Institut für Geometrie und Topologie Prof. Uwe Semmelmann Dr. Tillmann Jentsch Übungsblatt 10: Krümmung von Flächen Für die Gruppenübungen am 3.7.2012 Aufgabe 1. Sei S ⊂ R3 eine orientierte reguläre Fläche mit zweiter Fundamentalform II. Sei p ∈ S, κ1 ≤ κ2 die Hauptkrümmungen und X1 , X2 die zugehörigen Hauptkrümmungsrichtungen in p. Sei Xϕ := cos(ϕ)X1 + sin(ϕ)X2 für jedes ϕ ∈ R. Zeigen Sie: Z 2π IIp (Xϕ , Xϕ )dϕ = π(κ1 + κ2 ) . 0 Hinweis: Benutzen Sie die Eulerformel. Aufgabe 2. (a) Seien c1 und c2 reelle Zahlen mit c1 > 0 und r(s) := c1 cosh((s + c2 )/c1 ). Betrachten Sie die reguläre ebene Kurve c(s) := (r(s), s) , eine Kettenlinie. Die zugehörige Rotationsfläche S heißt Kettenfläche oder Katenoid. Berechnen Sie die Hauptkrümmungen κ1 , κ2 von S als Funktionen von s. Zeigen Sie so, dass S eine Minimalfläche ist. (b) Sei r : I → R+ eine glatte Funktion. Betrachten Sie die ebene Kurve c(s) := (r(s), s) und zeigen Sie, dass die zugehörige Rotationsfläche nur dann eine Minimalfläche ist, wenn r(s) wie in Teil a) gegeben ist. Hinweis. Zu a): Benutzen Sie die Ergebnisse aus den Aufgaben 7) und 5) von Blatt 7 bzw. Blatt 8. Zu b): Stellen Sie eine DGL 2. Ordnung für r(s) auf und zeigen Sie mit Hilfe des Eindeutigkeitssatzes für DGL’n zweiter Ordnung, dass alle Lösungen von der Form r(s) = c1 cosh((s + c2 )/c1 ) sind. Aufgabe 3. Betrachten Sie die Wendelfläche aus Aufgabe 4) von Blatt 6. Zeigen Sie, dass diese eine Minimalfläche ist. Aufgabe 4. Sei S eine reguläre Fläche, K ihre Gaußsche Krümmung und p ∈ S. Wir sagen, S ist lokal konvex bei p, falls eine Umgebung U von p in S und ein Normalenvektorfeld N : U → R3 existieren so, dass hq − p, Np i ≥ 0 für alle q ∈ U , oder hq − p, Np i ≤ 0 für alle q ∈ U . Falls sogar hq − p, Np i > 0 oder hq − p, Np i < 0 für alle q ∈ U mit p 6= q, so heißt S streng lokal konvex bei p . (a) Zeigen Sie: Falls K(p) > 0, so ist S streng lokal konvex bei p. (b) Zeigen Sie: Der Graph der Funktion f : U → R, f (x, y) := x3 (1 + y 2 ) auf U := {(x, y) ∈ R2 |y 2 < 1/2} erfüllt K(p) ≥ 0 für alle p ∈ U und ist nicht lokal konvex bei (0, 0). Schriftliche Aufgabe. Zur Abgabe am 3.7.2012 in Ihrer Übungsgruppe Aufgabe 5. Sei c : I → R3 eine Kurve, X : I → R3 eine glatte Abbildung mit kX(s)k = 1 für alle s ∈ I. Die Abbildung F : I × R → R3 , (s, t) 7→ c(s) + tX(s) heißt Regelflächenabbildung. Sie ist nirgends zylindrisch, falls X 0 (s) 6= 0 für alle s. Ist U ⊂ I × R eine offene Teilmenge so, dass Dp F vollen Rang für alle p ∈ U besitzt und S := F (U ) eine reguläre Fläche in R3 ist, so ist S also eine Regelfläche. (a) Zeigen Sie: Ist F nirgends zylindrisch, dann existiert eine Abbildung ψ : I → R so, dass die Kurve c̃ : I → R3 , s 7→ c(s) + ψ(s) X(s) die Bedingung hc̃0 (s), X 0 (s)i = 0 für alle s ∈ I (∗) erfüllt. Überlegen Sie sich auch, dass ψ und damit c̃ durch die Bedingung (∗) eindeutig festgelegt ist. Die Kurve c̃ heißt Kehlkurve oder Striktionslinie. Ist c die Kehlkurve, und ist X oBdA nach Bogenlänge parametrisiert, so liegt die Abbildung F (s, t) := c(s) + t X(s) in Standardparametrisierung vor. (b) Zeigen Sie: Die Regelflächenabbildungen, welche die regulären Flächen aus Aufgabe 3) von Blatt 8 als Regelflächen kennzeichnen, sind nirgends zylindrisch. Finden Sie die zugehörigen Kehlkurven (diese müssen nicht auf der jeweiligen Regelfläche liegen). (c) Zeigen Sie: Liegt die Regelflächenabbildung F in Standardparametrisierung vor, so ist diese eindeutig bestimmt (bis auf Euklidische Bewegungen) durch die Funktionen α := hc0 , Xi, λ := det(c0 , X, X 0 ) und J := det(X, X 0 , X 00 ). Umgekehrt bestimmt jedes Tripel von Funktionen (α, λ, J) definiert auf einem Intervall I eine Regelflächenabbildung in Standardparametrisierung. Hinweis zu a): Transformieren Sie zunächst auf den Bogenlängenparameter von X. Hinweis zu c): Um zu gegebenem J die Existenz einer Abbildung mit kXk = kX 0 k ≡ 1, und welche dieses J induziert, zu beweisen, dürfen Sie annehmen, dass J 0 6= 0 auf I. Benutzen Sie dann Satz 4.14 (2) und (3).