Maserntodesfälle weltweit

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Maserntodesfälle weltweit
2000-2007 (Schätzung)
Maserntodesfälle
1.000.000
Schwankungsbreite
der Schätzwerte
800.000
600.000
400.000
200.000
0
2000
© Handbuch der Impfpraxis
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
State of the world’s vaccines and immunization, WHO 2009
Erreger: Masernvirus
• Das Masernvirus (Genus Morbillivirus
Familie Paramyxoviren) ist ein umhülltes
einsträngiges RNA-Virus von 100-200 nm Ø
• Weltweit nur ein Antigentyp
• Genotypen: 23 unterschiedliche und meist
regional zuzuordnende Genotypen, die zur
Aufklärung epidemiologischer Zusammenhänge verwendet werden
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Pathogenese
• Eindringen des Virus über Schleimhäute des
oberen Respirationstraktes in den
empfänglichen Organismus
• 2 bis 3 Tage nach Eindringen und Vermehrung
in Schleimhaut und regionalen Lymphknoten:
primäre Virämie
• die Virämie führt zur Infektion der retikuloendothelialen Zellen und zu einer zweiten
virämischen Ausbreitung in den Respirationstrakt und andere Organe
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Typischer Krankheitsverlauf
• Inkubationszeit 10 bis 14 Tage (8 bis 15 Tage)
• Beginn mit 2- bis 4- (1- bis 7-) tägigem Prodromalstadium: Fieber, Husten, Schnupfen und
Konjunktivitis
• Maserntypisches Exanthem nach 3 - 4 weiteren Tagen:
rote, leicht erhabene makulopapulöse Fleckchen, die
an vielen Stellen zusammenfließen; Beginn hinter den
Ohren und Ausbreitung während der nächsten 3-4
Tage in absteigender Form
• verschwindet in gleicher Weise binnen 3-4 Tagen
• Fieber kann bis auf 39-40° Celsius ansteigen
• inapparente oder subklinische Infektionen selten
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Koplik´ Flecken
Mit dem Einsetzen des Exanthems,
gelegentlich auch kurz vor- oder
nachher, treten die für Masern
pathognomonischen Koplik´ Flecken
(kalkspritzerartige blauweiße Punkte auf
rotem Grund) auf der Mundschleimhaut
gegenüber den Backenzähnen auf
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Komplikationen:
das Hauptproblem der Masern
• häufigste Komplikationen (5-15 %) Otitis media,
Laryngobronchitis und Pneumonie
• Komplikationen insbesondere bei jüngeren Kindern
und im Erwachsenenalter
• gefürchtet: Enzephalitis (1/1.000 Erkrankte) mit
Letalität von ~15 % und neurologischen Folgen ~25 %
• Subakute Sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist
eine seltene (1/10.000-1/100.000 Masernfälle)
tödlich verlaufende degenerative Erkrankung des ZNS,
verursacht durch persistierende ZNS-Infektion;
im Durchschnitt SSPE 7 Jahre nach Masernerkrankung
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Diagnose und Differentialdiagnose
• Klinisch können exanthematische Krankheiten
(Masern, Röteln, Ringelröteln, Scharlach, allergische
Ausschläge) leicht verwechselt werden
• In Deutschland wird gegenwärtig nur jede
5. klinische Diagnose ´Masern´ durch
Laboruntersuchungen bestätigt
• Die rein klinische Diagnose bleibt deshalb
Kontakterkrankungen zu bestätigten Masern oder
Erkrankungen in Ausbrüchen vorbehalten
• Ansonsten muss die Diagnose labordiagnostisch
gesichert werden
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Therapie
• Eine spezifische antivirale Therapie steht
nicht zur Verfügung
• Neben fiebersenkenden Medikamenten und
symptomatischer Therapie ist bei
bakteriellen Superinfektionen die Gabe von
Antibiotika indiziert
© Handbuch der Impfpraxis
Infektionsquelle, Übertragungsweg,
Ansteckungsfähigkeit
• Masern sind eine Erkrankung des Menschen;
Infektionsquelle ist der Erkrankte;
asymptomatisches Trägertum ist nicht bekannt
• Das Masernvirus ist hoch kontagiös,
Kontagionsindex >95 %
• Übertragung vorwiegend aerogen durch
Tröpfcheninfektion, ferner durch Kontakt
• Ansteckungsfähigkeit: 4 Tage vor Ausbruch des
Exanthems bis 4 Tage nach Ausbruch des
Exanthems; kurzzeitige Exposition von 1-2
Stunden ist für eine Ansteckung ausreichend
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Risikofaktoren und Risikogruppen
• Schwere Unternährung, Vitamin A-Mangel,
chronische Krankheiten, schlechte hygienische
Bedingungen in übervölkerten Gemeinschaften
• T-Zell-Immundefizienz
(bestimmte Leukosen, Lymphome und AIDS)
• machen Masern in 5-25 % bei unter
5-Jährigen zu einer tödlichen Krankheit
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Einführung der Masernimpfung
• Einführung der Routine-Masernimpfung
– in den industriell entwickelten Ländern:
Mitte bis Ende der 1960er-Jahre und
– in den Entwicklungsländern:
im Rahmen des Erweiterten Impfprogramms
(EPI) der WHO ab Mitte der 1970er-Jahre
• anfänglich einmalige Impfung
• danach ergänzten viele Länder das
Impfprogramm durch eine 2. Impfung und
ersetzten den Masernimpfstoff durch den
Kombinationsimpfstoff MMR
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Führende Todesursachen bei <5-Jährigen
2004
800
Todesfälle weltweit (in 1.000)
700
600
500
400
300
200
100
0
Pneumokokken-E
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Rotavirus
Masern
Hib
Pertussis
Tetanus
total
WHO. Burden of Disease: Schätzungen 2004
Pneumokokken-E u Hib 2000
Entschließung der
Weltgesundheitsversammlung
• Das Ziel ´bis 2005 die Zahl der Todesfälle durch
Masern gegenüber 1999 zu halbieren´ wurde
erreicht
• Bis 2010 sollte die Zahl der Maserntodesfälle
gegenüber 2000 um 90 % reduziert werden
© Handbuch der Impfpraxis
WHO-Regionen
Afrikanische Region
Amerikanische Region
Südost-Asien-Region
Europäische Region
Östliche Mittelmeer-Region
Westpazifische Region
Elimination und Eradikation
• 4 der 6 WHO-Regionen haben EliminationsZiele beschlossen: der amerikanische
Doppelkontinent, die Europäische Region, die
Region Östliches Mittelmeer (alle für 2010) und
die Westpazifische Region (2012)
• Bisher kein Konsens über die Möglichkeit einer
weltweiten Eradikation
• Primäres weltweites Ziel der Masernimpfprogramme: Reduzierung der Todesfälle
© Handbuch der Impfpraxis
Nationale Impfkalender
Europäische Region
Update 7-2011
WHO:
Vaccine Preventable Disease Monitoring System
Immunization schedules by antigen, selection centre:
http://apps.who.int/immunization_monitoring/en/glob
alsummary/scheduleselect.cfm
Selection:
Region: Europe Country: …Vaccine: MMR/MMRV/MM/MR/Mumps
© Handbuch der Impfpraxis
Masern
Europäische WHO-Region 2005-2008
Erkrankungsfälle
zentral-/osteuropäische/
neue unabhängige Staaten
Erkrankungsfälle
Westeuropäische Länder
© Handbuch der Impfpraxis
Zentral-/Osteuropäische Länder u
Neue Unabhängige Staaten
westeuropäische Staaten
Masern-Inzidenz und –Ausbrüche 2007/08
Europäische Region
Ausbrüche
Ausbrüche
© Handbuch der Impfpraxis 2011
Quelle: WHO/EURO
WHO Surveillance für
impfpräventable Krankheiten
• Die wichtigsten Bestandteile der Überwachung eines
Impfprogramms sind
- das Monitoring der Impfraten
- die Surveillance der Krankheit
- die Surveillance von Impfnebenwirkungen
• WHO vaccine-preventable diseases: monitoring system
global summary 2009
• Daten zu Bevölkerung, Inzidenz, Impfraten,
gegliedert nach Regionen und Ländern:
http://www.who.int/immunization/documents/WHO_
IVB_2009/en/index.html
© Handbuch der Impfpraxis
Masern in Deutschland 2001-2009
Jahr
Erkrankungen
Inzidenz/1 000 000
2001
6.037
73,2
2002
4.656
56,4
2003
777
9,4
2004
123
1,5
2005
781
9,5
2006
2.308
28,0
2007
566
6,9
2008
915
11,1
2009
572
7,0
© Handbuch der Impfpraxis
MMR-Impfquote bei den
Schuleingangsuntersuchungen
Deutschland 1996/2002/2008
Impfrate in %
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1996
2002
2008
MMR1
© Handbuch der Impfpraxis
MMR2
Quelle: Epidemiol Bull RKI
16/2009 und 16/2010
Entwicklung Masernimpfstoff
Die Isolierung des Masernvirus durch
Enders und Peebles im Jahre 1954 schuf
die Voraussetzung für die Entwicklung
und Zulassung (1963) der ersten
Masernimpfstoffe in den USA
© Handbuch der Impfpraxis
In Deutschland zugelassene
Impfstoffe
• Masern-Impfstoff Mérieux®
• 2 Kombinationsimpfstoffe gegen Masern,
Mumps, Röteln (MMR-Impfstoff):
– Priorix® und
– MMRvaxPro®
• 2 Kombinationsimpfstoffe gegen Masern,
Mumps, Röteln, Varizellen (MMR-V-Impfstoff):
– Priorix-Tetra® und
– ProQuad®
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Immunogenität der Impfstoffe
• Nach einer Impfung, die ab Beginn des
2. Lebensjahres durchgeführt wird,
entwickeln 95-98 % der Impflinge eine
schützende Immunantwort
• Nach 2 Impfungen in mindestens 4 Wochen
Abstand erhöht sich die Rate auf ≥99 %
• Monovalente oder Kombinationsimpfstoffe
unterscheiden sich hinsichtlich der
Immunantwort nicht
© Handbuch der Impfpraxis
Empfehlung der Ständigen
Impfkommission (STIKO 2011)
• 1. MMR-Impfung 11-14 Lebensmonate
• 2. MMR-Impfung 15-23 Lebensmonate
Mindestabstand zwischen beiden Impfungen
4-6 Wochen
Vor Aufnahme in eine Kindereinrichtung kann
die 1. Impfung vor dem 12. Lebensmonat
erfolgen, jedoch nicht vor 9 Lebensmonaten;
in diesem Falle die 2. Impfung sofort zu
Beginn des 2. Lebensjahrs geben
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Nachholimpfungen
• Eine nicht durchgeführte Masernimpfung
sollte bis zum vollendeten 18. Lebensjahr
nachgeholt werden
• Keine Altersbegrenzung der Masernimpfung
• Die STIKO empfiehlt seit 2010 Nachholimpfungen (vorzugsweise mit MMR) allen
nach 1970 Geborenen, sofern diese nicht
bereits 2 Masernimpfungen nachweisen
können
© Handbuch der Impfpraxis
Impfung bei Masernausbruch
oder Exposition
• Ungeimpfte oder nur einmal geimpfte
Personen oder Personen mit unklarer
Anamnese sollen bei Kontakt zu
Masernkranken möglichst innerhalb von
3 Tagen nach Exposition geimpft werden
• Beim gegenwärtigen Bemühen um die
Elimination sollte 1(!) Masernerkrankung
zum Anlass sofortiger epidemiologischer
Untersuchung und Einleitung von
Riegelungsimpfungen genommen werden
© Handbuch der Impfpraxis
Kontraindikationen
• Überempfindlichkeit gegen im Impfstoff
enthaltene Bestandteile
• beeinträchtigte Immunfunktion
– angeborene oder erworbene Immundefekte,
schwere HIV-Infektion, Leukämie oder Lymphom,
Malignom; Behandlung mit hoch dosierten
Steroiden, alkylierenden Substanzen,
Antimetaboliten
• Schwangerschaft
• Immunglobuline können die Wirksamkeit des
Impfstoffs für 3-11 Monate beinträchtigen,
nach Impfung sollte eine solche Gabe
frühestens nach 2 Wochen erfolgen
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Impfung und akute Erkrankung
oder leichte Infekte
• Bei einer akuten ernsthaften Erkrankung
sollte die Impfung auf einen späteren
Zeitpunkt verschoben werden
• Leichte Infekte, auch mit geringer
Temperaturerhöhung, stellen im
Allgemeinen keine Kontraindikation dar
© Handbuch der Impfpraxis
Sicherheit der Masernimpfung
• Übersicht zu Reaktionen und Komplikationen
der Masern-/MMR-Impfung in den
´Hinweisen der STIKO für Ärzte zum
Aufklärungsbedarf über unerwünschte
Wirkungen bei Schutzimpfungen, Epi. Bull 25/
2007´
http://www.rki.de
© Handbuch der Impfpraxis
Beratung und Spezialdiagnostik
Nationales Referenzzentrum für
Masern, Mumps, Röteln
Robert Koch-Institut, Nordufer 20,
13353 Berlin
Leitung: Frau PD Dr. Anette Mankertz
Tel.: +49 (0)30 / 18754–2516, –2308
Fax: +49 (0)30 / 18754–2598
E-Mail: [email protected]
© Handbuch der Impfpraxis
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