ORTHOMOLEKULARE MEDIZIN KONZENTRIERTE VITAMINE GEFÄHRLICH ODER HEILSAM? Nahrungsergänzungsmittel werden oft unkritisch eingenommen, nach dem Motto: „Kann ja nicht schaden.“ Studien zeigen aber immer wieder, dass mit dieser Haltung geschluckte Pillen durchaus negativ wirken können. Ihre Heilkraft entfalten Vitamine, Mineralien und andere Nährstoffe oft nur in den Händen erfahrener Therapeuten. W er optimal mit Nährstoffen versorgt sein möchte und den Werbebotschaften glaubt, kann schnell eine beachtliche Anzahl bunter Pillen auf dem Frühstücksteller liegen haben: Vitamin D (als Ersatz für die Sonne im Winter), Omega-3-Fettsäuren (weil man nur selten Fisch isst), Vitamin C (der Kollege hustet) und vielleicht noch Magnesium gegen die Wadenkrämpfe. Da werfen viele lieber ein Multipräparat ein, um sich rundum gut versorgt zu fühlen. Doch damit tut man sich nicht unbedingt einen Gefallen. Erstens behindern sich manche Substanzen gegenseitig, werden also gar nicht optimal aufgenommen. Zweitens liegen sie in einem RundumPräparat meist nicht in der Dosierung vor, die man für eine Wirkung bräuchte. Drittens können viele Wirkstoffe bei Dauereinnahme auch negative Wirkungen haben. So wurde jüngst die Einnahme von Folsäure mit einer Zunahme an Prostata- und Darmkrebs in Verbindung gebracht. Zudem werden immer wieder Studien veröffentlicht, in denen Vitamine und Mineralien als Pillen nicht die erhofften Wirkungen zeigen konnten. Gießkannenstrategie hilft nicht Das heißt nicht, dass Nahrungsergänzungsmittel sinnlos wären, sondern lediglich die „Viel-hilft-viel“-GießkannenStrategie – und der Glaube, man könnte damit pauschal ungesunde Lebensweisen ausgleichen. Bewährt hat sich « 6/2011 · natürlich gesund & munter 35 Die Unterstützung der Therapie schwerer Erkrankungen mit hoch dosierten Nährstoffen ist Sache eines erfahrenen Therapeuten. Bei einigen Beschwerden kann man auch selbst aktiv werden. Erkältungskrankheiten Bei Schnupfen, Husten, Halsentzündung, Fieber oder Mittelohrentzündung: ] Vitamin C – 500 bis 1000 mg ]Zink – 5 bis 10 mg Beides am ersten Tag alle 2 Stunden einnehmen, danach 3x täglich. Bei chronischen Beschwerden 2 bis 6 Wochen zudem entzündungshemmende Enzyme nehmen (z. B. Wobenzym, 3 x 5 Tabletten täglich oder Phlogenzym, 3 x 2). Menstruationsbeschwerden Täglich insgesamt einnehmen: ] Vitamin B6 – 50 bis 100 mg ] Vitamin E – 400 bis 800 I. E. ] Vitamin C – 1000 bis 2000 mg ] Magnesium – 300 bis 600 mg ] Gamma-Linolensäure – 1000 mg Haarausfall Täglich insgesamt einnehmen: ] Zink – 20 bis 40 mg ] Biotin – 2,5 bis 5 mg Akne Täglich insgesamt einnehmen: ] Zink – 50 mg ] Gamma-Linolensäure – 1000 mg Bei Verschlimmerung vor der Regelblutung in den 7 bis 10 Tagen davor zusätzlich täglich: ] Selen – 200 μg ] Vitamin E – 800 I. E. ] Vitamin B6 – 50 mg Neurodermitis Täglich insgesamt einnehmen: ] Selen – 100 bis 200 μg ] Zink – 20 bis 40 mg ] Gamma-Linolensäure – 1000 mg Allergien Täglich insgesamt einnehmen: ] Vitamin C – 3000 mg ] Kalzium – 1000 mg ] Magnesium – 300 bis 600 mg ] Zink – 10 bis 40 mg ] Omega-3-Fettsäuren – 1000 bis 2000 mg 36 natürlich gesund & munter · 6/2011 Um einen Nährstoffmangel zu entdecken, kommt es oft darauf an, wo man danach sucht. Haare galten lange als gutes Material, um die Versorgung der vergangenen Monate zu bestimmen, die Untersuchung ist jedoch sehr fehleranfällig. dagegen der gezielte Einsatz oft hoch dosierter Nährstoffe für ganz bestimmte Erkrankungen, auch bekannt als „orthomolekulare Medizin“. Sie wird von vielen Schulmedizinern nicht ernst genommen, obwohl sie selbst eine ganze Reihe von Maßnahmen aus diesem Bereich völlig selbstverständlich einsetzen. „Wenn jemand Jodtabletten bei einer Schilddrüsenunterfunktion verordnet oder Folsäure in der Schwangerschaft – dann ist das orthomolekulare Medizin“, sagt Dr. Volker Schmiedel, Chefarzt der Inneren Abteilung der Habichtswald-Klinik in Kassel, in der viel naturheilkundlich gearbeitet wird. Doch ein Großteil der Behandlungsmöglichkeiten, welche die orthomolekulare Medizin nach Ansicht von Schmiedel bietet, wird von den Ärzten nicht gesehen. „Die meisten Ärzte haben schlicht keine Ahnung, denn Nährstoffe und ihre Wirkungen kommen in der Ausbildung so gut wie überhaupt nicht vor“, klagt Schmiedel. „So kommt es, dass Heilpraktiker und Ernährungstherapeuten sich in diesem Bereich oft viel besser auskennen.“ Die Nährstofftherapie ist komplex Inzwischen gibt es Diplomlehrgänge für orthomolekulare Medizin, und mit dem generell gewachsenen Interesse der Ärzte für naturheilkundliche Methoden wächst auch die Zahl derer, die sich in Sachen Nährstofftherapie fortbilden. Das nötige Wissen, um mit Nährstoffen gezielt therapieren zu können, ist dabei äußerst umfangreich. Es beginnt schon bei der Frage, was man überhaupt untersuchen muss, um die Versorgungslage des Patienten zu bestimmen. So dachte man lange, die Haare könnten Aufschluss darüber geben. „Inzwischen weiß man, dass die Untersuchung von Haaren viel zu störanfällig ist“, sagt Schmiedel. „Schon das Shampoo kann das Ergebnis verfälschen, und zudem gibt es Nährstoffe, die sich gerade dann im Haar anreichern, wenn es im Körper einen Mangel gibt.“ Meist wird heute der flüssige Teil des Blutes (Serum) für die Messungen herangezogen, doch diese Tests sind nach Ansicht von Schmiedel zu unsensibel. „Nur wenn man das Vollblut untersucht, also die Blutzellen mit einbezieht, bekommt man ein genaueres Bild.“ Manche Nährstoffe sind jedoch so wichtig, dass der Blutwert auch dann konstant bleibt, wenn längst ein gravierender Mangel vorliegt. Das gilt zum Beispiel für Kalzium. Schmiedel: „Ob die Gefahr der Osteoporose vorliegt, lässt sich nicht anhand einer Blutuntersuchung ermitteln, sondern nur durch eine Knochendichtemessung.“ Ebenfalls nur mit viel Detailwissen sind viele latente Mangelerscheinungen zu erkennen. „Am Folsäurewert selbst erkennt man eine Unterversorgung zum Beispiel erst sehr spät“, erläutert SchmieViele Mangelerscheinungen erkennt man durch Blutuntersuchungen – aber eben nicht alle. Zudem muss man wissen, welche Werte in welchen Blutkomponenten gemessen werden müssen. Fotos: UMA , Zarathustra – beide fotolia.com Orthomolekulare Hausapotheke ORTHOMOLEKULARE MEDIZIN del. „Viel sensibler reagiert der Homocystein-Spiegel.“ Die Folsäure hilft, dieses Abfallprodukt des Eiweißstoffwechsels zu entgiften. Ist der Wert erhöht, deutet dies auf latenten Folsäuremangel hin. Kritische Studien Doch sind Nahrungsergänzungsmittel der richtige Weg? Viele Studien endeten enttäuschend und hinterließen den Eindruck, dass nur echte Lebensmittel Mängel wirksam beheben können. Doch die Erfahrungen von Dr. Schmiedel, die er in seinem Buch „Quickstart Nährstofftherapie“ (Hippokrates, 39,95 Euro) zusammengefasst hat, sprechen dagegen. Er erklärt sich die negativen Studienergebnisse damit, dass in vielen Fällen die Versorgungslage der Probanden gar nicht genau untersucht wurde. Denn wenn jemand einen guten Antioxidationsstatus hat, bringt die Gabe zusätzlicher Antioxidantien meist keinen weiteren Vorteil mehr. Ähnliche Zusammenhänge wurden auch für die Omega-3-Fettsäuren entdeckt. Ein weiteres Problem der Studien kann die Qualität der eingesetzten Substanzen sein. Beispiel Vitamin E: Aus natürlichen Quellen enthält es alle acht Tocopherol-Formen, synthetisches dagegen oft nur eine. Schmiedel: „Das ist, als ob man einen Spitzenfußballer wie Ronaldo in eine Kreisklassenmannschaft steckt – die wird wahrscheinlich trotzdem nicht aufsteigen.“ Schließlich können auch die Dosierungen der Nahrungsergänzungsmittel eine entscheidende Rolle spielen, wenn diese nicht die erhoffte Wirkung haben. So hat sich beispielsweise für Vitamin D gezeigt, dass ein positiver Effekt auf die Knochendichte bei einer täglichen Gabe von 800 I. E. (internationale Einheiten) überhaupt erst anfängt. Die Schlussfolgerungen mit dem Tenor „Bringt nichts“ aus Untersuchungen mit einer Dosierung von 400 I. E. waren also vorschnell. „Hinzu kommt, dass Menschen nun mal unterschiedlich sind“, gibt Volker Schmiedel zu bedenken. „So brauchen manche nur 100 mg Vitamin C, um einen bestimmten Blutspiegel zu erreichen, andere jedoch 1000 mg.“ « Nährstoff Anwendungsbereich Vitamin A, Beta Carotin Wichtig für die Sehkraft. Vitamin A selbst kann auch giftig und fruchtschädigend wirken; Beta Carotin sollte nicht von Rauchern eingenommen werden. Mangel kommt hierzulande kaum vor. Vitamin B1 (Thiamin, Aneurin) Das „Nervenvitamin“ ist an der Bildung von Acetylcholin, einem wichtigen Botenstoff im Nervensystem, beteiligt. Vollblutuntersuchung bei Diabetes und neurologischen Erkrankungen. Vitamin B2 (Riboflavin) Beteiligt an der Energiegewinnung des Körpers. Mangel ist selten. Kann von erfahrenen Ärzten in sehr hoher Dosierung zur Anfallsprophylaxe bei Migräne eingesetzt werden. Vitamin B3 (Niacin, Nikotinamid, Nikotinsäure, PP-Faktor) Beteiligt an vielen Stoffwechselvorgängen. Mangel möglich durch Einnahme bestimmter Schmerzmittel und Psychopharmaka. Heilwirkungen sind bei Durchblutungsstörungen, erhöhten Blutfettwerten und Depressionen möglich, benötigen aber hohe Dosierungen. Wegen möglicher Nebenwirkungen nur unter ärztlicher Aufsicht. Vitamin B5 (Pantothensäure) Wichtig für die Wundheilung, beteiligt an Energiegewinnung und Hormonsynthese. Mangel bei Resorptionsstörungen möglich. In Heilsalben und als Lutschtabletten gegen Schleimhautschäden. Vitamin B6 (Pyridoxin) Coenzym für etwa 200 Enzyme. Unterversorgung häufig, z. B. durch Einnahme der „Pille“ und einiger Antibiotika. Analyse (Vollblut) angezeigt, z. B. bei Wachsstumsstörungen, Hautveränderungen, Schlafstörungen, Depressionen, neurologischen Störungen, Infektneigung und erhöhten Homocystein-Werten (siehe Folsäure). Biotin (Vitamin B7, Vitamin H) Für Haut und Haare. Bei Haarausfall immer einen Versuch wert. Folsäure (Vitamin B9) Wichtig für Zellteilungen und den Abbau von Homocystein (Abfallprodukt des Eiweißstoffwechsels). Unterversorgung häufig, auch durch die „Pille“. Statt Folsäure besser den sensibler reagierenden Homocystein-Wert messen. Ist er erhöht, sollte Folsäure zusammen mit dem Vitaminen B6 und B12 gegeben werden. Bei Kinderwunsch unbedingt Folsäure einnehmen (verhindert Wachstumsstörungen des ungeborenen Kindes), am besten gleich nach Absetzen der Pille. Dosierung: 400 bis 800 μg täglich, bei erhöhten Homocystein-Werten bis 2000 μg (mitunter sind sogar bis zu 5000 μg nötig). Vitamin B12 (Kobalamin) Ähnliche Aufgaben wie Folsäure. Mangel bei vegetarischer Ernährung häufig, sowie bei magenkranken und älteren Menschen (siehe Seite 60). Bei Depressionen sollte B12 getestet werden. Erhöhte Homocystein-Spiegel zeigen latenten Mangel früher an als der Vitamingehalt im Serum selbst. Dosierung: 300 μg täglich. Vitamin C (Ascorbinsäure) Entschärft die im Stoffwechsel und durch schädliche Außeneinflüsse entstehenden freien Radikale (Antioxidation) und ist deshalb u. a. wichtig für Haut, Gewebe und Immunsystem. Ein echter Mangel ist selten, kann aber bei Krebspatienten auftreten (sie sollten aber nicht ohne ärztlichen Rat Vitamin C einnehmen). Für therapeutische Maßnahmen möchte man ausdrücklich Blutspiegel über der Norm erreichen. Die Warnung vor Nierensteinen durch hohe Dosen von Vitamin C hat sich nicht bestätigt. Nach längerer Einnahme muss man sich aber „ausschleichen“. In der Selbstbehandlung bei Infekten bewährt (Dosierung siehe dort). Nicht gleichzeitig mit Selen einnehmen. Vitamin D (Cholecalciferol) Eigentlich ein Prohormon, das durch Sonnenlicht in der Haut gebildet wird. Durch die moderne Lebensweise erreicht kaum jemand die Blutwerte von mindestens 30 ng/ml, die Experten für notwendig halten, um Osteoporose, Autoimmunerkrankungen, Infekten, Krebs und chronisch-entzündlichen Vorgängen vorzubeugen. Untersucht wird im Serum der Wert 25-Hydroxy-Vitamin-D. Die Dosierung zur Prophylaxe liegt bei täglich 2000 I. E. (internationale Einheiten); zur Therapie kann sie höher sein. Bei länger andauernden Gaben werden zur Sicherheit Blutkontrollen empfohlen. Vitamin E (Tocopherol) Antioxidationsvitamin. Echter Mangel meist nur bei Fettverdauungsstörungen. Zur Therapie gegen Arteriosklerose und Krebs sollen aber Blutspiegel über der Norm erreicht werden. Natürliches Vitamin E, das alle 8 Tocopherol-Isomere enthält, scheint günstiger zu wirken als synthetisches (RRR-α-Tocopherol statt nur α-Tocopherol). Vitamin K (Phyllochinon) Wichtig für die Blutgerinnung. Mangel bei verschiedenen Darmproblemen möglich (Messung anhand der Blutgerinnung). Wird Neugeborenen routinemäßig gegeben. 6/2011 · natürlich gesund & munter 37 Dennoch: Reicht eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung nicht aus? „Im Prinzip schon, aber viele Menschen überschätzen einerseits die Qualität ihrer Ernährung – einzelne Stoffe fehlen dann eben doch – und unterschätzen andererseits, welche Nährstoffräuber Genussmittel wie Kaffee und allgemein übliche Medikamente wie die ,Pille‘ und Antibiotika sein können“, sagt Schmiedel. Bei chronischen Erkrankungen lohne es sich immer, die Nährstoffversorgung zu prüfen und gegebenenfalls zu ergänzen: „Jede Erkrankung ist ein Nährstoffräuber!“ Das heißt nicht, dass schwere Erkrankungen wie Krebs allein mit Vitaminen und Mineralien zu heilen wären. „Aber die Chemotherapie zum Beispiel wird viel besser toleriert, wenn der Körper gut mit Selen versorgt ist, während die Sterblichkeit bei Herzpatienten mit hohem Vitamin-D-Spiegel sinkt“, meint Schmiedel. Bei schweren Erkrankungen sollte man jedoch nicht selbst mit Nahrungsergänzungsmitteln experimentieren, denn mitunter können sie die Wirkung der Medikamente verändern. Bei Alltagsbeschwerden lohnen sich Selbstversuche dagegen durchaus (siehe Kasten Seite 36) – aber mit Bedacht: „Wer zum Beispiel immer wieder Infekte hat, sollte nicht länger Vitamin C und Zink einwerfen, sondern untersuchen lassen, was dahintersteckt“, sagt Schmiedel. Zahlt die Kasse? Nur wenn ein Mangel vorliegt, werden die Präparate erstattet, aber für einen therapeutischen Einsatz sollen ja oft ausdrücklich Werte oberhalb der Norm erreicht werden. Bei Privatversicherungen kann man mehr Glück haben. Die Kosten für die Diagnostik werden dagegen von den Privaten problemlos übernommen, während es bei Kassenpatienten darauf ankommt, ob der Arzt diese für nötig hält – doch oft ziert er sich, um sein Budget nicht zu belasten. Wer die Sache selbst in die Hand nehmen will, muss bei einem Test von 5 bis 10 Substanzen mit etwa 200 Euro rechnen. Schmiedel: „Eine Autoinspektion ist teurer.“/ks O 38 natürlich gesund & munter · 6/2011 Nährstoff Anwendungsbereich Natrium (Na), Chlorid (Cl), Phosphor (P), Schwefel (S), Ein Mangel dieser Mineralstoffe kommt hierzulande kaum vor. Kalzium (Ca) Wichtig für Flüssigkeitshaushalt, Nervenimpulse und Knochenaufbau (der braucht aber auch Bewegungsreize und Vitamin D). Der Blutspiegel bleibt sehr konstant, deshalb sagen Knochendichtemessungen mehr aus. Weder eine „Verkalkung“ der Gefäße noch die Bildung von Nierensteinen hat mit der Höhe des Kalziumspiegels zu tun. Kalium (K) Wichtig für Flüssigkeitshaushalt und Nervenimpulse. Ein echter Mangel ist selten (außer z. B. bei Durchfall und einigen anderen Erkrankungen), ein relativer (Verhältnis Kalium zu Natrium) aber häufig. Dieser kann zu Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen führen (Vollblutmessung zwingend). Magnesium (Mg) Rund 300 Enzyme sind auf das Mineral angewiesen. Wichtig für die Erregbarkeit von Nerven und Muskeln sowie für den Knochenaufbau. Ein Mangel (nur im Vollblut erkennbar) ist häufig und macht sich oft durch Wadenkrämpfe bemerkbar. Zudem Verstopfung und Herzrhythmusstörungen, schmerzhafte Regelblutung, aber auch viele unspezifische Symptome. Organische Verbindungen (Zitrate, Aspartate, Orotat) werden besser aufgenommen als anorganische (Karbonat). Dosierung bei Krämpfen: 500 bis 900 mg täglich. Nicht zusammen mit Kalzium einnehmen, nicht bei eingeschränkter Nierenfunktion. Chrom (Cr) Wird für den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel gebraucht und daher zur Therapie von Diabetikern gehört. Mangel wohl auch bei Arteriosklerose negativ. Überdosierung langfristig krebserregend? Eisen (Ferrum, Fe) Wichtig für den Sauerstofftransport im Blut. Mangel kann durch Blutverluste, ungenügende Zufuhr oder Aufnahmestörungen entstehen. Zur Feststellung muss das Speichereisen (Serumferritin) gemessen werden. Wann die Substituierung sinnvoll ist, muss abgewogen wer- den; ein hoher Eisengehalt kann auch negativ wirken. Selen (Se) Wichtiges Antioxidans gegen Krebs, Autoimmunerkrankungen, Infarkte, Virusinfekte und grauem Star. Ein Mangel ist häufig (Test im Vollblut). Die Substituierung sollte von einem Arzt überwacht werden, vor allem bei längerer Einnahme von mehr als 200 μg täglich. Fluor (F), Jod (I), Kupfer (Cu) Da Fluor als Nahrungsergänzung leicht negative Folgen haben kann, wird die Gabe zur Kariesprophylaxe kontrovers diskutiert. Jodtabletten bei Schilddrüsenerkrankungen erfordern ärztliche Kontrolle. Kupfer ist nur in Spezialfällen als Nahrungsergänzung sinnvoll. Zink (Zn) Beteiligt an 70 Enzymen, viele davon antioxidativ. Wichtig für Wundheilung, Abwehr und Blutzuckerregulierung. Mangel recht häufig, vor allem bei Vegatarieren und älteren Menschen sowie bei bestimmten Krankheiten. Sollte bei chronischen Entzündungen, häufigen Infekten und Krebs immer untersucht werden (im Vollblut). Hilfreich bei der akuten Behandlung von Erkältungskrankheiten (Dosierung siehe dort). Nicht bei schweren Nierenfunktionsstörungen nehmen. Omega-3-Fettsäuren Alpha-Linolensäure, Eicosapentaensäure (EPA), Docosahexaensäure (DHA) Die im Körper aktiven Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA) wirken vor allem Entzündungen entgegen und dadurch positiv bei vielen chronischen Erkrankungen. Kaum jemand bekommt genug davon; Aufschluss gibt ein Fettsäureprofil der roten Blutkörperchen. Zur Prophylaxe mit Fischölkapseln sollte die Dosis bei täglich 1 bis 2 g EPA/ DHA liegen; zur Therapie kann auch mehr nötig sein. Die Rolle der pflanzlichen Alpha-Linolensäure wird noch kontrovers diskutiert. Gamma-Linolensäure Omega-6-Fettsäure mit stark antientzündlicher Wirkung. Mangel bei bestimmtem Enzymdefekt möglich (erkennbar im Fettsäureprofil); äußert sich vor allem in Hautentzündungen. Nachtkerzen-, Borretschsamen- und Hanföl können helfen (1 EL dieser Öle enthält etwa 1 g Gamma -Linolensäure). FACHLICHE BERATUNG: Dr. Volker Schmiedel Der Chefarzt der Inneren Abteilung in der Habichtswald-Klinik in Kassel hat sich auf Naturheilkunde und orthomolekulare Medizin spezialisiert. Er ist zudem Autor des Buches „QuickStart Nährstofftherapie“ (Hippokrates, 39,95 Euro). Es wendet sich zwar vor allem an Therapeuten, ist aber so verständlich geschrieben, dass man es auch gut als interessierter Laie lesen kann. Foto: Kai Loges Krankheiten sind Nährstoffräuber