Ausführungsphasen
C. Koordinations- und Änderungsphasen
D. Projektabschlussphase
Häufig werden diese prozessorientierten Phasen auch als Projektmanagement-Prozesse bezeichnet.
Die folgende Abbildung stellt den Zusammenhang der hier beschriebenen Projektmanagementphasen in einem Projekt dar:
Prozessorientierte
Phasen werden als
Projektmanagement-Prozesse
bezeichnet
Projektstartphase
Planungsphase
Koordinationsphase 1
Ausführungsphase 1
...
Zeit
Abb. 1-7: Prozessorientiertes Projektphasenmodell
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Projektmanagement
A. Projektstartphase
Notwendige Strukturen schaffen
Vorbereitung aller
Projektmanagement-Unterlagen
Unter der Projektstartphase ist derjenige Projektabschnitt zu verstehen, der von der Erteilung des Projektauftrags bis zum Beginn der
ersten Planungs- und Ausführungsphase reicht.
In dieser Phase werden vor allem die notwendigen Strukturen und Voraussetzungen betreffend die involvierten Systeme geschaffen bzw.
beschafft. Schwergewicht dieser Phase liegt auf dem In-Gang-Setzen.
B. Projektplanungs- und -ausführungsphasen
Die Planungsphase umfasst hauptsächlich die Vorbereitung aller Projektmanagement-Unterlagen (Projekthandbuch). Die Ausführungsphasen enthalten die inhaltliche Bearbeitung der Aufgabenstellung
des Projekts.
Die erforderlichen Planungs- und Durchführungsaufgaben werden
vom Management wahrgenommen. Sehr häufig gibt es in einem Projekt mehrere Ausführungsphasen, die entweder durch Koordinationsphasen oder durch die Projektstart- oder Projektabschlussphase
begrenzt sind. Schwergewicht dieser Phase liegt auf der Differenzierung (Zerlegung und Verteilung).
C. Projektkoordinationsphasen
Inhaltliche Phase
abgeschlossen
Zwischenergebnisse zusammenführen, nächste Phase
starten
Koordinationsphasen sind häufig mit dem Start oder Ende einer entsprechenden inhaltlichen Ausführungsphase verknüpft, weshalb solchen Phasenübergängen aus der Sicht des Projektmanagements besondere Aufmerksamkeit gebührt.
Im Laufe einer Koordinationsphase wird eine inhaltliche Phase (Ausführungsphase 1) abgeschlossen, die darin erzielten Ergebnisse werden als Rahmenbedingung für die nächste inhaltliche Phase transferiert und diese (Ausführungsphase 2) gestartet. In die Koordinationsphasen fallen die Zusammenführungen von Zwischenergebnissen
sowie die Behandlung von Abweichungen und Änderungen. Schwergewicht dieser Phase liegt auf der Integration (Zusammenführung und
Weichenstellung, Korrektur).
Der Zusammenhang zwischen Ausführungs- und Koordinationsphasen ist aus der folgenden Abbildung ersichtlich:
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Grundlagen
Start Ausführungsphase 2 ...
Abweichungen
analysieren
Konsequenzen
analysieren
Strukturen, Pläne
für Phase 2
entwickeln
Ziele Phase 2
formulieren
Soll/IstVergleich
Istdaten
erheben
Steuerungsmaßnahmen
einleiten
Strategien für Phase 2
ableiten
Ergebnisse Phase 1
dokumentieren
Koordinationsphase
Abb. 1-8: Aufgaben in den Koordinationsphasen
Die Projektausführungs-Phasen und die Koordinations- und Änderungsphasen sind durch Rückkopplungen in der Form eines Regelkreises verbunden, sie werden in jedem Projekt mehrmals durchlaufen.
D. Projektabschlussphase
In dieser Phase wird eine geregelte Beendigung des Projekts und Entlastung der Verantwortlichen herbeigeführt. Schwergewicht dieser
Phase liegt auf Beendigung und Lerntransfer.
Projektphasen werden durch Ereignisse (Meilensteine) gestartet und beendet. Meilensteine sind entweder extern determinierte Zeitpunkte mit
einem bestimmten Leistungsfortschritt oder vom Team selbst definierte
Ereignisse.
Meilensteine sind
extern definierte
oder selbst festgelegte Ereignisse
Beispiele dafür sind etwa der pönalisierte Übergabetermin im Anlagenbau oder der Termin, mit dem die Ausschreibungsfrist für eine bestimmte
Leistung endet.
Interne Projekte sind allgemein in ihrem Verlauf weniger vorbestimmt
und standardisiert. Daher sind vom Projektteam selbst auferlegte Meilensteine brauchbares Hilfsmittel, um auch in solchen Projekten eine effiziente Projektarbeit sicherzustellen. Gleichzeitig eignen sich derartige
Meilensteine sowohl für den Start einer neuen Projektphase als auch in
Form von Meilenstein-Workshops zur Abstimmung und Vereinbarung
der Strategien, Ziele und Werte für die nächste Phase.
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Projektmanagement
Unterscheidung
inhaltliche Phasen
und Projektmanagement-Phasen
Die Phasen des Projektmanagements dürfen nicht mit denen des Projekts
selbst, den so genannten inhaltlichen Projekt-Phasen, verwechselt werden: Projekt-Phasen sind, wie bereits besprochen, Abschnitte des Objektlebenszyklus (Konzeption, Planung, Realisierung, Inbetriebnahme, ...).
Die Wirkungsfelder in Projekten:
Wirkungsfelder umschreiben jene Betrachtungsschwerpunkte, die durch
bewusstes, aktives Steuern den Projekterfolg nachweislich erhöhen können.
 Das „Projektumfeld“ sind die außerhalb des Projekts liegenden,
relevanten Einflussgrößen, die in Wechselwirkung mit dem Projekt stehen. Untergliedert wird in die entsprechenden unterschiedlichen Umfeld-Segmente samt den gegenseitigen Wechselwirkungen (vgl. 2.1, Umfeldanalyse).
 Die „Methoden/Instrumente“ umfassen alle Mittel zur Optimierung der Parameter Leistung, Zeit, Kosten und zur Minimierung
im Projekt enthaltener Risken.
 Die „Projektorganisation“ ist die Summe all jener Regeln und
Strukturen, die eine effiziente Zusammenarbeit aller am Projekt
beteiligten Personen gewährleistet. Dazu gehört die Definition von
Rollen samt zugehöriger Kompetenzen und Verantwortungen, die
Regelung des Informationsflusses.
 Das „Projektteam“ umfasst alle Individuen samt deren Kompetenzen, Werthaltungen, Einstellungen, die in geregelter Zusammenarbeit als Team eine konsequente Zielerreichung anstreben.
Ziel ist die Entwicklung und Pflege einer hochqualitativen Zusammenarbeitskultur.
Unser umfassender Projektmanagement-Ansatz ist letztlich durch folgende Merkmale charakterisiert:
kundenProjektmanagement ist nicht produktorientiert, sondern
orientiert: stellt den Kundenbedarf in den Vordergrund.
prozessProjektmanagement stellt nicht die Aufbauorganisation,
orientiert: sondern die Ablaufstruktur des Projekts ins Zentrum.
systemProjektmanagement ist nicht als mehr oder minder zuorientiert: fällige Zusammenfassung von Personen, Einzelaufgaben bzw. Methoden und Tools zu verstehen, sondern
wird aus dem Gesamtsystem in Relation zu seinen Elementen definiert.
Abb. 1-9: Merkmale systemorientierten Projektmanagements
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Projektmanagement_6Afufl.book Seite 31 Montag, 30. Juni 2014 9:27 09
Grundlagen
Durch den systemischen Ansatz hebt sich das vorgeschlagene Modell
von anderen Konzepten ab.
Generell muss festgehalten werden, dass ein so umfassend verstandenes
Projektmanagement durch seine Kundenorientierung und Prozessorientierung neuere Ansätze wie Total-Quality-Management (TQM),
Business Process Management, Knowledge Management etc. zum Großteil integriert.
Als Gegenspieler zu diesen Management-Modellen, bilden sich mehr
und mehr Ansätze heraus, deren Fokus auf der raschen und einfachen
Zielerreichung, mit geringstmöglicher Dokumentation liegt (Projektmanagement light).
Als neueste Philosophie hat sich der Ansatz des Agilen Projektmanagements etabliert. Hier steht weniger die planerische Koordination der Aufgaben im Vordergrund, sondern die selbstgesteuerte, gruppenautonome
Abstimmung zwischen den Leistungsträgern. Die Projektleitung gibt
überschaubare Aufgaben frei und erhält dann innerhalb kurzer Zeit
(meist weniger Tage) Fertigstellungsmeldungen. Es wird relativ wenig
dokumentiert, Rollen spielen eine geringe Rolle, ein Projektleiter ist jedoch erforderlich.
Agiles Projektmanagement
fördert die direkte
Abstimmung im
Team
Die Werthaltungen sind dabei:
 die Kommunikation und damit der Mensch steht im Vordergrund,
Prozesse, Werkzeuge, Organisationsformen sind zweitrangig
 keep it simple and stupid (KISS)
 Zusammenarbeit statt Verträgen mit dem Kunden/Auftraggeber
 rasche informelle Reaktion bei Änderungen
 Pläne sind eher nur zur Orientierung gedacht
Das agile Projektmanagement stellt praktisch ein Zurückschwingen des
Pendels von einer umfassenden, übertriebenen Planungssucht zu ganz
einfachen Dokumentationsformen dar.
1.1.5 Nutzen des Projektmanagements
Basierend auf den in Kap 1.1.3 definierten Aufgaben des Projektmanagements wollen wir im Folgenden die verschiedenen Nutzenaspekte
ableiten, die durch den professionellen Einsatz des ProjektmanagementKonzepts entstehen.
Dabei unterscheiden wir Nutzen bei folgenden Projektkategorien:
A. Investitionsprojekte, Auftragsabwicklungsprojekte
B. Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Produktentwicklungsprojekte
C. Organisations(entwicklungs)projekte
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Projektmanagement
A. Nutzen des Projektmanagements bei Investitions- und Auftragsabwicklungsprojekten
 Kundenorientierung
 Früherkennung von Konfliktpotenzialen durch aktives Umfeldmanagement
 konsequente Aufgabenerledigung auf Basis von Projektstrukturplänen und Aufgabenlisten
 klare Erfassung und Verfolgung von Qualität
 Termineinhaltung durch übersichtliche Terminpläne
 effizienter Ressourceneinsatz
 Kosteneinhaltung aufgrund vereinbarter Budgets
 reibungslose Koordination durch aktive Teamführung
 Nutzung vorhandener Synergien
B. Nutzen des Projektmanagements bei Forschungs- und Produktentwicklungsprojekten
 schnellere Abwicklung aufgrund einer stufenweisen Zielkonkretisierung
 ganzheitliche Lösungen, weil unterschiedliche Sichtweisen ins
Team integriert werden
 effizienter Ressourceneinsatz durch phasenorientiertes Vorgehen
 Termin- und Kosteneinhaltung aufgrund vereinbarter Budgets (je
Arbeitspaket)
 Adäquate Balance zwischen klarem Vorgehensmodell (Phasen,
Arbeitspakete, Meilensteine) und Flexibilität im Hinblick auf Veränderungen (Changemanagement, Stage-Gate-/Phasenplan, ...)
C. Nutzen des Projektmanagements bei Organisations(entwicklungs)projekten
 interne Kundenorientierung
 klare Zielformulierung in Start-Workshops, effiziente Teamarbeit
durch professionelle Moderation
 Sicherung der Akzeptanz durch die Integration der Beteiligten
(Team, Projektorganisation)
 systemisches, ganzheitliches Denken
Auf Unternehmensebene bringt der Einsatz von Projektmanagement
folgende Vorteile mit sich:
 klare Prioritätensetzung (Projektportfolio-Management)
 moderne Ansätze der Personal- und Führungskräfteentwicklung
(Expertenkarrieren, Nutzung von Führungskräftepotenzial, Selbstorganisation)
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Grundlagen



Motivation durch „neue“ Karrierechancen und teamorientierte Arbeitsformen
Verantwortungsübernahme im Team
effizienter Ressourceneinsatz durch maximale Nutzung von
Know-how und Verfügbarkeiten
1.1.6 Projektmanagementerfolg
Der Projektmanagementerfolg ist die Anerkennung der Projektergebnisse durch die maßgeblichen interessierten Parteien und Umfeldgruppen
(ICB Kompetenzelement 1.01).
Projektmanagement ist dann erfolgreich, wenn die gewünschten ökonomischen Ergebnisse erzielt werden, wenn das Projektmanagement also
wirksam ist.
Projektmanagement ist dann erfolgreich, wenn seine Kunden, sein Team
und das restliche Umfeld zufrieden sind.
Doch nicht nur die Erreichung der Ziele und das Zufriedenstellen des
Umfelds entscheiden über den Erfolg des Projektleiters. Wichtig ist, dass
er sich mit seinem eigenen Verhalten identifizieren kann und so handelt,
dass er selbst auch zufrieden ist.
Ökonomische Ergebnisse erreichen
Umfeld zufriedenstellen
Als Projektleiter
zufrieden sein
Im Folgenden werden die drei Erfolgsbestandteile in einer Grafik zusammengefasst:
Abb. 1-10: Die drei Komponenten des Projektmanagementerfolgs (Wirksamkeit, Zufriedenheit der Stakeholder, Zufriedenheit der Projektleitung)
Professionelles Projektmanagement verbessert in vielen Fällen nachweisbar den Projekterfolg. Trotzdem passiert es hin und wieder, dass Pro33
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