Zusammenfassung 8 Zusammenfassung Mit der Vollendung vieler Genomprojekte und der Entdeckung zahlreicher proteinkodierender Sequenzen richtet sich die Aufmerksamkeit nun auf die Aufklärung der Struktur, der Eigenschaften und der Funktionen der entsprechenden Proteine. Der Bedarf nach einem Hochdurchsatzexpressionssystem für die schnelle Charakterisierung von Proteinen ist wichtiger denn je. Die einzigen derzeit für Hochdurchsatzformate geeigneten Expressionssysteme basieren auf Escherichia coli (E.coli) und Hefe, jedoch fehlen beiden die geeigneten posttranslationalen Modifikationen der Proteine. Diese Beobachtungen eukaryotischen haben die Notwendigkeit Expressionssystem nach hervorgehoben, einem welches neuen zur Überexpression großer Mengen an rekombinanten Proteinen imstande ist. Zu diesem Zweck ist es wichtig, von der stark regulierten endogenen Polymerase II-Transkription zu einer weniger kontrollierten Polymerase zu wechseln, die Transkription von der RNA-Prozessierung zu lösen und, als übergeordnetes Ziel, ein eukaryotisches Expressionssystem in Analogie zum T7-Polymerase (T7 Pol) basierenden E.coli-System zu schaffen. Wegen der natürlichen Entkopplung von Transkription und RNA-Prozessierung wurde Leishmania tarentolae, ein Mitglied der Trypansomatidae-Familie, gewählt. Des Weiteren hatte eine vorangegangene Untersuchung eine säugetierartige, posttranslationale Modifikation des in L. tarentolae exprimierten Erythropoetins nachgewiesen. Um ein hohes Niveau der Überexpression heterologer Proteine in L. tarentolae zu erreichen, bestand der Ansatz in der Steigerung der Menge heterologer mRNA. Dies sollte entweder durch eine Reduktion der Abbau- oder eine Steigerung der Produktionsrate der mRNA geschehen. Die Reduktion der Abbaurate basiert auf dem derzeit aktuellen Modell der Genexpression der Trypanosomatidae, für welche angenommen wird, dass die 3´ untranslatierten Regionen (UTRs) des proteinkodierenden Gens die Stabilität der mRNA bestimmen. Dazu wurden zufällig ausgewählte Sequenzen aus dem L. tarentolae-Genom auf ihre Eignung als 3´UTR eines proteinkodierenden Gens zu funktionieren überprüft. Für den ersten Screen 128 Zusammenfassung wurde der Vektor pF4 blegfpB mit einem angehängten Reporter- (egfp, enhanced green fluorescent protein) und einem Markergen (ble, Bleomycinresistenz) konstruiert. Die Fragmente aus einem teilweisen Verdau der genomischen DNA wurden den fusionierten ORFs nachgeschaltet integriert. Nach der Expression in L. tarentolae wurde die Effizienz der RNAProzessierung anhand der gemessenen EGFP-Fluoreszenz ermittelt. Das pF4 egfp 1.4 sat-Konstrukt mit Cam CB-Regionen wurde als Positivkontrolle mit einer EGFP-Fluoreszenz mit 80 relativen Fluoreszenzeinheiten (rfu) verwendet. Nur 5 % der untersuchten Bibliothek von 500 Klonen zeigten eine EGFPFluoreszenz von mehr als 20 rfu. Die fünf effizientesten insertierten Sequenzen wurden mittels PCR amplifiziert, in die bicistronischen Vektoren pF4 egfp SL sat und pF4 egfp MCS sat integriert und auf ihre Funktion als 3´UTRs sowie intergenische Regionen untersucht. Fluoreszenzmessungen zeigten, dass einige dieser Sequenzen als native 3´UTRs dienen können. Es wurde jedoch keine signifikante Steigerung der Proteinexpression erhalten. Einige der insertierten Sequenzen erbrachten keine rekombinanten Klone, was darauf zurückzuführen ist, dass sie keine Signale für die zusätzlichen sat mRNA SL besaßen, andere Inserts zeigten nur eine niedrige Expressionseffizienz. Abschließend wurden die egfp mRNA Polyadenylierungs- und die sat mRNA SL-Regionen mittels RT-PCR Sequenzierung identifiziert. Homologieuntersuchungen zeigten, dass von den fünf der untersuchten Sequenzen nur eines von einem zuvor identifizierten 3’UTR abstammen und der Rest entweder Fragmente von offenen Leserastern oder Sequenzen ohne Homologie zu bekannten Sequenzen sind. In allen Fällen folgte die Prozessierung dem allgemeinen Mechanismus des trans-splicing. In einem zweiten Ansatz konnte eine Erhöhung in der mRNA-Produktion durch eine Steigerung der Kopienzahl transkribierter Gene, durch Erhöhung der Transkriptionsrate individueller Gene oder durch Kombination beider Ansätze erreicht werden. Zu diesem Zweck wurde der induzierbare L. tarantolae Stamm LIS genutzt, welcher die T7 Polymerase zur Transkription einer Expressionszielkassette verwendet. Dazu wurde ein artifizielles Episom pUC egfp LAC2 für induzierbare Proteinexpression konstruiert. Der Vektor hat eine klassische bicistronische Architektur, egfp als Reportergen, ein Neomycin-Resistenzgen, 129 Zusammenfassung transkriptionelle Kontrollelemente, einen T7 Polymerase-Promotor und ein dem egfp-Gen nachgeschaltetes Tetracyclin-Responzelement (TRE). Als Besonderheit wurden zwei Bereiche hexatelomerischer Wiederholungen, getrennt durch überbrückende DNA-Sequenzen, kloniert. Durch Entfernung der überbrückenden DNA fungieren die hexatelomeren Bereiche als Telomere und schützen damit das lineare Episom gegen Endonukleasen nach Transfektion in Zellen. Die Expression der artifiziellen linearen und zirkulären Episomen in LIS wurde sowohl durch fluorimetrische Messungen als auch durch SDS-PAGE beurteilt. Das Niveau der EGFP-Expression war für das zirkuläre Episom höher als für das linearisierte Episom. Unter Induktion wurde genügend EGFP produziert, um die Translation endogener Proteine zu inhibieren. Weiterhin war das Niveau der Expression höher als in den Fällen der ssu integrierten Expressionkassette und der induzierbaren Expression der genomisch integrierten Kassette, welche bis jetzt der beste Weg zur Überexpression in L. tarentolae gewesen ist. Das System scheint die Koexpression von EGFP und Cherry von zwei unabhängigen Episomen aufrechtzuerhalten und belegt damit die Eignung des Episoms für Multiproteinexpression. Eine Korrelationsstudie zwischen der EGFP-Expression und dem Niveau der egfp-mRNA zeigte, dass einer hoher Grad an egfp-mRNA nicht strikt mit dem EGFP-Expressionsniveau korreliert. Eine hauptsächliche Begrenzung für die allgemeine Anwendbarkeit des episombasierten Expressionssystems ist die klonale Heterogenität in der Proteinexpression, welche bis jetzt nicht erklärt werden konnte. Aus Western Blot-Experimenten konnte geschlossen werden, dass die Heterogenität nicht durch Veränderungen in dem T7 Polymerase-Expressionsniveau verursacht wurde. Retransfektion isolierter Episome aus einem hoch- und einem niedrigexprimierenden Klon führte zu derselben klonalen Heterogenität. Southern Blot zeigte keine offensichtliche Modifikation der Episomarchitektur außer einem Unterschied in der Anzahl der Episomen, mit einer höheren Anzahl an Episomen für den niedrigexprimierenden Klon. Auf dieser Beobachtung basierend kann man annehmen, dass eine größere Anzahl an Episomen einen höheren Grad an Konkatenierung aufweist, welcher die Zugänglichkeit des T7-Promotors beeinträchtigen könnte. 130 Zusammenfassung Trotz der hochexprimierender beobachteten Klon seinen klonalen Phänotyp Heterogenität nahezu behielt unendlich. ein Diese Besonderheit erlaubt die Nutzung des Episom-basierten Expressionssystems von L. tarentolae für Fermentation im großen Maßstab. Das Niveau rekombinanter Proteinexpression erreichte 10 % der zellulären Gesamtproteinmenge oder 300 mg EGFP pro Liter Suspensionskultur. Dieses präsentierte System ist somit eines der effizientesten eukaryotischen Expressionssysteme. 131