Passive Bauelemente

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Kapitel 2
Passive Bauelemente
Zusammenfassung Die elektrischen und magnetischen Eigenschaften der Materie und deren Behandlung im Rahmen der Maxwellschen Gleichungen bilden die
Grundlage der Konstruktion von Bauelementen, die heute passiv genannt werden.
Ausgehend von den Materialeigenschaften werden Kondensatoren, Spulen und Widerstände beschrieben. Es folgen die Beschreibungen von Parasitärelementen, deren
Modellierung, Quantifizierung durch Güten und Verlustwinkel, sowie deren Einfluss
auf das Frequenzverhalten.
2.1 Fragen zu den passiven Bauelementen
2.1.1 Einfache Fragen
2.1. Zwei Kondensatoren mit C1 = 2, 5 nF und C2 = 10 nF werden in Reihe geschaltet. Welche Kapazität haben die beiden zusammen?
2.2. Finden Sie einen einfachen Ausdruck ohne das -Zeichen für 1/(a b).
2.3. Zwei Kondensatoren mit C1 = 2, 75 nF und C2 = 1, 25 nF werden parallel geschaltet. Welche Kapazität haben die beiden zusammen?
2.4. Zwei Tantal-ELKOs mit einer Kapazität von C1 = C2 = 30 ± 3 F sollen zur Verbesserung der Spannungsfestigkeit der Gesamtanordnung in Reihe geschaltet werden. Wie kann das funktionieren?
2.5. In Abb. 2.1 sehen Sie den zeitlichen Verlauf eines Magnetfeldes durch eine
Drahtscheife. Sowohl die Feldstärke B als auch die induzierte Spannung sind in
beliebigen Einheiten angegeben. In diesen Einheiten sei der Wert der Spannung
U(t = 1 ms) = U0 = −1. Bitte skizzieren Sie den Verlauf der Spannung über den
gesamten Zeitbereich.
33
M. Poppe, Prüfungstrainer Elektrotechnik, DOI 10.1007/978-3-642-33495-5_2,
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
34
2 Passive Bauelemente
Abb. 2.1 zur Aufgabe 2.5:
Zeitlicher Verlauf des Magnetfelds B durch eine Spule.
Zum Zeitpunkt t = 1 ms ist die
Spannung der Spule bekannt:
U0 = −1
Abb. 2.2 zur Aufgabe 2.6:
Gemessene Induktivität en L
einer 12mH Spule und einer
5, 5 mH Spule als Funktion
des Wechselstromes I
2.6. In Abb. 2.2 ist die gemessene Induktivität zweier Spulen als Funktion des hindurchfließenden Wechselstromes gezeigt. Um welche Typen von Spulen handelt es
sich? Welche Effekte sorgen für die Abnahme der Induktivität? Wie könnte der Induktivitätsverlauf abgeflacht werden?
2.7. Ein Kette mit elektrischen Tannenbaumkerzen wird oft als Reihenschaltung der
Einzelkerzen realisiert. Wie kann verhindert werden, dass der Ausfall einer einzigen
Kerze zum Ausfall der gesamten Kette führt?
2.8. An einer 230 V Netz-Steckdose wird zur Entstörung ein C = 1 μF Keramikkondensator mit einem Verlustfaktor D = tan δ = 0, 02 eingesetzt. Wie groß ist die
Verlustleistung des Kondensators? Welche Energie verbraucht der Kondensator im
Laufe eines Jahres? Um welchen Faktor ginge diese zurück, wenn der Keramikkondensator durch einen Folienkondensator mit tan δ = 10−4 ersetzt werden würde?
2.1.2 Mittelschwere Fragen und Aufgaben
2.9. Ein auf 1 Volt aufgeladener Plattenkondensator hat zwischen den Elektroden
ein 0, 1 mm dickes Blatt Papier mit einer elektrischen Suszeptibilität von χE = 1, 5
eingeklemmt. Der Kondensator wird von allen elektrischen Verbindungen getrennt.
Was passiert, wenn dann das Papier herausgezogen wird?
2.1 Fragen zu den passiven Bauelementen
35
2.10. Der in Abb. 2.3 gezeigte Kondensator vom Typ UltraCap ist bis zu 2, 5 V
spannungsfest und hat eine Kapazität von 5 kF (in Worten: Kilofarad). Bitte leiten
Abb. 2.3 zur Aufgabe 2.10:
Ultracap Kondensator. Solche Kondensatoren haben
heute Kapazitäten im Kilofarad Bereich (Foto: EPCOS
AG)
Sie aus der Definition 2.6 für die Kapazität einen Ausdruck für den maximalen
Energieinhalt her.
2.11. Ein Kunststoff-Kondensator soll mit dem einzigen übergeordneten Ziel entwickelt werden, eine möglichst hohe Energiedichte zu erreichen. Welche Strategie verfolgen Sie: maximale Flächenkapazität oder maximale Spannungsfestigkeit?
Bitte begründen Sie Ihre Strategie! Wäre bei Elektrolyt-Kondensatoren die gleiche
Vorgehensweise richtig?
2.12. Ein Kondensator wurde zum Schutz gegen kurzzeitige Energieeinbrüche parallel zur Spannungsversorgung geschaltet. Er hat den in Abb. 2.4 gezeigten Fre-
Abb. 2.4 zur Aufgabe 2.12:
Frequenzverlauf des Verlustwinkels eines handelsüblichen
50 F Kondensators
quenzverlauf des Verlustwinkels (siehe Abschnitt 2.2.5). Welchen Ohmschen Längswiderstand muss man diesem Kondensator bei f = 1 Hz und bei F = 100 Hz zuordnen? Kurz nach Inbetriebnahme brennt der Kondensator ab. Welcher KondensatorTyp könnte das sein? Worin könnte der Grund für das Abbrennen liegen?
2.13. Bitte skizzieren Sie den Impedanzverlauf eines realen Folienkondensators mit
einer Kapazität von 100 nF.
2.14. Die relative magnetische Permeabilitiät μr eines Stoffes kann man bestimmen,
indem man einen Ring mit der Materialdicke r aus ihm formt und mit einem Draht
umwickelt. Bitte beschreiben Sie: Wie lässt sich aus dem Impedanzverlauf zwischen
den Drahtenden μr bestimmen? (Hinweis: Sie können die magnetische Erregung für
N Windungen als konstant H ≈ NI/(2r) annehmen.)
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2 Passive Bauelemente
2.15. Bestimmen Sie die Induktivität einer langen Spule der Länge l, Windungszahl
N und Radius r mit r l.
2.16. Abbildung 2.5 zeigt das vom Hersteller angegebene Ersatzschaltbild einer
Abb. 2.5 zur Aufgabe 2.16:
Ersatzschaltbild einer realen
Spule [6]. Der Widerstand des
Wickeldrahtes RL (ω) steigt
durch den Skin-Effekt mit der
Frequenz an
realen Spule (vergleiche [6] S.452). Die Zahlenwerte sind RS = 1 mΩ, RC = 6 Ω,
C = 68 fF, L = 1 nH. Der Widerstand des
RL (ω) ist wegen des skin
√Spulendrahtes,
effect frequenzabhängig: RL = 3, 4 μΩ/ Hz · ω/2π.
Bis zu welcher Frequenz ist die Spule einsetzbar?
2.17. In einer gedruckten Schaltung wird ein R = 100 Ω Widerstand durch eine
= 1 cm lange, b = 2 mm breite und d = 0, 2 mm dicke Schicht realisiert. Wie groß
sind der spezifische Widerstand ρ und der Schichtwiderstand ?
2.18. Zur Stabilisierung einer Leitung wird neben einen C = 1 μF Aluminium Elektrolytkondensator noch ein zweiter, C = 1 nF Tantal-Kondensator gelötet. Dient der
zweite Kondensator der Kapazitätserhöhung?
2.1.3 Schwere Fragen und Aufgaben
2.19. Ein Kondensator hat als Dielektrikum eine 0, 8 μm dünne Schicht aus Polyethylenterephthalat1 (PET) mit εr = 3, 3. Er wird aus 15 mm breiten Metallbahnen
für die Kathode und 12 mm breiten Metallbahnen für die Anode gewickelt. Wie lang
müssten die Aluminiumbänder sein, um eine Kapazität von1 μF zu ergeben?
2.20. Ein so genannter Mischkondensator besteht aus Aluminium-Elektroden, zwischen denen zwei Lagen Dielektrika plaziert sind: 10 μm Polypropylen mit εr =
2, 25 und 20 μm Papier mit εr = 3. Welche Dielektrizitätskonstante muss man ansetzen, um zusammen mit der Kondensatorfläche und dem 30 μm Abstand den korrekten Kapazitätswert zu erhalten?
2.21. Durch eine 110 kV Gleichstrom-Überlandleitung, deren leitender Teil aus
Aluminium mit einem Querschnitt von 300 mm2 besteht, fließt ein Strom von
I = 200 A. Das Molvolumen von Aluminium beträgt 1 · 10−5 m3 /mol. Wie groß
ist die Geschwindigkeit der Elektronen? Wie viele Elektronen passieren pro Zeiteinheit den Leitungsquerschnitt?
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
37
Abb. 2.6 zur Aufgabe 2.22:
Erdleiter in Form einer Halbkugel: Die ebene Oberfläche
schließt an die des Erdreiches
an, so dass nur der gewölbte
Teil der Oberfläche Kontakt
zum Boden hat
2.22. Die Erdung einer Maschine soll mit Hilfe der in Abb. 2.6 gezeigten EdelstahlElektrode in Form einer Halbkugel erfolgen. Die Elektrode hat einen Radius von
r = 5 cm. Das Erdreich hat einen spezifischen Widerstand von ρ ≈ 200 Ωm. Wie
groß ist der Widerstand der Erdung (gegen ein hypothetisches, unendlich weit entferntes Nullpotenzial)? Welche Schrittspannung muss ein Mensch aushalten, der mit
einem Fuss auf der Elektrode steht und mit dem anderen d = 30 cm vom Rand des
Erdleiters, während ein Strom von I = 200 A durch den Erdleiter fließt?
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
Widerstände, Kondensatoren und Spulen sind Resultate des Zusammenspiels von
Elektrodynamik und Materialwissenschaft. Dabei ist es die Materialwissenschaft,
die noch heute Fortschritte macht, während in der Elektrodynamik mit den vier
Maxwellschen Gleichungen (fast) alles gesagt ist.
2.2.1 Felder und Materie
Die im letzten Kapitel beschriebenen Gesetze betreffen strenggenommen nur leere
Räume. Das Zusammenspiel mit der Materie hängt zunächst davon ab, wie frei sich
Ladungsträger in einem Stoff bewegen können, wie leicht also ein Strom fließen
kann.
Die Beweglichkeit der Elektronen wird in erster Linie durch die Art der Bindung vogegeben. Wie in Abb. 2.7 gezeigt, bilden bei der metallischen Bindung die
Elektronen eine Art Gas, welches sich zwischen den positiv geladenen Atomrümpfen praktisch frei bewegen kann. Sie können allerdings ohne Energiezufuhr2 von
außen nicht das Metall verlassen, und gelegentlich kommt es zu Stößen mit den
Atomrümpfen. Kovalent gebundene Stoffe werden durch Elektronenpaare zusammengehalten, die sich in zwei oder wenig mehr Atomrümpfen zugeordneten Bahnen
1
Wenn Ihre Bierflasche nicht aus Glas ist, dann ist sie aus PET.
Hierfür gibt es zwei prominente Beispiele: erstens den photoelektrischen Effekt. Hiermit bezeichnet man die Tatsache, dass hochenergetische Photonen Elektronen aus einem Metall herausschlagen können. Für die Analyse des photoelektrischen Effekts erhielt Albert Einstein den Nobelpreis,
nicht für die Realtivitätstheorie. Das zweite Beispiel sind Glühkathoden in alten Verstärkerröhren.
2
38
2 Passive Bauelemente
Abb. 2.7 Veranschaulichung
der chemischen Bindungstypen. Elektronen sind bei
der metallischen Bindung
fast frei beweglich, bei der
kovalenten Bindung ortsfest
zwischen zwei oder mehreren
Ionen und bei der ionischen
Bindung von einem auf das
andere Atom übergegangen
(Orbitalen) bewegen. Bei der ionischen Bindung werden die Elektronen von einem
Atom abgegeben. Danach verbleiben sie bei dem anderen Atom und machen es zum
negativ geladenen Ion. Ionische und kovalente Bindungen treten praktisch nur als
Mischform auf. Je stärker der ionische Charakter einer Bindung ist, desto weniger
beweglich sind die Elektronen. In Metallen hängt die Fähigkeit des Ladungstransportes von der Anzahl der Elektronen und von deren Wahrscheinlichkeit ab, mit den
verbleibenden Atomrümpfen zusammenzustoßen.
Zur formalen Beschreibung der Leitfähigkeit wird ein Ausdruck gesucht, in dem
die Materialeigenschaften von den jeweiligen äußeren Bedingungen getrennt werden. In einem Material mit einer Dichte von Ne /V Elektronen, die sich mit einer
Geschwindigkeit ve bewegen, fließt durch eine Fläche A ein Strom
I=
Ne
dQ
= − A·v .
dt
V
(2.1)
Betrachtet man ein Stück Draht (vergleiche Aufgabe 2.21) mit der Querschnittsfläche A und der Länge . Wenn die Elektronengeschwindigkeit proportional zum
elektrischen Feld E ist, dann ist sie auch proportional zu Spannung zwischen den
Enden
(2.2)
v ∼ E → ve ∼ U/ .
Aus Gl. (2.1) und (2.2) folgt, dass der Strom proportional zu A · U/ ist. Die Proportionalitätskonstante heißt spezifische Leitfähigkeit, σ , ihr Kehrwert heißt spezifischer Widerstand, ρ.
Definition 2.1. Der spezifische Widerstand ρ eines auf der Länge einer Spannung
U ausgesetzten Körpers mit der Querschnittsfläche A senkrecht zum Strom I ist
durch
U ·A
ρ=
(2.3)
I ·
gegeben.
In dieser Größe sind die für die Elektrotechnik relevanten Materialeigenschaften,
die Anzahl und Beweglichkeit der Ladungsträger, zusammengefasst und von den
äußeren Geometrie- und Anschlussfaktoren getrennt. Sie wird daher auch zur Kathegorisierung der Materialien verwandt:
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
39
1. Leiter, insbesondere Metalle, sind Stoffe mit einem spezifischen Widerstand in
der Größenordnung ρ ≈ 10−8 Ωm. Innerhalb solcher Stoffe sind Elektronen in
großer Zahl frei beweglich.
2. Isolatoren haben einen spezifischen Widerstand in der Größenordnung von mehr
als ρ ≈ 1016 Ωm. In solchen Stoffen sind kaum frei bewegliche Ladungsträger
vorhanden.
In dem Bereich dazwischen sind sowohl die so genannten Halbleiter als auch die
Elektrolyte (Flüssigkeiten mit Ionen) angesiedelt. Bei einigen Materialien geht der
spezifische Widerstand bei sehr niedrigen Temperaturen gegen Null. Dieses Phänomen nennt man Supraleitung.
In Felder eingebrachtes Material verändert eben diese Felder, denn es kann magnetisch oder elektrisch polarisiert werden. Wie Abb. 2.8 zeigt, richten sich bei
Abb. 2.8 Feldbilanz in einem elektrisch polarisierbaren
Stoff. Ein äußeres elektrisches
Feld zieht die Moleküle auseinander. Dadurch entstehen
im Material viele Dipole,
deren Felder das von außen
angelegte Feld abschwächen
ionischen oder polaren Bindungen die Ladungen entsprechend dem äußeren Feld
aus. Dadurch entstehen viele kleine Dipole, deren Feld das ursprüngliche Feld abschwächt.
Die in Abb. 2.9 dargestellte Nomenklatur hat sich zur Beschreibung solcher
Phänomene eingebürgert. Zunächst werden aus den Ursachen Ladung Q und Strom
Abb. 2.9 Der Zusammenhang zwischen den Größen
(D, H), (P, M) und (E, B):
Zunächst wird aus den erzeugenden Ladungen und
Strömen ein abstraktes Modell ohne Materialien und
ohne Naturkonstanten konstruiert (hier D, H). Aus ihnen werden mit Hilfe der
Materialeigenschaften die
Polarisationsfelder brechnet.
Alles zusammen ergibt die
messbaren Größen E und B
40
2 Passive Bauelemente
I die fiktiven Felder D und H berechnet3 . Diese sind, bis auf die Faktoren ε0 und
μ0 diejenigen elektrischen und magnetischen Felder, die den leeren, materialfreien
Raum füllen würden:
Definition 2.2. Die elektrische Erregung4 D ist durch
Ober f l äche
DdA = Q
(2.4)
gegeben, wobei Q die nicht im Material gebundene, freie Ladung ist.
Wenn sich ein Material durch ein elektrisches Feld verändert, so wird diese Veränderung als Polarisation P bezeichnet. Diese verändert, wie in Abb. 2.8 gezeigt, das
ursprüngliche Feld. Die Polarisation ist als Differenz zum (nur durch die primären
Ursachen definierten) Feld im Vakuum und dem tatsächlich messbaren Feld definiert:
Definition 2.3. Die Polarisierung P eines Materials ist das Vektorfeld, welches von
der elektrischen Erregung abgezogen werden muss, um das messbare elektrische
Feld E zu erhalten:
(2.5)
D − P = ε0 E .
Dabei lässt sich die Polarisation in fast allen Fällen durch eine einfache Proportionalität ausdrücken: In einem linearen, homogenen und isotropen Material kann man
die Polarisation P durch
(2.6)
P = χE ε0 E
ausdrücken. Die Proportionalitätskonstante χE in Gl. (2.6) wird elektrische Suszeptibilität 5 genannt. Es folgt mit Hilfe der Definitionen 2.2 und 2.3
D = (1 + χE ) · ε0 E
(2.7)
Der Einfachheit halber werden die Terme (1 + χE ) und ε0 gerne zusammengefasst:
D = (1 + χE ) · ε0 E = εr · ε0 E = ε E
(2.8)
Da sich in diesen Fällen D nur noch um die Proportionalitätskonstante εr · ε0 = ε
von der elektrischen Feldstärke E unterscheidet, kann man den Effekt der Polarisation auf die elektrischen Felder durch eine einfache Modifikation der Maxwellschen
Gleichungen berücksichtigen.
3 Nach dem Machschen Prinzip sollte die Physik nur solche Größen verwenden, die auch messbar
sind. D und H erfüllen dieses Kriterium nicht. Sie sind reine Rechen-Hilfsgrößen. Man kann sie
immer und überall mittels D = ε0 Eleerer Raum und H = Bleerer Raum /μ0 ersetzen.
4 Die elektrische Erregung wird oft auch als elektrische Flussdichte, dielektrische Verschiebung
oder Verschiebungsdichte bezeichnet. Der Begriff Erregung hat den Vorteil, dass er beinhaltet,
dass die freien Ladungen die primäre Ursache der Felder sind, die wiederum das Polarisationsfeld
verursachen. Beide zusammenergeben das elektrische Feld E.
5 wörtlich: Empfänglichkeit
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
41
Die Beschreibung des Materialeinflusses bei Magnetfeldern verläuft analog, aber
nicht ganz genau gleich:
Definition 2.4. Die magnetische Erregung6 H ist durch
L
H · d = I + ε0
dΦE
dt
(2.9)
gegeben, wobei I der von der Linie L vollständig umschlossene Strom und ΦE der
elektrische Fluss durch eine von L begrenzte Fläche ist.
Bis auf den Faktor μ0 ist also die magnetische Erregung nichts anderes als das Magnetfeld im Vakuum (vergleiche Gl. (1.31)). Das Magnetfeld innerhalb eines Materials kann berechnet werden, wenn bekannt ist, wie stark die in ihm hervorgerufene
magnetische Polarisation M ist.
Definition 2.5. Die magnetische Polarisierung M eines Materials ist das Vektorfeld,
welches zu der magnetischen Erregung hinzugerechnet werden muss, um das messbare Magnetfeld B zu erhalten:
H + M = B/μ0 .
(2.10)
In homogenen, linearen und isotropen Medien ist die Polarisation proportional zur
magnetischen Erregung
M = χM · H
(2.11)
mit dem Proportionalitätsfaktor magnetische Suszeptibilität χM . Und es gilt auch
hier
B
B
B
(2.12)
=
= .
H=
(1 + χM ) · μ0
μr · μ0
μ
Die Gleichungen (2.8) und (2.12) lassen sich zu einem sehr gut handhabbaren
Ergebnis zusammenfassen:
Innerhalb eines homogenen linearen Materials gelten die Maxwellschen Gleichungen mit der Modifikation ε0 → εr · ε0 = ε und μ0 → μr · μ0 = μ.
Für ein inhomogenes Material müssen an Stelle der Konstanten μr und εr Funktionen des Ortes gesetzt werden. Dabei ist es oft hilfreich, inhomogene Regionen
in mehrere homogene Regionen aufzuteilen (siehe Lösung der Aufgabe 2.20). Bei
6
In manchen Texten wird H auch als magnetische Feldstärke bezeichnet. Um die Verwechslung
mit B auszuschließen, wird in diesem Buch der Begriff Feldstärke nur für B verwandt. Wer Begriffsdiskussionen in Prüfungssituationen vermeiden will, kann immer vom H-Feld oder vom BFeld sprechen.
42
2 Passive Bauelemente
nicht-linearen Materialien sind μr und εr Funktionen der Feldstärke. Bei anisotropen Materialen sind die Gl. (2.6) und (2.11) nicht mehr anwendbar.
Die magnetischen Suszeptibilitäten variieren so stark von Material zu Material,
dass man sie in Klassen einteilt:
1. Diamagnetisch heißen Stoffe mit kleinem negativen χM . Diese haben ohne äußere Einflüsse kein Dipolmoment, bekommen es aber, solange ein äußeres Magnetfeld wirkt.
2. Paramagnetisch heißen Stoffe mit kleinem positivem χM . Diese Stoffe bestehen
aus normalerweise statistisch verteilten kleinen magnetischen Dipolen, die sich
beim Anlegen eines äußeren Feldes ausrichten und dieses verstärken.
3. Ferromagnetisch heißen Materialeien, deren magnetische Suszeptibiliäten viel
größer als Eins sind. Durch solche Materialien werden Magnetfelder, verglichen
mit dem Vakuum, um das bis zu 100000-Fache (Nickel-Kupfer-Cobalt Legierung) verstärkt. Bei ferromagnetischen Materialien ist der Zusammenhang zwischen der magnetischen Erregung und der Polarisation nicht mehr eindeutig. Die
Polarisation hängt nicht nur vom äußeren Feld, sondern auch vom vorherigen
Polarisationsgrad ab. Dieses Phänomen heißt Hysterese.
Wird ein ferromagnetischer Stoff umgepolt, so wird die in Abb. 2.10 gezeigte Kurve
durchlaufen. In dieser Abbildung ist auch zu sehen, dass für große magnetische
Abb. 2.10 Grafische Darstellung der Hysterese eines
magnetisierbaren Materials.
Die Stärke des Magnetfeldes
B hängt sowohl von der magnetischen Erregung H als
auch von der vorherigen Magnetisierung ab. So wird die
Kurve immer in der gleichen
Richtung durchlaufen
Erregungen die Feldstärke B praktisch nicht mehr zunimmt. Dies wird Sättigung
genannt. Ferromagnetische Materialien sind also weder linear noch isotrop.
Wird ein leitendes Material einem wechselnden elektrischen Felde ausgesetzt, so
entstehen Magnetfelder. Nach dem Ampère-Maxwellschen Gesetz sind die magnetischen Feldstärken proportional zur Änderung der elektrischen Feldstärken. Abbildung 2.11 zeigt die Situation für ein Stück einer Wechselstromleitung. Ein
elek
trisches Feld E = Êsin(ωt) entlang des Drahtes erzeugt Magnetfelder Bd =
Êμεω cos(ωt) in dessen Querschnittsebene. Die Magnetfelder ändern sich also
auch und führen nach dem Induktionsgesetz zu geschlossenen elektrischen Ringfeldern, die die im Leiter vorhandenen Ladungsträger antreiben. Die elektrischen
Felder zeigen auf der dem Drahtzentrum zugewandten Seite in die entgegengerichtete Richtung wie das von außen angelegte Feld. Auf der dem Rand zugewandten
Seite zeigen sie in die gleiche Richtung wie das ursprüngliche Feld. So wird der
Strom im Zentrum gebremst und am Rande vergrößert. Anders ausgedrückt:
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
43
Abb. 2.11 Prinzipskizze zur
Kausalkette des skin effect:
Das oszillierende äußere
elektrische Feld erzeugt magnetische Wirbelfelder, deren
Änderungen solche elektrischen Felder erzeugen, die
das äußere Feld im Zentrum
schwächen
Je größer die Frequenz, desto mehr wird der Strom eines Leiters an dessen
Oberfläche gedrängt.
Dieses Phänomen wird meist mit dem englischen Begriff skin7 effect bezeichnet
und durch die so genannte Eindringtiefe δS charakterisiert. Diese ist ein Maß dafür,
wie weit der Strom in den Leiter eindringt. Sie verringert sich mit der Wurzel aus der
Frequenz. Eine Herleitung ist in [4] zu finden. Nach [5] liegt ihr Wert für f = 1 GHz
bei δS (Cu) = 2, 1 μm, δS (Al) = 3, 5 μm, δS (Fe) = 0, 71 μm. Bei f = 1 KHz liegt
die Eindringtiefe bei Werten um 1 mm. Der skin effect hat großen Einfluss auf das
Hochfrequenzverhalten von Leitungen und Spulen (siehe Aufgabe 2.16).
2.2.2 Kondensatoren
Kondensatoren dienen dem kurzzeitigen Speichern von Ladung, wobei kurz von
100 ps beim LNB eines Satellitenempfängers bis zu Minuten bei BremsenergieSpeichern8 reichen kann. Eine detaillierte Beschreibung der sehr großen Auswahl
an Normen, Typen und Anwendungen findet sich zum Beispiel in [4].
Das Funktionsprinzip ist in Abb. 2.12 dargestellt. Mit Hilfe des Gaußschen SatAbb. 2.12 Prinzipskizze
eines Kondensators: Zwei
leitende Platten unterschiedlichen Potenzials werden bis
auf den kleinen Abstand d aneinander gebracht. Das Feld E
bindet Ladungen
zes für das elektrische Feld lässt sich berechnen, wie viel Ladung gespeichert ist.
7
skin heißt Haut
In der Formel 1 ist dies unter dem Kürzels KERS = Kinetic Energy Recovery Systems bekannt.
Neben Akkumulatoren werden auch Kondensatoren verwendet.
8
44
2 Passive Bauelemente
Denn die Ladung auf der oberen Platte ist in guter Näherung9
Q
=
ε0
E · dA ≈ E · A = E · A =
U
·A .
d
(2.13)
Die Ladungen befinden sich unmittelbar an der Oberfläche der Platte, wobei die
Größenordnung durch den Durchmesser eines einzelnen Atoms gegeben ist. Auf
der unteren Platte befindet sich die gleiche Ladungsmenge.
Wird bei einem Kondensator (oder einer Batterie) von der gespeicherten Ladung Q gesprochen, so bedeutet dies genau genommen immer die getrennte
Ladung: auf der Anode Q und auf der Kathode −Q.
Fügt man zwischen zwischen die beiden Platten ein polarisierbares Material, ein
so genanntes Dielektrikum, so ergibt Gl. (2.13) mit ε0 → ε:
Q =U ·ε ·
A
.
d
(2.14)
Gleichung (2.14) sollte als Produkt Spannung mal Materialeigenschaft des Dielektrikums mal Geometriefaktor gelesen werden. Alle konstruktionsspezifischen
Faktoren werden in einer Proportionalitätsgröße zusammengefasst, die Kapazität C
heißt:
Definition 2.6. Die Kapazität C eines Kondensators ist das das Verhältnis C = Q/U.
Hieraus folgt sofort die immer gültige Formel
I =C·
dU
.
dt
(2.15)
Für komplexe Ströme und Spannungen ergibt Gl. (2.15) zusammen mit u = Ue jωt
die Impedanz Z
u U
1
.
(2.16)
Z= = =
i
I
jωC
Für einen Kondensator, wie er in Abb. 2.12 gezeigt ist, beträgt die Kapazität also
C=ε·
A
A
= ε0 εr · .
d
d
(2.17)
Eine große Kapazität, oder auch viel gespeicherte Ladung, heißt also: große elektrische Suszeptibilität des Dielektrikums (also auch großes εr ) und kleiner Abstand
bei großer Fläche. Ein geladener Kondensator speichert, wie in Aufgabe 2.10 gezeigt, eine Energie von
9 Der dominante Anteil am Oberflächenintegral ist derjenige, der zur Fläche zwischen den Platten
gehört. Nach oben hin ist das Feld schwach, zu den Seiten die Fläche klein.
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
45
1
E = CU 2 .
(2.18)
2
Schaltet man zwei Kondensatoren mit den Kapazitäten C1 und C2 parallel, so
verhalten sich beide zusammen wie ein einziger Kondensator mit der Kapazität
C = C1 +C2 (Parallelschaltung).
(2.19)
Man kann sich zur Begründung zwei nebeneinander gestellte und parallel geschaltete Plattenkondensatoren vorstellen, die sich nur in der Fläche unterscheiden. Nach
Gl. (2.14) erhöht sich die Gesamtladung proportional zur Fläche: A = A1 + A2 →
C = C1 +C2 .
Abbildung 2.13 zeigt zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren. Mit Hilfe der
Abb. 2.13 Zwei in Reihe
geschaltete Kondensatoren,
die von einer Stromquelle
gespeist werden
Ladungserhaltung lässt sich bestimmen, welcher Gesamtkapazität C diese
Reihen
schaltung entspricht: Nach einer bestimmten Zeit t sei eine Ladung Q = Idt durch
die beiden Kondensatoren geflossen. Nach der Definition 2.6 der Kapazität gilt
U1 ·C1 = (U2 −U1 ) ·C2 = U2 ·C .
(2.20)
Aus diesen beiden Gleichungen lässt sich die Zwischenspannung U1 eliminieren,
und man erhält
1
1
1
+
(Reihenschaltung).
(2.21)
=
C C1 C2
Kondensatoren kommen in zwei Gruppen von Bauformen vor: gewickelt, oder
gestapelt. Beide nutzen sowohl die Vorder- als auch die Rückseiten der Elektro-
Abb. 2.14 Prinzipskizze eines gestapelten Kondensators.
Solche Kondensatoren kommen bei Keramik-Dielektrika
zum Einsatz
den. Gestapelte Kondensatoren wie der in Abb. 2.14 gezeigte nutzen Materialien
mit sehr großen Dielektrizitätskonstanten. Sie kommen bei Keramiken aus Barium-
46
2 Passive Bauelemente
, Kalzium- und Strontium-Titanat oder auch Zirkonaten mit bis zu εr = 1000 [2]
zum Einsatz.
Gewickelte Kunststoff-Kondensatoren setzen auf große Flächen: Sie haben als
Dielektrika 0, 7 . . . 3, 0 μm dünne Plastikfolien mit εr = 2, 2 . . . 3, 3. Gewickelte
Abb. 2.15 Gweickelter Kondensator: Diese Bauform wird
für elastische Dielektrika
und Aluminiu-ElektrolytKondensatoren verwandt. Die
Kathode ragt unten heraus
und ermöglicht so eine optimale Kontaktierung. Für die
Anode müssen Extraelektroden oben mit eingewickelt
werden
Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren haben bis zu 200-fach vergrößerte Oberflächen, die durch elektrochemisches Ätzen des Anoden-Aluminiums erreicht werden.
Bei diesen Kondensatoren wird die Ladung kathodenseitig nicht im Metall, sondern
in der leitenden Flüssigkeit (Elektrolyt) direkt am Rande des Dielektrikums Al2 O3
gespeichert. Dieses bedeckt die angerauhte Fläche des Aluminiums und hat eine
relative Dielektrizitätskonstante von εr ≈ 9, 5.
Elektrolytkondensatoren (ELKOs) sind unipolar, das heißt, Anode und Kathode dürfen nicht vertauscht werden.
Die verlässlichsten und teuersten Elektrolytkondensatoren haben Tantal als Anodenmaterial und das Oxyd Ta2 O5 mit εr ≈ 27 als Dielekrikum. Der innere Aufbau ist von Hersteller zu Hersteller verschieden. Nur eine großflächige Kathode als
äußere Begrenzung ist allen gemein. Die im praktischen Einsatz wichtigste Eigenschaften der Tantalkondensatoren sind ihre Geschwindigkeit (also eine hohe Güte
selbst im oberen MHz Bereich) und ihre Anfälligkeit gegenüber zu großen Strömen
(siehe Aufgabe 2.18).
Die mit Abstand größten Kapazitäten erreichen Doppelschichtkondensatoren. bei
denen, wie in Abb. 2.16 gezeigt, sowohl die Kathode als auch die Anode aus der
Abb. 2.16 Aufbau von Doppelschichtkondensatoren wie
Gold Cap oder Ultracap. Diese werden aus zwei durch
einen Separator getrennte
Lagen Aktivkohle gewickelt.
Die Ladung wird an den
Grenzflächen der Aktivkohle
gebunden.
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
47
hochgradig porösen Aktivkohle besteht. Diese befinden sich in einem gemeinsamen
Elektrolyten. Am Übergang zum Elektrolyten bildet sich eine isolierende Grenzschicht, die als Dielektrikum dient. Zwischen den beiden Elektroden befindet sich
ein Separator, der einen direkten Kontakt verhindert, für den Elektrolyten jedoch
durchlässig ist.
2.2.3 Spulen
Stromdurchflossene Spulen erzeugen Magnetfelder, die Energie speichern und für
eine Verstetigung des Stromflusses sorgen. Spulen nutzen die magnetische und elektrische Induktion (siehe Gl. (1.20)). Sich ändernde Ströme erzeugen sich ändernde
Magnetfelder welche sich ändernde elektrische Felder erzeugen, die der Stromänderung entgegenwirken. Der Einfluss einer Spule auf
eine Schaltung steigt daher in
dem Maße, in dem der magnetische Fluss ΦB = A B · dA = μ0 μr A H · dA steigt.
Daher werden einerseits zur Vergrößerung von A viele Flächen übereinandergelegt (daher Windungen, Spulen), andererseits Materialien mit großem μr in diese
Windungen hineingebracht, um aus einer gegebenen magnetischen Erregung H ein
möglichst starkes Magnetfeld B zu erhalten.
Da die Stärke eines Magnetfeldes proportional zur Stärke des erzeugenden Stromes ist, muss die Änderung des magnetischen Flusses proportional zur Änderung
der Stromstärke sein. Die dazu gehörige Proportionalitätskonatante heißt Induktivität L. In ihr werden alle stoffspezifiischen und geometriespezifischen Konstanten
zusammengefasst:
Definition 2.7. Die Induktiviät L ist das Verhältnis der Änderung des magnetischen
dI
B
Flusses zur hervorrufenden Stromänderung: dΦ
dt = L · dt .
Das Induktionsgesetz (1.20) lässt sich mit Hilfe dieser Definition als
Ed = Uind = −L ·
dI
dt
(Spannungsgenerator)
(2.22)
schreiben. Das Minuszeichen findet Anwendung, weil bei Generatoren Strom und
Spannung antiparallel definiert sind. (Details hierzu später in Abb. 4.9 und 4.10).
Das heißt: Spulen erzeugen Spannungen, die einer schnellen Stromänderung entgegenwirken. Zum Begriff Spannungsgenerator ein Beispiel: Abbildung 2.17 zeigt
die Kombination aus einer Spule und einem Widerstand. Nehmen wir an, zum Zeit-
Abb. 2.17 Spule und Widerstand
48
2 Passive Bauelemente
punkt t = 0 fließe ein Strom I0 in der dargestellten Richtung. Der Ladungstransport
in der Spule sorgt dafür, dass der Pluspol in Abb. 2.17 oben liegt. Durch den Widerstand fließt also ein Strom I = Uind /R. Die weitere Entwicklung folgt nun aus Gl.
(2.22):
t
L I dI
dI
dt = −
= R·I →
(2.23)
−L ·
dt
R I0 I
0
mit dem Ergebnis
R
I = I0 e− L ·t .
(2.24)
Die Tatsache, dass die Spule einen Strom vom Minuspol zum Pluspol transportiert,
zeigt, dass die Spule in diesem Fall ein Energielieferant oder Genarator ist. Mit
Hilfe von Gl. (2.24) kann die von der Spule gespeicherte Energie bestimmt werden.
Es ist die, die am Widerstand freigesetzt wird
E=
∞
0
PR dt =
∞
0
R · I 2 dt = R · I02
∞
0
2R
e− L ·t dt .
(2.25)
Bei der Berechnung des Integrals fällt der Widerstand R ganz heraus - eine Konsequenz der Tatsache, dass hier unabhängig vom Verbraucher der Energieinhalt des
Magnetfeldes der Spule zum Zeitpunkt t = 0 berechnet wird:
1
E = LI02
2
(2.26)
Vorsicht Vorzeichen! Die Betrachtung der Rückwirkung einer stromdurchflossenen Leiterschleife auf sich selbst führt praktisch zwangsläufig zu der in Abb. 2.17
gezeigten Wahl von Strom- und Spannungsrichtungen. Das Minuszeichen in Gl.
(2.22) gehört also zu der bei Generatoren üblichen Wahl der Stromrichtung vom
Minuspol zum Pluspol. Innerhalb einer von anderen Quellen gespeisten Schaltung
wird der Strom genau in die andere Richtung gewählt, und es gilt
Uind = +L ·
dI
dt
(Verbraucher)
(2.27)
Zwei in Reihe geschaltete Spulen verhalten sich wie eine einzige mit der Gesamtinduktivität
(2.28)
L = L1 + L2 (Reihenschaltung)
Dies folgt aus Gl. (2.27), wenn man berücksichtigt, dass der Strom durch beide
Spulen der gleiche ist und sich die induzierten Spannungen addieren. Bei der in
Abb. 2.18 gezeigten Parallelschaltung muss an beiden Spulen die gleiche Spannung
abfallen. Will man wissen, welches L einer einzigen Spule zuzuordnen ist, die sich
genau so verhält wie diese beiden zusammen, kann man daher schreiben:
U = L1
d
dI1
dI2
= L2
= L (I1 + I2 ) .
dt
dt
dt
(2.29)
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
49
Abb. 2.18 Parallelschaltung
zweier Spulen
Eliminiert man mit Hilfe des mittleren Gleichheitszeiches I1 , dann erhält man auf
der rechten Seite von Gl. (2.29) eine Gleichung, aus der auch I2 herausfällt:
1
1
1
=
+
L L1 L2
(Parallelschaltung).
(2.30)
Spulen kommen in verschiedenen Bauformen vor. Die Berechnung der Induktivität ist für eine gegebene Geometrie meist sehr schwierig. Denn L muss als Doppelintegral berechnet werden. So sind analytische Ausdrücke nur für wenige Geometrien, und für diese auch nur in Grenzfällen, bekannt. Für eine lange Spule, wie
sie in Abb. 2.19 zu sehen ist, ergibt sich (siehe Aufgabe 2.15)
Abb. 2.19 Eine Spule der
Länge l und der Querschnittsfläche A wird von einem
Strom I durchflossen. Dadurch entsteht ein Magnetfeld
B
LLange Spule = μN 2 A/l .
(2.31)
Für die meisten einfachen Formen wie eine Ringspule mit N Windungen, Radius R
und einem Drahtradius a sind nur Approximationen bekannt [3]:
8R
2
LRing ≈ μN R ln
−2 .
(2.32)
a
Ein wichtiger Sonderfall ist der (unendlich) lange, gerade Draht. Denn die Berechnung seiner Induktivität führt zu einem divergenten Ergebnis. Ebenfalls unmöglich
ist es, einem kurzen Leitungsstückchen allein eine bestimmte Induktivität zuzuordnen. Denn die magnetische Wirkung hängt davon, ab, in welche Richtung der Strom
weiter fließt und welche Flächen dabei umflossen werden. In den meisten Fällen
kann die Induktivität daher nur mit numerischen Verfahren näherungsweise vorhergesagt oder experimentell bestimmt werden.
50
2 Passive Bauelemente
Die dynamischen Eigenschaften einer Spule werden durch das Material ihres
Kerns bestimmt. Vergleicht man mehrere Spulen gleicher Geometrie und Drahtstärke, so ergibt sich Folgendes:
1. Luftspulen haben die geringsten, aber sowohl von der Stromstärke als auch von
der Frequenz nur sehr schwach abhängige Induktiviäten.
2. Spulen mit Ferritkernen10 haben deutlich größere Induktivitäten. Bei großen
Strömen nimmt die Induktivität aufgrund der Sättigung des Kernmaterials (siehe
Abb. 2.10) ab.
3. Spulen mit ferromagnetischem Kern haben sehr große Induktivitäten. Diese
nehmen aufgrund der Sättigung des Eisens (siehe Abschnitt 2.2.1) bei großen
Strömen ab. Durch Wirbelstromverluste nimmt die Verlustleistung bei hohen Frequenzen deutlich zu.
Allen Spulen gemein ist die Tatsache, dass der Skin-Effekt, welcher bei hohen Frequenzen auch mit einer Phasenverschiebung einher geht, (siehe [4, 5]) zu einer über
die reine Iduktivität hinaus gehende Stromdämpfung führt.
2.2.4 Widerstände
Widerstände werden benutzt um Ströme zu begrenzen oder im Zusammenspiel mit
Spule und Kondensatoren Frequenzen zu begrenzen. Dabei wird immer Wärme erzeugt, manchmal absichtlich, meist aber nur gezwungenermaßen. Widerstände werden bei diskkreten Bauteilen als gewickelte Drähte oder als auf ein Substrat aufgebrachte dünne Schichten realisiert. Bei Hybridschaltungen werden Bahnen schlecht
leitendem Material eingesetzt. Innerhalb von Halbleitern können auch Bahnen aus
dotiertem Material verwandt werden.
Die große Mehrheit aller in der Elektrotechnik verwendeten Materialien, zum
Beispiel alle Metalle, hat einen mit der Temperatur zunehmenden Widerstand. Diese Materialien werden auch Kaltleiter genannt. Die Abhängigkeit des Widerstandes
dieser Materialien von der Temperatur kann für die meisten Anwendungen durch
eine Gerade in der Nähe von T = 293 K = 20o C gemäß Gl. (2.33) angenähert werden:
R(T ) ≈ R(293 K) + a(T − 293 K) .
(2.33)
Halbleiter und einige wenige andere Materialien haben einen mit der Temperatur
abfallenden Widerstand. Diese werden Heißleiter genannt. Aus solchen Materialen
werden die so genannten NTC-Widerstände 11 hergestellt (siehe Abb. 2.20). Das
Anwendungsgebiet dieser Widerstände reicht von der Temperaturmessung bis zum
Begrenzen von Einschaltströmen. Ihr Verhalten wird phänomenologisch in guter
10 Ferrite sind nicht-leitende ferromagnetische Keramiken mit einem hohen Fe O (Eisenoxyd)
2 3
oder Fe3 O4 (Magnetit) -Anteil. Ihre magnetische Suszeptibilität ist ähnlich groß wie die des Eisens,
aber sie leiten nicht und haben deshalb keine Wirbelstromverluste.
11 Negative Temperature Coefficient
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
51
Abb. 2.20 Widerstände mit
negativem Teperaturkoeffizienten ((NTCs): Sie kommen
entzsprechend den verschiedenen Einsatzgebieten in
einer Vielzahl von Bauformen
vor
Näherung von der Steinhart-Hart-Gleichung (2.34) beschrieben:
1
= a + b · ln(R) + c · (ln(R))3 .
T
(2.34)
Dabei ist T die absolute Temperatur, R der Widerstand sowie a, b und c experimentell zu bestimmende Parameter. Für besondere Anwendungen gibt es auch noch so
genannte PTCs. Das sind Widerstände mit bei Temperaturerhöhung stark ansteigendem Widerstand.
In der Beschreibung von Widerständen hat sich die Verwendung der Größe
Schichtwiderstand als sehr nützlich erwiesen.
Definition 2.8. Der Schichtwiderstand ist der durch die Dicke der Schicht geteilte
spezifische Widerstand des Materials, aus dem die Schicht besteht.
Abbildung 2.21 zeigt den Sinn dieser Größe. Man stelle sich ein quadratisches PlättAbb. 2.21 Zur Definition
des Schichtwiderstandes: Der
Widerstand, den der Strom I
überwinden muss, hängt nicht
von der Seitenlänge b des
Quadrates ab
chen der Breite b und der Höhe h vor, durch welches ein Strom I fließt. Der Widerstand des Plättches ist
RSchicht = ρ ·
Länge
b
ρ
=ρ·
= .
Querschnitt
hb
h
(2.35)
Gleichung (2.35) beinhaltet, dass der Widerstand eines Quadrates einer dünnen
Schicht immer gleich ist, unabhängig davon, welche Seitenlänge es hat. Er ist damit
eine charakteristische Eigenschaft einer Schicht und wird daher als Schichtwiderstand RSchicht bezeichnet. Für eine Bahn der Länge und Breite b in dieser Schicht
ist der Widerstand dann
(2.36)
R = RSchicht · /b .
52
2 Passive Bauelemente
2.2.5 Impedanzen und Parasitärelemente
Im Idealfall haben die passiven Bauelemente sehr einfach zu beschreibende Impedanzen.:
Z(R) = R
(Widerstand)
Z(C) = 1/( jωC) (Kondensator)
(2.37)
(Spule).
Z(L) = jωL
Jedoch lehrt die praktische Erfahrung: Wer ein Bauteil in die Hand nimmt, der hat
gleich mehrere in der Hand. Denn jedes Stück Draht hat einen Widerstand, jede Leitungsbahn eine Induktivität, und zwischen zwei Leitern gibt es immer eine Kapazität. All diejenigen Bauteile, die (bildlich gesprochen) ohne Bestellung dabei sind,
nennt man Parasitärelemente. Für eine gegebene Anwendung müssen aber solche
Bauteile gefunden werden, bei denen Parasitärelemente eine untergeordnete Rolle
spielen und so die eigentliche Funktion im Vordergrund steht. Phänomenologisch
werden zu diesem Zwecke die Größen Güte Q, der Verlustfaktor D und der Verlustwinkel δZ eingeführt. Denn sie sind ein Maß dafür, wie nahe die Bauteilefunktion
an ihr Ideal heranreicht. Naturgemäss sind all diese Größen stark frequenzabhängig.
Definition 2.9. Die Güte Q eines Bauteils ist das Verhältnis vom Blindwiderstand
zum Wirkwiderstand
ℑ(Z) .
Q=
(2.38)
ℜ(Z) Der Verlustfaktor D ist ihr Kehrwert D = 1/Q. 12
Für ideale Spulen und Kondensatoren gilt daher
Ideal f all → D =
1
=0.
Q
(2.39)
Messtechnisch am leichtesten zu erfassen ist die Abweichung des Phasenwinkels
von den idealen ±90◦ .
Definition 2.10. Der Verlustwinkel δZ ist der Arcustangens des Verlustfaktors.
Daher gilt
ℜ(Z) =D= 1 .
tan(δZ ) = ℑ(Z) Q
(2.40)
Gleichung (2.40) ist, wie in Abb. 2.22 gezeigt, die Brücke zwischen Messtechnik
und Bauteilebeschreibung. Denn sie beinhaltet, dass mit der Messung des Phasenwinkels zwischen Strom und Spannung die Abweichungen vom IdealBauteil zu
quantifizieren sind.
Auf der Entwurfseite ist es nötig, Modelle für den Einfluss der Parasitärelemente
zu entwickeln, die den Frequenzverlauf der Impedanz und der Güte vorhersagen.
Hierzu werden Ersatzschaltbilder entworfen und durchgerechnet. Diese Modelle
12
Q wie Quality und D wie Dissipation
2.2 Theoretische Grundlagen der passiven Bauelemente
53
Abb. 2.22 Die Bedeutung des
Verlustwinkels: Am Verlustwinkel δz lässt sich festmachen, ob ein Bauteil geeignet
ist
sollten aber nicht überbewertet werden. Sie dienen in erster Linie dazu festzstellen, wo die Abweichungen von der Idealfunktion zu groß werden. Und zu diesem
Zwecke reicht eine recht grobe Näherung.
Das tatsächliche Verhalten eines Kondensators beinhaltet, wie in Abb. 2.23 gezeigt, seine gewünschte Funktion (C), die Widerstände der Leitungen, Elektroden
Abb. 2.23 Ersatzschaltbild
eines realen Kondensators.
(RR ) und (LR ) werden auch
als ESR und ESL bezeichnet
und Lötstellen (RR ), deren Induktivitäten (LR ) sowie einen endlichen Leitwert
(1/RP ) des Dielektrikums13 . Die Impedanz eines realen Kodensators ist daher in
guter Näherung
Z = RR + Z L + (ZC RP ) .
(2.41)
Der Parallelwiderstand spielt nur bei Anwendungen zur Spannungspufferung eine
Rolle. In allen anderen Fällen gilt
1
Z ≈ RR + Z L + ZC = RR + j ωL −
.
(2.42)
ωC
Bei der Verwendung von Kondensatoren sind also immer drei Bereiche zu unterscheiden:
1. bei kleinen Frequenzen normale Kondensatorfunktion,
2. bei Näherung an ωRC = 1 Zunahme der Ohmschen Verluste,
3. oberhalb der Reihenresonanz ω 2 LC = 1 Dominanz der Induktivität. Man spricht
bei dieser Frequenz auch von der Eigenresonanz des Kondensators.
Der Frequenzbereich der Anwendung bestimmt also, welcher Kondensator zu wählen
ist. Die folgende Gl. (2.43) zeigt, dass der Phasenwinkel der Gesamtimpedanz ein
Maß dafür ist, welche Rolle der Reihenwiderstand spielt:
13
Nach den Englischen Begriffen equivalent series resistace und equivalent series inductance
werden die Reihen-Parasitärelemente auch als ESR und ESL bezeichnet.
54
2 Passive Bauelemente
φZ = atan
ω 2 LC − 1
RR ωC
.
(2.43)
Denn nur wenn auch die beiden anderen Parasitärelemente verschwinden, ist φZ =
−90◦ . Als Maß für den Einfluss der Parasitärelemente wird der Verlustwinkel δZ
oder der Verlustfaktor D angegeben:
1 − ω 2 LC
RR ωC
δZ = acot
= atan
= atan(D) = acot(Q) . (2.44)
RR ωC
1 − ω 2 LC
An dieser Gleichung ist bei genauerem Hinsehen die generelle Regel14 bestätigt:
Die Güte Q ist immer dann groß, wenn parasitäre Widerstände keine große
Rolle spielen.
Bei realen Spulen sind je nach Material und Frequenz der Verwendung unterschiedliche Effekte zu berücksichtigen. Abbildung 2.24 zeigt ein häufig verwendetes Ersatzschaltbild. Der Parallelwiderstand RP muss nur berücksichtigt werden,
wenn ein ferromagnetischer Kern zu Wirbelstromverlusten führt. Bei ferromagnetiAbb. 2.24 Ersatzschaltbild
einer realen Spule: der Parallelwiderstand RP ist nur bei
Spulen mit Wirbelstromverlusten relevant. Bei hohen
Frequenzen nimmt der Reihenwiderstand RR wegen des
skin effect zu
schen Kernen nimmt bei großen Strömen die Induktivität ab: Wenn dem steigenden
Strom I aufgrund der Sättigung ein nicht mehr steigendes (d. h. konstantes) Magnetfeld gegenüber steht, dann nimmt die Induktivität wie L ∼ 1/I ab. Der Reihenwiderund kleistand RR ist wegen des skin effect (siehe Abb. 2.11) bei hohen Frequenzen
√
nen Drahtdurchmessern als frequenzabhängig anzunehmen: RR ∼ ω. Wie in Abb.
2.24 gezeigt, werden die Parasitärkapazitäten zu einer einzigen Parallelkapazität C
zusammengefasst. Dies ist nur eine in der Praxis gängige Näherung. In Wirklichkeit
sind die Parasitärkapazitäten kontinuierlich entlang der Spulen-Windungen verteilt.
Zum Verständnis des prinzipiellen Impedanzverlaufs ist das in Abb. 2.24 gezeigte
Schaltbild ausreichend. Man erhält
ZL
jωLRP
.
(2.45)
Z = RR + RP = RR +
1 − ω 2 LC
RP (1 − ω 2 LC) + jωL
14 Diese Regel ist auf sehr viele verschiedene Situationen, zum Beispiel Reihen- und Parallelschwingkreise anwendbar. Sie beinhaltet, dass große Güte mit großen Parallelwiderständen und
kleinen Reihenwiderständen einhergeht. Man frage also nicht, ob ein Widerstand groß oder klein,
sondern ob er wichtig oder unwichtig sei.
2.3 Antworten zu Kapitel 2
55
Bei der Verwendung von Spulen sind nach Gl. (2.45) im Allgemeinen vier Bereiche
zu unterscheiden:
1.
2.
3.
4.
bei ω = 0 ist Z = RR , also Ohmsches Verhalten,
bei kleinen Frequenzen (RR ωL RP ) normale Spulenfunktion,
bei Näherung an ω = L/RP Zunahme der Ohmschen Verluste,
oberhalb der Parallelresonanz ω 2 LC = 1 Dominanz der Parasitärkapazitäten.
In Aufgabe 2.16 wird eine reale Spule inklusive skin effect durchgerechnet. Auch
für Spulen kann, unabhängig vom gewählten Ersatzschaltbild, eine Güte Q, ein Verlustfaktor D = 1/Q und ein Verlustwinkel δZ angegeben werden. Für das in Abb.
2.24 gezeigte Ersatzschaltbild ergibt sich zum Beispiel eine Güte
Q=
ωLR2P (1 − ω 2 LC)
.
(RR + RP )ω 2 L2 + RR R2P (1 − ω 2 LC)2
(2.46)
Im doppelten Grenzfall C → 0 und RP → ∞ ergibt sich die Standardformel für gute
Spulen bei niedrigen Frequenzen: Q ≈ ωL/RR .
Bei sehr hohen Frequenzen muss auch der proximity effect und die elektromagnetische Abstrahlung bei der Modellierung von Spulen berücksichtigt werden. Die
Beschreibung dieser Effekte findet sich in der Fachliteratur zur Hochfrequenztechnik.
Die Ersatzschaltbilder von Widerständen hängen stark von der Bauart ab. Besteht ein Widerstand aus einem gewickelten Draht, dann ist das in Abb. 2.24 gezeigte
Ersatzschaltbild einer Spule angemessen. Besteht er als diskretes Bauteil aus einer
dünnen, auf einen Träger aufgebrachten Schicht, dann sind die Parasitärelemente
so klein, dass sie praktisch in allen Fällen zu vernachlässigen sind. Widerstände in
Hybridschaltungen oder in integrierten Halbleiterschaltungen haben dagegen immer
parasitäre Kapazitäten zu den darunter oder zu den darüber liegenden Schichten. Ihr
Verhalten hängt also von dem der benachbarten Bauelemente ab.
2.3 Antworten zu Kapitel 2
2.1 Mit
1
1
1
+
=
C C1 C2
(2.47)
1
a+b 1 1
=
= + .
ab
a·b
a b
(2.48)
erhält man C = 2 nF.
2.2 Es ist
Wegen der Gültigkeit dieser Beziehung ist es oft nützlich, Gleichungen so umzustellen, dass das -Zeichen im Nenner steht.
2.3 Die Kapazitäten müssen addiert werden:
56
2 Passive Bauelemente
C = C1 +C2 = (2, 75 + 1, 25) nF = 4 nF.
(2.49)
2.4 Jeder Kondensator muss gegen Überspannung geschützt werden. Bei Elektrolytkondensatoren kommt hinzu, dass sie nicht umgepolt werden dürfen. Eine Umpolung kann aufgrund von Bauteiletoleranzen auftreten, wie die folgende Überlegung
zeigt:
Wenn beide Kondensatoren in Reihe liegen, dann fließt durch sie der gleiche
Strom
dU1
dU2
I = C1 ·
= C2 ·
,
(2.50)
dt
dt
woraus für beliebige Spannungsveränderungen folgt:
ΔU2 C1
=
.
ΔU1 C2
(2.51)
Wenn nun die Anordnung vollständig entladen wird, dann ist ΔU1 + ΔU2 = 0. Das
heißt, wenn die Kondensatoren vor der Entladung nicht genau im Verhältnis C1 /C2
vorgeladen waren, dann wird nach der vollständigen Entladung derjenige mit der
kleineren Kapazität umgepolt sein, was im schlimmsten Falle dessen Zerstörung
nach sich zieht. Die Umpolung kann durch in Sperrrichtung betriebene Schutzdioden (am besten Schottky-Dioden) auf ca. 0, 3 V begrenzt werden.
Überspannungen können durch unterschiedliche Leckströme in den Kondensatoren auftreten: Wenn zwei in Reihe geschaltete, gleiche Kondensatoren auf eine Gesamtspannung U aufgeladen werden, dann fällt zunächst an jedem der beiden U/2
ab. Wenn danach, bei konstanten äußeren Bedingungen, einer der beiden Kondensatoren aufgrund seiner größeren Leckströme sich sehr viel schneller entlädt als der
andere, dann fällt nach einiger Zeit fast die gesamte Spannung an dem Kondensator mit der geringeren Selbstentladung ab. Dies kann nur verhindert werden, indem,
wie in Abb. 2.25 gezeigt, zu beiden Kondensatoren Widerstände parallel geschaltet
Abb. 2.25 zur Aufgabe 2.4:
Hochohmige Widerstände
parallel zum Kondensator
schützen von Überspannung
werden, durch die mehr Strom fließt als die größten zu erwartenden Leckströme.
2.5 Bei diesem Beispiel wurde offensichtlich die Spannungsrichtung so gewählt,
dass eine positive Ableitung des Magnetfeldes zu einer negativen Spannung gehört,
zu erkennen an U0 < 0. Da die induzierte Spannung immer proportional zur Ableitung ist, ergibt sich der in Abb. 2.26 gezeigte Induktionsspannungsverlauf.
2.6 Die Abnahme der Induktivität legt Spulen mit Eisenkern nahe. Deren Magnetisierung erreicht ein Maximum, wenn alle im Eisen vorhandenen Dipole (bzw. die
Weißschen Bezirke) im Magnetfeld ausgerichtet sind. Die Polarisierung ist dann
praktisch konstant. Die magnetische Erregung steigt aber proportional zum Strom.
2.3 Antworten zu Kapitel 2
57
Abb. 2.26 zur Aufgabe 2.5:
Zwischen 0 und 2 Millisekunden muss die Spannung
konstant sein, denn die Änderung des Magnetfeldes ist
konstant. Danach ist die Induktionsspannung Null, denn
das Magnetfeld ist konstant,
..., und so weiter
Der magnetische Fluss setzt sich also aus einem konstanten, großen Polarisationsterm und einem sehr viel kleineren stromabhängigen Term zusammen. Die induzierte Spannung wächst kaum noch mit dem Strom und die gemessene Induktivität
zeigt annähernd ein 1/I Verhalten.
2.7 Zu jeder Kerze wird ein NTC-Widerstand parallel geschaltet. Dieser wird so
dimensioniert, dass er im kalten Zustand einen deutlich größeren Widerstand hat
als die Kerze. Fällt die Kerze aus, so fließt der gesamte Strom durch den NTC, er
erwärmt sich und sein Widerstand sinkt, bis sich ein Gleichgewicht einstellt. Bei
richtiger Auslegung leuchten dann die anderen Kerzen nur wenig schwächer als vor
dem Ausfall der einen.
2.8 Nach Gl. (2.40) wird dem Kondensator ein Widerstand von
R=
1
1
=
ωCD 2π fC tan δ
(2.52)
zugeordnet. In Zahlen ergibt sich ein Wert von R = 159 kΩ. Die Verlustleistung ist
nun P = U 2 /R, also in Zahlen P = 0, 33 W. Im Jahr wird also eine Energie W = P ·t,
also W = 365, 25 · 24 h · 0, 33 W = 2, 914 kWh verbraucht.
Bei einer Verbesserung von tan δ um den Faktor 0, 02/10−4 = 200 steigt der
Widerstand auf das 200-Fache und der Energieverbrauch sinkt um das 200-Fache
auf P = 0, 0146 kWh im Jahr.
2.9 Die Ladung ist erhalten. Bezeichnet man mit den Indizes 1 und 2 den Kondensator mit und ohne Papier, muss nach Gl. (2.14)
U1 · ε1 ·
A
A
= U2 · ε2 ·
d
d
(2.53)
gelten oder mit Hilfe der elektrischen Suszeptibilität
U2 = U1 ·
1 + χE1
.
1 + χE2
(2.54)
58
2 Passive Bauelemente
Das heißt, die Spannung steigt in diesem Fall von 1 Volt auf 2,5 Volt. Dieses Ergebnis ist auch durch den Energie-Erhaltungssatz begründet: Um das Dielektrikum zu
polarisieren, muss Arbeit verrichtet werden. Wenn das Dielektrikum nicht mehr polarisiert ist, dann hat es weniger Energier - genau die, die dem Kondensataor zugute
kommt.
Falls das Ergebnis der Intuition widersprechen sollte: Der umgekehrte Vorgang
scheint oft leichter verständlich. Schiebt man ein Dielektrikum zwischen die Platten,
dann sorgt dessen Polarisation für eine Verringerung des elektrischen Feldes und
damit zu einer Abnahme der Spannung.
2.10 Um eine Ladung Q eine Potenzialdifferenenz ΔU überwinden zu lassen, ist
eine Arbeit ΔW = QΔU nötig.Wie viel Energie gebraucht wird, hängt wegen Q =
CU also davon ab, wie viel Ladung bereits auf dem Kondensator ist: ΔW = CUΔU.
Die gesamte zu verrichtende Arbeit ist genau der Energieinhalt:
E =W =
W
0
dW = C
U
0
1
UdU = CU 2 .
2
(2.55)
In Zahlen ergibt sich W = 15, 6kJ, das sind 4,34 Watt-Stunden.
2.11 Die maximale gespeicherte Energie ist nach Gl. (2.17) und (2.18)
ε0 εr A 2
U .
(2.56)
2d max
Dabei bestimmt d sowohl die Kapazität C ∼ 1/d als auch die Spannungsfestigkeit
Umax ∼ d. Denn die Feldstärke im Aluminiumoxyd ist E = U/d. Insgesamt ist daher
Wmax =
Wmax ∼
d2
=d.
d
(2.57)
Es ist also besser, die Spannungsfestigkeit zu erhöhen, als die spezifische Kapazität.
Bei einem Elektrolyt-Kondensator kann so nicht argumentiert werden. Je dicker
das Dielektrikum wird, desto glatter wird die Oberfläche auf der der Flüssigkeit
zugewandten Seite. Mit zunehmender Dicke nimmt also die Fläche ab, ein sehr
diffiziles Technologieproblem ohne einfache Lösung.
2.12 Der Verlustwinkel ist ein Maß für das Verhältnis von Längswiderstand und Impedanz. Man erhält für den Ohmschen Anteil (ESR) R = tan(δZ )/(ωC). In Zahlen
ergeben sich bei f = 1 Hz RR = 3, 2 mΩ und bei f = 100 Hz RR = 11, 5 mΩ.
Die sehr große Kapazität legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem Kondensator um einen Doppelschichtkondensator handelt. Diese Hypothese wird durch die
Tatsache gestützt, dass er abbrennt: Solche Kondensatoren haben Elektroden aus
Aktivkohle. Aus dem Frequenzverlauf des Verlustwinkels ist zu sehen, dass Ohmsche Widerstände ab Frequenzen von 1 Hz eine Rolle spielen. Ab f = 10 Hz sind
sie bereits größer als die Impedanz des Kondensators.
Aufgrund dieser Indizien ist anzunehmen, dass es auf Seiten der Versorgung ein
Störsignal mit mehr als f = 10 Hz gibt, welches im Kondensator in Wärme umgewandelt wird und schließlich zu dessen Zerstörung führt. (Dies ist ein Beispiel aus
2.3 Antworten zu Kapitel 2
59
dem wirklichen Leben. Verursacher war ein nicht ausreichend geglätteter Wechselrichter einer Solaranlage.)
2.13 Ein typischer Impedanzverlauf ist in Abb. 2.27 gezeigt. Bei kleinen Frequen-
Abb. 2.27 zur Aufgabe 2.13:
Impedanzverlauf eines realen
100 nF-Kondensators. Wo
genau das Minimum liegt
und ab welcher Frequenz das
Spulenverhalten dominiert,
hängt von Herstellungsdetails
ab. Universell ist nur der
1/ωC Verlauf bei kleinen
Frequenzen
zen zeigt er das typische 1/(ωC) Verhalten. Das Steilerwerden der Impedanzkurve
zeigt den Einfluss der Pararsitärinduktivität, welche bei sehr hohen Frequenzen dominiert. Das Minimum der Impedanz ist bei Reihenresonanz ω 2 LC = 1 erreicht.
Dort ist die Impedanz die Summe der Ohmschen Widerstände.
2.14 Die Feldstärke im Ring beträgt B = μ0 μr NI/(2r) (siehe Aufgabe 1.16). Nach
dem Induktionsgesetz gilt daher für N Windungen
2
N μ0 μr πr dI
d μ0 μr NI
dΦB
2
= −N
· πr = −
.
(2.58)
Uind = −N
dt
dt
2r
2
dt
Der Faktor in Klammern ist nach Definition 2.7 die Induktivität L. Sind Radius
und Windungszahl bekannt, so kann man aus einer Induktivitätsmessung auf μr
schließen. Die Induktivität lässt sich zum Beispiel durch Messung der Impedanz
Z = R + jωL bestimmen. Diese beginnt bei ω = 0 mit dem Gleichstromwiderstand
√
des verwendeten Drahtes, R, und fällt bei ω0 = R/L auf den 1/ 2-Fachen Betrag
ab. So folgen aus R und ω0 die Induktivität L und aus dieser folgt μr .
2.15 Gemäß der Definition 2.7 der Induktivität muss der magnetische Fluss ΦB aus
der Feldstärke bestimmt werden. Die Feldstärke beträgt B = μ0 IN/l (siehe Aufgabe
1.17). Daher beträgt für N Windungen der magnetische Fluss
N
2
ΦB = NA · B = N(πr ) · μ0 I
.
(2.59)
l
Einsetzen in Definition 2.7 ergibt
L = πr2
was zu Gl. (2.31) äquivalent ist.
μ 0
l
N2 ,
(2.60)
60
2 Passive Bauelemente
2.16 Entscheidend für den Anwendungsbereich ist die Lage der Parallelresonanz
von L und C. In Abb. 2.28 ist diese deutlich bei knapp f = 20 GHz zu sehen. Für
Abb. 2.28 zur Aufgabe 2.16:
Impedanzverlauf einer realen Spule. Deutlich ist die
Parallelresonanz knapp unter
f = 20 GHz zu sehen. Bis
f < 10 GHz ist der Impedanzverlauf linear und die Spule
verwendbar
die Resonanz spielt RS keine Rolle, und wir suchen das Minimum des Betrages des
komplexen Leitwertes:
Y=
1
1
1
1
.
+
=
+ RC + ZC RL + Z L
RC + ZC k ω/2π + Z L
Differenzieren nach f und das Ergebnis gleich Null setzen ergibt
k4C2 − 16π 2 L2C(RC2 C − L) − k2C
≈ 19, 8 GHz .
fr =
8π 2 LC(L − RC2 C)
(2.61)
(2.62)
2.17 Die Lösung folgt unmittelbar aus der Definition 2.1 des spezifischen Widerstandes ρ:
Rbd
ρ
→ρ =
.
(2.63)
R = ρ /A =
bd
Die Zahlen ergeben einen Wert von 4 mΩ/m. Der Schichtwiderstand ist dann gemäß
Gl. (2.35) RSchicht = ρ/d = 20 Ω.
2.18 Der Tantal-Kondensator erhöht die Gesamtkapazität nur um ein Promille, also im Regelfall um deutlich weniger als die Kapazitätstoleranz des AluminiumElektrolyt-Kondensators. Daher ist die Kapazitätserhöhung kein Argument für die
Parallelschaltung. Vielmehr decken die beiden Kondensatortypen unterschiedliche
Frequenzbereiche der Störungen ab. Der Tantal-Kondensator hat bei hohen Frequenzen eine viel größere Güte als ein Aluminium-Elektrolyt-Kondensator. Dieser kann
dafür bei kleinen Frequenzen wegen der größeren Kapazität viel mehr Ladung aufnehmen. Damit schützt er den Tantal-Kondensator auch vor zu großen Strömen.
2.19 Lösungsstrategie: Zunächst wird der Flächenbedarf berechnet. Dann wird die
Geometrie genauer untersucht.
Lösung: Nach Gl. (2.17) wird eine Fläche von
2.3 Antworten zu Kapitel 2
61
A=
CD
ε0 εr
(2.64)
gebraucht. Wenn eine schmale Metallbahn über einer breiten liegt, dann definiert die
schmalere (hier: b = 1, 2 cm) die Kapazität. Das überstehende Metall wird, wie in
Abb. 2.15 gezeigt, zum Kontaktieren verwandt. Wenn gewickelt wird, dann tragen
mit Ausnahme der letzten Lage immer sowohl die Vorder- als auch die Rückseite
zur Kapazität bei. Daher kann die Länge wie folgt berechnet werden:
A = 2 · b → =
CD
.
2bε0 εr
(2.65)
Mit den angegebenen Zahlen ergibt sich eine Länge von = 1, 14 m.
2.20 Am leichtesten lässt sich diese Aufgabe mit einem Gedankenexeriment lösen:
Man stelle sich zunächst zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren mit gleicher
Fläche A, aber unterschiedlichen Dielektrika vor. Die Gesamtkapazität ist dann mit
Hilfe von
1
1
d1
1
1
d2
=
+
=
+
(2.66)
C C1 C2
ε0 A εr1 εr2
zu berechnen. Nun werden die Kondensatoren immer näher zusammengerückt, bis
die zwei mittleren Elektroden zu einem einzigen, nirgends angeschlossenen Stück
verschmelzen. Wenn die Dicke dieser Zwischenelektrode gegen Null geht, ändert
sich nichts am elektrischen Verhalten. Daher beinhaltet Gl. (2.66) mit d = d1 + d2
bereits die Lösung:
d · εr1 εr2
ε0 A
ε0 A
C= d
·
=
.
(2.67)
1
d
d1 εr2 + d2 εr1
+ d2
εr1
εr2
Die Klammer in Gl. (2.67) ist die relative Dielektrizitätskonstante für den Gesamtaufbau. Ein mehr formaler Ansatz kommt zum gleichen Ergebnis: Die Konfiguration ist in Abb. 2.29 gezeigt. Der Gaußsche Satz für die linke Elektrode mit der
Abb. 2.29 zur Aufgabe 2.20:
Kondensator mit zwei Dielektrika
Querschnittsfläche A und der Ladung Q+ besagt Q+ /ε1 = E1 · A, wobei E das Feld
im linken Dielektrikum ist. Wird als rechte Begrenzungsfläche für das Oberflächenintegral gerade die Grenzschicht zwischen den Dielektrika genommen, folgt
62
2 Passive Bauelemente
Q+ U0 −U1
=
·A .
ε1
d1
(2.68)
Der Gaußsche Satz auf die rechte Elektrode für eine bis zur Grenzschicht reichende
Einhüllende angewandt ergibt, da E und A in entgegengesetzte Richtungen zeigen,
Q−
U1 −U2
=−
·A .
ε2
d2
(2.69)
Das Zwischenpotenzial U1 kann mit Hilfe von Q− = −Q+ durch Addition aller
Spannungen eliminiert werden:
U0 −U1 = (Q+ d1 )/(ε1 A)
U1 −U2 = (Q+ d2 )/(ε2 A) .
(2.70)
Die Addition dieser beiden Gleichungen ergibt genau dasselbe Ergebnis wie Gl.
(2.66).
Last but not least kann das Problem sehr schnell mit Hilfe der elektrischen Erregung D gelöst werden. Denn diese muss in allen Materialien gleich groß sein (!).
Bezeichnen wir mit E1 und E2 die Felder innerhalb der entsprechenden Dielektrika,
dann ergibt Definition 2.2
(2.71)
D = ε1 E1 = ε2 E2
woraus sofort
D = ε1
U0 −U1
U1 −U2
= ε2
d1
d2
(2.72)
folgt. Da in diesem Falle D = Q/A ist, führt Gl. (2.72) auf die Gleichungen (2.68)
und (2.69) und so wieder zum gleichen Ergebnis.
Zusatzbemerkung: Gleichung (2.66) legt die folgende Generalisierung nahe,
welche sich mit Hilfe von (2.72) auch beweisen lässt: für n Dielektrika läßt sich
die Kapazität eines Kondensators mit der Substitution
n
di
ε
i=1 ri
d→∑
(2.73)
berechnen.
2.21 Lösungsstrategie: Zunächst sollte man sich ein Bild machen und dann überlegen: Wenn Strom Ladung pro Zeit und die Geschwindigkeit Stecke pro Zeit ist,
was ist dann die Bedeutung der Strecke? Dabei ist es hilfreich, den Zusammenhang
zwischen der Ladungsträgergeschwindigkeit und dem Strom (Gl. (1.4) zu kennen.
Lösung: In Abb. 2.30 ist ein Stück Kabel schematisch dargestellt. Der Strom durch
dieses Kabel ist gerade die Ladungsmenge, die pro Zeit durch die QuerschnittsFläche A hindurchtritt. Für ne Elektronen ist ist dies Δ Q = −ne · e. Bei einer
Drift-Geschwindigkeit ve = Δ x/Δt der Elektronen sind dies gerade so viele, wie
in dem Volumen A · Δ x vorhanden sind. Da Aluminium ein dreiwertiges Metall
ist, ist die Dichte der Leitungselektronen dreimal so groß wie die der Atome:
(ne /V ) = 3(nAl /V ) also ist ne = ( nVe ) · AΔ x = ( nVe ) · A · ve · Δt. Insgesamt ergibt sich
2.3 Antworten zu Kapitel 2
63
Abb. 2.30 zur Aufgabe
2.21: Hochspannungsmast
mit Überlandleitungen der
Querschnittsfläche A. Auch
wenn in diesen Leitungen sehr
große Leistungen übertragen
werden, bleibt die Geschwindigkeit der Ladungsträger
deutlich hinter der einer
Schnecke zurück. (Photo:
RWE)
so die nützliche Formel
ne
ΔQ
= e ( ) A ve .
Δt
V
Nach ve aufgelöst ergibt sich in Zahlen
I=
ve =
m
200
∼ 0, 023 mm/s.
3 · 1, 602 10−19 · 6, 022 1028 · 3 · 10−4 s
(2.74)
(2.75)
Die Drift-Geschwindigkeit ist also erstaunlich klein.
An Gl. (2.74) kann man sehr schön erkennen, warum schmale Drähte schneller warm werden als dicke Kabel: Der gleiche Strom geht bei kleinerem Leitungsquerschnitt mit einer höheren Geschwindigkeit der Elektronen einher. Pro Stoß mit
einem Atomrumpf wird also mehr Energie frei.
So klein die Geschwindigkeit ist, so groß ist die Anzahl der Ladungsträger, die
pro Zeiteinheit durch einen Leiterquerschnitt hindurchtreten.
Δn ΔQ
I
200 A
=
= =
= 1, 25 1021 s−1 .
Δt
eΔt
e 1, 602 10−19 As
(2.76)
Das sind etwas mehr als eine Trilliarde Elektronen pro Sekunde.
2.22 Lösungsstrategie: Das Erdreich um die Halbkugel herum wird in konzentrische, infinitesimal dicke Schalen unterteilt. Der Gesamtwiderstand ist die Summe
der Schalenwiderstände.
Lösung: Nach der Definition 2.1 des spezifischen Widerstandes ρ können wir den
Widerstand einer Halbkugelschale bestimmen:
R=
ρ
ρ
ρ
.
→ ΔR = Δr
= Δr
A
A(r)
2πr2
(2.77)
Der Gesamtwiderstand wird durch Integration bestimmt:
R=
dR =
∞
r
ρ
ρ
dr =
.
2
2πr
2πr
In Zahlen ergibt sich ein Wert von R = 637 Ω.
(2.78)
64
2 Passive Bauelemente
Bis zu einem Abstand r + rFuß ist der Gesamtwiderstand bereits RFuß = 546 Ω.
Dies ergibt sich, wenn an Stelle von r bis ∞ von r bis r + rFuß integriert wird. Bei
einem Strom von I = 200 A ergäbe sich eine Spannung von
U = R · I = 546 Ω · 200 A ≈ 110 kV .
(2.79)
Das würde niemand aushalten.
An diesem Beispiel zeigt sich die überragende Bedeutung einer vernünftig geplanten Erdung gerade dort, wo große Ströme fließen (Fabriken etc.). Diese muss
großflächig und hinreichend weit weg von Lebewesen sein.
Literaturverzeichnis
1. Hering, Bressler, Gutekunst; Elektronik für Ingenieure, Springer Berlin 2001, ISBN 3-54041738-9
2. EPCOS AG, Multilayer Ceramic Capacitors, General technical Information, www.epcos.com
3. Siehe Missuri State University http://emclab.mst.edu/inductance/
4. O. Zinke und H. Brunswig, Hochfrequenztechnik 1, Springer Berlin 2000, ISBN3-54066405-X
5. H. Henke, Elektromagnetische Felder, Springer Berlin 2001, ISBN 3-540-41973-X
6. Tildon H. Glisson, Introduction to Circuit Analysis and Design, Springer New York 2011,
ISBN 9789048194421
http://www.springer.com/978-3-642-33494-8
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