Color Reconnection in multi-hadronischen Z0 Zerfällen

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Color Reconnection
in multi-hadronischen
Z0 Zerfällen
Diplomarbeit
zur Erlangung des Grades eines Magisters
an der Naturwissenschaftlichen Fakultät
der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
eingereicht von
Patrick Jussel
im Mai 2003
durchgeführt am Institut für Experimentalphysik
bei ao. Univ. Prof. Dr. Gerald Rudolph
Danksagung
Als erstes danke ich Herrn ao. Univ. Prof. Dr. G. Rudolph sehr herzlich für seine
umfangreiche Betreuung, für die zahlreichen Hilfestellungen sowie für die kritische Durchsicht
der vorliegenden Arbeit.
Herrn Prof. Dr. D. Kuhn danke ich für sein grosses Engagement der Gruppe und speziell den
Diplomanden gegenüber.
Herrn Dr. E. Kneringer möchte ich für seine Diskussionsbereitschaft und zahlreichen
wissenschaftlichen Ratschläge danken.
Natürlich geht auch an die weiteren Mitgliedern der Gruppe ein herzliches Dankeschön für die
sehr freundliche und angenehme Arbeitsatmosphäre.
Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern Elisabeth und Werner Jussel für die
jahrelange Unterstützung meines Studiums.
Ich danke meiner Schwester Barbara für die genaue Durchsicht meiner Arbeit.
Weiters danke ich Renate und Marina, die viel zur Gestaltung der vielen, schönen Pausen
während der Arbeitszeit beitrugen.
Zu guter letzt geht mein Dank an die beiden Superdiplomis Andi2 , mit denen ich ein Jahr
lang das Büro teilen durfte.
i
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Theorie der Hadronenerzeugung
2.1 Das Standardmodell . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Die elektroschwache Wechselwirkung .
2.1.2 Der Prozess e+ e− → f f¯ . . . . . . . .
2.1.3 Die Quanten Chromo Dynamik . . . .
2.2 Die Fragmentierung . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Fragmentierung in perturbativer QCD
2.2.2 Nicht-perturbative Fragmentierung . .
2.2.3 Zerfall instabiler Teilchen . . . . . . .
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3
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3 Color Reconnection
3.1 Generatoren für Color Reconnection . . . . . . . .
3.1.1 ARIADNE . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.2 JETSET + GAL . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Color Reconnection und die Ereignis-Eigenschaften
3.2.1 Color Reconnection in Jets . . . . . . . . .
3.2.2 Eigenschaften des Gluonjets . . . . . . . . .
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20
20
22
4 Das
4.1
4.2
4.3
4.4
ALEPH-Experiment
Der Speicherring LEP . . . . . . .
Der ALEPH-Detektor . . . . . . .
Trigger und Datennahme . . . . .
Energiefluss-Algorithmus ENFLW
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6 Interjet-Analyse
6.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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38
42
5 Teilchen- und Ereignisselektion
5.1 Jet Cluster Algorithmus . .
5.2 Hadronische Vorselektion .
5.3 Die Ereignisselektion . . . .
5.3.1 3-Jet Analyse . . . .
5.3.2 Cuts . . . . . . . . .
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ii
- INHALTSVERZEICHNIS -
7 Impulsspektren
7.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8 Rapidity-Gap-Analyse
8.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
54
57
9 Zusammenfassung
63
A χ2 -Test
65
B Modellparameter von GAL und AR1
66
Bibliography
67
Curriculum Vitae
69
iii
Abbildungsverzeichnis
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
Der Prozess e+ e− → Hadronen schematisch eingeteilt in vier Phasen . .
Lagrange-Gleichung der QCD, symbolisch . . . . . . . . . . . . . . . . .
Fragmentierung schematisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Mögliche Prozesse im Partonschauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Folge von Übergängen im Parton-Schauer-Modell mit abnehmendem Qi
Lundstring bricht auf in zwei neue Color-Singlets . . . . . . . . . . . . .
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3
11
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13
13
15
3.1
3.2
3.3
3.4
18
18
19
3.8
Mögliche Color-String-Konfigurationen in einem q q̄gg-Ereignis . . . . . . . . . .
Zwei Möglichkeiten der Gluon-Abstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zwei verschiedene String Konfigurationen bei einem W-Paar Ereignis . . . . . .
Anteile an Ereignissen, in denen Color Reconnection stattgefunden hat, in Abhängigkeit von der Anzahl der Jets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dalitzplot: Möglicher Phasenraum für x1 > x2 > x3 . Die Pfeillängen sind proportional zu den Jetenergien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zwei mögliche Anordnungen eines 3-Jet-Ereignisses . . . . . . . . . . . . . . . .
Durch Ariadne generierte 3-Jet-Ereignisse, durch Partonlevel-Information eindeutig zugeordnete Quark- und Gluonjets; links: Jetenergie- und ln(x)-Verteilung
der Quarkjets, rechts: Jetenergie- und ln(x)-Verteilung der Gluonjets. . . . . .
Impulsspektren der drei Jets in 3-Jet-Ereignissen mit Ariadne . . . . . . . . .
4.1
4.2
Der Large Electron Positron Collider am CERN . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der ALEPH-Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
27
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
Beispiele für ein 3-Jet- und ein 4-Jet-Ereignis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verteilung von | cos θT | . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Projektion des dritten Jets in die Ereignisebene . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verteilungen der reskalierten Jet-Energien aller drei Jets . . . . . . . . . . . . .
Die Wahrscheinlichkeit Pjet3 , dass es sich beim dritten Jet um einen Gluonjet
handelt, in Abhängigkeit von seiner
normierten Energie x3 = 2E3 /Ecm . . . . .
√
Dalitz-Variable Z = (x2 − x3 )/ 3, links Daten im Vergleich mit Ariadne ohne
und mit Color Reconnection, rechts mit Jetset und Gal . . . . . . . . . . . .
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33
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3.5
3.6
3.7
5.6
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
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Teilchenproduktion in den Interjetregionen anhand zweier verschiedener Konfigurationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Projektion einer Spur in die Ereignisebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Reskalierung der Teilchenspuren in der Ereignisebene . . . . . . . . . . . . . . .
Teilchenflussverteilung von Daten und verschiedenen Modellen . . . . . . . . .
Definition der Interjetregionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
iv
21
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37
38
39
39
40
41
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS -
6.7
6.8
Bik = min(β10 , β20 , ...) ist der kleinste Winkel zwischen den einzelnen Tracks ~tp,j
und der Winkelsymmetrale zwischen den Jets i und k. . . . . . . . . . . . . . .
Vergleich der Asymmetrien AN 1 und AN 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vergleich der angularen Asymmetrien AB1 und AB2 . . . . . . . . . . . . . . .
41
44
45
7.1
7.2
7.3
7.4
Verteilungen
Verteilungen
Verteilungen
Verteilungen
49
50
51
52
8.1
Die Verteilungen der Rapidität geladenen Teilchen in Jet 3 y, links Daten und
Ariadne mit und ohne Color Reconnection, rechts Daten, Jetset und Gal. .
Rapiditäts-Gap schematisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verteilungen von Rapiditäts-Minimum ymin und maximaler Gap ∆ymax . . . .
Teilchenzahl- und Ladungsverteilung in Jet 3 für Ereignisse, selektiert nach Kapitel 5.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Teilchenzahl- und Ladungsverteilung in Jet 3 für alle Ereignisse mit ymin > 1.7
Teilchenzahl- und Ladungsverteilung in Jet 3 für Ereignisse mit ∆ymax > 1.7 .
6.6
8.2
8.3
8.4
8.5
8.6
von
von
von
von
ln(xi ) = ln(2pi /Ecm ) der Daten und Ariadne
ln(xi ) = ln(2pi /Ecm ) der Daten und Jetset .
x0i = pi /Ejet der Daten und Ariadne.3 . . .
x0i = pi /Ejet der Daten und Jetset . . . . . .
v
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55
55
56
59
60
61
Tabellenverzeichnis
2.1
2.2
2.3
2.4
Fundamentale Fermionen im Standardmodell . . . . . . . . . . . . . . . .
Fundamentale Wechselwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ladung, schwacher Isospin und Kopplunskonstanten von Fermionen . . .
Massen der Eichbosonen, nach Higgs-Mechanismus und experimentell [11]
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4
4
8
9
5.1
Anteile der jeweiligen Multi-Jet-Ereignisse an allen hadronischen Ereignissen auf
Detektor-Level mit dem Cluster-Algorithmus Durham, ycut = 0.01 . . . . . . .
Anzahl der selektierten Ereignisse, die in den Analysen verwendet wurden. . . .
32
36
5.2
6.1
6.2
6.3
tot /N tot für Daten und Modelle . . . . . . . . . . . . .
Verhältnis Rtot = N13
12
2
χ /NF G der Asymmetrien AN 1 und AN 2 und der angulare Asymmetrien
und AB2 für die in den Abbildungen 6.7 und 6.8 dargestellten Bereiche . .
Mittelwerte und Halbwertsbreiten der angularen Asymmetrie-Verteilungen
und AB2 in Daten und verschiedenen Modellen. . . . . . . . . . . . . . . .
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AB1
. . .
A B1
. . .
43
46
46
χ2 /NF G für die Impulsverteilungen ln(xi ) = ln(2pi /Ecm ) in den verschiedenen
Jets und x0i = pi /Ejet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
χ2 /NF G für die verschiedenen Rapidity-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
B.1 Modellparameter von Gal und Ariadne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
7.1
8.1
vi
Kapitel 1
Einleitung
Der Large Electron Positron Collider LEP am CERN wurde in den 80er Jahren gebaut, um
das Standardmodell zu testen. Unter anderem wurden die Austauschteilchen der schwachen
Wechselwirkung untersucht. In den Jahren 1989 bis 1995 nahmen die vier Detektoren ALEPH,
DELPHI, OPAL und L3 Daten von e+ e− -Kollisionsereignissen bei einer Schwerpunktsenergie
von ungefähr 91.2 GeV, also der Masse des neutralen, schwachen Bosons Z 0 . Ein wesentliches
Ziel dieser ersten LEP-Phase war die Bestimmung der Masse und Breite der Z 0 -Resonanz.
In der zweiten LEP-Phase wurde die Schwerpunktsenergie sukzessive erhöht, so dass 1996 erstmals der Übergang in ein W + W − -Paar gemessen wurde. Für die Bestimmung der W -Masse
wird unter anderem der Prozess e+ e− → W + W − → (q1 q̄1 )(q2 q̄2 ) verwendet. Da die W -Bosonen
schneller zerfallen, als die Quarks hadronisieren, kann man davon ausgehen, dass die beiden
Systeme während der Fragmentierung überlappen. Nun stellt sich die Frage, ob die beiden q q̄Systeme unabhängig zerfallen, oder ob es zu einer Interferenz zwischen ihnen kommt. Durch
diese Interferenz könnten die beiden Paaren q1 q̄1 und q2 q̄2 rekombinieren, so dass sich zwei neue
Systeme q1 q̄2 und q2 q̄1 bilden. Man spricht hier von Color Reconnection [1].
Dieser Effekt ist eine der größten Quellen für den systematischen Fehler der W -Masse. In
rein hadronischen Zerfällen ergeben gegenwärtige Abschätzungen dadurch ein Fehler von 90
MeV, was im Vergleich zum statistischen Fehler von 30 MeV sehr hoch ist [2].
In ähnlicher Weise kann Color Reconnection ein hadronisches Z 0 -Ereignis beeinflussen: man
geht von einem Ereignis der Art e+ e− → Z 0 → q q̄ aus, in dem die Quarks hochenergetische
Gluonen abstrahlen. Man erhält einen so genannten Color-String, der vom Quark zum Antiquark geht mit den Gluonen als Verbindungen dazwischen, also ein String der Art (qg 1 g2 ...gn q̄).
Color Reconnection könnte nun diesen einfachen String derart beeinflussen, dass die Ordnung
zwischen den Gluonen verändert wird oder sich sogar ein rein gluonisches Singlet-System bildet, das nun unabhängig von den anderen Quarks und Gluonen fragmentiert. Also sollten sich
durch diese veränderte Konfiguration die Fragmentierungs-Eigenschaften des gesamten Ereignisses verändern.
In dieser Studie werden die experimentellen Daten vom ALEPH-Experiment aus dem Jahre 1994 mit verschiedenen Modellen mit, bzw. ohne Color Reconnection verglichen. Für die
Analysen werden 3-Jet-Ereignisse verwendet, wobei der Jet mit der niedrigsten Energie als
Gluonjet identifiziert wird. Dies trifft aufgrund der verwendeten Selektionsverfahren mit einer
1
- Einleitung -
Wahrscheinlichkeit von beinahe 80% zu.
Eine mögliche Observable, die sensitiv auf den Color-Fluss reagiert, ist der Teilchenfluss in die
Interjetregionen. Ohne Color Reconnection verläuft der Color-Fluss vom Quarkjet über den
Gluonjet zum Antiquarkjet. Hadronisiert nun dieser String, werden vorzugsweise Hadronen
zwischen Quark- und Gluonjet, bzw. Antiquark- und Gluonjet gebildet. Bilden nun alle Partonen des Gluonjets ein isoliertes Singlet-System, geht einerseits der Color-Fluss vom Quarkjet
direkt zum Antiquarkjet, andererseits bildet sich ein geschlossener Color-String im Gluonjet. In
dieser Konfiguration sollten verstärkt Hadronen in der Region zwischen den beiden Quarkjets
gebildet werden. In dieser Arbeit werden das Verhältnis zwischen den Teilchenflüssen R [4]
sowie verschiedene Asymmetrien zwischen den Teilchenflüssen untersucht [3].
Eine weiterer Effekt durch Color Reconnection ist im Impulsspektrum der geladenen Teilchen in den Jets zu beobachten [5]. Durch ein Color-Singlet innerhalb des Gluonjets sollte in
diesem Jet das Spektrum härter werden. Es werden mehr Teilchen mit hohen Impulsen erwartet.
Zum Schluss werden in dieser Arbeit noch Ereignisse untersucht, bei denen die Rapiditäten
geladener Teilchen im Gluonjet einen gewissen Gap aufweisen. In Ereignissen mit einem isolierten gluonischen Singlet-System kann sich ein solcher Gap zwischen den Teilchen des GluonSystems und dem Rest des Ereignisses bilden, wobei oft die Teilchen mit den hohen Rapiditäten
denen aus dem Gluon-System entsprechen [6]. Da die Gesamtladung dieses Systems Q = 0 ist,
erwartet man sich folglich dieselbe Ladung für das daraus entstandene hadronische System.
2
Kapitel 2
Theorie der Hadronenerzeugung
Der in dieser Arbeit betrachtete Prozess ist e+ e− → Hadronen bei einer Schwerpunktsenergie
von ungefähr 91.2 GeV Schematisch kann man ihn in die folgenden vier Phasen einteilen:
_
Abbildung 2.1: Der Prozess e+ e− → Hadronen schematisch eingeteilt in vier Phasen
In der Phase (i) annihiliert das einlaufende e+ e− -Paar in ein Z-Boson oder in ein virtuelles
Photon (am Z-Peak stark unterdrückt), die weiter in ein Fermionen-Paar zerfallen. Zusammen
mit der möglichen Abstrahlung von Photonen der einlaufenden Elektronen wird dieser Teil vom
Standardmodell der elektroschwachen Theorie beschrieben (siehe Kapitel 2.1.2).
Die perturbative Fragmentierung (ii) wird durch die QCD beschrieben. Dabei werden von
den beiden primären Quarks Gluonen abgestrahlt, die wiederum weitere Gluonen abstrahlen
3
- Theorie der Hadronenerzeugung -
oder in ein q q̄-Paar zerfallen können (siehe Kapitel 2.2.1).
Die nicht-perturbative Fragmentierung bildet den dritten Teil (iii). Hier bilden die Partonen
(Gluonen und Quarks) farbneutrale Hadronen (siehe Kapitel 2.2.2), von denen im vierten Teil
(iv) die Kurzlebigen zerfallen (siehe Kapitel 2.2.3).
In diesem Kapitel wird im kurzen das Standardmodell sowie verschiedene Modelle zur Fragmentierung beschrieben. Eine ausführliche Beschreibung des Standardmodells ist zu finden in
[7, 8, 9], in [10] werden die dazugehörigen Symmetriegruppen genauer diskutiert.
2.1
Das Standardmodell
Die Elementarteilchen lassen sich einteilen in Fermionen und Bosonen. Die Fermionen (Leptonen und Quarks) stellen dabei die Bausteine der Materie dar, während die Vektorbosonen die
Wechselwirkungen zwischen den Fermionen übermitteln. Zum Beispiel Mesonen bestehen aus
jeweils einem Quark und einem Antiquark, die durch die Bosonen der starken Wechselwirkung
zusammengehalten werden.
Generation
I
II
Leptonen
νe
e−
Quarks
u
d
III
νµ
µ−
c
s
Ladung Q[e]
ντ
τ−
t
b
-1
0
2/3
-1/3
Tabelle 2.1: Fundamentale Fermionen im Standardmodell
Die Unterscheidung der Vektorbosonen erfolgt über die von ihnen vermittelte Wechselwirkung. Das elektromagnetische ist das γ, die Träger der schwachen Wechselwirkung sind (Z 0 ,
W + , W − ), die der starken acht Gluonen und das Austauschteilchen der Gravitation ist das
Graviton G, welches allerdings bisher nur postuliert wurde.
Träger
Reichweite [m]
rel. Kopplungsstärke
Stark
8 Gluonen
10−15
1
Elektromagnetisch
Photon γ
∞
1/137
Z 0, W +, W −
10−17
10-5
Graviton (postuliert)
∞
10-39
Wechselwirkung
Schwach
Gravitation
Tabelle 2.2: Fundamentale Wechselwirkungen
Für die Elementarteilchenphysik von Bedeutung sind nur die ersten drei Wechselwirkungen,
die Starke, die Elektromagnetische und die Schwache. Die Symmetriegruppe des Standardmodells N
ist das direkte
N Produkt der Symmetriegruppen der beteiligten Wechselwirkungen, also
SU (3)C
SU (2)L SU (1)Y . Im mathematischen Modell besitzen alle Bosonen des Standardmodells keine Masse. Erst durch den Higgs-Mechanismus ergibt sich die theoretische Erklärung
4
- Theorie der Hadronenerzeugung -
für die Massen von Z 0 und W ± . Dieser sagt allerdings auch ein weiteres Boson voraus, das
so genannte Higgs-Boson, das zu finden die Aufgabe des Large Hadron Colliders (LHC) am
CERN in Genf und des Tevatrons am Fermilab bei Chicago sein wird.
2.1.1
Die elektroschwache Wechselwirkung
Die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung können durch eine nicht-abelsche
Eichtheorie vereinigt werden, die so genannte Eichtheorie der elektroschwachen Wechselwirkung
oder die Glashow-Salam-Weinberg-Theorie (1967). Das Ergebnis der folgenden Rechnungen
liefert eine vereinheitlichte Formulierung der beiden Wechselwirkungen.
N
SU (2)L -Gruppe. Die LagrangeDie Eichgruppe der elektroschwachen Theorie ist die U (1)Y
Funktion für freie Leptonen (Elektronen und linkshändige Neutrinos 1 ) sieht unter Vernachlässigung der Massen folgendermaßen aus:
L = i(Ψ̄e γ µ ∂µ Ψe ) + i(Ψ̄νL γ µ ∂µ ΨνL )
(2.1)
Die Wellenfunktion des Elektrons kann geschrieben werden als Ψe = ΨeR + ΨeL , damit wird
die Lagrange-Funktion (2.1) zu
Ψν
µ
+ iΨ̄eR γ µ ∂µ ΨeR
(2.2)
L = i(Ψ̄ν Ψ̄e )L γ ∂µ
Ψe L
Nun wird für den ersten Teil der Lagrange-Funktion (2.2) Invarianz gefordert unter der
lokalen Eichtransformation
0
ΨνL
ΨνL
= U (x)
(2.3)
ΨeL
ΨeL
mit
U (x) = exp
3
ig X
σk βk (x)
2
k=1
!
(2.4)
Diese Transformation U (x) ist ein Element der Gruppe SU (2). Damit die Invarianz gewährleistet bleibt, muss der Operator ∂µ in (2.2) ersetzt werden durch
∂µ → Dµ = ∂µ − ig
3
X
1
k=1
2
Wµk σk
(2.5)
Dabei entspricht die Konstante g einer schwachen Ladung. Die drei Generatoren der SU (2)Gruppe sind die drei Pauli-Matrizen σi und Wµ1 , Wµ2 und Wµ3 sind die Vektorfelder von drei
Vektorbosonen W 1 , W 2 und W 3 .
Die vollständige Lagrange-Dichte vor der Einführung der U (1)-Invarianz sieht nun folgendermaßen aus:
1 a µν
ig ~
ΨνL
µ
µ
− Wµν
L = Ψ̄eR (iγ ∂µ )ΨeR + (Ψ̄νL Ψ̄eL )iγ (∂µ − Wµ · ~σ )
Wa
(2.6)
Ψ
2
4
eL
1
Es gibt in der Natur nur Neutrinos mit der Helizität hν = −1 und Antineutrinos entsprechend mit hν̄ = +1,
also linkshändige Neutrinos und rechtshändige Antineutrinos
5
- Theorie der Hadronenerzeugung -
a der Feldstärketensor:
Dabei ist Wµν
a
Wµν
= ∂µ Wνa − ∂ν Wµa − gabc Wµb Wνc
(2.7)
Die Konstanten abc sind die Strukturkonstanten der SU (2)-Gruppe. Dabei handelt es sich
um den aus der Drehimpulsalgebra bekannten total antisymmetrischen Tensor dritter Stufe.
Indem man die Ersetzung ∂µ → Dµ durchführt, die Pauli-Matrizen explizit einsetzt, die
Matrizen ausmultipliziert werden und die Vektorfelder Wµ1 und Wµ2 umgeschrieben werden in
1
Wµ± = √ Wµ1 ∓ iWµ2
2
(2.8)
so erhält man schließlich einen zusätzlichen Term in der Lagrange-Funktion, der die schwache
Wechselwirkung beschreibt:
g
· Wµ3 · Ψ̄νL γ µ ΨνL − Ψ̄eL γ µ ΨeL
2
√
2g
−
· Wµ+ (Ψ̄νL γ µ ΨeL ) + Wµ− (Ψ̄eL γ µ ΨνL )
2
LW = −
(2.9)
Die Terme mit Wµ+ und Wµ− beschreiben die Wechselwirkung mit geladenen Strömen, diese
Felder kann man mit den W ± identifizieren. In weiterer Folge bezeichnen wir die so genannten
charged-current-Terme in der Lagrange-Gleichung als LCC . Der erste Teil hingegen ist elektrisch
neutral. Um das Photon in die Theorie einzubinden, fordert man weiters Eichinvarianz unter
einer U (1)-Eichtransformation U (x) = exp(ig 0 Y β(x)/2):
0
0
0
ig
ig
ΨνL
ΨνL
0
ΨeR = exp
YL · β(x) ·
YR · β(x) · ΨeR (2.10)
= exp
ΨeL
ΨeL
2
2
Bei β(x) handelt es sich um eine beliebige Funktion von x. Eine der beiden Konstanten
YL oder YR kann willkürlich gewählt werden, wir setzen YL = −1. YR muss in weiterer Folge bestimmt werden. Damit erhalten wir je einen neuen D-Operatoren für den links- und
rechtshändigen Teil mit dem Eichfeld Bµ und der Konstanten g 0 :
DL,µ = ∂µ −
ig ~
ig 0
Wµ · ~σ −
· Bµ
2
2
(2.11)
DR,µ = ∂µ − 0 +
ig 0
2
· Y R · Bµ
Setzt man diese Operatoren in die Gleichung (2.2) ein, so kommt man zum vollständigen
Wechselwirkungsterm
1
1
YR 0
µ
µ
LW = LCC − (gWµ3 − g 0 Bµ )jνµ + (gWµ3 + g 0 Bµ )jeL
−
· g · Bµ jeR
2
2
2
(2.12)
mit den Abkürzungen für die Ströme
jνµ
µ
jeL
µ
jeR
µ
jem
=
=
=
=
Ψ̄νL γ µ ΨνL
Ψ̄eL γ µ ΨeL
Ψ̄eR γ µ ΨeR
µ
µ
jeL
+ jeR
6
(2.13)
- Theorie der Hadronenerzeugung -
Die Felder Bµ und Wµ3 koppeln an das Neutrino, daher kann es sich bei keinem der beiden
um das Photon der elektromagnetischen Wechselwirkung handeln2 . Beim Photon muss es sich
also um ein Feld handeln, das orthogonal zum Term (gW 3 − g 0 B) ist. Wir schreiben die Felder
als
Zµ = cos θW Wµ3 − sin θW Bµ
Aµ =
sin θW Wµ3
(2.14)
+ cos θW Bµ
mit dem Mischungswinkel θW (Weinberg-Winkel)
p
cos θW = g/ g 2 + g 02
p
sin θW = g 0 / g 2 + g 02 = e/g
(2.15)
Wir ersetzen in der Lagrange-Gleichung (2.12) die Felder Bµ und Wµ3 durch die neuen Felder
Zµ und Aµ und erhalten
p
YR µ
1 µ 1 µ
µ
2
2
02
j − jeL − sin θW · (−jeL +
j )
LW = LCC − g + g · Zµ ·
2 ν
2
2 eR
p
YR µ
µ
2
02
− g + g · sin θW cos θW · Aµ −jeL +
j
(2.16)
2 eR
Der Term mit Aµ entspricht noch nicht ganz der Form des
p elektromagnetischen Terms. Dazu
muss man noch YR = −2 und die elektrische Ladung e = g 2 + g 02 · sin θW · cos θW setzen, und
man erhält die endgültige Form der elektroschwachen Wechselwirkung:
e
µ
µ
· Zµ · j N
LW = LCC + eAµ · jem
−
C
sin θW · cos θW
(2.17)
1 µ
1 µ
µ
2
µ
jN
C = jνL − jeL + sin θW jem
2
2
Der erste Term LCC der Lagrange-Gleichung beschreibt die geladenen Ströme mit den W ± Bosonen, der zweite Term den elektromagnetischen Strom und der letzte Teil der LagrangeFunktion beschreibt die neutralen Ströme, die nun auch einen Anteil des elektromagnetischen
Stromes enthalten.
Natürlich gilt das nicht nur für (νe , e), sondern auch für die anderen Isospin-Dubletts (νµ , µ)
µ
und (ντ , τ ). Man kann den neutralen Strom jN
C aus (2.17) folgendermaßen verallgemeinern:
jN C = I3 − Q sin2 θW jL − Q sin2 θW jR
(2.18)
= C L jL + C R jR
Der neutrale Strom wird als Summe eines links- und eines rechtshändigen Stromes mit den
Koeffizienten CL und CR geschrieben:
µ
µ
µ 1 + γ5
µ 1 − γ5
Ψ
jR = Ψ̄γ
Ψ
(2.19)
jL = Ψ̄γ
2
2
2
Das Neutrino koppelt nur an Bosonen der schwachen Wechselwirkung
7
- Theorie der Hadronenerzeugung -
Die Quarks werden wie die Leptonen als Dubletts des schwachen Isospins aufgefaßt:
u
c
t
(2.20)
d
s
b
Schließlich erhält man die Kopplungskonstanten aller Fermionen des schwachen neutralen
Stromes wie in Tabelle 2.3.
Fermion
Q
I3
CL
CR
v
a
νe , νµ , ντ
e, ν, τ
0
−1
1/2
−1/2
1/2
−1/2 + s2w
0
s2w
1/2
−1/2 + 2s2w
1/2
−1/2
2/3
−1/3
1/2
−1/2
1/2 − (2/3)s2w
−1/2 + (1/3)s2w
−(2/3)s2w
(1/3)s2w
1/2 − (4/3)s2w
−1/2 + (2/3)s2w
1/2
−1/2
u, c, t
d, s, b
Tabelle 2.3: Ladung, schwacher Isospin, Kopplungskonstanten des schwachen neutralen Stromes
(CL = I3 −Q·s2w und CR = −Q·s2w ) sowie Vektor- und Axial-Kopplungskonstanten(v = CL +CR
und a = CL − CR ) von allen Fermionen, wobei s2w := sin2 θW
Der Higgs-Mechanismus
Diese Vereinigte Formulierung der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung
führt neben dem Photon zu drei neuen masselosen Eichbosonen (W 1 , W 2 , W 3 ), da Massenterme
die Eichinvarianz der Lagrange-Gleichung verletzen. Die experimentellen Beobachtungen zeigen
allerdings, dass diese Bosonen eine erhebliche Masse von beinahe 100 GeV besitzen. Der im
folgenden präsentierte Higgs-Mechanismus stellt einen Weg dar, wie man zu den massiven
Bosonen W + , W − und Z 0 gelangt.
Man geht aus von folgender Lagrange-Dichte:
L = (∂µ φ)∗ (∂ µ φ) − µ2 |φ|2 − λ|φ|4
wobei φ ein skalares, komplexes Feld ist, das SU (2)-Dublett
r 1 φ1 + iφ2
φ=
2 φ3 + iφ4
(2.21)
(2.22)
Wir betrachten den Teil des Potentials V = µ2 |φ|2 + λ|φ|4 mit µ2 < 0 und λ > 0. Dieses
Potential hat ein Minimum bei
φ∗ φ = −
µ2
v2
=
2λ
2
(2.23)
Aus der unendlichen Menge aller Dubletts, welche dieses Minimum haben, greift man jenes
heraus, welches das Photon masselos macht:
0√
φ0 =
(2.24)
v/ 2
8
- Theorie der Hadronenerzeugung -
Das nennt man die spontane Brechung der SU (2)-Symmetrie. Indem man die Wellenfunktion
um φ0 entwickelt, in die Lagrange-Gleichung einsetzt und die Transformationen aus (2.11)
verwendet, erhält man schließlich die gesuchten Massenterme der Eichbosonen:
p
v · g 2 + g 02
g·v
MW ± =
MZ 0 =
(2.25)
2
2
Diese Gleichungen umgeschrieben mit Hilfe der Gleichungen (2.15) ergibt:
MW
= cos θW
MZ
(2.26)
MW ± [GeV/c2 ]
MZ 0 [GeV/c2 ]
80.423 ± 0.039
91.1876 ± 0.0021
77.4
88.3
experimentell
Higgs-Mechanismus
Tabelle 2.4: Massen der Eichbosonen, nach Higgs-Mechanismus und experimentell [11]
Unter Verwendung von α = e2 /4π, v = 246 GeV und sin2 θW = 0.23143 lassen sich nun die
Massen von W ± und Z 0 bestimmen (siehe Tabelle 2.1.1). Allerdings ist zu beachten, dass es
sich bei v und sin2 θW um experimentell bestimmte Größen handelt. Wenn man den erheblichen
Unterschied von über 3% durch Strahlungskorrekturen mit einbezieht, liegen die Vorhersagen
des Higgs-Mechanismus sehr nahe bei den experimentell erhaltenen Werten.
Zusätzlich zum Verhältnis der Massen von W ± und Z 0 erhält man ein weiteres Teilchen,
das Higgs-Boson H 0 . Dabei handelt es sich um das einzige Teilchen des Standardmodells, das
bis dato noch nicht experimentell nachgewiesen wurde. Nach den derzeitigen Messungen geht
man davon aus, dass die Higgs-Masse MH ≥ 114.3 GeV (95% CL) ist [11].
2.1.2
Der Prozess e+ e− → f f¯
Unter Verwendung der elektroschwachen Theorie kann man nun den Wirkungsquerschnitt des
Prozesses e+ e− → f f¯ über γ, Z 0 oder die Interferenz γ/Z 0 berechnen, wobei f f¯ ein Fermion2
Antifermion-Paar ist. Der differentielle Wirkungsquerschnitt sieht in Abhängigkeit von S = Ecm
(Schwerpunktsenergie, engl. Center of Mass Energy) folgendermaßen aus:
dσ
α2
G1 (1 + cos2 θ) + 2G2 cos θ
=
dΩ
4S
mit
G1 =
Q2f
G2 = 0
1
S2 2
− 2Qf S · <
ve vf +
(v + a2e )(vf2 + a2f )
|D|
|D|2 e
4S 2
1
ae af +
(ve ae )(vf af )
− 2Qf S · <
|D|
|D|2
(2.27)
(2.28)
D = (S − MZ2 ) + iMZ ΓZ
ΓZ ist die totale Zerfallsbreite der Breit-Wigner-Kurve der Z 0 -Resonanz, MZ die Z-Masse
(ΓZ = 2.4958 ± 0.0023 GeV, MZ = 91.1876 ± 0.0021 GeV).
9
- Theorie der Hadronenerzeugung -
Der erste Term in G1 und G2 beschreibt die e+ e− -Annihilation über ein γ, der Zweite die
mögliche Interferenz γ/Z 0 und der Letzte nur über das Z-Boson. Die Kopplung des Z 0 an die
verschiedenen Fermionen kann man der Tabelle (2.3) entnehmen.
Um den totalen Wirkunsquerschnitt zu berechnen, muss man den differentiellen Wirkungsquerschnitt über dΩ = sin θdθdφ integrieren.
σ=
4πα2
· G1 =: σ0 · G1
3S
(2.29)
Direkt auf der Z-Resonanz verschwindet der Interferenzterm γ/Z 0 , da bei S = MZ2 der
Realteil von 1/D zu Null wird. Der Wirkungsquerschnitt aufgespalten in die Anteile von γ und
Z 0 sind:
MZ 2 2
2
σZ (S = MZ ) = σ0 ·
(ve + a2e )(vf2 + a2f ) · Nc
ΓZ
(2.30)
σγ (S = MZ2 ) = σ0 · Q2f · Nc
Das Verhältnis der Wirkunsquerschnitte von e+ e− → γ → q q̄ zu e+ e− → Z 0 → q q̄ auf der
Z-Resonanz kann man folgendermaßen abschätzen:
σγ
1
≈
σZ
1060
2.1.3
(2.31)
Die Quanten Chromo Dynamik
Die QCD ist wie die QED eine Eichtheorie, allerdings mit einer komplizierteren Symmetriegruppe. Analog zur QED kann man die QCD durch Forderung nach Invarianz der Lagrange-Funktion
unter der lokalen SU (3)-Eichtransformation beschreiben. Wir fordern, dass die Lagrange-Dichte
für freie Quarks
L0 = q̄ (iγ µ ∂µ − m) q
(2.32)
unter einer lokalen Phasentransformation invariant sein muss. Man erhält die eichinvariante
Lagrange-Dichte
1
L = q̄ (iγ µ ∂µ − m) q − gs (q̄γ µ Ta q) Gaµ − Gaµν Gµν
a
4
(2.33)
Der Spinor für die Quarks setzt sich aufgrund seiner Farbladung aus drei Farb-Eigenzuständen
zusammen. Ta sind die acht Generatoren der SU (3)-Gruppe, Gaµ sind die daraus resultierenden
acht Vektor-Gluonen-Felder und gs bezeichnet hier die Kopplungskonstante. Der letzte Term
in (2.33) beschreibt die Selbstenergie der Gluonen mit dem Feldstärketensor
Gaµν = ∂µ Gaν − ∂ν Gaµ − gfabc Gbµ Gcν
(2.34)
Die fabc sind die Strukturkonstanten der SU (3), sie stammen aus den Vertauschungsrelationen der acht Generatoren. Im Gegensatz zur QED enthält die Lagrange-Gleichung der QCD
Produkte der Felder untereinander, was eine Wechselwirkung der Gluonen untereinander zur
Folge hat. Zur Verdeutlichung eine mehr symbolische Schreibweise der Lagrange-Dichte:
10
- Theorie der Hadronenerzeugung -
Abbildung 2.2: Lagrange-Gleichung der QCD, symbolisch
Für die ersten drei Terme (Gluon und Quark Propagation, Gluon-Quark-Wechselwirkung)
gibt es entsprechende Terme in der QED. Die beiden letzten Terme allerdings zeigen die Selbstwechselwirkung der Gluonen untereinander. Das verursacht die nicht-abelsche Natur der SU (3)Gruppe. Im Gegensatz zu den Photonen bilden die Gluonen keine Singlets bezüglich der Farbe,
sondern Oktetts. Sie tragen jeweils eine Farbe und eine Anti-Farbe, was eine Gluon-GluonKopplung ermöglicht.
Dies hat starke Auswirkungen auf das Verhalten der Partonen3 . Solange die Teilchen nahe
beieinander sind (d.h. grosses Q2 , entspricht der Energie des Prozesses zum Quadrat) ist die
Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung αs klein: αs (Q2 = MZ2 ) ≈ 0.12. Es ist möglich,
die Wechselwirkung in perturbativer QCD zu berechnen. Sobald die Teilchen weit voneinander
entfernt sind (also kleines Q2 ) wird αs > 1. Bei dieser Kopplungsstärke wird die Störungstheorie
unbrauchbar. Dieses Verhalten von αs nennt man asymptotische Freiheit, bzw. confinement.
Eine Näherung von αs in der ersten Ordnung sieht folgendermaßen aus:
αs (Q2 ) =
12π
(33 − 2 · Nf ) · log(Q2 /Λ2 )
(2.35)
Nf ist die Anzahl der Flavour-Sorten (u, d, c, s, t und b, bei LEP-Experimenten: Nf = 5,
da das Top-Quark nicht produziert werden kann) und Λ ist ein freier Parameter, der durch
Experimente bestimmt werden muss. Nach den derzeitigen Messungen gilt für Nf = 5 derzeit
Λ(5) = 216+25
−24 GeV [11].
2.2
Die Fragmentierung
Beim Zerfall des Z-Bosons stehen mehrere Zerfallskanäle zur Verfügung. Mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils etwa 3.36% entsteht eines der Leptonpaare (e+ e− , µ+ µ− , τ + τ − ), mit etwa
20% Wahrscheinlichkeit handelt es sich um ein unsichtbares Ereignis, in dem nur Neutrinos im
Endzustand vorkommen und bei einem Großteil (∼ 70%) der Ereignisse entsteht ein Quark¯ ss̄ oder bb̄). Im FragmenAntiquark-Paar (jeweils mit 12% in uū oder cc̄ und mit 15% in dd,
tierungsprozess werden diese beiden Quarks in die entsprechenden hadronischen Endzustände
überführt.
Schematisch kann man die Fragmentierung wie in Abbildung 2.3 in drei Phasen unterteilen: nach dem Zerfall des Z-Bosons beginnt der Partonschauer der perturbativen QCD. Sobald
der Abstand zwischen den Partonen so gross wird, dass die Störungsreihe der starken Wechselwirkung nicht mehr zu berechnen ist, setzt die Hadronisierung ein. Am Ende zerfallen die
kurzlebigen Hadronen.
3
Quarks und Gluonen werden zusammengefasst als Partonen bezeichnet
11
- Theorie der Hadronenerzeugung -
_
Abbildung 2.3: Fragmentierung schematisch: (1) perturbative Fragmentierung, (2) nichtperturbative Fragmentierung und (3) Zerfall instabiler Teilchen
2.2.1
Fragmentierung in perturbativer QCD
Zur Beschreibung, bzw. Simulation der Endzustände gibt es zwei verbreitete Ansätze, bei denen
perturbative Korrekturen angewendet werden. Der erste und eigentlich korrekte Ansatz ist die
so genannte Matrix-Element-Methode. Bei einer grösseren Anzahl von Partonen findet das
Parton-Schauer-Modell Anwendung.
Matrix-Element-Methode
Bei dieser Methode werden die Feynman-Diagramme exakt berechnet. Das Problem ist, dass
die Berechnungen mit steigender Ordnung immer komplizierter werden. Bis jetzt wurden die
exakten Matrixelemente bis zur 2. Ordnung berechnet, für inklusive Größen wie etwa der totale
Wirkungsquerschnitt bis zur 3. Ordnung.
Mit dieser niederen Anzahl an exakt berechneten Matrix-Elementen der Endzustände kann
man daher nur folgende vier Prozesse beschreiben:
e+ e− → q q̄
e+ e− → q q̄g
e+ e− → q q̄gg
e+ e− → q q̄q 0 q̄ 0
(2.36)
In erster Ordnung wird nun das Basis-Ereignis e+ e− → q q̄ mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit modifiziert in ein Ereignis e+ e− → q q̄g, eines der beiden Quarks strahlt ein Gluon ab.
Das Quadrat des Matrix-Elementes für masselose Quarks etwa sieht folgendermaßen aus:
1 dσ
αs
x21 + x22
=
CF
σ0 dx1 dx2
2π
(1 − x1 )(1 − x2 )
(2.37)
σ0 ist der Wirkungsquerschnitt in der niedrigsten Ordnung, definiert in Gleichung (2.29),
CF = 4/3 ist der Farb-Faktor und die xi sind die skalierten Energien der Partonen (x1 =
2Eq /Ecm , x2 = 2Eq̄ /Ecm und x3 = 2Eg /Ecm ). Die Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung ist gegeben in Gleichung (2.35).
Parton-Schauer
In höheren Ordnungen benutzt man vereinfachte Modelle, welche die Abstrahlung weiterer
Gluonen beschreiben. Eines dieser Modelle ist das so genannte Parton-Schauer-Modell.
12
- Theorie der Hadronenerzeugung -
Die Gluonabstrahlung kann man vergleichen mit einem Bremsstrahlungsprozess. Die Quarks
strahlen Gluonen ab, die nun weitere Gluonen abstrahlen oder in ein Quark-Antiquark -Paar
zerfallen. Die möglichen Prozesse sind in der Abbildung (2.4) schematisch dargestellt.
Abbildung 2.4: Drei der möglichen Prozesse im Partonschauer: (i) Quark strahlt ein Gluon ab,
(ii) Gluonsplitting und (iii) Gluon zerfällt in ein Quark-Antiquark-Paar.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Parton entsprechend einem dieser Prozesse spaltet wird
mit Hilfe der so genannten Altarelli-Parisi-Gleichungen berechnet:
Z zmax
αs
dz Pa→bc (z)
Ia→bc =
(2.38)
2π
zmin
Es wird über alle erlaubten z-Werte integriert. Die z Variable gibt den Anteil der ursprünglichen Energie Ea wieder, der beim Teilchen b bleibt, das Teilchen c bekommt entsprechend die Energie (1 − z)Ea . Die einzelnen ’splitting-kernels’ Pa→bc mit den Konstanten
CF = 4/3, NC = 3 und TR = nf /2 sind
1 + z2
1−z
(1 − z(1 − z))2
Pg→gg (z) = NC
z(1 − z)
2
Pg→qq̄ (z) = TR z + (1 − z)2
Pq→qg (z) = CF
(2.39)
Der Vollständigkeit halber sind noch die Prozesse q → qγ und l → lγ zu erwähnen, also die
elektromagnetischen Bremsstrahlungsprozesse der Quarks und Leptonen.
...
Abbildung 2.5: Folge von Übergängen im Parton-Schauer-Modell mit abnehmendem Qi
Zusätzlich zu z wird jedes Teilchen durch die Virtualität Q2 charakterisiert. Bei Jetset wird
mit der invarianten Masse des Teilchens zum Quadrat m2 identifiziert, bei Ariadne mit p2⊥ .
Ausgehend vom ersten zerfallenden Teilchen mit Q = Qmax wird der Q-Wert durch die Wahl
Q2
13
- Theorie der Hadronenerzeugung -
von 0 < z < 1 immer geringer. Entlang einer Zerfallsreihe gilt: Qmax < Q1 < Q2 < ... < Qcut
(siehe Abb. 2.5). Mit abnehmender Energie der Partonen steigt die destruktive Interferenz für
die Abstrahlung weiterer Partonen unter großen Winkeln, was ein entscheidender Grund für
die Jetstruktur hadronischer Ereignisse ist. Im Parton-Schauer-Modell wird dieser Effekt der
QCD durch das so genannte ’angular ordering’ realisiert. Das bedeutet, dass mit abnehmender
Energie die Winkel zwischen den Impulsvektoren der entstehenden Teilchen kleiner werden.
Sobald die Virtualität eines Partons einen minimalen Wert Q0 unterschreiten, wird keine weitere
Emission mehr zugelassen.
Als weiteres Schauermodell sollte noch das Dipol-Kaskaden-Modell (engl. Dipole Cascade
Model DCM) erwähnt werden. Es findet im Monte-Carlo-Generator Ariadne (siehe Kapitel
3.1.1) Anwendung. Dieses Modell ist stark an das Lund-String-Modell angelehnt (siehe Kapitel
2.2.2).
Eine detaillierte Erklärung des DCM ist zu finden in [12, 13], daher hier nur eine kurze
Zusammenfassung.
Das primäre Quark-Antiquark-Paar aus dem Prozess e+ e− → q q̄ wird als Farb-Dipol beschrieben. Dieser Dipol strahlt ein Gluon g1 ab, dadurch ergeben sich zwei Dipole qg1 und g1 q̄.
Diese können nun unabhängig von einander ein weiteres Gluon g2 emittieren. Es ergibt sich
schlussendlich eine Kette von Dipolen, an jedem Ende eines Dipols ein Parton, und das Gluon
verbindet zwei Dipole. Dieses Bild ist analog zum Lund-String-Modell (siehe Kapitel 2.2.2).
Für die Gluon Emission sind drei verschiedene Dipole zu beachten: q q̄, qg und gg. Die
Wirkungsquerschnitte für die entsprechenden Gluonabstrahlungen lassen sich folgendermaßen
anschreiben:
dσqq̄
x21 + x23
2αs
=
dx1 dx3
3π (1 − x1 )(1 − x3 )
dσqg
x31 + x33
3αs
=
dx1 dx3
4π (1 − x1 )(1 − x3 )
dσgg
x31 + x33
3αs
=
dx1 dx3
4π (1 − x1 )(1 − x3 )
(2.40)
p
Die Energieanteile xi im Center of Mass System des Dipols sind xi = 2Ei / SDipol . Damit
sind die Anteile der Energie gegeben, welche die einzelnen Partonen nach der Abstrahlung
besitzen. Um nun das System komplett zu bestimmen, sind noch zwei weitere Freiheitsgrade zu bestimmen: der Azimuth-Winkel φ, der gleichverteilt zwischen 0 und 2π ist, und der
Polar-Winkel θ, der je nach abstrahlendem Dipol verschieden ist. Im Falle eines q q̄- oder ggDipols behält abhängig von seiner Energie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eines der
Quarks/Gluonen die Richtung bei, während bei einem qg-Dipol immer das Gluon die Richtung
beibehält.
Weiters wird der Transversalimpuls p⊥ definiert:
m23 − (m2 + m1 )2
m21 − (m2 + m3 )2
2
p⊥ = SDipol 1 − x1 +
· 1 − x3 +
(2.41)
SDipol
SDipol
Damit das Dipol Kaskaden Modell eine gute Näherung ist, müssen die Transversalimpulse
streng nach p2⊥1 >> p2⊥2 >> p2⊥3 >> ... geordnet werden.
Ein weiterer Prozess, der in das DCM eingebaut werden muss, ist der Zerfall eines Gluons
in ein Quark-Antiquark-Paar. Der Übergang qg q̄ → q q̄q 0 q̄ 0 hat einen Wirkungsquerschnitt von
dσ
3αs (1 − x2 )2 + (1 − x3 )2
=
dx1 dx3
8π
1 − x1
14
(2.42)
- Theorie der Hadronenerzeugung -
2.2.2
Nicht-perturbative Fragmentierung
Nachdem der Partonschauer abgebrochen ist, besitzen die Quarks und Gluonen geringe invariante Massen, die Kopplungsstärke αs wird sehr groß (αs ≈ 1), die perturbative Theorie
bricht hier ab. Die Partonen bilden farblich neutrale Hadronen, man nennt diesen Prozess die
Fragmentierung.
Da die Fragmentierung in der QCD noch nicht verstanden ist, gibt es verschiedene Modelle zu ihrer Beschreibung. Eines der Modelle, das auch einen leicht verständlichen Einblick
in die Theorie der Color Reconnection gibt, ist das Lund-String-Modell. Weiter Modelle, die
hier aber nicht beschrieben werden, sind die unabhängige Fragmentierung und das ClusterFragmentations-Modell
Um das Lund-String-Modell zu verstehen, beginnt man am besten mit dem einfachsten System, einem Quark-Antiquark-Paar q q̄, also einem Color-Singlet aus einer e + e− -Annihilation.
Laufen diese beiden Quarks nun auseinander, spannt sich zwischen ihnen nach der Idee des
Confinements (siehe Kapitel 2.1.3) eine Color Flux Tube, bzw. ein Lund-String auf. Ihre transversale Ausdehnung ist im Bereich der Hadronengrösse, also in etwa 1 fm. Wenn man annimmt,
dass sie über die gesamte Länge gleich im Durchmesser ist, kommt man automatisch zu einem
Bild, das dem Confinement entspricht, also ein Potential, das linear mit dem Abstand der
beiden Quarks ansteigt.
Im Schwerpunktsystem des Quark-Antiquark-Paares laufen die beiden Teilchen mit p z , bzw.
−pz auseinander. Dabei steigt die potentielle Energie im String mit κ ≈ 1 GeV/fm. Mit größer
werdender Energie kann er unter der Produktion eines neuen Quark-Antiquark-Paares q 0 q̄ 0
aufbrechen, wobei die Wahrscheinlichkeit für eine gewisse Quark-Sorte durch uū : dd¯ : ss̄ =
1 : 1 : 0.3 gegeben ist. Dadurch wird die Produktion von schweren Quarks unterdrückt. Man
erhält zwei Farb-Singlet-Systeme q q̄ 0 und q 0 q̄.
1 fm
(a)
(b)
Abbildung 2.6: (a) Lundstring zwischen Quark und Antiquark (b) Lundstring bricht auf, zwei
neue Color-Singlets entstehen
Eines der beiden Systeme erhält nun den Anteil z von der verfügbaren Energie und dem
longitudinalen Impuls, also z·(E +pz ). Die Annahme ist, dass dieses System in weiterer Folge zu
einem Meson wird. Entsprechend wird E + pz und E − pz für das verbleibende System kleiner.
Die Fragmentations Funktion f (z) bestimmt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes z
gewählt wird. Sie ist gegeben durch:
−bm2⊥
1
a
(2.43)
f (z) ∝ (1 − z) exp
z
z
Die Werte für die beiden Modell-Parameter a und b für Ariadne mit Color Reconnection
und Gal sind in Anhang B zu finden.
Das entstandene Meson bekommt nun einen gewissen Spin S zugewiesen: entweder S = 0
oder S = 1. Besteht das Meson nur aus u- und d-Quarks, bekommt es mit einer Wahrschein15
- Theorie der Hadronenerzeugung -
lichkeit von PS=1 = 0.5 den Spin S = 1. Falls ein s-Quark dabei ist, gilt PS=1 = 0.6, bei
einem schwererem Quark gilt PS=1 = 0.7. Bei einem Meson mit S = 0 handelt es sich um ein
pseudoskalares Meson, bei S = 1 um ein Vektor-Meson.
Besitzt der zweite String eine ausreichend hohe invariante Masse, bricht dieses wieder in weitere Systeme auf, bis sich alle Systeme auf der Hadronen-Massen-Schale befinden. Die Transversalimpulse werden nach exp(−(p⊥ /σ)2 ) erzeugt, wobei der Parameter σ ≈ 0.3 GeV. Damit
sind die Transversalimpulse der entstandenen Hadronen im Vergleich zu ihren Energien sehr
gering. Es bilden sich Jets aus, deren Impulse in etwa mit den primären Quarks und eventuellen
harten Gluonen übereinstimmen.
Die Produktion von Baryonen im Lund-String-Modell kann mal als Fragmentierung in zwei
Diquarks verstehen. Das ursprüngliche Quark-Antiquark-Paar q1 q̄1 produziert zwei Diquarks,
jeweils ein Quark-Paar q2 q3 und ein Antiquark-Paar q̄2 q̄3 . Nun bilden die Quarks und die Antiquarks jeweils für sich ein System q1 q2 q3 und q̄1 q̄2 q̄3 . Eines der beiden wird zu einem Baryon,
das zweite wird zu einem neuen Lund-String (q1 )(q2 g3 ), bzw. (q̄1 )(q̄2 q̄3 ). Das Diquark im String
wird in den weiteren Fragmentationsschritten als Antiquark aufgefasst, ein Diantiquark als
Quark.
Sind mehrere Partonen an einem Lund-String beteiligt, wird auch die String-Fragmentierung
komplizierter. Etwa in einem System q q̄g erstreckt sich der Lund-String vom Quark über das
Gluon zum Antiquark. Das Gluon bildet also eine Art Knickstelle (engl. kink) im String mit
einem Impuls und einer Energie. Fragmentierung findet im Lund-Modell in beiden Stringsegmenten qg und g q̄ statt.
Damit gibt also der Partonschauer vor, wie die Topologie des Lund-Strings in einer bestimmten Konfiguration aussieht. Wird diese Topologie verändert, so spricht man von Color
Reconnection.
2.2.3
Zerfall instabiler Teilchen
Im letzten Schritt zerfallen die kurzlebigen Teilchen. In der Natur sind alle Hadronen bis auf
das Proton instabil. Allerdings können die meisten der instabilen Hadronen als stabil angesehen
werden, da sie im Mittel erst zerfallen, wenn sie den Detektor bereits verlassen haben. Es muss
eine gewisse mittlere Lebensdauer definiert werden, über der ein Teilchen für den jeweiligen
Detektor als stabil gilt.
In Monte-Carlo-Simulation auf Hadron-Level beim ALEPH-Detektor gelten alle Teilchen als
stabil, bei denen die mittlere Lebensdauer hτ i > 10−9 s. Somit sind beispielsweise geladene Pionen stabil. Mit ihrer mittleren Lebensdauer von hτ i = 2.6×10−8 s und einem durchschnittlichen
Impuls von p = 3.4 GeV zerfallen sie erst nach 190 m.
Hingegen in der vollen Detektor-Simulation werden auch diese Teilchen berücksichtigt, da
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch relativ langlebige Teilchen im Detektor zerfallen
können.
16
Kapitel 3
Color Reconnection
3.1
Generatoren für Color Reconnection
In diesem Kapitel werden die beiden Modelle für Color Reconnection Ariadne und Gal beschrieben. Ein Vergleich der Modellparameter ist in Anhang A zu finden.
3.1.1
ARIADNE
Einer der Monte-Carlo-Generatoren zur Simulation von Z-Ereignissen ist das Programm Ariadne. Eine allgemeine Beschreibung des Programms ist zu finden in [14, 15], Color Reconnection in Ariadne wird durch [12] beschrieben.
Implementiert in das Ariadne Programm ist das Dipol Kaskaden Modell (engl. Dipole Cascade Model DCM, vergleiche Kapitel 2.2.1). Im Unterschied zu anderen Kaskaden-Modellen
werden im DCM die Gluonen nicht von den einzelnen Partonen unabhängig abgestrahlt, sondern von Farb-Dipolen zwischen den Partonen. In weiterer Folge wird eine Kette von Dipolen
Color-String genannt (vergleichbar mit dem Lund-String).
Ariadne ist kein kompletter Ereignis-Generator, sondern erzeugt nur die QCD-Kaskade.
Eingebaut wird Ariadne in den umfassenden Monte-Carlo-Generator Jetset [16, 17].
Color Reconnection in ARIADNE
Die grundsätzliche Idee von Color Reconnection bei Ariadne ist in Abbildung 3.1 dargestellt (siehe auch [12]). Ausgehend von einem Ereignis, in dem ein Quark-Antiquark-Paar zwei
Gluonen abgestrahlt hat, kann der Color-String mit drei verschiedenen Konfigurationen gelegt
werden. In den ersten beiden (a) und (b) bilden die beiden Gluonen ein Oktet bezüglich der
Farbe. Der Color-String geht vom Quark zu einem der beiden Gluonen und über das zweite
Gluon zum Antiquark. In (c) bilden die beiden Gluonen ein Farb-Singlet.
Das Confinement wirkt je nach Konfiguration des Color-Strings entweder zwischen den beiden Quarks oder zwischen den Quarks und den Gluonen. Mit einer modifizierten Konfiguration
verändern sich im Endzustand verschiedene Observablen.
In Ariadne wird jedem Farb-Dipol i ein Farb-Index ci zugewiesen. Dieser Index wird zufällig
aus dem Intervall [1, 9] entsprechend der Anzahl verschiedener Farb-Dipole N c2 = 9 gewählt.
Besitzen nun zwei verschiedene Dipole m und n die selben Indizes cm = cn , können sich diese
beiden Dipole rekombinieren. Es entstehen zwei neue Dipole, indem das Farb-Ende des einen
Dipols mit dem Antifarb-Ende des anderen Dipols rekombiniert und vice versa.
17
- Color Reconnection -
q
q
_
q
q
g
g
g
g
g
g
_
q
_
q
(a)
(b)
(c)
Abbildung 3.1: Mögliche Color-String-Konfigurationen in einem q q̄gg-Ereignis
Daraus ergibt sich schon die erste wichtige Regel für die Zuteilung der Farb-Indizes: zwei
benachbarte Dipole dürfen nicht den selben Farb-Index haben, da sich ansonsten die FarbLadung des verbindenden Gluons sich mit seiner Antifarb-Ladung verbinden könnte, wodurch
ein einzelnes Singlet-Gluon entstünde.
Eine zweite Regel betrifft die Gluon-Abstrahlung eines Dipols Quark-Gluon (vergleiche Abbildung 3.2). Es lässt sich im DCM nicht bestimmen, ob das entstandene Gluon vom Quark
oder vom ursprünglichen Gluon abstammt. Daher nimmt man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an, das die Abstrahlung von einem der beiden Partonen erfolgt. Strahlt das Quark das
Gluon ab, dürfen die beiden Indizes c1 und c3 identisch sein, im anderen Fall jedoch nicht.
Ansonsten wäre der Übergang von einem Farb-Oktet in ein Farb-Singlet möglich.
q
q
c1
c1
g
γ* / Z0
g
γ* / Z0
c2
c2
g
g
c3
c3
q
q
(a)
(b)
Abbildung 3.2: Zwei Möglichkeiten der Gluon-Abstrahlung
Sind zwei Farb-Indizes identisch, so können die entsprechenden Dipole rekombinieren, müssen
dies aber nicht. In Ariadne verwendet man das Modell von [18], wonach die Dipole dann, und
nur dann rekombinieren, wenn λ durch die Rekombination kleiner wird:
λ=
n−1
X
ln (pi + pi+1 )
2
/m20
i=1
=
n−1
X
ln m2i,i+1 /m20
(3.1)
i=1
λ ist die ’Länge’ eines Lund-Strings mit n Partonen, wobei pi die Vierer-Impulse der Partonen sind und m0 ≈ 1 GeV entspricht der hadronischen Massenskala. Das bedeutet, dass
Partonen, die im Phasenraum nahe beieinander sind, eher rekombinieren.
Mit diesem Modell der Color Reconnection sieht die Fragmentierung folgendermaßen aus:
Nach der Abstrahlung eines Gluons von einem Dipol mit dem Index c1 erhält der Dipol zwischen
18
- Color Reconnection -
dem abgestrahlten Gluon und dem abstrahlenden Parton einen Index c2 ungleich c1 . Falls
das abstrahlende Parton ein Gluon ist, muss c2 auch ungleich dem Index des benachbarten
Strings sein. Der String zwischen dem abgestrahlten Gluon und dem anderen Parton behält
den anfänglichen Index c1 . Teilt sich ein Gluon in zwei Quarks, behalten die Strings ihren FarbIndex. Nach jeder einzelnen Emission wird λ berechnet. Falls eine Verringerung von λ durch
Rekombination von Strings mit dem selben Farb-Index möglich ist, findet die entsprechende
Umordnung statt. Nachdem λ minimiert wurde, wird die Kaskade fortgesetzt und die Prozedur
beginnt wieder von neuem.
3.1.2
JETSET + GAL
Eine weite Möglichkeit Color Reconnection in Jetset [16] einzubauen, basiert auf dem so
genannten Area Law [19], einer Grundlage des Lund-String-Modells. Durch das Generalized
Area Law wird dieses Modell zu einem Modell für Color Reconnection [20, 21].
Im Lund-Modell ist die Wahrscheinlichkeit für eine String-Konfiguration mit der ’Fläche’
A gegeben durch P ∝ exp(−b · A). Grosse Flächen werden also exponentiell unterdrückt. Der
Parameter b ist eine phänomenologische Konstante von etwa 0.6 GeV−2 . Die Fläche Aij von
zwei Partonen ist durch ihre Vierer-Impulse gegeben:
Aij = (pi + pj )2 − (mi + mj )2 = 2 · (pi pj − mi mj )
(3.2)
Für einen einzelnen String, bestehend aus zwei Partonen, ist die einzige Möglichkeit seine
Fläche zu verringern, neue Quark-Antiquark-Paare aus dem Vakuum entstehen zu lassen.
Ein System von mehreren Strings kann seine Fläche auch verringern, indem es die Strings
rekombiniert. Ein einfaches Beispiel aus der W-Physik kann dies verdeutlichen:
_
q1
W
q2
_
q1
q3
W
q3
W
_
q4
q2
W
_
q4
Abbildung 3.3: Zwei verschiedene String Konfigurationen bei einem W-Paar Ereignis
In der ursprünglichen Konfiguration sind die Partonen zu den Strings (p1 , p2 ) und (p3 , p4 )
angeordnet. Durch Verringerung der Fläche ist eine Umordnung in die Strings (p1 , p3 ) und
(p2 , p4 ) möglich. In der ersten Konfiguration ist die Fläche Aalt = A12 + A34 , in der zweiten
Aneu = A13 + A24 .
Die Generalisierung des Area Laws (Generalized Area Law GAL) [20] gibt die Wahrscheinlichkeit eines Stringsystems wie in Abbildung 3.3 als Palt ∝ exp(−b · Aalt ), bzw. Pneu ∝
exp(−b · Aneu ) an. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Stringsystem (q1 , q̄2 ) ⊕ (q̄3 , q4 ) durch
Verkleinerung der Fläche in ein anderes System (q1 , q̄3 ) ⊕ (q̄2 , q4 ) umorganisiert, ist gegeben
19
- Color Reconnection -
durch
exp(−b · Aneu ) − exp(−b · Aalt )
exp(−b · Aneu )
= 1 − exp(−b · ∆A)
P∝
(3.3)
Da sich aufgrund der Farbladung nicht alle Strings miteinander kombinieren können, wird
die Rekombination durch den Faktor 1/NC2 = 1/9 unterdrückt.
Der endgültige Ansatz für die Wahrscheinlichkeit einer Rekombination der Strings ist
P = R0 [1 − exp(−b · ∆A)]
(3.4)
Der Faktor R0 ist allerdings nicht genau 1/NC2 , sondern wurde durch Vergleiche mit experimentellen Daten aus Rapidity Gap Ereignissen aus tief-elastischen Streuversuchen auf R 0 = 0, 1
korrigiert.
Die Hadronisierung wird durch dieses Modell folgendermaßen verändert: Nachdem der Partonschauer bis zu einer minimalen invarianten Masse Q0 = 2 GeV abgeschlossen ist, wird
festgestellt, welche alternativen Konfigurationen möglich sind. Von jeder einzelnen wird ihre Wahrscheinlichkeit nach Gleichung (3.4) berechnet. Um wieder einzelne Gluonen in einem
Singlet-Zustand zu vermeiden, dürfen in einer Stringfolge zwei benachbarte Stringsegmente
nicht rekombinieren. Allerdings gibt es nicht wie in Ariadne eine Regel, die nach Gluonsplitting ein Zwei-Gluon-Singlet verbietet. Nachdem die Color Reconnection stattgefunden hat,
setzt die Hadronisierung ein.
Im Unterschied zu Ariadne findet Color Reconnection bei Gal nicht nach jedem einzelnen
Schritt in der Fragmentation statt, sondern erst am Ende des Schauers.
3.2
Color Reconnection und die Ereignis-Eigenschaften
Dieses Kapitel soll zeigen, warum es sinnvoll ist, von allen Z-Ereignissen diejenigen mit drei
Jets für die folgenden Analysen zu verwenden. Weiters soll auf die Bedeutung des Gluonjets in
der Color Reconnection hingewiesen werden.
Der Begriff Jet sowie der hier verwendete Jet-Algorithmus Durham werden im Kapitel 5.1
genauer erklärt.
3.2.1
Color Reconnection in Jets
In Ariadne steigt mit grösser werdender Anzahl an Partonen die Zahl der verschiedenen
Color Indizes und damit die Wahrscheinlichkeit, dass Color Reconnection stattfinden kann.
Mit einer steigenden Zahl von Partonen steigt im Mittel auch die Anzahl an Jets. So kann
darauf geschlossen werden, dass mit mehr Jets eher Color Reconnection stattfindet. Der selbe
Effekt sollte auch in anderen Modellen wie Gal zu sehen sein.
In dieser Arbeit wurde dieses Verhalten nur mit Ariadne bestätigt. Zur Aktivierung von
Color Reconnection muss der Programm-Parameter MSTA(35) = 1 gesetzt werden [14]. Die
Clusterung in Jets erfolgte durch den Cluster-Algorithmus Durham mit einem y cut von 0.01.
Bei jeder Rekombination der Strings erhöht sich der Wert der Ariadne-Variable MHAR(135)
um jeweils eins. In Abbildung 3.4 ist mit den durchgezogenen Linien die Jet-Verteilung aller
hadronischer Ereignisse zu sehen. Die strichlierte Linie zeigt den Anteil der Ereignisse, bei
denen MHAR(135) ≥ 1 ist, also mindestens eine Rekombination der Color-Strings stattgefunden
hat.
20
- Color Reconnection -
Rate
0.7
0.6
ALL
CR
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0
1
2
3
4
5
6
Jets
Abbildung 3.4: Anteile an Ereignissen, in denen Color Reconnection stattgefunden hat, in
Abhängigkeit von der Anzahl der Jets (untere Grenze) generiert mit Ariadne
Die 2-Jet-Ereignisse besitzen zwar eine sehr einfache Geometrie, was die Analysen sehr vereinfachen würde, allerdings sind mit einer CR-Rate von 6.7% zu wenige rekombinierte Ereignisse vorhanden. In 3-Jet-Ereignissen tritt Rekombination in 26% aller Fälle auf, was relativ eine
grosse Anzahl an rekombinierten Ereignissen bietet. Ein weiterer Vorteil von 3-Jet-Ereignissen
ist ihre plane Topologie, das heißt die drei Jets liegen in einer Ebene. In 4-Jet-Ereignissen treten rekombinierte Ereignisse zwar mit einer Wahrscheinlichkeit von über 40% auf, allerdings
werden hier die Analysen durch die komplizierte Geometrie erschwert. In der weiteren Folge
beschränken sich alle Analysen in dieser Arbeit nur noch auf Ereignisse mit drei Jets.
Die Kinematik eines 3-Jet-Ereignisses entspricht der eines 3-Teilchen-Zerfalls. Von den insgesamt neun Freiheitsgraden sind durch Energie- und Impulserhaltung fünf unabhängig, von
denen wiederum die drei Euler-Winkel die Orientierung des Ereignisses vorgeben. Damit bleiben
zwei unabhängige Freiheitsgrade übrig, die als Linearkombinationen von zwei weiteren Winkeln, zwei Energien oder zwei Impulskomponenten frei gewählt werden können. Eine mögliche
Wahl stellen die beiden Dalitz-Variablen x1 und Z dar [4]:
x1 ,
1
Z = √ (x2 − x3 )
3
(3.5)
wobei die xi = 2Ei /Ecm die Jet-Energien normiert auf die Strahl-Energie sind, geordnet nach
x1 > x2 > x3 . Ein so genannter Dalitzplot wie in Abbildung 3.5 zeigt die Topologie verschiedener Ereignisse im Phasenraum. Die Länge der Pfeile entspricht den Energien der jeweiligen
Jets.
Es stellt sich nun die Frage, bei welchem der drei Jets es sich um den Gluonjet handelt.
Da dies nicht auf Hadron-Level beantwortet werden kann, ist eine Monte-Carlo-Analyse auf
Parton-Level nötig.
Dazu werden in einem Ariadne-Ereignis auf Parton-Level die beiden primären Quarks
identifiziert. Auf Hadron-Level werden die Jets durch den Durham-Algorithmus mit einem y cut
von 0.01 ermittelt. Nun werden die Jet-Impulse mit den Impulsen der beiden Quarks verglichen.
Die beiden Jets, die den kleinsten Winkel zu den Impulsvektoren der Quarks aufweisen, werden
21
- Color Reconnection -
0
0.577
1
0
2/3
Abbildung 3.5: Dalitzplot: Möglicher Phasenraum für x1 > x2 > x3 . Die Pfeillängen sind
proportional zu den Jetenergien.
als Quarkjets identifiziert. Beim dritten Jet handelt es sich folglich um den Gluonjet.
Die QCD sagt voraus, dass der energetisch niedrigste Jet mit der höchsten Wahrscheinlichkeit vom Gluon in e+ e− → q q̄g stammt, was durch einen Vergleich von Parton-Level mit
Hadron-Level leicht gezeigt werden kann1 .
3.2.2
Eigenschaften des Gluonjets
In einem einfachen Szenario soll nun gezeigt werden, wie sich Color Reconnection auf ein ZEreignis, im speziellen auf den Gluonjet, auswirken kann.
Man stelle sich ein 3-Jet-Ereignis wie in Abbildung 3.6 vor, die beiden Konfigurationen entsprechen in Ariadne den beiden verschiedenen Ereignis-Typen in Abbildung 3.1. Im linken
Bild sind die Partonen des Gluonjets durch Confinement an die Quarkjets gebunden. Im rechten
Bild hingegen wirkt Confinement einerseits zwischen den beiden Quarkjets, andererseits zwischen den Partonen des Gluonjets, die sich nun frei von den Partonen der Quarkjets bewegen
können.
In Abbildung 3.7 ist eine entsprechende Simulation mit Ariadne zu sehen. Die durchgezogenen Linien entsprechen den Verteilungen von Ariadne ohne Color Reconnection, die strichlierten Ariadne mit Color Reconnection. Die Jets wurden durch die Partonlevel-Information
eindeutig als Quark-, bzw. Gluonets identifiziert. Unten sind die ln(xi )-Verteilungen mit xi =
2pi /Ecm aufgetragen, wobei pi die Impulse der geladenen Teilchen sind. In den Quarkjets unterscheiden sich die beiden Modelle kaum voneinander, hingegen beim Gluonjet treten bei
Aktivierung von Color Reconnection verstärkt Teilchen mit einem höheren Impuls auf, und
somit weniger Teilchen mit mittleren und niederen Impulsen.
Oben in Abbildung 3.7 sind die Verteilungen der Jetenergie aufgetragen. Man erkennt, dass
die beiden Quarkjets im Mittel eine höhere Energie haben als die Gluonjets. Dieser Umstand
führt zu einer recht einfachen Methode, wie man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den
Gluonjet in einem Ereignis bestimmen kann.
1
Mehr dazu in Kapitel 5.3
22
- Color Reconnection -
(a)
(b)
Abbildung 3.6: Zwei verschiedene Möglichkeiten, wie ein 3-Jet-Ereignis angeordnet sein kann.
Die strichlierten Schläuche entsprechen den Color-Strings in Ariadne.
In Abbildung 3.8 sind die ln(xi )-Verteilungen der drei Jets abgebildet, sortiert nach der
Jetenergie. Die pi sind wieder die Impulse der geladenen Teilchen. In den beiden energiereichen
Jets 1 und 2 sind kaum Unterschiede zwischen den beiden Modellen zu erkennen. Im dritten Jet,
bei dem es sich am ehesten um den Gluonjet handelt, ist das selbe Verhalten wie in Abbildung
3.7 zu erkennen. Da es sich allerdings mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beim dritten Jet
doch um einen Quarkjet handelt, sind die Unterschiede zwischen den Modellen nicht so stark.
23
- Color Reconnection -
0
-8
5
-7
NoCr
NoCr
Cr
Cr
10
15
20
25
30
35
40
45
50
0
5
10
15
20
NoCr
NoCr
Cr
Cr
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
-8
-7
-6
-5
25
-4
30
-3
35
40
-2
45
-1
50
0
Abbildung 3.7: Durch Ariadne generierte 3-Jet-Ereignisse, durch Partonlevel-Information
eindeutig zugeordnete Quark- und Gluonjets; links: Jetenergie- und ln(x)-Verteilung der
Quarkjets, rechts: Jetenergie- und ln(x)-Verteilung der Gluonjets.
24
- Color Reconnection -
-8
-7
NoCr
NoCr
Cr
Cr
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
-4
-3
-2
-1
0
-8
-7
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
NoCr
Cr
-8
-7
-6
-5
Abbildung 3.8: Ariadne, 3-Jet-Ereignisse: Links oben: Impulse der Teilchen aus dem Jet mit
der höchsten Energie; Links unten: entsprechend mit der zweithöchsten Energie; Rechts oben:
entsprechend mit der niedrigsten Energie
25
Kapitel 4
Das ALEPH-Experiment
4.1
Der Speicherring LEP
Der Large Electron Positron Collider LEP am CERN (European Organisation for Nuclear
Research) in Genf war1 ein Speicherring mit einem Umfang von 26.7 km und liegt zwischen
50 m und 175 m in der Tiefe. An vier Punkten, bei denen sich die Teilchenpakete kreuzten,
standen die vier Experimente ALEPH, DELPHI, L3 und OPAL. Eine schematische Ansicht
des Rings ist in Abbildung 4.1 zu sehen.
Er bestand aus insgesamt 3368 Dipolmagneten, welche die insgesamt vier räumlich getrennten Elektron- und Positron-Pakete auf einer Kreisbahn hielten. Um den Strahl stabil zu halten
wurden über 700 Quadrupole im LEP installiert. Direkt bei den Experimenten waren spezielle supraleitende Quadrupole, um die Teilchenpakete auf eine Breite von ≈ 250 µm und einer
Höhe von ≈ 5 µm zu fokussieren. In den Jahren 1989-1995 wurde LEP bei einer Energie im
Bereich der Z 0 -Resonanz betrieben (LEP-1-Phase). Die in dieser Arbeit verwendeten Daten
wurden im Jahr 1994 bei einer Schwerpunktsenergie von 91.2 GeV genommen 2 . Die integrierte
Luminosität dieser ersten LEP-Phase beträgt etwa 120 pb−1 pro Experiment.
In der LEP-2-Phase in den Jahren 1996-2000 wurde die Strahlenergie durch den Einbau von
supraleitenden Kavitäten auf über 100 GeV erhöht. Die technische Grenze wurde im Jahr 2000
mit einer Strahlenergie von 104.4 GeV erreicht.
4.2
Der ALEPH-Detektor
ALEPH (Apparatus for LEP PHysics) lag in einer Tiefe von etwa 150 m und wog über 3000
Tonnen. Die Dimension des Detektor betrug in etwa 12 × 12 × 12m 3 . Eine schematische Ansicht
des Detektors ist in Abbildung 4.2 gegeben.
Um den Kollisionspunkt in der Mitte des Detektors, den so genannten Primärvertex, sind in
einem zwiebelförmigen Aufbau verschiedene Spurenkammern und Kalorimeter so angeordnet,
dass ein möglichst großer Raumwinkel abgedeckt wird. Der Detektor wird in weiterer Folge
in Zylinderkoordinaten beschrieben, wobei die z-Achse dem Strahlrohr entspricht und φ dem
Azimuthalwinkel.
Der innerste Teil des Detektors ist der Vertexdetektor (engl. Silicon Vertex Detector, VDET),
bestehend aus zwei Lagen . Er ist direkt um das Strahlrohr beim Wechselwirkungspunkt an1
LEP und die dazugehörigen Experimente wurden abgebaut, an ihre Stelle tritt in den nächsten Jahren der
Large Hadron Collider LHC
2
Mehr Daten sind zu finden in [22]
26
- Das ALEPH-Experiment -
Abbildung 4.1: Der Large Electron Positron Collider am CERN
Abbildung 4.2: Der ALEPH-Detektor
27
- Das ALEPH-Experiment -
gebracht. Mit einer räumlichen Auflösung in z-Richtung zwischen 11µm und 22µm und in rφ
mit einer Auflösung von 12µm können die Teilchenspuren aus ITC und TPC bis sehr nahe an
den Primärvertex rekonstruiert werden.
In der zwei Meter langen Inneren Spurenkammer (engl. Inner Tracking Chamber, ITC)
werden die Spuren der Teilchen zwischen 13 und 29cm vom Strahlrohr durch acht Lagen von
Signal- und Felddrähten detektiert. Die Auflösung der ITC beträgt in rφ etwa 150µm. Durch
die zeitliche Auflösung der elektrischen Impulse kann die z-Koordinate auf 5cm genau bestimmt
werden.
Die Zeitprojektionskammer (engl. Time Projection Chamber, TPC) mit ihren 470cm Länge
und einem Radius von 180cm dient der Bestimmung der Impulse der geladenen Teilchen. Es
handelt sich dabei um eine drei-dimensionale Driftkammer mit einem gleichförmigen elektrischen und magnetischen Feld parallel zur z-Achse. Das magnetische Feld wird von einem starken
supraleitenden Magneten (B = 1.5T) erzeugt.
Bis hierher durchqueren die Teilchen sehr wenig Detektor-Material, damit sie nicht durch
Wechselwirkungen in ihrer Bahn gestört werden. Nun wird im elektromagnetischen Kalorimeter
(engl. Electromagnetic Calorimeter, ECAL) die Energie der elektromagnetisch wechselwirkenden Teilchen vermessen und Elektronen, Positronen und Photonen identifiziert. Entsprechend
werden im hadronischen Kalorimeter (engl. Hadronic Calorimeter, HCAL) hadronisch wechselwirkende Teilchen nachgewiesen und deren Energie gemessen.
Die Myonen, die als einzige geladene Teilchen durch alle bisherigen Detektorelemente nicht
gestoppt werden, können durch die äußerste Schicht des Detektors, die so genannte Myonkammer detektiert werden.
Ausführliche Diskussionen der verschiedenen Elemente des Detektors sind in [4, 23, 24] zu
finden.
4.3
Trigger und Datennahme
Der ALEPH-Detektor benötigt einige Millisekunden, um ein Ereignis komplett auszulesen,
während die Strahl-Kollisionen etwa alle 22µs stattfinden. Damit nur physikalisch interessante
Ereignisse ausgelesen werden, ist ein Trigger-System notwendig, das schnell erkennt, ob gerade
ein solches Ereignis stattfindet. Bei ALEPH ist dieser Trigger in drei Stufen unterteilt:
• Der Level-1 Trigger hat die Aufgabe, innerhalb von 5µs eine Entscheidung zu fällen, ob
in einem Ereignis eine geladene Spur und/oder eine minimale Teilchenenergie in einem
Kalorimeterelement existiert. Für diesen Trigger liefern die vier Detektorkomponenten
ITC, TPC, ECAL und HCAL bis zu 32 Triggerbedingungen, von denen mindestens eine
erfüllt sein muss, damit das Ereignis komplett ausgelesen wird und an den Level-2 Trigger
weitergegeben wird. e+ e− -Annihilations-Ereignisse werden durch zwei Bedingungen getriggert: einerseits durch eine Mindestgesamtenergie im ECAL und der ITC, andererseits
durch eine ITC-HCAL Koinzidenz.
• Der Level-2 Trigger liefert eine Entscheidung nach 50µs. In dieser Stufe werden die Informationen der ITC durch Daten der TPC ersetzt. Wird ein Ereignis durch diesen Trigger
verworfen, so wird die Datennahme gestoppt und der Detektor ist nach 67µs für ein neues
Ereignis bereit. Liefert der Level-2 Trigger eine positive Entscheidung, wird das gesamte
Ereignis ausgelesen, was etwa 20ms dauert.
• Beim Level-3 Trigger handelt es sich um ein Selektionsverfahren, das vor der endgültigen
Datennahme angewandt wird. In dieser Stufe stehen dem Trigger alle Informationen des
28
- Das ALEPH-Experiment -
Detektors zur Verfügung. Bei einer negative Entscheidung werden die letzten ’uninteressanten’ Ereignisse verworfen.
Nachdem ein Ereignis von allen Triggern für ’gut’ befunden wurde, werden alle elektronischen
Signale des gesamten Detektors im so genannte RAW-Format abgespeichert. Aus den einzelnen Detektorsignalen werden durch das Rekonstruktions-Programm Julia zusammenhängende
Spuren und Kalorimeterobjekte gebildet und zusammen mit ausgewählten Detektorsignalen
auf POTs (Production Output Tapes) gespeichert. Die interessanten Ereignisse werden im
DST-Format (Data Summary Tape) gespeichert, die durch Kompression und Weglassen von
verschiedenen Informationen zum MiniDST werden. Alle Daten außer RAW sind nun über das
Programm Alpha (siehe [25]) für Analysen zugänglich.
Mehr zum Trigger und zur Datennahme ist in [23, 24, 26] zu finden.
4.4
Energiefluss-Algorithmus ENFLW
Dieser Algorithmus (genauer beschrieben in [23]) dient der besseren Auflösung der Gesamtenergie eines Ereignisses. Dadurch bieten sich die Energiefluss-Objekte zur Berechnung der Jets an.
Für die Analyse in Kapitel 6 wurden alle Energiefluss-Objekte verwendet, in den Kapiteln 7
und 8 nur die geladenen.
Die Energiefluss-Objekte werden vom Programm Julia erzeugt. Für den Algorithmus ENFLW benötigt man die Spurdaten der Teilchen sowie die Information, ob es sich bei den betreffenden Teilchen um Photonen, Elektronen oder Myonen handelt.
In einem ersten Schritt, ’Cleaning’ genannt, werden geladene Spuren und Kalorimeter Cluster verworfen, die vom Fehlverhalten der Detektor-Elektronik, der Datennahme oder des
Rekonstruktions-Algorithmus herrühren. Dabei werden alle geladenen Teilchenspuren verworfen, die ihren Ursprung nicht in einem zylindrischen Volumen (20cm Länge und 2cm Radius) um
den Primärvertex haben und nicht mindestens vier Messpunkte aus der TPC besitzen. Stammt
die geladene Teilchenspur von einem so genannten V 0 , darf sie aus einem einem größeren Zylinder stammen (30cm Länge und 5cm Radius)3 . Weiters wird Rauschen in den Kalorimetern
entfernt.
Nach dem Cleaning werden die akzeptierten Teilchenspuren bis zu den Kalorimetern extrapoliert und den entsprechenden Kalorimeterobjekten zugeordnet. Die Energie in den Kalorimetern wird entsprechend der Energie der Teilchenspur korrigiert.
Elektronen werden anhand zweier verschiedener Kriterien bestimmt: einerseits durch den differentiellen Energieverlust dE/dx in der TPC und andererseits durch die Energie und SchauerForm im Kalorimeterobjekt, die der Spur zugeordnet wurde. Ist die Energie im Kalorimeter
signifikant größer als die aus der Spur berechnete Energie, wird angenommen, dass die Differenz aus Bremsstrahlungsprozessen stammt, und die Energie der Spur wird dementsprechend
angepasst.
Die Identifikation der Myonen erfolgt über das HCAL und Einträge in der Myonkammer.
Bei der Bestimmung der Energie wird die gemessene Energie im Kalorimeter ignoriert und
ausschließlich aus der Teilchenspur bestimmt.
Nach der Identifizierung der Photonen und der neutralen Pionen verbleiben noch die geladenen und neutralen Hadronen. Die geladenen Spuren, bei denen es sich nicht um Elektronen
und Myonen handelt, werden als geladene Pionen aufgefasst. Die restliche verbleibende Energie
wird den neutralen Hadronen zugeschrieben.
3
V 0 ’s sind Photonen, bzw. Ks0 und Λ, die innerhalb des Detektors in ein geladenes Teilchenpaar zerfallen.
29
Kapitel 5
Teilchen- und Ereignisselektion
In den Analysen in den Kapiteln 6, 7 und 8 wurden verschiedenste Methoden verwendet, um die
experimentellen Daten mit den verschiedenen Modellen zu vergleichen. Im Kapitel 4.4 wurde
bereits besprochen, wie man aus den Rohdaten die 4-Impulse der Teilchen rekonstruieren kann.
In weiterer Folge werden diese Teilchen zu so genannten Jets zusammengefasst.
Durch das in diesem Kapitel kurz erläuterte Selektionsverfahren werden aus allen Ereignissen
diejenigen ausgefiltert, die für diese Arbeit relevant sind.
5.1
Jet Cluster Algorithmus
Mit einer durchschnittlichen Anzahl von 44 quasi-stabilen Teilchen ergeben sich sehr viele Freiheitsgrade pro hadronischem Z-Ereignis ohne Detektor-Effekte1 . Im Detektor treten die gemessenen Teilchen in Form von Teilchenbündeln auf, aus deren kinematischer Information auf die
primären, hochenergetischen Partonen (primäre Quarks und harte Gluonen) Rückschlüsse gezogen werden können. Die Hadronen werden durch einen Cluster-Algorithmus zu Gruppen zusammengefasst, die man Jets nennt. Die Vierer-Vektoren der Jets entsprechen in erster Näherung
den entsprechenden Vierer-Vektoren der primären Partonen.
Zur Veranschaulichung der Jet-Struktur sind in Abbildung 5.1 zwei exemplarische hadronische Z-Ereignisse zu sehen. Intuitiv würde man das linke Ereignis als ein 3-Jet-Event bezeichnen. Man erkennt drei Gruppen von Teilchen, die ungefähr in die selbe Raumrichtung fliegen.
Das rechte Ereignis könnte man als 4-Jet-Event bezeichnen.
Um diese grosse Teilchenzahl den Jets zuzuordnen, benötigt man eine Metrik, die den Abstand zweier Teilchen im Phasenraum vorgibt. Weiters benötigt man ein Schema, das bestimmt,
wie mehrere Teilchen zu einem neuen Pseudo-Teilchen oder Cluster zusammengefügt werden.
Ein Cut Off ycut gibt vor, wie groß der maximale Abstand in der gewählten Metrik zwischen
zwei Teilchen sein darf. Der Cut Off bestimmt damit, wie ’fein’ die Einteilung in Jets ist.
Der Cluster-Algorithmus Jade, entwickelt von der JADE-Kollaboration bei DESY, verwendet die Metrik basierend auf der invarianten Masse von masselosen Teilchen:
ykl :=
2Ek El (1 − cos θkl )
2
Evis
(5.1)
θkl ist der Winkel zwischen zwei Teilchen oder Clustern k und l, Ek und El sind deren
Energien und Evis die totale sichtbare Energie.
1
Drei Freiheitsgrade pro Teilchen, weiters gilt Impuls- und Energieerhaltung, ergibt 3N − 4 Freiheitsgrade
bei N Teilchen
30
- Teilchen- und Ereignisselektion -
Abbildung 5.1: Beispiele für ein 3-Jet- und ein 4-Jet-Ereignis
Theoretische Argumente führten zum Durham-Cluster-Algorithmus [27] mit einer etwas
modifizierten Metrik:
ykl :=
2 · min(Ek2 , El2 )(1 − cos θkl )
2
Evis
(5.2)
Bei kleinen Winkeln zwischen den Teilchen lässt sich die Metrik folgendermaßen umschreiben:
ykl =
2)
(k⊥
ij
2
Evis
(5.3)
Der Durham-Algorithmus entspricht also dem Jade-Algorithmus, wobei die invariante Masse M durch kT ersetzt wurde.
Bei der Zusammenfügung der Teilchen zu einem Cluster bieten sich verschiedene Schemen
an: Addition der 3-Impulse mit anschließender Reskalierung der Energie (P -Schema), Addition der Energien mit anschließender Reskalierung der 3-Impulse (E0 -Schema) oder das im
Durham-Algorithmus verwendete E-Schema, bei dem die Vierer-Impulse addiert werden.
Setzt man dem Cluster-Algorithmus kein Limit, werden alle vorhandenen Teilchen zu einem
einzigen Cluster zusammengefügt. Daher stellt man dem Algorithmus die Bedingung ykl < ycut .
Zum Beispiel erhält man mit ycut = 0.01 eine 3-Jet-Rate von etwa 30%. Die selbe 3-Jet-Rate
würde man mit ycut = 0.001 erhalten, allerdings steigt dann die 4-Jet-Rate ebenfalls auf 30%
an. In einer alternativen Methode kann man dem Cluster-Algorithmus die gewünschte Anzahl
an Jets vorgeben.
Ein Vergleich verschiedener Monte-Carlo-Generatoren zeigt, dass bei einem fixierten y cut
die Multi-Jet-Raten vom jeweiligen Generator abhängen. Tabelle 5.1 vergleicht Daten aus dem
ALEPH-Experiment aus dem Jahre 1994 mit den Monte-Carlo-Generatoren Ariadne ohne
Color Reconnection, Ariadne mit Color-Reconnection, Jetset und Gal. Man erkennt, dass
sich die Jet-Raten bei Aktivierung von Color Reconnection nicht verändern. Weiters ist noch
31
- Teilchen- und Ereignisselektion -
zu beachten, dass die 3-Jet-Rate von Jetset im Vergleich zu den Daten zu hoch ist, während
Ariadne die Daten recht gut beschreibt.
In der weiteren Arbeit wird nur der Cluster-Algorithmus Durham mit einem y cut von 0.01
verwendet.
2 Jets
3 Jets
4 Jets
5 Jets
Data94
65.1%
29.8%
4.8%
0.30%
Ariadne NoCr
64.8%
30.0%
4.8%
0.27%
Ariadne Cr
64.5%
30.3%
4.9%
0.26%
Jetset
63.7%
31.4%
4.6%
0.23%
Gal
63.7%
31.5%
4.6%
0.23%
Tabelle 5.1: Anteile der jeweiligen Multi-Jet-Ereignisse an allen hadronischen Ereignissen auf
Detektor-Level mit dem Cluster-Algorithmus Durham, ycut = 0.01
5.2
Hadronische Vorselektion
In dieser Studie wurden ausschließlich hadronische Ereignisse betrachtet. Es wurden eine Million e+ e− → q q̄ Vernichtungs-Ereignisse aus dem ALEPH-Experiment vom Jahre 1994 verwendet. Entsprechend wurden jeweils eine Million Ereignisse von verschiedenen Monte-CarloGeneratoren verwendet. Bei den Generatoren handelt es sich um Ariadne ohne Color Reconnection, Ariadne mit Color Reconnection, Jetset und Gal. Die Parameter für die beiden
Modelle mit Color Reconnection sind in Anhang B zu finden.
Die Basis für diese Selektion bildet die grosse Anzahl an geladenen Teilchen. Um festzustellen, um was für einen Typ von Ereignis es sich handelt, werden nur die Informationen aus den
geladenen Spuren verwendet.
Die Kriterien (man spricht hier von Cuts), dass ein Ereignis als solches gilt, sind die folgenden:
• Mindestens fünf Spuren eines Ereignisses müssen ’gute’ geladene Spuren sein. Die Bedingungen für eine solche Spur sind:
– Die Spur muss mindestens vier 3-dimensionale Messpunkte in der TPC haben.
– Der kleinste Normalabstand der Spur von der Strahlachse |D0 | darf maximal 2 cm
betragen.
– Der entsprechende axiale Abstand |Z0 | vom Primärvertex darf maximal 10 cm betragen.
– Die Spur darf nicht zu nahe beim Strahlrohr liegen. Daher muss für den Winkel θ
zwischen Strahlachse und geladener Spur gelten: | cos θ| < 0.95.
• Zusätzlich muss die gesamte Energie in allen TPC-Spuren, die obige Bedingungen erfüllen,
mehr als 10% der Schwerpunktsenergie Ecm sein.
32
- Teilchen- und Ereignisselektion -
Im Analysepaket Alpha (ALEPH Physics Analysis Package) können diese Cuts einfach
durch eine ’flag’ abgefragt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von so genannten
Class16-Ereignissen [25].
In weiterer Folge werden alle neutralen Energieflussobjekte mit einer Energie E < 0.6 GeV
vom Ereignis ausgeschlossen.
Die bisher ausgewählten Ereignisse beinhalten noch einen geringen Anteil an γγ und e+ e− →
τ τ Ereignissen. Durch die Verwendung weiterer Cuts auf die Energieflussobjekte kann dieser
Hintergrund beinahe komplett vermieden werden [4, 28]:
• Da sich e+ e− → τ τ Ereignisse durch eine geringe Multiplicity2 auszeichnen, verlangt man
mindestens 12 Energieflußobjekte: NEF LW ≥ 12.
• Bei γγ-Ereignissen ist die sichtbare Energie gering. Daher verlangt man von ihr, dass sie
grösser sein muss als die Strahlenergie: Evis = Σ(Ech+n ) > Ecm /2
Ungefähr 0.6 − 0.7% aller Ereignisse sind von diesem Cut betroffen. Ein weiterer Cut auf
die so genannte Thrust-Achse soll gewährleisten, dass das gesamte Ereignis gut im Detektor
rekonstruiert wird. Der polare Winkel der Thrust-Achse muss sich im Bereich 30 ◦ < θ <
150◦ befinden. Etwa 15% aller Ereignisse werden dadurch von der Analyse ausgeschlossen. Der
Thrust eines Ereignisses ist definiert als:


X |pkj |

(5.4)
T = max 
|pj |
j
Dabei wird die Summe über alle ausgewählten Teilchen gebildet. In dieser Arbeit wurden dazu die geladenen und neutralen Energiefluss-Objekte verwendet. pk ist der Anteil des Impulses,
der parallel zu derjenigen Achse ist, auf der T ein Maximum hat.
0.016
0.016
Data94
0.014
Data94
0.014
Ar NoCR
Jetset
0.012
0.012
Ar CR
Gal
0.01
0.01
0.008
0.008
0.006
0.006
0.004
0.004
0.002
0.002
0
0
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
Abbildung 5.2: Verteilung von | cos θT |, links Daten im Vergleich mit Ariadne ohne und mit
Color Reconnection, rechts mit Jetset und Gal
2
Die Multiplicity ist die Anzahl der Teilchen in einem Ereignis
33
- Teilchen- und Ereignisselektion -
In Abbildung 5.2 ist die Verteilung von | cos θT | in den verschiedenen Modellen zu sehen. θT
ist der Polarwinkel der Thrustachse. Die senkrechte, strichlierte Linie entspricht dem Cut: alle
Ereignisse rechts von ihr werden ausgeschlossen.
5.3
Die Ereignisselektion
Mit verschiedenen Methoden wird versucht, einen Satz von Ereignissen zu erzeugen, in dem die
verschiedenen physikalischen Effekte von Color Reconnection gut sichtbar werden.
Wie in Kapitel 3.2.1 bereits gezeigt wurde, steigt mit der Anzahl der Jets die Wahrscheinlichkeit für Color Reconnection. In den Analysen in dieser Arbeit werden nur 3-Jet-Ereignisse
selektiert. Nach der Class16-Selektion wird der Cluster-Algorithmus Durham mit einem y cut
von 0.01 ausgeführt.
Weiters wurde im selben Kapitel gezeigt, dass es sich mit einer großen Wahrscheinlichkeit
Pjet3 beim energetisch niedrigsten Jet um den Gluonjet handelt. Man spricht hier von der so
genannten Reinheit (engl. Purity). Bevor man durch verschiedene Cuts diese Purity erhöht,
müssen die Jets noch korrigiert werden.
5.3.1
3-Jet Analyse
Bei 3-Jet-Ereignissen handelt es sich um planare Ereignisse. Das bedeutet, dass sich aufgrund
von Energie- und Impulserhaltung alle drei Jets in einer Ebene befinden müssen. Im Experiment
stimmt dies aber nur bedingt, da die Messungen der Teilchenspuren nicht fehlerfrei ist und da
der Detektor nicht alle Teilchen messen kann. Entsprechend liegen die vom Cluster-Algorithmus
erzeugten Impulsvektoren der Jets im allgemeinen nicht in einer Ebene.
Daher werden für alle weiteren Anwendungen die drei Jets in eine Ebene gebracht. Die
Impulsvektoren der beiden energetisch höheren Jets definieren diese Ereignisebene und der
dritte Jet wird in diese Ebene projiziert (siehe Abbildung 5.3).
n
3
φ23
3’
2
φ31
φ12
1
Abbildung 5.3: Projektion des dritten Jets in die Ereignisebene
Die Energieauflösung eines kompletten Ereignisses im ALEPH-Detaktor beträgt ungefähr
10%. Durch diese Eigenschaft des Detektors wird Pjet3 reduziert. Um diesen Effekt zu minimieren, werden unter Verwendung von Energie- und Impulserhaltung sowie unter der Annahme,
dass die Jets masselos sind, die Energien aller drei Jets nach Gleichung (5.5) korrigiert. Dadurch
ergeben sich die reskalierten Energie-Verteilungen der drei Jets wie in Abbildung 5.4.
Ei =
sin φjk
· Ecm
sin φ12 + sin φ23 + sin φ31
34
(i,j,k zyklisch)
(5.5)
- Teilchen- und Ereignisselektion -
0.12
Jet 1
0.1
Jet 2
Jet 3
0.08
0.06
0.04
0.02
0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abbildung 5.4: Verteilungen der reskalierten Jet-Energien aller drei Jets
5.3.2
Cuts
Unter der Annahme, dass es sich beim Jet mit der geringsten Energie um den Gluonjet handelt,
erhält man eine Purity von etwa 70%. Wie in Abbildung 5.5 zu erkennen ist, nimmt die Purity
mit zunehmender Energie des Jets stark ab.
Eine Möglichkeit, die Purity zu erhöhen, ist ein Cut auf die die Dalitz-Variable Z (siehe
Gleichung (3.5)). In dieser Arbeit wird verlangt, dass Z > 0.15 sein muss. In Abbildung 5.6
sieht man die Verteilung der Z-Variable in verschiedenen Modellen verglichen mit den Daten
aus dem Experiment. Die senkrechte, strichlierte Linie entspricht jeweils dem Cut Z > 0.15.
Diese Einschränkung hebt die Purity von 70% auf beinahe 80% an. Allerdings werden rund
45% aller bisher selektierten Ereignisse durch diesen Cut ausgeschlossen, was eine Effizienz von
ungefähr 55% ergibt.
Damit das gesamte Ereignis gut im Detektor rekonstruiert werden kann, legt man als weitere
Bedingung dem Winkel zwischen Beam-Achse ~z und der Normalen zur Ereignisebene ~n plane
folgende Beschränkung auf: ^(~nplane , ~z) ≤ 72.5◦ . Dieser Cut ist eine Verstärkung des Cuts
auf die Thrust-Achse. Dadurch werden von den bisher verbliebenen Ereignissen etwa 20%
ausgeschlossen. Dieser Cut wird in der Analyse in Kapitel 7 nicht verwendet.
Zu einem gewissen Teil befinden sich unter den bisher selektierten Ereignissen noch so genannte FSR-Ereignisse3 , also Ereignisse bei denen eines der primären Quarks ein hochenergetisches Photon emittiert, das im Cluster-Algorithmus einen eigenen Jet bildet. Da diese Ereignisse für Color Reconnection nicht interessant sind, verlangt man als weiteren Cut, dass der
Anteil der elektromagnetischen Energie in jedem Jet kleiner als 95% sein muss. Etwa 1% aller
Ereignisse sind von diesem Cut betroffen.
Die schlussendlich verbleibende Anzahl von Ereignissen für die verschiedenen Analysen sind
in Tabelle 5.2 zu sehen.
3
FSR ... Final State Radiation
35
- Teilchen- und Ereignisselektion -
Kapitel 7
Kapitel 6 und 8
Data94
135799
104496
Ariadne NoCr
132272
101529
Ariadne Cr
132856
102210
Jetset
142739
109588
Gal
135959
104322
Tabelle 5.2: Anzahl der selektierten Ereignisse, die in den Analysen verwendet wurden.
Eine Alternative Methode, die Purity zu erhöhen, verwendet das so genannte b-tagging [29].
Dabei wird für jeden Jet die Wahrscheinlichkeit ermittelt, ob er ursprünglich von einem b-Quark
stammt. Sobald zwei der drei Jets mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von einem b stammen,
wird das Ereignis selektiert und der verbleibende Jet als Gluonjet identifiziert. Durch diese
Methode wird zwar eine höhere Purity als durch Ordnung nach Jetenergie erreicht, allerdings
ist die Anzahl der Ereignisse viel kleiner und bietet daher eine verringerte Statistik.
36
- Teilchen- und Ereignisselektion -
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
Abbildung 5.5: Die Wahrscheinlichkeit Pjet3 , dass es sich beim dritten Jet um einen Gluonjet
handelt, in Abhängigkeit von seiner normierten Energie x3 = 2E3 /Ecm
.
0.018
0.018
0.016
0.016
0.014
0.014
0.012
0.012
0.01
0.01
0.008
0.008
0.006
0.006
0.004
0.004
0.002
0.002
0
0
0
0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5
0
0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5
√
Abbildung 5.6: Dalitz-Variable Z = (x2 − x3 )/ 3, links Daten im Vergleich mit Ariadne ohne
und mit Color Reconnection, rechts mit Jetset und Gal
37
Kapitel 6
Interjet-Analyse
Die erste Analyse beschäftigt sich mit den so genannten Interjetregionen. Dabei handelt es sich
um speziell definierte Sektoren zwischen zwei Jets in der Ereignisebene. Im folgenden werden
jene Teilchen betrachtet, die in diese Regionen propagieren.
Wir beginnen mit zwei verschiedenen Konfigurationen des Color-Strings wie in Abbildung 6.1
dargestellt. Nach dem Lund-String-Modell (siehe Kapitel 2.2.2) entstehen im Gebiet zwischen
zwei Jets, die durch einen Color-String verbunden sind, mehr Teilchen, als zwischen zwei Jets
ohne verbindenden String.
(a)
(b)
Abbildung 6.1: Teilchenproduktion in den Interjetregionen anhand zweier verschiedener Konfigurationen
Da sich in den beiden CR-Modellen Ariadne und Gal die Topologie der Strings entsprechend der Abbildung ändern kann, sollte man durch eine Messung des Teilchenflusses in
Abhängigkeit vom Winkel einen Effekt bemerken (siehe [4] Chap. 4.1.5 und [3]).
6.1
Methode
Der Cluster-Algorithmus verwendet sowohl die geladenen als auch die neutralen EnergieflussObjekte zur Bildung der Jets. Die Ereignisse werden entsprechend Kapitel 5.3 selektiert. Die
drei Jets werden sortiert nach ihren Energien, so dass E1 > E2 > E3 . Durch die beiden
hochenergetischen Jets wird eine Ereignisebene definiert und wie in Kapitel 5.3.1 beschrieben
der dritte Jet in diese Ebene projiziert. Der Azimuthwinkel ist von Jet 1 (φ = 0) über Jet 2
(φ = φ12 ) und dem Jet 3 (φ = φ12 + φ23 ) zurück zum Jet 1 (φ = 2π) definiert.
38
- Interjet-Analyse -
t
n
φ23
3
tp
2
φ31
φ12
1
Abbildung 6.2: Projektion einer Teilchenspur ~t in die Ereignisebene: ~t → ~tp
Jet 3
Jet 3 ’
β8
α8
Jet 1
α1
Jet 1
α2
α4
β1
β2
β4
Jet 2
Jet 2 ’
Abbildung 6.3: links: Alle Teilchenspuren ti werden in die Ereignisebene der drei Jets projiziert
(die Ordnung der Jets gegen Uhrzeigersinn ist zu beachten). Die Winkel α i sind vom jeweils
vorigen Jet gegen Uhrzeigersinn zu zählen. rechts: Die Winkel zwischen den drei Jets werden
so reskaliert, dass sie identisch sind. Entsprechend werden die Winkel αi zu βi transformiert.
In gleicher Weise wird nun mit den Spuren aller Teilchen verfahren1 . Wie in Abbildung 6.2
dargestellt, wird jeder einzelne dieser Tracks ~t in die Ereignisebene projiziert. Man erhält die
projizierten Spuren ~tp .
Da die Winkel zwischen den Jets φik je nach Ereignis noch stark variieren, müssen für die
weitere Analyse alle Winkel im Ereignis reskaliert werden. Von jeder Spur ~tp (i, k) zwischen den
Jets i und k (ikl zyklisch) wird αt , der Winkel zum Jet i, ermittelt. Alle Winkel werden nun so
reskaliert, dass die φ0ik zu eins werden. Nun liegt Jet 1 bei φ0 = 0 bzw. φ0 = φ012 + φ023 + φ013 = 3,
Jet 2 bei φ0 = φ012 = 1 und Jet 3 bei φ0 = φ012 + φ023 = 2. Analog werden die Winkel der Spuren
reskaliert : αt → βt = αt /φik (siehe Abbildung 6.3).
Die entsprechende Verteilung des Teilchenflusses ist in Abbildung 6.4 zu sehen. Die experimentellen Daten werden durch alle Modelle relativ gut beschrieben, obwohl das χ 2 /NF G einen
sehr hohen Wert hat.
Durch die Division der Histogramme kann man diejenigen Bereiche erkennen, die auf Color
1
In dieser Analyse werden die geladenen und neutralen Energiefluss-Objekte verwendet.
39
- Interjet-Analyse -
Data94
Ar NoCR
Jetset
Ar CR
1
10
Data94
Gal
1
-1
10
-1
1.1
1.1
1
1
0.9
0.9
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
Abbildung 6.4: oben: Teilchenfluss von Daten und den verschiedenen Modellen. Ariadne:
χ2no /NF G = 12.0, χ2cr /NF G = 9.6, Jetset χ2no /NF G = 6.1, χ2cr /NF G = 8.3. Die grau hinterlegten Zonen entsprechen den Interjetregionen. unten: Vergleich der verschiedenen Modelle
durch Division der Daten mit den Modellen.
Reconnection sensitiv reagieren. In den so genannten Intrajetregionen unterscheiden sich die
jeweiligen Modelle nur minimal, während in den Interjetregionen signifikante Abweichungen zu
erkennen sind.
Um diese Unterschiede zu quantifizieren, definiert man in der Ereignisebene zwischen allen
Jets ein Kreissektor als Interjetregion. Hier wurde diese Region so gewählt, dass 0.2 < β < 0.8.
Nik ist die Anzahl aller geladenen und neutralen Teilchen2 , die in den jeweiligen Interjetsektor
zwischen den beiden Jets i und k propagieren (siehe Abbildung 6.5).
Eine interessante Möglichkeit, Effekte durch Color Reconnection sichtbar zu machen, ist das
Verhältnis zwischen den Teilchenflüssen R [30]:
R=
N13
N12
(6.1)
R entspricht also dem Verhältnis vom Teilchenfluss zwischen dem Gluonjet und dem hochenergetischen Quarkjet zum Teilchenfluss zwischen den beiden Quarkjets.
2
Neutrale Teilchen mit einer Energie E < 0.6 sind davon ausgeschlossen.
40
- Interjet-Analyse -
Jet 3
0.2
1
60%
N31
N23
N12
Jet 1
Jet 2
Abbildung 6.5: Nik ist die Anzahl der Teilchen, die in die entsprechende Interjetregion zwischen
den beiden Jets i und k propagieren. Die Interjetregionen befinden sich zwischen 0.2 und 0.8
in der jeweiligen Region, was 60% des gesamten Kreissektors entspricht.
Abbildung 6.6: Bik = min(β10 , β20 , ...) ist der kleinste Winkel zwischen den einzelnen Tracks ~tp,j
und der Winkelsymmetrale zwischen den Jets i und k.
41
- Interjet-Analyse -
Alternativ dazu bietet sich die so genannte Asymmetrie AN 1 , bzw. AN 2 an [3]:
AN 1 =
N31 − N12
N31 + N12
(6.2)
AN 2 =
N31 + N23 − N12
N31 + N23 + N12
Der Grund für die Asymmetrie AN 1 liegt in der Ordnung der Winkel zwischen den Jets
nach φ12 > φ13 > φ23 Zwar erstreckt sich φ23 über einen Bereich von 20◦ − 110◦ , allerdings
überlappen sich in den Fällen mit kleinem φ23 teilweise die beiden Jets 2 und 3. In solchen
Fällen ist es sehr schwer, eine klar definierte Interjetregion zu erkennen.
Anstatt dem Teilchenfluss kann man auch den Winkel Bik zur Bildung einer AsymmetrieObservable verwenden. Bik ist der kleinste Winkel zwischen den projizierten Spuren ~tp,j und
~ik (siehe Abbildung 6.6):
der Winkelsymmetrale zwischen den beiden Jets i und k, S
~ik )
Bik := min ^(~tp,j , S
(6.3)
Analog zu AN 1 und AN 2 ergeben sich die angularen Asymmetrien AB1 und AB2 :
AB1 =
B31 − B12
B31 + B12
(6.4)
AB2 =
B31 + B23 − B12
B31 + B23 + B12
Wieder gilt, dass die erste Asymmetrie der zweiten vorzuziehen ist.
6.2
Ergebnisse
Verhältnis R
Im Mittel sind pro Ereignis N12 ≈ 1.3, N23 ≈ 3.9 und N13 ≈ 2.3. Für R aus Gleichung (6.1)
wurden aus jedem Ereignis die Teilchenflüsse Nik aufaddiert zu den gesamten Teilchenflüssen
tot . Daraus ergibt sich das entsprechende Verhältnis Rtot = N tot /N tot .
Nik
13
12
Bei Aktivierung von CR erwartet man einen geringeren Teilchenfluss in den Interjetregionen
zum Gluonjet, dafür einen höheren Fluss zwischen den Quarkjets. Entsprechend sollte Rtot
kleiner werden.
Wie man in Tabelle 6.1 erkennt, ist ohne CR die Rate von Ariadne zu hoch. Das Verhältnis
von Jetset ist zwar niedriger als das von den Daten, befindet sich allerdings immer noch
innerhalb des Fehlers. Mit CR sinkt in beiden Modellen wie erwartet das Verhältnis, was bei
Ariadne einer Verbesserung entspricht, hingegen bei Jetset einer Verschlechterung.
Asymmetrie
Bei dieser Analyse werden von jedem selektierten Ereignis die verschiedenen Asymmetrien aus
den Gleichungen (6.2) und (6.4) errechnet. Alle Histogramme in den Abbildungen 6.7 und 6.8
sind auf die Anzahl der 3-Jet-Ereignisse normiert.
Die Werte aller Asymmetrien liegen im Intervall [−1, 1]. Im Falle von AN 1 und AN 2 haben
beinahe 40% aller Ereignisse Einträge bei AN 1 = 1, bzw. AN 2 = 1. In Abbildung 6.7 werden
42
- Interjet-Analyse -
Rtot
Data94
1.733 ± 0.037
Ariadne NoCr
1.936 ± 0.042
Ariadne Cr
1.867 ± 0.041
Jetset
1.672 ± 0.035
Gal
1.609 ± 0.049
tot /N tot für Daten und Modelle, die Fehler entsprechen den
Tabelle 6.1: Verhältnis Rtot = N13
12
statistischen Fehlern
zur besseren Darstellung diese Einträge nicht mitberücksichtigt. Da bei AN 2 wenige negative
Werte vorkommen, werden hier nur die Werte im Intervall [0, 1] dargestellt.
Die entsprechenden Histogramme für AN 1 und AN 2 sind in Abbildung 6.7, die für AB1 und
AB2 in Abbildung 6.8 zu finden. Der quantitative Vergleich durch den χ2 -Test (siehe Anhang
A) ist in Tabelle 6.2 zu sehen.
Die willkürlich erscheinenden Asymmetrie-Verteilungen von AN 1 und AN 2 resultieren aus
der Division von kleinen, natürlichen Zahlen. Die Werte von Ariadne bei niederen Werten liegt
tendenziell unter denen der experimentellen Daten, bei höheren Werten darüber. Vergleicht man
die Verteilungen über den gesamten Bereich, werden die Unterschiede durch Aktivierung von
CR kleiner. Die Verbesserung des Modells ist auch in Tabelle 6.2 zu sehen: der χ 2 -Test zeigt,
dass Ariadne ohne CR ein mindestens doppelt so großes χ2 wie mit CR hat.
Ein wenig chaotischer ist das Verhalten von Jetset. Qualitativ lässt sich durch den Vergleich der Histogramme keine Verbesserung des Fits durch die Aktivierung von CR durch Gal
feststellen. Der χ2 -Test zeigt bei AN 1 eine Verschlechterung, bei AN 2 eine Verbesserung des
Modells.
Bei den Verteilungen der angularen Asymmetrien AB1 und AB2 in Abbildung 6.8 zeigt Ariadne in etwa wieder das selbe Verhalten. Bei niedrigen Werten hat Ariadne systematisch zu
viele Einträge, bei hohen Werten zu wenige. In beiden Bereichen werden die Daten durch Ariadne mit CR besser beschrieben. Weiters kann man die Verbesserung des Modells durch den
Vergleich der χ2 /NF G in Tabelle 6.2 sowie durch den Vergleich der Mittelwerte der Verteilungen
in Tabelle 6.3 sehen.
Ohne CR werden die angularen Asymmetrien der Daten durch Jetset relativ gut simuliert,
wie auch an χ2 zu erkennen ist. Allerdings verschlechtert der Monte-Carlo-Generator Gal diese gute Übereinstimmung drastisch, wie sowohl in Abbildung 6.8 als auch in Tabelle 6.2 und
Tabelle 6.3 zu erkennen ist.
In diesen Analysen ist das Verhalten der beiden Modelle Ariadne und Jetset jeweils mit
CR das selbe, allerdings gibt es in beiden Modellen ohne CR schon relativ grosse Unterschiede.
Bei Ariadne führt die Aktivierung von CR zu einer Verbesserung, bei Jetset hingegen eher
zu einer schlechteren Beschreibung der Daten. Es lässt sich also durch diese Analysen nicht
eindeutig erkennnen, ob die Modelle mit CR eher der Natur entsprechen als diejenigen ohne
CR. Die Tendenz ist die selbe wie in [31].
43
- Interjet-Analyse -
0.25
Data94
0.2
Data94
Ar NoCR
Jetset
0.2
Ar CR
Gal
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2
0
0.2 0.4 0.6 0.8
0
-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2
1
Data94
0.2
0
0.2 0.4 0.6 0.8
1
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
Data94
0.2
Ar NoCR
Jetset
Ar CR
Gal
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
0
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
0
Abbildung 6.7: oben: Asymmetrie AN 1 , links: Asymmetrie AN 2 , links: Vergleich Daten mit
Ariadne, rechts: Vergleich Daten mit Jetset
44
- Interjet-Analyse -
0.16
0.16
Data94
0.14
0.12
Ar NoCR
Jetset
Ar CR
0.12
Gal
0.1
0.1
0.08
0.08
0.06
0.06
0.04
0.04
0.02
0.02
0
0.2 0.4 0.6 0.8
0.18
Data94
0.16
Ar NoCR
0.14
Ar CR
0
-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2
1
(1/Nev)(dN/dAB2)
0
-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2
0.12
0.16
Jetset
0.14
Gal
0.08
0.06
0.06
0.04
0.04
0.02
0.02
0
-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2
1
1
0.12
0.08
0.2 0.4 0.6 0.8
0.2 0.4 0.6 0.8
Data94
0.1
0
0
0.18
0.1
0
-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2
Data94
0.14
0
0.2 0.4 0.6 0.8
1
Abbildung 6.8: oben: angulater Asymmetrie AB1 , links: angulare Asymmetrie AB2 , links: Vergleich Daten mit Ariadne, rechts: Vergleich Daten mit Jetset
45
- Interjet-Analyse -
Ar NoCr
Ar Cr
Jetset
Gal
AN 1
23.5
11.8
10.7
14.7
AN 2
19.2
6.5
9.1
5.7
AB1
24.8
7.0
7.7
17.1
AB2
34.4
8.0
6.0
19.7
Tabelle 6.2: χ2 /NF G der Asymmetrien AN 1 und AN 2 und der angulare Asymmetrien AB1 und
AB2 für die in den Abbildungen 6.7 und 6.8 dargestellten Bereiche
< AB1 >
σ
< AB2 >
σ
Data94
-0.173
0.509
0.071
0.450
Ariadne NoCr
-0.205
0.506
0.039
0.450
Ariadne Cr
-0.188
0.509
0.057
0.453
Jetset
-0.164
0.503
0.078
0.450
Gal
-0.146
0.509
0.100
0.447
Tabelle 6.3: Mittelwerte und Halbwertsbreiten der angularen Asymmetrie-Verteilungen A B1
und AB2 in Daten und verschiedenen Modellen.
46
Kapitel 7
Impulsspektren
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Impulsverteilungen geladener Teilchen in den einzelnen
Jets. Wie schon in Kapitel 3.2.2 gezeigt wurde, sind die Effekte von Color Reconnection speziell
im energetisch niedrigsten Jet zu erwarten. Erste Ergebnisse dazu sind in [5] zu finden.
7.1
Methode
Anstatt dem direkten Vergleich der Teilchenimpulsverteilungen zwischen den Daten und Modellen werden bei dieser Methode die Verteilungen der skalierten Impulse xi bzw. x0i der Teilchen
betrachtet:
2|~
pi |
Ecm
|~
pi |
x0i =
Ejet(i)
xi =
(7.1)
(7.2)
Diese Variablen bezeichnet man als Feynman x-Variablen bzw. als skalierte Impulse des
Teilchens i. Die Verteilung von x0i nennt man die Fragmentations-Funktion [4, 32, 33].
Indem man anstelle der xi den Logarithmus ln(xi ) aufträgt, werden die vielen Teilchen im
kleinen Bereich niedriger Impulse, also 0.1 GeV < |~
pi | < 1 GeV, auf einen großen Bereich
−6 < ln(xi ) < −4 gestreckt. Im Gegenzug werden die wenigen Teilchen im großen Bereich
hoher Impulse auf einen kleineren Bereich gestaucht.
Die Ereignisse werden entsprechen Kapitel 5.3.2 selektiert. Einzige Ausnahme bildet der Cut
auf den Winkel zwischen Strahl-Achse und der Normalen auf die Ereignisebene.
Durch den Durham-Cluster-Algorithmus wird gewährleistet, dass jedes Teilchen genau einem
Jet zugeordnet ist. In den Abbildungen 7.1, 7.2, 7.3 und 7.4 sind die Verteilungen der skalierten
Impulse xi und x0i aller geladener Teilchen in den jeweils zugeordneten Jets aufgetragen. Da alle
Verteilungen auf die Anzahl der 3-Jet-Ereignisse normiert sind, zeigen sie eine hohe Sensitivität
auf die mittlere Anzahl geladener Teilchen im Jet.
7.2
Ergebnisse
In Tabelle 7.1 sind die χ2 /NF G -Werte für die Verteilungen in den Abbildungen 7.1, 7.2, 7.3 und
7.4 zu finden. Die Verteilungen von Jet 3 wurden jeweils in verschiedene Bereiche unterteilt
und deren χ2 /NF G getrennt ermittelt.
47
- Impulsspektren -
Abbildung 7.1 zeigt die ln(x)-Verteilungen von Daten im Vergleich mit Ariadne. Der hochenergetische Jet 1 wird durch beide Modelle, Ariadne mit oder ohne CR, gut beschrieben.
Die Übereinstimmung mit den Daten wird auch durch die χ2 /NF G von 2.42, bzw. 1.88 gezeigt.
Die beiden Modelle unterscheiden sich kaum voneinander.
Auch beim energetisch niedrigeren Jet 2 stimmen die beiden Modelle untereinander gut
überein. Der Vergleich mit den Daten zeigt allerdings, dass in beiden Modellen zu wenig Teilchen
mit niederen Impulsen (−6 < ln(x) < −4) auftreten. Die schlechtere Beschreibung der Daten
ist durch einen Vergleich der χ2 in Tabelle 7.1 zu erkennen.
Im Jet 3 unterscheiden sich die beiden Modelle stark voneinander. Bei Ariadne ohne CR
treten verstärkt Teilchen mit niederen und mittleren Impulsen auf, während mit CR eher Teilchen mit hohen Impulsen auftreten. Die physikalische Erklärung dieses Phänomens ist in Kapitel 3.2.2 zu finden. Der Vergleich mit den Daten zeigt allerdings bei beiden Modellen Schwächen
auf. Im Bereich −5.5 ≤ ln(x) < 4.5 liefern beide Modelle zu wenig Teilchen. Dagegen werden
im Bereich −3.5 ≤ ln(x) < −2.5 die Daten von beiden Modellen deutlich besser beschrieben,
was auch in den χ2 zu erkennen ist. Speziell im Bereich hoher Impulse −2.5 ≤ ln(x) < −1.5
werden die Daten durch die Aktivierung von CR besser beschrieben, wie in Tabelle 7.1 zu sehen
ist.
Wie in Abbildung 7.2 und Tabelle 7.1 zu sehen ist, beschreiben Jetset und Gal die beiden
hochenergetischen Jets 1 und 2 relativ gut.
Die Unterschiede zwischen Jetset und Gal werden wieder im dritten Jet sichtbar. Wie
bei Ariadne wird das Spektrum durch die Aktivierung von CR härter. Qualitativ werden
die Daten durch Gal besser beschrieben als durch Jetset. In den χ2 ist zu erkennen, dass
speziell im mittleren und hohen Impulsbereich das Modell mit CR die Daten besser beschreibt
als ohne. Im Bereich niederer Impulse, also −5.5 ≤ ln(x) < 4.5, liefert Gal wie die beiden
Ariadne-Modelle zu wenig Teilchen.
In Abbildung 7.3 und 7.4 sind die Fragmentations-Funktionen der Daten und der verschiedenen Modelle aufgetragen. Das Verhalten von Ariadne und Jetset ist in allen drei Jets in
etwa das selbe. In Jet 1 werden in allen Modellen zu viele Teilchen mit hohen Impulsen x 0 > 0.8
erzeugt. Der zweite Jet hingegen wird recht gut durch die Modelle beschrieben. In beiden Jets
gibt es kaum sichtbare Unterschiede zwischen den Modellen mit oder ohne CR.
Im dritten Jet werden in beiden Modellen Ariadne und Jetset ohne CR im Impulsbereich
0
x > 0.4 zu wenige Teilchen erzeugt. Wie erwartet steigt durch die Aktivierung von CR der
Anteil der hochenergetischen Teilchen an. Der χ2 -Test zeigt, dass Ariadne mit CR in der
Tat den Bereich hoher Impulse besser beschreibt als Ariadne ohne CR, allerdings im Bereich
x0 < 0.3 die Daten schlecht beschreibt. Hingegen bei Jetset erkennt man in allen Bereichen
eine Verbesserung durch die Aktivierung von CR.
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich auch aus dieser Analyse keine eindeutige Aussage
über CR schließen lässt. Bei den Teilchen mit hohen Impulsen liefern die Modelle mit CR eine
Verbesserung, während bei niederen Impulsen tendenziell eine Verschlechterung eintritt.
48
- Impulsspektren -
Data94
0.3
Data94
Ar NoCr
0.25
Ar Cr
Ar Cr
0.2
0.2
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
-7
Ar NoCr
0.25
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
-7
0
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
Data94
0.25
Ar NoCr
Ar Cr
0.2
0.15
0.1
0.05
0
-7
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
Abbildung 7.1: Verteilungen von ln(xi ) = ln(pi /2Ecm ) von allen geladenen Teilchen für Daten
und Ariadne, links oben für den energetisch höchsten Jet 1, rechts oben für Jet 2 und links
unten für den niederenergetischen Jet 3.
49
- Impulsspektren -
0.3
Data94
0.3
Jetset
0.25
Jetset
0.25
Gal
Gal
0.2
0.2
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
-7
Data94
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
-7
0
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
Data94
0.25
Jetset
Gal
0.2
0.15
0.1
0.05
0
-7
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
Abbildung 7.2: Verteilungen von ln(xi ) = ln(pi /2Ecm ) von allen geladenen Teilchen für Daten
und Jetset, links oben für den energetisch höchsten Jet 1, rechts oben für Jet 2 und links
unten für den niederenergetischen Jet 3.
50
- Impulsspektren -
Data94
1
Data94
1
Ar NoCr
-1
10
Ar NoCr
Ar Cr
10
-1
Ar Cr
-2
10
10
-2
-3
10
10
-3
-4
10
10
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
-4
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
1
Data94
10
Ar NoCr
-1
Ar Cr
10
10
10
-2
-3
-4
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
Abbildung 7.3: Verteilungen von x0i = pi /Ejet von allen geladenen Teilchen für Daten und
Ariadne, links oben für den energetisch höchsten Jet 1, rechts oben für Jet 2 und links unten
für den niederenergetischen Jet 3.
51
- Impulsspektren -
Data94
1
Data94
1
Jetset
-1
10
10
10
10
Jetset
10
Gal
-2
10
-3
10
-4
10
10
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
-1
Gal
-2
-3
-4
-5
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
1
Data94
10
Jetset
-1
Gal
10
10
10
10
-2
-3
-4
-5
0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9
1
Abbildung 7.4: Verteilungen von x0i = pi /Ejet von allen geladenen Teilchen für Daten und
Jetset, links oben für den energetisch höchsten Jet 1, rechts oben für Jet 2 und links unten
für den niederenergetischen Jet 3.
52
- Impulsspektren -
Ar NoCr
Ar Cr
Jetset
Gal
NF G
ln(x)jet1
2.71
2.11
2.48
4.11
60
ln(x)jet2
4.88
5.81
1.46
1.10
55
ln(x)jet3
13.12
13.55
8.95
4.93
47
ln(x)jet3 (−5.5 ≤ ln(x) < −4.5)
21.27
41.21
4.46
14.42
10
ln(x)jet3 (−4.5 ≤ ln(x) < −3.5)
5.16
12.63
10.82
2.61
10
ln(x)jet3 (−3.5 ≤ ln(x) < −2.5)
5.57
1.73
5.94
1.68
10
ln(x)jet3 (−2.5 ≤ ln(x) < −1.5)
25.51
5.91
18.16
3.59
10
x0jet1
1.91
1.98
2.18
4.13
100
x0jet2
3.14
3.30
1.23
1.72
100
x0jet3
6.44
6.07
6.60
3.14
100
x0jet3 (0 ≥ x0 > 0.3)
4.88
14.65
5.48
3.32
30
x0jet3 (0.3 ≥ x0 > 0.6)
9.99
3.64
10.53
4.17
30
x0jet3 (0.6 ≥ x0 > 0.9)
5.63
1.59
5.25
2.52
30
Tabelle 7.1: χ2 /NF G für die Impulsverteilungen ln(xi ) = ln(2pi /Ecm ) in den verschiedenen Jets
und x0i = pi /Ejet
53
Kapitel 8
Rapidity-Gap-Analyse
Die Sensitivität auf Color Reconnection kann durch zwei zusätzliche Selektionen erhöht werden.
Entweder verlangt man im energetisch niedrigsten Jet einen so genannten Rapidity Gap, oder
eine gewisse minimale Rapidität der geladenen Teilchen, was in gewisser Weise ebenfalls einem
Rapidity Gap entspricht [6, 28]. In diesem Kapitel werden unter Verwendung dieser Cuts die
Teilchenzahl und Gesamtladung im dritten Jet untersucht.
8.1
Methode
Die Rapidität ist folgendermaßen definiert:
E + pk
E + pk
1
y = ln
= ln
2
E − pk
m⊥
q
m⊥ = m2 + p2⊥
(8.1)
(8.2)
wobei E die Energie des Teilchens und pk , bzw. p⊥ die Komponente des Impuls parallel,
bzw. normal zur Jet-Achse sind. m ist die Masse des Teilchens. In weiterer Folge wird für alle
geladenen Teilchen angenommen, dass ihre Masse gleich der Pion-Masse m π = 139.6 MeV [11]
ist.
Im Falle von masselosen Teilchen wird die Rapidität zur Pseudo-Rapidität η = − ln(tan(θ/2))
mit θ als Winkel zwischen dem Impuls-Vektor und der Jet-Achse. Damit entspricht einem kleinen θ ein großes η.
Die 3-Jet-Analyse, beschrieben in Kapitel 5.3, wird verwendet. Im energetisch niedrigsten
Jet 3 wird von allen geladenen Teilchen die Rapidität errechnet. In Abbildung 8.1 sind für die
Daten und verschiedenen Modelle die Rapiditäts-Verteilungen aufgetragen.
Zu beachten sind die negativen y-Werte. Einige niederenergetische Teilchenspuren, die in
die entgegengesetzte Richtung wie der Jet propagieren, werden durch die Metrik im ClusterAlgorithmus trotzdem diesem Jet zugeordnet. Durch das negative pk muss (E + pk )/m⊥ < 1
werden und damit y < 0. In dieser Analyse stellen diese Teilchen aber kein Problem dar.
Eine Erhöhung der Sensitivität auf Color Reconnection erhält man durch zwei verschiedene
Bedingungen. In der ersten Möglichkeit wird verlangt, dass die kleinste Rapidität der geladenen
Teilchen ymin in Jet 3 einen gewissen Wert nicht unterschreiten darf. In dieser Analyse wurde
ymin = 1.7 gewählt. Bei masselosen Teilchen würde diese Wahl bedeuten, dass der Winkel θ
kleiner als 20.7◦ sein muss. In Abbildung 8.3 oben ist die Verteilung von ymin zu sehen. Die
strichlierte Linie entspricht dem Cut.
54
- Rapidity-Gap-Analyse -
Data94
Data94
10
-2
Ar NoCR
10
-2
Jetset
Ar CR
10
10
10
Gal
-3
10
-4
10
-5
-1
10
0
1
2
3
4
5
6
-3
-4
-5
-1
0
1
2
3
4
5
6
Abbildung 8.1: Die Verteilungen der Rapidität geladenen Teilchen in Jet 3 y, links Daten und
Ariadne mit und ohne Color Reconnection, rechts Daten, Jetset und Gal.
Leading
Part
Abbildung 8.2: Rapiditäts-Gap schematisch.
Alternativ dazu betrachtet man Ereignisse, in denen der dritte Jet einen so genannten Rapidity Gap hat. Dazu werden alle geladenen Teilchen nach ihrer Rapidität sortiert. Nun bestimmt
man den größten Rapiditäts-Unterschied ∆ymax zwischen zwei benachbarten Teilchen, d.h. in
diesem Jet müssen sich mindestens zwei geladene Teilchen befinden. Die Rapiditäts-Verteilung
von Ereignissen mit einem großen ∆ymax sehen schematisch aus wie in Abbildung 8.2. Der
Anteil des Jets mit den hohen Rapiditäten nennt man Leading Part. In dieser Arbeit wurden
Ereignisse selektiert, bei denen ∆ymax > 1.7. Die entsprechende Abbildung 8.3 unten zeigt die
Verteilung von ∆ymax und den Cut von 1.7.
Durch diese beiden verschiedenen Selektionsverfahren wird die Anzahl der bisher selektierten
Ereignisse stark reduziert. Durch den ymin -Cut bleiben von den ursprünglichen 100000 3-JetEreignissen etwa 8100 Ereignisse, durch den ∆ymax -Cut sogar nur 3700 übrig. Weiters verringert
sich in beiden Fällen die Gluonjetpurity des dritten Jets Pjet3 (vergleiche Kapitel 5.3.2). Wird
ymin > 1.7 verlangt, reduziert sich die Purity auf ungefähr 58%, verlangt man hingegen ∆ymax ,
verringert sie sich auf 64%.
55
- Rapidity-Gap-Analyse -
Data94
Data94
Ar NoCR
10
10
10
10
Ar CR
-3
10
-4
-1 -0.5
10
Jetset
-2
10
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
-2
Gal
-3
-4
-1 -0.5
0
0.5
1
1.5
2
2.5
10
10
3.5
4
-1
Data94
Data94
Ar NoCR
10
3
-2
Jetset
Ar CR
10
-3
10
-4
-1 -0.5
10
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
-2
Gal
-3
-4
-1 -0.5
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
Abbildung 8.3: Verteilungen von Rapiditäts-Minimum ymin und maximaler Rapiditäts-Gap
∆ymax , links Daten und Ariadne, rechts Daten und Jetset.
56
- Rapidity-Gap-Analyse -
In weiterer Folge wird nun von verbliebenen Ereignissen die Anzahl der geladenen Teilchen
in Jet 3 bzw. im Leading Part sowie deren gesamte Ladung bestimmt. Bezüglich der neutralen
Teilchen im Jet werden keine Bedingungen gestellt. Daher dürfen neutrale Teilchen im Gap
liegen.
8.2
Ergebnisse
Die folgenden Verteilungen in den Abbildungen 8.4, 8.5 und 8.6 sind alle auf die jeweilige
Anzahl an Ereignissen normiert.
Die Verteilungen der Teilchenzahlen und Gesamtladungen in Jet 3 ohne die beiden Cuts
sind in Abbildung 8.4 zu sehen.
Tendenziell befinden sich bei den Modellen ohne CR mehr Teilchen in Jet 3 als mit CR. Im
Speziellen ist dieser Unterschied bei Nch = 2 zu beobachten. Hier ergeben die Modelle ohne
CR zu wenige Ereignisse, mit CR zu viele. Der Vergleich der Teilchenzahlverteilung zeigt, dass
im Vergleich zu den anderen Modellen Gal die Daten besser beschreibt. Dieses Verhalten ist
auch an den χ2 /NF G in Tabelle 8.1 abzulesen.
Bei der Ladungsverteilung herrscht in den Daten eine kleine, in allen Modellen eine größere
Asymmetrie vor. Wie in Abbildung 8.4 zu erkennen ist, treten immer mehr Ereignisse mit einer
positiven als mit einer negativen Ladung auf. Dabei handelt es sich um einen Detektoreffekt,
bei dem Protonen aus dem Detektormaterial geschlagen werden. Bei Q = 0 ist sowohl bei
Ariadne als auch bei Jetset der größte Effekt durch CR zu beobachten. Ariadne ohne CR
beschreibt hier die Daten besser als mit CR, bei Jetset liegen die Daten zwischen den beiden
Modellen.
In Abbildung 8.5 sind die entsprechenden Verteilungen mit ymin > 1.7 zu sehen. In der
Teilchenzahlverteilung unterscheiden sich die Modelle ohne CR speziell bei Nch = 2 und Nch = 3
sehr stark von den Daten. Die Aktivierung von CR hat sowohl bei Ariadne als auch bei
Jetset einen zu starken Effekt zur Folge. Dadurch werden die Datenpunkte von keinem der
vier Modelle befriedigend beschrieben.
Bei der Ladungsverteilung ist keine signifikante Asymmetrie festzustellen. Im Vergleich mit
den Daten erzeugen die Modelle ohne CR zu wenige Ereignisse mit Qjet3 = 0, dafür zu viele
mit Qjet3 = ±1 und Qjet3 = ±2. Wieder ist der Effekt durch CR bei beiden Modellen zu
stark. Der quantitative Vergleich der Diagramme durch den χ2 -Test (Tabelle 8.1) zeigt, dass
sowohl Ariadne als auch Jetset jeweils mit CR die Daten besser beschreibt als ohne. Wie
zu erkennen ist, rührt der Großteil der Verbesserung von Qjet3 = 0 her, obwohl keines der vier
Modelle in diesem Bereich akzeptabel ist.
In Abbildung 8.6 sind die Teilchenzahl- und Gesamtladungsverteilung im Leading Part zu
sehen. In den meisten Fällen besteht der Leading Part aus nur einem geladenen Teilchen, daher
stammen auch die beiden Peaks bei Qjet3 = ±1.
Die beiden Ariadne-Verteilungen unterscheiden sich qualitativ nicht sehr stark voneinander. Jetset hat im Vergleich zu den Daten zu viele Leading Parts mit nur einem geladenen
Teilchen und entsprechen zu wenig mit mehr Teilchen. Gal beschreibt diese Verteilung besser.
Die Ladungsverteilung im Leading Part mit ∆ymax > 1.7 unterscheidet sich von den bisherigen Ladungsverteilungen. Im Gegensatz zur Ladungsverteilung aus Abbildung 8.4 treten in
den Daten mehr Leading Parts mit einer negativen Gesamtladung auf. Aufgrund der relativ geringen Anzahl an Ereignissen mit ∆ymax > 1.7 und der verringerten Sensitivität bei Q = 0 sind
hier keine definitiven Schlüsse möglich, da es sich dabei wahrscheinlich um eine Fluktuation
handelt. Qualitativ erkennt man sowohl bei Ariadne als auch bei Jetset eine Verbesserung
57
- Rapidity-Gap-Analyse -
durch CR, was in beiden Fällen durch den χ2 -Test bestätigt wird.
Da für die Analyse mit ∆ymax > 1.7 zu wenig Ereignisse zur Verfügung stehen, ist das
Ergebnis nicht als signifikant einzustufen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die Selektion nach ymin zwar eine Verbesserung
in den χ2 zu erkennen ist, allerdings Color Reconnection einen zu starken Effekt verursacht. Die
Selektion nach ∆ymax verringert einerseits die Anzahl der Ereignisse sehr stark, andererseits ist
die Sensitivität bei Q = 0 geringer als bei der ymin -Analyse. Daher sind aus der ∆ymax keine
Schlüsse zulässig.
58
- Rapidity-Gap-Analyse -
Data94
0.16
Data94
0.16
Jetset
Ar NoCR
0.14
0.14
Gal
Ar CR
0.12
0.12
0.1
0.1
0.08
0.08
0.06
0.06
0.04
0.04
0.02
0.02
0
0
0
2
4
6
8
10
0.3
12
14
0
4
6
8
10
12
0.3
Data94
Ar NoCR
0.25
2
14
Data94
Jetset
0.25
Ar CR
Gal
0.2
0.2
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
0
-6
-4
-2
0
2
4
6
-6
-4
-2
0
2
4
6
Abbildung 8.4: Teilchenzahl- (Nch bezieht sich auf untere Grenze) und Ladungsverteilung in
Jet 3 für alle Ereignisse, selektiert nach Kapitel 5.3, links Daten und Ariadne, rechts Daten
und Jetset.
59
- Rapidity-Gap-Analyse -
Data94
Data94
0.3
0.3
Ar NoCR
Ar CR
0.25
Jetset
Gal
0.25
0.2
0.2
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
0
0
2
4
6
8
10
0.45
12
14
0
Ar NoCR
6
8
10
12
Jetset
Gal
0.35
0.3
0.3
0.25
0.25
0.2
0.2
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
14
Data94
0.4
Ar CR
0.35
4
0.45
Data94
0.4
2
0
-6
-4
-2
0
2
4
6
-6
-4
-2
0
2
4
6
Abbildung 8.5: Teilchenzahl- (Nch bezieht sich auf untere Grenze) und Ladungsverteilung in
Jet 3 für Ereignisse mit ymin > 1.7, links Daten und Ariadne, rechts Daten und Jetset.
60
- Rapidity-Gap-Analyse -
0.8
Data94
Data94
0.7
0.7
Ar NoCR
0.6
Jetset
0.6
Ar CR
0.5
0.5
0.4
0.4
0.3
0.3
0.2
0.2
0.1
0.1
0
Gal
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
0
Data94
0.4
2
3
4
5
6
8
Jetset
0.35
Ar CR
0.3
7
Data94
0.4
Ar NoCR
0.35
1
Gal
0.3
0.25
0.25
0.2
0.2
0.15
0.15
0.1
0.1
0.05
0.05
0
0
-6
-4
-2
0
2
4
6
-6
-4
-2
0
2
4
6
Abbildung 8.6: Teilchenzahl- (Nch bezieht sich auf untere Grenze) und Ladungsverteilung in
Jet 3 für alle Ereignisse mit ∆ymax > 1.7, links Daten und Ariadne, rechts Daten und Jetset.
61
- Rapidity-Gap-Analyse -
Ar NoCr
Ar Cr
Jetset
Gal
y
1.35
1.93
1.42
3.58
ymin
1.27
1.10
1.76
1.22
∆ymax
2.04
1.95
2.35
2.35
Nch (alle)
8.15
15.24
12.09
4.49
Qjet3 (alle, |Q| ≤ 3)
4.69
8.89
5.33
5.88
Nch (ymin > 1.7, Nch < 7)
4.53
3.46
5.45
3.26
Qjet3 (ymin > 1.7, |Q| ≤ 2)
6.66
2.26
7.65
3.59
Qjet3 (ymin > 1.7, Q = 0)
17.21
6.64
22.03
8.54
Nch (∆ymax > 1.7, Nch < 5)
1.39
0.52
1.77
0.54
Qjet3 (∆ymax > 1.7, |Q| ≤ 1)
5.21
0.85
2.64
0.44
Tabelle 8.1: χ2 /NF G für die verschiedenen Rapidity-Analysen
62
Kapitel 9
Zusammenfassung
In dieser Studie soll festgestellt werden, ob die Modelle mit Color Reconnection der MonteCarlo-Generatoren Ariadne und Jetset die experimentellen Daten besser beschreiben als
ohne. Es handelt sich also um einen modellabhängigen Test verschiedener Verteilungen auf
Effekte von Color Reconnection.
Bei Color Reconnection handelt es sich um einen Effekt (der Ordnung αs2 oder höher in QCD,
oder nicht-perturbativ), bei dem der Farb-Fluss zwischen den Quarks und Gluonen in einem
Ereignis der Art e+ e− → Z 0 → qg1 g2 ...gn q̄ umgeordnet wird. Der ursprüngliche Color-Fluss
vom Quark über die Gluonen zum Antiquark wird beispielsweise dermaßen verändert, dass
sich mehrere Gluonen zu einem Color-Singlet zusammenschließen, das nicht mehr durch Confinement an die restlichen Partonen gebunden ist. In ähnlicher Weise kann sich durch Color
Reconnection ein Ereignis der Art e+ e− → W + W − → (q1 q¯1 )(q2 q¯2 ) so umordnen, dass zwei
neue Singlets (q1 q¯2 ) und (q2 q¯1 ) entstehen.
Ariadne verwendet als Ansatz für Color Reconnection das so genannte Lund-String-Modell.
Color Reconnection findet bei Ariadne statt, wenn die Länge des Lund-Strings zwischen den
Quarks und Gluonen dadurch kleiner wird. Das enstprechende Modell für Jetset basiert auf
dem Generalized Area Law (Gal). Hier wird versucht, durch Color Reconnection die so genannte Area zu minimieren.
In dieser Arbeit wurde eine Million hadronische Ereignisse bei einer Schwerpunktsenergie von
91.2 GeV vom ALEPH-Detektor in CERN aus dem Jahre 1994 untersucht. Von diesen Ereignissen wurden die 3-Jet-Ereignisse selektiert. Es wird angenommen, dass es sich beim energetisch
niedrigsten Jet um den Gluonjet handelt, was durch die verwendeten Selektionsverfahren auf
80% der Ereignisse auch zutrifft. Die experimentellen Daten wurden mit der selben Anzahl von
Ereignissen der Monte-Carlo-Generatoren Ariadne und Jetset, jeweils mit und ohne Color
Reconnection, verglichen.
In der ersten Analyse wurden die Regionen zwischen den Jets untersucht. In beiden Modellen
Ariadne und Jetset liefert Color Reconnection die erwarteten Veränderungen, sowohl beim
Verhältnis zwischen den Teilchenflüssen als auch bei verschiedenen Asymmetrieverteilungen. Da
sich allerdings die beiden Modelle ohne Color Reconnection signifikant unterscheiden, ergibt
sich durch die Aktivierung von Color Reconnection bei Ariadne eine Verbesserung, hingegen
Gal liefert schlechtere Ergebnisse als Jetset.
63
- Zusammenfassung -
In der zweiten Analyse werden die Impulsspektren geladener Teilchen in den verschiedenen
Jets untersucht. Falls sich durch Color Reconnection ein Color-Singlet innerhalb des Gluonjets
bildet, sollte das Impulsspektrum in diesem Jet härter werden. Man erwartet sich im Bereich
niedriger Impulse weniger Teilchen, hingegen im Bereich hoher Impulse mehr Teilchen.
Durch die Analyse stellt sich heraus, dass beide Generatoren mit Color Reconnection zu wenig geladene Teilchen mit kleinen Impulsen p < 1 GeV produzieren. Die Daten werden in
diesem Bereich durch die ursprünglichen Modelle besser beschrieben. Im Bereich mittlerer und
hoher Impulse hingegen ist die Beschreibung mit Color Reconnection bei beiden Modelle besser.
In der letzten Analyse werden Ereignisse mit zwei verschiedenen Bedingungen auf die Rapidität y geladener Teilchen im Gluonjet selektiert. Entweder verlangt man, dass alle Teilchen
eine gewisse Mindest-Rapidität ymin = 1.7 überschreiten, oder dass zwischen den Teilchen ein
maximaler Rapiditäts-Gap ∆ymax > 1.7 existiert. Durch diese Selektionen erhält man verstärkt
Ereignisse, in deren Gluonjet sich ein isoliertes gluonisches System befindet. Folglich erwartet
man in diesen Jets öfters eine Gesamtladung Q = 0 und entsprechend eine gerade Anzahl von
geladenen Teilchen.
Die Daten werden sowohl durch Ariadne ohne Color Reconnection als auch durch Jetset
nicht befriedigend beschrieben. In beiden Fällen treten zu wenige Gluonjets mit Q = 0 auf. Die
Aktivierung von Color Reconnection liefert in beiden Fällen den erwarteten Effekt, allerdings
zu stark, nun treten zu oft Gluonjets mit Q = 0 auf. Allerdings kann man durch einen χ 2 -Test
zeigen, dass die Daten besser beschrieben werden. Die Selektion durch ∆ymax > 1.7 erlaubt
keine signifikante Aussage.
Die Analysen haben gezeigt, dass die Unterschiede zwischen Jetset und Ariadne zum Teil
größer sind als die Effekte durch Color Reconnection. Trotzdem gibt es in beiden Modellen starke Hinweise, dass die Beschreibung der Daten durch Einbau von Color Reconnection verbessert
wird.
64
Anhang A
χ2-Test
Eine Möglichkeit, quantitativ verschiedene Modelle auf ihre Güte zu überprüfen, ist der so
genannte χ2 -Test [11, 34, 35]. Dabei werden Bin für Bin verschiedene Verteilungen der Daten
mit den Verteilungen der Modelle verglichen.
Die Verteilung einer Observable der DatenP
wird k Bins unterteilt. Die einzelnen Bins werden
nummeriert mit i, das von 1 bis k läuft. N = i ni bezeichnet die gesamte Anzahl der Einträge
in das Histogramm, wobei ni die Einträge in das jeweilige Bin i sind.
Diese Verteilung soll nun durch ein Modell beschrieben werden, das eine möglichst identische
Verteilung der selben Observablen ergibt. Die Anzahl der Bins beträgt wieder k, die Einträge in
die jeweiligen Bins werden mit yi bezeichnet. N0 ist die gesamte Anzahl der Einträge, die vom
Modell vorhergesagt werden. Für einen Vergleich mit den Daten muss das gesamte Histogramm
des Modells normiert werden, so dass yi → (N/N0 ) · yi .
√
Unter Annahme der Poisson-Statistik, das heißt σi = ni , wird nun das Standard Neyman
χ2 gebildet:
X (ni − yi )2
χ2 =
(A.1)
ni
i
Unter Verwendung der multinominalen Statistik wird anstelle von Neymans χ2 das so genannte Pearson’s χ2 verwendet. In dieser Arbeit wird eine abgewandelte Version von Neyman’s
χ2 verwendet. Da nicht nur die Daten einen gewissen Fehler haben, sondern auch das Modell,
kann man als alternative Möglichkeit folgendes χ2 anschreiben:
X (ni − yi )2
(A.2)
χ2 =
σ 2 (ni ) + σ 2 (yi )
i
wobei σni den Fehler der Daten und σyi den Fehler des Modells beschreiben.
Um verschiedene Modelle mit den selben Daten vergleichen zu könne, sollte das selbe χ2 mit
den selben Fehlern verwendet werden. Unter der Annahme, dass die Fehler der Modelle etwa
gleich gross sind wie die Fehler der Daten, ergibt sich damit das endgültige χ2 , das in dieser
Arbeit verwendet wird:
X (ni − yi )2
χ2 =
(A.3)
2ni
i
χ2
Bei gegebenem
und Anzahl der Freiheitsgrade NF G = k−1 lässt sich nun die Wahrscheinlichkeit berechnen, dass bei einer großen Anzahl an identischen Experimenten ein schlechteres
χ2 vorkommt. Ist diese Wahrscheinlichkeit größer als ein vereinbarter Wert, so nennt man das
Modell konsistent mit den experimentellen Daten.
65
Anhang B
Modellparameter von GAL und AR1
GAL
AR1
R0
0.10
Nci
9
Λ [GeV]
0.305
Λ [GeV]
0.231
Q0 [GeV]
1.78
pmin
[GeV]
T
0.78
σ [GeV]
0.361
σ [GeV]
0.352
a
0.40
a
0.40
b [GeV−2 ]
0.714
b [GeV−2 ]
0.762
Tabelle B.1: Modellparameter der beiden CR-Modelle Gal und AR1 (Ariadne mit
MSTA(35)=1) aus Fits an globale Verteilungen [31]
66
Literaturverzeichnis
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68
Curriculum Vitae
Personal Data
Patrick Jussel
born: 4th of September 1977, Feldkirch, Austria
parents: Werner Jussel, Elisabeth Jussel
sister: Barbara Jussel
nationality: Austrian
Education
1984-1988
grammar school
Volksschule Gisingen-Oberau, Feldkirch
1988-1996
high school
Bundesrealgymnasium Feldkirch
june 1996
A-level degree
Bundesrealgymnasium Feldkirch
1996-2003
study of physics
University of Innsbruck
jan. 1999
first diploma
University of Innsbruck
jan. 2002
start of diploma thesis
CERN-ALEPH group, University of Innsbruck
Additional Educations
summer 2000
trainee for thin film optics at Unaxis Optics, Balzers, FL
summer 2002
trainee for LEP2-Physics at ALEPH Collab., CERN, Geneve, CH
69
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