Versuch 28 - sven.köppel.org

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Versuch 28:
Halbleiterdiode
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Aufgaben:
Aufnahme der Kennlinie einer Si-Diode und einer ZENER-Diode und
einiger Arbeitskennlinien. Untersuchung einer einfachen Gleichrichterschaltung.
Messverfahren:
Registrierung der Kennlinien mit einem x-y-Schreiber; Kalibrierung
mit Volt- und Amperemeter; Beobachtung der Gleichrichterwirkung
mit einem Zweikanal-Oszillographen.
Vorkenntnisse:
Spannung, Strom, Ohmsches Gesetz, Halbleiter; x-y- und x-t-Darstellung von Kenngrößen.
Lehrinhalt:
Grundlagen und Wirkungsweise der Halbleiterdiode, Auswirkung von
Arbeitswiderständen, Gleichrichterwirkung bei Wechselstrom; jeweiliger Schaltungsaufbau.
Literatur:
Die Lehrbücher der Experimentalphysik, Halbleiterphysik und Elektronik.
z.B. SPENKE, Elektronische Halbleiter, Springer; SIMONYI, Physikalische Elektronik, Teubner.
1. Einführung
Die Halbleiterdiode ist das einfachste nichtlineare elektronische Bauelement. Sie besteht aus
einem Halbleiter-Einkristall (Silizium oder Germanium), der zwei Zonen mit verschiedenen
Beimischungen von Fremdatomen (z.B. dreiwertige Elemente wie Aluminium, Bohr, Indium;
fünfwertige Elemente wie Phosphor, Arsen, Antimon) enthält. Der Widerstand einer solchen
Diode hängt von der Polung der angelegten Spannung ab, sie hat eine ausgeprägte Gleichrichterwirkung.
Abb.1
a)
Struktur eines Si-Kristalls (aus BEISER). Je zwei benachbarte Atome
sind durch zwei Valenzelektronen
miteinander verbunden (Bindung
durch Doppelstriche veranschaulicht). Schwarz: Tetraederstruktur
um ein einzelnes herausgegriffenes
Atom.
b)
Jedes Atom steht im Zentrum eines
regulären Tetraeders, dessen 4 Ecken
mit den 4 Nachbaratomen besetzt sind
(Tetraeder=Polyeder mit 4 gleichseitigen Dreiecksflächen).
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c)
Schematische Darstellung der kovalenten Bindungen
des Si-Kristalls in einer Ebene. Jeder Strich veranschaulicht ein Bindungselektron.
Betrachten wir zunächst den reinen Halbleiter ohne Fremdatome. Die vierwertigen Siliziumatome (entsprechend für Germanium) bilden ein Kristallgitter, das in der Struktur einem Diamantkristall entspricht (Abb. 1). Alle vier Valenzelektronen des Siliziums werden für die
kovalenten Bindungen mit den vier Nachbaratomen beansprucht, so dass bei niedriger Temperatur keine frei beweglichen Ladungsträger vorhanden sind. Bei Zimmertemperatur kann
sich aber aufgrund der Wärmeenergie ein Valenzelektron aus seiner Bindung lösen und dann
frei als Leitungselektron durch den Kristall bewegen. An der Stelle, an der es seine ursprüngliche Bindung verlassen hat, fehlt nun in der Gitterbindung ein Elektron. Man bezeichnet diese Leerstelle als Defektelektron oder "Loch" mit einer positiven Elementarladung, die von der
jetzt überschüssigen einen Kernladung an dieser Stelle herrührt (positives Si-Gitter-Ion). Ein
Überwechseln eines benachbarten gebundenen Elektrons in dieses Loch, also von Bindung zu
Bindung, ist gleichbedeutend mit einer Wanderung des Loches in entgegengesetzter Richtung. "Fällt" andererseits ein freies Elektron bei seiner Wanderung in ein solches Loch, d.h.
beteiligt es sich wieder an einer kovalenten Bindung, so wird das Loch aufgefüllt, beide, freies Elektron und Defektelektron, sind "verschwunden"; man spricht dann von Rekombination.
Die Leitfähigkeit eines homogenen Halbleiters beruht auf der Beweglichkeit beider Arten von
Ladungsträgern, der freien Elektronen und der Defektelektronen im angelegten elektrischen
Feld.
- Dieses Elektronen-Loch-Modell, bei dem fehlende Bindungselektronen als fiktive positive
Teilchen aufgefasst werden, erweist sich in der ganzen Halbleiterphysik als äußerst fruchtbar.
Wenn wir ein fünfwertiges Fremdatom (z.B. Arsen) in das Gitter eines Si-Kristalls einbauen,
werden vier Valenzelektronen des As für die kovalente Bindung mit den benachbarten SiGitteratomen benötigt, ein Elektron bleibt dabei übrig. Dieses fünfte Valenzelektron des As
besitzt im Si-Kristall eine sehr kleine Dissoziationsenergie, es kann deshalb als freies Elektron fortwandern; zurück bleibt das im Gitter eingebaute positive As+-Ion. Die Anzahl der frei
beweglichen Elektronen erhöht sich, sie werden deshalb hier als Majoritätsträger bezeichnet,
die Löcher als Minoritätsträger. - Den Einbau eines Fremdatoms in das Kristallgitter eines
Halbleiters nennt man Dotierung. Fünfwertige Fremdatome, die ein freies Elektron abgeben,
werden als Donatoren bezeichnet, der so negativ dotierte Halbleiter als n-Halbleiter.
Baut man ein dreiwertiges Fremdatom (z.B. Indium) in das Si-Kristallgitter ein, so fehlt diesem Fremdatom zur Absättigung der Gitterbindungen ein Elektron. Ein Si-Elektron tritt in
diese Bindung ein, das im Silizium so entstandene Loch kann sich fortbewegen; zurück bleibt
das im Gitter mit nun abgesättigter kovalenter Bindung eingebaute negative In--Ion. Durch
den Einbau eines dreiwertigen Atoms in das Si-Gitter wird also die Anzahl der Defektelektronen erhöht; sie sind hier die Majoritätsträger, die Elektronen die Minoritätsträger. Dreiwertige Fremdatome, die ein freies Elektron an sich binden, werden als Akzeptoren bezeichnet,
der so positiv dotierte Halbleiter als p-Halbleiter. - Elektronen-Loch-Bildung und RekombiPhysikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main
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nation hat man sich als dynamische Prozesse vorzustellen (Abschn. 6.1).
Bei technischen Halbleiterbauelementen nutzt man die Wirkung unterschiedlich dotierter Zonen aus. Bei einer Diode grenzen im Inneren eines Einkristalls eine p-Zone und eine n-Zone
unmittelbar aneinander (pn-Übergang, Abb. 2). Infolge ihrer Wärmebewegung diffundieren
Defektelektronen in Richtung ihres Konzentrationsgefälles aus dem p-Bereich über die
Grenzfläche hinaus in den n-Bereich und rekombinieren dort mit den freien Elektronen. Sie
hinterlassen vor der Grenzfläche im p-Bereich die ortsfesten negativen Ladungen der Akzeptor-Ionen und bewirken auf der anderen Seite der Grenzfläche im n-Bereich durch die Rekombination mit den Elektronen, dass hier jetzt ortsfeste positive Donator-Ionen nicht mehr
kompensiert sind. Umgekehrt diffundieren freie Elektronen aus dem n-Bereich über die
Grenzfläche in den p-Bereich und rekombinieren dort mit den Defektelektronen. Sie hinterlassen im n-Bereich die ortsfesten positiven Ladungen ihrer Donator-Ionen und bewirken im
p-Bereich eine zusätzliche negative Aufladung durch jetzt unkompensierte negative Akzeptor-Ionen. Zu beiden Seiten der Grenze entsteht so schließlich eine Doppelschicht aus positiven und negativen Raumladungen, die ein Potentialgefälle bzw. ein elektrisches Feld erzeugen, das der weiteren Abwanderung der Defektelektronen und der freien Elektronen entgegenwirkt. In der Umgebung der Grenzfläche stellt sich so ein dynamischer Gleichgewichtszustand zwischen der thermischen Diffusion und den elektrischen Feldkräften mit einer bestimmten Raumladungs- und Potentialverteilung ein. In diesem Gleichgewichtszustand fließt
kein resultierender elektrischer Strom über die Grenzfläche. In Abb. 2 ist diese Situation
schematisch dargestellt. Die Dicke der Grenzschicht, der sogenannten Raumladungszone, ist
bei üblicher Dotierung von der Größenordnung µm. Links und rechts jenseits der Grenzschicht bleibt der Kristall elektrisch neutral. Die Potentialdifferenz zwischen rechts und links
wird aufgrund ihrer Entstehung Diffusionsspannung genannt.
Wir legen jetzt eine Gleichspannung U derart an die Diode, dass die p-Seite positiv, die nSeite negativ angeschlossen wird. Die Potentialschwelle wird dadurch verringert, das elektrische Feld geschwächt. Das beschriebene Gleichgewicht zwischen thermischer Diffusion und
Feldkräften ist jetzt zugunsten der Diffusion gestört, so dass weitere Defektelektronen und
Elektronen von beiden Seiten her in die Grenzschicht einwandern. Sie rekombinieren miteinander, geringfügig schon in der Grenzschicht, vorwiegend aber erst bei der Weiterdiffusion
dahinter. Es stellt sich ein neuer stationärer Gleichgewichtszustand ein, der nur durch einen
dauernden Stromfluss aufrechterhalten werden kann, dessen Richtung der angelegten Spannung entspricht. In den tieferen Schichten der p-Zone ist der Strom praktisch allein von den
nachwandernden Defektelektronen übernommen, innerhalb der n-Zone praktisch allein von
den in umgekehrter Richtung wandernden freien Elektronen, also jeweils wieder den Majoritätsträgern. - Der durchgehende Strom basiert also in der n-Zone auf der Wanderung der freien Elektronen, während sich in der p-Zone die Elektronen in der gleichen Richtung von einer
offenen Bindung zur nächsten bewegen. Der zwischen den Enden der Diode gemessene elektrische Widerstand ist sehr klein, wir betreiben sie also in Durchlassrichtung.
Wir polen jetzt die an die Diode angelegte Spannung um, die p-Seite wird negativ gegenüber
der n-Seite. Die Potentialschwelle wird gegenüber der Diffusionsspannung dadurch erhöht,
das elektrische Feld vergrößert. Wiederum wird das ohne äußere Spannungsquelle vorhandene Gleichgewicht zwischen thermischer Diffusion und Feldkräften gestört, jetzt zugunsten
des Feldstromes. Defektelektronen und Elektronen werden jeweils in entgegengesetzter Richtung abgezogen, die Grenzschicht wird schließlich nach beiden Seiten von Majoritätsträgern
entleert, die Raumladungszone verbreitert. Der Strom der Majoritätsträger ist damit unterbrochen; die Diode "sperrt".
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Abb. 2
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Skizze eines pn-Übergangs (schematisch);
links p-Zone, rechts n-Zone. Im Übergangsbereich
befindet sich praktisch nur die Raumladung der Gitterionen; außerhalb werden sie von den Elektronen und
Löchern kompensiert. Angedeutet durch die Pfeile ist
die Diffusionsrichtung der Elektronen und Löcher.
a)
Ö
+
C
9
ortsfeste negative Gitterionen
ortsfeste positive Gitterionen
freie Elektronen
Löcher
b)
Dichte der Löcher und Elektronen
c)
Raumladungsdichte ρ
d)
Potentialverlauf U, UD=Diffusionsspannung
e)
Elektrische Feldstärke E
Der geringe Widerstand in Durchlassrichtung beruht also auf dem Eindiffundieren der Ladungsträger von beiden Seiten her in die Grenzschicht
unter Rekombination. Die Sperrwirkung andererseits beruht auf der Entleerung der Grenzschicht von Ladungsträgern nach beiden Seiten
hin. Für beide Richtungen gleichermaßen gilt in guter Näherung für die StromSpannungskennlinie die Formel von SHOCKLEY:
U
I (U ) = I Sperr ( eU T - 1)
(1)
(Temperaturspannung UT s. Abschn. 6.3). Die durch (1) beschriebene Abhängigkeit ist in
Abb. 3 dargestellt. In Durchlassrichtung kann schon von einigen Zehntel Volt ab die 1 in Glg.
(1) gegenüber der e-Funktion vernachlässigt werden, d.h. der Durchlassstrom steigt (bei Vernachlässigung des ohmschen Bahnwiderstandes) exponentiell an. Bei zu großem Strom wird
die Diode schließlich durch die mit der Rekombination verbundene lokale Erwärmung der
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pn-Schicht zerstört. Bei negativ angelegter Spannung fließt ein nur minimaler Strom in Sperrichtung (Abschn. 6.3). Ist die Spannung in Sperrichtung zu groß, kann es zum Durchbruch
kommen; die Diode kann auch dabei zerstört werden. Speziell gebaute ZENER-Dioden können bis zu einem Maximalstrom in "Sperrichtung" betrieben werden (s. Abschn.5).
1,8
Strom (in A, 100 mA, ... 10 µA)
1,6
10 µA
1,4
100 µA
1,2
1 mA
1,0
10 mA
0,8
100 mA
0,6
1A
0,4
0,2
0,0
-0,2
-0,6
-0,4
-0,2
0,0
0,2
0,4
0,6
Spannung (V)
Abb. 3 Kennlinie einer Si-Diode, berechnet nach der SHOCKLEY-Formel, in verschiedenen Strombereichen (ISperr = 1 µA, UT = 40 mV).
2. Aufgaben
1.)
Aufnahme der Kennlinie einer Halbleiterdiode im Durchlass- und Sperrbereich mit einem x-y-Schreiber.
2.)
Aufnahme der Kennlinie der Halbleiterdiode im Durchlassbereich ohne und mit den
verschiedenen beigegebenen Arbeitswiderständen.
3.)
Messung und Konstruktion der Arbeitskennlinie für den Arbeitswiderstand 47 Ω aus
der Dioden- und Widerstandskennlinie. Einzeichnung der Widerstandsgeraden. Bestimmung des Arbeitspunktes für eine Betriebsspannung von 1 V.
4.)
Aufnahme der Kennlinie einer ZENER-Diode und Angabe der ZENER-Spannung.
5.)
Aufbau einer einfachen Gleichrichterschaltung. Beobachten der Gleichrichterwirkung
bei angelegter Wechselspannung mit einem Oszillographen (Skizzieren der Schaltung
und Aufnahme des Oszillogramms mit dem Speicheroszilloskop).
6.)
Darstellung der Durchlasskennlinie auf halblogarithmischem Papier (sechs Dekaden).
Bestimmung der Temperaturspannung, Abschätzung des Sperrstromes.
Berechnung der Diffusionsspannung für die Dotierungen ND = NA = 1022 m-3. Ist eine
Messung der Diffusionsspannung mit einem elektrodynamischen Voltmeter (d.h. basierend auf Stromdurchgang) möglich?
7.)
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3. Durchführung
Benutzen Sie einen der xy-Schreiber mit Einstellmöglichkeit von 50 V/cm bis 0,1 mV/cm.
A
Ra
0-30 V
U
V
x-Schreiberanschluß
zu Aufg. 1:
Man baue zunächst zur Aufnahme der Kennlinie in verschiedenen Strombereichen eine gegenüber Abb. 4 leicht veränderte Schaltung auf: Das Amperemeter bleibt im Kreis. Der Diodenstrom wird jedoch als Spannungsabfall an einem geeigneten Widerstand auf dem Schreiber aufgezeichnet, die Diodenspannung direkt an der Diode abgegriffen. Der Schreiber soll so
eingestellt werden, dass sowohl Durchlass- als auch Sperrbereich durch Umpolen der Spannungsquelle aufgezeichnet werden können. Die Schreiberempfindlichkeit kann sowohl durch
Einstellen des Schreiberverstärkers zwischen 10 V/cm bis 0,1 mV/cm variiert werden (also
über 6 Dekaden), als auch durch Variation der Widerstände Ra: Bei maximalem Strom (bis
2A) ist ein niedriger Widerstand (1 Ω) empfehlenswert, weil sonst zuviel Wärme entsteht. Bei
ganz kleinen Strömen, insbesondere zur Aufzeichnung des Sperrstromes im Bereich von 106
A benötigt man einen Widerstand von 1 kΩ, um eine hinreichende Auslenkung auf dem
Schreiber zu erzielen. Außerdem empfiehlt es sich, das Potentiometer so einzustellen, dass
mit 30 V am Netzgerät gerade die benötigte Spannung von ca. " 0,5 V an der Diode erhalten
wird.
y-Schreiberanschluß
I
Abb. 4 Schaltbild zur Aufnahme der Strom- Spannungskennlinie bzw. der Arbeitskennlinien (gestrichelt) einer Diode.
zu Aufg. 2:
Hier soll nur der Durchlassbereich aufgenommen werden. Der Aufbau erfolgt jetzt nach Abb.
4. Als Arbeitskennlinie bezeichnet man die Darstellung des Stromes als Funktion der äußeren
Betriebsspannung bei zusätzlichem sog. Arbeitswiderstand Ra im Kreis. - Man nimmt im neuen Maßstab zuerst noch einmal die Diodenkennlinie selbst auf ohne Widerstand im Kreis,
dann nach Einbau von Ra die Arbeitskennlinien.
zu Aufg. 3:
Die Widerstandsgerade ist die Darstellung des Stromes durch den Spannungsabfall am Arbeitswiderstand nach dem ohmschen Gesetz: I = ( Ub - U ) /Ra.
zu Aufg. 4:
Aufbau wieder nach Abb. 4. Schreiberaufzeichnung im Durchlass- und Sperrbereich. Als
ZENER-Spannung bezeichnet man die Durchbruchspannung in Sperrrichtung.
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zu Aufg. 5:
Überlegen Sie sich selbst die Schaltung. Benutzen Sie nur einen Widerstand $ 100 Ω (sonst
raucht er u.U. ab)! Stellen Sie auf dem Zweikanal-Oszillographen gleichzeitig einmal die
Wechselspannung und die Spannung am Widerstand, zum andern die Spannung an der Diode
und die Spannung am Widerstand dar. Erdung am Oszillographen beachten! Zeichnen Sie die
Kurven ab und diskutieren Sie diese. Warum und wie wirkt sich die AC/DC-Umstellung des
Oszillographeneingangs aus?
zu Aufg. 6:
Beachten Sie bei der Bestimmung der Temperaturspannung aus der Steigung, dass bei dekadischer Darstellung der Exponentialfunktion die Steigung noch den dekadischen Logarithmus
von e als Faktor enthält.
4. Fehlerbetrachtung
Wie wirken sich Spannungsabfall am Amperemeter und Strom durch das Voltmeter und den
Schreiber auf die Messung der Kennlinien aus? Nehmen Sie zum Vergleich eine Diodenkennlinie im Maßstab der Aufgabe 3 auf, wenn die Spannung vor dem Amperemeter abgegriffen
wird.
5. Zener-Diode
Die ZENER-Diode ist eine speziell dotierte pn-Diode, die auch im Sperrbereich bis zu einem
maximalen Strom ohne Zerstörung betrieben werden kann. Die Strom-Spannungs-Kennlinie
hat bei Sperrspannungen > 1V (sog. ZENER-Spannung) einen charakteristischen Knick.
Hieran können zwei Effekte beteiligt sein:
a) ZENER-Effekt:
ZENER-Dioden sind besonders stark dotiert, der pn-Übergang ist deshalb extrem dünn. Bei
einer Spannung von einigen Volt in Sperrrichtung wird die Feldstärke daher schon so groß
(107....108 V/m), dass Feldemission auftritt, d.h. dass Elektronen aus den Gitterbindungen
gerissen werden (Tunnel-Effekt). Diese und die zugehörigen Löcher stehen nun für den Strom
zur Verfügung. Infolgedessen steigt die Leitfähigkeit der ZENER-Diode in Sperrrichtung von
der betreffenden Spannung ab stark an.
b) Lawineneffekt
Hierbei werden Elektronen und Löcher im hohen elektrischen Feld des pn-Überganges so
stark beschleunigt, dass sie durch Stoß weitere Gitterbindungen aufbrechen können. Es
kommt also zu einer Ladungsträgerlawine.
In der Praxis wird der Strom einer ZENER-Diode mit einem Widerstand auf den für die bestimmte Diode zulässigen Maximalwert begrenzt. ZENER-Dioden werden heute überall in
der Elektronik zur Stabilisierung von Spannungen eingesetzt und haben die früher üblichen
Glimmstabilisatoren völlig verdrängt.
6. Anhang
6.1. Dichte der freien Ladungsträger
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Aus den angeführten thermischen Gründen werden, abhängig von der Temperatur, laufend
neue Elektronen-Loch-Paare gebildet. Andererseits ist die Zahl der in der Zeiteinheit pro Volumeneinheit miteinander rekombinierenden Elektronen und Defektelektronen genau wie
beim Massenwirkungsgesetz dem Produkt ihrer Dichten proportional. Im thermischen Gleichgewicht sind an jeder Stelle im Halbleiter die Bildungsrate und die Rekombinationsrate einander gleich. Unter Einbeziehung des Proportionalitätsfaktors gilt also:
p n = N (T)2
(6.1)
(p = Defektelektronendichte, n = Elektronendichte, T = absolute Temperatur; N (T)2 ist der
spontanen thermischen Paarbildungsrate proportional). Bei Zimmertemperatur ist für
Silizium:
N = 2,0 @ 1016 m-3,
Germanium: N = 2,1 @ 1019 m-3.
Im reinen Kristall ist von ihrem Entstehungsmechanismus her im thermischen Gleichgewicht
an jeder Stelle die Zahl der Defektelektronen gleich der Zahl der freien Elektronen, es besteht
Ladungsneutralität, also
(6.2)
p= n= N .
Die Zahl der Silizium- bzw. Germaniumatome im Gitter beträgt rund 1029 m-3; nur jedes
1013-te bzw. 1010-te Gitteratom stellt also bei Zimmertemperatur einen Ladungsträger für die
Leitfähigkeit zur Verfügung.
Bei n-Dotierung nimmt durch Rekombination die Löcherdichte ab, bis das Produkt aus Löcherdichte und Elektronendichte wieder gleich N 2 ist. Sei ND die Dichte der Donatoren, so ist
praktisch n(xn) = ND (xn = Ortkoordinate im n-Bereich). Aus (6.1) folgt jetzt:
2
N
(6.3)
.
ND
Übliche Werte der Dotierung liegen um ND = 1019 .... 1024 m-3. Für p (xn) ergeben sich damit
entsprechend kleine Werte für Silizium um 108 .... 1012 m-3, für Germanium 1014 ....1019 m-3.
Bei n-Dotierung sind die Elektronen deshalb die Majoritätsträger, die Defektelektronen die
Minoritätsträger. Trotz der um Größenordnungen verschiedenen Dichten n und p herrscht im
Gleichgewichtszustand Ladungsneutralität: zu jedem freien Elektron gehört ein positives Gitterion (kein Loch, denn die Bindungen sind abgesättigt.
p ( xn ) =
Das Umgekehrte gilt für die p-Dotierung. Sei NA die Dichte der Akzeptoren, so ist praktisch
p (xp) = NA, also
2
N
(6.4)
n ( x p )=
.
NA
Bei p-Dotierung sind die Defektelektronen die Majoritätsträger, die Elektronen die Minoritätsträger. Auch hier herrscht im ungestörten Fall Ladungsneutralität, auf jedes Loch kommt
ein negatives Gitterion.
6.2. Diffusionsspannung
Ohne äußere Spannung kompensieren sich gerade ADiffusionsstrom@ und AFeldstrom@ (RePhysikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main
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kombination in der dünnen Grenzschicht vernachlässigt):
- e ⋅ Dp ⋅
dp
=-e⋅µp⋅E ⋅ p
dx
für die Defektelektronen
(6.5)
(Dp = Diffusionskoeffizient, Fp = Beweglichkeit der Defektelektronen). Für die Elektronen
gilt die entsprechende Beziehung.
Der Ansatz (6.5) - eine lineare Superposition zweier entgegengerichteter Teilchenströme - ist
ein bei Grenzflächenproblemen oft benutzter Modellansatz, der den Konzentrationsausgleich
durch thermische Diffusion und die Kraft auf die Ladungen durch das elektrische Feld enthält. Tatsächlich sind die beiden Ströme nicht Ströme verschiedener Teilchen, sondern es
sind dieselben Teilchen, die zwei verschiedenen Einwirkungen gleichzeitig ausgesetzt sind;
es handelt sich um eine Diffusion von geladenen Teilchen im elektrischen Feld. Diese Driftbewegung ist der ungeordneten Wärmebewegung der Ladungsträger überlagert.
Mit E = -MU/Mx folgt nach Umordnung und Integration bzgl. x vom ungestörten p-Bereich
(Koordinate xp) bis zum ungestörten n-Bereich (Koordinate xn):
U D = U ( xn ) - U ( x p ) = -
Dp
ln
µp
p ( xn )
.
p ( xp )
(6.6)
Mit der EINSTEINschen Relation D/F = kT/e (Diffusion als Folge thermischer Bewegung)
ergibt sich also mit (6.3) und p(xp) = NA für die Diffusionsspannung UD:
UD=
k ⋅T  ND ⋅ N A 
ln 

2
e
 N
 .
(6.7)
Das gleiche Ergebnis erhält man bei Benutzung der Elektronen.
Aus (6.6) erhalten wir als Folge des Gleichgewichtes (6.5) zwischen Diffusionsstrom und
Feldstrom die grundlegende BOLTZMANN-Beziehung für das Verhältnis der Defektelektronendichten in n- und p-Zone (entsprechend für die Elektronen):
p ( xn ) = p ( x p ) e-
eU D
kT
.
(6.8)
6.3. Strom-Spannungskennlinie
Ohne bzw. mit angelegter äußerer Spannung U in Durchlassrichtung gilt nach der BOLTZMANN -Beziehung (6.8) für die Defektelektronendichten (mit äußerer Spannung nur als Näherung):
eU D
p ( xn ) = p ( x p ) e- kT
bzw .
p ( xn ) = p ( x p ) e-
eU D - U
k ⋅T
(6.9)
ohne U
mit U
in der ganzen n- bzw. p-Zone
am Anfang der n-Zone bzw. in der p-Zone
Der Überschuss an Defektelektronen am rechten Rand der Grenzschicht am Anfang der nZone (Abb. 2), d.h. die Abweichung vom Gleichgewicht ist also bei angelegter Spannung:
∆ p = p ( x p ) e-
eU D
kT
eU
⋅ ( e+ kT - 1 ) .
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(6.10)
Versuch 28:
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Dieser Überschuss bewirkt durch Diffusion einen Defektelektronenstrom in die n-Zone hinein
(Abfluss) nach rechts, er wird dabei wegen der gleichzeitigen Rekombination nach rechts zunehmend von dem entgegen kommenden Elektronenstrom (Majoritätsträgerstrom in der nZone) übernommen. Das entsprechende gilt für die Elektronen in der p-Zone. - Die genauere
Behandlung erfordert eine Durchrechnung dieses Diffusionsprozesses mit Rekombination.
Die charakteristische exponentielle Abhängigkeit der SHOCKLEYschen Formel Glg. (1) aber
bleibt erhalten. Die in (1) stehende Temperaturspannung UT unterscheidet sich von dem theoretischen Wert kT/e um einen von der materialbedingten Verbreiterung des Übergangs herrührenden Faktor zwischen 1 und 2.
Bei negativen U d.h. bei in Sperrrichtung angelegter Spannung entsteht gegenüber dem
Gleichgewichtsfall ein Mangel an Defektelektronen am rechten Rand der Grenzschicht und
folglich jetzt ein Eindiffundieren der Defektelektronen von rechts nach links aus dem ungestörten Bereich. Die dabei in die Grenzschicht gelangenden Löcher werden von der dort herrschenden elektrischen Feldstärke nach links abgeführt. Entgegengerichtet von links nach
rechts ist der entsprechende Strom der freien Elektronen. Der Sperrstrom ist also der beidseitige Strom der Minoritätsträger, deshalb ist er auch so klein. Die die Ströme bestimmenden
Diffusionsprozesse von Über- und Unterschuss in Durchlass- und Sperrfall unterscheiden sich
formal nur in der Richtung; dies ist der tiefere Grund für die nach der Theorie durchgehende
Gültigkeit der SHOCKLEYschen Glg. (1) nach beiden Seiten. Die Exponentialfunktion ist
theoretisch ein universeller thermodynamischer Faktor, die spezifischen Materialeigenschaften gehen sämtlich in die Größe des Sperrstromes ein. - Zum Sperrstrom trägt auch noch die
thermische Generation von Elektronen-Loch-Paaren innerhalb der Raumladungszone bei. Er
ist insgesamt bei Kleinleistungsdioden bei Silizium in der Größenordnung von 10nA, bei
Germanium von 10µA.
Der Durchlassstrom darf ohne Zerstörung der Diode einen bestimmten maximalen Wert Imax
nicht überschreiten. Zeichnet man die Durchlasskennlinie in ihrem vollen Strombereich bis
Imax auf, so erfolgt anschaulich bei etwa 1/10 Imax ein starker Anstieg des Stromes, bei Ge im
Bereich von 0,2 bis 0,4 V, bei Si zwischen 0,5 und 0,8 V. Tatsächlich hat die Durchlasskennlinie gar keinen solchen AKnick@, dieser wird bei linearer Darstellung lediglich durch den starken Anstieg der e-Funktion vorgetäuscht, seine Lage hängt, wie wir bei unserem Versuch
gesehen haben, von dem gewählten Strommaßstab ab (TIETZE/SCHENK, Halbleiterschaltungstechnik).
Der Ordinatenmaßstab für die Darstellung ein und derselben Kennlinie sei um den Faktor β
verschieden. Dann gilt für die zweite der beiden Kurven bei Vernachlässigung der -1 in der
SHOCKLEYschen Formel:
U
U
U
β I Sperr e+U = eln β I Sperr e+U = I Sperr e+U
T
T
T
( U T ln β + U )
.
(6.11)
Die Multiplikation der Ordinatenwerte um den Faktor β ist also gleichbedeutend mit einer
horizontalen Translation der Kurve um den Betrag -UT ln β unter Beibehaltung ihrer Form eine Eigenschaft jeder Exponentialfunktion. Unterschiedliche Sperrströme (Faktor vor der eFunktion) bei Ge und Si bei gleichem Imax haben also eine solche Verschiebung zur Folge; bei
gleichem Verhältnis von Imax : ISperr (Material- und Dotierungseigenschaft) dagegen liegt der
Knick an der selben Stelle. - Um welchen Betrag verschieben sich die Kurven jeweils bei
Multiplikation mit dem Faktor 10? Bitte vergleichen Sie mit der Schreiberaufzeichnung.
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