Bergbau, Chemie, Energie Industriegewerkschaft

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Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
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30.11.2016
Von: Rolf Winkel
Pflegereform
Viele Vorteile, kaum Nachteile für Pflegebedürftige
Viele IG-BCE-Mitglieder haben pflegebedürftige Angehörige — manche sind selbst pflegebedürftig. Sie
können sich 2017 meist über bessere Leistungen der Pflegeversicherung freuen. Anträge dafür müssen sie
nicht stellen. Wer aber Hilfe benötigt und noch nicht als pflegebedürftig anerkannt ist, für den kann sich noch
vor dem Jahreswechsel ein Antrag auf Anerkennung lohnen.
Damit
Angehörige gut versorgt sind, lohnen sich dieses Jahr in manchen Fällen noch Anträge.
Was ändert sich 2017?
Ab 2017 gibt es statt der bisherigen drei regulären Pflegestufen fünf Pflegegrade. Auch die
Begutachtungsregeln ändern sich. Bislang geht es dabei vor allem um körperliche Probleme. Künftig kommt
es genauso auf geistige und psychische Beeinträchtigungen an.
Werden denn mehr Menschen Leistungsansprüche haben?
Ja, und zwar insbesondere durch den neuen Pflegegrad 1. Dieser ist für Men-
schen vorgesehen, deren Selbstständigkeit geringfügig eingeschränkt ist. Dies gilt beispielsweise für
Personen mit mäßigen motorischen Einschränkungen – etwa aufgrund von Wirbelsäulen- oder
Gelenkerkrankungen. Oder auch bei einer Restlähmung nach einem Schlaganfall.
Die Betroffenen haben oft Probleme mit dem Gehen und Stehen. Bei solchen Gesundheitsstörungen ist 2017
– anders als bisher – eine Anerkennung der Pflegebedürftigkeit möglich. Denn Pflegegrad 1 ist eigens auf
diesen Personenkreis zugeschnitten. Tipp: Bei geringen Einschränkungen der Selbstständigkeit sollte erst im
Januar 2017 eine Anerkennung von Pflegebedürftigkeit beantragt werden. Dann erst dann gelten die neuen
Begutachtungsregeln.
Welche Leistungsansprüche hat man mit Pflegegrad 1?
Es gibt dann für Maßnahmen zur pflegegerechten Anpassung der
Wohnung einen Zuschuss von bis zu 4000 Euro. Damit kann beispielsweise im Badezimmer eine
bodengleiche Dusche eingebaut werden.
Darüber hinaus stehen bis zu 40 Euro monatlich für Pflegehilfsmittel zur Verfügung. Außerdem gibt es einen
zweckgebundenen "Entlastungsbetrag" von 125 Euro. Damit können Betreuungs- und Dienstleistungen zur
Unterstützung im Alltag – zum Beispiel zur Versorgung im Haushalt, zum Vorlesen oder zur Tages- oder
Kurzzeitpflege – eingekauft werden.
Und was gilt für diejenigen, die heute bereits als pflegebedürftig gelten?
Sie werden automatisch aus den bisherigen Pflegestufen in die neuen Pflegegrade eingruppiert. Ein neuer
Antrag ist dafür nicht nötig. Die Überleitung geschieht nach einfachen Rechenregeln. Die meisten werden
dadurch deutlich bessere Leistungen erhalten.
Wie funktioniert denn diese Überleitung?
Mit sogenannten "Stufensprüngen". Aus der Pflegestufe I wird so der Pflegegrad 2 oder aus der Pflegestufe II
der Pflegegrad 3. Besonders vorteilhaft sind die Regeln für verwirrte beziehungsweise demenzkranke
Menschen. Das Gesetz spricht hier von Menschen mit "eingeschränkter Alltagskompetenz" (EA). Davon
betroffene Pflegebedürftige machen zum Jahreswechsel sogar einen Sprung um zwei Stufen – und nicht nur
um eine. Aus der sogenannten Pflegestufe 0 wird Pflegegrad 2. Oder aus Pflegestufe I wird bei gleichzeitiger
EA Pflegegrad 3.
Was muss man sich unter "eingeschränkter Alltagskompetenz" vorstellen?
Meist geht es dabei um eine (beginnende) Demenz. Anzeichen dafür sind etwa: Lässt jemand öfter
Kochplatten an? Lässt er die Haustür offen stehen? Läuft er unkontrolliert über die Straße?
Bringt ein Stufensprung auch höhere Leistungsansprüche?
Bei Pflegebedürftigen, die (noch) in den eigenen vier Wänden betreut werden, fast immer. Wer derzeit in
Pflegestufe 0 eingestuft ist, bekommt 2017 zum Beispiel 316 Euro Pflegegeld im Monat – bisher sind es nur
123 Euro. Alternativ dazu können auch Leistungen eines Pflegedienstes im Wert von 689 Euro monatlich
abgerufen werden. Derzeit gibt’s dafür bei Stufe 0 nur 231 Euro.
Die meisten Pflegebedürftigen haben derzeit Pflegestufe I. Was ändert sich für sie?
Ohne EA bekommen sie derzeit 244 Euro Pflegegeld. Nach dem Jahreswechsel sind es 316 Euro. Und wenn
sie von einem Pflegedienst betreut werden, können sie hierfür künftig sogar Leistungen in Höhe von 689
Euro nutzen. Bislang gibt’s dafür nur 468 Euro. Für Menschen mit EA sind diese Leistungen noch deutlich
höher.
Gibt es auch Verlierer?
Jein. Manchen pflegebedürftigen Heimbewohnern stünden ab 2017 eigentlich weniger Leistungen zu als
bisher. Doch in diesen Fällen greift ein Bestandsschutz: Es bleibt dann bei den bisherigen Leistungen. Wer
heute bereits als pflegebedürftig anerkannt ist, wird durch die Reform also keinesfalls schlechtergestellt.
Kann man in diesem Jahr noch einen Antrag auf Anerkennung als pflegebedürftig stellen?
Jederzeit bis zum 31.12.2016. Einen Antragsstopp gibt es nicht. Und für solche Anträge gelten zunächst
einmal immer die alten Begutachtungsregeln von 2016 – auch wenn der Gutachterbesuch erst im Februar
oder März 2017 stattfindet.
Wer dann in eine (höhere) Pflegestufe eingruppiert wird, profitiert noch vom (Zwei-)Stufensprung. Das
bringt Pflegebedürftigen, die ambulant – also zu Hause – betreut werden, häufig Vorteile.
Auch ein Antrag auf Höherstufung kann jederzeit noch gestellt werden.
Besonders lohnenswert sind Pflege-Anträge, wenn es Anzeichen für eine (beginnende) Demenz gibt, aber
natürlich auch, wenn sich die körperliche Situation – etwa nach einem Schlaganfall – verschlechtert hat.
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