Dstton 0(C).fm - ETH E-Collection

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Research Collection
Doctoral Thesis
Part 1 Struktur einer neuartigen Variante von Cofaktor F430
Author(s):
Mayr, Stefan
Publication Date:
2009
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-005908504
Rights / License:
In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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ETH Library
DISS. ETH Nr. 18549
I Struktur einer neuartigen Variante von Cofaktor F430
II Protoneninventar der Methyl-Coenzym-M-Reductase
III Weitere Studien zur Wirkungsweise von F430
ABHANDLUNG
zur Erlangung des Titels
DOKTOR DER WISSENSCHAFTEN
der
ETH ZÜRICH
vorgelegt von
Stefan Mayr
Diplom-Biologe der Universität Konstanz
geboren am 3. Februar 1972
aus Deutschland
Angenommen auf Antrag von
Prof. Dr. Bernhard Jaun, Referent
Prof. Dr. Donald Hilvert, Korreferent
Prof. Dr. Jörg Heilmann, Korreferent
2009
Was ist Wahrheit?
In Sachen der Religion: die Meinung, die überlebte Meinung.
In den Dingen der Wissenschaft: die letzte Entdeckung.
In der Kunst: unsere letzte Stimmung.
Oscar Wilde (1854 - 1900)
III
Vorwort
An erster Stelle geht ein ganz besonderer Dank an meinen Doktorvater, Professor
Bernhard Jaun, für das entgegengebrachte Vertrauen und die mir gebotene einmalige
Chance, als Diplom-Biologe am Laboratorium für Organische Chemie der ETH Zürich
promovieren zu können. Dabei denke ich nicht nur an die unzähligen Stunden in seinem Büro, angefüllt mit geduldigen „Privatlektionen“ zu allen möglichen Aspekten der
Chemie, sondern auch an den jedem Doktoranden gewährten großen persönlichen
Freiraum sowie die für mich sehr gewinnbringende Zuteilung didaktischer Aufgaben
bei der Ausbildung von Studenten. Ungemein profitieren konnte ich nicht zuletzt von
seinen umfassenden Kenntnissen im IT-Bereich, seiner handwerklichen Geschicklichkeit im Labor und unseren zahlreichen Diskussionen zu allen möglichen Wissengebieten auch außerhalb der Chemie. Besonders für seine wertvollen Ratschläge sowie die
immer großzügig gewährte Unterstützung bei jeder gebotenen Gelegenheit bin ich ihm
sehr verbunden.
Gleich im Anschluß daran danke ich den Professoren Donald Hilvert (LOC) und Jörg
Heilmann (Universität Regensburg) vielmals für ihr freundliches Entgegenkommen, ihr
Interesse an meiner Arbeit und die bereitwillige Übernahme der Korreferate.
Mit wertvollen Ratschlägen zu Synthesefragen wurde ich ferner unterstützt von den
Professoren Hans-Jürg Borschberg und Albert Eschenmoser (LOC), mit entscheidenden Hinweisen zu chromatographischen Techniken wiederum von Professor Hansruedi Altorfer (IPW). Bei der Bearbeitung nomenklatorischer Fragestellungen konnte
ich mich stets auf die freundliche und kompetente Anleitung durch Dr. Engelbert Zass
(D-CHAB, Infozentrum Chemie Biologie Pharmazie) verlassen.
Der interdisziplinäre Ansatz dieser Dissertation setzte eine Vielzahl von wissenschaftlichen Kooperationen voraus. So sind an vorderster Stelle Professor Rudolf K.
Thauer, PD Dr. Seigo Shima, Reinhard Böcher und Dr. Meike Goenrich (MPI für Terrestrische Mikrobiologie, Marburg, D) zu nennen, die uns kostbares Probenmaterial
aus Tauchexpeditionen im Schwarzen Meer zur Verfügung stellten und mein Projekt
von Anfang an tatkräftig unterstützten, nicht zuletzt im Rahmen der auch persönlich
sehr anregenden Seminarwochen in Hirschegg (A).
Vorwort
IV
Professor Detlef Günther, PD Dr. Christopher Latkoczy und Kathrin Hametner (LAC)
leisteten wichtige Beiträge bei der Mikroelementanalyse. Wertvolles Bildmaterial zur
Biologie und Ökologie von methanoxidierenden Anaerobiern stellten uns Professor
Walter Michaelis (IFBM Universität Hamburg, Hamburg, D) und Professor Antje Boetius (MPI für Marine Mikrobiologie, Bremen, D) großzügig zur Verfügung.
Aufgrund der nur in äußerst geringen Mengen verfügbaren Extrakte waren entsprechend leistungsfähige spektrometrische und spektroskopische Verfahren erforderlich.
So bin ich Dr. Walter Amrein und seinen Mitarbeitern Louis Bertschi, Oswald Greter,
Rolf Häfliger und Oliver Scheidegger vom MS-Service des LOC für ihre Präzisionsarbeit sehr verpflichtet. Rolf Häfliger verdanke ich auch die professionelle photographische Dokumentation einer Vielzahl von Dünnschichtchromatogrammen. Die Schwierigkeiten bei der Messung von Substanzen im milli- und submillimolaren Konzentrationsbereich wurden durch Brigitte Brandenberg, Dr. Marc-Olivier Ebert, Rainer Frankenstein und Philipp Zumbrunnen vom NMR-Service des LOC hervorragend gelöst.
Insbesondere Brigitte Brandenberg verdanke ich meisterhaft kalibrierte und integrierte
Spektren von Methan-Isotopologen. Ohne die tatkräftige Unterstützung durch Dr. Till
Kühn, Dr. Rainer Kümmerle und Dr. Detlef Moskau von der Firma Bruker Biospin AG
(Fällanden, CH) wäre die Strukturaufklärung der Cofaktor-F430-Variante nicht möglich
gewesen.
Besonderen Dank schulde ich Thomas Mäder (LOC) für seine unverzichtbare und
immer geduldig gewährte Hilfestellung bei der Bewältigung zahlreicher technischer
Probleme im HPLC-Bereich. Von Dr. Rod McIlwrick (Merck KGaA, Darmstadt, D) und
Claudio Chiavi (Macherey-Nagel AG, Basel, CH) erhielten wir darüber hinaus wertvolle
Hinweise zum effizienten Einsatz und zur fachgerechten Regeneration von Chromolith®- bzw. Nucleodur®-Phasen. Engagiert unterstützt wurden wir auch von Guido Grassi (LPC) bei der GC-Analyse von Methan-Stickstoff-Gemischen, während Dr. Georg
Seyfang (LPC) uns bereitwillig eine Druckflasche mit Monodeuteromethan zur Verfügung stellte. Dr. Jürg Gertsch (IPW) wiederum erlaubte uns dankenswerterweise die
Benützung des Linomat-IV-Applikators für die präparative Dünnschichtchromatographie. Die Mikroelementaranalyse von Coenzym-M-Derivaten wurde zuverlässig ausgeführt von Peter Kälin und Michael Schneider (LOC).
Vorwort
V
Schlußendlich wäre diese Dissertation auch nicht möglich gewesen ohne die hervorragende Infrastruktur am D-CHAB, allen voran die wissenschaftlichen Werkstätten,
der Chemie- und Pharma-Schalter sowie die Glasbläsereien von ETH und Universität
Zürich.
Zuletzt und doch an prominenter Stelle möchte ich noch meinen Kollegen Markus
Beck, Sieglinde Ebner, Dr. Zeena Johar, Dr. Raveendra Mathad und Silvan Scheller
für das gute Arbeitsklima, den freundschaftlichen Gedankenaustausch sowie die vielseitige Unterstützung im Laufe meines Doktorates vielmals danken.
Finanziert wurde die vorliegende Doktorarbeit durch Fördermittel des Schweizerischen Nationalfonds (Stipendium Nr. 200020-111650).
VI
Zusammenfassung
Teil I dieser Dissertation liegt die bis ins Jahr 2002 zurückreichende Entdeckung von
Michaelis et al. zugrunde, daß Mikrobenmatten in der Umgebung von kalten Methanquellen am Grund des Schwarzen Meeres über die Fähigkeit verfügen, in einem als
AOM benannten Prozeß Methan anaerob mittels Sulfat zu Kohlenstoffdioxid zu oxidieren. Dabei enthalten diese vor allem aus sulfatreduzierenden Bacteria und methanoxidierenden Archaea vom ANME-1- und ANME-2-Typ bestehenden Konsortien zwei
mengenmäßig markante Proteine, welche große sequentielle Ähnlichkeit zur MethylCoenzym-M-Reductase (MCR) aus methanogenen Archaea aufweisen. MALDI-TOFAnalysen ergaben klar, daß neben dem schon hinreichend charakterisierten hydrocorphinoiden Cofaktor F430 (m/z 905) eine um 46 Da schwerere Modifikation in etwa vergleichbarem Umfang vorliegt. Diese F430-Variante (m/z 951) zeigte in ihren
physikalisch-chemischen Eigenschaften wie Oxidierbarkeit zu F560, Epimerisierung in
Positionen 12/13, Methylierung der Pentacarbonsäure, Anzahl von aciden Gruppen mit
H-/D-Austausch sowie MS-Fragmentierungsmuster weitestgehende Übereinstimmung
mit Cofaktor F430. Mittels hochauflösender MALDI-ICR-MS und Mikroelementanalyse
durch LA-ICP-SF-MS konnte das 46-Da-Fragment eindeutig als CH2S identifiziert werden, vorliegend als Methylsulfanyl-Gruppe, jedoch nicht als acider Thiomethyl-Rest.
Nach erschöpfender Veresterung der Cofaktoren mit MeOH wurden die Einzelkomponenten vollständig über HPLC an RP-Chromolith®-Phasen aufgetrennt, was im analytischen Maßstab 80 nmol (≅ 78 µg) reinen Pentamethylester lieferte, gerade
ausreichend, um dessen Konstitution als 172-MeS-F430Me5 zu bestimmen. Erst die
Verfügbarkeit einer Chromolith®-Säule für semipräparative Trennungen ermöglichte
es, jeweils 500-600 nmol beider 172-Epimere wiederum als Pentamethylester aufzureinigen und deren Konstitution wie Konfiguration eindeutig als (172S)-172-MeSF430Me5 beziehungsweise als (172R)-172-MeS-F430Me5 festzulegen (vgl. Abb. A).
Durch Separation eines unveresterten Rohextrakts in zwei Stufen, zunächst semipräparativ über Chromolith® und dann analytisch über Hypercarb®, konnte schließlich
auch die freie Pentacarbonsäure der F430-Modifikation definitiv als (172S)-172-MeSF430 identifiziert werden. Neben UV/VIS- und CD-Spektroskopie kamen hierfür spezi-
Zusammenfassung
VII
elle NMR-Techniken für die Analyse von Mikromengen zum Einsatz, unter Verwendung von Shigemi-Meßröhrchen und Kryo-Probenköpfen. Die Unterdrückung der
Paramagnetismus-induzierten Signalverbreiterung und -verschiebung gelang letztendlich für die Pentamethylester in CD2Cl2 mit 20 Vol.% 2,2,2-TFE wesentlich besser als
für die Pentacarbonsäuren in reinem 2,2,2-TFE. Bestätigt wurden die NMR-Strukturzuordnungen durch HPLC-Koinjektionen von Esterhydrolysaten und freien Pentasäuren
für die jeweiligen Diastereomere in Position 172. Aufgrund des hohen Trennfaktors für
diese Epimere auf der Hypercarb®-Säule war es schließlich auch möglich, die Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen (172S)-172-MeS-F430 und
(172R)-172-MeS-F430 unter Säurekatalyse zeitabhängig zu verfolgen. Dabei stellt die
172S-Form eindeutig die biogene Cofaktor-F430-Modifikation dar, während es sich bei
dem nach Äquilibrierung zu rund 80 % vorhandenen und somit thermodynamisch begünstigten 172R-Isomeren um ein Isolierungsartefakt handelt, entstanden durch saure
Aufarbeitung der Mikrobenmatten.
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R = H: (172S)-172-MeS-F430
R = H: (172R)-172-MeS-F430
R = CH3: (172S)-172-MeS-F430Me5
R = CH3: (172R)-172-MeS-F430Me5
Abb. A
Nach neueren Erkenntnissen enthalten die AOM-aktiven Konsortien stets Archaea
mit hinlänglich bekanntem Cofaktor F430 (in Protein II) und mit der entsprechenden
(172S)-172-MeS-Modifikation (in Protein I), und zwar in unterschiedlichen Verhältnissen. Somit liegt nahe, daß der erste Schritt in der anaeroben Aktivierung von Methan
eine Methylsulfanylierung in Position 172 nicht notwendig voraussetzt. Freilich lassen
Zusammenfassung
VIII
die weitgehenden Übereinstimmungen in den spektroskopischen Eigenschaften von
Cofaktor F430 und dessen Methylsulfanyl-Variante keine großen Unterschiede im sonstigen physikochemischen Verhalten wie insbesondere den Reduktionspotentialen
Ni(II)/Ni(I) beziehungsweise Ni(III)/Ni(II) erwarten. Allerdings erfordern genauere Untersuchungen in dieser Richtung die Verfügbarkeit größerer Mengen an Rohextrakten
oder die Ausarbeitung einer entsprechenden Partialsynthese.
Modelliert man die α-Kette von Protein I zusammen mit der MeS-Gruppierung in die
Röntgenstruktur einer inaktiven Ni(II)-Form von MCR I, so kommen alle bekannten
Aminosäure-Mutationen von Protein I in einer Cystein-reichen α-Helix zum Vorschein,
welche teleskopartig exakt in Richtung der Methylsulfanyl-Funktion zeigt. Wahrscheinlich spielt diese Substruktur eine Schlüsselrolle für den H+/e− -Transport von der Oberfläche der MCR zum redoxaktiven Ni-Zentrum.
Teil II dieser Arbeit befaßt sich mit dem Protoneninventar des Enzyms MCR im Hinblick
auf verschiedene derzeit postulierte Mechanismen. Als Konsequenz aus dem von Pelmenschikov et al. in den Jahren 2002/2003 vorgeschlagenen Reaktionszyklus über
Methyl-Radikal und Ni(II)-Thiolat folgt, daß das vierte Wasserstoffatom des Methans −
im Gegensatz zu den übrigen diskutierten Mechanismen − direkt aus der Abstraktion
eines H-Atoms von CoB−SH stammt. Andernfalls könnte der fragliche Wasserstoff als
Proton von H2O, Tyrosin−OH oder Lactam−NH im aktiven Zentrum geliefert werden,
während Cystein-Seitenketten als Donatoren zu weit entfernt wären.
Sulfanyl-Gruppen zeigen im Gegensatz zu Hydroxy- oder Amino-Funktionen einen
ausgeprägt tiefen Fraktionierungsfaktor im Bereich von 0.40-0.45, was durch NMRspektroskopische Untersuchungen an Coenzym B und Coenzym M in H2O:D2O-Gemischen bestätigt wurde. Theoretisch erwartet man für Protonenübertragungen über
Thiole eine maximale Deuteriumabreicherung für 50-60 Vol.% D2O im Reaktionsansatz. Anhand einer Eichgerade erwies es sich als erfolgreich, für Präparationen von
MCR I das Verhältnis der Methan-Isotopologen CH3D/CH4 in der Gasphase abhängig
vom D2O-Molenbruch des Mediums im Bereich von 20 bis 96 Vol.% D2O zu bestimmen. Nach Lösen der Gase in CDCl3 wurden die entsprechenden 1H-NMR-Signale integriert, wie Abbildung B-1 für eine Mischung von CH3D (Triplett) und CH4 (Singulett)
im Verhältnis 40:60 (v/v) zeigt. Die am Enzym tatsächlich gemessene Deuterium-Abreicherung in der Gasphase entspricht jedoch einem Fraktionierungsfaktor von 0.27
Zusammenfassung
IX
(vgl. Abb. B-2), wobei die Methanbildungsrate mit zunehmender D2O-Konzentration
nur gering schwankt. Legt man eine geordnet ablaufende Bisubstrat-Reaktion der
MCR zugrunde, so erlauben die Simulationen zur Reaktionskinetik zwei Lösungsansätze, um die beobachteten Phänomene zu beschreiben. In beiden Fällen dient obligatorisch eine Sulfanyl-Gruppe als Wasserstoffdonator für die Freisetzung von Methan, wobei Ansatz 1 einen kleinen kinetischen Isotopeneffekt von 1.5 auf kcat, einen
offenen ternären Komplex sowie ein hohes Kommitment mit langsamer Bindung von
CoB an den binären Komplex postuliert. Ansatz 2 hingegen beruht auf einem spezifischen Gleichgewichts-Isotopeneffekt für die Bindung von CoB, einen zum umgebenden Medium hin abgeschirmten ternären Komplex und einem niedrigen Kommitment
<< 1 mit um 50 % erhöhten KM-Wert für CoB−SD im Vergleich zu CoB−SH.
Molenbruch von CH3D
1.000
0.900
Molenbruch von CH3D
im Experiment
0.800
Molenbruch von CH3D
berechnet für ) = 0.27
0.700
Molenbruch von CH3D
berechnet für ) = 1.00
0.600
0.500
0.400
0.300
0.200
0.100
0.000
0.00
0.20
0.40
0.60
0.80
1.00
Molenbruch von D2O
Abb. B-1
Abb. B-2
Von höchster Relevanz schlußendlich ist die Beobachtung zu werten, daß für D2OKonzentrationen ≥ 96 Vol.% neben CH3D auch CH2D2 entsteht und daß die MethylGruppe des Substrates CH3−CoM monodeuteriert wird, beides signifikant im hohen
einstelligen Prozentbereich. Inwieweit dies die Reversibilität der Methanogenese beziehungsweise die anaerobe Methanaktivierung durch MCR belegt, muß durch künftige Experimente im Detail abgeklärt werden.
Kleinere Einzelprojekte im Rahmen dieser Dissertation finden sich in Teil III zusammengefaßt. So beschreibt Abschnitt A die Synthese eines Methyldisulfanyl-Derivates
Zusammenfassung
X
von Coenzym M, um MCR in der aktiven Ni(I)-Form mit einem sterisch möglichst
ungehinderten Disulfid reagieren zu lassen. Die besondere Schwierigkeit bei der Herstellung von Natrium-2-methyldisulfanylethansulfonat besteht darin, daß unter alkalischen Bedingungen ein rascher Thiolat-Disulfid-Austausch ausschließlich zum thermodynamisch begünstigten CoM-Homodisulfid führt. In wäßrigem methanolischem
Reaktionsmedium unter Einsatz von Methanthiosulfonsäure-S-methylester als Methylsulfenium-Donor konnte das gewünschte Produkt in hoher Ausbeute (> 85 %) erhalten
werden.
Abschnitt B umfaßt die Röntgenstrukturanalyse von Natrium-2-sulfanylethansulfonat Monohydrat, entstanden in kristalliner Form durch Diffusion von Ethanoldampf auf
eine gesättigte, stark saure Lösung von Coenzym M als freie Säure und Na-Salz in
Wasser. Abbildung C verdeutlicht dabei die oktaedrisch-verzerrte Koordinationsgeometrie des Natrium-Ions (Na9). Interessanterweise liegen die Schwefel-Atome der gezeigten Kristallform in antiperiplanarer Konformation vor, bei einer kürzlich beschriebenen unhydratisierten Form hingegen synclinal.
Abb. C
Abschnitt C beinhaltet Versuche zur De-/Transmetallierung von Ni(II)F430Me5.
Nachdem die Anwendung von Liganden wie EDTA oder Dimethylglyoxim mit hoher
Affinität zu Ni(II) keinen Erfolg gezeigt hatte, wurde Ni(II)F430-Pentamethylester in
Zusammenfassung
XI
THF schrittweise mit Natriumamalgam zur Ni(I)-Spezies und darüber hinaus teilweise
zu einer bislang unbekannten, höchst instabilen Ni(I)F430−•-Form reduziert. Unter
leichtem Überdruck eingeleitetes Kohlenstoffmonoxid bewirkte großenteils ein Verschwinden der charakteristischen Ni(I)F430-Absorptionsbande, wobei auch der ursprüngliche Ni(II)F430-Chromophor nach Zugabe von hydratisiertem Zinkperchlorat
und vollständiger Reoxidation nur zu einem geringen Teil regeneriert wurde. Aufarbeitung in saurer Natriumperchlorat-Lösung lieferte die typischen MS-Signale für die den
Dihydro-Tetramethylester und Dihydro-Pentamethylester von Cofaktor F430 sowie jeweils für deren Monocarbonyl-Derivate. Eine mögliche Substitution von Ni(II) durch
Zn(II) ließ sich allerdings nicht detektieren.
XII
Summary
Part I of this PhD thesis is based on the discovery made by Michaelis et al. in 2002 that
microbial mats collected at cold seeps in the Black Sea carry out anaerobic oxidation
of methane (AOM) to carbon dioxide using sulphate as electron acceptor. These microbial consortia, predominantly consisting of sulphate-reducing bacteria and methaneoxidizing archaea of the ANME-1 and ANME-2 type, contain large amounts of two
proteins that are close homologues of methyl-coenzyme M reductase (MCR) from
methanogenic archaea. MALDI-TOF mass analysis clearly revealed that apart from the
well characterized hydrocorphinoid F430 (m/z 905) a 46 Da heavier modification (m/z
951) of this cofactor was present in comparable amounts. In its physicochemical properties such as oxidizability to F560, epimerization at positions 12/13, methylation of the
pentacarboxylic acid, number of acidic groups for H/D exchange and MS fragmentation
patterns, this F430 variant closely resembles cofactor F430 to a large extent. Highresolution MALDI-ICR MS and microelemental analysis via LA-ICP-SF MS pointed to
CH2S for the 46-Da fragment, existing as a methylsulphanyl group instead of an acidic
thiomethyl residue.
After exhaustive methylation of the crude isolates, its components were completely
separated and purified by HPLC using RP-Chromolith® phases. On an analytical scale
we obtained 80 nmol (≅ 78 µg) of a pure pentamethyl ester, just sufficient to determine
its constitution as 172-MeS-F430Me5. When a Chromolith® column for semipreparative
purposes became available, 500 to 600 nmol of each 172-epimer were purified again
as pentamethyl esters and structurally elucidated as (172S)-172-MeS-F430Me5 and
(172R)-172-MeS-F430Me5 (see Fig. A). Without preceding esterification, separation of
another crude isolate in two steps enabled us to identify the F430 variant in its free
pentaacid form as (172S)-172-MeS-F430, semipreparatively via Chromolith® and
analytically via Hypercarb®. For this purpose, to complement UV/VIS and CD spectroscopy, special NMR techniques for microsamples were applied, including Shigemi tubes
and cryoprobes. Paramagnetism-induced line broadening and shifts in the NMR
spectra could be suppressed to a greater extent for the pentamethyl esters in CD2Cl2
containing 20 vol.% 2,2,2-TFE than for the pentacarboxylic acids in pure 2,2,2-TFE.
Summary
XIII
The comprehensive NMR analyses were confirmed by HPLC coinjections of ester
hydrolyzates and free pentaacids for the corresponding 172-diastereoisomers. The
Hypercarb® column showed a remarkably high separation factor for these epimers,
allowing us to determine the time-dependent establishment of thermodynamic equilibrium between (172S)-172-MeS-F430 and (172R)-172-MeS-F430 under acidic conditions. The (172S) isomer definitely represents the biogenically occurring albeit thermodynamically less stable F430 modification, whereas the (172R) form (80 % at equilibrium) is an isolation artifact generated under acidic preparation of cofactor-containing
extracts from the calcium carbonate-encrusted mats.
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R = H: (172S)-172-MeS-F430
R = H: (172R)-172-MeS-F430
R = CH3: (172S)-172-MeS-F430Me5
R = CH3: (172R)-172-MeS-F430Me5
Fig. A
According to recent knowledge, microbial communities carrying out AOM always
contain the well-known cofactor F430 (protein II) as well as the corresponding (172S)172-MeS variant (protein I) in varying proportions. Therefore it seems reasonable to
conclude that methylsulphanylation of the hydrocorphinoid macrocycle at C172 is not
necessary for catalytic function in the first step of anaerobic methane oxidation.
Certainly, the spectroscopic similarities of both cofactors suggest only small differences in their physicochemical properties, especially with regard to the Ni(II)/Ni(I) and
Ni(III)/Ni(II) reduction potentials. More detailed investigations into this topic, however,
would require larger amounts of crude extract from microbial mats or a suitable semisynthesis of (172S)-172-MeS-F430 from cofactor F430.
Summary
XIV
Modelling the α-chain of protein I together with the modified cofactor F430 into the
X-ray structure of an inactive Ni(II) form of methyl-coenzyme M reductase reveals that
all known amino acid mutations of protein I are located along an α-helix rich in cysteine
and directly pointing towards the MeS residue. This substructure might play a key role
for H+/e− transport from the surface of MCR to the redox-active Ni centre.
Part II of this thesis deals with the proton inventory of MCR as a test for some plausible
enzyme mechanisms currently postulated. According to the catalytic cycle via methyl
radical and Ni(II) thiolate as proposed by Pelmenschikov et al. in 2002/2003 and unlike
other mechanisms discussed, the fourth hydrogen atom of methane has to originate
directly from the abstraction of H• from CoB−SH. Alternative hydrogen sources, however, could include H2O, tyrosine−OH or lactam−NH at the active site, whereas
cysteine−SH can be ruled out because no such residue is close enough to participate.
In contrast to hydroxy or amino groups, sulphanyl residues exhibit a remarkably low
fractionation factor of 0.40 to 0.45, which could be confirmed by NMR analysis of
coenzyme B and coenzyme M dissolved in mixtures of H2O and D2O. Theoretically, for
proton transfers via thiols, a maximum depletion of deuterium would be expected for
50 to 60 vol.% D2O in the aqueous medium. The ratio of the methane isotopologues
CH3D/CH4 in the headspace gas over MCR-I containing assays was determined as a
function of the molar fraction of D2O (20 to 96 vol.%) in the medium. After dissolving
the gases in CDCl3, the corresponding 1H-NMR signals could be integrated with high
precision as shown in Fig. B-1 for a mixture of CH3D (triplet) and CH4 (singlet) in a ratio
of 40:60 (v/v). The observed deuterium depletion can be accurately simulated using an
apparent fractionation factor of 0.27 (see Fig. B-2), whereas the rate of total methane
formation for increasing concentrations of D2O varied only within experimental error.
Taking a simple ordered bisubstrate mechanism for MCR as a basis, our simulations
showed two possible solutions consistent with the experimental results. In both cases
a sulphanyl group is mandatory as hydrogen donor for the release of methane. Solution
1 reveals a small kinetic isotope effect of 1.5 on kcat, an open ternary complex and a
high commitment with CoB binding slowly to the binary complex. Solution 2 is characterized by a specific equilibrium isotope effect on the binding of CoB, a ternary complex
shielded from exchange with surrounding medium, a low commitment << 1 and by a KM
value for CoB−SD about 50 % higher than for CoB−SH.
Summary
XV
Finally and of particular relevance, for D2O concentrations of ≥ 96 vol.% we observed additionally the formation of CH2D2 and of a monodeuterated methyl group in
the substrate CH3−CoM, both significant and in the high single-digit percentage range.
How far these findings prove the reversibility of methanogenesis and the anaerobic
activation of methane by MCR, respectively, has to be elucidated by further detailed
experiments.
Molar Fraction of CH3D
1.000
0.900
Molar fraction of CH3D
in experiment
0.800
Molar fraction of CH3D,
calculated for ) = 0.27
0.700
Molar fraction of CH3D,
calculated for ) = 1.00
0.600
0.500
0.400
0.300
0.200
0.100
0.000
0.00
0.20
0.40
0.60
0.80
1.00
Molar Fraction of D2O
Fig. B-1
Fig. B-2
Some additional projects for this PhD thesis are summarized in Part III, Sections A to
C. Section A comprises the synthesis of a methyldisulphanyl derivative of CoM, a sterically unhindered disulfide suitable as substrate for MCR in its active Ni(I) form. Preparation of sodium 2-methyldisulphanylethanesulphonate caused some challenges,
since a rapid thiolate-disulfide exchange under alkaline conditions resulted in the
thermodynamically more favourable coenzyme-M homodisulfide. In aqueous methanol
using S-methyl methanethiosulphonate as methylsulfenium donor, the desired product
was obtained in high yield (> 85 %).
Section B describes the X-ray structural analysis of sodium 2-sulphanylethanesulphonate monohydrate, produced in crystalline form by vapour diffusion of ethanol into
a saturated, strongly acidic solution of coenzyme M and its sodium salt in water. Figure
C illustrates the distorted octahedral coordination geometry around a sodium ion (Na9).
Interestingly, the sulphur atoms in the depicted crystal are positioned in an antiperi-
Summary
XVI
Fig. C
planar conformation, whereas an unhydrated form published recently shows a synclinal arrangement.
Finally Section C deals with experiments towards the de- and transmetalation of
Ni(II)F430Me5. Because the use of ligands with high affinity to Ni(II) such as EDTA or
dimethylglyoxime was not successful, Ni(II)F430 pentamethyl ester in THF was gradually reduced by sodium amalgam to Ni(I) and furthermore to a hitherto unknown and
very labile Ni(I)F430−• species. After introducing carbon monoxide under slight overpressure, the characteristic absorption band of Ni(I)F430 disappeared. The original
F430(II) chromophore was regenerated only partially by adding zinc perchlorate
hydrate, followed by complete reoxidation. Workup in an acidic solution of sodium
perchlorate led to MS signals typical for the dihydro-tetramethyl- and dihydro-pentamethyl esters of cofactor F430 as well as for their monocarbonyl derivatives. However,
the hoped for substitution of Ni(II) by Zn(II) could not be detected.
XVII
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VI
Summary
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XII
I
Struktur einer neuartigen Modifikation von Cofaktor F430 . . . .
1
1
Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1
Methan: einfachster Vertreter der Kohlenwasserstoffe . . . . . . .
1
1.1.1
Globale und interstellare Bedeutung
. . . . . . . . . . . . .
1
1.1.2
Biotische und abiotische Entstehung
. . . . . . . . . . . . .
5
1.1.3
Abbau in der Atmosphäre
. . . . . . . . . . . . . . . . .
11
1.1.4
Aerobe und anaerobe Oxidation durch Mikroorganismen . . . . . .
12
1.1.5
Aktivierung durch Metallkomplexe im Labormaßstab
. . . . . . .
23
1.1.6
Großtechnische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
1.2
Metalloporphyrinoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
1.2.1
Vorkommen und Bedeutung
. . . . . . . . . . . . . . . .
30
1.2.2
Cofaktor F430: Struktur, Nomenklatur und Koordinationschemie . . .
33
1.2.3
Eisen-, Nickel- und Cobalt-Komplexe im Vergleich . . . . . . . .
39
1.3
Chromatographische Trenntechniken . . . . . . . . . . . . .
43
1.3.1
Fließmitteloptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
1.3.2
Dünnschichtchromatographie . . . . . . . . . . . . . . . .
47
1.3.3
Hochleistungs-Flüssigchromatographie
. . . . . . . . . . . .
48
1.4
Massenspektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
1.4.1
Größen, Einheiten und Symbole . . . . . . . . . . . . . . .
55
1.4.2
Matrix-unterstützte Laserdesorptions-Ionisation
. . . . . . . . .
55
1.4.3
Plasma-basierende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . .
57
1.5
NMR-Spektroskopie
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
1.5.1
Paramagnetische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
1.5.2
Kryo-Probenkopf
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
1.5.3
Shigemi-Meßröhrchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
Inhaltsverzeichnis
XVIII
1.6
Elektrophile α-Methylsulfanylierung zyklischer Ketone . . . . . . .
64
2
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
2.1
TLC- und HPLC-Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . .
67
2.2
Derivatisierung der Cofaktoren
. . . . . . . . . . . . . . .
71
2.3
Chromatographische Aufarbeitung der Rohextrakte . . . . . . . .
74
2.4
Spektroskopische und spektrometrische Charakterisierung . . . . .
78
2.4.1
UV/VIS, CD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
2.4.2
MALDI-TOF-/-ICR-MS . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
2.4.3
LA-ICP-SF-MS
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
2.4.4
NMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
2.5
172-Epimerisierung der MeS-Variante . . . . . . . . . . . . . 108
2.6
Versuche zur Semisynthese der F430-Modifikation . . . . . . . . 112
3
Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
3.1
Analytik von Cofaktor F430 . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
3.2
Biochemische Relevanz der MeS-Variante . . . . . . . . . . . 116
3.3
Semisynthetische Methylsulfanylierung
4
Experimenteller Teil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
4.1
Dünnschichtchromatographie . . . . . . . . . . . . . . . . 121
4.2
Bakterienmatten: Isolate Nr. 1-4 . . . . . . . . . . . . . . . 122
4.3
Entsalzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
4.4
Veresterung der Rohextrakte . . . . . . . . . . . . . . . . 125
4.5
Hydrolyse von Cofaktor-F430-Pentamethylestern . . . . . . . . . 126
4.6
Epimerisierung am MeS-Substituenten
4.7
HPLC von F430-Pentacarbonsäuren und -methylestern . . . . . . 127
4.8
UV/VIS-, CD-Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
4.9
MALDI-Massenspektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . 129
4.10
LA-ICP-SF-MS
4.11
NMR-Spektroskopie
4.12
Partialsynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
4.13
Labormaterial
. . . . . . . . . . . . 119
. . . . . . . . . . . . 126
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Inhaltsverzeichnis
XIX
II
Protoneninventar der Methyl-Coenzym-M-Reductase . . . . . . 138
1
Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
1.1
Kristallstruktur von MCRox1-silent und MCRsilent . . . . . . . . . . . 138
1.2
Gegenüberstellung der beiden MCR-Isoenzyme . . . . . . . . . 141
1.3
Katalytische Eigenschaften der MCR . . . . . . . . . . . . . 142
1.4
Lösungsmittel-Isotopeneffekte . . . . . . . . . . . . . . . . 148
1.4.1
Vergleich zwischen H2O und D2O. . . . . . . . . . . . . . . 148
1.4.2
Fraktionierungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
1.4.3
Kinetische und thermodynamische Effekte . . . . . . . . . . . 154
1.4.4
Besonderheiten bei Enzymen . . . . . . . . . . . . . . . . 157
1.4.5
Enzymatische Spaltung von C−H-Bindungen . . . . . . . . . . 159
1.4.6
Modellierung enzymatischer Isotopeneffekte
1.5
CH3-Metabolismus von Methanosarcina barkeri . . . . . . . . . 162
2
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
2.1
Bestimmung des Fraktionierungsfaktors für Thiole . . . . . . . . 163
2.2
Analyse von Gemischen aus Methan-Isotopologen . . . . . . . . 171
2.3
Simulationen zur Reaktionskinetik der MCR . . . . . . . . . . . 179
3
Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
3.1
Fraktionierungsfaktoren, Methan-Analytik
3.2
Schlußfolgerungen zum Reaktionsmechanismus . . . . . . . . . 191
4
Experimenteller Teil
4.1
Synthese von Coenzym B . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
4.2
Fraktionierungsfaktor für R−SH
4.3
Isolierung und Aufreinigung von MCR I
. . . . . . . . . . . . 198
4.4
Bestimmung der Protein-Konzentration
. . . . . . . . . . . . 200
4.5
Aktivitätstest für MCR I
4.6
Ansatz in D2O . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
4.7
Eichung von CH4-/CH3D-Mischungen . . . . . . . . . . . . . 202
4.8
Analyse der wäßrigen Phasen
4.9
Überprüfung des D2O-Gehaltes . . . . . . . . . . . . . . . 203
4.10
Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
4.11
Labormaterial
. . . . . . . . . . 161
. . . . . . . . . . . 189
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
. . . . . . . . . . . . . . . 196
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
. . . . . . . . . . . . . . . 202
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
Inhaltsverzeichnis
XX
III
Weitere Studien zur Wirkungsweise von F430 . . . . . . . . . 212
A
Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat . . . . . . . . . . 212
1
Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . 212
1.1 Charakteristika der MCR in Gegenwart von Polysulfanen . . . . 212
1.2 Herstellung von Diorganodisulfanen . . . . . . . . . . . . 214
1.3 Sulfan-Disulfan-Austauschreaktionen . . . . . . . . . . . 216
B
2
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
3
Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 220
4
Experimenteller Teil
. . . . . . . . . . . . . . . . . 221
Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat . . . . . . . . 223
1
Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . 223
1.1 Biochemische Eigenschaften von Coenzym M . . . . . . . . 223
1.2 Kristallisationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . 223
C
2
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
3
Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 233
4
Experimenteller Teil
. . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester . . . 236
1
Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . 236
1.1 Dekomplexierung von makrozyklischen Tetrapyrrolen . . . . . 236
1.2 Fällung und Komplexierung von Nickelionen
. . . . . . . . 238
1.3 Neutronenaktivierung von Nickel-haltigen Verbindungen . . . . 239
2
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
3
Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 245
4
Experimenteller Teil
. . . . . . . . . . . . . . . . . 247
IV
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
V
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
A
Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
B
Abkürzungen und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
C
Elektronische Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 280
D
Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
1
__________________________________
I
Struktur einer neuartigen Variante von
Cofaktor F430
__________________________________
1
Grundlagen und Methodik
1.1
Methan: einfachster Vertreter der Kohlenwasserstoffe
1.1.1 Globale und interstellare Bedeutung
Methan als Anfangsglied der homologen Alkanreihe ist der mengenmäßig relevanteste
Kohlenwasserstoff in der Atmosphäre der Erde sowie der Planeten Jupiter, Saturn,
Uranus und Neptun, wird auch außerhalb unseres Sonnensystems angetroffen und
war Bestandteil der irdischen Uratmosphäre. Neben den gewaltigen Methan-Mengen
in Erdgaslagerstätten werden darüber hinaus größere Vorkommen im Erdinneren vermutet. Umwelteinträge ergeben sich beim anaeroben Abbau von Cellulose und anderen organischen Substanzen durch methanogene Archaea, wobei von den auf rund
600 Mio. t/a geschätzten biogenen Emissionen 10-30 % aus Pflanzen stammen könnten. Man differenziert zwischen einerseits natürlichen Methan-Quellen wie
♦
Feuchtgebieten (Sumpfgas),
♦
Ozeanen + Seen,
♦
Termiten + anderen Insekten,
und andererseits anthropogenen Quellen wie
I
Grundlagen und Methodik
♦
Reisfeldern,
♦
Fermentation + Viehhaltung,
♦
Biomassevergärung,
♦
Abfallmanagement (Deponien, Kläranlagen),
♦
fossilen Brennstoffen (Erdöl-/Erdgasförderung, Steinkohleabbau).
2
Beim Auftauen von Permafrostböden erwartet man große Methan-Emissionen durch
thermische Zersetzung von Methanhydraten (CH4 • xH2O) und zusätzliche MethanGärung. Was wichtige Senken im globalen Methan-Budget anbelangt, so wird dieser
Kohlenwasserstoff durch radikalische Reaktionen in der Atmosphäre sowie mikrobiellen Abbau ausgetragen (siehe Abschnitte I 1.1.3, I 1.1.4).
Sogenanntes „trockenes“ Erdgas aus reinen Erdgas-Lagerstätten besteht aus Methan, wenig Ethan und Wasser in freier Form oder als Clathrat gebunden. „Nasses“
Erdgas aus Erdöllagerstätten hingegen enthält noch größere Mengen höhermolekularer Kohlenwasserstoffe bis zu Heptan sowie CO2, H2S, He und N2. Erdgas aus Kondensat- und Destillatlagerstätten wiederum ist in erheblichem Umfang durch höhersiedende Komponenten (> 7 C-Atome) ausgezeichnet. Mit einem durchschnittlichen
Gehalt von 80-90 % CH4 stellt Erdgas die wichtigste anthropogene Methanquelle dar,
hervorgegangen aus fetthaltigen tierischen und pflanzlichen Organismen. Allerdings
sprechen auch einige Hypothesen dafür, daß Erdgas aus größeren Tiefen, wie es häufig in tektonisch aktiven Gebieten zutage tritt, nichtbiologischen beziehungsweise vulkanischen Ursprungs sei. Die thermogene Entstehung von Erdöl und Erdgas, welche
im Schwarzen Meer auch heute noch fortdauert, ging wahrscheinlich von anoxischem
Tiefenwasser in Randzonen und Meeresbuchten aus, wobei der hohe Salzgehalt abgestorbene Organismen vor der völligen Zersetzung zu H2O, CO2, NH3 und H2S
schützte (siehe Abb. I-1). Stattdessen wurden die Fette beim anaeroben Abbau des
Sapropels (Faulschlamms) hydrolysiert und die Fettsäuren anschließend unter Druck
und erhöhter Temperatur zerlegt, mit Beteiligung katalytisch wirksamer Tonmineralien.
Darauf folgt die Stufe des Kerogens als größten Reservoirs an organisch-terrestrischer
Substanz, welches unter anderem n-Alkane, Olefine, Isoprenoide, Vanadium- und Nikkel-Porphyrine enthält, dessen genaue Struktur und Entstehung aber gegenwärtig
noch unklar sind. Nachdem man lange Zeit davon ausgegangen war, daß Erdöl von
Mikroorganismen nicht verstoffwechselt werden kann, sind inzwischen einige Hefe-
I
Grundlagen und Methodik
3
Biomasse
THERMOGEN
0,1-1 %
> 99 % in Sedimenten / Gesteinen
S
Ko elek
nse tiv
rvi e
eru
ng
Kerogen
~2%
Kohlenwasserstoffe
Dru
Hit ck,
z
Zei e,
t
MIKROBIELL
Mig
O2
rat
i on
~ 0,5 %
Erdöl
Erdgas
CO2
ABIOTISCH
CH4
Neptun
Abb. I-1. Methan-Vorkommen im globalen und interstellaren Maßstab.
und Bakterienarten bekannt, welche dieses Substrat heterotroph verwerten (vgl. Deckwer et al., 2008).
Bei genauerer Betrachtung ozeanischer Systeme entsteht das Methan in Sedimenten und hat einen benthischen Ursprung. Dessen Oxidation unter anaeroben Bedingungen erfolgt in marinen Sedimenten und Gewässern, unter aeroben Verhältnissen
dagegen an der benthischen Grenzschicht und innerhalb der Wassersäule. Die mikrobielle Methanoxidation besitzt dabei den größten Einfluß auf das aquatische Budget
noch vor Gasfreisetzung in die umgebende Atmosphäre. Gegenüber dem VPDB-Standard ist biogenes Methan massiv an 13C abgereichert, mit δ13C-Werten < −50 ‰, thermogenes und abiotisches Methan hingegen deutlich schwerer mit δ13C > −50 ‰. Die
Konzentration an freiem Methan in der Wassersäule des Schwarzen Meeres beträgt
etwa 3 µM in einer Tiefe von 200 m und strebt für > 600 m einem Sättigungswert von
≈ 11 µM zu. Eine weltweite Abnahme der δ13C-Signatur von organischem Material vor
ca. 2.7 Mrd. Jahren gilt als Argument für Methanotrophie und folglich für eine frühe
Oxygenierung der Erdatmosphäre (vgl. Michaelis et al., 2002: 1013).
I
Grundlagen und Methodik
4
a
Temperatur / °C
0
2
4
6
8
10
12
14
16
0
Freies Gas
+ Wasser
100
2
200
1
Wassertiefe / m
300
400
A
500
600
Gashydrat
+ Wasser
B
700
C
800
3
900
1000
b
H2O
CH4, H2S, CO2
Abb. I-2. a) Stabilitätsbereich von Methanhydraten innerhalb des Segmentes ABC im Schnittbereich der Graphen 1 (Hydratstabilitätsgrenze), 2 (Temperatur-Wassertiefe-Funktion) und 3 (Geotherme); b) Clathratbildung aus H2O-Dodekaedern und eingeschlossenen Gasen.
Aus Abbildung I-2 b kann man den Aufbau von Methanhydraten oder − chemisch
korrekt − Methanclathraten entnehmen, welche anhand ihrer Reflektoreigenschaften
durch seismische Untersuchungen identifiziert werden können. Diese Komponenten
finden sich häufig entlang von Kontinentalrändern in 600-3000 m Tiefe und bilden ein
I
Grundlagen und Methodik
5
enormes Methan-Reservoir, wobei aktuelle Schätzungen von 3000 Gt Kohlenstoff in
Clathraten und 2000 Gt in Methanblasen ausgehen. Rund 5000 Gt C entsprechen in
etwa der Gesamtmenge an fossilen Brennstoffen weltweit und dem 1500fachen Methan-Vorrat in der Atmosphäre. Methanhydrate stehen im Mittelpunkt des Interesses
unter klimatischen Aspekten, als Stabilisatoren unterseeischer Kontinentalhänge sowie als mögliche Energiequellen der Zukunft. Die Existenz von Gashydraten ist nur in
einem relativ kleinen Segment zwischen Meeresboden und Wassersäule gegeben,
eingeschränkt von der Hydratstabilitätsgrenze, der Temperatur-Wassertiefe-Funktion
und der geothermischen Wärme (siehe Abb. I-2 a). Somit muß ein dynamisches Reservoir zwischen Bildung und Zersetzung von Methanhydraten vorliegen, welches auf
eine permanente Methan-Zufuhr angewiesen ist und gleichzeitig durch Methanoxidation eingeschränkt wird, da die Hydratstabilität Werte für c(CH4) von 100-200 mM erfordert. Blickt man auf die δ13C-Werte des in Clathraten gebundenen Methans aus dem
Golf von Mexiko und dem Kaspischen Meer, so liegt klar ein biogener Ursprung vor,
stellenweise unter Beteiligung thermogener Prozesse. Isotopenbestimmungen (δ13C
und δ2H) an Hydrate-Ridge-Sedimenten vor der Küste von Oregon sprechen für eine
Methanogenese aus CO2, wobei eine 14C-Konzentration unterhalb der Nachweisgrenze den fossilen Ursprung des eingeschlossenen Methans belegt (vgl. Reeburgh, 2007:
486-489, 491, 495 f., 505).
1.1.2 Biotische und abiotische Entstehung
Methanogene verfügen weder über Katalase noch Superoxiddismutase und leben somit obligat anaerob, wobei einige Arten mit Hilfe der Rubredoxin-Oxidoreductase kurzzeitig Sauerstoff tolerieren können. Das natürlich gebildete Methan stammt zu 70 %
aus Acetat, der Rest aus H2 und CO2. Man schätzt, daß bei der Mineralisation organischer Substanz bis zu 1.5 % des Kohlenstoffs zunächst als CH4 freigesetzt und erst
später zu CO2 oxidiert wird, vor allem durch abiotische Vorgänge in der Atmosphäre
(siehe Kapitel I 1.1.3). Alle methanogenen Mikroorganismen gehören zu den Archaea
und werden in fünf Ordnungen eingeteilt: Methanobacteriales, Methanococcales, Methanomicrobiales, Methanopyrales, Methanosarcinales. Deren Substratspektrum ist
eng begrenzt und beschränkt sich auf C1-Verbindungen (z. B. Formiat, Methanol) so-
I
Grundlagen und Methodik
6
wie Acetat als einzig abbaubare C2-Verbindung (Methanosarcinales). Viele Spezies
wachsen darüber hinaus auch autotroph mit H2 und CO2, so daß deren Vergesellschaftung mit H2- und Acetat produzierenden Gärern am natürlichen Standort unmittelbar
einleuchtet. Zusammen mit den Acetogenen bilden die Methanogenen die wichtigsten
wasserstoffzehrenden Bakterien außerhalb des marinen Bereichs, wobei H2-Partialdrücke um 10−5 bar in der syntrophen Mischkultur einerseits die Energiekonservierung
der Methanogenen gerade noch ermöglichen, andererseits die thermodynamisch ungünstige H2-Freisetzung der Acetogenen überhaupt erst erlauben. Dies erklärt auch,
weshalb die Methanogenese in anoxischen marinen Sedimenten erst nach Erschöpfung der Sulfat-Vorräte beziehungsweise nach starker Verringerung der Sulfatreduktions-Rate ablaufen kann, da Sulfatreduzierer bekanntermaßen die MethanogenenSubstrate H2 und Acetat mit hoher Affinität aufnehmen. Neuerdings wird von einem bislang unbekannten Stoffwechselweg zur aeroben Methan-Produktion berichtet, welcher
auf der Zersetzung von Methylphosphonat beruht (vgl. Reeburgh, 2007: 493, 509).
Im Unterschied zu den restlichen vier
Ordnungen der Methanogenen mit H2Kopplung finden sich bei den Methanosarcinales eine membranständige, Methanophenazin-gekoppelte
Heterodisulfid-Re-
ductase sowie zelluläre Cytochrome.
Geht man von einem Monosaccharid als
Kohlenstoffquelle aus, so bleiben den Methanbakterien als Ausbeute nur 1/3 mol
ATP pro mol Kohlenhydrat, weshalb die
Methanogenese im Vergleich mit anderen
katabolischen Stoffwechselwegen wie Atmung oder Photosynthese einen recht inAbb. I-3. Isolierung von Methyl-Coenzym-MReductase aus Methanothermobacter marburgensis.
effizienten Prozeß darstellt (vgl. Deckwer
et al., 2008; Fuchs, 2007: 395-397, 398,
402). Aus den aufgelisteten Fakten wird
sofort ersichtlich, warum für eine ergiebige Isolierung der MCR aus Methanothermobacter marburgensis (siehe Abb. I-3) dieser Organismus zuvor bei 65 °C und unter
80 % H2 / 19.9 % CO2 / 0.1 % H2S angezüchtet worden war (siehe auch Kapitel II 4.3).
I
Grundlagen und Methodik
7
Wie Abbildung I-4 verdeutlicht, führt die Reduktion von CO2 auf die Oxidationsstufe
eines Ameisensäure-Amids zu dem isolierbaren Intermediat Formylmethanofuran, wobei das verantwortliche Enzym neben Molybdän einen Pterin-Cofaktor enthält. Die Formyl-Gruppe wird dann unter Freisetzung des CO2-Akzeptors Methanofuran (MFR) auf
Tetrahydromethanopterin (H4MPT) übertragen, welches als Carrier der C1-Einheit
während ihrer weiteren Reduktion über Methylidin- und Methylen- zu Methyl-H4MPT
dient. Als Analoge zu Tetrahydrofolat mit vergleichsweise um 90-120 mV niedrigeren
Redoxpotentialen agieren Tetrahydromethanopterin in den Methanobacteriales sowie
dessen Derivate Tetrahydrosarcinapterin (H4SPT) in den Methanococcales / Methanosarcinales und Tatiopterin oder Thermopterin in den Methanomicrobiales (vgl. Thauer,
1998: 2383). Wasserstoff stellt dabei die eigentliche Quelle der Reduktionsäquivalente
dar und wird seinerseits durch zwei unterschiedliche Hydrogenasen oxidiert, von denen die Nickel-freie Spezies das Deazaflavin F420 als primären Elektronenakzeptor
benützt. Der terminale Methyl-Transfer von N5-Methyl-H4MPT auf Coenzym M (2-Thioethansulfonat) erfolgt in zwei Schritten über eine Transferase mit corrinoidem Cofaktor.
In der Ordnung Methanosarcinales wird Acetat zuerst durch Phosphorylierung aktiviert und anschließend mit CoA−SH verestert. Der Ni-Fe-S-haltige Enzymkomplex der
CO-Dehydrogenase zerlegt das Acetyl-CoA in zwei C1-Einheiten, aus deren Reihe das
Kohlenstoffmonoxid zu CO2 oxidiert und die Methyl-Gruppe nach Übertragung auf Coenzym M reduziert wird. Für diese − formal betrachtet − innere Redoxreaktion des Acetats sind keine externen Reduktionsäquivalente notwendig.
Methyl-Coenzym M repräsentiert das erste Zwischenprodukt, welches allen Stoffwechselwegen der Methanogenese unabhängig vom Ausgangssubstrat gemeinsam
ist und schließlich unter Anwesenheit von Coenzym B (N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin) über MCR und dessen Cofaktor F430 das Endprodukt Methan freisetzt.
Die Regeneration der beiden Thiole CoM und CoB erfolgt über eine Disulfid-Reductase, gekoppelt mit einer H2-oxidierenden Dehydrogenase. Betrachtet man die thermodynamischen Daten für die Einzelreaktionen der Methanogenese, so führen vor allem
die beiden terminalen Prozesse, das heißt Methyl-CoM-Umsetzung sowie Disulfid-Reduktion, zum Aufbau elektrochemischer Gradienten (H+ / Na+) und liefern somit die wesentlichen Beiträge zur Freien Enthalpie ∆G0‘ der Gesamtreaktion von etwa −30 kJ pro
mol Methan (vgl. Jaun, 1993: 288-294; Thauer, 1998: 2385).
N
CH 3 HN
N
5
CH 3
10
Coenzym M
reduktiver Teil
2e
CO 2
Co
H4 MPT
Methyl -Transferasen
Corrinoid Protein
H2 /CO2 -Weg
CH 3
10
CH 3
10
2e + 2 H
N
H
CH 3
10
CH 3
HN
MFR
O
C
Me-H4 MPT bzw.
Me-H4 SPT
CO
2e + 2 H
N
5
H 2C
F420ox
F420red
N
5
N
H
N
5
C
O
H
N
Mo
Molybdoenzym
S
SO 3
CH 4
SO 3
Fe
gemeinsame
Schlüsselreaktion
Methyl-Coenzym-M-Reductase
S
HS-HTP
H 3C
Dehydrogenase
2e + 2 H
S
Ni
HTP
Ni
S
DisulfidReductase
Fe
H2
ADP
"CH3 "
CoA
Acetat-Weg
CO 2
CO
CO-Dehydrogenase
S
CH3 COS-CoA
Coenzym A
CH 3COO- P
Ni Fe
ATP
CH 3CO 2
Grundlagen und Methodik
Abb. I-4. Übersichtsschema zur Methanogenese aus den Edukten CO2, Acetat und H2.
CH 3CO 2
Hydrogenase
Ni Fe
und/oder
Ni-freie
Hydrogenasen
H2
H
O
H 2O
H
C
H4 MPT
R
I
8
I
Grundlagen und Methodik
9
Aufgrund der enormen Individuenzahlen spielen Termiten im Kohlenstoffkreislauf
der Natur eine entscheidende Rolle, zumal einige Arten beim Abbau von Lignocellulosen aus verholzten Zellwänden Methan freisetzen (siehe Abschnitt I 1.1.1). Holz wird
dabei nach mechanischer Vorzerkleinerung in dem nur wenige Mikroliter umfassenden
Termitendarm innerhalb kurzer Zeit metabolisiert. Durch das hohe Oberfläche-Volumen-Verhältnis beeinflußt der stetige Einstrom von O2 die mikrobiellen Vorgänge in der
Peripherie, während im anoxischen Zentrum anaerobe Stoffwechselvorgänge wie Hydrogeno- und Methanogenese überwiegen. Die Spezies Methanobrevibacter cuticularis hat sich dabei auf die Übergangszone zwischen sauerstoffhaltigem und sauerstofffreiem Bereich spezialisiert und besitzt die Fähigkeit, O2 einerseits zu tolerieren
und andererseits völlig aus seiner Umgebung zu entfernen. Der beim Holzabbau in
großen Mengen entstehende Wasserstoff reduziert das ebenso anfallende Kohlenstoffdioxid teilweise zu Acetat, welches in Form von Acetyl-CoA als Grundbaustein
anaboler Stoffwechselprozesse dient, und teilweise zu Methan (vgl. Pester and Brune,
2007). Die Komplexität der Mikrobenflora für die evolutiv höher stehende Termitengattung Nasutitermes, welche nicht über Cellulose-abbauende Protozoen verfügt, kann
man aus der Metagenom-Analyse von Warnecke et al. (2007) entnehmen.
Neuerdings geraten auch Methan-Emissionen von terrestrischen Pflanzen immer
mehr in den Mittelpunkt des Interesses, welche auf 62-240 Mio. t pro Jahr geschätzt
werden. In einer Reihe von Labor- und Feldexperimenten zeigten Keppler et al. (2006),
daß sowohl lebende als auch abgestorbene Landpflanzen in Abhängigkeit von der
Sonneneinstrahlung signifikante Methanmengen nach einem bislang unbekannten
Mechanismus freisetzen. Durch Sterilisieren mit γ-Strahlung, Inkubieren unter oxischen Bedingungen und Zugabe von [2-13C]Acetat gelang es, Störungen infolge einer
Methanogenese aus anaerober Acetat-Fermentation oder CO2-Reduktion auszuschließen. Die beobachtete 13C-Abreicherung (ca. −50 ‰) des CH4 spricht entweder für
einen markanten kinetischen Isotopeneffekt oder für eine Verarmung im Ausgangssubstrat, entsprechend dem δ13C-Wert für den C1-Pool von Pflanzen − inklusive MethoxyGruppen in Pektinen und Lignin −, aus welchem auch CH3Cl und CH3OH in seneszenten Blättern hervorgehen.
Was die abiotische Methanogenese anbelangt, so kommt neben dem Zerfall von
Methan-Clathraten (siehe Abb. I-2) auch hydrothermalen Systemen eine entscheidende Bedeutung zu. Die Größenordnung des zugrundeliegenden Methan-Flusses reicht
I
Grundlagen und Methodik
10
aus, um diesen Kohlenwasserstoff in der Tiefsee in etwa 30 Jahren komplett auszutauschen, so daß mit Hinblick auf die atmosphärische Methankonzentration eine rasche
mikrobielle Oxidation noch innerhalb der aquatischen Phase impliziert wird (siehe Kapitel I 1.1.3). Mikromolare H2- und CH4-Konzentrationen in Wasserproben aus dem östlichen Pazifik sprechen unter anderem für eine durch Meerwasser induzierte
Serpentinisierung Eisen- und Mangan-haltiger Mineralien als eigentliche Methanquelle. Hierbei setzt die Oxidation von Fe(II)-Olivin zu Serpentin und Fe(III)-Magnetit Wasserstoff frei, welcher mit CO2 in Gegenwart von Eisen oder Eisenoxid als Katalysatoren
bei 300 °C und 500 bar in einer Fischer-Tropsch-Reaktion zu CH4 führt:
6 [(Mg1.5Fe0.5)SiO4] + 7 H2O
CO2 + 4 H2
3 [Mg3Si2O5(OH)4] + Fe3O4 + H2 (Gl. I-1)
CH4 + 2 H2O
(Gl. I-2).
In der Tat bestätigten Experimente von Horita und Berndt (1999), daß unter hydrothermalen Bedingungen entstehende Fe-Ni-Komponenten die kinetisch gehemmte Bildung abiogenen Methans aus gelöstem Hydrogencarbonat katalysieren. Isotopeneffekte führten dabei zu δ13C-Werten für CH4 sowie zu Quotienten CH4/(C2H6+C3H8),
welche eigentlich für mikrobiell erzeugtes Methan charakteristisch sind. Kohlenstoffmonoxid als Anhydrid der unter diesen Voraussetzungen thermodynamisch stabileren
Ameisensäure ließ sich als Zwischenprodukt nicht detektieren. Olivin enthält in der Regel mehrere Tausend ppm Nickel, welche im Zuge der Serpentinisierung in Form von
Awaruit (Ni3Fe) ausfallen und zusammen mit Nickel-Eisen-Sulfiden in der ozeanischen
Kruste möglicherweise zur abiotischen Methanogenese in weit größerem Umfang als
bislang angenommen beitragen.
Ein prominentes Beispiel liefert das hydrothermale Feld „Lost City“ aus Warmwasserquellen und turmartigen Kalkschloten, welches im Jahr 2000 entdeckt wurde, rund
15 km vom Mittelatlantischen Rücken entfernt auf einer Breite von 30° Nord. Der bis
zur Oberfläche des Meeresbodens angehobene Erdmantel reagiert mit dem Meerwasser, wodurch sich das Mantelgestein Peridotit exotherm zu Serpentinit umwandelt und
zu warmen (40-75 °C), alkalischen (pH 9.0-9.8) Strömungen mit erhöhtem Wasserstoff- (0.25-0.40 mM) sowie Methan-Gehalt (0.18-0.28 mM) führt. Dabei türmen sich
weiße Carbonat-Brucit-Strukturen bis zu einer Höhe von 60 m auf. Innerhalb der Schlote existieren dichte Populationen methanogener wie methanotropher Organismen, wo-
I
Grundlagen und Methodik
11
bei einige Stämme enge Verwandtschaft zu ANME-1-Archaea zeigen. δ13C-Werte für
das gelöste Methan um −11 ‰ sprechen vielleicht für einen abiotischen Ursprung aus
gelöstem anorganischem Kohlenstoff, dessen Alter bei über 50000 Jahren liegen muß,
da 14C nicht mehr nachweisbar war (vgl. Kelley et al., 2005; Reeburgh, 2007: 494 f.).
Weiterführende Daten bezüglich Isotopeneffekten bei Genese, Migration und Akkumulation von Methan im Erdgas sowie zur Löslichkeit von CH4-N2-Gemischen in wäßrigen
NaCl-Lösungen liefern Harting et al. (1981).
Im Labor gewinnt man Methan durch alkalische Disproportionierung von feinpulverigem Natriumacetat mit Natriumhydroxid oder über die Hydrolyse von Aluminiumcarbid mit Wasser. Neben der Gewinnung aus Erdgas spielt die sogenannte
„Methanisierung“ im technischen Maßstab eine Schlüsselrolle, welche die heterogen −
meist auf Nickel-Basis − katalysierte Umsetzung von Synthesegas gemäß
CO + 3 H2
CH4 + H2O
(Gl. I-3)
∆rH (673 K) = −211 kJ/mol
beschreibt. Bei der hydrierenden Kohlevergasung wird alternativ Kohle mit H2 zu synthetischem Erdgas (SNG) umgesetzt. Kohlenstoffdioxid läßt sich ebenfalls entsprechend der Gleichung
CO2 + 4 H2
CH4 + 2 H2O
(Gl. I-4)
∆rH (673 K) = −170 kJ/mol
in Methan überführen, so daß die Methanisierung allgemein bei vielen industriellen
Prozessen zum Einsatz kommt, welche auf die Entfernung von CO und/oder CO2 aus
Synthesegasen abzielen (vgl. Deckwer et al., 2008).
1.1.3 Abbau in der Atmosphäre
Neben Kohlenstoffdioxid, Chlorfluorkohlenwasserstoffen und Lachgas gehört Methan
zu den wichtigsten Treibhausgasen, da seine IR-Absorptionsbanden im Bereich des
atmosphärischen Fensters liegen. Auf einen Zeithorizont von 100 Jahren bezogen be-
I
Grundlagen und Methodik
12
trägt sein GWP (Global Warming Potential) etwa 23, das heißt 1 g CH4 besitzt dieselbe
Wirkung wie 23 g CO2. Auch beeinflußt die Methan-Konzentration über die OH•-Dichte
den troposphärischen Abbau anderer Spurengase und erhöht den Wassergehalt der
Stratosphäre, was zu einer Zunahme der Aerosolbildung mit negativen Auswirkungen
auf die stratosphärische Ozon-Schicht führt. Aufgrund seiner langen Lebenszeit von
8.4 Jahren verteilt sich das Methan in der Troposphäre mit einem Maximum in höheren
nördlichen Breiten und einem Minimum auf der Südhemisphäre. Gegenwärtig beträgt
der Methangehalt der Atmosphäre 1.72 ppm, wobei die entsprechenden vorindustriellen Werte bei 0.66-0.75 ppm lagen und seit 1990 eine jährliche Zunahme von 8-10 ppb
zu verzeichnen ist. Neben der Oxidation durch Mikroorganismen (siehe Kapitel I 1.1.4)
wird Methan über zwei wichtige atmosphärische Senken ausgetragen:
♦
Oxidation mit Hydroxyl-Radikalen gemäß
CH4 + OH•
♦
CH3• + H2O
(Gl. I-5),
Oxidation in der Stratosphäre durch Cl-Atome des ClOx-Zyklus sowie mit aktiviertem
Sauerstoff gemäß
CH4 + O*
OH• + CH3•
(Gl. I-6).
Die schnellen Folgereaktionen sind komplex und führen über CH2O, CO, H2 und
HCOOH zu H2O und CO2. Derzeit wird der Anteil steigender Methankonzentrationen
am anthropogenen Treibhauseffekt auf 14 % geschätzt (vgl. Deckwer et al., 2008).
1.1.4 Aerobe und anaerobe Oxidation durch Mikroorganismen
Methylotrophie definiert alle Mikroorganismen − Bakterien und Hefen −, welche fakultativ oder obligat C1-Verbindungen (Methan, Methanol, methylierte Amine, Dimethylether, Formaldehyd, Formiat) als alleinige Kohlenstoff- und Energiequelle nutzen.
Obligat Methylotrophe (z. B. Methylococcus, Methylomonas) können dabei nur auf C1Verbindungen wachsen, fakultative Spezies (z. B. Pseudomonas spec., Rhodotorula
spec.) hingegen auch auf Komponenten mit C−C-Bindungen wie Kohlenhydraten. Methan und Kohlenstoffmonoxid (→ Carboxidobakterien) werden nur von wenigen Spezialisten als Substrat verwertet, Kohlenstoffdioxid von der großen Gruppe der
I
Grundlagen und Methodik
13
chemolithoautotrophen sowie photosynthetisierenden Organismen. Die Energiegewinnung erfolgt bei methylotrophen Bakterien durch abhängige Oxidation von Methan
(→ Methan-Monooxygenase) oder von Methanol (→ Pyrrolochinolinchinon-abhängige
Methanol-Dehydrogenase), bei Pilzen durch eine NAD+-abhängige Methanol-Dehydrogenase. Allgemein laufen Prozesse zur Einzellerprotein-Gewinnung auf der Basis
von Methanol mikrobiell und verfahrenstechnisch vorteilhafter ab. Zur Assimilation von
C1-Körpern wird Formaldehyd in Bakterien durch Ribose-5-phosphat (→ Ribosemonophosphat-Zyklus) oder Glycin (→ Serin-Weg) fixiert, in Hefen jedoch mit Xylose-5phosphat zu Glycerinaldehyd-3-phosphat und Dihydroxyaceton umgesetzt. Einzig Methanbakterien verfügen über einen Mechanismus zur CO2-Assimilation über den
reduktiven Acetyl-CoA-Weg, in dessen Verlauf chemisch gebundenes Kohlenstoffdioxid auf die Stufe des Methanols reduziert wird. Nach Carbonylierung von CH3−X zu
Acetyl-CoA erfolgt letztendlich eine reduktive Carboxylierung zu Pyruvat als Ausgangssubstanz anaboler Stoffwechselwege (vgl. Deckwer et al., 2008).
Betrachtet man die Redoxpotentiale (E0‘) der Spezies CO2/CH4 (−0.24 V), CH3SH/
CH4+H2S (+0.03 V), CH3OH/CH4 (+0.17 V), NO3−/NO2− (+0.43 V) und ferner von CH3•/
CH4 (+2.10 V), so wird klar, daß die Anaerobe Oxidation von Methan (AOM) zu Methanol durch Nitrat thermodynamisch ohne weiteres möglich ist. Der inerte Charakter
dieses Kohlenwasserstoffs bedingt jedoch, daß ionische Umsetzungen nur in wasserfreien Medien unter drastischen Bedingungen (Supersäuren / Metallkomplexe) ablaufen. Für biologische Systeme liegen folglich radikalische Mechanismen nahe.
Allerdings besitzt CH4 die höchste bekannte C(sp3)−H-Bindungsdissoziationsenergie
(Gasphase: 440 kJ mol−1), so daß unter Standardbedingungen nur OH• (Gasphase:
497 kJ mol−1) mit Methan exergon reagiert. In aeroben methanotrophen Bakterien erfolgt die CH4-Aktivierung jedoch nicht über freie Hydroxyl-Radikale, sondern vielmehr
durch hochvalente Metall-Oxo-Spezies in entsprechenden Enzymen. Aus diesen Erwägungen heraus hat man AOM-Prozessen über viele Jahre hinweg nur wenig Beachtung geschenkt, obgleich aus chemisch-mechanistischer wie technischer Sicht eine
physiologische Alkan-Funktionalisierung in Abwesenheit von Sauerstoff höchstes Interesse verdient (vgl. Thauer and Shima, 2008: 158 f.).
Nach gegenwärtigem Stand der Kenntnis wird ein Großteil (> 80 %) des weltweit
produzierten Methans in marinen Sedimenten unter Ausschluß von Sauerstoff zu CO2
oxidiert, gekoppelt an dissimilatorische SO42−-Reduktion. Abbildung I-5 illustriert ver-
I
Grundlagen und Methodik
14
a
b
c
d
Abb. I-5. Verschiedene Ökotypi von ANME-Zellaggregaten aus Sedimenten im Schwarzen Meer
(a), im Golf von Mexiko (b), am cascadischen Kontinentalrand (c), im Wattenmeer (d); Archaea in
Rot, Sulfat-reduzierende Bakterien in Grün (Visualisierung mit FISH).
schiedenartig strukturierte Konsortien aus methanoxidierenden Archaea und sulfatreduzierenden Bakterien, welche durch Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) mit
Farbstoff-gekoppelten 16S-rRNA-Sonden identifiziert werden konnten. Häufig trifft
man in Methanhydrat-reichen Ablagerungen mit hohen Raten Sulfat-basierender Methanoxidation auf Ökotypi, bei denen die Sulfatreduzierer dichte Aggregate aus etwa
100 Archaea-Zellen (2-3 µm Durchmesser) schichtförmig umgeben. Methan-Umsatzraten von > 5 mM d−1 lassen sich in Sedimenten am Hydrate Ridge berechnen, worin
die Methankonzentration bei 4 °C und 80 bar Druck Werte von bis zu 80 mM erreicht.
Die sulfatreduzierenden Symbionten gehören zu den δ-Proteobakterien in enger Ver-
I
Grundlagen und Methodik
15
wandtschaft zu den Genera Desulfosarcina/Desulfococcus, die zentralen Archaea zu
den Clustern ANME-1/ANME-2/ANME-3, welche phylogenetisch am engsten mit Methanogenen der Ordnung Methanosarcinales korrelieren. Inwieweit diese Archaea
auch selbst zur Sulfatreduktion befähigt sind, bedarf noch intensiver Forschung. Bislang wurde nur von wenigen prokaryontischen Symbiosen basierend auf metabolischer Wechselwirkung über direkten Zellkontakt berichtet, so beispielsweise über
das Paar Nitrosomonas/Nitrobacter. Die niedrige δ13C-Signatur der SRB-Lipide kann
am besten damit erklärt werden, daß die reverse Methanogenese zu einem organischen Zwischenprodukt führt, welches nicht nur gegenüber Sulfat als Elektronendonor
fungiert, sondern auch eine zelluläre C-Quelle darstellt (vgl. Boetius et al., 2000; Hinrichs et al., 1999; Thauer and Shima, 2008: 160).
Durch Kombination von Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung mit SekundärionenMassenspektrometrie (FISH-SIMS) gelang es Orphan et al. (2001), die 13C-Werte Methan-oxidierender Zellaggregate aus dem Eel River Basin (Kalifornien) in Abhängigkeit
von der Penetrationstiefe des Cs+-Strahls zu bestimmen. Hochgradig 13C-abgereicherte Archaea (δ13C ≤ −96 ‰) im Inneren werden dabei von einer Schale sulfatreduzierender Bakterien (δ13C ≈ −70 ‰) umhüllt. Zusätzlich zu den syntrophen ANME-2/Desulfosarcina-Desulfococcus-Konsortien beobachtete man auch solitäre ANME-2-Archaea
mit sehr niedrigen δ13C-Werten. Nähere Untersuchungen in Folge ergaben eindeutig,
daß sowohl ANME-1- als auch ANME-2-Zellen monospezifische Aggregate bilden,
wobei mögliche Quellen für Isolierungsartefakte (Ultraschallbehandlung etc.) ausgeschlossen wurden. Erstere scheinen dabei von Symbiosepartnern unabhängiger zu
sein und auch tiefere δ13C-Signaturen aufzuweisen. Im Gegensatz zum Archaeon
Archaeoglobus fulgidus, welches den Hauptteil seines Energiegewinnung durch Sulfatreduktion bestreitet und in der Wachstumsphase kleinere Mengen an Methan produziert, konnten die homologen Gene für dissimilatorische Sulfatreduktion in den
ANME-Stämmen bislang nicht nachgewiesen werden (vgl. Orphan et al., 2002: 7667).
Auch schlugen sämtliche Versuche fehl, die ANME-assoziierten Sulfatreduzierer axenisch zu kultivieren. Eventuell benötigen diese Organismen komplexe Kohlenhydratmischungen, entstanden aus Oxidationsprodukten der Archaea-Glycocalix (vgl. Thauer and Shima, 2008: 161).
Nauhaus et al. (2002) demonstrierten mit Hilfe einer speziellen Druckapparatur,
daß Sedimentproben aus dem Hydrate-Ridge-Gebiet (Nordostpazifik) unter strikt
I
Grundlagen und Methodik
16
anoxischen Bedingungen und definierter Salinität bei Zufuhr von Methan Sulfat zu Sulfid reduzieren und daß das molare Verhältnis von gelöstem CH4 zu gebildetem HS−
annähernd 1:1 beträgt. Für die Suche nach freien extrazellulären Intermediaten zwischen Methanoxidierern und Sulfatreduzierern wurden H2, Formiat, Acetat oder Methanol zugegeben. Dabei kam in Abwesenheit von Methan die Sulfatreduktion weitgehend
zum Erliegen, während unter Methanzufuhr die SO42−-Reduktionsrate praktisch keine
Änderung aufwies. In energetischer Hinsicht ist zu beachten, daß ∆G0‘ für methanogene Archaea mindestens −10 kJ mol−1 und für Sulfatreduzierer mindestens −19 kJ
mol−1 betragen muß, um ihren Stoffwechsel in situ aufrechtzuerhalten. Bezüglich einer
Syntrophie zwischen Archaea und Bakterien bestünde auch die Möglichkeit, den Elektronentransfer extrazellulär über „Nanodrähte“ zu bewerkstelligen, was jedoch physischen Zell-Zell-Kontakt erfordert. Später konnten im Rahmen von Langzeitexperimenten anoxische Hydrat-Ridge-Sedimente aus einer Wassertiefe von 780 m über einen Zeitraum von 24 Monaten inkubiert werden. Innerhalb dieser Frist stieg die AOMRate von 20 auf 230 µmol Sulfid pro Tag und Gramm Sediment (Trockengewicht), und
die nachgewachsenen Konsortien verfügten über dieselbe Morphologie aus zentralen
Archaea und peripheren Sulfatreduzierern. Unter den gegebenen Bedingungen betrug
die Verdopplungszeit der Assoziate rund sieben Monate, mit einer molaren AOM-Ausbeute von 0.6 g Zelltrockengewicht pro oxidiertem Mol Methan, so daß nur 1 % des verzehrten CH4 zur Synthese von Mikroben-Biomasse diente. Innerhalb des getesteten
Bereichs (bis zu 14 bar) verhielt sich die Wachstumsrate annähernd linear zum Methan-Partialdruck, was einen apparenten KM-Wert für Methan von über 10 mM anzeigt.
Bei diesem Druck betrug die spezifische AOM-Rate 10 nmol CH4 pro min und mg Zellen (Trockengewicht). Die Konzentrationen der für ANME-2-Archaea (Archaeol, Crocetan, Pentamethyleicosatrien) sowie Desulfosarcina-artigen Bakterien (11-Hexadecensäure) charakteristischen Biomarker nahmen ebenfalls zeitabhängig stark zu (vgl.
Nauhaus et al., 2007).
In Laboransätzen metabolisieren AOM-aktive Mikrobenmatten aus dem Schwarzen
Meer das Substrat Methan (Partialdruck: 1 bar) bei einer spezifischen Rate von 1 nmol
(min × mg Protein)−1, wohingegen die Methanogenese aus H2/CO2, Formiat, Methanol,
Methylaminen und/oder Acetat bei spezifischen Raten von < 0.01 mU pro min und mg
Protein abläuft. Somit liegt nahe, daß diese mikrobiellen Assoziate eher auf AOM ausgerichtet sind, obgleich man von simultaner Methan-Erzeugung und -Oxidation auch
I
Grundlagen und Methodik
17
im Zusammenhang mit kalten Methanquellen im Golf von Mexiko Kenntnis besitzt (vgl.
Thauer and Shima, 2008: 161). Anhand genetischer Analyse ganzer Konsortien wurde
gezeigt, daß methanotrophe Archaea homologe Sequenzen der Methyl-Coenzym-MReductase (MCR) und anderer Schlüsselenzyme der Methanogenese enthalten (vgl.
Hallam et al., 2004). Auch ist die hemmende Wirkung von 2-Bromethansulfonat − eines
klassischen Inhibitors der MCR − auf die AOM bekannt. Allerdings muß dieses Ergebnis relativiert werden, da 2-Bromethansulfonat zum einen auch Enzyme außerhalb der
Methan-Metabolisierung hemmt und zum anderen einigen Methanogenen CoenzymM-Transporter in der Zellmembran fehlen, so daß der Inhibitor mit der cytoplasmatischen MCR nicht reagieren kann. Bis zu 10 % der extrahierten löslichen Proteine in
den beschriebenen Mikrobenmatten setzen sich aus zwei Nickel-haltigen Proteinen mit
einem für Cofaktor F430 typischen UV/VIS-Absorptionsspektrum zusammen, und
zwar aus 7 % Protein I (F430-Variante) und 3 % Protein II (F430) (vgl. Krüger et al.,
2003; Shima and Thauer, 2005). Über die N-terminalen Aminosäuresequenzen der
drei Untereinheiten ließen sich die kodierenden Gene in einer Metagenom-Bibliothek
der Matten identifizieren. Codon Usage und Tetranucleotid-Signatur der drei Gene im
Cluster mcrBGA legten offen, daß Protein I durch das Genom des ANME-1-Archaeons
kodiert wird, Protein II durch dasjenige des ANME-2-Archaeons. Außerdem ergab eine
Immunogold-Markierung der Mikrobenmatten mit einem spezifischen Antikörper, daß
beide ANME-Stämme das Enzym MCR auf hohem Niveau exprimieren (vgl. Thauer
and Shima, 2008: 161 f.).
Bislang kennt man in der Natur nur einen einzigen AOM-Prozeß, welcher mit einem
zu Sulfat alternativen Elektronenakzeptor abläuft, und zwar die denitrifizierende
Methanoxidation in Sedimenten aus dem Tweentekanaal (Niederlande), metabolisch
gekoppelt an die Reduktion von Nitrat oder Nitrit zu N2:
CH4 + SO42−
HCO3− + HS− + H2O
(Gl. I-7)
∆G0‘ = −21 kJ/mol
5 CH4 + 8 NO3− + 8 H+
5 CO2 + 4 N2 + 14 H2O
(Gl. I-8)
3 CO2 + 4 N2 + 10 H2O
(Gl. I-9).
∆G0‘ = −765 kJ/mol CH4
3 CH4 + 8 NO2− + 8 H+
∆G0‘ = −928 kJ/mol CH4
I
Grundlagen und Methodik
18
Die Isolate bestanden zu 10 % aus methanotrophen Archaea des ANME-Clusters und
zu 90 % aus Bakterien eines noch nicht beschriebenen Stammes. Bei einer Verdopplungszeit von > 100 Tagen oxidierten diese Methan mit einer spezifischen Rate von
rund 2 nmol (min × mg Protein)−1 mit einem apparenten KM für CH4 von < 1 µM. Somit
liegt die katalytische Effizienz (kcat/KM) der AOM mit Nitrat um einen Faktor > 10000
über dem entsprechenden Wert für die AOM mit Sulfat (KMapp > 10 mM). Markierungsversuche mit
13
CH4 ergaben jedoch, daß
13
C nur in die Bakterienlipide, nicht aber in
Membranbestandteile der Archaea eingebaut wird und daß die ANME-Population innerhalb von 3-6 Tagen nicht proliferiert. Somit scheint eine Beteiligung der MCR an der
denitrifizierenden AOM ausgeschlossen. Gegenwärtig ist immer noch die Frage zu klären, wie eine Alkan-Aktivierung durch N-haltige Elektronenakzeptoren mechanistisch
abläuft, zumal die Redoxpotentiale (E0‘) der Paare NO/N2O (+1.17 V) und N2O/N2
(+ 1.36 V) deutlich unterhalb des Wertes für CH3•/CH4 (+2.10 V) liegen. In nichtwäßrigen Lösungsmitteln sind zwar elektrophile Substitutions- und Insertionsreaktionen von
NO+ und NO2+ mit CH4 bekannt, für den Fall der denitrifizierenden AOM geht man jedoch von einem Glycyl-Radikal-Enzym aus, welches via Thiyl-Radikal dem Alkan ein
H-Atom entreißt. Nach Reaktion mit Fumarat wird das entstandene Alkylsuccinat-Radikal mit einem Cystein-Rest abgesättigt, woraus sich Thiyl- und schließlich Glycyl-Radikal regenerieren. Die denitrifizierende AOM metabolisiert auch die Substrate Ethan,
Propan und Butan, wobei die C−H-Bindungsdissoziationsenergie für sekundäre C-Atome mit ≈ 410 kJ mol−1 etwa 60 kJ mol−1 über dem Wert für die C−H-Bindung im GlycinRest der Alkylsuccinat-Synthetase liegt. Diese Differenz kann durch die Stabilisierung
im Übergangszustand des Enzyms wettgemacht werden, erreicht aber bezogen auf
Methan einen kritischen Bereich von ≈ 90 kJ mol−1. Daß Glycyl-Radikal-Enzyme ebenso wie die MCR funktionelle Dimere mit Halbseitenreaktivität darstellen und somit
endergone mit exergonen Reaktionsschritten unmittelbar verknüpfen können (siehe
Kapitel II 1.3), bietet die Möglichkeit, derart große Energiebeträge katalytisch zu überbrücken (vgl. Thauer and Shima, 2008: 160, 165 f.).
Wie in Kapitel II 1.3 ausführlich besprochen wird, ist die MCR nur in ihrem Ni(I)-Zustand aktiv, mit einem Redoxpotential betragsmäßig rund 200 mV unter demjenigen
der Wasserstoffelektrode bei pH 7.0. Da sich der Cofaktor F430 elektrochemisch vom
umgebenden Medium nicht völlig isolieren läßt und selbst unter streng anoxischen Bedingungen langsam in seine Ni(II)-Form übergeht, erkennt man klar, weshalb die MCR
I
Grundlagen und Methodik
19
für AOM-Prozesse unter Beteiligung von Elektronenakzeptoren mit E0‘ > 0 V nicht geeignet ist. Dazu gehören Fe(III)/Fe(II) (+0.2 V), NO2−/NO (+0.34 V), Mn(IV)/Mn(II)
(+0.41 V), NO3−/NO2− (+0.43 V), NO/N2O (+1.17 V) sowie N2O/N2 (+ 1.36 V). Redoxchemisch plausibel sind hingegen unter anderem die Paare S0/H2S (−0.27 V) und
SO42−/HS− (−0.22 V) (vgl. Thauer and Shima, 2008: 159, 167 f.).
Ethan, Propan und Butan als unmittelbare Folgeglieder in der homologen Alkanreihe
zählen zu den Nebenkomponenten im Erdgas und sind in der Regel thermogenen Ursprungs (siehe Kapitel I 1.1.1), wobei Ethan und Propan auch aus mikrobiellen Prozessen hervorgehen können. Neben der aeroben Funktionalisierung kurzkettiger
Kohlenwasserstoffe sind inzwischen auch sulfatreduzierende Bakterien aus Methanreichen Tiefsee-Arealen bekannt, welche sich mit Propan (Phylotypus: Desulfotomaculum) oder n-Butan (Phylotypi: Desulfosarcina/Desulfococcus) als alleinige Substrate bei 12/28/60 °C anreichern lassen. Ethan ermöglichte nur eine sehr langsame
Sulfatreduktion, Isobutan hingegen kein Wachstum. Zu den detektierbaren Metaboliten
des Propans gehören Iso- und n-Propylsuccinat, was eine Aktivierung dieses Alkans
zentral und terminal unter Beteiligung von Fumarat nahelegt, analog zum vorgeschlagenen Mechanismus für die denitrifizierende AOM (vgl. Kniemeyer et al., 2007).
Anoxische Meereszonen treten typischerweise in Tiefen von 200 m bis zu 1000 m
auf, wo Sauerstoffmangel-Areale ([O2] < 0.5 mL L−1) die Kontinentalränder schneiden.
In diesen Ökosystemen existieren abhängig von der Methankonzentration und den
AOM-Raten weitere Organismengruppen, wie vor allem Matten der sulfidoxidierenden
Bakteriengattung Beggiatoa sowie Muscheln der Gattungen Calyptogena und Acharax, deren Metabolismus auf kommensalen sulfidoxidierenden Bakterien im Kiemengewebe basiert (vgl. Reeburgh, 2007: 505). Darüber hinaus berichteten Fisher et al.
(2000) von Gashydraten im Golf von Mexiko mit Erdöl-haltigen Zonen, deren Oberfläche von der bislang unbekannten Polychaeten-Spezies Hesiocaeca methanicola
(2500 Individuen pro m2) besiedelt wird. Gewebeproben aus diesen 2-4 cm langen,
rosafarbigen und Anoxie-toleranten „Methaneis-Würmern“ weisen auf chemoautotrophe Nahrungsquellen hin, unter anderem in Form von Sulfid-und Methan-kolonisierenden Bakterien. Es liegt nahe, daß diese wurmartigen Organismen mit ihren
Parapodien lokale Wasserströmungen induzieren und damit zum Wachstum aerober
chemoautotropher Bakterien sowie zur mechanischen Zersetzung der Methanhydrate
beitragen.
I
Grundlagen und Methodik
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Die im Rahmen dieser Dissertation bearbeiteten Mikrobenmatten stammen von einer Tauchexpedition im Schwarzen Meer. Dieser weltweit größte anoxische Wasserkörper (41-47° N, 28-42° O) mit einer Fläche von 4.23 × 105 km2 und einer maximalen
Tiefe von 2200 m stellt ein Binnenmeer zwischen Osteuropa und Vorderasien dar, im
Norden durch die Halbinsel Krim vom Asowschen Meer getrennt, im Süden über Bosporus, Marmarameer und die Dardanellen mit dem Ägäischen Meer verbunden. Das
planktonreiche Wasser wird vor allem von den großen Flußsystemen Don, Dnjepr und
Donau gespeist. Gemäß aktuellen geophysikalischen Daten führen tektonische Bewegungen gegenwärtig zu einer Verringerung der Nord-Süd-Ausdehnung. Während des
Pleisto- und frühen Holozäns − vor ca. 10000 a − war das Schwarze Meer ein stabiles
limnisches System mit oxygeniertem Süß- oder Brackwasser. Im Verlauf der holozänen Transgressionen strömte dann sintflutartig Salzwasser des Mittelmeeres über den
Bosporus in das Schwarze Meer, was mit einer Wasserspiegelanhebung von mehr als
100 Metern in kurzer Zeit einherging. Dabei bildete sich eine stabile horizontale
Schichtung mit stark salzhaltigem Tiefenwasser aus, welche durch den ständigen Eintrag an organischer Substanz ohne vertikale Sauerstoffzufuhr vor etwa 7500 Jahren
die Basis für die heutigen anoxischen Verhältnisse legte. Das spezifisch schwerere Mittelmeerwasser mit einer Salinität von etwa 35 ‰ wirkt dabei quasi als Tiefsee-Heizung,
so daß die Wassertemperatur an der Oberfläche (jahreszeitabhängig −2 °C bis 30 °C)
in 60-80 m Tiefe auf ein Minimum (6 °C) sinkt, um am Meeresgrund einen Wert von 910 °C zu erreichen. Die Salinität des Oberflächenwassers beträgt 18 ‰ und steigt in
der Tiefsee bis auf 22.4 ‰, der pH-Wert sinkt im gleichen Verlauf von 8.45 auf 7.90.
Der Sauerstoffgehalt von 5-6 mL/L an der Oberfläche erreicht sein Maximum in einer
Tiefe von 20-30 m und geht dann ab 125-150 m rasch gegen Null, während die Schwefelwasserstoff-Konzentration von 0.47 mL/L bei 200 m auf 5.80 mL/L in 2000 m Tiefe
steigt. Durch Diffusion in höhere Schichten gelangtes H2S wird rasch zu Sulfat oxidiert
(vgl. Karababa, 1964: 6-8; Kessler et al., 2006).
Abbildung I-6 zeigt das Tauchboot JAGO für die Hauptexkursion in 230 m Tiefe auf
dem Ukrainischen Festlandsockel. Die roten Punkte in der topographischen Wiedergabe des Schwarzen Meeres stehen für Zonen mit austretendem Erdgas, wobei die
CH4-Geochemie durch den Eintrag fossilen − das heißt 14C-freien − Methans dominiert
wird und die CH4-Konzentration im Wasserkörper von der Tiefenverteilung ausperlenden Methans sowie von der AOM als offenem System im Fließgleichgewicht abhängt
I
Grundlagen und Methodik
21
Hauptexkursion (Tiefe: 230 m)
180
200
220
240
260
0
28
JAGO
100 m
Abb. I-6. Bemanntes Tauchboot JAGO: Expedition 2004 zu Methanquellen im Schwarzen Meer
(R/V POSEIDON, Fahrt POS 317-2).
(vgl. Kessler et al., 2006). Um die unter diesen Bedingungen herrschende Methankonzentration abzuschätzen, hat sich das von Duan und Mao (2006) entwickelte thermodynamische Modell bestens bewährt, welches für die Parameter Temperatur (282 K),
Druck (20 bar) und Salinität (21 Gew.‰) eine CH4-Molarität von ≈ 33 mM ergibt. Im
Verlauf mehrerer Tauchgänge entdeckte man im anoxischen Tiefenwasser ein Riff aus
bis zu 4 m hohen und 1 m breiten mikrobiellen Strukturen, aufgebaut aus bis zu 10 cm
dicken und im Inneren durch Carbonat-Ausfällungen stabilisierten Mikrobenmatten
(siehe Abb. I-7 a). Aus feinen Öffnungen strömen dabei fortwährend Gasblasen in das
umgebende Wasser, welche zu 95 % aus Methan mit δ13C-Werten von −62.4 ‰ bis
−68.3 ‰ bestehen. Somit liegt ein biogener Ursprung mit sukzessiver Freisetzung aus
tiefergelegenen Sedimenten nahe. Der Querschnitt in Abbildung I-7 b läßt zwei weiche
Außenschichten aus grauschwarzen und bräunlich-pinkfarbigen Assoziaten erkennen,
gestützt durch einen festen Kern aus porösen Carbonatgesteinen (Aragonit und Calcit
mit bis zu 14 % MgCO3). Der Großteil dieser Strukturen besteht aus untereinander verbundenen, unregelmäßig verteilten Kavernen und Kanälen, gefüllt mit Meerwasser und
I
Grundlagen und Methodik
22
a
b
20 cm
Anaerobe Oxidation von Methan (AOM):
direkte metabolische Kopplung methanotropher Archaea mit
sulfatreduzierenden Bakterien (SRB)
CH4 + SO42− → HCO3− + HS− + H2O (Sulfide ↓, CaCO3 ↓)
Abb. I-7. Expedition 2001 GHOSTDABS (R/V PROFESSOR LOGACHEV): a) Carbonat-Krusten neben ausperlendem Methan; b) Querschnitt durch Stalagmiten-artige Kalk-Bakterien-Konglomerate mit schwarzen (→ Sulfide) und pink (→ Cytochrome) Assoziaten.
Gasen. Offensichtlich wachsen die Mikroorganismen nicht auf vorgeformten Carbonaten, sondern induzieren vielmehr deren Bildung über metabolische Alkalisierung des
umgebenden Mediums und dadurch erleichterte Präzipitation von ErdalkalimetallSalzen. Je nach Datierungsmethode wurde das Alter dieser Carbonate zu 700-2900 a
ermittelt, wobei die 13C-Signaturen zwischen −25.5 ‰ und −32.2 ‰ liegen. Im Vergleich
mit den entsprechenden Werten für gelösten anorganischen Kohlenstoff im Schwarzen
Meer (−6.3 ‰ bis +0.8 ‰) spricht dies zweifelsohne für eine Carbonat-Bildung mehrheitlich aus der anaeroben Oxidation von Methan. Diesbezüglich ist noch zu bemerken, daß die aerobe Oxidation von CH4 gemäß
CH4 + 2 O2
CO2 + 2 H2O
(Gl. I-10)
hingegen zu einer Acidifizierung des umgebenden Mediums führt und somit die Auflösung von Carbonaten begünstigen würde (vgl. Reeburgh, 2007: 503).
I
Grundlagen und Methodik
23
Innerhalb der beschriebenen Stalagmiten-artigen Gebilde unterscheiden sich
schwarze und pinkfarbige Zonen insofern, als Erstere von ANME-2-Archaea dominiert
werden, Letztere aber von ANME-1-Stämmen. Außerdem findet man den Diglycerolether sn-2-Hydroxyarchaeol fast ausschließlich in den schwarzen Matten. Markierungsexperimente mit 14CH4 und 35SO42− an Mattenproben im Labor bestätigten die 1:1Stöchiometrie zwischen AOM und Sulfatreduktion. Bei Inkubationsversuchen mittels
13
CH4 wiederum nahm δ13C von 2,6,10,15,19-Pentamethyleicosan mit steigendem Sät-
tigungsgrad rapide ab, so daß die Biosynthese offenbar von mehrfach ungesättigten
zu gesättigten Derivaten dieser Verbindung läuft. Gesamt gesehen machen Archaea
des ANME-1-Clusters mindestens 70 % der Mikrobenmatten-Biomasse aus, wobei
kokkoide Sulfatreduzierer der Desulfosarcina/Desulfococcus-Gruppe den Großteil der
Bakterienpopulationen stellen. ANME-1-Zellen sind von zylindrischer Gestalt und stechen im UV-Licht durch Autofluoreszenz hervor, verursacht durch ihren Gehalt an Cofaktor F420. Sogar unter dem in 230 m Tiefe herrschenden Methan-Partialdruck von
≤ 20 bar wird ∆G der Sulfat-gekoppelten AOM einen Wert von −40 kJ mol−1 nicht überschreiten, so daß die zum Strukturerhalt der Matten oxidierte Methan-Menge diejenige
des assimilierten Kohlenstoffs um mehr als eine Größenordnung übersteigen dürfte
(vgl. Michaelis et al., 2002).
1.1.5 Aktivierung durch Metallkomplexe im Labormaßstab
Generell versteht man unter der Aktivierung eines Alkans den Ersatz einer starken
C−H-Bindung durch eine schwächere und leichter zu funktionalisierende Einheit. Dabei können Alkane − wie ihr Trivialname „Paraffine“ schon andeutet − im übertragenen
Sinne als Edelgase der Organischen Chemie angesehen werden. Die Bindungsdissoziationsenergien sowohl für H2 als auch für CH4 liegen in der Gegend von 104 kcal
mol−1, da es sich bei beiden Molekülen um vollständig gesättigte Komponenten ohne
π- oder n-Elektronen handelt. Nach Shilov und Shul‘pin (1997) können Reaktionen zur
C−H-Spaltung über Metallkomplexe in drei Hauptkategorien eingeteilt werden. Dabei
beschreibt Klasse a die Bildung von σ-Organyl-Derivaten als Zwischen- oder Endprodukt, was entweder auf nucleophilem Weg in Form einer oxidativen Addition erfolgen
kann
I
Grundlagen und Methodik
R−H + Mn+
24
R−M(n+2)+−H
(Gl. I-11)
oder auch durch elektrophile Substitution, gegebenenfalls über radikalische Intermediate:
R−H + Mn+
R−Mn+ + H+
R−H + Mn+
R• + M(n−1)++ H+
(Gl. I-12)
σ-R−Mn++ H+
(Gl. I-13).
Metalle in hohen (Ti(III), Rh(III), Pt(IV), Pb(IV)) und niedrigen (Co(II), Ir(I), Ni(II), Pt(II))
Oxidationsstufen bevorzugen den nucleophilen Typ, während der elektrophile Mechanismus nur von hochoxidierten Spezies beschritten wird. Reaktionen der Klasse b sind
dadurch gekennzeichnet, daß zu keiner Zeit eine σ-C−M-Bindung direkt entsteht, so
beispielsweise bei der Hydroxylierung eines Alkans über einen hochvalenten OxoKomplex durch Cytochrom P450:
R−H + O=Mn+
R• + HO−M(n−1)+
R−OH + M(n−2)+
(Gl. I-14).
Bei Klasse c schließlich fördert ein Metallkomplex die Bildung reaktiver Spezies −
meist von Radikalen − welche ihrerseits den Kohlenwasserstoff ohne direkte Beteiligung des Metalls angreifen. Dazu zählen die über Vitamin B12 induzierten 1,2-Umlagerungen am Kohlenstoffgerüst des Substrates.
Intramolekulare Dreizentren-Zweielektronen-Bindungen zwischen Metall und einer
Liganden-C−H-Gruppe bezeichnet man als agostisch. Mit Ausnahme von C(sp3)−HFragmenten nimmt hierbei die C−H-Bindungslänge um 5-10 % zu, und sowohl 1H- als
auch
13
C-Signale im NMR-Spektrum werden ins Hochfeld verschoben. Gleichzeitig
verringern sich die IR-Frequenzen der Valenzschwingungen auf 2700-2350 cm−1 (vgl.
Shilov und Shul‘pin, 1997: 2880 f., 2884 f., 2895).
Das klassische „Shilov-System“ beruht auf der Beobachtung, daß die Zufuhr von
Pt(IV) zu einer wäßrigen Lösung von [PtCl4]2− mit Methan selektiv zu den Oxidationsprodukten Methanol und Methylchlorid führt. Diese Reaktion verläuft bezüglich Pt(II)
katalytisch, erfordert aber leider stöchiometrische Mengen an Pt(IV), so daß trotz der
milden Bedingungen eine praktische Verwertung aus wirtschaftlichen Gründen nicht in
Frage kommt.
I
Grundlagen und Methodik
25
Reduktive Eliminationen von Alkanen aus einer Anzahl von Metall-Alkyl-HydridKomplexen sind durch inverse kinetische Isotopeneffekte (KIE) ausgezeichnet, in
enger Beziehung zu H/D-Austauschreaktionen zwischen der H−-Funktion und C−HBindungen der Alkyl-Gruppe. Zur Erklärung zieht man einen zweistufigen Mechanismus heran, der ein vorgelagertes Gleichgewicht mit einem σ- oder π-Komplex einschließt. Für eine solche Spezies erwartet man einen inversen KIE, da die C−HKraftkonstante weit über derjenigen der M−H-Valenz liegt. Die terminale Freisetzung
des koordinierten Kohlenwasserstoffs wird hingegen von einem KIE nahe 1 begleitet.
Grundlegend ist zu beachten, daß es sich bei der Addition von Alkanen an Übergangsmetalle um thermodynamisch, jedoch nicht kinetisch ungünstige Prozesse handelt,
während die reduktive Elimination den Regelfall darstellt (vgl. Goldman and Goldberg,
2004: 4 f., 14 f., 34).
Aufschlußreiche Parallelen zu einem gegenwärtig diskutierten Hydrid-Mechanismus der MCR (siehe Kapitel I 2.4.2, II 3.2) ergaben sich aus Untersuchungen an einem Nickelocen-LiAlH4-System in Tetrahydrofuran, welches bei 70 °C einen H-DAustausch zwischen CH4 und D2 im Überstand katalysiert (vgl. Rubtsova et al., 1993).
Maximale Methan-Umsatzraten wurden für ein Al:Ni-Verhältnis von 1.5 bestimmt. Aus
den erhaltenen Daten zog man die Schlußfolgerung, daß CH4 mit heterometallischen
− eventuell polynukleären − Komplexen zu M−CH3 reagiert, wobei Methan primär durch
Ni über oxidative Addition oder Ni−H-Bindungsmetathese aktiviert wird, gefolgt von intramolekularer Transmetallierung zu Al−CH3 oder Ni−CH3−Al.
In Anlehnung an die SRN-Reaktion gemäß postuliertem Mechanismus III der MCR
(siehe Abb. II-13) berichteten Cui et al. (2003) von C−H-Homolyse an CH3OH und CH4
durch einen Bis(Rh(II)Porphyrin)-Komplex. Diese Reaktionen erfolgen erster Ordnung bezüglich des Bimetallo-Radikals und mit kinetischer Präferenz für Methan. Ein
geeignetes Moleküldesign garantiert, daß einerseits intra- wie intermolekulare Rh(II)−
Rh(II)-Bindungen unterbleiben und andererseits die parallel angeordneten PorphyrinEinheiten genügend Flexibilität im Übergangszustand für die intramolekulare Substratumsetzung aufweisen. Rh(II) verfügt als isoelektronische Spezies zu Co(II) und Ni(III)
über 15 Valenzelektronen und besitzt ebenso wie Ni(I) radikalischen Charakter.
Ein weiterer interessanter Spezialfall betrifft ein goldhaltiges Protein aus chrysophilen Bakterien (Micrococcus luteus), welches die Oxidation von Methan zu Methanol
in einem System aus NADH, Luft, K3[Fe(CN)6] und TRIS-HCl-Puffer katalysiert. Die
I
Grundlagen und Methodik
26
Umsatzrate erreicht Werte von bis zu 2 × 103 mol oxidiertem CH4 pro mol Gold-Protein.
Vermutlich spielt hier die zu Pt(II) isoelektronische Spezies Au(III) ([Xe]4f145d8) eine
Schlüsselrolle:
[Au(III)−CH3]2+ + H2O
[ Au(I)]+ + CH3OH + H+
(Gl. I-15).
Nachfolgend wird dann Au(I) durch Fe(III) unter Beteiligung von O2 zu Au(III) reoxidiert,
wobei NADH mit den entstandenen Zwischenprodukten vielleicht zu Peroxokomplexen
weiterreagiert (vgl. Levchenko, 2002).
Osako et al. (2006) machten die Entdeckung, daß wäßrige Lösungen von Natriumperiodat und Osmiumtetroxid unter milden Bedingungen (50 °C / 9.5 bar CH4) Methan
in geringem Umfang (2.7 % Ausbeute) zu Methanol oxidieren. Überraschend unterbleibt hier aber die im technischen Maßstab häufig problematische Überoxidation
(siehe Abschnitt I 1.1.6). Kurioserweise stellte sich heraus, daß die unter diesen Umständen gewöhnlich so inerten Verbindungen CH4 und CD4 die Methanol-Oxidation
nach einem bislang noch unbekannten Mechanismus hemmen, wohingegen weder
9.5 bar Ar oder Xe noch 1 bar N2 oder 5 Vol.% CCl4 entsprechende Effekte zeigen.
Trivalente Lanthanoid-Komplexe der Struktur [Ln(CpMe5)2X] sind äußerst reaktiv, so
insbesondere die entsprechenden Lutetium-Verbindungen (X = H, Me), welche als
eine der wenigen Systeme den Austausch von C−H-Bindungen vermitteln können. Die
zugrundeliegende Reaktion zur Methan-Aktivierung via σ-Bindungs-Metathese läßt
sich dabei wie folgt formulieren:
[Lu(III)(CpMe5)2−CH3] + CH4
[Lu(III)(CpMe5)2−CH3] + CH3H (Gl. I-16).
Mechanistisch betrachtet man die an Lu(III) gebundene Methyl-Gruppe als starke Base, welche das Alkan deprotoniert (vgl. Kaltsoyannis and Scott, 2007: 73 f.).
Theoretische Ansätze auf der Basis von Orbitalanalysen zur Erschließung der H2und CH4-Aktivierung durch Übergangsmetallkomplexe und an Ni-/Ti-Oberflächen diskutiert die Arbeit von Saillard und Hoffmann (1984). Gemäß deren Berechnungen sind
koordinativ ungesättigte Metallzentren essentiell, und folglich dominiert ein Elektronentransfer σ → M im frühen Stadium der Reaktion, wobei für die Methanaktivierung sterische Effekte hervortreten. Auf Oberflächen hingegen bewirkt die höhere Energie der
I
Grundlagen und Methodik
27
besetzten M-Orbitale, daß eine M → σ∗-Wechselwirkung den Reaktionsverlauf anführt.
Beide Interaktionen schwächen bei zunehmender Ausbildung von M−H die ursprünglichen H−H- und C−H-σ-Bindungen.
Mit Hilfe von quantenchemischen Methoden untersuchten Blomberg et al. (1991) die
Aktivierung von C−H- und C−C-Alkan-Bindungen durch Fe / Co / Ni / Rh / Pd. Die 3dElemente ergaben dabei recht ähnliche Reaktionsenergien und -barrieren, und die 4dReihe zeigte vergleichsweise niedrigere Barrieren − verbunden mit starker Abnahme
von Rh zu Pd − sowie exothermere Insertionsreaktionen. Letzteres Resultat folgt aus
der größenmäßig stärkeren Annäherung von nd- und (n+1)s-Orbitalen für die 4d-Reihe, was eine effizientere sd-Hybridisierung bedingt. Generell lag die Reaktionsbarriere
für die C−C-Insertion um 60-80 kJ mol−1 über derjenigen für eine C−H-Aktivierung, was
auf räumlichen Differenzen in der Bindungsausrichtung beruht. Konkret können die
sphärisch-symmetrischen H-Atome im Übergangszustand gleichermaßen aneinander
und an das Metall-Atom binden, während die sp3-hybridisierten C-Atome nur über eine
optimale Bindungsrichtung verfügen. Zur Bildung des MR1R2-Komplexes müssen die
Methyl-Gruppen in eine Position rotieren, welche keine optimale R1−R2-Ausrichtung
mehr ermöglicht, so daß die Energiebarrieren bei der Entstehung für MH2 über MHR
hin zu MR1R2 stark zunehmen.
1.1.6 Großtechnische Verfahren
Die weltweiten Methanvorräte in Form von Hydraten schätzt man auf 2.8 × 1027 m3 bis
8.0 × 1030 m3 (vgl. Goho, 2005), in Erdgas-Vorkommen auf 4.4 × 1018 m3. Letzteres wird
üblicherweise in über 6000 m Tiefe bei Temperaturen von > 150 °C gefördert, wobei
die Gasquellen meist weit von den Verbrauchern entfernt sind und der Transport als
Flüssiggas oder über Pipelines (−160 °C / hoher Druck) große Energiemengen erfordert, welche bis zu 50 % des ursprünglich produzierten Methans entsprechen. Aus diesem Grund unternimmt man umfangreiche Anstrengungen, um CH4 mit hoher
Ausbeute in leichter handhabbare Kohlenwasserstoffe zu überführen (vgl. Poirier,
1991). Dessen hohe C−H-Bindungsstärke in Kombination mit großem Ionisierungspotential, geringer Protonenaffinität und minimaler Acidität (pKa ≈ 50) bringen jedoch
eine Vielzahl von verfahrenstechnischen Problemen mit sich. Gegenwärtig dienen nur
I
Grundlagen und Methodik
28
7 % der globalen Erdgasfördermenge zur Herstellung von Industriechemikalien, wie
beispielsweise Halogenkohlenwasserstoffen, HCN, Acetylen, Ruß, CS2 und Alkoholen.
Ausgehend von der Steam-Reforming-Methode (1200 K / 15-30 bar / Al2O3 / 90-92 %
Umsatz) zur Erzeugung von Synthesegas aus Methan
CH4 + H2O
CO + 3 H2
(Gl. I-17)
∆rH (298 K) = +206 kJ/mol
kann dieses CO/H2-Gemisch mittels Fischer-Tropsch-Synthese an Übergangsmetallen der Gruppe VIII (CAS-Bezeichnungsweise) effizient zu höheren Kohlenwasserstoffen umgesetzt werden (vgl. Lange, 2001):
nCO + (2n+1) H2
CnH2n+2 + nH2O
(Gl. I-18).
Je nach Katalysator und Reaktionsbedingungen (Fest-/Fließbettreaktor; Nieder-/Mitteldruckverfahren) entstehen Flüssiggas (Gasol → C3-C4), Benzin (C5-C10), Kogasine
(C10-C18), Paraffine (> C28) sowie geringere Mengen an Alkoholen (vgl. Deckwer et al.,
2008). Auch Einstufen-Prozesse (893 K / Kieselgel / 4.5 % Umsatz) spielen eine wichtige Rolle in der Petrochemie (vgl. Tabata et al., 2002):
CH4 + Luft
HCHO (C2H6)
(Gl. I-19).
Richards (2005) beschreibt in der zugrundeliegenden Patentschrift ein Verfahren
zur Herstellung von Peroxodischwefelsäure (Marshalls Säure) aus Wasserstoffperoxid
und Schwefeltrioxid, wobei das Produkt unter Ausschluß von Wasser thermisch oder
photolytisch gespalten wird. Die entstandenen HSO4-Radikale sind dann in der Lage,
mit CH4 zu Methansulfonsäure, Methanol und weiteren Derivaten zu reagieren. Trotz
hohem Methan-Partialdruck bleibt die Ausbeute an MSA im einstelligen Prozentbereich.
Auch mit NO2 lassen sich geeignete Radikalkettenreaktionen initiieren (vgl. Tabata
et al., 2002):
CH4 + NO2
CH3• + HNO2
(Gl. I-20)
I
Grundlagen und Methodik
29
CH3• + NO2
CH3O• + NO
(Gl. I-21)
CH3O• + M
HCHO + H• + M
(Gl. I-22).
Die Arbeit von Olah et al. (1985) behandelt vordergründig Techniken zur selektiven
Monohalogenierung von Methan, katalysiert mittels SbF5/Graphit oder Pt/Al2O3 beziehungsweise Pd/BaSO4, sowie zur Hydrolyse der entstandenen Methylhalogenide mit
Hydroxid-haltigen Phasen:
CH4 + X2
CH3X + H2O
CH3X + HX
CH3OH + HX
(Gl. I-23)
(Gl. I-24).
X bezeichnet hierbei die Halogene Cl und Br, und HX kann nach Ablauf der Reaktion
oxidativ zurückgewonnen werden. Bei Temperaturen von 180-250 °C betragen die
Ausbeuten 8-58 %, wobei man mechanistisch von fünffach koordinierten CarboniumIonen als Zwischenprodukten ausgeht.
Eine signifikante Steigerung der Ausbeute für die Methansulfonierung in rauchender
Schwefelsäure (30 Gew.% SO3) gelang durch Zusatz katalytischer Mengen von Alkalioder Erdalkalimetallperoxiden. Für 0.41-0.60 mmol CaO2 beispielsweise konnte man
den Umsatz (65 °C / 45 bar / 5 h) auf bis zu 91 % steigern (vgl. Schilling, 2003).
Methanotrophe Organismen sind in der Lage, mit ihrer hochspezialisierten Enzymausstattung (Methan-Monooxygenase, Methanol-/Formaldehyd-/Formiat-Dehydrogenase) CH4 effizient bis zu CO2 aufzuoxidieren oder auf Aldehydstufe zu assimilieren
(siehe Kapitel I 1.1.4). Das Studium dieser Stoffwechselprozesse bietet vielerlei Anregungen und Analogieschlüsse zur Lösung technischer Probleme (vgl. Liebermann and
Rosenzweig, 2004).
Unter dem Aspekt einer Kosten-Nutzen-Rechnung muß die Katalyseforschung auf
einen möglichst einfachen Reaktionsweg abzielen, welcher idealerweise - unter Vermeidung von Überoxidationen - ein flüssiges Produkt liefert und dabei wesentlich weniger Energie verbraucht als das altbekannte Fischer-Tropsch-Verfahren (zur allgemeinen Übersicht vgl. Stark, 2007).
I
Grundlagen und Methodik
1.2
30
Metalloporphyrinoide
1.2.1 Vorkommen und Bedeutung
Das spannungsfreie Tetrapyrrol-System Porphin, welches den Chlorophyllen c/e zugrunde liegt, verfügt über insgesamt 11 Doppelbindungen, von denen 9 in zyklischer
Konjugation zueinander stehen und die hohe chemische wie thermische Stabilität des
chromophoren 18π-Aromaten bedingen. Von Dihydroporphin (Chlorin) leiten sich die
Chlorophylle a/b/d ab, von Tetrahydroporphin in Form des Bacteriochlorins die Bacteriochlorophylle sowie in Gestalt des Isobacteriochlorins die Sirohydrochlorine. Unter
Verlust des perizyklisch konjugierten 18π-Systems liegen Hexahydroporphine als stark
reduzierend wirkende Porphyrinogene (→ Porphyrin-Biosynthese), Präcorrine (→ Vitamin B12) sowie Corphine (→ Cofaktor F430) vor. Octa- und Decahydroporphine sind
bislang in der Natur unbekannt, wohl aber Corrinoide als Octahydrocorrole, denen formal die Methin-Brücke in Position 20 des Porphin-Systems fehlt (vgl. Montforts et al.,
1994: 328 f., 344 f.). Der bereits erwähnte Cofaktor F430 stellt als Dodecahydroporphin
beziehungsweise Tetrahydrocorphin* gegenwärtig das am stärksten reduzierte biogene Porphin-Derivat dar, welches Elemente eines porphinoiden Makrozyklus sowie eines corrinoiden π-Systems vereinigt (vgl. Johnson et al., 1968).
Porphyrinoide sind in der Lage, mit Metallionen Chelat-Komplexe zu bilden, deren
Stabilität vom jeweiligen Ion sowie von der Struktur des Liganden abhängt. Während
Mg(II) (→ Phäophytine) oder Zn(II) schon durch verdünnte Säure entfernt werden können, gelingt dies bei Co(II), Cu(II) oder Fe(III) nur unter drastischen Bedingungen, wobei diese Komplexe unter physiologischen Bedingungen nicht nachweisbar dissoziieren (siehe Kapitel III C 1.1). Die Stabilität der porphyrinoiden Koordinationsverbindungen fällt in Abhängigkeit vom vorliegenden Zentralion in der nachstehenden Reihenfolge: Pt(II) > Ni(II) > Co(II) > Cu(II) > Fe(II) > Zn(II) > Mg(II) (vgl. Nuhn, 1997: 423 f.,
430). Der Cu(II)-Komplex von Uroporphyrin III beispielsweise bildet den roten Farbstoff
Turacin in den Federn der afrikanischen Turaco-Vögel. Protoporphyrin IX ist als Ca(II)Komplex in Vogeleierschalen bekannt, weshalb man bei diesem Farbstoff auch von
*
Das an Pyrrol-Ring B annellierte γ-Lactam (siehe Abb. I-9 a) entspricht formal einer zusätzlichen
Doppelbindung.
I
Grundlagen und Methodik
31
Ooporphyrin spricht. Tunichlorin aus der Tunikate Trididemnum solidum (Karibik) sowie dem Seehasen Dolabella auricularia (Papua-Neuguinea) bezeichnet das bislang
einzig bekannte Ni(II)Dihydroporphyrin, dessen physiologische Funktion aber immer
noch im Dunkeln liegt (siehe Abb. I-8 a). Dieses chemisch labile, blaugrüne Pigment
zersetzt sich rasch, kann jedoch durch Methylierung an der Hydroxymethyl- und Propionsäure-Seitenkette stabilisiert werden. Was die Biosynthese anbelangt, so leitet
sich Tunichlorin wahrscheinlich vom Algen-Chlorophyll ab, welches im tierischen Or-
OH
a
b
CH3
5
A
5
B
N
N
A
B
N
Ni
20
N
10
Ni
20
N
H
10
N
C
D
15
N
N
C
D
E
H
15
E
O
O
HO
H
c
d
5
5
A
A
B
NH
10
20
N
HN
D
B
N
N
HN
10
20
O
NH
OH
N
D
C
C
15
15
O
OH
HO
O
HO
O
Abb. I-8. Bioporphyrine: Tunichlorin (a), Corallistin A (c) und Bonellin (d); Geoporphyrine: Nickeldeoxophylloerythroetioporphyrin (b) (verändert nach Deckwer et al., 2008).
I
Grundlagen und Methodik
32
ganismus teilweise degradiert und anschließend transmetalliert wird. Bestätigend in
dieser Hinsicht ist die Entdeckung mehrerer Dutzend Strukturanaloge mit verschiedenen Acyl-Resten an der Hydroxymethyl-Funktion (C3), wobei derartige Seitenketten im
Chlorophyll photosynthetisch aktiver Organismen bislang unbekannt sind. In Analogie
zu Cofaktor F430 aus methanogenen Archaea (siehe Abschnitt I 1.2.2) könnte Tunichlorin an reduktiven Stoffwechselprozessen oder am Elektronentransport beteiligt
sein. Auch postuliert man eine Schlüsselfunktion bei der Synthese langkettiger, hydrophober Fettsäure-Reste oder hinsichtlich Aufnahme und Speicherung von Nickel, unter
Bezugnahme auf die Cu(II)- und Zn(II)Chlorine des marinen Polychaeten Owenia fusiformis (vgl. Küpper et al., 2006: 72 f.).
Metallfreie, biogene Porphyrine hingegen sind selten und treten meist als intermediäre Porphyrinogene in der Porphyrin-Biosynthese auf oder erscheinen als Produkte
pathologischer Stoffwechselvorgänge. Zu den wenigen Ausnahmen zählen Corallistin
A aus dem neukaledonischen Meeresschwamm Corallites sp. oder auch das Chlorin
Bonellin als geschlechtsdifferenzierendes grünes Pigment aus dem im Mittelmeer verbreiteten Igelwurm Bonellia viridis (siehe Abb. I-8 c, d). Ferner sind hier metallfreie
Geoporphyrine zu nennen, während man in Sedimenten weitaus häufiger das in Abbildung I-8 b gezeigte Nickeldeoxophylloerythroetioporphyrin oder auch die entsprechenden Vanadyl-Derivate findet (vgl. Deckwer et al., 2008).
Offenkettige Tetrapyrrole entstehen durch oxidative Ringöffnung der Porphyrine,
überwiegend unter Entfernung der α-Methinbrücke, und spielen als Pigmente im Tierreich ebenso eine wichtige Rolle. So tritt Biliverdin IXa als Ca(II)-Komplex im Skelett
der blaugefärbten Koralle Heliopora coerulea auf und trägt außerdem zur grünschwarzen Tönung des Emu (Dromicaius novae-hollandiae) bei, während das akzessorische
Cyanobakterien-Pigment Phycocyanobilin die Blaufärbung der Lippfische (Labridae)
bewirkt. Die Grünfärbung von Insekten, beispielsweise Lepidopteren, beruht meist auf
dem gemeinsamen Vorkommen von gelben Carotinoiden und blauen Gallenfarbstoffen, welche hier interessanterweise durch Spaltung an der γ-Methinbrücke de novo
synthetisiert werden (vgl. Schlee, 1992: 356).
I
Grundlagen und Methodik
33
1.2.2 Cofaktor F430: Struktur, Nomenklatur und Koordinationschemie
Die überwiegende Mehrzahl Schwermetall-resistenter Pflanzenarten verhindert aktiv
das Eindringen entsprechender Metallionen in die Zelle, wohingegen eine Minorität
den entgegengesetzten Weg beschreitet und potentiell toxische Metalle akkumuliert,
was als vielversprechender Ansatz zur Reinigung kontaminierter Böden oder für die
kommerzielle Extraktion aus metallreichen Sedimenten gilt. Sogenannte Serpentinophyten beispielsweise tolerieren hohe Konzentrationen an Nickel, Chrom und unter
Umständen auch weiterer Schwermetalle. So finden sich in den Wurzeln der neukaledonischen Psychotria douarrei (Rubiaceae) ca. 100 g Ni pro kg Trockenmasse und in
der Asche der australischen Hybanthus floribundus (Violaceae) sogar bis zu 23 % (w/
w) von diesem Element (vgl. Deckwer et al., 2008).
Positioniert zwischen Cobalt und Kupfer im Periodensystem der Chemischen Elemente besitzt Nickel die Elektronenkonfiguration [Ar]3d84s2, wobei das stabile Isotop
61
Ni (natürliche Häufigkeit: 1.14 %) durch seinen Kernspin von 3/2 eine charakteristi-
sche Hyperfein-Aufspaltung im EPR zeigt. In wäßriger Lösung beobachtet man üblicherweise die Oxidationsstufe +II, in biologischen Systemen wurden jedoch auch Ni(I)
(3d9) und Ni(III) (3d7) spektroskopisch charakterisiert. Üblicherweise ist der Ni(I)-Zustand mit einer verzerrt-oktaedrischen oder quadratisch-planaren Geometrie assoziiert, Ni(III) hingegen als Low-Spin-Komplex mit einer verzerrt-oktaedrischen oder
seltener auch trigonal-bipyramidalen Anordnung. Da Ligandenaustausch-Reaktionen
an Ni(II) relativ zu Erdalkalimetallen(II) langsam erfolgen, kann diese Spezies Mg(II) in
enzymatischen Reaktionen nicht ersetzen und wird generell nicht für biokatalytische
Umsetzungen bevorzugt. Allerdings ist in diesem Zusammenhang das Paradebeispiel
Urease anzuführen, worin Ni als Lewis-Säure fungiert, eine Funktion, welche normalerweise Zn zukommt. Nickel spielte möglicherweise auch eine Schlüsselrolle in der
frühen Erdgeschichte als Katalysator unter stark reduzierenden atmosphärischen Bedingungen (H2, CO2, H2S), so beispielsweise in Form des Minerals Greigit [Fe5NiS8],
welches wesentliche Merkmale kuboider Strukturen der Ferredoxine sowie der CODehydrogenase vereinigt. Bemerkenswerterweise repräsentieren die NiFe-Hydrogenasen, welche die heterolytische Spaltung von molekularem Wasserstoff katalysieren,
die bislang einzig bekannten Enzyme mit sowohl CO als auch CN− im aktiven Zentrum
(vgl. Küpper and Kroneck, 2007: 33-36).
I
Grundlagen und Methodik
34
Methanothermobacter marburgensis enthält nach dem gegenwärtigen Stand der
Dinge acht Nickel-haltige Enzyme, und zwar die Methyl-Coenzym-M-Reductase (zwei
Isoenzyme), eine F420-reduzierende [NiFe]-Hydrogenase, eine Heterodisulfid-reduzierende [NiFe]-Hydrogenase, eine Energie-konvertierende [NiFe]-Hydrogenase (zwei
Isoenzyme), die CO-Dehydrogenase sowie die Acetyl-CoA-Synthetase. Aus dieser
Reihe ist nur die Methyl-Coenzym-M-Reductase mit ihrem Cofaktor F430, wofür ein
Großteil des Ni(II) im Kulturmedium benötigt wird, charakteristisch für alle methanogenen und − phylogenetisch eng verwandten − methanotrophen Archaea.
F430 kann man als hydrophile Pentacarbonsäure aus MCR oder ganzen Zellen
durch Denaturieren mit Perchlorsäure oder Trifluoressigsäure freisetzen, wobei der
Cofaktor hier als paramagnetischer Ni(II)-High-Spin-Komplex vorliegt. Nach Umsetzung zum Pentaalkylester oder Pentaalkylamid lassen sich die entstehenden Derivate
in apolaren, nichtkoordinierenden Lösungsmitteln als diamagnetische Ni(II)-Low-SpinKomplexe solubilisieren. Konstitution sowie Konfiguration von F430 und dessen partialsynthetischen Derivaten wurden durch Einbau von 13C-δ-Aminolävulinsäure, spektroskopische Studien und neueren Datums durch hochauflösende Röntgenstrukturanalyse des Holoenzyms in seiner inaktiven Ni(II)-Form detailliert aufgeklärt, wie in Kapitel II 1.1 dargelegt. Die Kristallstruktur des isolierten Cofaktors hingegen ist nur für
12,13-Di-epi-F430 mit Bromid als Gegenion bekannt (vgl. Ermler et al., 1997; Faerber
et al., 1991; Fässler et al., 1985; Livingston et al., 1984; Pfaltz et al., 1982; Pfaltz et al.,
1985; Won et al., 1990). Biosynthetisch leitet sich F430 von Dihydrosirohydrochlorin
ab, welches auch den Vorläufer von Sirohäm und Vitamin B12 darstellt. Der π-Chromophor erstreckt sich hierbei über drei von vier Stickstoffen, wobei von den insgesamt fünf
Doppelbindungen* nur vier in Konjugation zueinander stehen. Somit handelt es sich bei
diesem Tetrahydrocorphin mit seinem linearen π-System um das am stärksten reduzierte Tetrapyrrol in der Natur, dessen gelbe Farbe die zu erwartende hypsochrome
Verschiebung der Absorptionslinien relativ zu Porphyrinen und Corrinen widerspiegelt
(vgl. Thauer, 1998: 2388).
F430 weist zwei zusätzliche zyklische Systeme auf, und zwar ein γ-Lactam annelliert
an Ring B sowie ein Cyclohexenon-System, entstanden im letzten Schritt der F430Biosynthese aus der intramolekularen Acylierung der meso-Stellung C15 durch die
Propionsäure-Seitenkette von Ring D. Die entstandene Carbonyl-Gruppe (C173) stabi*
zuzüglich einer weiteren Doppelbindung bei Öffnung des Lactam-Rings (siehe Abb. I-9 b)
I
Grundlagen und Methodik
35
lisiert zum einen über konjugative Wechselwirkung mit dem π-Chromophor den Ni(I)Redoxzustand des Cofaktors. Zum anderen agiert diese als intrinsischer Schutz gegen
Oxidation von F430 zu seinem 12,13-Didehydro-Derivat F560, indem durch sterische
Interaktion die Propionsäure-Seitenkette an C13 in die axiale Position gedrängt wird
(siehe Abb. I-9 a). Der Ionenradius von Nickel wächst in der Reihenfolge Ni(III) < Ni(II)
Low-Spin < Ni(II) High-Spin < Ni(I), wobei die beiden zuerst genannten Spezies für die
zentrale Kavität des koordinierenden Makrozyklus zu klein sind, so daß eine Auffaltung
IUPAC
CA
a
RO
RO
O
O
O
O
H2N
72
O
HN
H
3
N 21
1
N
20
OR
9
N 24
23
O
N15
C
15
17
H
17
N
24
N
OR
5
16
H
11
N
D
RO
23
Ni
Ni
19
H
3a
22a
N 26
18
O
3
HN 1
H
B
22
O
7
5
A
O
H2N
7
25
OR
13
2
RO
10a
14
H
O
O
O
14a
RO
OR
9
O
12
O
O
O
RO
b
RO
H2N
O
RO
O
H2N
O
O
H
3
H2N
O
O
H2N
O
O
H
7
9
5
A
N 21
1
OR
B
22
N
OR
7
5
N23
9
Ni
24
11
N
Ni
3
13
19
H
N 24
23
N
D
H
11
C
N1
25
N
22
15
RO
H
O
15
17
OR
13
172
O
O
RO
O
21a
RO
H
O
20
17
OR
18
O
O
RO
O
Abb. I-9. Numerierung des Polyhydroporphyrin-Systems gemäß IUPAC und CA: a) F430 und dessen Derivate; b) 6,73-Seco-F430 und dessen Pentaester.
I
Grundlagen und Methodik
36
des Tetrapyrrol-Systems in der Peripherie die elektronenreichen Stickstoffe dem Zentralatom annähert. Dieser Vorgang wird begünstigt für F560 sowie den thermodynamisch stabileren 12,13-Di-epi-Cofaktor, während das ursprüngliche Ni(II)F430
hinsichtlich seiner Bindung an das Apoenzym die energetisch günstigere Konformation
darstellt. Infolgedessen sind diese Derivate von Ni(II)F430 Low-Spin durch deutlich reduzierte Elektrophilie gekennzeichnet und tendieren in Gegenwart nucleophiler axialer
Liganden wesentlich weniger dazu, in die paramagnetische High-Spin-Spezies überzugehen. Das als „F430-Pink“ bezeichnete Molekül mit geöffnetem Lactam-Ring repräsentiert ein Konstitutionsisomeres von F560, woraus es leicht durch saure Katalyse auf
Kieselgel 60 hervorgeht (siehe Abb. I-9 b). Im Zuge der Aufreinigung von F430 entsteht
daneben noch − nach bislang unbekanntem Mechanismus − dessen 19,20-DidehydroDerivat F340 mit dem charakteristischen Corrin-Chromophor (siehe Abb. I-16 b). Alle
weiteren Details zur Nomenklatur von F430 und davon abgeleiteten Strukturen gemäß
IUPAC / CA sind in den Tabellen I-1 sowie I-2 aufgeführt. Was die gültigen IUPAC-Regeln zur Benennung von Porphyrin-Systemen im allgemeinen sowie von deren Metallkomplexen mit/ohne annellierte Ringsysteme und von Corrinoiden im speziellen
anbelangt, sei auf die in Kapitel IV aufgeführten Literaturzitate verwiesen (vgl. International Union of Pure and Applied Chemistry, 2007a-d). Es muß darauf geachtet werden, daß die β-/Oberseite des Makrozyklus durch Anordnung der Tetrapyrrol-Einheiten
A-D im Uhrzeigersinn auf der Basis der Substituenten-Lokanten definiert ist, die α-/Unterseite entsprechend durch Numerierung im Gegenuhrzeigersinn. Dies spielt eine
Schlüsselrolle für die korrekte Verwendung von Deskriptoren zur Beschreibung möglicher Konformationen der F430-Variante im Molekülabschnitt C171-C172 (siehe Abb. I30, I-31), wobei sich die vorliegende Struktur am nächsten durch einen Halbsessel H
wiedergeben läßt, dessen Referenzebene die vier annähernd koplanar angeordneten
Zentren C15 − C16 − C17 − C173 darstellen. Die Indizierung von H (hochgestellt vor
dem Symbol → β-/Oberseite; tiefgestellt nach dem Symbol → α-/Unterseite) richtet
sich jedoch nicht nach den Lokanten des Tetrapyrrol-Systems, sondern nach der gegenläufigen Numerierung des Cyclohexenon-Rings, dessen α-Seite folglich der β-Seite des Tetrapyrrols entspricht und umgekehrt (vgl. International Union of Pure and
Applied Chemistry, 2007e).
Wie bereits dargelegt, nimmt Ni(II)F430Me5 in wasserfreiem Dichlormethan, Trichlormethan oder Acetonitril bei quadratisch-planarem Ligandenfeld die Elektronen-
(12R,13R)-12-Carboxymethyl-F430-13-propansäure:
[(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carbamoylmethyl-7-carboxymethyl-3,4,5,6,7,8,12,13,171,172,173,18,19,
20-pentadecahydro-12,18-bis(methoxycarbonylmethyl)-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tris(methylpropanoato)7-lactam]nickel(II)
12,18-Bis(methoxycarbonyl)-F430-3,8,13-tripropanoat:
[(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,172S,18S,19R)-6-Amino-2carbamoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13,
17,171,172,173,18,19,20-pentadecahydro-2,7-dimethyl-172-methylsulfanyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II)
(172S)-172-Methylsulfanyl-F430:
[Trimethyl-(3aS,4S,8S,9S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR,25S)-19(2-amino-2-oxoethyl)-2,3,3a,4,8,9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22hexadecahydro-8,25-bis(2-methoxy-2-oxoethyl)-3a,19-dimethyl2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato-N15,
N23,N24,N26]-nickel(1+), (SP-4-3)
Pentahydrogen-[(3aS,4S,8S,9S,12S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR,
25S)-19-(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8,
9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22-hexadecahydro-3a,19-dimethyl2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-12-methylsulfanyl-21,
18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)-κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2)
Pentahydrogen-[(3aS,4S,8S,9S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR,
25S)-19-(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8,
9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22-hexadecahydro-3a,19-dimethyl2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2)
CA-Index-Name
Pentahydrogen-[(3aS,4S,8R,9R,14S,16R,19S,20S,21S,22aR,
25S)-19-(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8,
[(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12R,13R,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carba9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22-hexadecahydro-3a,19-dimethylmoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13,17,171,
2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyr172,173,18,19,20-pentadecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)zo- [at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II)
κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2)
Tab. I-. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (2).
12,13-Di-epiF430
F430-Pentamethylester
F430-Variante
Cofaktor F430:
F430
[(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carbamoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13,17,171,
172,173,18,19,20-pentadecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II)
IUPAC-Bezeichnung
Trivialname
Tab. I-1. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (1).
I
Grundlagen und Methodik
37
[(2S,3S,4S,7S,17S,18S,19R)-2,7-Bis(carbamoylmethyl)-7,12,18tris(carboxymethyl)-3,4,5,7,17,171,172,173,18,19,20-undecahydro2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7lactam]nickel(II)
6,8,12,13-Tetradehydro-6,73-seco-F430:
[(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,18S)-6-Amino-2-carbamoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13,17,171,172,
173,18-tridecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II)
19,20-Didehydro-F430:
Pentahydrogen-[(2R,5S,6S,7S,10S,21S,22S)-5,10-bis(2-amino-2oxoethyl)-15,22-bis(carboxymethyl)-2,3,5,6,7,8,10,18,19,20,21-undecahydro-5,10-dimethyl-18-oxo-14,17-imino-2,11-methano-4,7:9,
12-dinitrilopyrrolo[1]benzazacyclononadecin-6,11,16-tripropanoato(6-)-κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2)
Pentahydrogen-[(3aS,4S,8S,9S,14S,19S,20S,21S,22aR,25S)-19(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8,9,11,12,
13,14,19,20,21,22-tetradecahydro-3a,19-dimethyl-2,11-dioxo-1H7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]
benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)-κN15,κN23,
κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2)
Pentahydrogen-[(3aS,4S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR,25S)-19-(2amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,11,12,13,14,
16,17,19,20,21,22-tetradecahydro-3a,19-dimethyl-2,11-dioxo-1H7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)-κN15,κN23,
κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2)
CA-Index-Name
Grundlagen und Methodik
Tab. I-. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (2).
F430-Pink
F340
12,13-Didehydro-F430:
F560
[(2S,3S,4S,6R,7S,8S,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carbamoylmethyl7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,17,171,172,173,18,19,20-tridecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II)
IUPAC-Bezeichnung
Trivialname
Tab. I-2. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (2).
I
38
I
Grundlagen und Methodik
39
konfiguration [Ar]3d8 Low-Spin ein, mit einem Absorptionsmaximum bei 442 nm (ε442 =
21 mM−1 cm−1). Erweitert man die Koordinationssphäre mit einem hinreichend nucleophilen (CN−, R3N, H2O, R−OH, Hal−) axialen Liganden auf fünf, so gewinnt die Absorptionsbande an Intensität und wird hypsochrom verschoben. Für den folgenden
Übergang zu Koordinationszahl sechs beobachtet man hingegen eine bathochrome
Verschiebung mit weiterer Hyperchromie (vgl. Jaun and Thauer, 2007: 329; Bertini and
Luchinat, 1986: 262). Abbildung I-10 verdeutlicht unmittelbar, daß im tetraedrischen
wie oktaedrischen Ligandenfeld Ni(II) stets paramagnetisch mit zwei ungepaarten
Elektronen vorliegt. Vergrößert man in einem Gedankenexperiment den Abstand zwischen den Liganden in der z-Achse und dem zentralen Ion, so ändert sich die Symmetrie des Ligandenfeldes über tetragonal-verzerrt letztendlich zu quadratisch-planar.
Durch Stabilisierung der Orbitale in z-Richtung wird dz2 energetisch so weit abgesenkt,
daß Ni(II) in quadratisch-planarer Umgebung mit allenfalls schwach ionisch gebundenen axialen Liganden als diamagnetische Low-Spin-Spezies mit unbesetztem dx2−y2
und doppelt besetztem dz2 existieren kann (vgl. Jensen and Ryde, 2005: 588; Winter,
1994: 49).
1.2.3 Eisen-, Nickel- und Cobalt-Komplexe im Vergleich
Bewegt man sich innerhalb der 3d-Element-Reihe von Fe über Co und Ni hin zu Cu,
so wächst die Präferenz für N- und S-Liganden gegenüber O-Donoren mit zunehmender Weichheit des Metalls. Außerdem nimmt der Radius der divalenten Kationen ab,
was die Unterschiede zwischen den koordinierenden Makrozyklen erklärt. DFT-Berechnungen zeigten, daß die Flexibilität des Ringsystems in der Reihenfolge Hydrocorphin > Corrin > Porphyrin abnimmt, während der Durchmesser der zentralen Kavität
von Corrin über Porphyrin hin zu Hydrocorphin wächst. Aus diesem Grunde passen
Co(I), Co(II) und Co(III) gut in den Corrin-Zyklus und High-Spin Fe in das PorphyrinSystem, wohingegen Hydrocorphin wie maßgeschneidert ist für High-Spin Ni(II) und
Ni(I) (siehe Abschnitt I 1.2.2). Ferner wächst von Fe zu Cu mit zunehmender Besetzung der 3d-Orbitale die Tendenz zur Abgabe eines einzigen Elektrons, exponiert in σMolekülorbitalen, während die Stabilität von Oxidationsstufe +III abnimmt (vgl. Küpper
and Kroneck, 2007: 34 f.). Auch sind Ni−C-Bindungen vergleichsweise wesentlich la-
„Freies Ion“
Oktaedrisch
Tetragonal verzerrt
Quadratisch planar
d yz
Grundlagen und Methodik
Abb. I-10. Aufspaltung der d-Orbitale und Elektronenkonfiguration des d8-Ions Ni(II) in Abhängigkeit von der Symmetrie des Ligandenfeldes (verändert
nach Greenwood und Earnshaw, 1990: 1485).
Tetraedrisch
d xz
d xy
dz 2
dx2–y2
I
40
I
Grundlagen und Methodik
41
biler als Co−C-Strukturen. Bei Betrachtung der zugrundeliegenden Ringsysteme erkennt man klar, daß der Porphin-Ring mit vier Methinbrücken zwischen vier Pyrrolen
eine D4h-Symmetrie aufweist, während für Corrin mit C2-Symmetrie die δ-Methinbrücke
sowie die Konjugation in der Ringperipherie fehlen. Im Gegensatz dazu ist der asymmetrische Hydrocorphin-Ring gekennzeichnet durch einen stark verzerrten Zentralbereich sowie nicht-äquivalente Bindungslängen zwischen Metall und den äquatorialen
Stickstoffen. Porphin fungiert als dianionischer Chelator, Corrin sowie Hydrocorphin
hingegen wirken in monoanionischer Form. Es liegt nahe, daß die Oxidationsstufen
Ni(II) / Ni(III) im Enzym MCR durch einen Glutamin-Rest stabilisiert werden (siehe Abb.
II-1 a), was auch − neben Methionin-Liganden − für blaue Kupferproteine zutrifft (vgl.
Jensen and Ryde, 2005: 581 f., 597).
Abbildung I-11 illustriert gegenübergestellt die elektrochemischen Eigenschaften
von freiem Cofaktor F430 und Cobalaminen. In wäßriger Lösung bewegen sich die Redoxpotentiale von Ni(II)/Ni(I)F430 und Cbl(II)/Cbl(I) im Bereich von −600 mV bis etwa
−700 mV. Ni(I)F430 reagiert mit Methyliodid, Methyltosylat oder Methylsulfonium-Verbindungen − jedoch nicht mit Methylthioethern − vermutlich zu Methyl-Ni(III)F430, analog zur Umsetzung Cbl(I) → Methyl-Cbl(III). Im Gegensatz zu Letzterem stellt das
Ni(III)F430-Derivat ein Oxidationsmittel dar und reagiert mit einem weiteren Molekül
Ni(I)F430, so daß in der Regel nur Methyl-Ni(II)F430 als Produkt der nucleophilen Substitution nachgewiesen werden kann. Als weiterer signifikanter Unterschied gilt die Beobachtung, daß Methyl-Ni(II)F430 im Rahmen einer elektrophilen Substitution spontan
zu Methan und Ni(II)F430 protolysiert, während Methyl-Cbl(II) eher zu einem MethylRadikal und Cbl(I) dissoziiert. Diese Erkenntnisse sprechen klar für F430 als effektiven
Katalysator zur Methyl-Reduktion und für Cobalamin als geeigneten MethylgruppenÜberträger (vgl. Thauer, 1998: 2388 f.)
I
Grundlagen und Methodik
42
a
X
CH3X
CH3-Ni(III)F430
Ni(I)F430
E0' < 640 mV
E0' | +200 mV
Ni(II)F430
CH3-Ni(II)F430
CH4
H+
CH3X
X
b
CH3-Cbl(III)
Cbl(I)
E0' = 640 mV
E0' < 640 mV
x
Cbl(II)
CH4
CH3-Cbl(II)
H+
Abb. I-11. Redoxeigenschaften von freiem Coenzym F430 (a) und Cobalaminen (b) im Vergleich:
X− = Tosylat, Halogenid oder Diorganylsulfan (verändert nach Thauer, 1998: 2389).
I
Grundlagen und Methodik
1.3
43
Chromatographische Trenntechniken
1.3.1 Fließmitteloptimierung
Der Erfolg jeder chromatographischen Trennung basiert wesentlich auf der bestmöglichen gegenseitigen Ausrichtung von Sorptions- und Fließmittel. Dabei umfaßt das
PRISMA-Optimierungssystem für die Dünnschichtchromatographie folgende drei
Hauptteile (vgl. Nyiredy et al., 1985: 337):
♦
Auswahl der stationären Phase und geeigneter Lösungsmittel (1)
♦
Optimierung der mobilen Phase (2)
♦
Wahl des Entwicklungsmodus (linear / zirkular) sowie Übertragung gewonnener Erkenntnisse von der Dünnschicht- auf die Säulenchromatographie (3).
Punkt 3 stellt dabei den problematischsten Faktor dar, da TLC-Ergebnisse nur für trokken gepackte Säulen oder für reine Fließmittel auf OCC übertragen werden können,
hingegen nicht für Fließmittelgemische mit komplizierten Gradienten längs der Entwicklungszone. Auch Selektivitätsunterschiede infolge von Bindemitteln bei DC-Platten sind einzukalkulieren (vgl. Geckeler und Eckstein, 1987: 164).
Punkt 2 geht von der Einteilung gebräuchlicher Lösungsmittel in Selektivitätsgruppen (siehe Tab. I-3) aus, unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenschaften als Protonenakzeptor, Protonendonator und Dipolpartner. Innerhalb einer Selektivitätsgruppe
herrschen trotz unterschiedlicher Lösungsmittelstärken Si ähnliche chromatographische Merkmale vor, wobei sich die Lösungsmittelstärke ST einer Mehrkomponentenphase mit dem Volumenbruch ψi pro Lösungsmittel wie folgt berechnet:
n
ST = ∑i = 1 Siψi
(Gl. I-25).
Si beziehungsweise ST bestimmen dabei maßgeblich die Retentionszeit und somit den
Rf-Wert für aufzutrennende Komponenten.
Bei PRISMA handelt es um ein geometrisches Modell zur Beschreibung aller beliebigen quaternären (→ Innenraum), ternären (→ Seitenflächen) und binären (→ Kan-
I
Grundlagen und Methodik
44
Tab. I-3. Gebräuchliche Lösungsmittel zur TLC-Optimierung (gemäß Nyiredy et al., 1985: 243).
Gruppe
Lösungsmittel
Lösungsmittelstärke (Si)
n-Hexan
0.1
I
n-Butylether
Isopropylether
Methyl-tert-butylether
Diethylether
2.1
2.4
2.7
2.8
II
n-Butanol
Isopropylalkohola
n-Propanol
Ethanol
Methanol
3.9
3.9
4.0
4.3
5.1
III
Tetrahydrofuran
Pyridin
Methoxyethanol
Dimethylformamid
4.0
5.3
5.5
6.4
IV
Essigsäureb
Formamid
6.0
9.6
V
Dichlormethan
Ethylenchlorid
3.1
3.5
VI
Essigsäureethylester
Methylethylketon
Dioxan
Aceton
Acetonitril
4.4
4.7
4.8
5.1
5.8
VII
Toluol
Benzol
Nitrobenzol
2.4
2.7
4.4
VIII
Trichlormethan
Nitromethan
Wasser
a
b
4.1
6.0
10.2
nicht „Isopropanol“, da ein Alkan „Isopropan“ nicht existiert!
Zusatz als Modifikator zu 0.5 % (v/v)
ten) Lösungsmittelgemische unter vertikaler Auftragung der Lösungsmittelstärken (→
Kantenhöhe) (siehe Abb. I-12 a) und horizontaler Darstellung der Fließmittel-Selektivität (→ Mischungspunkte im gleichseitigen Dreieck) (siehe Abb. I-12 b). Zur Entfernung
des oberen, irregulären Teils für Arbeiten im schwachen bis mittleren Polaritätsbereich
I
Grundlagen und Methodik
45
a
ST (1)
ST (1)
ST (1)
ST (2)
ST (1)
ST (3)
b
811
721
631
541
451
361
271
181
172
622
532
442
352
262
613
523
433
343
253
163
712
424
334
244
154
514
415
325
235
145
316
226
136
217
127
118
Abb. I-12. Das PRISMA-Modell (verändert nach Nyiredy et al., 1985: 242 f.): a) Angleichung der
Lösungsmittelstärken; b) Kombination der mobilen Phase.
schneidet man das Prisma auf der Höhe der kürzesten Kante, in diesem Fall für die
Lösungsmittelstärken ST (2) = ST (3), parallel zur Grundfläche ab, indem gemäß Gleichung I-25 ST (1) durch Zumischen benötigter Volumenanteile von n-Hexan auf das Niveau der beiden anderen, unverdünnten Elutionsmittel (ST (2/3) = S2/3) gesenkt wird.
So muß beispielsweise zur Halbierung von ST (1) der Anteil an n-Hexan, eines weitgehend inerten Lösungsmittels von vernachlässigbarer Stärke (S = 0.1), 50 Vol.% betragen.
Zu Beginn der PRISMA-Optimierung prüft man konkret mindestens zwei der in Tabelle I-3 genannten Lösungsmittel pro Gruppe in unverdünnter Form auf ihre Eignung
zur Separation vorliegender Fraktionen, wobei Wasser neben Essigsäure und Ammo-
I
Grundlagen und Methodik
46
niakwasser als Modifikatoren für stark polare Komponenten nur verdünnt zum Einsatz
kommen. Die Beurteilung der Trenneigenschaften hat im Rf-Bereich von 0.2-0.8 zu erfolgen, unter eventueller Korrektur durch n-Hexan, womit die jeweiligen Elutionsmittel
unbegrenzt mischbar sein müssen. Sollte dies nicht der Fall sein, so haben zumindest
die anderen Komponenten lösungsvermittelnde Eigenschaften aufzuweisen. Auf DCFolien (10 cm × 10 cm) können diese Untersuchungen rasch und ökonomisch mit je
10 mL Fließmittelgemisch ohne Kammersättigung durchgeführt werden. Nach Auswahl der drei am besten geeigneten Elutionsmittel gemäß maximaler Anzahl an getrennten Substanzen bei größtmöglichen ∆Rf-Werten konstruiert man durch
Angleichen der Lösungsmittelstärken − in Orientierung an der schwächsten Komponente − den regulären Teil des Prismas. Für die Ermittlung der besten LösungsmittelKombination wird die Dreiecksfläche primär anhand der Eck- und Mittelpunktskoordinaten (811, 181, 118, 433) abgetastet. Sofern nötig, läßt sich auch die Lösungsmittelstärke der Gesamtmischung unter Beibehaltung der gewählten Selektivität mit nHexan erniedrigen (vgl. Nyiredy et al., 1985: 242-244). Sollte bei besonders schwierigen Trennproblemen für unpolare Gemische das genannte Prozedere nicht zum Erfolg
führen, so konstruiert man ein neues reguläres Prisma mit weiteren geeigneten Fließmitteln, prüft andere Kombinationskoordinaten oder reduziert die Zahl der Elutionskomponenten auf zwei. Im Falle von Trennproblemen mit polaren Gemischen weicht
man von Anfang an in die obere irreguläre Deckfläche des Prismas aus, setzt wiederum weitere geeignete Fließmittel ein, prüft andere Selektivitätspunkte oder verringert
die Zahl der in Frage kommenden Laufmittel auf zwei. Allerdings ist zu beachten, daß
sich bei Variation der Fließmittelmischung im irregulären Dreieck Selektivität und Lösungsmittelstärke simultan ändern, insbesondere bei Verwendung von Wasser zur
Polaritätssteigerung. Generell können Effizienz und Qualität der dünnschichtchromatographischen Trennung auch über die Verwendung von HPTLC-Phasen verbessert
werden (vgl. Nyiredy et al., 1988: 338-342).
Wertvolle Orientierungshilfen zur Fließmittelauswahl liefert auch die Monographie
von Frey (1992), 100-108. Prinzipiell läßt sich die Optimierung anhand des beschriebenen PRISMA-Modells ebenso auf RP-8-/RP-18-Phasen durchexerzieren, wobei das
Elutionsvermögen praktisch umgekehrt zur Chromatographie auf NP-Sorbentien in folgender Reihenfolge abnimmt: Tetrahydrofuran > Dimethylformamid > Ethanol > Acetonitril > Methanol > Wasser. Je polarer die aufzutrennenden Substanzen, umso höher
I
Grundlagen und Methodik
47
muß im Regelfall der H2O-Anteil im Fließmittel sein. Zu den empfohlenen Modifikatoren
zählen unter anderem 2-Propanol und Dimethylsulfoxid. Auch Ionenpaarchromatographie auf vorimprägnierten RP-Schichten hat sich für geladene Komponenten bestens
bewährt (vgl. Sherma and Fried, 1996: 24 f.).
1.3.2 Dünnschichtchromatographie
Im analytischen Maßstab besitzen TLC-Methoden nach wie vor eminente Bedeutung
zur Überprüfung von Reinsubstanzen (z. B. Arzneimitteln) sowie für die rasche Verlaufskontrolle von Synthesen. Für hohe Ansprüche an Trennleistung und Reproduzierbarkeit gibt es kommerziell erhältliche Hochleistungssysteme (HPTLC), Auftragegeräte, Trennkammern und Detektoren, die einem Leistungsvergleich mit alternativen
Methoden standhalten. Auch lassen sich etablierte Trennsysteme leicht in den präparativen Bereich übertragen, wobei ein gleichmäßiger horizontaler Verlauf der Einzelbanden über die gesamte Sorptionsschicht hinweg (2 mm Kieselgel/Aluminiumoxid
oder 0.5 mm Cellulose) mittels vollständiger Kammersättigung gewährleistet wird.
Nach Auskratzen der interessierenden Substanzzonen erfolgt die Desorption mit einem Fließmittel hoher Elutionskraft (vgl. Geckeler und Eckstein, 1987: 148-150).
Empirisch unterscheidet man über 20 Parameter, welche eine TLC-Trennung entscheidend beeinflussen und von denen in der Reihenfolge abnehmender Relevanz die
wichtigsten wie folgt lauten:
♦
Stationäre Phase
♦
Mobile Phase
♦
Konditionierung der stationären Phase
♦
Wassergehalt/Aktivität des Sorptionsmittels
♦
Kammersättigung
♦
Korngröße der stationären Phase
♦
Größe der Substanzzone beim Auftragen
♦
Laufmittelgradienten
♦
Fließgeschwindigkeit der mobilen Phase
♦
Temperatur
I
Grundlagen und Methodik
♦
Probenvolumen
♦
Trennstrecke
♦
pH-Wert
48
HPTLC-Fertigschichten weisen Korngrößen im Bereich von 3-5 µm auf, TLC-Sorbentien von etwa 10 µm. Durch Kammersättigung nimmt der Fließmittelbedarf für die gleiche Laufstrecke ab und die Rf-Werte fallen entsprechend geringer aus. Generell ist zu
beachten, daß hohe Aktivität des Sorbens nicht als Bedingung für eine hohe Trennleistung gilt, hingegen die Gefahr katalytischer Veränderungen von Fließmittel und/oder
Substanzen erhöht. Für das Auftragen in mehreren Fraktionen ist nur das Sprühverfahren (CAMAG Linomat IV) geeignet. Mehrfachentwicklung ermöglicht die Rekonzentration mit verbesserter Auflösung der Einzelkomponenten bei Rf < 0.5. Neben Normalund Doppeltrogkammern kommen zunehmend auch Spezialtypen wie Linear-, Variound AMD-Kammern zum Einsatz. Für die direkte quantitative Auswertung müssen jeweils identische Volumina von Proben und Standards auf dieselbe TLC-Platte appliziert werden, wobei die eigentliche Messung densitometrisch mit einem Chromatogramm-Spektralphotometer oder radiometrisch über Szintillationsmessungen erfolgt
(vgl. Bauer et al., 1989).
1.3.3 Hochleistungs-Flüssigchromatographie
In den Bereichen von 1-10 bar / 10-40 bar / > 40 bar spricht man von Niederdruck(LPLC) / Mitteldruck- (MPLC) / Hochdruckchromatographie (HPLC), wobei HPLC besser als Abkürzung für Hochleistungs-Flüssigchromatographie dient, da die chromatographische Separation selbst nicht durch den Druck bedingt wird. Analytische
Trennungen umfassen Substanzmengen von < 1 µg bis < 1 mg, präparative Ansätze
von > 1 mg. Im Gegensatz zur isokratischen Elution nimmt im Gradientenmodus die
Peakbreite nicht automatisch mit wachsender Retentionszeit zu. Allerdings erfordern
chemisch unmodifizierte Phasen sehr zeitaufwendige Gleichgewichtseinstellungen, so
daß Gradientenelutionen in der Regel an Umkehrphasen gebunden sind (vgl. Rücker
et al., 2001: 440-466).
I
Grundlagen und Methodik
49
Term I der in Abbildung I-13 angeführten Fundamentalgleichung der Chromatographie wird als Verzögerungsterm bezeichnet und dient zur Optimierung der k‘-Werte,
wobei der später eluierende Peak ausschlaggebend ist. Bei diesem Wert handelt es
sich ebenso wie bei dem Trennfaktor α um einen Index, unabhängig von apparativen
Gegebenheiten (Säulendimensionen, Fluß). Beruht die Trennung überwiegend auf Adsorptionsvorgängen, so kann k‘ durch die Polarität der mobilen beziehungsweise durch
die Aktivität der stationären Phase beeinflußt werden, bei Verteilungsvorgängen hingegen über die Temperatur. Optimale Werte für k‘ liegen im allgemeinen zwischen 2 und
10, während eine weitere Erhöhung eher die Analysenzeiten unnötig verlängert. Den
Einfluß des Trennfaktors α auf die Auflösung beschreibt der Selektivitätsterm II, dessen Wert mit steigendem α gegen 1 geht und sich durch Veränderung der chemischen
Eigenschaften von stationärer und/oder mobiler Phase einstellen läßt. Für α ≈ 1 als
Quotient aus zwei Retentionszeiten (k‘) kann auch bei höchster Trennleistung des Systems (Term III) keine ausreichende Substanzseparation mehr erhalten werden. Selektivität beschreibt also den Abstand von Peakspitze zu Peakspitze, berücksichtigt
jedoch im Gegensatz zur Bodenzahl nicht die Peakform. Der Dispersionsterm III wiederum markiert den Einfluß der Trennleistung beziehungsweise der Säuleneffizienz
auf die Auflösung. Für eine Verdopplung von RS ausschließlich über N müßte die Säulenlänge vervierfacht werden, was aufgrund des damit verbundenen Druckanstiegs im
System häufig nicht möglich ist. Diese Bodenzahl N gilt letzten Endes als Maß für die
Verbreiterung der Substanzzone aufgrund von Diffusionsvorgängen und kann auf eine
Säule unter definierten Bedingungen (theoretisch) oder auf eine retardierte Komponente (effektiv) bezogen werden.
Am schwierigsten zu realisieren, wenngleich am effektivsten erfolgt die Maximierung von RS über eine Änderung von α. In direkter Folge steht dann die Erhöhung der
Dispersion durch verlängerte Säulen oder über verringerte Korngröße der stationären
Phase bei konstanten Säulendimensionen und damit auch konstanter Retentionszeit.
Das „kαN“-Prinzip (siehe Abb. I-13) empfielt, zunächst für ausreichende Wechselwirkungen zwischen Trennsystem und Probe zu sorgen und akzeptable Retentionszeiten
einzustellen. Anschließend ist mit vertretbarem Aufwand eine möglichst gute Selektivität zu erzielen. Scheint die Auflösung immer noch nicht zufriedenstellend, so muß die
Peakform anhand der aufgelisteten Maßnahmen verbessert werden. Was die Wahl
von Acetonitril oder Methanol anbelangt, so liefert Letzteres vor allem bei kleinen po-
Grundlagen und Methodik
50
I
II
{
I
III
Optimierung der Retention: 2 ≤ k' ≤ 10
♦
♦
♦
II
k′
α–1
R s = 0.25 ⋅ -------------- ⋅ ------------- ⋅ N
1 + k′
α
{
Fundamentalgleichung
der Chromatographie:
{
I
Stationäre Phase
Eluentenzusammensetzung
Temperatur
Optimierung der Selektivität: 1.1 ≤ α ≤ 2.0
♦
♦
♦
♦
Stationäre Phase
wechselweiser Ersatz von MeCN durch MeOH
Modifikatoren (z. B. n-BuOH / THF / HAc / Amine)
Temperatur (im Regelfall ↓)
III Optimierung der Dispersion: N erhöhen
♦
♦
♦
♦
♦
♦
♦
Säulenlänge ↓
Teilchengröße des Sorbens ↓
Eluentenfluß ↑
Temperatur ↑
Injektionsvolumen ↓
Elutionskraft des Probenlösungsmittels ↓
Totvolumen der Apparatur ↓
Abb. I-13. Das „kαN-Prinzip“ zur Verbesserung der Auflösung am Beispiel der RP-HPLC (verändert nach Rücker et al., 2001: 402; Kromidas, 2006: 18).
I
Grundlagen und Methodik
51
laren Molekülen und stark hydrophoben Phasen für Mischungen gleicher Elutionskraft
die bessere Selektivität, während die erhöhte Viskosität im Vergleich zu MeCN eine
schlechtere Peakform bedingt. Außerdem driftet der pH-Wert nach Zugabe von MeOH
stärker ins Alkalische als nach Zusatz von MeCN. Bei Temperaturerniedrigung treten
die Eigenschaften der stationären Phase in den Vordergrund, wobei sich Enthalpiewie Entropiedifferenzen stärker bemerkbar machen und somit die Selektivität steigt,
während abnehmende Kinetik und Bodenzahl zu einer Peakverbreiterung führen. Diese Maßnahme empfielt sich für solche Trennungen, in deren Verlauf dem sterischen
Aspekt der Einzelkomponenten eine Schlüsselrolle zukommt. Eine Temperaturerhöhung wiederum verringert die Retentionszeiten, senkt die Viskosität des Eluenten und
infolgedessen den Rückdruck. Hinsichtlich der Probeninjektion ist es in jedem Fall ratsam, größere Volumina einer eluentenähnlichen Lösung als kleinere Volumina mit
stärkerer Elutionskraft aufzutragen.
Das „Subtraktions-Modell“ für die Selektivität in der RP-Chromatographie basiert auf
fünf Typen von Molekül-Säulen-Wechselwirkungen: Hydrophobizität − Sterischer Widerstand − Wasserstoffbrückenbindung durch Säulen-Acidität − Wasserstoffbrückenbindung durch Säulen-Basizität − Kationenaustauschaktivität der Säule. Bei
Überprüfung an ca. 150 Substanzen und ebenso vielen Alkyl-Säulen konnten Retention und Selektivität mit einer mittleren Treffergenauigkeit von ±1 % berechnet werden
(vgl. Kromidas, 2006: 6-11, 16, 18, 20-22, 29 f., 334-336).
Sofern die Probenlösung im gewählten Fließmittel hinreichend aufkonzentriert werden kann, bereitet der Übergang vom analytischen in den präparativen Maßstab keine
Probleme. Genügt ferner die optimierte Auflösung des gewählten Trennsystems, so
läßt sich der Massendurchsatz durch gezielte Überladung markant erhöhen, wohingegen eine Überlastung der Säule unbedingt zu vermeiden ist. Neben den im vorhergehenden Abschnitt genannten Methoden zur Verbesserung von RS kann man bei
geringen Retardationsdifferenzen auch die Recycling-Chromatographie einsetzen.
Hierbei wird das Eluat nicht sofort abgeführt, sondern mit Hilfe spezieller Ventilschaltungen an den Säulenanfang zurückgeleitet und so lange kreisförmig chromatographiert, bis die Trennstufenzahl für die Separation der interessierenden Komponenten
ausreicht, ohne auf verlängerte Säulen zurückgreifen zu müssen. Hat die Trennung unter isokratischen Bedingungen zu erfolgen, so greift man aufgrund des großen Zeitbedarfs häufig auf die Säulenumschalttechnik zurück. Durch Kombination mehrerer
I
Grundlagen und Methodik
52
kurzer Säulen mit zwischengeschalteten Ventilen kann hierbei die „Säulenlänge“ je
nach Trennverhalten der Substanzen während der Chromatographie geändert werden,
was gerade in der Gaschromatographie vorteilhaft zum Einsatz kommt (vgl. Geckeler
und Eckstein, 1987: 223-228).
Für die experimentelle Ausführung der vorliegenden Dissertation spielen zwei RPPhasen eine dominierende Rolle: Chromolith® und Hypercarb® (siehe Kapitel I 4.7).
Selbst in einer ideal mit sphärischen Teilchen derselben Größe gepackten Säule beträgt das Totvolumen mindestens 30 %. Um diesen Verlust an chromatographisch aktiven Zonen soweit als möglich zu verringern, kann man zum einen die Partikelgröße
der stationären Phase bis zu einer technischen Untergrenze von etwa 2 µm verringern,
was jedoch den Rückdruck stark erhöht, mit allen bekannten Verschleißerscheinungen
hinsichtlich HPLC-Pumpe und Säulenmaterial. Vorteilhaft kommen in diesem Fall monolithische Phasen zum Einsatz, für deren Herstellung flüssige Vorläufersubstanzen
zu porösen Massen aus vernetzten Partikeln polymerisiert werden, wodurch sowohl
der chemische Aufbau als auch der Durchmesser von Kanälen und Poren unabhängig
voneinander kontrolliert werden können. Inzwischen ist auch eine Reihe organischer
Ausgangsmonomere wie Styren oder Divinylbenzen bekannt, welche sich direkt in geeigneten Wandmaterialien polymerisieren lassen. Bezüglich Chromolith® basiert diese
Reaktion konkret auf der Hydrolyse und Polykondensation von Tetramethoxysilan in
Gegenwart von Polyethylenglycol, Harnstoff sowie anderen Reagenzien unter Ausbildung kieselgelreicher und wäßriger Regionen. Nach Penetrieren der Wandstrukturen
mit Alkalien und Trocknen bleibt dann ein schwammartiges Kieselsäure-Skelett mit einer Oberfläche von 300 m2 g−1 zurück, gekennzeichnet durch Makro- (≈ 2 µm) und Mesoporen (≈ 13 nm), welche maximale Auflösung bei hohen Flußraten und minimalem
Gegendruck gewährleisten (siehe Abb. I-14 a, b). Lediglich die geringe Toleranz der
stationären Phase gegenüber Alkalien (pH-Stabilität: 2.0-7.5) sowie der Säulenwandung (Polyetherketone) gegenüber THF und DMSO schränken die Anwendbarkeit der
Chromolith®-RP-18e-Säulen ein (vgl. Jacoby, 2006; Merck, 2006).
Hypercarb®-Medien bestehen zu 100 % aus sphärischen, porösen graphitisierten
Kohlenstoff-Partikeln (PGC) mit planaren hexagonalen Schichten, ähnlich einem polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoff. Die Oberfläche ist kristallin, ohne Mikroporen und hochreproduzierbar in der Herstellung sowie von gänzlich anderem
Charakter als silicamodifizierte Phasen mit bürstenartiger Anordnung der Alkylliganden
I
Grundlagen und Methodik
53
a
b
Hydrolyse der Organosilane
bei pH < 2
c
inerte Oberfläche ohne
funktionelle Gruppen
Stabilität im Bereich
von pH 1-14
Auflösen der KieselgelMatrix bei pH > 9
Abb. I-14. Stationäre Phasen von RP-HPLC-Säulen. − a)-b) Chromolith®-Makroporen und -Mesoporen; c) RP-18-Oberflächenstruktur im Vergleich zum porösen graphitisierten Kohlenstoff
(PGC) des Hypercarb®-Materials.
(siehe Abb. I-14 c). Bei einer durchschnittlichen Porengröße von 250 Å und einer spezifischen Oberfläche von 120 m2 g−1 können über den gesamten pH-Bereich von 0-14
sowohl NP- als auch RP-Lösungsmittel verwendet werden, deren Klassifizierung allerdings nicht auf den für Kieselgel-Materialien üblichen eluotropen Reihen beruht. Vielmehr nimmt die Elutionsstärke wie folgt zu: MeOH ≤ MeCN ≈ 1,4-Dioxan <
MeCN:Isopropylalkohol [1:1] < MeCN:Isopropylalkohol [1:3] < THF ≈ DCM < Toluen ≈
Chloroform. Als kompetitive Modifikatoren zur Verringerung polarer Retention kommen
Trifluoressigsäure oder Diethylamin in Frage. Im Gegensatz zu weitgehend anisotropen Silica-Phasen zeigt die Hypercarb®-Oberfläche räumliche Selektivität mit der Möglichkeit, geometrische Isomere und andere eng verwandte Komponenten zu
I
Grundlagen und Methodik
54
separieren. Dabei herrschen im wesentlichen zwei Retentionsmechanismen vor, und
zwar einerseits Dispersionseffekte zwischen Analyt und mobiler Phase beziehungsweise zwischen Analyt und Graphitoberfläche, so daß tR mit zunehmender Hydrophobizität steigt. Andererseits beobachtet man Induktionseffekte, wodurch sich die
Affinität des Analyten zur Materialoberfläche proportional zu dessen Polarität verhält,
in starker Abhängigkeit von deren Kontaktfläche sowie von Art und Anzahl funktioneller
Gruppen relativ zur Graphitschicht. So ermöglicht Hypercarb® unter anderem auch die
effektive Trennung von hochpolaren Kohlenhydraten und konstitutionsisomeren
Nucleosidphosphaten (vgl. Ross und Ax, 2000; Thermo ELECTRON CORPORATION,
2004).
Polare Säuren können auf silicamodifizierten RP-Phasen meist nur in stark sauren
Eluenten mit hohem Wasseranteil retardiert werden, wobei die erreichte Selektivität in
der Regel bescheiden bleibt. Alternativ setzt man Ionenpaarreagenzien zu oder weicht
gleich auf andere Trenntechniken wie Anionenaustausch-Chromatographie oder Hydrophile Interaktionschromatographie (HILIC) aus, welche zwar individuelle Vorteile
bieten, aber die Universalität der RP-Chromatographie keinesfalls erreichen. Die sogenannte „Mixed-Mode“-Chromatographie hingegen setzt auf die Kombination von RP
und schwachem Anionenaustausch (WAX) in einem geeigneten Selektor, welcher beispielsweise aus einer hydrophoben Alkylkette mit eingebetteten Sulfid- und Amidgruppen (hydrophile Domänen) sowie einem Chinuclidinyl-Rest (zyklisches tertiäres Amin:
pKa ≈ 9.9) besteht. Diese RP/WAX-Phasen lassen sich multimodal betreiben und zur
Auftrennung von polyfunktionellen Analyten (Bsp.: Gibberellinsäure) vorzüglich einsetzen. Während in diesem Fall der pH-Wert in einem gepufferten hydro-organischen Eluenten den WAX-Prozeß steuert, findet bei Verwendung von > 60 % (v/v) Acetonitril
anstelle von Methanol ein Übergang von einem RP-artigen zu einem HILIC-artigen Retentionsmechanismus statt (vgl. Bicker et al., 2008: 218 f.).
I
Grundlagen und Methodik
1.4
55
Massenspektrometrie
1.4.1 Größen, Einheiten und Symbole
Die Verwendung von 12C als Standard für die Atommasse hat seit dem 1. Januar 1962
universelle Gültigkeit und ersetzte sowohl die chemische Atomgewichtsskala, basierend auf dem natürlichen Isotopengemisch des Sauerstoffs, als auch die physikalische
Atomgewichtsskala bezogen auf 16O, welche über den Smytheschen Faktor ineinander
umgerechnet wurden. Nach Empfehlung der IUPAC stellt die Masse die physikalische
Größe dar, das u (unified atomic mass unit) hingegen Einheit und Symbol unter Bezugnahme auf ein hypothetisches Atom der Masse 1. Hinsichtlich der letzten beiden Kriterien existiert auch noch das amu (atomic mass unit), welches ebenso wie das u nicht
zum SI-System gehört, aber mit diesem zusammen zu nutzen ist. Das vor allem im biochemischen Kontext gebräuchliche Da (Dalton) entsprach früher der Masse des Wasserstoffatoms (1H), so daß 1 Da mit 1.007825 u gleichzusetzen war. Zum Zwecke der
Vereinheitlichung ging man schließlich dazu über, alle genannten Einheiten beziehungsweise Symbole mit 1/12 der Masse des häufigsten Kohlenstoffisotops 12C gleichzustellen, so daß nun gilt: 1 u = 1 amu = 1 Da = 1.6605402 • 10−27 kg (vgl. Deckwer et
al., 2008; Lide, 2006: 1-20; Rücker et al., 2001: 304 f.).
1.4.2 Matrix-unterstützte Laserdesorptions-Ionisation
Das sogenannte MALDI-Verfahren der Massenspektrometrie dient in Kombination mit
Flugzeit-Analysatoren (TOF) oder Ionen-Cyclotron-Resonanz-Vorrichtungen (ICR)
meist zur Bestimmung der Molekülmasse von Peptiden und Proteinen bis zu einem
Wert von etwa 100000 Da. Dabei wird die Probe im Verhältnis 1:10000 mit einer Matrix
aus 2,5-Dihydroxybenzoesäure, Sinapinsäure oder α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure gemischt auf ein Target aufgetragen und meist mit einem gepulsten Stickstofflaser bei
337 nm bestrahlt. Die Matrizes verringern dabei nicht nur die Wechselwirkung der Probenmoleküle untereinander (Verdünnungseffekt), sondern übertragen auch absorbierte Laserenergie für die Desorption der Probe, liefern die zur Ionisation benötigten
I
Grundlagen und Methodik
56
Protonen und schützen die Probensubstanz darüber hinaus vor photolytischer Zersetzung. Zur Verbesserung des Signal-zu-Rauschen-Verhältnisses wird eine Sequenz
von 5-100 Laserimpulsen eingesetzt, wobei hauptsächlich folgende Ionen im Massenspektrum auftreten: [M + H]+, [M + 2H]2+, [M + Alkalimetall]+, [M − H]−, [M − 2H]2−. Fragmentierungen hingegen sind üblicherweise eher selten: [M − H2O], [M − NH3], [M −
CH3OH]. Das Spezialverfahren der MALDI-Post-Source-Decay-Massenspektrometrie
(MALDI-PSD-MS) ermöglicht es, neben den in der Ionenquelle gebildeten Fragmentionen auch diejenigen Ionen zu registrieren, welche erst auf dem Weg durch den Flugzeit-Analysator entstehen (vgl. Rücker et al., 2001: 348 f.).
Bei neueren Bautypen der gepulst arbeitenden TOF-Analysatoren mit nach oben
prinzipiell unbegrenztem Massenbereich besitzt das Flugrohr eine gewinkelte Struktur,
damit die Ionen in diesem Winkel durch ein elektrisches Feld reflektiert werden (Ionenspiegel, Reflotron), so daß außerhalb der Ionenquelle gebildete Zerfallsprodukte nachgewiesen werden können. Beim ICR-Verfahren hingegen bringt man die zwischen
Plattenelektroden in einem starken Magnetfeld kreisenden Ionen durch einen RF-Impuls im fraglichen Frequenzbereich in Phase. Die in der Kondensatorplatte entstehende komplexe elektromagnetische Welle entspricht der Summe der CyclotronFrequenzen aller Ionen gewichtet nach der Zahl der einzelnen Ionensorten. Daraus
wird durch Fourier-Transformation das Massenspektrum errechnet (FT-ICR). Somit
verbinden ICR-Geräte in nach oben begrenztem Massenbereich ein äußerst hohes
Auflösungsvermögen mit großer Empfindlichkeit und erlauben Aussagen zum zeitlichen Verlauf von Ionen-Molekül-Reaktionen (vgl. Budzikiewicz und Schäfer, 2005: 3538).
Bei vielen UV-MALDI-Matrizes handelt es sich um Carbonsäuren (siehe oben), welche unter thermischer Belastung CO2 freisetzen, dessen Druck einen wesentlichen
Beitrag zur Proben-Ablation liefern kann. In der Desorptionswolke wurde unter anderem auch atomarer Wasserstoff nachgewiesen, was unter erhöhtem Protonendruck die
Existenz radikalischer Anlagerungsprodukte [M + H•] hinsichtlich Matrix und/oder Probe nahelegt (vgl. Knochenmuss, 2006: 976 f.).
I
Grundlagen und Methodik
57
1.4.3 Plasma-basierende Verfahren
Die Inductively-Coupled-Plasma-Massenspektrometrie (ICP-MS) repräsentiert eine
Multielementmethode, welche mit wenigen Ausnahmen (H, N, O, F) die Bestimmung
sämtlicher chemischer Elemente des Periodensystems erlaubt und aufgrund der tiefen
Nachweisgrenzen (pg mL−1 in Lösungen) für Spurenanalysen und halbquantitative
Übersichtsanalysen gleichermaßen gut geeignet ist. Der dynamische Meßbereich erstreckt sich über mehr als 6 Größenordnungen, wobei die Proben in festem, flüssigem
oder gasförmigem Zustand analysiert und auch Isotopenverhältnisse mit hoher Präzision erfaßt werden können. Technisch gesehen bestrahlt man die Probe in einer Ablationszelle mit einem gepulsten, hochenergetischen Excimer-Laser (λ = 193 nm)
(Kratertiefe: 0.02-5 µm) und transportiert das entstandene Aerosol mit Heliumgas in die
ICP-Vorrichtung, wo die Partikel durch ein Argon-Plasma bei etwa 7000 K verdampft,
atomisiert und ionisiert werden (siehe Abb. I-25). Daran anschließend erfolgt die MSAnalyse in den meisten Fällen über Quadrupol-Analysatoren, zunehmend aufgrund
höherer Auflösung sowie verbesserter Nachweisgrenze aber auch mittels SektorfeldGeräten oder durch TOF-Instrumente mit der Möglichkeit zur quasi-simultanen Ionendetektion (vgl. Hattendorf et al., 2003: 342 A).
Die beiden Methoden ICP-OES (Inductively Coupled Plasma Optical Emission
Spectrometry) und ICP-MS ergänzen sich gegenseitig vorteilhaft, wobei Erstere für Bestimmungen im g/g- bis µg/g-Bereich gut geeignet ist, Letztere eher zwischen mg/g und
ng/g. So weisen die Elemente Phosphor und Schwefel bei 7000 K nur einen Ionisierungsgrad um 25 % auf und verursachen deshalb gewisse Probleme im ICP-MS, welche jedoch mit der ICP-OES-Methode überwunden werden können. Allerdings stellt
die Tatsache, daß isobare Interferenzen mit Molekülionen die Analyse einer Reihe relevanter Spezies wie 28Si+/(14N2+), 32S+/(16O2+), 39K+/(38Ar1H+) oder 56Fe+/(40Ar16O+) empfindlich stören, hohe Herausforderungen an die Präzision der Messungen sowie an die
Reinheit von Reagenzien und Laboratmosphäre. Im Falle von 32S+/(16O2+) genügt eine
MS-Auflösung von ≥ 1800, während die Isobare 58Ni+/58Fe+ erst bei m/∆m ≥ 29000 separiert erfaßt werden. Mit Ausnahme von Indium besitzen alle Elemente zumindest ein
Isotop, welches frei von Interferenzen durch andere Nuklide ist, so daß man im Falle
von Nickel am einfachsten auf 60Ni+ ausweicht (vgl. Kläntschi et al., 1996: 129 f., 131,
136 f., 144 f.).
I
Grundlagen und Methodik
58
Die bereits erwähnten Sektorfeld-Vorrichtungen gehören zu den sogenannten Tandemgeräten, gekennzeichnet durch sequentielle Anordnung mehrerer Analysatoren,
hohen dynamischen Massenbereich und große Meßgenauigkeit. Zum einen dient ein
zusätzlicher elektrostatischer Analysator der Verbesserung des Auflösungsvermögens, zum anderen können die Zerfallsprodukte ausgewählter Ionen bestimmt werden.
Bei einem Gerät mit umgekehrter Geometrie (magnetischer vor elektrostatischem Analysator) gelingt es, sämtliche Molekülbruchstücke sequentiell zu erfassen: DADI = Direct Analysis of Daughter Ions oder MIKE(S) = Mass Analyzed Ion Kinetic Energy
(Spectrum) (vgl. Budzikiewicz und Schäfer, 2005: 39, 62).
1.5
NMR-Spektroskopie
1.5.1 Paramagnetische Systeme
Für ein paramagnetisches Molekül in Lösung liegen dem beobachteten NMR-Spektrum sowohl diamagnetische als auch paramagnetische Verschiebungen zugrunde.
Mit der absoluten Spektrometer-Frequenz ν und dem Frequenz-Unterschied ∆ν zwischen dem jeweiligen Signal und einer internen Referenz gilt:
(∆ν/ν)gemessen = (∆ν/ν)diamagnetisch + (∆ν/ν)paramagnetisch
(Gl. I-26).
Der letzte Term wird als isotrope oder Hyperfein-Verschiebung bezeichnet und resultiert unmittelbar aus molekularem Paramagnetismus, wobei die davon betroffenen Protonen-Signale bis über einen Bereich von ±150 ppm relativ zu TMS verschoben sein
können, also weit außerhalb der allgemein bekannten diamagnetischen Werte von
etwa −2 bis 12 ppm. Für andere NMR-aktive Kerne umfassen die Shift-Regionen sogar
mehrere hundert ppm. Hinsichtlich paramagnetischer Porphyrinoide wie Ni(II)F430
(High-Spin) käme der entsprechende Zn(II)-Komplex als diamagnetische Referenzkomponente in Frage.
Innerhalb eines Moleküls existieren prinzipiell zwei Arten von Wechselwirkungen
zwischen ungepaarten Elektronen und Atomkernen, zum einen Dipol-Dipol-/Pseudo-
I
Grundlagen und Methodik
59
kontakt-Interaktionen, zum anderen der sogenannte Fermi-Kontakt-Term. Bei Ersteren
handelt es sich um eine Kopplung ohne Energieaustausch zwischen räumlich diskreten magnetischen Momenten unter der Annahme, daß der Elektronenanteil auf dem
Metall und der Kernanteil auf dem restlichen Molekül lokalisiert ist. Letzterer beruht auf
der Übertragung von Spindichte in Richtung der Liganden und damit auf dem Ausmaß
von Metall-Ligand-Bindungen unter Beteiligung von σ- und/oder π-Orbitalen:
(∆ν/ν)isotrop = (∆ν/ν)dipolar + (∆ν/ν)Kontakt
(Gl. I-27).
Diesbezüglich stellt man sich vor, daß Spindichte ungepaarter Elektronen über Metall
→ Ligand-Orbitale delokalisiert ist, gefolgt von der Polarisierung der Bindungselektronen. In den dipolaren Anteil wiederum geht der geometrische Faktor (1 − 3cos2θ)/r3 ein,
dessen Zähler für θ = 54.7° gleich Null wird, was dem Magischen Winkel entspricht.
Deshalb unterliegen Kerne, welche irgendwo auf einer Kegeloberfläche mit exakt diesem Winkel zur zentralen Molekülachse liegen, keiner dipolaren Verschiebung. Lanthanoiden-Shift-Reagenzien zeigen auf Protonensignale abschirmende (Pr(III)) oder
entschirmende (Eu(III) / Yb(III)) Effekte, welche auch ganz unterbleiben können und
vom durchschnittlichen Verhältnis komplexierter zu freien Molekülen abhängen. Die
isotrope Verschiebung beruht dabei hauptsächlich auf dem dipolaren Anteil (vgl. Satterlee, 1990a).
Innerhalb der longitudinalen Relaxationszeit T1 kehrt das System entlang der Magnetfeldrichtung (z-Achse) in seinen Ausgangszustand (Boltzmann-Gleichgewicht) zurück, während die transversale Relaxationszeit T2 den Zerfall der Phasenkohärenz in
der xy-Ebene und damit das Abklingen des FID bezeichnet. Typische Werte von T1 und
T2 in diamagnetischen Molekülen bewegen sich im Bereich von Zehntelsekunden bis
Minuten, für paramagnetische Systeme hingegen von Millisekunden. Entsprechende
Relaxationsparameter existieren auch für Elektronen und werden hier mit T1e beziehungsweise T2e bezeichnet. Die Konstante τc geht in eine Funktion ein, welche die Molekülbewegung unter anderem über den Brownschen Effekt beschreibt. Konzeptionell
kann man die Korrelationszeit für einen Kern als Zeitspanne auffassen, innerhalb welcher das von ihm perzipierte lokale Magnetfeld konstant ist. Schnelle Molekülbewegungen (Vibrationen, Translationen, Rotationen, Kollisionen) bedingen dabei kleine
Werte für τc mit raschen lokalen Feldänderungen, so beispielsweise 2.7 • 10−12 s für
I
Grundlagen und Methodik
60
H2O bei Raumtemperatur. Falls das Produkt aus Resonanzfrequenz ω des jeweiligen
Kerns und τc weit unterhalb von 1 liegt, wie dies für kleine Moleküle in nichtviskosen
Lösungsmitteln bei Raumtemperatur meist zutrifft, so ist T1 = T2. Es gilt aber immer die
Grundbedingung T2 ≤ T1 (vgl. Kessler und Gemmecker, 2006: 25-27). Die Halbwertsbreite einer charakteristischen Lorentz-Linie berechnet sich dann nach (π T2)−1.
Da das magnetische Moment eines Elektrons etwa um den Faktor 2000 über demjenigen eines Protons liegt, führen ungepaarte Elektronen zu starken fluktuierenden
Feldern, welche die Relaxation benachbarter Kerne entscheidend beeinflussen. Liegt
T1e bei > 10−4 s, so zeigen die Resonanzlinien für Elektron und Kern jeweils ein Dublett,
analog zu einem gekoppelten AX-System. Für 10−8 s ≤ T1e ≤ 10−6 s befindet sich das
NMR-Signal im Koaleszenzbereich, und für T1e < 10−10 s erhält man ein Singulett, welches um den Anteil der isotropen Verschiebung vom Schwerpunkt des ursprünglichen
Dubletts entfernt ist. In der Praxis beobachtet man, daß paramagnetische Substanzen
entweder mittels EPR (→ S-Übergänge) oder mittels NMR (→ I-Übergänge) ergiebig
analysiert werden können, aber niemals vorteilhaft mit beiden Methoden. Der Grund ist
darin zu suchen, daß EPR-Messungen ebenfalls relativ langsame longitudinale Relaxationen benötigen (T1e ≥ 10−8 s), welche die Resonanzsignale benachbarter Kerne
enorm verbreitern, da eine direkte Proportionalität zwischen der Halbwertsbreite von
Lorentz-Linien und T1e vorherrscht. Diese Überlegungen gelten auch für paramagnetische Spezies mit mehreren ungepaarten Elektronen, wie vor allem für Koordinationsverbindungen von d- und f-Elementen.
Zieht man Oxidationsstufe, magnetische Anisotropie und Spin-Bahn-Kopplung als
entscheidende Kriterien für die Spin-Gitter-Relaxation von Übergangsmetall-Ionen in
Betracht, so werden für folgende Spezies schmale NMR-Signale erwartet, was deren
Eignung als Verschiebungsreagenzien nahelegt: Co(II), Cr(II), Fe(II) High-Spin, Fe(III)
High-/Low-Spin, V(III). Breite Linien hingegen sollten sich für Cu(II), Cr(III), Mn(II) und
Ti(III) ergeben, welche als Relaxations-Reagenzien einsetzbar sind.
Neben den erwähnten Mechanismen ist ferner die magnetische Suszeptibilität −
auch Curie-Spin-Effekt genannt − für die Signalverbreiterung in paramagnetischen
Proben verantwortlich. Dieser beruht auf der durchschnittlichen makroskopischen Magnetisierung infolge von Polarisierung einer großen Elektronenspin-Population im angelegten Magnetfeld, wobei sich T2−1 und damit die Halbwertsbreite proportional zu B02
und invers zur Meßtemperatur T verhalten.
I
Grundlagen und Methodik
61
Zusammenfassend ergeben kleinere paramagnetische Moleküle bis in den Bereich
um 10 kDa breite, relativ schwache phasensensitive COSY- und NOESY-Kreuzsignale, welche sich dennoch detektieren lassen. Wesentlich größere Proteine zeigen hingegen schwache Kreuzpeaks aus isotrop verschobenen Resonanzsignalen, da einige
Protonen so rasch relaxieren, daß sie nur noch geringe Beiträge bei der Datenaufzeichnung liefern. Besondere Probleme verursachen Kernrelaxationen im Bereich von
10−2 s während einer TOCSY-Pulssequenz mit langem Spin-Lock, da einzelne Resonanzsignale übersehen werden können. Für die geringe Intensität der Kreuzpeaks
zeichnen sich die paramagnetisch verbreiterten Resonanzlinien verantwortlich, welche
innerhalb der Kreuzsignale die Löschung überlappender Antiphase-Komponenten bedingen (vgl. Satterlee, 1990b). Eine detaillierte Abhandlung zur NMR-Spektroskopie
paramagnetischer F430-Derivate bietet das gesamte Kapitel I in der Dissertation von
I. Schlönvogt (1997).
1.5.2 Kryo-Probenkopf
Neben der Einführung von supraleitenden Magneten, der Fourier-Transform-Technik,
von gepulsten Feldgradienten und generellen Verbesserungen in Elektronik und Hardware repräsentiert die Entwicklung sogenannter Kryo-Probenköpfe einen wesentlichen
Meilenstein, um die Empfindlichkeit von NMR-Messungen markant zu erhöhen. Im
Hinblick auf die um Größenordnungen tieferen Nachweisgrenzen etablierter Techniken
wie Massenspektrometrie oder Röntgenstrukturanalyse wirken gleichzeitig in diesem
Sinne methodische Fortschritte wie Polarisationstransfer (INEPT / DEPT), TransverseRelaxation-Optimized Spectroscopy (TROSY) für Biomakromoleküle oder Hyperpolarisation über Laser-Photonen (SPINOE → Edelgase / DNP → 13C).
Insgesamt berechnet sich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis (S/N) aus der Zahl
gemessener Kerne (n), dem gyromagnetischen Verhältnis von angeregten und detektierten Nukliden (γexc/γdet), der Magnetfeldstärke B0, der Anzahl aufgenommener Scans
(NS), der Meßtemperatur T und der Relaxationszeit T2 (vgl. Kessler und Gemmecker,
2006: 29):
I
Grundlagen und Methodik
3
62
3
----S
–1
---- = n ⋅ γ exc ⋅ γ det 2 ⋅ B 0 2 ⋅ NS ⋅ T ⋅ T 2
N
(Gl. I-28).
Die spektrale Auflösung hingegen zeigt direkte Proportionalität zu B0. Allgemein kann
man die Empfindlichkeit eines NMR-Experimentes auffassen als Beziehung zwischen
Signal und Rauschen des gesamten Empfänger-Systems, wobei das Signal die in der
Empfängerspule des Probenkopfes induzierte Spannung bedeutet, das Rauschen hingegen sich zusammensetzt aus dem thermischen Rauschen in der Empfängerspule,
im Vorverstärker und in der Probe selbst. Um den S/N-Quotienten zu optimieren, muß
die Signal-Spannung erhöht und/oder die Rausch-Spannung verringert werden. Ersteres geschieht durch ein größeres Probenvolumen mit mehr detektierbaren Kernen,
durch Erhöhen der Magnetfeldstärke, durch die Auswahl von Nukliden mit vorteilhaftem γexc/γdet oder durch Anpassen der Spulen-Geometrie. Letzteres erfordert eine Minimierung der stochastischen Elektronenbewegung und damit des elektrischen
Widerstandes in leitenden Medien, welcher mit fallender Temperatur abnimmt und
schließlich nur noch durch chemische Verunreinigungen im Leitermaterial bedingt ist.
Somit müssen auch der Vorverstärker zwischen Spule und Empfänger sowie die Verbindungskabel entsprechend gekühlt werden. Allerdings verläuft die dadurch tatsächlich erreichte Steigerung der Meßempfindlichkeit unterhalb des theoretisch
erreichbaren Wertes, da die erforderliche thermische Isolierung zwischen Probe und
Empfängerspule das optimal eingestellte Verhältnis zwischen deren Volumina
zwangsläufig verändert. Konkret reduziert die Kühlung der Empfängerspule (→ 20 K)
das thermische Rauschen um den Faktor 2, welcher durch Einbeziehen des Vorverstärkers (→ 80 K) in den Kühlkreislauf auf einen Wert von maximal 4 erhöht werden
kann. Apparativ stellt der Kryokopf einschließlich Empfängerspule und Vorverstärker
ein Dewar-System dar, durchspült von kaltem Helium-Gas (vgl. Kovacs et al., 2005).
Diese Meßvorrichtung bringt große Vorteile mit sich, wenn Nuklide wie 13C oder 15N
mit − im Verhältnis zu 1H − stark verringerter relativer Empfindlichkeit (0.016 bzw.
0.001) ohne vorhergehende Anreicherung detektiert werden sollen. Gerade im Fall von
paramagnetischen Proteinen weicht man gerne auf homonukleare 2D-13C-Experimente aus, da der paramagnetische Beitrag zur Relaxation proportional zu γdet2 ist und somit beim Übergang von 1H zu 13C um den Faktor 16 abnimmt.
I
Grundlagen und Methodik
63
Weitere interessante Anwendungen bezüglich deuterierten Proteinen und der Strukturaufklärung von Naturstoffen im Mikrogramm/Millimolar-Bereich finden sich in Kovacs et al. (2005).
Bei der Anwendung von Kryo-Probenköpfen wird der Rausch-Beitrag der Spule gering im Verhältnis zu demjenigen der Probe. Zum einen bedingen zirkuläre Anteile der
Brownschen Bewegung vor allem kleiner anorganischer Ionen wie Natrium oder Chlorid eine fluktuierende Magnetisierung, welche von der Spule registriert wird, zum anderen führt die Bewegung elektrischer Ladungen zur Intensitätsminderung der RFStrahlung. Somit setzt man bevorzugt organische Puffersalze mit geringer Leitfähigkeit
(z. B. TRIS) ein und weicht auf 13C aus, da sich der elektrische Widerstand der Probe
proportional zur Resonanzfrequenz beziehungsweise zum gyromagnetischen Verhältnis des betrachteten Kerns ergibt. Ferner läßt sich der Rausch-Beitrag durch Verkleinerung des Röhrchen-Durchmessers von 5 mm auf 3 mm um den Faktor 2.7
reduzieren, wobei gemäß Gleichung I-28 die Konzentration der Meßsubstanz möglichst im selben Rahmen zu erhöhen ist.
1.5.3 Shigemi-Meßröhrchen
Die Auflösung und Reproduzierbarkeit von NMR-Messungen hängt ganz entscheidend
davon ab, daß das Magnetfeld innerhalb der Probe möglichst homogen verläuft. Üblicherweise sind die aus korrosions- und temperaturresistentem Spezialglas in möglichst konzentrischer Ausführung gefertigten Meßröhrchen mit ihrer Längsachse
parallel zu den Feldlinien angeordnet. Für die heutzutage verwendeten HochfrequenzSpektrometer kann man jedoch die Unterschiede in der magnetischen Suszeptibilität
zwischen Probe beziehungsweise homogener Probenlösung und NMR-Röhrchen
nicht vernachlässigen, so daß Differenzen von über 10 % mit Hilfe von Shim-Spulen
nicht mehr korrigiert werden können. Infolgedessen muß man die Flüssigkeitssäule im
Meßröhrchen entsprechend verlängern, wobei nur ein Teil der dadurch verdünnten Lösung von der Empfängerspule erfaßt wird und sich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis
entsprechend verschlechtert (siehe Kapitel I 1.5.2). Aus diesem Grund liegt es nahe,
die magnetische Suszeptibilität von deuteriertem NMR-Lösungsmittel und Probenröhrchen im Bereich von 0.2-0.5 % möglichst gut aufeinander abzustimmen. Dies erfolgt
I
Grundlagen und Methodik
64
durch isotropes Dotieren des Glasmaterials mit paramagnetischen (Fe / Ni / Co + Oxide) oder diamagnetischen (B2O3 / Sb2O3 / La2O3 / ZnO / SiO2 / Mo2O3) Elementen, Ionen oder Radikalen. Daneben kommen zu diesem Zweck auch Koordinationsverbindungen und organische Komponenten zum Einsatz. Für D2O zum Beispiel hat sich ein
Borosilikatglas mit 400-600 ppm Fe bewährt, wodurch sich die Halbwertsbreite des Signals für verbleibendes H2O auf 0.5 Hz reduzierte (vgl. Shigezane and Takahashi,
1998).
Mittlerweile sind im Handel Shigemi-Röhrchen mit einem Durchmesser von 3 mm
oder 5 mm erhältlich, welche auf CDCl3, DMSO-d6, D2O oder CD3OD abgestimmt sind.
Darin wird die Flüssigkeitssäule zwischen äußerem Röhrchen und Innenstempel blasenfrei fixiert, wofür im Falle der 3-mm-Ausführung etwa 120 µL Probenlösung für eine
Füllhöhe von 20 mm genügen. Die diamagnetischen Suszeptibilitäten von CDCl3 und
CD2Cl2 einerseits sowie von MeOD und 2,2,2-TFE-d3 andererseits liegen nahe genug
beieinander (vgl. Lide, 2006: 3-672), damit auch CD2Cl2 und 2,2,2-TFE-d3 eingesetzt
werden können, obwohl für diese Lösungsmittel bislang noch keine speziellen Glassorten erhältlich sind.
1.6
Elektrophile α-Methylsulfanylierung zyklischer Ketone
Dimethyldisulfid dient häufig als CH3−S+-Donor, besitzt jedoch den Nachteil, daß Methanthiolat als Abgangsgruppe in basischen Medien unerwünschte Folgereaktionen induzieren kann. Somit weicht man idealerweise auf Reagenzien wie Methanthiosulfonsäure-S-methylester (MMTS), (2-Methylsulfanylthiazolidin-2-yliden)cyanamid oder NMethylsulfanyl-ε-caprolactam mit wenig nucleophilen Abgangsgruppen aus, wie im ersten Fall entsprechend Methansulfinat als reduzierend wirkender Rest entsteht (vgl.
Suffert, 2004). Das im Gegensatz zu Methylsulfenylchlorid bei Raumtemperatur recht
stabile MMTS findet auch Verwendung zur Herstellung von Methyldisulfiden aus Thiolen (siehe Kapitel III A 1.2), zur temporären Blockierung von SH-Gruppen in der Proteinchemie sowie für die Methylthiolierung von β-Lactamen und Ester-Enolaten. Eine
interessante Variante bietet die in Do et al. (2005) beschriebene anodische Methylsulfanylierung aromatischer Systeme durch erschöpfende Heterolyse von Dimethyldisulfid in CH2Cl2/n-Bu4NBF4 an einer Platin-Elektrode. Diese potentiostatische Oxidation
I
Grundlagen und Methodik
65
von (CH3)2S unter nicht-nucleophilen Bedingungen führt zu einer MeS-Spezies mit hinreichender Stabilität im verwendeten Elektrolyse-Medium, welches nach Beendigung
der Stromzufuhr eine meist regioselektive Methylsulfanylierung des aromatischen Reaktanden ermöglicht.
Da die Reaktivität der genannten MeS-Donoren gegenüber Ketonen beziehungsweise Enolen oft nicht ausreicht, arbeitet man im Regelfall mit starken Basen (pKa >>
25) wie Lithium-diisopropylamid bei −100 °C in Tetrahydrofuran oder − mit Falle von
Dimethyldisulfid − in Tetrahydrofuran:Hexamethylphosphorsäuretriamid. Für die Derivatisierung sekundärer Kohlenstoff-Zentren hat sich ein stöchiometrisches Verhältnis
Keton:Base:Reagenz von 1:2:1 oder 1:2:2 bewährt, wobei ein Überschuß von Base
und Reagenz vor allem in polar-aprotischen Lösungsmitteln eine bis-Methylsulfanylierung begünstigt. Regioselektive Umsetzungen erfordern im allgemeinen Reagenzien
höherer Reaktivität. Substituierte Enolate von Cyclohexanon-Derivaten zeigen dabei
eine stereochemische Präferenz in Richtung axialer Methylsulfanylierung (vgl. Caine,
2005). Will man umgekehrt den α-Alkylsulfanyl-Substituenten von Ketonen reduktiv
entfernen, so bieten sich aktivierte Metalle wie Li/NH3, Natrium-/Aluminiumamalgam,
Zink und Raney-Nickel neben Samarium(II)iodid an (vgl. Yus and Njera, 2004).
Um unter thermodynamischer oder kinetischer Kontrolle erzeugte Enolate abzufangen und nachfolgend zu isolieren oder mit elektrophilen Reagenzien in basischer Lösung umzusetzen, wird vorteilhaft eine regioselektive Silylierung mit (CH3)3SiCl
angestrebt. Die entstehenden Enolether sind in wasserfreien Medien recht stabil und
können andererseits rasch durch Hydrolyse oder Zusatz von F− gespalten werden (vgl.
Colvin, 1981: 198, 205). Unter Bezugnahme auf Cofaktor F430 liegt somit eine konjugate Methylsulfanylierung in Position 172 der α,β-ungesättigten Cyclohexenon-Struktur
über den Weg des entsprechenden Silylethers auf der Hand.
Einen alternativen Weg zur Aktivierung α,β-ungesättigter Ketone weist das von
Woodward und Pachter entwickelte Verfahren für die Synthese von Lanosterol, in dessen Verlauf der Cyclohexenon-Ring von Cholestenon mit Ameisensäureethylester zum
α-Hydroxymethylen-Derivat umgesetzt wird. Aus dessen Kondensation mit 1,3-Propandithiol-Ditosylat entsteht dann ein Dithioketal, mit einem elektrophilen MeS-Donor
wie beispielsweise MMTS entsprechend ein α-Methylsulfanyl-Keton (vgl. Fieser and
Fieser, 1959: 378 f.; Woodward et al., 1957: 1132).
I
Grundlagen und Methodik
66
Nach Aussage von Scholz (1983) lassen sich zyklische Enolate durch Protonenabstraktion mit stöchiometrischen Mengen an Lithium-diisopropylamid in absolutem
Tetrahydrofuran darstellen und so vorteilhaft mit MMTS umsetzen, daß die MethylthioGruppe auch ohne Zusatz von Hexamethylphosphorsäuretriamid oder den Umweg
über Silyl-Enolether glatt übertragen wird. Konkret bestimmte man für die α-Methylsulfanylierung von 1-Tetralon, in enger Analogie zur Cyclohexenon-Teilstruktur von F430,
bei einer Reaktionszeit von 1 h und einer Temperatur von −10 °C eine Ausbeute von
94 %.
Beabsichtigt man hingegen eine elektrophile Trifluormethylierung, so empfehlen
sich Trifluormethylsulfanylamide (CF3S−NHR) als innvovative Reagenzien, welche in
saurer Lösung effiziente CF3S+-Donoren darstellen (vgl. Bacque et al., 2007). Auch ein
neuartiges hypervalentes Iod(III)−CF3-Reagenz zur milden elektrophilen Trifluormethylierung von C- und S-zentrierten Nucleophilen ist in Betracht zu ziehen, mit dessen Hilfe aliphatische und aromatische Thiole gleichermaßen bei −78 °C in CH2Cl2 oder
MeOH mit hoher Ausbeute umgesetzt werden können (vgl. Kieltsch et al., 2007).
67
2
Ergebnisse
2.1
TLC- und HPLC-Optimierung
Um aus dem Rohisolat das gewünschte F430 von den begleitenden Oxidationsprodukten, Diastereomeren und sonstigen Verunreinigungen präparativ im µmol-Bereich abzutrennen, haben sich HPTLC-Platten mit Kieselgel-60-Beschichtung und n-BuOH:
HAc:H2O [4:1:1] als Fließmittel bewährt (vgl. Livingston et al., 1984), im analytischen
Maßstab auch TLC-Platten kombiniert mit 1,4-Dioxan:EtOH:MeOH:H2O [1:18:1:30]
(siehe Abb. I-15 b, c). Für die entsprechenden Ester ist am besten die NP-Dünnschichtchromatographie mit Kieselgel 60 als stationäre Phase geeignet (siehe Abb. I-15 a),
wobei das Laufmittel DCM:MeOH [13:1] auf HPTLC-Platten recht zufriedenstellende
Ergebnisse liefert (vgl. Pfaltz et al., 1982), hingegen auf TLC-Platten im Format 20 cm
× 20 cm besonders bei simultaner Entwicklung mehrerer Chromatogramme in einer
DC-Kammer zu wellenartigen und teilweise ineinander eintauchenden Substanzfronten führt. Da die Tetrapyrrol-Einheit von Ni(II)-Hydrocorphinoiden per se eine positive
Nettoladung aufweist und somit unabhängig vom Veresterungsgrad der Seitenketten
in jedem Fall ein inertes Ionenpaarreagenz anwesend sein muß, erwies sich die Imprägnierung der NP- und RP-Platten mit Natriumperchlorat und anschließende Aktivierung bei 160 °C als unverzichtbar. Über Durchtränken der stationären Phase mit einer
methanolischen NaClO4-Lösung und Trocknen in vertikaler Position wird dabei eine
gleichmäßige Beschichtung gewährleistet. Erfolglos war jedoch der Einsatz von
NaClO4-haltigem Fließmittel auf Platten ohne Imprägnierung, zumal dieses Salz in
apolaren Solventien ohnehin kaum löslich ist. Qualitativ gute Resultate für die RP-Phase ermöglichte die angegebene Mischung aus 1,4-Dioxan, Ethanol und Methanol mit
Einstellung der Rf-Werte durch H2O-Zusatz, wobei im Zuge der PRISMA-Optimierung
folgende Lösungsmittel in die zweite Wahl kamen: Aceton, Acetonitril, Dimethylformamid, Methoxyethanol, Tetrahydrofuran.
Als Hauptparameter für die Trennleistung von DC-Systemen bei gegebener stationärer und mobiler Phase gelten: Kammersättigung > Größe der Auftragungszone > RfWerte (siehe Abschnitt I 1.3.2). Speziell bei Verwendung leichtflüchtiger Solventien wie
I
Ergebnisse
68
a
b
4‘
3‘
2‘
4
1‘
3
2
1
Kieselgel 60 / NaClO4 / CH2Cl2:MeOH [13:1] v/
v:
Kieselgel 60 RP-18 / NaClO4 / 1,4-Dioxan:
EtOH:MeOH:H2O [1:18:1:30] v/v:
1 6,8,12,13-Tetradehydro-6,73-secoF430Me5 (= F560Me5-Pink)
2 F430Me5
3 12,13-Didehydro-F430Me5 (= F560Me5)
4 12,13-Di-epi-F430Me5 + 13-epi-F430Me5
1‘ 6,8,12,13-Tetradehydro-6,73seco-F430 (= F560-Pink)
2‘ 12,13-Didehydro-F430 (= F560)
3‘ F430
4‘ 19,20-Didehydro-F430 (= F340)
c
2‘‘
1‘‘
Kieselgel 60 / NaClO4 / n-BuOH:HAc:H2O
[4:1:1] v/v:
1‘‘
2‘‘
12,13-Didehydro-F430 (= F560)
F430
Abb. I-15. Präparative Dünnschichtchromatographie: a) pHPTLC von 1 µmol F430-Pentamethylester-Rohprodukt; b) pTLC von 0.1 µmol F430-Rohfraktion; c) pHPTLC von 0.5 µmol F430-Rohfraktion.
I
Ergebnisse
69
DCM wird eine gute Kammersättigung dadurch gewährleistet, daß das Fließpapier bis
auf einen schmalen Sichtstreifen alle vier Innenseiten der DC-Kammer auskleidet und
der Glasschliffdeckel so dicht wie möglich aufliegt. Optimal scharfe Auftragungszonen
gewährleisten die Linomat-Geräte (Hersteller: CAMAG), welche mittels verjüngten
Spezialspritzen eine strichförmige und schonende Applikation konzentrierter Substanzlösungen im Stickstoff-Strom ermöglichen.
Für die in Abbildung I-15 gezeigten Dünnschichtchromatogramme wurden folgende
Retentionsfaktoren ermittelt: Rfa (1 / 2 / 3 / 4) = 0.14 / 0.33 / 0.37 / 0.45; Rfb (1‘ / 2‘ /
3‘ / 4‘) = 0.56 / 0.74 / 0.79 / 0.84; Rfc (1‘‘ / 2‘‘) = 0.15 / 0.21. Nach Auskratzen der Substanzzonen, Desorption der Einzelkomponenten und Entsalzen der Eluate lag
F430Me5 (pTLC) in einer Reinheit von ≥ 97 % (HPLC) vor, mit ≈ 1.2 % F340Me5 und
< 0.4 % F560Me5. Die anderen beschriebenen DC-Systeme führten zu ähnlichen Reinheitsgraden, wobei F340 bislang nur über Kieselgel 60 RP-18 quantitativ abgetrennt
werden konnte. Entsprechende Versuche mit dem pentamethylierten Rohisolat Nr. 2
an Kieselgel 60 / NaClO4 / DCM:MeOH [13:1] zeigten klar die Ausbildung zweier Bandenzonen für F430Me5 + Derivate sowie für 172-MeS-F430Me5 + Derivate. Die notwendigen Optimierungsschritte wurden aber aufgrund der geringen Menge an verfügbarem Rohisolat zugunsten einer HPLC-Methode zurückgestellt, zumal Letztere eine
schonendere Isolierung der oxidationsempfindlichen Ni(II)-Hydrocorphinoide garantiert. Zur Aufreinigung von (172S)-172-MeS-F430Me5 sowie von (172R)-172-MeSF430Me5 an sich erwies sich dieses DC-System hingegen als optimal (siehe Abb. I-22).
Zur präparativen Gewinnung von HPLC-reinem F430 sowie dessen Derivaten in
Säure- wie Esterform eignet sich ideal die Phase Chromolith® SemiPrep RP-18e, deren
Trennleistung fast auf dem Niveau der entsprechenden analytischen Säule Chromolith® Performance RP-18e liegt und welche es möglich macht, pro Zyklus 100 µL einer
10mM-Lösung von F430-Chromophor aufzutragen. Abbildung I-16 verdeutlicht, daß
das HPLC-Verfahren praktisch reine (≥ 99 %) Ni(II)-Hydrocorphinoide mit den charakteristischen UV/VIS-Absorptionsbanden liefert und daß im Gegensatz zur präparativen
Dünnschichtchromatographie keine Verunreinigung durch F340 beziehungsweise
dessen Pentamethylester mehr zu befürchten ist. Um einerseits eine ausreichende Retention zu gewährleisten, gleichzeitig aber eine oxidative Zersetzung in alkalischem Milieu zu vermeiden, müssen die Pentasäuren vollständig dissoziiert bei pH 5.8 in
Pufferlösung aufgetragen werden, die Pentaester jedoch in MeCN:H2O-Gemischen mit
I
Ergebnisse
70
a
2
3
1
4
t/min
b
0.25
0.20
0.15
A
F430
19,20-Didehydro-F430 (= F340)
12,13-Didehydro-F430 (= F560)
12,13-Di-epi-F430
0.10
0.05
0.00
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
O/nm
Abb. I-16. a) Auftrennung von F430-Rohfraktion mit Chromolith® SemiPrep / 0.1 M NaClO4 in
HClO4 (pH 2.3) / MeCN: F340 (1), F430 (2), F560 (3), 12,13-Di-epi-F430 (4); b) UV/VIS-Spektren der
HPLC-Eluate in MeCN:H2O [20:80] v/v.
I
Ergebnisse
71
≤ 30 Vol.% MeCN. Im Eluenten reicht für Erstere die Ionenstärke von verdünnter HClO4
(pH 2.3) aus, eventuell ergänzt durch 0.1 M NaClO4, für Letztere 0.1 M NaClO4 ohne
Säurezusatz. Um das starke Grundrauschen der Basislinie bei Anwendung eines
MeCN-Gradienten zu unterdrücken, empfielt sich die Installation einer GradientenHochdruckmischkammer.
Für die hydrocorphinoiden Pentasäuren gelingt eine Aufreinigung in dieser Qualität
auch über Hypercarb®, wiederum in gepufferter Auftragelösung und mit verdünnter
HClO4 im Elutionsmittel. Da diese Phase bislang nur im analytischen Maßstab erhältlich ist, liegt bei 1 µmol F430-Rohfraktion pro Zyklus bereits deutliche Überladung der
Säule vor. Außerdem verträgt sich die Oberfläche aus graphitisiertem Kohlenstoff sehr
schlecht mit Alkyl-haltigen Puffersalzen und läßt in der Trennleistung für lipophile Verbindungen wie F430Me5 zu wünschen übrig. Als obere Beladungsgrenze für Pentasäuren wurde 200 nmol und für Pentaester 20 nmol pro Durchgang ermittelt. Den
Chromolith®-Sorbentien ist ferner auch aufgrund des geringen Gegendrucks der Vorzug zu geben, da sie sich bei einer Flußrate von ≥ 5 mL min−1 sehr zeitsparend regenerieren lassen. Überdies konnten mit keiner der sonstigen getesteten Säulentypen
(Nucleosil® 100-5 C18 AB; Nucleodur® C18 Pyramid 5 µm) derart gute und reproduzierbare Trennresultate an Hydrocorphinen erzielt werden. Durch Entsalzen der Eluate
über H+-tolerante SPE-HLB-Kartuschen im Anschluß lassen sich F430-Säuren wie
Ester einfach in Festform gewinnen, während Perchlorsäure ein hochsiedendes Azeotrop mit Wasser bildet und somit nicht am Lyophilisator abgezogen werden kann.
2.2
Derivatisierung der Cofaktoren
Damit der Verlust von F430 durch Oxidation oder Epimerisierung bei erschöpfender
Methylierung des Hydrocorphins so gering wie möglich ausfällt, läßt man den Ansatz
idealerweise über mehrere Tage in vakuumdichten Glasampullen bei 4 °C laufen, wobei die Methylierungsmischung aus einer 100mM-Lösung von H2SO4 in MeOH besteht,
welcher nach kompletter Auflösung des F430 (c ≈ 5 mM) noch Orthoameisensäuretrimethylester beigegeben wird, bis dessen Volumen rund ein Drittel des Ansatzvolumens ausmacht. Dieses Reagenz gestaltet die Veresterung praktisch irreversibel, da
es durch das freigesetzte Wasser quantitativ zu Ameisensäuremethylester und Metha-
I
Ergebnisse
72
nol hydrolysiert wird. Durch Zusatz von Orthoameisensäuretriethylester erhält man ein
Gemisch verschiedener Methyl-Ethyl-Ester, angefangen von F430Me5 bis zu F430Et5,
welche sich gut als Eichsubstanzen für die MS-Analyse von Ni-Hydrocorphinen eignen. Liegen jedoch stark verdünnte Lösungen (c << 1 mM) von F430 oder von dessen
Mono- bis Tetraalkylestern in MeOH vor, so wird besser auf dieses Reagenz verzichtet,
da starke Säuren in absolut wasserfreien Medien nach kurzer Zeit den F430-Chromophor zerstören. Besonderes Interesse verdient auch die Beobachtung, daß sich die
Pentaalkylester von F430 und Derivaten zwar nur wenig in wäßrigen Phasen lösen, die
entsprechenden Mono- bis Tetraalkylester jedoch in CH2Cl2 de facto unlöslich sind,
was eine einfache Abtrennung von Hydrocorphin-Estern verschiedener Alkylierungsgrade ermöglicht. Umgekehrt gelang es jedoch nicht, F430-Pentacarbonsäuren mit
überschüssigem Hexadecyltrimethylammoniumhydroxid oder Methyltrioctylammoniumchlorid in DCM zu überführen.
In Abbildung I-17 a werden die UV/VIS-Spektren von pTLC-reinem F430Me5 in verschiedenen organischen Lösungsmitteln verglichen. Deutlich erkennt man an der Breite beziehungsweise Lage der Absorptionsbanden, daß sich MeOH und THF wenig
eignen, um Verunreinigungen durch F340Me5 eindeutig festzustellen, wohingegen
dies in DCM sowie 2,2,2-Trifluorethanol leicht gelingt. Letzteres ist als polar-protisches, wenngleich wenig nucleophiles Lösungsmittel für die Pentacarbonsäuren und
Pentaalkylester von F430 und Derivaten sehr zu empfehlen, da es den Ni(II)-Komplex
in diamagnetischem Zustand hält, aber im Gegesatz zu DCM leicht dosierbar ist. Ferner schützt dessen Acidität (pKa 12.4) die Ester vor basenkatalysierter Oxidation durch
Luftsauerstoff. Zudem können H2O-Reste beim Einengen von F430-haltigen Lösungen
bequem mit 2,2,2-TFE ebenso wie mit EtOH azeotrop entfernt werden (vgl. Smith et
al., 1981: 1121).
Durch Einwirkung starker Säuren auf F430 in wasserfreien Lösungsmitteln kann es
zu einem sogenannten Säureshift mit starker Farbaufhellung infolge Unterbrechung
des chromophoren π-Systems kommen, wie Abbildung I-17 b für 70 mM Methansulfonsäure in CH2Cl2 demonstriert. Die Absorptionsmaxima werden hierbei hypsochrom verschoben (432 nm → 378 nm; 274 nm → 229 nm), wobei Ausschütteln gegen H2O für
die Demethylierungsprodukte in der wäßrigen Phase das ursprüngliche UV/VIS-Spektrum regeneriert. Mit 70 mM wasserfreier Ameisensäure in DCM läßt sich dieser Effekt
nicht erzeugen.
I
Ergebnisse
a
73
0.6
0.5
A
0.4
F430Me5 in MeOH
F430Me5 in CH2Cl2
F430Me5 in TFE
F430Me5 in THF
0.3
0.2
0.1
0.0
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
O/nm
b
0.7
0.6
0.5
0.4
A
F430Me5 in CH2Cl2
F430Me5 in CH2Cl2 / 70 mM MSA
0.3
0.2
0.1
0.0
225
275
325
375
425
475
525
575
625
675
O/nm
Abb. I-17. UV/VIS-Spektren: a) pTLC-reiner F430-Pentamethylester in organischen Lösungsmitteln; b) Säureshift von pTLC-reinem F430-Pentamethylester durch Methansulfonsäure (MSA).
Der inerte Charakter der verwendeten Pipettierhilfen (Kolbenhubpipetten / Gastight®
Syringes) gegenüber organischen und insbesondere halogenierten Lösungsmitteln
wurde in mehrtägigen Tests bei Raumtemperatur sichergestellt.
I
Ergebnisse
2.3
74
Chromatographische Aufarbeitung der Rohextrakte
Vor Beginn der eigentlichen Auftrennung mußten die Rohextrakte aus mikrobiellen
Assoziaten sorgfältig entsalzt werden, da die Rückstände von Puffersubstanzen in Gegenwart höherer Säurekonzentrationen unter Wasserausschluß zu einer raschen
Zerstörung des F430-Chromophors führen, wie dies für Rohisolat Nr. 1 (ntot =
0.47 µmol) zutraf (siehe Abb. I-18). Nach erschöpfender Methylierung der Hälfte von
Rohisolat Nr. 2 gelang es, das Estergemisch im analytischen Maßstab quantitativ aufzutrennen (Chromolith® Performance RP-18e), was schließlich rund 80 nmol der
Hauptkomponente F im Massenbereich m/z 1021 lieferte (siehe Abb. I-19 a). Dies
reichte gerade aus, die Konstitution der neuartigen F430-Variante NMR-spektroskopisch zu bestimmen, wobei die Paramagnetismus-induzierte Linienverbreiterung durch
Zusatz von 2,2,2-TFE weitgehend unterdrückt werden konnte. Auf dieser Basis erwies
es sich als vorteilhaft, Rohisolat Nr. 4 unter milderen Reaktionsbedingungen zu methylieren und das entstandene Estergemisch mit einer inzwischen kommerziell erhältlichen semipräparativen Phase (Chromolith® SemiPrep RP-18e) in größerem Maßstab
aufzuarbeiten, um von den beiden Hauptkomponenten D und F mit m/z 1021 je etwa
600 nmol zu erhalten (siehe Abb. I-19 b). Dies genügte, um auch die Konfiguration der
am zusätzlichen Stereozentrum 172 epimeren Moleküle der F430-Variante festzulegen. Entscheidend war hier nicht zuletzt die Tatsache, daß die Trennleistung beim
Übergang von der analytischen zur semipräparativen Säule kaum abnimmt, wenngleich die Komponenten E und F über Chromolith® SemiPrep nicht mehr basisliniengetrennt aufgelöst werden konnten. Die Differenzen für die Gesamtretentionszeiten tR(G)
− tR(A) bewegten sich dabei je nach Chromatogramm zwischen 4.7 min und 5.9 min.
Da einerseits die Chromolith®-Säule praktisch dieselben Retentionszeiten für F430
und (172S)-172-MeS-F430 aufweist und andererseits die Hypercarb®-Phase im analytischen Maßstab bei 200 nmol F430-Gesamtchromophor pro Zyklus die Komponenten
(172S)-172-MeS-F430 und 12,13-Di-epi-F430 nur unzureichend trennt, wurde das unveresterte Rohisolat Nr. 3 durch die sukzessive Anwendung beider Säulen aufgereinigt. So erwies es sich als erfolgreich, mittels Chromolith® SemiPrep F430 + (172S)172-MeS-F430 zu separieren und diese Einzelsubstanzen im Anschluß daran über Hypercarb® rein darzustellen (siehe Abb. I-20 b). Die Korrelation zwischen den Pentamethylestern und Pentacarbonsäuren der 172-MeS-Epimeren erfolgte über schonende
Hydrolyse
Konstitution von F:
172-MeS-F430Me5;
Konfiguration in 172 identisch mit
Komponente F von F430X4Me5
NMR-Analyse von Komponente
F (m/z 1021; 80 nmol) in
CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v
HPLC-Aufreinigung der EsterRohprodukte über Chromolith®
Performance RP-18e:
6 Hauptbestandteile
thermodynamisch bevorzugtes
Epimer:
(172R)-172-MeS-F430
(Isolierungsartefakt)
Äquilibrierung
Konstitution und Konfiguration
von B:
(172S)-172-MeS-F430
(natives F430-MeS-Derivat)
NMR-Analyse von Komponente
B (m/z 951; 560 nmol) in TFE-d3
HPLC-Aufreinigung der SäureRohprodukte über Chromolith®
Semiprep RP-18e und Hypercarb® 5 µm
Hydrolyse
Hydrolyse
Konstitution und Konfiguration
von
D: (172S)-172-MeS-F430Me5
F: (172R)-172-MeS-F430Me5
NMR-Analyse der Komponenten D und F (m/z 1021; je 600
nmol) in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20]
v/v
Ergebnisse
Abb. I-18. Übersicht zur Analytik der Rohisolate Nr. 1-4: chromatographische Aufarbeitung und NMR-spektroskopische Korrelation von Pentamethylestern und Pentacarbonsäuren.
keine weiteren
Untersuchungen möglich
starke Signalverbreiterung durch
paramagnetische Ni(II)-F430Derivate; Zerstörung von m/z
951 nach 2 d bei Raumtemperatur
Veresterung bei 50 °C / 3 h
Veresterung bei 40 °C / 3.5 h
Nach Entsalzung NMR-Analyse
der Rohmischung in TFE-d3:
3 Hauptkomponenten
NMR-Analyse von 0.60 µmol
der Rohmischung auf Pentacarbonsäure- und Pentamethylester-Stufe
NMR-Analyse ohne Entsalzung /
Aufreinigung in TFE-d3 und TFEd3 + 5 % TFA (v/v)
HPLC-Aufreinigung der EsterRohprodukte über Chromolith®
Semiprep RP-18e:
6 Hauptbestandteile
Nr. 4
4.44 µmol
Nr. 3
2.47 µmol
Nr. 2
1.20 µmol
Nr. 1
0.47 µmol
Rohisolate aus mikrobiellen Assoziaten im Schwarzen Meer
I
75
I
Ergebnisse
76
a
b
A
F
A
B
C
D
E
F
G
A
B
F430Me5
12,13-Di-epi-F430Me5
13-epi-F430Me5
(172S)-172-MeS-F430Me5
(172R)-172-MeS-F560Me5
(172R)-172-MeS-F430Me5
12,13-Di-epi-172-MeSF430Me5 + 13-epi-172-MeSF430Me5
D
D
C
F
G
B
E
C
E
t
G
t
Abb. I-19. Analytische HPLC auf Chromolith® Performance RP-18e / 0.1 M NaClO4 in H2O / MeCN:
a) Rohisolat Nr. 2 -Pentamethylester; b) Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester.
Hydrolyse der Ester in 20 % H2SO4 und Koinjektion auf Säurestufe sowie durch Vergleich der NMR-Spektren.
Aus Abbildung I-19 läßt sich unmittelbar entnehmen, daß der Anteil der MeS-Variante (rot) relativ zu F430 und seinen Derivaten (blau) im pentamethylierten Rohisolat
Nr. 2 deutlich höher ausfällt als im entsprechenden Gemisch Nr. 4. Vergleicht man die
Verhältnisse der 172-Epimere D und F zueinander, so beträgt dies 16 % D + 84 % F
(Nr. 2) beziehungsweise 55 % D + 45 % F (Nr. 4), wobei die Methylierung für Rohisolat
Nr. 4 unter schonenderen Bedingungen (40 °C / 3.5 h anstelle von 50 °C / 3 h) stattfand. Eine Kaltmethylierung von Rohisolat Nr. 2 (MeOH / 70 mM H2SO4 / 4 °C / 6 d)
lieferte vergleichsweise 32 % D + 68 % F, so daß in methanolischer Lösung der Temperaturfaktor eine entscheidende Rolle spielt. Allerdings ist zu beachten, daß sich bereits die Rohisolate markant in ihrer Zusammensetzung unterschieden. Wie Abbildung
I-20 verdeutlicht, konnten deren Hauptkomponenten nach Auftrennung über Hypercarb® in perchlorsaurer Lösung wie folgt quantifiziert werden:
I
Ergebnisse
77
Chromolith® RP-18e
a
Hypercarb® 5 µm
1+2
2
1
4
3
3
4
b
1
1+2
2
3
3
4
4
c
1+2
1
2 3
3
4
4
t
t
Abb. I-20. Analytische HPLC der Rohisolate Nr. 2 (a), Nr. 3 (b) und Nr. 4 (c) auf Chromolith® Performance RP-18e / HClO4 in H2O (pH 2.3) / MeCN und Hypercarb® 5 µm / HClO4 in H2O (pH 1.0) /
MeCN: F430 (1), (172S)-172-MeS-F430 (2), 12,13-Di-epi-F430 (3), (172R)-172-MeS-F430 (4).
I
Ergebnisse
78
♦ Rohisolat Nr. 2: 23 % F430 + 25 % (172S)-172-MeS-F430 + 23 % 12,13-Di-epiF430 + 29 % (172R)-172-MeS-F430
(ntot = 1.20 µmol)
♦ Rohisolat Nr. 3: 47 % F430 + 38 % (172S)-172-MeS-F430 + 11 % 12,13-Di-epiF430 + 4 % (172R)-172-MeS-F430
(ntot = 2.47 µmol)
♦ Rohisolat Nr. 4: 57 % F430 + 19 % (172S)-172-MeS-F430 + 17 % 12,13-Di-epiF430 + 7 % (172R)-172-MeS-F430
(ntot = 4.44 µmol)
Für die Komponenten 1-4 (Pentacarbonsäuren) lagen die ∆tR-Werte zwischen dem
letzten (4) und dem ersten (1+2 / 1) Signal im Bereich von 2.1-2.5 min (Chromolith®)
und von 24.2-34.5 min (Hypercarb®).
2.4
Spektroskopische und spektrometrische Charakterisierung
2.4.1 UV/VIS, CD
Vergleicht man die Absorptionsspektren der aufgereinigten Einzelkomponenten A-G
aus dem pentamethylierten Rohisolat Nr. 4 (siehe Abb. I-19 b), so zeigt die Überlagerung der Extinktionskurven von F430Me5 und seinen epimeren MeS-Varianten (Substanzen A, D, F) einerseits sowie von 12,13-Di-epi-F430Me5 + 13-epi-F430Me5 und
dessen MeS-Derivaten (Substanzen B/C, G) andererseits klar an, daß der Methylsulfanyl-Substituent die π → π*-Übergänge des Chromophors in keinster Weise beeinflußt
(siehe Abb. I-21 a, b). Erwartungsgemäß gilt dasselbe auch auf der Stufe der Pentacarbonsäuren (siehe Abb. I-21 c). Der molare Extinktionskoeffizient von 22000 M−1
cm−1 für die charakteristische Bande um 430 nm liegt zwar für ein Porphyrinoid vergleichsweise niedrig, bildete aber dennoch die Voraussetzung für HPLC-Optimierungsschritte auf der Basis von wenigen Nanomol Substanz. Speziell zur Identifizierung der Komponenten E und G waren deren UV/VIS-Spektren von entscheidender
Bedeutung, da die isolierten Mengen für eine ausführliche NMR-Analyse bei weitem
nicht ausreichten. Die Absorptionsbanden für die entsprechenden F560Me5- und 6,73seco-Derivate der MeS-Epimeren zeigten ebenso keine Abweichungen vom erwarteten Absorptionsverlauf (siehe Abb. I-16, I-22).
I
Ergebnisse
79
a
0.8
0.7
0.6
A
0.5
F430Me5
(172S)-172-MeS-F430Me5
(172R)-172-MeS-F430Me5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
O/nm
b
0.9
0.8
0.7
0.6
12,13-Di-epi-F430Me5 + 13-epiF430Me5
A
0.5
12,13-Di-epi-172-MeS-F430Me5 +
13-epi-172-MeS-F430Me5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
O/nm
c
1.0
0.9
0.8
0.7
A
0.6
F430
(172S)-172-MeS-F430
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
O/nm
Abb. I-21. UV/VIS-Spektren: a)-b) HPLC-reine Komponenten aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester in MeOH; c) HPLC-reine Komponenten aus Rohisolat Nr. 3 - Pentacarbonsäuren in MeOH.
I
Ergebnisse
a
80
0.25
0.20
(172S)-172-MeS-F430Me5
0.15
A
(172S)-12,13-Didehydro-172-MeSF430Me5
(172S)-6,8,12,13-Tetradehydro-172MeS-6,73-seco-F430Me5
0.10
0.05
0.00
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
O/nm
b
0.16
0.14
0.12
0.10
A
(172R)-172-MeS-F430Me5
(172R)-12,13-Didehydro-172-MeSF430Me5
(172R)-6,8,12,13-Tetradehydro-172MeS-6,73-seco-F430Me5
0.08
0.06
0.04
0.02
0.00
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
O/nm
Abb. I-22. UV/VIS-Spektren: pHPTLC-gereinigte Komponenten aus teiloxidierten Pentamethylestern von (172S)-172-MeS-F430 (a) sowie (172R)-172-MeS-F430 (b) in MeOH.
Beim Zirkulardichroismus wird die Lichtabsorption von zirkular polarisiertem Licht
durch optisch aktive Substanzen in Abhängigkeit von der Wellenlänge betrachtet. Das
Maximum beziehungsweise Minimum des CD fällt mit dem Maximum der UV/VIS-Absorptionsbande(n) und dem Nulldurchgang der ORD-Kurve zusammen. Man unterscheidet Verbindungen mit einem chiralen (∆ε > 10) oder mit einem achiralen (∆ε < 10)
Chromophor, wobei Letzterer in einer dissymmetrischen Umgebung liegt, wie dies bei
Cofaktor F430 und seiner MeS-Variante der Fall ist (vgl. Rücker et al., 2001: 56-64).
Zur Auswertung von CD-Spektren wird die Absorption A beziehungsweise der molare
I
Ergebnisse
81
a
35
25
/10-3 Grad
15
F430Me5
(172S)-172-MeS-F430Me5
(172R)-172-MeS-F430Me5
5
-5
-15
-25
230
280
330
380
430
480
530
580
/nm
b
30
/10-3 Grad
20
F430
(172S)-172-MeS-F430
10
0
-10
230
280
330
380
430
480
530
580
/nm
Abb. I-23. CD-Spektren: a) HPLC-Isolate aus Rohfraktion Nr. 4 - Pentamethylester in CH2Cl2; b)
HPLC-Isolate aus Rohfraktion Nr. 3 - Pentacarbonsäuren in MeOH.
Absorptionskoeffizient ε gegen die Wellenlänge aufgetragen, meistens jedoch der molare differenzchroitische Absorptionskoeffizient ∆ε oder die Elliptizität Θ (siehe Abb. I23). Zeigt eine Substanz Zirkulardichroismus, so überlagert im Wellenlängenbereich
der Absorptionsbande eine S-förmige Kurve die schlichte Kurve der Optischen Rotationsdispersion, was zu einem anomalen ORD-Graphen mit Gipfel und Tal führt. Liegen
I
Ergebnisse
82
die Maxima im längerwelligen Bereich als die Minima, spricht man von einem positiven,
umgekehrt entsprechend von einem negativen Cotton-Effekt.
Die weitestgehende Übereinstimmung im CD-Spektrum von F430 und seiner MeSVariante auf Säure- wie Esterstufe spricht eindeutig dafür, daß das Methylsulfanyl-Derivat dieselbe absolute Konfiguration in den Ringen A, B und C des Hydrocorphins besitzt (siehe Abb. I-9).
2.4.2 MALDI-TOF-/-ICR-MS
Zur Identifizierung von Cofaktor F430 und seiner MeS-Variante in Säure- wie EsterForm samt deren Oxidations-, Epimerisierungs- und Umlagerungsprodukten hat sich
die MALDI-TOF-Massenspektrometrie mit den Matrizes 4-CCA (hydrophiler Bereich)
sowie DCTB (lipophile Proben) bestens bewährt, wobei allerdings nach Derivatisierung
der Pentacarbonsäuren zu einem Pentacarbonitril oder einem Pentakis-Dimethylcarboxamid keine Molekularpeaks (M+) mehr erhalten werden konnten. Durch TandemMassenspektrometrie (MS/MS) gelang es, die Abspaltung eines CH2S-Fragmentes
aus der F430-Variante und damit deren formale Konversion zu F430 definitiv nachzuweisen. Verzichtet man auf den Reflotron-Modus und verwendet obendrein 3-CCA als
Matrix, so läßt sich diese Fragmentierung auf unter 10 % drücken, wenngleich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis mit verringertem Energietransfer stark absinkt. Nach Ansäuern der 4-CCA-Matrix durch 0.1 M HClO4 erschienen die m/z-Werte von Säuren
und Estern jeweils um 1 Da in den höheren Massenbereich verschoben, was möglicherweise auf die Entstehung einer Ni(III)-Hydrid-Spezies aus Ni(II) + H• hinweist (siehe Kapitel I 1.4.2) (vgl. Harmer et al., 2008).
Um einerseits die Fragmentierungsmuster von F430 und seiner MeS-Variante zu
vergleichen sowie andererseits die Massendifferenz zwischen beiden Hydrocorphinen
möglichst exakt zu bestimmen, waren hochauflösende ICR-MS-Verfahren nötig. Zunächst zeigte sich klar, daß diese in den Rohisolaten gemischt vorliegenden Hydrocorphine Molekülfragmente derselben Größe abspalten, so beispielsweise m/z 17 (NH3).
Nach wie vor rätselhaft ist aber die Konstitution großer Molekülbruchstücke mit m/z
117-131, welche weder Ni(II) noch Carboxyl-Seitenketten enthalten. Immerhin folgt
daraus, daß das CH2S-Fragment nicht mit einer der fünf Seitenketten assoziiert sein
I
Ergebnisse
83
F430Me5
∆MW = 45.99014
F430
F430-Variante
Abb. I-24. MALDI-ICR-MS (positiver Modus, 4-CCA-Matrix): 2-Punkte-Eichung mit einem Gemisch
aus Rohisolat Nr. 2 und F430-Pentamethylester.
kann. Es erwies sich als erfolgreich, Rohisolat Nr. 2 in 4-CCA-Matrix mit F430Me5 zu
versetzen und die genau bekannten Molekülmassen dieses Pentaesters sowie des
schon enthaltenen F430 für eine 2-Punkte-Eichung zu verwenden (siehe Abb. I-24).
Das charakteristische MS-Muster von F430 und seinen Derivaten beruht auf einer
Überlagerung des Ni-Isotopenmusters mit den C-12/C-13-Signalen (siehe Abschnitt I
1.2.2). Unter einschränkenden Annahmen und chemischen Erwägungen (Addition/Elimination? / radikalische Bruchstücke?) entspricht der berechnete ∆MW-Wert von
45.99014 ± 0.003 am ehesten einem Fragment der Elementarformel CH2S (siehe Tab.
I-4).
Löst man F430-Pentacarbonsäure in 2,2,2-Trifluorethanol-d3, so kann bei Raumtemperatur und der vorherrschenden H+-Konzentration (pKa 12.4) maximal eine Nonadeuterierung des Moleküls (F430-d9) eintreten: −COOL (5×), −C(O)−NL2, −C(O)−NL−,
R3C(13)−L. Ein H-/D-Austausch in Position 10 würde wesentlich höhere Säurestärken
(pKa < 0) erfordern. Das entsprechende Experiment mit Rohisolat Nr. 3 in 2,2,2-TFEd3 zeigte anhand der zugesetzten Eichsubstanz PEG 1000 eindeutig dasselbe Deuterierungsmuster für m/z 905 und 951, so daß das 46-Da-Fragment nur als anacider Methylsulfanyl-Rest (−SCH3), nicht aber als Thiomethyl-Gruppe (−CH2SH) vorliegen kann.
2
2
2
6
53 44 4 16 0 1 951 20.0
53 42 8 12 1 1 951 20.0
53 42 8 10 2 1 951 20.0
57 45 4 11 2 1 951 19.0
3
0
0
2
1
1
2
2
1
3
2 2
2
2
0
3
2
1
0
2
0
0
0
0
4
2
1
0
N2O2
O3
O
N2
0
CO4
CH2
C2H2
0
minus
C3H6S2
H2N2S2
H2N2S
C2H2O3
CH2S
H2N4S2
N2O2
N4O
0
plus
0.00142
45.99014
¨MW
dihydro
0
0
0
0
0
0.00498
0.00894
0.00882
F430-Variante
F430-Variante
F430-Variante
F430-Variante
F430-Variante
0.00242
0.00411
F430-Variante
F430-Variante
F430-Variante
F430
Komponente
0.00229
didehydro 0.00981
didehydro
0
¨DBP
Ergebnisse
i Eichung mit 2 bekannten Molekulargewichten (m/z):
F430
C42H51N6NiO13
905.28621
F430Me5
C47H61N6NiO13
975.36446
o gemessener Quotient m/z für die F430-Variante: 951.27634
i Annahmen:
- Anzahl an Doppelbindungen/Ringen der F430-Variante = Anzahl an Doppelbindungen/Ringen von F430 ± 0-3
- Summenformel der F430-Variante: 35 ” C ” 50; 40 ” H ” 70; 4 ” N ” 10; 9 ” O ” 18; 0 ” S ” 2; Ni = 1
i Maximal tolerierte Abweichung für die RAM-Eichung: ± 102
Geschätzter Messfehler innerhalb der Eichreihe: ± 3-5•103
2
53 43 6 13 1 1 951 20.0
4
1
2
2
49 41 8 15 0 1 951 21.0 2 1
2 1 951 20.0
4
49 40 10 14 0 1 951 21.0 2 2
53 41 10 9
0
0
0
51 42 6 13 0 1 905 20.0
H C N O S Ni MW DBP ¨H ¨C ¨N ¨O ¨S
Tab. I-4. Berechnung der optimalen Summenformel für das Fragment entsprechend der Massendifferenz zwischen F430 und dessen Variante.
I
84
I
Ergebnisse
85
2.4.3 LA-ICP-SF-MS
Freilich ermöglicht die NMR-Spektroskopie, Methylsulfanyl-Gruppen anhand der 1HTieffeld-Verschiebung sowie der
13
C-Hochfeld-Verschiebung (Schweratom-Effekt) in-
direkt nachzuweisen und über heteronucleare Kopplungen die Konnektivität zum Molekülgerüst aufzuzeigen. Da das Element Schwefel in der Natur jedoch nur zu 0.75 %
aus dem NMR-aktiven Nuklid S-33 (Kernspin 3/2) besteht, mußten alternative Techniken herangezogen werden, um den S-Gehalt der F430-Variante direkt qualitativ wie
quantitativ zu belegen. Leider bietet die Verbrennungsanalyse zuverlässige Ergebnisse nur für MW < 500, wobei Metalloporphyrinoide generell Schwierigkeiten verursachen. Außerdem sind hierfür Substanzmengen von > 2 mg erforderlich, also weit
oberhalb der zur Verfügung stehenden Vorräte an Reinkomponenten.
Die LA-ICP-SF-MS-Technik (Laser Ablation Inductively Coupled Plasma Sector
Field Mass Spectrometry) erlaubt die Ultraspurenanalytik an Festkörpern im sub-ppmBereich und erfaßt rund 80 % aller chemischen Elemente, wobei sich die Massenver-
a
b
3 cm
Abb. I-25. LA-ICP-MS-Systeme: a) technische Anordnung (verändert nach Hattendorf et al., 2003:
342 A); b) Auftragezonen von Rohisolat Nr. 2 - Pentamethylester auf SUPRASIL® Quarzglas.
I
Ergebnisse
86
hältnisse der detektierten Atome exakt bestimmen lassen (siehe Kapitel I 1.4.3). Mit
Hilfe der Laser-Ablations-Methode können die benötigten Probenmengen bis hinunter
in den Mikrogramm-Bereich reduziert werden, was im vorliegenden Fall von entscheidender Bedeutung war. Konkret wurden Rohisolate und Reinsubstanzen in Mengen
von 10-100 nmol teils als Pentasäuren, teils als Pentaester auf inerte Oberflächen aus
hochreinem, synthetischem Quarzglas in gelöster Form aufgetragen und dann unter
Erwärmen eingetrocknet (siehe Abb. I-25 b). Als Schwefel-freie Kontrollprobe diente
F430Me5 aus methanogenen Archaea, und das Trägermaterial wurde auf Abwesenheit
von Ni und S überprüft. Anhand der HPLC-Integrale für Komponenten mit m/z 905 /
951 (freie Säuren) beziehungsweise m/z 975 /1021 (Pentamethylester) gelang es, die
molaren 60Ni/32S-Quotienten in den aufgetragenen Isolaten zu berechnen und mit den
LA-ICP-SF-MS-Auswertungen zu vergleichen. Tabelle I-5 zeigt eindrücklich die hohe
Korrelation zwischen diesen beiden Bestimmungsmethoden mit per se guter Reproduzierbarkeit und bestätigt eindeutig, daß die F430-Variante genau 1 mol Schwefel pro
mol Nickel enthält.
2.4.4 NMR
Vierfach koordiniertes Ni(II)F430 mit quadratisch-planarem Ligandenfeld eignet sich
als diamagnetische Spezies der Elektronenkonfiguration [Ar]3d8 (Low-Spin) für hochauflösende NMR-Methoden. Allerdings tendiert das Ni(II)-Zentrum sehr dazu, zusätzliche axiale Liganden zu paramagnetischen fünf- oder sechsfach-koordinierten HighSpin-Komplexen anzulagern, welche aufgrund des raschen Ligandenaustausches bereits in sehr geringen Konzentrationen paramagnetische Verschiebungen und starke
Linienverbreiterung im NMR induzieren. Die resultierenden kurzen T2-Relaxationszeiten machen es zudem unmöglich, 2D-Spektren wie HMBC aufzuzeichnen, welche auf
dem Kohärenztransfer über kleine skalare Kopplungen beruhen. Bislang stellt 2,2,2Trifluorethanol-d3 das einzig bekannte Lösungsmittel dar, welches ausreichende Polarität mit geringer Nucleophilie verknüpft, um F430-Pentacarbonsäuren aus Methanogenen zu solubilisieren, ohne gleichzeitig einen Übergang Low-Spin → High-Spin des
Ni(II) zu verursachen. Selbst nach mehrfacher Aufreinigung und Trocknung des verwendeten 2,2,2-TFE-d3 zeigen die NMR-Spektren für F430 eine deutliche Linienver-
C
B
D
E
G
2
3 4/5
6 7
Komponente F aus
Rohisolat Nr. 2 Pentamethylester
F
Rohisolat Nr. 3 Pentacarbonsäuren
1
Rohisolat Nr. 2 Pentamethylester
A
F
Probe
F
1
2
3-5
6,7
1021.353
905.287
951.275
905.287
951.275
A-C
975.365
D-G
1021.353
(entsprechend
Rohisolat Nr. 2)
Molekulargewicht
der
Einzelkomponenten
1.00
2.41
1.76
Molares Verhältnis Ni/S
anhand von
HPLC-Integralen
Tab. I-5. Bestimmung des molaren Ni/S-Quotienten in der F430-Variante von Protein I.
0.99 ± 9 %
(n = 4)
2.32 ± 6 %
(n = 14)
1.87 ± 10 %
(n = 7)
Molares Verhältnis Ni/S
anhand von
LA-ICP-MS-Auswertungen
(Einzelbahn-Scans)
I
Ergebnisse
87
I
Ergebnisse
88
breiterung verglichen mit den Signalen von F430-Pentamethylester in CD2Cl2 oder
CD2Cl2:TFE-d3 [4:1]. Anfängliche Versuche mit Rohisolat Nr. 1 in 2,2,2-TFE-d3 zeigten
nur breite Linien für F430 und dessen Variante, welche offensichtlich dieselbe Affinität
zu nucleophilen Liganden in axialer Position aufweist. In Analogie zur erfolgreichen
Strukturaufklärung an F430 aus methanogenen Archaea wurden die Rohisolate zuerst
erschöpfend methyliert und anschließend sowohl die chromatographische Aufreinigung als auch die NMR-Analyse schwerpunktmäßig auf der Basis der Pentamethylester durchgeführt. Während F430Me5 für Konzentrationen > 5 mM in CD2Cl2 hochaufgelöste Spektren ergab, mußten die geringen Mengen der F430-Variante (< 1 µmol) in
CD2Cl2:TFE-d3 [4:1] gemessen werden, um die Linienverbreiterung infolge verringerter
Meßtemperatur sowie durch unvermeidbare Spuren an koordinierenden Nucleophilen
zu unterdrücken. Von deren Verdrängung durch lipophile Verbindungen wie Hexadecyltrimethylammoniumperchlorat nahm man Abstand, da die Signale der Alkyl-Substituenten die Strukturaufklärung der F430-Variante behindern würden.
Obwohl die 80 nmol Reinsubstanz F aus Rohisolat Nr. 2 bereits ausreichten, um die
Konstitution der F430-Variante zu erschließen, erfolgten die wesentlichen Schritte der
Strukturaufklärung an Rohisolat Nr. 4 (siehe Abb. I-18). Konkret ließ das HPLC-Chromatogramm nach Veresterung mindestens sechs Einzelsubstanzen erkennen (siehe
Abb. I-19 b), wobei jeweils 500-600 nmol der beiden Hauptkomponenten D / F (m/z
1021) in CD2Cl2:TFE-d3 [4:1] gelöst mit Hilfe von Shigemi-Röhrchen analysiert wurden.
Die Identität der nur in geringen Mengen verfügbaren MeS-Nebenkomponenten E / G
konnte man aus UV/VIS-Spektren, MALDI-TOF-Aufnahmen sowie NMR-Analysen der
entscheidenden Molekülteile entnehmen. Die Komponenten A-C mit je m/z 975 wiederum wurden anhand von Koinjektionen mit F430Me5 und dessen jeweiligen Epimeren
zugeordnet.
Das 1D-1H-NMR-Spektrum der methylierten Komponente D zeigte fünf CH3O-Gruppen in Übereinstimmung mit m/z 1021 und als Bestätigung, daß es sich bei der F430Variante (m/z 951) ebenso wie bei F430 aus methanogenen Archaea (m/z 905) um
eine Pentacarbonsäure handelt (siehe Abb. I-26 a). Ein Singulett bei 2.16 ppm (ca. 3H,
teilweise überlappend mit anderen Signalen) mit der entsprechenden
13
C-Linie (CH3
gemäß MEd-HSQC) bei 12.9 ppm sprach für die Anwesenheit einer CH3S-Funktion
und bestätigte die Ergebnisse aus HiResMALDI-ICR-MS und LA-ICP-SF-MS (siehe
Kapitel I 2.4.2; I 2.4.3). Die Methylsulfanyl-Protonen weisen im HMBC eine Kopplung
6
5
H4
CF3CHDOD
CF3CD2OH
4
H19
H12
5 × CH3O–
3
H17
H2-20
IMP
H2-171
CH3S–
2
H5Re
H5Si
CH3-7
IMP
1
CH3-2
IMP
ppm
0
Ergebnisse
Abb. I-26. 1D-1H-NMR-Spektren: a) Komponente D aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600 MHz, CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v); b) entsprechende Pentacarbonsäure aus Rohisolat Nr. 3 (m/z 951) (600 MHz, TFE-d3).
7
H10
CHDCl2
{
b
a
I
89
I
Ergebnisse
90
über drei Bindungen hinweg zu einem Methin-Kohlenstoff bei 51.0 ppm auf, der wiederum im HSQC über eine Bindung mit einem Proton bei 3.56 ppm korreliert. Zur Lokalisierung dieser Methin-Gruppe als Träger des MeS-Substituenten innerhalb des
Hydrocorphin-Netzwerkes war es erforderlich, sämtliche 1H- und
13
C-Signale mittels
DQF-COSY, TOCSY, Multiplicity-Edited HSQC und HMBC zu analysieren. Ausgehend
von H4 und dem Spin-System H220-H19 mit ihren charakteristischen chemischen Verschiebungen gelang es, alle nicht-austauschbaren Protonen und alle Protonen-tragenden Kohlenstoffe in den Ringen A, B und C inklusive der Seitenketten zuzuweisen
(siehe Tab. I-6 und I-7). Ein Vergleich der chemischen Verschiebungen und 2D-Korrelationen von Komponente F (siehe Tab. I-8) mit den vollständig zugeordneten Spektren
für F430Me5 ergab klar, daß diese
CH3O
Regionen des hydrocorphinoiden
O
Liganden in der F430-Variante un-
O
O
H
H2N
H
H
H
H H H HN
H
H
HH
CH3
O
3
H
H
H3C
5
A
B
N
N
H
H
20
H
10
Ni
N
18
ClO4
H
OCH3
H
17
2
H
O
H
Molekülbestandteile
Position des CH3S-Substituenten
ließ sich wie folgt bestimmen (siehe
HH
13
eingefärbten
in Abbildung I-27 illustrieren. Die
C
H
O
OCH3
H
H
H
N
D
15
CH3O
8
verändert vorliegen, wie die blau
H O
H
Abb. I-28): H18 und H17 wurden
aus Kreuzpeaks im DQF-COSY zugeordnet, wobei H17 (2.86 ppm)
CH3O
O
Abb. I-27. 1D- und 2D-NMR-Studien am Pentamethylester der F430-Variante (m/z 1021).
wiederum mit zwei geminalen Protonen bei 2.48 / 1.92 ppm koppelt,
und zwar mit H171‘ beziehungswei-
se H171‘‘. Betrachtet man das Proton bei 3.56 ppm in 3JC,H-Kopplung zum MeS-Kohlenstoff, so zeigt dieses mit H171‘‘ eine große und mit H171‘ eine kleine Kopplungskonstante. Somit befindet sich der MeS-Rest in Position 172, und das Signal bei
3.56 ppm gehört zu H172. Eine Reihe von HMBC-Korrelationen bestätigte diese Partialstruktur im Cyclohexenon-Ring (siehe Abb. I-28 c und Tab. I-8), wonach beide H171Protonen einerseits deutliche Konnektivität zu C18 zeigen und andererseits zusammen
mit H172 in Korrelation zum Carbonylkohlenstoff C173 stehen, welcher durch seinen
charakteristischen Verschiebungswert von 192.4 ppm gekennzeichnet ist.
H
181
H
3.6
3.4
3.2
3.0
2.8
2.6
H
H
18
H
H
171
17
D
19
20
16
S
172
N
2.8
DQF-COSY
H
H
H
H
3.0
H19-H20
H121 -H12
173
2.4
MeOOC
H
181
H
H172 -H171’
į 1H [ppm]
O
2.6
H19-H18
H17-H171’
H
H
H
H
18
H
H
171
17
D
19
20
16
S
172
N
2.0
HMBC
H
H
2.2
H172 -H171’’
173
CH3
15
Ni
H17-H171’’
H171’ -H171’’
H82’ -H82’’
H21’ -H21’’
H8-H81’
H8-H81’’
H17-H18
CH3
15
Ni
H21’’ -H21’
O
b
c
188
190
192
194
55
50
45
40
35
30
50
40
30
20
10
4.0
4.0
C173 -H172
3.5
3.0
3.0
2.5
1.5
C5-H5’’
į 1H [ppm]
2.5
C173 -H171’
2.0
C173 -H171’’
1.5
C172 -H171’ C172 -CH3S C172 -H171’’
C17-H171’’
C18-H171’’
2.0
C5-H5’
C171 -H171’’
C71 -H71’’
C17-H2181
C18-H2181
į 1H [ppm]
C17-H17
C171 -H171’
C21 -H21’’
C71 -H71’
C3-H3
C18-H18
C18-H220
C1-H220
C171 -H172
3.5
C13-H13
C172 -H172
C12-H12
C21 -H21’
C121 -H2121
C181 -H2181
C132 -H132’’
C131 -H131’ C131 -H131’’
C132 -H132’ C32 -H232
C81 -H81’ C81 -H81’’
C82 -H82’ C82 -H82’’
C20-H220
CH3C7-CH3C7
1.0
m
1.0
CH3C2-CH3C2
C31 -H31’ C31 -H31’’
m
CH3SC172 -CH3SC172
Ergebnisse
Abb. I-28. Entscheidende 2D-NMR-Ausschnitte und -Korrelationen für Komponente D aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600/150 MHz;
CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) DQF-COSY; b) MEd-HSQC; c) HMBC.
MeOOC
į 1H [ppm]
a
į 13C [ppm]
į 13C [ppm]
I
91
I
Ergebnisse
92
Die Zuordnungen für Komponente F des methylierten Rohisolates Nr. 4 erfolgten auf
der Basis derselben Arten von NMR-Spektren wie für Komponente D (siehe Tab. I-6, I7, I-9). Wiederum sind die Signale für alle Protonen und Protonen-tragenden Kohlenstoffe in den Ringen A-C mit ihren Seitenketten fast unverändert zu F430Me5 aus Methanogenen sowie Komponente D. Hinsichtlich dieses Isomeren der F430-Variante
treten die markantesten Differenzen in den chemischen Verschiebungen für die Protonen und Kohlenstoffe des Cyclohexenon-Ringes auf. Bei Isomer F sind die beiden
H171-Protonen praktisch isochron (2.22 ppm), erkennbar an einem einzigen Kreuzpeak zu H17 im DQF-COSY und einem der Multiplizität von CH2 entsprechenden Signal im MEd-HSQC (siehe Abb. I-29). Die Konnektivität im Cyclohexenon-Ring basiert
auf HMBC-Kreuzpeaks zwischen CH3S und C172, zwischen H172 / C17 / C173 sowie
zwischen H2171 / C173 / C16. Was die Komponenten F aus den Rohisolaten Nr. 2 und
Nr. 4 anbelangt, so unterschieden sich die chemischen Verschiebungen an ausgewählten Kernen wie H31, H5‘‘, H71‘‘, H81‘‘, H82‘, H10, H13, H132, H171, H18 und H20 nur im
Bereich von ± 0.012 ppm, so daß damit die Identität beider Reinsubstanzen feststeht.
Vergleicht man die NMR-Daten für die Pentamethylester mit m/z 1021 (siehe Tab. I-6,
I-7), so besteht kein Zweifel, daß die beiden Komponenten D und F als 172-MeSF430Me5 dieselbe Konstitution besitzen und somit Konfigurationsisomere in Position
C172 darstellen.
Die absolute Konfiguration an allen stereogenen Zentren von F430 aus methanogenen Archaea wurde vor etlichen Jahren durch spektroskopische Studien am nativen
Cofaktor und partialsynthetischen Derivaten sowie mittels hochauflösender Röntgenstrukturanalyse am Holoenzym in dessen inaktiver Ni(II)-Form detailliert aufgeklärt
(siehe Abschnitte I 1.2.2, II 1.1). Wie bereits in Kapitel I 2.4.1 ausgeführt, sind die CDSpektren von F430Me5 und der veresterten Komponenten D / F (m/z 1021) praktisch
deckungsgleich, so daß auch deren absolute Konfiguration in den Ringen A-C übereinstimmt. Aus diesem Grunde genügte es, aus den NMR-Spektren der 172-Epimeren die
relative Konfiguration an C17 und C172 abzuleiten, um die absolute Konfiguration am
zusätzlichen stereogenen Zentrum 172 der F430-Variante (m/z 951) zu erschließen.
Konkret zeigte ein Kreuzpeak zwischen H19 und H17 im ROESY beider Komponenten
D / F an, daß in Analogie zu F430Me5 die Konfiguration an C17 unverändert 17S lautet.
Für Isomer D tritt das Signal von H171‘‘ im 1D-Spektrum klar unterscheidbar als Quartett mit drei großen Kopplungskonstanten von etwa 12.5 Hz hervor, jeweils mit H17 und
181
H
H
18
H
H
171
17
D
19
16
S
172
N
3.0
DQF-COSY
H
H
20
3.2
173
CH3
15
Ni
2.6
O
į 1H [ppm]
2.8
H
181
H
2.2
MeOOC
2.4
H
H
H
H
18
H
16
S
172
N
3.6
3.4
3.2
3.0
H
171
17
D
19
20
1.8
HMBC
H
H
2.0
H172 -H2171
H17-H2171
173
CH3
15
Ni
O
c
b
C17-H17
C21 -H21’
C21 -H21’’
C18-H18
C3-H3
C121 -H2121
C71 -H271
C181 -H2181
C82 -H82’ C82 -H82’’
C17 -H217
1
1
C131 -H131’
C81 -H81’’
C5-H5
C31 -H31’’
C131 -H131’’
C31 -H31’
3.4
3.3
C173-H172
3.2
3.1
3.0
2.9
2.7
į 1H [ppm]
2.8
į 1H [ppm]
2.6
2.5
2.4
2.3
2.2
C173-H2171
C16-H2171
3.3 3.2 3.1 3.0 2.9 2.8 2.7 2.6 2.5 2.4 2.3 2.2 2.1 2.0 1.9 1.8 1.7 1.6
C172 -H172
C12-H12
C20-H220
C81 -H81’
CH3SC172 -CH3SC172
190
188
186
184
182
180
178
176
174
172
170
168
50
45
40
35
30
25
20
15
Ergebnisse
Abb. I-29. Entscheidende 2D-NMR-Ausschnitte und -Korrelationen für Komponente F aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600/150 MHz;
CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) DQF-COSY; b) MEd-HSQC; c) HMBC.
MeOOC
H
H
H
H
3.4
H19-H18
H19-H220
H17-H18
2.8
[ppm]
į 1H
a
į 13C [ppm]
į 13C [ppm]
I
93
I
Ergebnisse
94
H172 zusätzlich zur geminalen Kopplung mit H171‘ (siehe Abb. I-30 a). Dies erfordert
für H17, H171‘‘ und H172 eine quasi-triaxiale trans-trans-Anordnung und zusammen mit
den beobachteten NOEs die Konfiguration 172S sowie die in Abbildung I-30 b gezeigte
Halbsessel-Konformation des Cyclohexenon-Ringes. Im Gegensatz zu früheren Messungen an F430Me5 in CD2Cl2 waren bei Isomer F die beiden 171-Protonen praktisch
isochron, eventuell bedingt durch den 2,2,2-TFE-d3-Anteil im Lösungsmittel und die
dadurch induzierte Konformationsänderung in der Region C15-C19. Eine zufällige
Überlappung von Kreuzpeaks beobachtete man auch bei Isomer D, und zwar für die
MEd-HSQC-Signale C82-H82‘‘ mit C171-H171‘, was jedoch Konfigurations- und Konformationszuordnung nicht behinderte. Auf die Zugabe geeigneter Verschiebungsreagenzien wie C6D6 wurde in diesen Fällen verzichtet, da das Shim-Prozedere bei ternären
Lösungsmittelgemischen erhebliche Probleme mit sich bringt, zumal das Material der
verwendeten Shigemi-Röhrchen ohnehin auf Chloroform-d geeicht ist.
Das H172-Signal von Isomer F liegt als Triplett vor mit zwei kleinen Kopplungskonstanten von etwa 3 Hz zu den beiden Protonen an H171 (siehe Abb. I-31 a), wobei im
Gegensatz zu Isomer D kein NOE zwischen H17 und H172 erkennbar ist. Abbildung I31 b-d verdeutlicht unmittelbar die verbleibenden Kombinationsmöglichkeiten aus Konfigurationen an C172 und Konformationen des Cyclohexenon-Rings, exklusive der bereits eindeutig geklärten sterischen Verhältnisse in Isomer D. Aufgrund ihres
Verhaltens in chromatographischen Trennsystemen ist bekannt, daß es sich bei den
Komponenten D und F um Diastereomere beziehungsweise Epimere in Position 172
handeln muß. Unter Berücksichtigung der Kopplungs- und NOE-Muster kommt somit
für Isomer F nur die Konfiguration 172R in Frage, mit der in Abbildung I-31 b gezeigten
Halbsessel-Konformation des Ringsystems.
Auf dieser Grundlage blieb schließlich noch zu klären, welches der beiden pentamethylierten Isomere D / F der nativen MeS-Pentacarbonsäure in Protein I entspricht. Das
HPLC-Chromatogramm des unveresterten Rohisolates Nr. 3 zeigt zwei Hauptkomponenten 1 / 2 mit m/z 905 / 951 im Verhältnis 55:45 sowie mehrere Nebenkomponenten
mit einem von beiden m/z-Quotienten (siehe Abb. I-20 b). Nach sorgfältigem Entsalzen
wurde zunächst das gesamte Rohisolat Nr. 3 in TFE-d3 gelöst und mittels NMR analysiert (siehe Abb. I-18). Obgleich die Linien infolge verbleibender paramagnetischer Anteile ein wenig verbreitert waren und viele Kreuzpeaks in den 2D-Spektren
überlappten, ergaben die DQF-COSY-, TOCSY- und HSQC-Aufnahmen, daß es sich
x
3.0
X
3.6
H172
x
H17
3.4
x
H19
3.2
3.0
H20
X
2.5
2.4
H18
H171’
2.6
H171’
2.8
H17
X: Artefakte aus nahegelegener Spur von H19
H17
H19
H172
x
H172
CH3S-
2.2
1.8
1.6 ppm
b
18
1
18
H
2.0
H131’
H131’’
[ppm]
starker NOE
H
S
CH3
173
17
2
1
schwacher
NOE
172
14
(172S)-172-MeS-F430Me5- H17
H
J = 12.6 Hz;
schwacher
NOE
15
16
J
; s =5
n
ei r tark .8 H
kl rke
er
J ta E
NO z;
s O
E
N
H
H
171
starker NOE
17
H171’’ (sehr kleiner NOE, hauptsächlich COSY)
2.0
H171’’
H171’’
H
131
13
H
O
H
D
E
__
Ergebnisse
Abb. I-30. Entscheidende Kopplungsparameter und 2D-Korrelationen für Komponente D aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600 MHz,
CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) 1D-1H- und DQF-COSY-Ausschnitte; b) Cyclohexenon-Ring in Seitenansicht mit J-Werten und NOE-Korrelationen; c)
ROESY-Signale (tm = 300 ms) von H172.
c
a
J=
sc 12.
h
wa 6 Hz
NO cher ;
E
I
95
3.40
H
17
H
H
3.36
3.3 Hz
H
15
172
S
3.4
1
17
res
mittle
s bis
kleine erwartet
J
16
ppm
H172
H17
H172
H17
173
3.0
17
1
H
H172
CH3
3.2
2
H17
(172S)-172-MeS-F430Me5- H17
mittleres bis
grosses J
und starker NOE
erwartet
181
18
3.38
3.3 Hz
H17
2
H172
H
H
131
O
2.8
H
2.6
13
DQF-COSY
ROESY
H18
2.4
D
E
__
2.2
H171
ppm
3.4
3.2
3.0
3.4
3.2
3.0
d
b
18
H
16
3H
z
15
S
172
starker NOE
Hz
J=3
J=
17
CH3
2
H172
H 3
17
H
15
172
S
17
1
1
2
CH3
173
schwacher
NOE
erwartet
H172
(172R)-172-MeS-F430Me5- H17
H
17
1
16
grosses
J erwartet
H
(172R)-172-MeS-F430Me5- H17
n; E
ei O
H J k l er N
k
r
a
st
H
17
H
17
H
171
starker NOE
mittleres bis
grosses J
und starker NOE
erwartet
181
18
1
18
H
H
H
131
H
131
O
H
O
H
13
H
13
D
E
__
D
E
__
Ergebnisse
Abb. I-31. Entscheidende Kopplungsparameter und 2D-Korrelationen für Komponente F aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600 MHz;
CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) 1D-1H-, DQF-COSY- und ROESY-Ausschnitte (tm = 300 ms); b)-d) Kombination denkbarer Konfigurationen und Konformationen am Cyclohexenon-Ring (Seitenansicht mit J-Werten und NOE-Korrelationen).
c
a
Jg
ros
s
I
96
I
Ergebnisse
97
bei den Hauptkomponenten um F430 sowie dessen 172-MeS-Derivat handelt. Letzteres entspricht dabei eindeutig dem Pentamethylester D mit der Konfiguration 172S (siehe Abb. I-30 b). Durch sukzessive Anwendung zweier verschiedener Typen von HPLCSäulen (Chromolith® / Hypercarb®) gelang es letztendlich, die MeS-Hauptkomponente
aus Rohisolat Nr. 3 als freie Pentacarbonsäure rein darzustellen und deren Struktur unter Anwendung einer Vielzahl von NMR-Techniken aufzuklären: 1D-1H, {1H}−13C, 2D
DQF-COSY, TOCSY, MEd-HSQC, HMBC, ROESY (tm = 300 ms). Unabhängig von den
ersten Messungen an der Rohmischung konnten Konstitution und Konfiguration der
Hauptkomponente als (172S)-172-Methylsulfanyl-F430 bestätigt werden (siehe Tab. I10). Allerdings bereiteten die verbliebenen Spuren an paramagnetischem Ni(II) und die
dadurch bedingte Verkürzung von T2 beziehungsweise Linienverbreiterung im HMBC
einige Schwierigkeiten (siehe Abb. I-26 b), so daß Konfigurations- und Konformationsanalyse nicht so erschöpfend ausgeführt werden konnten wie für die Pentamethylester-Derivate D / F der F430-Variante.
I
Ergebnisse
98
Tab. I-6 a. 1H-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 600 MHz, Pentacarbonsäuren bei 700 MHz, δ in ppm.
(172S)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
(172R)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
F430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
(172S)-172MeS-F430 in
TFE-d3
F430 in TFEd3
2.58
2.57
2.58
2.64
2.60
H2 '
2.79
2.79
2.77
2.79
2.73
CH3-C2
1.06
1.06
1.06
1.11
1.08
H3
Atom
G (1H)
H21"
1
2.55
2.54
2.62
2.66
2.60
1
H3 "
1.59
1.58
1.57
1.70
1.65
H31'
1.75
1.75
1.75
1.82
1.77
2
2.29
2.30
2.29
2.33
2.26
H3
CH3O-C33
3.69
H4
4.38
4.37
4.39
4.51
4.45
H5"
1.42
1.39
1.45
1.51
1.48
H5'
1.81
1.81
1.82
2.00
1.95
H71"
2.41
2.41
2.38
2.53
2.49
H71'
2.46
2.47
2.45
2.55
2.49
CH3-C7
1.18
1.18
1.17
1.22
1.18
H8
3.66
2.79
2.78
2.78
2.89
2.86
1
H8 "
1.95
1.95
1.97
2.03
2.18
H81'
2.24
2.23
2.24
2.31
2.26
2
2.47
2.47
2.48
2.51
2.44
2.58
2.58
2.57
2.61
2.56
H8 "
H82'
CH3O-C8
3
H10
H12
H12
1
3.73
3.71
5.78
5.74
5.73
5.95
5.91
3.07
3.08
3.07
3.17
3.13
2.78
2.81
2.75/2.71
2.80
2.67
CH3O-C122
3.66
H13
3.83
3.81
3.82
4.00
3.91
1.57
1.73
1.60
1.80
1.71
H13 '
1.87
1.98
1.89
1.96
1.93
H132"
2.17
2.25
2.15
2.11
2.09
2.36
2.31
2.35
2.29
3.64
3.64
3.00
2.83
H131"
1
H132'
CH3O-C8
H17
3
2.86
3.65
2.94
2.73
I
Ergebnisse
99
Tab. I-6 b. 1H-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 600 MHz, Pentacarbonsäuren bei 700 MHz, δ in ppm.
Atom
G (1H)
H171"
1
H17 '
2
H18
H18
(172R)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
F430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
(172S)-172MeS-F430 in
TFE-d3
F430 in TFEd3
1.92
2.22
1.77
2.01
1.78
2.09
2.62
2.19
2.63/2.53
3.66
2.63/2.58
2.48
H172
CH3S-C17
(172S)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
1
CH3O-C18
2
3.56
3.35
2.16
2.25
2.53
2.50
2.46
2.51
2.38
2.54
2.51
2.56/2.49
2.51
2.45
3.71
2.19
3.68
H19
3.51
3.47
3.51
3.60
3.55
H20
3.03
3.01
3.08/3.04
3.07
3.02
I
Ergebnisse
100
Tab. I-7 a. 13C-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 150 MHz, Pentacarbonsäuren bei 175 MHz, δ in ppm.
(172S)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
(172R)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
F430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
(172S)-172MeS-F430 in
TFE-d3
F430 in TFEd3
187.8
187.6
188.3
190.2
190.3
53.8
53.9
54.5
55.9
55.9
41.5
41.6
41.8
43.2
43.3
C22
172.4
172.3
172.6
175.5
175.6
Me-C2
19.6
19.8
20.0
20.6
20.6
C3
42.7
42.6
43.3
45.1
45.4
C31
19.6
19.6
20.1
21.7
22.1
C3
2
31.7
31.8
32.3
34.4
35.2
C3
3
174.1
n. z.*
174.1
179.0
180.2
C4
64.5
64.6
65.2
66.7
66.9
C5
35.6
35.8
36.2
37.5
37.5
C6
91.6
91.4
92.0
94.2
94.1
C7
49.3
49.3
49.9
51.4
51.5
Atom
G (13C)
C1
C2
C2
1
C71
42.9
43.0
43.4
44.8
44.8
2
174.1
174.0
174.1
177.7
177.8
Me-C7
14.6
14.9
15.2
15.4
15.5
C8
C7
56.2
56.1
56.7
58.4
58.5
C8
1
21.5
21.7
22.1
23.6
24.0
C8
2
31.9
31.9
32.5
34.3
35.1
C83
173.3
173.3
173.5
178.7
179.7
C9
176.7
176.2
176.7
179.3
179.3
C10
98.0
97.3
98.4
100.3
100.3
#
171.8
C11
C12
169.4
169.4
169.7
171.5
43.9
44.2
44.7
45.8
46.3
C12
1
38.7
38.2
39.2
40.6
41.7
C12
2
172.0
172.3
172.3
176.8
177.8
C13
49.5
48.9
50.0
51.7
51.5
C13
1
29.8
28.5
30.2
30.8
31.1
C13
2
31.2
31.1
31.7
32.6
33.0
C133
174.1
173.8
174.0
178.8
179.6
C14
178.5
n. z.*
n. z.*
181.1
180.5
* nicht zugeordnet
#
keine HMBC-Korrelationen; Zuordnung in Analogie zum 1D-13C-Spektrum
I
Ergebnisse
101
Tab. I-7 b. 13C-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 150 MHz, Pentacarbonsäuren bei 175 MHz, δ in ppm.
(172S)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
(172R)-172MeSF430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
F430Me5 in
CD2Cl2:TFEd3 [80:20]
(172S)-172MeS-F430 in
TFE-d3
F430 in TFEd3
C15
n. z.*
106.7
109.2
110.4#
110.4
C16
n. z.*
170.7
172.8
173.6
174.8
49.5
46.2
50.4
51.5
51.8
32.0
30.8
25.1
34.1
26.6
51.0
49.9
38.1
53.4
39.3
12.9
15.2
-
13.6
Atom
G (13C)
C17
C17
1
C172
MeS-C17
C17
3
C18
C18
1
C18
2
2
192.4
189.9
196.2
195.2
44.2
44.8
45.1
47.2
34.0
34.1
34.7
37.2
#
199.6
47.6
38.2
#
172.7
172.7
172.9
178.8
179.7
C19
62.6
62.6
63.3
64.7
65.2
C20
27.3
27.2
28.0
29.1
29.5
* nicht zugeordnet
#
keine HMBC-Korrelationen; Zuordnung in Analogie zum 1D-13C-Spektrum
I
Ergebnisse
102
Tab. I-8 a. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v.
Proton
DQF-COSY
MedHSQC
HMBC
H21"
H21'
C21 (t)
C1, C2, CH3-C2
H21'
H21"
C21 (t)
C1, C2, CH3-C2
Me-C2 (q)
C1, C2, C21, C22, C3
CH3-C2
H3
H4, H31', H31"
C3 (d)
C31
H31"
H3, H31', H32', H32"
C31 (t)
C3
H31'
H3, H31", H32', H32"
C31 (t)
C3, C32, C33
H32
H31', H31"
C32 (t)
C3, C31, C33
CH3O-C33 (q)
C33
CH3O-C33
H4
H3, H5', H5'', H20
C4 (d)
C1, C2, C6
H5"
H4, H5'
C5 (t)
C4, C6
H5'
H4, H5''
C5 (t)
C4, C6
H71"
H71'
C71 (t)
C7, C72, CH3-C7, C8
H71'
H71"
C71 (t)
C72, C8
Me-C7 (q)
C6, C7, C71
CH3-C7
H8
H81', H81"
C8 (d)
C81, C82, C9
H81"
H8, H81', H82', H82"
C81 (t)
C83
H81'
H8, H81", H82', H82"
C81 (t)
C7
H82"
H81', H81", H82'
C82 (t)
C81, C83
H82'
H81', H81'', H82"
C82 (t)
C8, C81
CH3O-C83
CH3O-C83 (q)
C83
H10
C10 (d)
C8, C9, C11, C12
H12
H10, H121, H13
C12 (d)
C122
H121
H12
C121 (t)
C11, C122, C13
CH3O-C122 (q)
C122
CH3O-C122
H13
H12, H131', H131"
C13 (d)
C121, C131, C132,
C14
H131"
H131', H132', H132"
C131 (t)
C133
H131'
H131", H132', H132"
C131 (t)
C14
H132"
H131', H131", H132'
C132 (t)
C131, C133
H132'
H131', H131", H132"
C132 (t)
C131, C133
CH3O-C133 (q)
C133
CH3O-C133
H171', H171", H18
H17
1
H17 "
1
H17, H17 ', H17
2
C17 (d)
C171 (t)
C17, C18, C172,
C173
I
Ergebnisse
103
Tab. I-8 b. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v.
Proton
DQF-COSY
MedHSQC
HMBC
H171'
H17, H171", H172
C171 (t)
C172, C173
H172
H171', H171"
C172 (d)
C171, C173, CH3SC172
MeS-C172 (q)
C172
C18 (d)
C19
CH3S-C172
H18
H18
H17, H19
1
1
CH3O-C182
C18 (t)
C17, C18, C182, C19
CH3O-C182 (q)
C182
H19
H18, H20
C19 (d)
H20
H4, H19
C20 (t)
C1, C18, C19
I
Ergebnisse
104
Tab. I-9 a. 2D-NMR-Korrelationen für (172R)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v.
Proton
COSY
MEdHSQC
HMBC
H21"
H21'
C21 (t)
C1, C2, CH3-C2
H21'
H21"
C21 (t)
C1, C2, CH3-C2
Me-C2 (q)
C1, C2, C21, C22, C3
CH3-C2
H3
H4, H31', H31"
C3 (d)
C31
H31"
H3, H31', H32', H32"
C31 (t)
C3
H31'
H3, H31", H32', H32"
C31 (t)
C3, C32, C33
H32
H31', H31"
C32 (t)
C3, C31, C33
CH3O-C33 (q)
C33
CH3O-C33
H4
H3, H5', H5'', H20
C4 (d)
C1, C2, C6
H5"
H4, H5'
C5 (t)
C4, C6
H5'
H4, H5''
C5 (t)
C4, C6
H71"
H71'
C71 (t)
C7, C72, CH3-C7, C8
H71'
H71"
C71 (t)
C72, C8
Me-C7 (q)
C6, C7, C71
CH3-C7
H8
H81', H81"
C8 (d)
C81, C82, C9
H81"
H8, H81', H82', H82"
C81 (t)
C83
H81'
H8, H81", H82', H82"
C81 (t)
C7
H82"
H81', H81", H82'
C82 (t)
C81, C83
H82'
H81', H81", H82"
C82 (t)
C8, C81
CH3O-C83
CH3O-C83 (q)
C83
H10
C10 (d)
C8, C9, C11, C12
H12
H10, H121, H13
C12 (d)
C122
H121
H12
C121 (t)
C11, C122, C13
CH3O-C122 (q)
C122
CH3O-C122
H13
H12, H131', H131"
C13 (d)
C121, C131, C132,
C14
H131"
H131', H132', H132"
C131 (t)
C133
H131'
H131", H132', H132"
C131 (t)
C14
H132"
H131', H131", H132'
C132 (t)
C131, C133
H132'
H131', H131", H132"
C132 (t)
C131, C133
CH3O-C133 (q)
C133
CH3O-C133
H171, H18
H17
H17
1
1
H17, H17 , H17
C17 (d)
2
C171 (t)
C17, C18, C172,
C173
I
Ergebnisse
105
Tab. I-9 b. 2D-NMR-Korrelationen für (172R)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v.
Proton
COSY
MEdHSQC
HMBC
H172
H171
C172 (d)
C171, C173, CH3SC172
MeS-C172 (q)
C172
C18 (d)
C19
CH3S-C172
H18
H18
H17, H19
1
1
CH3O-C182
C18 (t)
C17, C18, C182, C19
CH3O-C182 (q)
C182
H19
H18, H20
C19 (d)
H20
H4, H19
C20 (t)
C1, C18, C19
I
Ergebnisse
106
Tab. I-10 a. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430 in TFE-d3.
Proton
COSY
MEdHSQC
HMBC
H21"
H21'
C21 (t)
C2, C22
H21'
H21"
C21 (t)
C2, C22, C3
Me-C2 (q)
C1, C2, C21, C3
CH3-C2
H3
H4, H31', H31"
C3 (d)
H31"
H3, H31', H32', H32"
C31 (t)
H31'
H3, H31", H32', H32"
C31 (t)
C33, C4
H32
H31', H31"
C32 (t)
C3, C33
H4
H3, H5', H5'', H20
C4 (d)
H5"
H4, H5'
C5 (t)
C4
H5'
H4, H5''
C5 (t)
C6
H71"
C71 (t)
H71'
C71 (t)
C6, C72
CH3-C7
Me-C7 (q)
C6, C7, C71, C8
C9
H8
H81', H81"
C8 (d)
H81"
H8, H81', H82', H82"
C81 (t)
H81'
H8, H81", H82', H82"
C81 (t)
H82"
H81', H81", H82'
C82 (t)
C8
2
C83
2
1
H8 '
1
2
H8 ', H8 ", H8 "
C8 (t)
H10
C10 (d)
1
H12
H12
H121
H12
C121 (t)
H13
*
C13 (d)
H131"
H131', H132', H132"
C131 (t)
H131'
H131", H132', H132"
C131 (t)
C133, C14
H132"
H131', H131", H132'
C132 (t)
C133
H132'
H131', H131", H132"
C132 (t)
H17
H171', H171", H18
C17 (d)
1
C12 (d)
1
2
H17 "
H17, H17 ', H17
H171'
H17, H171", H172
H17
2
1
1
H17 ', H17 "
CH3S-C172
C122
C171 (t)
C171 (t)
C16
2
C17 (d)
MeS-C172 (q)
C172
H18
H17, H181, H19
C18 (d)
C182
H181
H18
C181 (t)
C18
* H13 nach ca. 4 h in TFE-d3 vollständig durch D ausgetauscht
I
Ergebnisse
107
Tab. I-10 b. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430 in TFE-d3.
Proton
COSY
MEdHSQC
H19
H18, H20
C19 (d)
H20
H4, H19
C20 (t)
HMBC
C1
I
Ergebnisse
2.5
108
172-Epimerisierung der MeS-Variante
Wie in Abschnitt I 2.3 dargelegt, unterschieden sich die Rohisolate Nr. 2-4 als Pentacarbonsäuren und im Falle von Nr. 2/4 auch als Pentamethylester signifikant im Verhältnis der 172-Epimeren. Für die freien Säuren wurden folgende (172S):(172R)Quotienten bestimmt: Nr. 2 → 46:54; Nr. 3 → 90:10; Nr. 4 → 74:26. Angesichts der ausnahmsweise mehrtägigen Einwirkung starker Mineralsäure mit begleitender Neutralisationswärme bei Gewinnung von Rohisolat Nr. 2 lag es nahe, daß das (172R)Epimere ein Artefakt darstellt (siehe Kapitel I 4.2). Die sich anschließende Veresterung
dieses Isolates bewirkte eine weitere (172S):(172R)-Konversion von 46:54 auf 23:77.
Bei konstanter H+-Konzentration (70 mM) im Methylierungsansatz konnte diese Umwandlung durch Abkühlen (4 °C) auf 32:68 reduziert werden.
Aus Abbildung I-32 erkennt man unmittelbar, daß der MeS-Rest in α-Position zur
Carbonyl-Gruppe des Cyclohexenon-Rings lokalisiert ist. Racemisierung oder − in diesem Fall − Epimerisierung unter Erhalt der Konstitution kann durch Spaltung und Neuknüpfung von Kovalenzen unter anderem bei α-substituierten Carbonylverbindungen
auftreten. Da dies jedoch an ein planares Zwischenprodukt in Form eines Enols beziehungsweise Enolates gekoppelt ist und das Gleichgewicht der Keto-Enol-Tautomerie
in protischen, nucleophilen Lösungsmitteln mit geringer intramolekularer Stabilisierung
stark auf der Seite des Ketons liegt, sind Säuren oder Basen als Katalysator obligatorisch (siehe Abb. I-33). Die HPLC auf Hypercarb® in perchlorsaurer Lösung ermöglichte
es nicht nur, die quantitative Zusammensetzung der Rohisolate zu analysieren, sondern auch das thermodynamische Gleichgewicht zwischen (172S)-172-MeS-F430 und
(172R)-172-MeS-F430 zu bestimmen. Ausgehend von praktisch reinem (172S)-172MeS-F430 (> 99 %) wurden zunächst zwei Ansätze bei 50 °C für 3 h inkubiert, und
zwar sowohl in 0.1 M HClO4 (pH 1.0) als auch in 0.1 M KH2PO4-Puffer (pH 5.8). Die
(172S):(172R)-Konversion im stark sauren Medium betrug 84:16, während in der gepufferten Lösung immer noch > 97 % des (172S)-Epimers vorlag. Entsprechende Versuche in 20 % H2SO4 bei 4 °C ergaben 59 % des (172S)-Epimers nach 3 d, 78 % nach
7 d und 80 % nach 16 d (siehe Abb. I-34). Letzterer Zahlenwert änderte sich auch nach
weiteren 13 d Inkubationsdauer nicht mehr, so daß ein (172S):(172R)-Quotient von 1:4
dem thermodynamischen Gleichgewicht entspricht. Abbildung I-35 zeigt das zugrundeliegende Diagramm für eine Reaktion pseudoerster Ordnung, dessen Graphen unter
I
Ergebnisse
109
RO
O
RO
O
O
H2N
O
O
H2N
O
O
3
B
N
3
OR
8
N
A
10
N
C
15
17
1
17
H
N
D
H3C
N
A
10
N
D
C
15
13
OR
3
17
17
Ni
19
13
2
RO
O
O
H
O
S
17
171
OR
3
17
172
O
O
H3C
O
RO
Natives Stereoisomer:
2
OR
8
N
20
19
O
B
N
1
Ni
20
H
5
A
1
RO
HN
H
5
A
H
O
HN
H
S
RO
O
Thermodynamisch begünstigtes Stereoisomer:
2
R = H: (17 S)-17 -MeS-F430
R = H: (172R)-172-MeS-F430
R = CH3: (172S)-172-MeS-F430Me5
R = CH3: (172R)-172-MeS-F430Me5
Abb. I-32. Pentamethylester der F430-Variante: absolute Konfiguration der Epimere in Position
172.
den Voraussetzungen
2
2
d ( 17 S )
d ( 17 R )
2
2
– ---------------------- = ---------------------- = k 1 ( 17 S ) – k – 1 ( 17 R )
dt
dt
(Gl. I-29)
2
k1
[ 17 R ]
K = ------- = -----------------2
k–1
[ 17 S ]
(Gl. I-30)
mit
und
x
2
( 17 S )
(0) = 1
sowie einer Geschwindigkeitskonstanten k = 0.41 d−1 folgender Gleichung gehorchen:
x
2
( 17 S )
k –1  –( k 1 + k –1 )t
k–1
- e
= ------------------- +  1 – ------------------k 1 + k –1
k1 + k –1 
(Gl. I-31).
Die nach diesem Zeitraum beobachtete spurenweise Oxidation zu den entsprechenden F560-Derivaten sowie die in erheblichem Ausmaß eingetretene Epimerisierung in
Position 12/13 zeigten für die (172S)- und die (172R)-Verbindung dieselbe Präferenz.
Was weiterführende Überlegungen zu der (172R)-172-MeS-Komponente als artifizielles, wenngleich thermodynamisch stabileres Epimer in enger Analogie zu 12,13-Di-
2
H
H
H
H
172
N
S
*
171
18 D
17
19
17 -MeS-F430
O
182
181
H
20
CH3
15
Ni
O
B
HO
H
H
H
H
H
H
171
18 D
17
S
N
CH3
173
15
Ni
H
H
H
H
H
171
18 D
17
19
20
S
N
CH3
173
15
Ni
(Enolat)
172-MeS-F430
O
182
181
H
H
H
(Enol)
172-MeS-F430
O
182
181
H
19
20
O
OH
+ H+
+ H / H+
+
HO
HO
H
Ni
2
2
CH3
N
18 D
15
181
17
H
182
H
171
172
O
H
H
H
S
H
19
20
O
O
182
181
H
H
H
H
H
H
H
171
18 D
17
19
20
S
172
N
CH3
15
Ni
O
(172R)-172-MeS-F430
H
H
H
+
(17 S)-17 -MeS-F430
H
H
H
Ergebnisse
Abb. I-33. Säure-/Base-katalysierte Epimerisierung der Methylsulfanyl-Variante von F430 in Position 172.
HO
H
H
H
H
+ H+ / H+
HO
H
H
H
I
110
I
Ergebnisse
111
a
1
2
b
2
1
c
2
1
d
2
1
e
2
1
Abb. I-34. Analytische HPLC auf Hypercarb® 5 µm / HClO4 in H2O (pH 1.0) / MeCN: Epimerisierung
von (172S)-172-MeS-F430 (1) zu (172R)-172-MeS-F430 (2) in 20 % H2SO4 / 4 °C nach 0 d (a), 3 d (b),
7 d (c), 16 d (d), 29 d (e).
I
Ergebnisse
112
1.00
0.90
0.80
Molenbruch von (172S)-172-MeS-F430
im Experiment
Molenbruch von (172R)-172-MeS-F430
im Experiment
Molenbruch von (172S)-172-MeS-F430
berechnet
Molenbruch von (172R)-172-MeS-F430
berechnet
Molenbruch
0.70
0.60
0.50
0.40
0.30
0.20
0.10
0.00
0
5
10
15
20
25
30
Zeit, d
Abb. I-35. Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen den 172-Epimeren der
F430-Variante in 20 % H2SO4 bei 4 °C (k = 0.41 d−1, K = 4).
epi-F430 anbelangt, so verdient die Arbeit von Fraser und Faibish (1995) einige Aufmerksamkeit. Daraus geht hervor, daß die axiale Präferenz von α-Substituenten im
Cyclohexanon-Ring in folgender Reihe zunimmt: F− < CH3O− < Cl− < Br− < CH3S−.
Dies steht voll und ganz im Einklang mit dem Verlauf der säurekatalysierten Epimerisierung in Position 172 der F430-Variante (vgl. Mayr et al., 2008a).
2.6
Versuche zur Semisynthese der F430-Modifikation
Die Resultate der experimentellen Ansätze zur Methylsulfanylierung von F430 beziehungsweise von dessen Pentamethylester F430Me5 in α-Position zur Keto-Gruppe 173
lassen sich wie folgt zusammenfassen (DMDS: Dimethyldisulfid; MMTS: Methanthiosulfonsäure-S-methylester; MSA: Methansulfonsäure; PMP: 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin; TMG: 1,1,3,3-Tetramethylguanidin):
Ohne Katalysator / Leerprobe:
♦ F430Me5 / CH2Cl2 oder MeOH / DMDS oder MMTS
→ kein Umsatz
I
Ergebnisse
113
Säurekatalyse:
♦ F430 / 20 % H2SO4 / MMTS / Emulsion über 3 h gerührt
→ kein Umsatz
♦ F430Me5 / CH2Cl2 / 70 mM MSA / DMDS oder MMTS
→ Säureshift mit nachfolgender Zerstörung des Chromophors
→ partielle Esterhydrolyse
→ kein m/z 1021
♦ F430Me5 / CH2Cl2 / 70 mM HCOOH / MMTS
→ kein Umsatz
♦ F430Me5 / MeOH / 70 mM H2SO4 / MMTS
→ kein Umsatz
Basenkatalyse:
♦ F430Me5 / CH2Cl2 / PMP / DMDS
→ kein Umsatz
♦ F430Me5 / CH2Cl2 / PMP / MMTS
→ Mono-, Bis-, Tris(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5
→ m/z 1021 (aus Reduktion von m/z 1019 durch Methansulfinat?)
♦ F560Me5 / CH2Cl2 / PMP / MMTS
→ Mono-, Bis-, Tris(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5
→ m/z 1021 (aus Reduktion von m/z 1019 durch Methansulfinat?)
♦ F430Me5 / CH2Cl2 / TMG / MMTS
→ Vielzahl von Zersetzungsprodukten
♦ F430Me5 / MeOH / Ca(OH)2 oder Mg(OH)2 / MMTS
→ Mono-, Bis(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5
→ m/z 1021 (aus Reduktion von m/z 1019 durch Methansulfinat?)
♦ F430Me5 / MeOH / CaH2 / MMTS
→ Zerstörung des Chromophors
♦ F430Me5 / MeOH / PMP / MMTS
→ Mono-, Bis-, Tris-, Tetrakis(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5
Besonderes Augenmerk verdient nicht zuletzt die Beobachtung, daß HPLC-reines
(172S)-172-MeS-F430 unter bestimmten Reaktionsbedingungen (c = 100 µM in MeOH
I
Ergebnisse
114
/ 70 mM p-TsOH / 33 Vol.% Orthoameisensäuretrimethylester / 4 °C / 5 d) nach Aufarbeitung im HPLC-Chromatogramm zwei Hauptsignale mit m/z 975 liefert, als ob hierbei
eine Demethylsulfanylierung stattgefunden hätte (siehe auch Abschnitt I 2.2).
115
3
Diskussion und Ausblick
3.1
Analytik von Cofaktor F430
Während die in Abbildung I-15 angeführten Fließmittel zusammen mit den jeweiligen
Dünnschichtphasen recht gute Trennresultate lieferten, eignet sich das DCM:MeOHGemisch [13:1] nur wenig für die präparative Darstellung hydrocorphinoider Pentaester
auf TLC-Platten. Somit liegt nahe, mit Hilfe der PRISMA-Methode (siehe Abschnitt I
1.3.1) eine mobile Phase auf der Basis von Lösungsmitteln mit bei Raumtemperatur
deutlich verringerter Flüchtigkeit zu entwickeln, um vor allem bei der simultanen Entwicklung mehrerer Platten in einer DC-Kammer die Ausbildung wellenförmiger, teilweise ineinander übergehender Substanzzonen zu vermeiden. Im Hinblick auf pHPTLC
bietet die horizontale Entwicklung in Linearkammern gegenüber der vertikalen Entwicklung in Glaströgen wesentliche Vorteile. Hohe Auflösungen lassen sich auch mit
AMD-Systemen (Automated Multiple Development) erzielen. Größere Mengen an verfügbaren Rohextrakten aus Bakterienmatten im Schwarzen Meer vorausgesetzt, wäre
es auch reizvoll, ein DC-basierendes Trennsystem für F430 und seine MeS-Variante
als Pentacarbonsäuren und/oder Pentamethylester zu entwerfen.
Was die präparative HPLC für F430 und seine Derivate in Säure- wie Esterform anbelangt, so erfüllte die Chromolith®-SemiPrep-Säule alle Erwartungen bezüglich Beladungsgrenze, Trennleistung und Regenerationszeit. Zur qualitativ und quantitativ
einwandfreien Separation von Gemischen aus F430 und dessen MeS-Variante samt
deren Oxidations- und Epimerisierungsprodukten war es jedoch notwendig, die Dissoziation der Pentacarbonsäuren durch Veresterung oder starkes Ansäuern auf pH 1.0
zu unterdrücken. In diesem pH-Bereich mußte die Chromolith®-Phase durch eine Hypercarb®-Säule ersetzt werden. Da es sich bei Ni(II)F430 und seinen Derivaten um einbis mehrfach geladene Koordinationsverbindungen handelt, erforderten sämtliche
chromatographische Trennverfahren die Zugabe von Ionenpaarreagenzien. Bestens
bewährt hat sich hierfür ClO4− in Form von NaClO4 oder auch verdünnter HClO4, während schwer aus dem Eluat zu entfernende BPh4−- und PF6−-Salze, Letztere obendrein
mit Neigung zur Freisetzung von F−, nicht zu empfehlen waren. Für das Arbeiten mit
I
Diskussion und Ausblick
116
den stark hydrophoben Phasen Chromolith® und Hypercarb® mußte man auf lipophile
Salze wie Alkylsulfonate oder Trialkylammonium-Verbindungen im Laufmittel verzichten, da diese die Oberfläche der stationären Phase belegen, so daß die Trennleistung
rapide abnimmt und ferner häufig spiegelbildlich verdoppelte Signale im Chromatogramm auftreten (vgl. Rücker et al., 2001: 456 f.).
Um die freie Säure F430 von ihrer MeS-Variante durch präparative HPLC an nur einem Säulentyp (Chromolith® oder Hypercarb®) zu trennen, läßt sich das Verfahren der
Recycling-Chromatographie vorteilhaft anwenden. Für analytische und semipräparative Zwecke ist auch die Säulenumschalttechnik in Betracht zu ziehen (siehe Kapitel I
1.3.3). Zur Separation von F430-Pentacarbonsäuren in stark sauren Fließmitteln kommen auch hydrophobe Polymerphasen in Frage, wie beispielsweise PLPR-S-Säulen
aus makroporösem Polystyren-Divinylbenzen mit hoher chemischer Stabilität. Ferner
ist von Interesse, ob die bemerkenswert guten Ergebnisse auf RP/WAX-Phasen für
Carbonsäure-haltige Analyten mit sowohl hydrophilen als auch hydrophoben Gruppen
− beispielsweise Gibberellinsäure − auch für F430 und seine Derivate erzielt werden
können (siehe Abschnitt I 1.3.3).
Sofern ausreichende Mengen der MeS-Variante von F430 aus biogenen oder partialsynthetischen Quellen zur Verfügung stehen, bietet sich an, weitere spektroskopische Verfahren zur Charakterisierung heranzuziehen. Während C−S-Streckschwingungen im Bereich von 710-570 cm−1 liegen und als schwache, breite IRAbsorptionsbanden keine praktische Bedeutung besitzen, sind die entsprechenden
Raman-Signale stark ausgeprägt (vgl. Pretsch et al., 2009: 304). Auch an EPR-Studien
sowie vergleichende zyklische Voltammogramme zwischen F430Me5 und (172S)-172MeS-F430Me5 beziehungsweise (172R)-172-MeS-F430Me5 ließe sich dann denken
(siehe Kapitel I 1.2.3).
3.2
Biochemische Relevanz der MeS-Variante
Die phylogenetische Beziehung zwischen dem dominierenden Ni-Protein I (7 % der
zellulären Gesamtprotein-Fraktion) und MCR aus methanogenen Archaea spiegelt
sich in der Verwandtschaft der 16S rRNA von ANME-1 und Methanogenen wider. Diese Tatsache spricht für ANME-1-Organismen als Quelle für Protein I mit (172S)-172-
I
Diskussion und Ausblick
117
MeS-F430 als neu aufgefundene Variante von Cofaktor F430 (vgl. Krüger et al., 2003),
wobei Protein II mit dem Methanogenen-Hydrocorphin F430 ebenso in relativem Überschuß vorliegt (3 % der zellulären Gesamtprotein-Fraktion). Da die aufgefundenen
Bakterienmatten im Schwarzen Meer nur sehr geringe Methanogenese-Aktivitäten aufwiesen und somit deren Verunreinigung mit methanogenen Archaea wenig wahrscheinlich ist, stammt Protein-II vermutlich aus ANME-2-Zellen. Die AOM-gekoppelten
mikrobiellen Konsortien enthielten stets Archaea sowohl vom ANME-1- als auch vom
ANME-2-Typ, obwohl deren Verhältnis zueinander abhängig von der Herkunft der Matten schwankte, mit ANME-2 dominierend in Hydrate-Ridge-Sedimenten und ANME-1
in rosafarbigen Matten aus dem Schwarzen Meer (vgl. Knittel et al., 2005; Treude et
al., 2007; Blumenberg et al., 2004). Dies spricht klar dafür, daß zum einen Enzyme mit
Cofaktor F430 oder dessen (172S)-172-MeS-Variante den ersten Schritt der anaeroben
Methanoxidation katalysieren und daß zum anderen die Methylsulfanylierung des Hydrocorphin-Makrozyklus in Position 172 keine zwingende Voraussetzung für diese
katalytische Kompetenz darstellt. Da (172S)-172-MeS-F430 beziehungsweise dessen
Pentamethylester bislang nur im sub-µmol-Bereich vorliegen, konnte der Einfluß der
MeS-Derivatisierung im Cyclohexenon-Ring auf die enzymatisch relevanten physikochemischen Eigenschaften der F430-Variante − wie zum Beispiel das Ni(II)/Ni(I)-Redoxpotential − nicht untersucht werden (vgl. Jaun and Pfaltz, 1986). Andererseits
erwartet man in dieser Beziehung auch keinen signifikanten Einfluß auf die Reaktivität
am Ni-Zentrum (vgl. Jaun, 1994).
Infolgedessen hat man die möglichen Funktionen des (172S)-172-MeS-Substituenten in Verbindung mit den sequentiellen Unterschieden zwischen Protein I und MCR
aus Methanogenen zu betrachten (vgl. Kahnt et al., 2007). Alle konservierten Aminosäuren mit bekannter Beteiligung im aktiven Zentrum der MCR fanden sich ebenso in
den entsprechenden α-, β- und γ-Ketten von Protein I. Nahe der aktiven Stelle jedoch
zeigte die α-Kette eine Reihe von Modifikationen, welche bei Modellierung in die Röntgenstruktur von MCRox1-silent längs einer α-Helix lokalisiert sind, welche teleskopartig in
Richtung des Cyclohexenon-Rings von F430 mit dem MeS-Substituenten zeigt (siehe
Abb. I-36). In der α-Kette von Protein I ist Methylglutamin 400, eine der fünf posttranslational modifizierten Aminosäuren der MCR aus methanogenen Archaea (vgl. Jaun,
1994), durch Valin ersetzt, während Cystein jeweils an die Stelle von Ala 403, Val 404,
Ala 409 und Phe 415 tritt (vgl. Krüger et al., 2003; Shima and Thauer, 2005).
I
Diskussion und Ausblick
118
Abb. I-36. Röntgenstruktur von MCRox1-silent (PDB ID 1mro): Charakteristika von Protein I mit Mutationen in Kette α und F430-Variante (Methylsulfanyl-Gruppierung in Position 172) integriert (verändert nach Ermler et al., 1997: 1460; Jaun and Thauer, 2007: 344).
Übertragen auf das Strukturmodell von MCRox1-silent schafft die Mutation von Methylglutamin 400 zu Valin 400 in Protein I die sterischen Voraussetzungen für den Raumbedarf
der MeS-Gruppe in Position 172 des Cofaktors, welche ansonsten mit der Methylglutamin-Seitenkette kollidieren würde. Interessanterweise beruhen die gravierenden
Veränderungen von Tertiär- und Quartärstruktur des Sichelzellhämoglobins (HbS) auf
einer ähnlichen Mutation in der Hämoglobin-β-Kette, wobei hier Glutamat durch Valin
ersetzt ist (vgl. Wehner, 1990: 574).
Solange noch keine Röntgenstruktur von Protein I existiert, läßt sich über mögliche
Funktionen des Methylsulfanyl-Substituenten in der Cofaktor-Variante sowie über die
Bedeutung der anstelle hydrophober Aminosäuren aneinandergereihten Cystein-Reste längs der α-Helix nur spekulieren. Zudem entspricht die Sequenz CCxxxxCxxxxxC
keinem bekannten Motiv von Schwefel-haltigen Metallclustern. Falls die Sekundärstruktur von Protein I und MCR aus Methanogenen in der Tat nahe beieinander liegen,
kann man am ehesten eine Beteiligung am Elektronentransport oder gekoppelten
I
Diskussion und Ausblick
119
H+/e− -Transport von der Enzymoberfläche zum aktiven Zentrum annehmen, wobei der
Cystein-Kette sowie der MeS-Funktion eventuell eine Schlüsselrolle bei der Reduktion
von Ni(II) zur aktiven Ni(I)-Form zukommen.
Auf dieser Grundlage besteht eine besondere Herausforderung darin, die entsprechenden ANME-Organismen axenisch zu kultivieren und vor allem herauszufinden,
welche Spezies von Redoxäquivalenten auf welchem Wege zwischen Methanoxidierern und Sulfatreduzierern transferiert werden. Unabhängig von mikrobiologischen
Fragestellungen wäre es auch reizvoll zu klären, ob eine Aktivierung von Methan mit
bloßem Cofaktor F430 und/oder dessen MeS-Variante in vitro gelingt.
3.3
Semisynthetische Methylsulfanylierung
Auf der Basis der erarbeiteten Grundlagen und bisherigen Experimente (siehe Kapitel
I 1.6; I 2.6) liegt es nahe, vorerst die thermodynamisch kontrollierten Ansätze mit Basenkatalyse weiterzuverfolgen. Unter Verwendung des bewährten MethylsulfeniumDonors Methanthiosulfonsäure-S-methylester (103-104-facher Überschuß) startet man
die Versuchsreihe am besten mit einer gesättigten Lösung von Ca(OH)2 in MeOH beziehungsweise mit überschüssigem 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin in CH2Cl2, wobei
das Entgasen auch für alle im Folgenden beschriebenen Experimente am Hochvakuum (≤ 10−6 bar; → Turbomolekularpumpe) zu erfolgen hat. Daneben sind auch sterisch
stärker gehinderte Amin- (z. B. 1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan, DABCO) oder Amidinbasen (z. B. 3,3,6,9,9-Pentamethyl-2,10-diazabicyclo[4.4.0]-1-decen, Heinzer Base) in
Betracht zu ziehen. Die Enolisierung in Position 172 / 173 kann hierbei durch Zugabe
von Trimethylsilylchlorid und anschließende Spaltung des Silylethers mit Tetrabutylammoniumfluorid katalysiert werden. Eine vielversprechende Option bieten ferner Phosphazen-Basen wie P2-t-Bu, deren pKa-Wert über 20 (→ α-CH2 der Keto-Gruppe) und
unterhalb von 25 (→ α-CH2 der Ester-Seitenketten) liegt. Durch sorgfältiges Evakuieren muß eine basenkatalysierte Oxidation zu F560 und dessen Derivaten unbedingt
verhindert werden, da ansonsten bereits Amin-Basen zu einer Bis-Methylsulfanylierung in Stellung 121 des entstehenden vinylogen β-Ketoesters (pKa ≈ 11) ausreichen.
Im Hinblick auf die räumlich klar exponierte Stellung der Methylen-Protonen in Position 172 (siehe Abb. II-1 a) bieten sich darüber hinaus kinetisch kontrollierte Ansätze
I
Diskussion und Ausblick
120
zur Partialsynthese der F430-Variante an. Konkret empfielt es sich hier, F430-Pentamethylester in CH2Cl2 mit möglichst stöchiometrischen Mengen sterisch gehinderter
starker Basen bei −80 °C umzusetzen, wobei deren pKa-Werte im Bereich von 21.5
(Phosphazen-Base P2-t-Bu) bis 45 (metallorganische Base Lithium-diisopropylamid)
liegen müssen. Auch unter diesen Voraussetzungen macht eine Silylierung der enolischen Hydroxy-Gruppe und nachfolgende Abspaltung mit Tetrabutylammoniumfluorid
oder Titantetrachlorid Sinn, zumal dies auch die Amid- und Lactam-Funktion erfassen
würde, deren unvermeidbare Deprotonierung im alkalischen Bereich die Löslichkeit
von F430Me5 in apolaren Solventien stark verringert. Die Reaktivität α,β-ungesättigter
Ketone gegenüber S-haltigen Elektrophilen kann überdies durch Bildung des α-Hydroxymethylen-Derivates erhöht werden (siehe Abschnitt I 1.6).
Eine interessante Alternative zur Verwendung von MMTS bietet die anodische Oxidation von Dimethyldisulfid in CH2Cl2 / n-Bu4N+ClO4−, da das entstehende CH3−S+ zur
Monomethylsulfanylierung elektronenreicher Spezies befähigt ist (siehe Abschnitt I
1.6). Die im Zuge der Studien zur 172-Epimerisierung entwickelte HPLC-Analytik an
Hypercarb® (siehe Abb. I-20) eignet sich vorzüglich, um bereits im sub-µmol-Bereich
die Syntheseprodukte durch Koinjektion mit Isolaten aus Bakterienmatten zu identifizieren. Sofern dann auch die MALDI-TOF-Spektren den erwarteten Quotienten m/z
1021 wiedergeben, ist der zugrundeliegende Ansatz auf den Bereich von 1-5 µmol zu
erweitern, um genügend Material für die Strukturbestimmung mittels NMR zu erhalten.
Für eine elektrophile Substitution mit CF3−S+ in Position 172 bieten Trifluormethylsulfanylamide sowie hypervalente I(III)-CF3-Verbindungen als innovative Reagenzien vielseitige Möglichkeiten (siehe Abschnitt I 1.6). Hinsichtlich stereochemischer Fragestellungen käme auch in Betracht, (172S)-172-MeS-F430Me5 mit Diazomethan zu methylieren und den entstandenen Dimethylsulfonium-Rest mit Methanthiolat nucleophil
unter Inversion zu ersetzen. Umgekehrt bietet sich an, die F430-Variante mittels SmI2
bei −78 °C zu demethylsulfanylieren, da dieses Reagenz für die selektive Reduktion αsubstituierter Ketone häufig das Mittel der Wahl darstellt (vgl. Kaltsoyannis and Scott,
2007: 65 f.). Für Modellsynthesen zur Überführung von Cofaktor F430 in seine MeSVariante eignet sich vorteilhaft α-Tetralon, insbesondere bezüglich Aussagen zur sterischen Präferenz des Restes in Position 172.
121
4
Experimenteller Teil
4.1
Dünnschichtchromatographie
Zur präparativen Auftrennung von F430-Pentacarbonsäuren dienten HPTLC-Platten
(Kieselgel 60; 10 cm × 20 cm; Trennstrecke: 10 cm; n-BuOH:HAc:H2O [4:1:1] (v/v)), für
analytische Fragestellungen auch TLC-Platten (Kieselgel 60 RP-18 F254s; 5 cm ×
10 cm; Trennstrecke: 7 cm; 1,4-Dioxan:EtOH:MeOH:H2O [1:18:1:30] (v/v)). Die entsprechenden Pentaalkylester konnten auf HPTLC-Platten (Kieselgel 60; 10 cm ×
20 cm; Trennstrecke: 17 cm; DCM:MeOH [13:1] (v/v)) und TLC-Platten (Kieselgel 60;
20 cm × 20 cm; Trennstrecke: 17 cm; DCM:MeOH [13:1] (v/v)) separiert werden. Sämtliche stationären Phasen wurden zuvor durch Entwickeln in CHCl3:MeOH [1:1] gesäubert und durch Eintauchen in eine Lösung von NaClO4 Monohydrat in MeOH (1 % (w/
v)) mit anschließendem Trocknen in vertikaler Position imprägniert. Für die Aktivierung
des Kieselgels erhitzte man die Platten im Trockenschrank für 7 h auf 160 °C und lagerte diese vor Gebrauch ca. 30 Tage lang in Aluminiumfolie bei Raumtemperatur. Es
erwies sich als vorteilhaft, die Substanzgemische in methanolischer Lösung (Pentasäuren: c ≤ 5 mM; Pentaester: c ≤ 20 mM) mit Hilfe eines Linomat-IV-Applikators und
geeigneter Applikationsspritzen (100 / 500 µL) im Stickstoff-Strom aufzusprühen, wobei die Auftragungszonen jeweils 1.5 cm vom unteren Rand sowie von den Seitenrändern entfernt waren. Die Entwicklung erfolgte unter Kammersättigung in DC-Kammern,
passend für die Plattenabmessungen 10 cm × 10 cm beziehungsweise 20 cm × 20 cm.
Bezogen auf eine 17 cm lange Auftragungszone lag die obere Beladungsgrenze für
HPTLC-Platten bei 2 µmol, für TLC-Platten bei 3 µmol F430-Gesamt-Chromophor pro
Platte. Zur Isolierung größerer Mengen entwickelte man bis zu fünf (20 cm × 20 cm)
beziehungsweise zehn (10 cm × 20 cm) Glasplatten in einer Kammer. Um die ∆Rf-Werte zu maximieren, waren bis zu drei sukzessive Entwicklungszyklen mit zwischenzeitlichem Trocknen der DC-Schichten an der Luft oder − im Falle von schwerer flüchtigen
Lösungsmitteln − im Vakuum nötig.
Für die präparative Darstellung wurden nach dem letzten Entwicklungsschritt die interessierenden Substanzzonen ausgekratzt und im Porzellanmörser mit überschüssi-
I
Experimenteller Teil
122
gem KClO4 verrieben. Man füllte diese Pulver auf Wägepapier in Glaspipetten mit
Cellulosestopfen ein und desorbierte unter leichtem N2-Überdruck mit verdünnter Perchlorsäure pH 1.0 (→ Pentacarbonsäuren) beziehungsweise DCM:MeOH [5:1] (→
Pentaalkylester) bis zur kompletten Entfärbung des Sorbens. Im Falle von HClO4 wurde der Hauptteil des solubilisierten Kieselgels durch Zentrifugieren für 5 min bei etwa
280 × g entfernt und der Überstand über SPE-HLB-Kartuschen entsalzt (Spülen mit
H2O, Desorbieren mit MeOH). Aus dem DCM-MeOH-Eluat extrahierte man das Kieselgel nach Einrotieren zum Trockenen durch Zugabe von 0.1 M NaClO4 / HClO4 (pH 2.3)
und mehrfaches Ausschütteln der Pentaester mit identischen Volumina an DCM bis zur
Entfärbung der wäßrigen Phase. Nach Beschleunigung der Phasentrennung durch
Zentrifugieren für 1 min bei ≈ 280 × g entnahm man die DCM-Phasen mit Hilfe einer
gasdichten Hamilton-Spritze, entfernte die letzten Wasserspuren durch Filtration über
Watte und Cellulose und engte zum Trockenen ein.
4.2
Bakterienmatten: Isolate Nr. 1-4
Probennahme:
Mikrobielle Riffe (Matten), gespeist durch anaerobe Methanoxidation, treten im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres auf, und zwar entlang der vorspringenden Felsbank westlich der Halbinsel Crimea in einer Wassertiefe von 35-800 m (vgl. Michaelis
et al., 2002). Im Zuge von Tauchgängen im Jahre 2001 (R/V Professor Logachev →
Isolate Nr. 1 + 2) sowie 2004 (R/V POSEIDON, POS 317-2 → Isolate Nr. 3 + 4) mit Hilfe
des bemannten Tauchbootes JAGO wurden Proben aus diesen Riffen gewonnen. Unter Verwendung des JAGO-Greifarms entnahm man einzelne Stücke aus den Mikrobenmatten in 230 m Tiefe (Position: 44°46‘ N, 31°60‘ O) unter Videokontrolle und
lagerte diese in verschließbaren Tanks aus PVC. Es gelang, die Probenbehälter an
Bord in einer zuvor mit Argon gefluteten Anaerobenkammer zu öffnen und die Matten
in Plastikbeutel oder Glasflaschen (100 mL) zu überführen, Letztere versiegelt mit Septen aus Butylkautschuk und aufbewahrt bei −37 °C. Der Transport vom Forschungsschiff zum Institutslabor erfolgte innerhalb von zwei Tagen, wobei die Proben
permanent auf Trockeneis eingefroren blieben. Diese bestanden mehrheitlich aus Calciumcarbonat, besiedelt mit Mikroben in schichtartiger Anordnung. Für Isolat Nr. 3 wird
I
Experimenteller Teil
123
im Folgenden die angewandte Methode zur Abtrennung der Mikrobenzellen von den
Carbonaten sowie für die Extraktion und Reinigung des F430 aus den Zellen beschrieben, optimiert und in leicht abgewandelter Form auch gültig für die Isolate Nr. 1 und 4.
Alle vier Proben unterschieden sich hauptsächlich in ihrem Gehalt an Calciumcarbonat, was für deren unterschiedliche Lokalisierung entlang der säulenartigen BakterienKalk-Konglomerate (innen / außen / oben / unten) spricht.
Rohisolate Nr. 1, 3, 4:
Ein Aliquot von 300 g wurde zunächst bei 4 °C über Nacht aufgetaut, in einem Mörser
zu kleinen Stücken zerbrochen und dann wieder bei 4 °C in 100 mL destilliertem Wasser suspendiert. Nach zehnminütigem Schütteln setzten sich die unlöslichen Carbonate innerhalb von 5 min ab, und der entnommene Überstand mit der Zellsuspension
wurde für 10 min bei 24000 × g zentrifugiert. Es erwies sich als vorteilhaft, das Calciumcarbonat-Sediment mit dem fast farblosen Überstand aus diesem Zentrifugationsschritt erneut zu versetzen und das beschriebene Prozedere (Schütteln, Absetzen,
Entfernen des Überstands, Zentrifugieren) vierfach zu wiederholen, bis der Überstand
keine Trübung mehr aufwies. In der Folge wurde das sedimentierte Material aus den
Zentrifugationsschritten vereinigt und im Überstand der letzten Zentrifugation resuspendiert. Auf diese Weise fielen etwa 250 mL einer Suspension von MikrobenmattenZellen an, rund 8 g Protein entsprechend, sowie 150 g Calciumcarbonat und weitere
rasch sedimentierende Bestandteile. Zur Extraktion der hydrocorphinoiden NickelKomplexe stellte man diese Suspension mit KOH auf pH 7 ein, behandelte mittels einer
Titanplatte 20 min lang mit Ultraschall bei maximaler Leistung und einer Temperatur
von 4 °C im Eisbad und zentrifugierte schließlich für 30 min bei 24000 × g. Nach Wiederaufnehmen des Rückstands in 100 mL H2O und pH-Korrektur mit Ameisensäure auf
3.0 wurden Ultraschallbehandlung und Zentrifugation wie beschrieben wiederholt, wonach man den Rückstand aus dem zweiten Zentrifugationsschritt in 100 mL 1 %iger
HCOOH aufnahm und nach 20minütigem Schütteln bei 4 °C zentrifugierte. Die drei
Überstände ließen sich zu einem Gesamtvolumen von ca. 500 mL vereinigen, mit KOH
auf pH 7 einstellen, im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnen und zum Entfernen von
ausgefälltem Material zentrifugieren. Ein halber Liter dieser verdünnten und geklärten
Lösung wurde auf eine Säule mit QAE Sephadex A25 (3 cm × 20 cm) aufgetragen,
äquilibriert mit TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.5), wobei F430 und seine Derivate mit
20 mM Ameisensäure zu eluieren waren. Man vereinigte die F430-haltigen Fraktionen
I
Experimenteller Teil
124
(ca. 300 mL) und chromatographierte über eine XAD-Säule (PAD I; 1 cm × 10 cm),
äquilibriert mit 10 mM HCOOH. Nach Waschen mit 10 mM HCOOH gelang es, die Nikkel-Komplexe mit 100 % MeOH zu eluieren, in einer Vakuum-Zentrifuge aufzukonzentrieren und restliches Methanol durch Lyophilisieren zu entfernen. Die Bestimmung der
F430-Ausbeute erfolgte spektrophotometrisch mit ε430 = 22500 M−1cm−1.
Rohisolat Nr. 2:
Insgesamt 1.2 kg an Ausgangsmaterial wurden zerkleinert und in 1 L destilliertem Wasser suspendiert. Um den Hauptteil der Carbonat-Krusten zu entfernen, gab man schrittweise konzentrierte Salzsäure (32 %) bei 4 °C über einen Zeitraum von sechs Tagen
zu. Nach Filtration und Zentrifugation gelang es, F430 mit seinen Derivaten aus der
sauren Lösung durch Festphasen-Extraktion an C-18-Kartuschen zu gewinnen. Die
adsorbierten Nickel-Komplexe wurden mit MeCN:H2O:TFA [84.0:15.9:0.1] (v/v) eluiert,
wobei diese Hydrocorphinoide nach Abziehen des Acetonitrils am Rotationsverdampfer in der verbleibenden wäßrigen Lösung wiederum auf eine C-18-Säule aufgetragen
(1 cm × 25 cm) und über einen MeCN-Gradienten desorbiert werden konnten. Nach
erneutem Entfernen des organischen Lösungsmittels neutralisierte man das Eluat mit
KOH und überführte es auf eine QAE-Sephadex-A25-Säule. F430 und seine Derivate
wurden mit 20 mM Ameisensäure eluiert, woraufhin man die Lösung großenteils einengte, mit Ammoniakwasser neutralisierte und letztendlich bei −30 °C einfror.
4.3
Entsalzung
Die Obergrenze für die Beladung der SPE-HLB-Kartuschen mit Cofaktor F430 und seinen Derivaten ließ sich zu 20 µmol pro g Sorbens ermitteln. Um Hydrocorphine in freier
Säureform von ionischen Verunreinigungen abzutrennen, hat sich folgendes Prozedere bewährt: Konditionieren mit einem Kartuschenvolumen MeOH − Äquilibrieren mit
demselben Volumen an wäßriger Perchlorsäure (pH 1-2) − Auftragen der Proben in
wäßriger Perchlorsäure (pH 1-2) − Spülen mit 1-3 Kartuschenfüllungen H2O − Elution
der Ni-Komplexe mit 2 Kartuschenvolumina Methanol. Für die Mono-, Di- Tri-, Tetraund Pentaalkylester von F430 samt Derivaten wurde ähnlich vorgegangen, wobei man
diese Verbindungen zuerst in Acetonitril löste und dann mit H2O auf eine MeCN-Endkonzentration von 5-10 % (v/v) verdünnte. Alle Folgeschritte liefen ohne Zusatz von
I
Experimenteller Teil
125
Säure ab. Um oxidative Veränderungen der Hydrocorphine soweit als möglich zu unterdrücken, wurde die gesamte Entsalzung unter N2-Atmosphäre und mit Ar-gesättigten Lösungsmitteln durchgeführt sowie durch leichten Überdruck mit einem Stickstoffstrom beschleunigt.
4.4
Veresterung der Rohextrakte
Man löste das F430-Rohprodukt aus Zelllysaten von Methanothermobacter marburgensis im Methylierungsreagenz (100 mM H2SO4 in MeOH) zu einer Endkonzentration
von ≤ 5 mM und erhöhte das Volumen dieser Mischung um 50 % durch Zugabe von
Orthoameisensäuretrimethylester, welcher somit ein Drittel des Reaktionsvolumens
einnahm. Die klare Lösung wurde in einer zylindrischen Glasampulle (Innenmaße:
200 mm × 28 mm) mit Young-Teflonhahn durch drei Entgasungszyklen (Einfrieren bei
−196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) vom Sauerstoff befreit und fünf Tage lang bei 4 °C aufbewahrt. Anschließend gelang es, die Pentamethylester durch Zugabe einer dem Ansatzvolumen identischen Menge an 0.1 M NaClO4 / HClO4 (pH 2.3) und mehrfaches
Ausschütteln mit wenigen Millilitern DCM quantitativ zu extrahieren, wobei der Redoxindikator Resazurin in der wäßrigen Phase verblieb. Nach Filtration der DCM-Schicht
über Watte / Cellulose wurde die Lösung zum Trockenen eingeengt.
Rund 700 nmol aus dem zuvor entsalzten Rohisolat Nr. 2 (siehe Kapitel I 4.3) löste
man in 1 mL wasserfreiem Methanol (über Mg destilliert) mit 13 mg p-Toluensulfonsäure, Letztere zuvor durch dreifaches Auflösen / Einrotieren in Toluen (über CaH2 destilliert) getrocknet. Es erwies sich als vorteilhaft, die methanolische Lösung zu gleichen
Teilen auf zwei zuvor bei 100 °C ausgeheizte zylindrische Glasampullen (Innenmaße:
150 mm × 8 mm) mit Young-Teflonhahn zu verteilen und durch drei Entgasungszyklen
(Einfrieren bei −196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) vom Sauerstoff zu befreien. Die Umsetzung erfolgte innerhalb von 3 h bei 50 °C im Wasserbad, wonach man den Ansatz sofort auf 0 °C im Eisbad abkühlte. Durch Zugabe von 1 mL 0.1 M NaClO4 / HClO4
(pH 2.3) und dreimaliges Ausschütteln mit je 1 mL DCM (über CaH2 destilliert) konnten
83 % des eingesetzten F430-Gesamt-Chromophors als Pentamethylester extrahiert
und nach Filtration über Watte / Cellulose in Festform gewonnen werden.
I
Experimenteller Teil
126
Gemäß demselben Prozedere erfolgte die Veresterung von etwa 4.5 µmol des zuvor
entsalzten Rohisolates Nr. 4 (siehe Kapitel I 4.3), welches in 2 mL MeOH mit wiederum
80 mM p-TsOH gelöst wurde, beide Reagenzien wie beschrieben von Wasserspuren
befreit. Wiederum führte man die Reaktion unter Vakuum in zwei zylindrischen Glasampullen durch, diesmal allerdings für 3.5 h bei 40 °C. Die Extraktion mit DCM fand in
Zentrifugenröhrchen statt, und nach Zentrifugation bei 280 × g für 60 s wurden die vollständig abgetrennten organischen Phasen mit gasdichten Hamilton-Spritzen entnommen, durch Watte / Cellulose filtriert und zum Trockenen eingeengt. Die wäßrige Phase
zeigte bei 430 nm keine nachweisbare Absorption mehr, so daß > 99 % des eingesetzten F430-Chromophors pentamethyliert wurden.
4.5
Hydrolyse von Cofaktor-F430-Pentamethylestern
In zwei parallelen Experimenten wurden jeweils 50-100 nmol von (172S)-172-MeSF430Me5 und (172R)-172-MeS-F430Me5 in 20 %iger Schwefelsäure zu Endkonzentrationen ≤ 0.1 mM gelöst, in zylindrische Glasampullen (Innenmaße: 160 mm × 20 mm)
mit Young-Teflonhahn gefüllt und drei Entgasungszyklen (Einfrieren bei −196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) unterworfen. Nach erschöpfender Hydrolyse über drei Tage bei 4 °C
trennte man die entstandenen F430-Pentacarbonsäuren durch Adsorption an SPEHLB-Kartuschen, desorbierte mit MeOH und engte die Eluate zum Trockenen ein.
4.6
Epimerisierung am MeS-Substituenten
Zur Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts wurden 50 nmol von HPLCreinem (172S)-172-MeS-F430 in 2 mL 20 %iger Schwefelsäure gelöst und in einer zylindrischen Glasampulle (Innenmaße: 160 mm × 20 mm) mit Young-Teflonhahn nach
drei Entgasungszyklen (Einfrieren bei −196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) bei 4 °C äquilibriert. In Zeiträumen von 3 / 7 / 16 / 29 Tagen entnahm man jeweils 500 µL der sauren
Lösung unter N2-Atmosphäre, isolierte die 172-Epimeren mittels SPE-HLB-Kartuschen
(siehe Abschnitt I 4.3) und löste die Feststoffe in 0.1 M KH2PO4-Pufferlösung, einge-
I
Experimenteller Teil
127
stellt mit NaOH auf pH 5.8 und gesättigt mit Argon über eine Stahlkapillare. Es gelang,
das molare Epimerenverhältnis durch RP-HPLC an Hypercarb 5 µm mit Vorsäule zu
analysieren. Auftragelösung: c = 0.16 mM; Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A:
HClO4 in H2O (pH 1.0); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate:
1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 30 % B in 3 min, 30 % B → 90 % B in 180 min; Detektion
bei 430 nm.
4.7
HPLC von F430-Pentacarbonsäuren und -methylestern
Für die präparative Gewinnung von F430 und seinen Derivaten auf der Stufe von Pentacarbonsäuren wurde die Rohfraktion in Argon-begaster Pufferlösung zu einer Endkonzentration von 10 mM (0.1 M KH2PO4; pH 5.8) solubilisiert und auf Chromolith®
SemiPrep RP-18e mit Vorsäule aufgetragen. Injektionsvolumen: 100 µL; mobile Phase
A: HClO4 in H2O (pH 2.3); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 20 % B in 2 min, 20 % B → 90 % B in 360 min; Detektion bei 430 nm. Es erwies sich als vorteilhaft, die sauren Eluate sofort im Eisbad
über eine Stahlkapillare mit Argon zu sättigen und danach am Rotationsverdampfer bei
Raumtemperatur den MeCN-Anteil so weit als möglich zu verringern. Zur Aufbewahrung über Nacht diente ein mit Trockeneis gefülltes Dewar-Gefäß. Die Einzelkomponenten konnten nach Entsalzen über SPE-HLB-Kartuschen (siehe Abschnitt I 4.3) in
Festform gewonnen werden.
Auf der Ebene von F430-Pentamethylestern ging man analog vor, wobei die Rohfraktion hier als konzentrierte Lösung (c = 33.3 mM) in MeCN vorlag, welche mit H2O
im Verhältnis 3:7 auf eine Endkonzentration von 10 mM verdünnt aufgetragen wurde.
Die HPLC-Bedingungen für Chromolith® SemiPrep RP-18e mit Vorsäule lauteten wie
folgt: Injektionsvolumen: 100 µL; mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in H2O; mobile Phase
B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 30 % B → 90 %
B in 90 min; Detektion bei 430 nm. Maßnahmen zum Schutz vor Oxidation und Darstellung der Ester durch Entsalzen sind im vorhergehenden Absatz beschrieben. Alternativ
ließen sich die Pentaalkylester aus den Eluaten auch durch Extraktion mit DCM gewinnen (siehe Kapitel I 4.4).
I
Experimenteller Teil
128
Was die Methylsulfanyl-Derivate anbetrifft, so wurden 2.5 µmol von Rohisolat Nr. 3
in 250 µL 0.1 M KH2PO4-Puffer (pH 5.8) zu einer Endkonzentration von 10 mM gelöst.
Es gelang, die beiden Hauptbestandteile F430 und (172S)-172-MeS-F430 von den Minoritätskomponenten über Chromolith® SemiPrep RP-18e mit Vorsäule abzutrennen:
Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in HClO4/H2O (pH 2.3); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 %
B → 20 % B in 2 min, 20 % B → 90 % B in 270 min; Detektion bei 430 nm. Nach Entsalzen und Einrotieren injizierte man das Zwischenprodukt (≈ 1.8 µmol) als 10 mM Lösung in 180 µL 0.1 M KH2PO4-Puffer (pH 5.8), wobei die Separation der beiden Hauptkomponenten über Hypercarb® 5 µm mit Vorsäule erfolgte: Injektionsvolumen: 20 µL;
mobile Phase A: HClO4 in H2O (pH 1.0); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient
Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 30 % B in 3 min, 30 % B → 90 % B
in 180 min; Detektion bei 430 nm. Nach Entsalzen gemäß Abschnitt I 4.3 wurden die
Reinsubstanzen zum Trockenen einrotiert und bei −30 °C aufbewahrt.
4.5 µmol von erschöpfend methyliertem Rohisolat Nr. 4 (siehe Kapitel I 4.4) löste
man in 67.5 µL MeCN und verdünnte mit H2O auf ein Endvolumen von 450 µL. Diese
10 mM Auftragelösung wurde über Chromolith® SemiPrep RP-18e mit Vorsäule separiert: Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in H2O; mobile Phase
B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 30 %
B in 3 min, 30 % B → 90 % B in 90 min; Detektion bei 430 nm. Die sechs Einzelkomponenten ließen sich wie im zweiten Absatz dieses Kapitels dargelegt durch Entsalzen
als Festsubstanzen gewinnen. Alle in diesem Kapitel beschriebenen Operationen wurden unter vermindertem O2-Partialdruck durchgeführt: entgaste HPLC-Lösungsmittel,
Argon-gesättigte sowie Trockeneis-gekühlte Auftragelösungen und Eluate, Aufbewahrung der Eluate in Schraubdeckelgefäßen mit Teflon-Einlage, Entsalzen unter N2-Atmosphäre.
4.8
UV/VIS-, CD-Spektroskopie
Alle UV/VIS-Spektren wurden in Präzisionsküvetten (d = 0.100 / 1.000 cm) aus Quarzglas auf einem Zweikanal-Lambda-20-Spektrometer mit UV-WINLAB-Software Version
2.85.04 gemessen. Einstellungen: Scan 800.0 nm → 190.0 nm; Data Interval 0.50 nm;
I
Experimenteller Teil
129
Number of Cycles 1; Cycle Time 0.10 s; Scan Speed 960 nm min−1; Smooths Points 2.
Zur Aufnahme und Prozessierung der CD-Spektren diente ein JASCO J-170 Spektropolarimeter mit JASCO Spectra Manager Software (Version 1.53.00), wobei die Proben
in Präzisionsküvetten aus Quarzglas (d = 0.100 cm) vorlagen. Es erwies sich als vorteilhaft, die Lösungen der hydrocorphinoiden Pentacarbonsäuren sowie Pentamethylester auf eine Absorption von 0.7-1.0 bei 435 nm (freie Säuren in Methanol) beziehungsweise von 442 nm (Pentamethylester in Dichlormethan) einzustellen. Parameter:
Band Width 1.0 nm; Response 0.5 s, Data Pitch 0.1 nm; Scanning Speed 100 nm
min−1; Accumulation 4; Temperature 20 °C.
4.9
MALDI-Massenspektrometrie
HiResMALDI-ICR-MS:
Die Proben mit hydrocorphinoiden Pentacarbonsäuren und/oder Pentaalkylestern wurden in einer Matrix aus α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure in MeOH:H2O [50:50] vorbereitet,
und sämtliche Messungen erfolgten auf einem IonSpec Varian 4.7 T Ultima FT-ICRMassenspektrometer.
MALDI-TOF-MS:
Zur Identifizierung HPLC-reiner Pentacarbonsäuren, Mono- bis Pentaalkylester und
entsprechender Gemische diente eine gesättigte Lösung von α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure in MeOH:H2O [50:50] als Matrix, alternativ auch das Isomere α-Cyan-3-hydroxyzimtsäure in demselben Lösungsmittel. Ausschließlich für die Pentaalkylester eignete
sich ebenso eine verdünnte Lösung von trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2propenyliden]-malonsäuredinitril in Dichlormethan. Sämtliche Messungen wurden im
positiven Modus auf einem Bruker Ultraflex-II-Massenspektrometer durchgeführt.
4.10 LA-ICP-SF-Massenspektrometrie
Zur Bestimmung des Element-Verhältnisses Nickel:Schwefel in hydrocorphinoiden
Rohisolaten und Reinsubstanzen mittels LA-ICP-SF-MS (Laser Ablation Inductively
I
Experimenteller Teil
130
Coupled Plasma Sector Field Mass Spectrometry) diente ein Excimer-Laser-AblationsSystem, gekoppelt mit einem Sektorfeld-ICP-MS bei einer mittleren Auflösung von
m/∆m = 4000, um die Ionen
32
S+ und 16O16O+ unterscheiden zu können (vgl. Günther
and Hattendorf, 2005; Latkoczy and Günther, 2002). Sämtliche Proben wurden in
MeOH (über Mg destilliert) gelöst und bei 50 °C mit Hilfe einer Linomat-Applikationsspritze auf Plättchen aus SUPRASIL®-Quarzglas jeweils in vier Zonen (10 µL pro Zone)
aufgetragen. Die Laser-gesteuerte Ablation erfolgte direkt im Einzelbahn-Scan-Modus,
bei einer Energiedichte eingestellt auf 5 J cm−2, einem Kraterdurchmesser von 80 µm
und einer Repetitionsrate von 5 Hz, wobei die Übergangssignale über eine Zeitdauer
von 40 s aufgezeichnet wurden. Es erwies sich als vorteilhaft, jede Probe mehrfach zu
analysieren (n = 4 oder 8) und Kontrollmessungen mit F430Me5 durchzuführen, um die
Substanz-abhängigen Hintergrundintensitäten von Ni- und S-Isotopen zu bestimmen.
Die Quantifizierung des Element-Massenverhältnisses 60Ni/32S gelang mit dem Silikatglas NIST SRM 610 und durch Kreuzanalyse am Schwefel-haltigen Scapolith Mineral
R1.
4.11 NMR-Spektroskopie
Sämtliche 1H- und
13
C-NMR-Spektren wurden auf Avance-II-Spektrometern (Bruker)
bei 600 / 150 MHz und 700 / 175 MHz mit Kryoköpfen (5 mm) vom Typ DCH und TCI
aufgenommen. Die angegebenen chemischen Verschiebungen sind referenziert auf
die Signale von 2,2,2,-Trifluorethanol in CD2Cl2: δ (1H) = 3.92 (CF3CHDOD), δ (13C) =
58.70 (CF3CD2OD); δ in ppm. Vor Verwendung wurden die NMR-Lösungsmittel durch
jeweils dreifache Destillation über CaH2 (→ CD2Cl2) beziehungsweise Mg (→ 2,2,2TFE-d3) unter Schutzgas (N2) in einer geschlossenen Apparatur aus Pyrex®-Glas gereinigt. Für die gerätespezifischen Parameter bei der Strukturaufklärung der F430-Variante siehe Tabellen I-11 bis I-13. Zur Analyse der 2D-Spektren diente das Programm
SPARKY 3 (vgl. Goddard and Kneller, 2007).
Ansätze mit Pentamethylestern in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20 (v/v)]:
Nach Aufreinigung über semipräparative RP-HPLC wurden die Konfigurationsisomere
(172S)-172-MeS-F430Me5 und (172R)-172-MeS-F430Me5 mittels SPE-HLB-Kartuschen
entsalzt (siehe Abschnitt I 4.3). Zum Entfernen letzter Spuren an nichtdeuterierten Lö-
I
Experimenteller Teil
131
Tab. I-11. Gerätespezifische Parameter für die Aufzeichnung und Prozessierung der NMR-Daten
von (172S)-172-MeS-F430Me5.
(172S)-172-MeS-F430Me5
Compound
Experiment
1D-1H
DQF-COSY
MedHSQC
HMBC
ROESY
Pulseprogram*
zg30
cosygpmfph
600.12
600.12
12.32
12.32
2048
512
2.5
0.139
0.0346
4
4
hmbcgpl2n
dqf
600.12
150.93
13.35
222.32
4096
256
2
0.256
0.00381
64
16
creosyph
600.12
hsqcedetgp
sisp2
600.12
150.93
13.35
165.6
2048
256
1.5
0.128
0.00512
16
4
128 K
1024
1024
512
1024
1024
512
1024
1024
EM lb = 0.3
cos2
cos2
States-TPPI
cos2
cos2
Echoantiecho
sin
sin
QF
cos2
cos2
5th (F1 &
F2)
5th (F1 &
F2)
F2 [MHz]
F1 [MHz]
SW F2 [ppm]
SW F1 [ppm]
TD t2 [pts]
TD t1 [pts]
Relaxation delay [s]
AQ t2 [s]
Maximal AQ t1 [s]
Transients
Dummy scans
Spinlock field [kHz]
Mixing time [s]
FT size F2 [pts]
FT size F1 [pts]
Linear prediction
forward [pts]
Window t2
Window t1
Quadrature mode
t1
Baseline correction
polynome order
20.55
64 K
1
2.66
8
0
5th
600.21
600.21
10.2
10.2
2048
256
2
0.167
0.0209
32
4
2.5 (CW)
0.3
1024
1024
* Bruker standard pulseprogram library (TOPSPIN™ v1.3)
sungsmitteln erwies es sich als vorteilhaft, beide Substanzen in 2mL-Schraubdeckelgefäße zu überführen und dreimal hintereinander in Dichlormethan-d2 zu lösen, wobei
das Solvens am Rotationsverdampfer abzuziehen war. Jeweils 600 nmol der Isomere
trocknete man am Hochvakuum und löste diese anschließend in je 120 µL CD2Cl2:TFEd3 [80:20 (v/v)]. Die dunkelbraunen Lösungen wurden mit einer Mikroliter-Spritze portionsweise in eine Glaspipette mit Cellulosefilter überführt, deren ausgezogene Spitze
in ein 3mm-Shigemi-Röhrchen CMS mündete. Dabei achtete man darauf, daß die
Flüssigkeitssäule im Meßröhrchen eine Höhe von 20 mm nicht überstieg. Das koaxiale
I
Experimenteller Teil
132
Tab. I-12. Gerätespezifische Parameter für die Aufzeichnung und Prozessierung der NMR-Daten
von (172R)-172-MeS-F430Me5.
(172R)-172-MeS-F430Me5
Compound
Experiment
1D-1H
DQF-COSY
MedHSQC
HMBC
ROESY
Pulseprogram*
zg30
cosygpmfph
600.21
600.21
12.32
12.32
2048
512
2.5
0.139
0.0346
4
4
hmbcgpl2n
dqf
600.21
150.93
13.35
222.32
4096
256
2
0.256
0.00381
64
16
creosyph
600.21
hsqcedetgp
sisp2
600.21
150.93
13.35
165.64
2048
256
1.5
0.128
0.00512
16
4
128 K
1024
1024
512
1024
1024
512
1024
1024
512
EM lb = 0.3
cos2
cos2
States-TPPI
cos2
cos2
Echoantiecho
sin
sin
QF
cos2
cos2
States-TPPI
5th (F1 &
F2)
5th (F1 &
F2)
F2 [MHz]
F1 [MHz]
SW F2 [ppm]
SW F1 [ppm]
TD t2 [pts]
TD t1 [pts]
Relaxation delay [s]
AQ t2 [s]
Maximal AQ t1 [s]
Transients
Dummy scans
Spinlock field [kHz]
Mixing time [s]
FT size F2 [pts]
FT size F1 [pts]
Linear prediction
forward [pts]
Window t2
Window t1
Quadrature mode
t1
Baseline correction
polynome order
20.55
64 K
1
2.66
8
0
600.21
600.21
10.2
10.2
2048
256
2
0.167
0.0209
32
4
2.5 (CW)
0.3
1024
1024
* Bruker standard pulseprogram library (TOPSPIN™ v1.3)
Innenröhrchen wurde eingesetzt und nach Entfernen der Gasblasen mit Parafilm
fixiert, wobei alle vorhergehenden Operationen unter N2-Atmosphäre stattfanden. Da
die Messung an (172S)-172-MeS-F430Me5 im Abstand von einigen Wochen wiederholt
werden mußte, erwies es sich als vorteilhaft, dieses Isomer vor dem zweiten Einsatz
mittels pHPTLC aufzureinigen (siehe Abschnitt I 4.1).
Ansätze mit Pentacarbonsäuren und Rohisolaten in TFE-d3:
Eine Menge von 560 nmol der MeS-haltigen Hauptkomponente aus Rohisolat Nr. 3,
aufgereinigt über RP-HPLC, sowie 2.5 µmol des Ausgangsisolates vor Auftrennung
wurden über SPE-HLB-Kartuschen entsalzt (siehe Abschnitt I 4.3). Es gelang, die Lös-
I
Experimenteller Teil
133
Tab. I-13. Gerätespezifische Parameter für die Aufzeichnung und Prozessierung der NMR-Daten
von (172S)-172-MeS-F430.
(172S)-172-MeS-F430
Compound
Experiment
1D-1H
1D-13C BB
COSY
MedHSQC
HMBC
Pulseprogram*
zg30
zgpg
cosygpppqf
700.13
176.06
700.13
242
700.13
700.13
hsqcedetgp
sisp2
700.13
176.06
hmbcgpl2n
dqf
700.13
176.06
2048
1024
1
0.183
0.0915
1
16
1024
256
1
0.0915
0.00582
16
32
2048
256
1
0.183
0.00303
32
32
F2 [MHz]
F1 [MHz]
SW F2 [ppm]
SW F1 [ppm]
TD t2 [pts]
TD t1 [pts]
Relaxation delay [s]
AQ t2 [s]
Maximal AQ t1 [s]
Transients
Dummy scans
Spinlock field [kHz]
Mixing time [s]
FT size F2 [pts]
FT size F1 [pts]
Linear prediction
forward [pts]
Window t2
Window t1
Quadrature mode
t1
Baseline correction
polynome order
14
32 K
1
1.67
0.73
0.769
16
2
36000
8
waltz65
dec.
32 K
128 K
2048
1024
2048
1024
512
2048
1024
512
EM lb = 0.3
EM lb = 2.0
sin2 (shift
72°)
sin2
QF
cos2
sin2
Echoantiecho
QF
5th
5th
* Bruker standard pulseprogram library (TOPSPIN™ v1.3)
lichkeit aller Pentasäuren in 2,2,2-Trifluorethanol sicherzustellen, indem man alle
hydrocorphinoiden Nickel-Komplexe mit MeOH:TFE [50:50 (v/v)] eluierte. Letzte Spuren an nichtdeuterierten Lösungsmitteln wurden dadurch entfernt, daß man Reinkomponente und Substanzgemisch in 2mL-Schraubdeckelgefäßen jeweils dreimal hintereinander in 2,2,2-TFE-d3 löste und das Solvens zwischenzeitlich abrotierte. Filtration
sowie Überführung und Versiegelung in 3mm-Shigemi-Röhrchen MMS erfolgten auf
dieselbe Weise wie für die Pentamethylester beschrieben.
I
Experimenteller Teil
134
4.12 Partialsynthese
Als Ausgangsmaterial dienten F430 in HPLC-Qualität sowie die entsprechenden Pentamethylester in pHPTLC-Reinheit (siehe Abschnitte I 4.1, I 4.7), gelöst in Dichlormethan oder Methanol zu Konzentrationen von 0.1-1 mM. Als MethylsulfanylierungsReagenzien wurden Dimethyldisulfid (DMDS) oder Methanthiosulfonsäure-S-methylester (MMTS) jeweils in 103-104-fachem Überschuß herangezogen, für Reaktionen unter Basenkatalyse gesättigte Lösungen von CaH2, Ca(OH)2 oder Mg(OH)2 in MeOH sowie von 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin (PMP) oder 1,1,3,3-Tetramethylguanidin
(TMG) in CH2Cl2, Letztere in 103-fachem Überschuß. Die sauren Ansätze bereitete
man in 2mL-Schraubdeckelgefäßen mit Teflonverschluß. Die basischen Reaktionsmedien wiederum wurden in den einen Arm einer Pyrex®-Glasapparatur mit Young-Teflonhahn und angeschmolzener UV/VIS-Küvette gefüllt und nach dreimaligem Einfrieren (− 196 °C) / Entgasen mit dem im anderen Arm als Festsubstanz befindlichen
Hydrocorphin unter Vakuum (≤ 0.5 Torr) in Kontakt gebracht. Nach erfolgter Umsetzung der Pentamethylester säuerte man die Reaktionslösung unter N2-Atmosphäre mit
0.1 M NaClO4 in verdünnter HClO4 (pH 1.0) an und extrahierte durch mehrfaches Ausschütteln mit Dichlormethan. Sämtliche Reaktionen liefen bei Raumtemperatur (20 °C)
ab. Die anschließende MS-Analyse erfolgte mit einer Matrix aus 4-CCA (wäßrige Phase) beziehungsweise DCTB (organische Phase) im MALDI-TOF (siehe Abschnitt I
4.9).
4.13 Labormaterial
Chemikalien:
Aceton (ACS; Fluka)
♦ Acetonitril (HPLC Gradient Grade; LAB-SCAN)
♦ Ameisensäure 98-100 % (p. a.; Merck)
♦ Argon (4.8; PanGas)
♦
♦
trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2-propenyliden]-malonsäuredinitril
(puriss. p. a., ≥ 99.0 % (HPLC); Fluka)
I
Experimenteller Teil
♦
1-Butanol (zur Analyse; Merck)
♦
Calciumhydrid (93 %; Acros)
♦
α-Cyan-3-hydroxyzimtsäure (99 %; Aldrich)
♦
α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure (97 %; Aldrich)
Dichlormethan (HPLC Grade; Fisher Scientific)
♦ Dimethyldisulfid (pract. ≥ 98 % (GC); Fluka)
♦ 1,4-Dioxan (puriss., H2O ≤ 0.01 %, ≥ 99.5 % (GC); Fluka)
♦
Essigsäure 100 % (p. a.; Scharlau)
♦ Ethanol absolut (Analytical Grade, ACS; Scharlau)
♦ Hexadecyltrimethylammoniumhydroxid 10 % in H2O (p. a.; TCI)
♦ Kaliumdihydrogenphosphat (zur Analyse; Merck)
♦
♦
Kaliumperchlorat (zur Analyse; Merck)
♦
Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific)
Methansulfonsäure (puriss., ≥ 99.0 % (T); Fluka)
♦ Methanthiosulfonsäure-S-methylester (purum, ≥ 98.0 % (GC); Fluka)
♦ Methylenchlorid-d2 (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals)
♦
Methyltrioctylammoniumchlorid Aliquat® 336 (zur Synthese; VWR)
♦ Natriumperchlorat Monohydrat (puriss. p. a. ACS, ≥ 98.0 % (T); Fluka)
♦ Natronlauge 50-52 % in H2O (puriss. p. a.; Fluka)
♦ Orthoameisensäuretriethylester (purum, ≥ 99.0 % (GC); Fluka)
♦
Orthoameisensäuretrimethylester (purum, ≥ 98.0 % (GC); Fluka)
♦ 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin (purum, ≥ 99.0 % (GC); Fluka)
♦ Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën)
♦ Schwefelsäure 96 % (puriss. p. a.; Merck)
♦
♦
Stickstoff (4.5; PanGas)
♦
Tetrahydrofuran (LiChrosolv®; Merck)
♦
1,1,3,3-Tetramethylguanidin (puriss., ≥ 99.0 % (GC); Fluka)
♦
Toluen (p. a.; Fluka) → über CaH2 destilliert
♦
p-Toluensulfonsäure Monohydrat (puriss. p. a.; Fluka)
♦
2,2,2-Trifluorethanol (puriss., ≥ 99.0 % (GC); Fluka)
♦
2,2,2-Trifluorethanol-d3 (98 Atom% D; ARMAR Chemicals)
♦
Wasser NANOpure (R > 18 MΩ; SKAN / Barnstead)
135
I
Experimenteller Teil
136
Geräte:
♦
CD-Spektroskopie: JASCO J-170 Spektropolarimeter (Omnilab) + JASCO Spectra
Manager Version 1.53.00 (Omnilab)
♦
Gastight® Syringes Luer Lock (500 / 1000 µL; Hamilton) + Nadel (22/51/pst3/tapN)
(Hamilton)
♦
1
H-/13C-NMR: Avance-II (600 / 150 MHz; Bruker)
Avance-II (700 / 175 MHz + DCH/TCI-Kryokopf (5 mm); Bruker)
♦
HiResMALDI-ICR-MS: IonSpec Varian 4.7 T Ultima FT-ICR-MS
♦
HPLC-Anlage: Entgasungseinheit (Knauer) + Gradientenmischer FCV-10AL (Shimadzu) + Gradientenpumpe LC-10AD (Shimadzu) + Hochdruckmischkammer
(Knauer) + Injektionsventil (Rheodyne) + Edelstahl-Loop (20 / 100 µL) + UV/VIS-Absorptions-Detektor 757 (Applied Biosystems) + Integrator D-7500 (Merck Hitachi);
Probeninjektion mit Kunststoffspritze (2 mL; ONCE®) + Nadel (22/51/pst3/tapN) (Hamilton)
♦
HPLC-Säulen: Chromolith® Performance RP-18e (100 mm × 4.6 mm; Merck)
Chromolith® SemiPrep RP-18e (100 mm × 10 mm; Merck)
Hypercarb® 5 µm (100 mm × 4.6 mm; Thermo ELECTRON CORPORATION)
♦
HPTLC-Glasplatten Kieselgel 60 (20 cm × 10 cm; Merck)
♦
Kolbenhubpipetten (Eppendorf) + Pipettenspitzen (0.1-10 µL, ep T.i.P.S.; Eppendorf
/ 200 µL; TreffLab / 1000 µL; TreffLab)
♦
LA-ICP-SF-MS: Excimer-Laser-Ablations-System (GeoLasM; Coherent Lambda
Physics) + Sektorfeld-ICP-MS (Thermo Fisher) + Standard (NIST SRM 610 / Scapolith R1)
♦
Linomat IV + 100 / 500 µL Applikationsspritze (CAMAG)
♦
MALDI-TOF-MS: Ultraflex II (25 kV, Reflotron; Bruker)
♦
NMR-Röhrchen: 3 mm × 200 mm, CMS → spezifiziert für CDCl3 (Shigemi)
3 mm × 200 mm, MMS → spezifiziert für CD3OD (Shigemi)
♦
OASIS® HLB Cartridges (1-35 ccm / 30-6000 mg; Waters Corporation)
♦
pH-Messung: pH-Meter 744 (Metrohm) + LL Biotrode pH 1-11 / 0-60 °C (Metrohm)
♦
Präzisionsküvetten (0.100 / 1.000 cm) aus Quarzglas SUPRASIL® (Hellma®)
♦
Quarzscheiben SUPRASIL® (30 mm × 2 mm; Heraeus)
I
Experimenteller Teil
137
♦
Schraubdeckelgefäße (Weißglas, 2 / 4 / 15 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO)
♦
Stahlkapillare 2R2 (0.30 mm × 200 mm; unimed)
♦
TLC-Glasplatten Kieselgel 60 RP-18 F254s (20 cm × 10 cm; Merck)
♦
Trocknen: Drehschieber-Vakuumpumpe RZ 5 (Vacuubrand) + Druckanzeige PIRANI 12 (Edwards)
♦
UV/VIS-Spektroskopie: Zweikanal-Lambda-20-Spektrometer (Perkin-Elmer) + UVWINLAB-Software Version 2.85.04 (Perkin-Elmer)
♦
Zentrifugieren: Centrifuge 5415 D (Eppendorf): 13000 rpm / 6 cm Radius / 287 × g
138
__________________________________
II
Protoneninventar der
Methyl-Coenzym-M-Reductase
__________________________________
1
Grundlagen und Methodik
1.1
Kristallstruktur von MCRox1-silent und MCRsilent
Alle gegenwärtig bekannten Röntgenstrukturen des 300-kDa-Enzyms MCR bis zu einer Auflösung von 1.16 Å beschreiben nur inaktive Ni(II)-Formen ohne EPR-Signal,
vollständig charakterisiert durch eine Reihe von α-Helizes als Ellipsoid (ca. 120 × 85 ×
80 Å3) mit einer C2-Achse in Längsrichtung. Die beiden identischen Stellen zur nebenvalenten Bindung von Cofaktor F430 befinden sich im Abstand von rund 50 Å tief im
Inneren des Proteins und sind mit der Oberfläche nur durch einen 50-Å-langen Kanal
verbunden, dessen Durchmesser an der engsten Stelle 6 Å beträgt. Sowohl die F430Bindungsstellen als auch der Kanal bestehen im wesentlichen aus hydrophoben Resten der Untereinheiten α, α‘, β und γ sowie α‘, α, β‘ und γ, so daß die beiden aktiven
Stellen der MCR über koordinierende Aminosäuren in einzigartiger Weise eng miteinander verflochten sind. Ni(II)F430 zeigt mit der den Substraten zugänglichen β-Seite
des Tetrapyrrol-Systems (siehe Kapitel I 1.2.2) zur Mündung des Kanals, mit der abgewandten α-Seite entsprechend zum Kanalboden und nimmt konformationell eine
eher flache Anordnung ein, mit oktaedrisch koordiniertem Nickel in zentraler Position
etwas oberhalb der Ebene des Makrozyklus (siehe Abb. II-1 a). Die vier äquatorialen
Koordinationsstellen werden von drei Stickstoffen des Hydrocorphins besetzt, Position
5 axial von der α-Seite aus mit dem Carbamoyl-Sauerstoff von Glnα‘147, welcher
II Grundlagen und Methodik
139
a
c
b
25 Å
30 Å
8Å
C oenzym B
2
O 2C
O 3PO
2
O 2C
O3 P O
HN
50 Å
O
HN
C oenzym M
CoB-CoM-Heterodisulfid
O
SH
O
4Å
O
S
H
S
O
S
S
N
N
NiII
N
F430
S
O
N
O
N
H2N
N
NiII
O
GlnĮ‘147
Ni-O-Distanz: 2.2 Å
O
N
N
F430
Abb. II-1. Katalytisches Zentrum der MCR I: a) Röntgenstruktur von MCRox1-silent (verändert nach
Ermler et al., 1997: 1460 f.); schematischer Querschnitt durch die aktive Stelle von MCRox1-silent (b)
mit den Coenzymen B + M und von MCRsilent (c) mit Produkt CoB−CoM-Heterodisulfid (verändert
nach Bauer, 2003: 68, 70).
II Grundlagen und Methodik
140
möglicherweise die Nucleophilie von Ni(I)F430 im aktiven Enzym erhöht und durch koordinativen Zug an Ni(II)F430 gegen Ende des katalytischen Zyklus die aktive Freisetzung des Liganden in Position 6 axial auf der β-Seite steuert.
Der spektroskopische Zustand des aktiven Enzyms wird einzig durch MCRred1 repräsentiert, induziert über Kultivieren von Methanothermobacter marburgensis bei 80 %
H2 / 20 % CO2 und anschließendes Begasen mit 100 % H2. Wählt man anstelle von reinem Wasserstoff ein Gemisch aus 80 % N2 / 20 % CO2 oder inkubiert mit Di-/Polysulfiden, so entsteht MCRox1, welche sich unter oxischen wie anoxischen Bedingungen
innerhalb von Stunden in MCRox1-silent umwandelt. Unterläßt man jedoch die Zufuhr von
H2 oder 80 % N2 / 20 % CO2 komplett, so wird eine als MCRsilent bezeichnete, inaktive
Ni(II)-Spezies erhalten (vgl. Thauer, 1998: 2390 f.).
Bei MCRox1-silent (siehe Abb. II-1 b) sind die Coenzyme B und M im aktiven Zentrum
gebunden, wobei der Thiol-S von CoM als −SH oder −S− im Abstand von 2.42 Å an
Ni(II) axial koordiniert und mit den phenolischen Hydroxy-Gruppen von Tyrα‘333 und
Tyrβ367 sowie einem H2O-Molekül zwischen den beiden Coenzymen interagiert. Fast
perfekt wird die engste Stelle im Kanal von CoB ausgefüllt, dessen terminale SulfanylGruppe vom Ni(II)-Zentrum 8.7 Å und vom Thiol-S des CoM 6.2 Å entfernt ist.
MCRsilent (siehe Abb. II-1 c) enthält das CoM−S−S−CoB-Heterodisulfid gebunden,
mit dem CoB-Anteil fast deckungsgleich zur Anordnung in der MCRox1-silent-Struktur. Im
Gegensatz dazu ist die CoM-Teilstruktur vergleichsweise um 90° gedreht, mit der C−
S−S-Bindung senkrecht und der Sulfonat-Funktion parallel zur Tetrapyrrol-Ebene verschoben. In dieser Position koordiniert eines der Sulfonat-O-Atome axial an Ni(II) im
Abstand von 2.1 Å und interagiert mit der Hydroxy-Gruppe von Tyrα‘333. Ein zweites Sulfonat-O-Atom bildet Wasserstoffbrückenbindungen zum Lactam-Ring von Cofaktor
F430 sowie zur Hydroxy-Gruppe von Tyrβ367 aus, ein drittes zu einem H2O-Molekül
nahe der Sulfonat-Bindungsstelle in MCRox1-silent.
Nahe der aktiven Stelle der MCR fallen fünf modifizierte Aminosäuren ins Auge, allesamt hoch konserviert und in der α-Untereinheit gelegen: Thioglycin, N-Methylhistidin, S-Methylcystein, (5S)-5-Methylarginin und (2S)-2-Methylglutamin. Biosynthetisch
leiten sich die Methyl-Gruppen dieser Modifikationen vom Methylsulfanyl-Rest des Methionins, hingegen nicht von demjenigen des Methyl-CoM ab. Nur die MCR aus Methanosarcina zeigt keine Glutamin-Methylierung, während Thioglycin in allen bislang
untersuchten Methyl-Coenzym-M-Reductasen aus methanogenen Archaea nachge-
II Grundlagen und Methodik
141
wiesen werden konnte und eine Thiopeptid-Bindung ausbildet, bislang einzigartig innerhalb der Substanzklasse der Proteine. Möglicherweise ist diese strukturelle
Besonderheit an einer redoxgesteuerten cis-trans-Isomerisierung beteiligt, welche die
beiden aktiven Zentren des Enzyms MCR funktionell miteinander verknüpft (vgl. Jaun
and Thauer, 2007: 335-338, 342, 349).
1.2
Gegenüberstellung der beiden MCR-Isoenzyme
Die Methyl-Coenzym-M-Reductase aus Methanothermobacter marburgensis besteht
aus den Isoenzymen I (McrABG) und II (MrtABG), welche beide über je zwei Hydrocorphine F430 pro Molekül verfügen, gleichermaßen cytoplasmatisch lokalisiert sind und
zusammen über 10 % aller löslichen Zellproteine in methanogenen Archaea ausmachen können. Unter bestimmten Wachstumsbedingungen läßt sich die Synthese der
beiden Isoenzyme weitgehend selektiv induzieren (siehe Tab. II-1), wenngleich sowohl
die Temperaturoptima als auch die EPR-Eigenschaften nahe beieinander liegen. MCR
I und II, leicht separierbar über Anionenaustausch-Chromatographie, unterscheiden
sich signifikant in der Größe der γ-Untereinheit sowie in der Aminosäure-Sequenz aller
Untereinheiten, wobei zwei verwandte aber deutlich getrennte MCR Operons im Genom nachgewiesen wurden. Da MCR II unter nicht-limitierender Gaszufuhr höhere KMWerte für beide Substrate aufweist, kann man postulieren, daß die intrazellulären Konzentrationen von Methyl-CoM und CoB direkt mit der Verfügbarkeit von H2 / CO2 korrelieren und eine Feinanpasssung des Metabolismus an die vorherrschenden Außenbedingungen ermöglichen. Der katalytische Mechanismus von MCR I und II verläuft
über einen ternären Komplex, d. h. beide Substrate müssen das aktive Zentrum erreichen, bevor Methan freigesetzt wird (vgl. Bonacker et al., 1992; Bonacker et al., 1993).
Den in Tabelle II-1 angegebenen Vmax-Werten liegt eine Präparationsvorschrift zugrunde, wonach die Zellen unmittelbar vor Aufschluß 20 min lang mit 100 % H2 begast werden. Hätte man noch zusätzlich den auf diese Weise nicht zu vermeidenden,
erheblichen Anteil der MCR-Isoenzyme im ox-1-Zustand mit Titan(III)-citrat bei pH 10
in die gewünschte red1-Form überführt, wäre eine Steigerung von Vmax um einen Faktor von maximal 5 möglich gewesen (vgl. Thauer, 1998: 2390).
II Grundlagen und Methodik
142
Tab. II-1. Eigenschaften der beiden MCR-Isoenzyme im Vergleich (verändert nach Bonacker et al.,
1992: 89-91; Bonacker et al., 1993: 587-592).
MCR I
MCR II
α2β2γ2
(bis-Heterotrimer)
α2β2γ2
(bis-Heterotrimer)
Expression unter standardisierten Wachstumsbedingungen
Phase 2
(linear)
Phase 1
(exponentiell)
Degradation unter standardisierten Wachstumsbedingungen
Phase 3
(stationär)
Phase 3
(stationär)
Gaszufuhr (80 % H2 / 20 %
CO2)
limitierend
nicht limitierend
65-70 °C
55-65 °C
6.5-7.0
7.5-8.0
KM für Me-CoM
0.6-0.8 mM
1.3-1.5 mM
KM für CoB
0.1-0.3 mM
0.4-0.6 mM
6 U mg−1
21 U mg−1
Substruktur
Temperaturoptimum
pH-Optimum
Vmax für aktivste Präparation
1.3
Katalytische Eigenschaften der MCR
Der letzte Schritt der Methanogenese über MCR verläuft exergon und zeigt unter Standardbedingungen (cSubstrate = cProdukte = 1 M; pMethan = 105 Pa) eine Freie Enthalpie ∆G0‘
von −30 kJ pro mol CH4. Im physiologischen Bereich ergibt sich daraus ∆G‘ gemäß
kJ [ Produkte ]
[ Produkte ]
∆G' = ∆G 0' + RT ln --------------------------------- = ∆G 0' + 5.7 ---------- lg --------------------------------mol [ Substrate ]
[ Substrate ]
(Gl. II-1).
Somit wird die Rückreaktion exergon, falls der Produkt-Substrat-Quotient einen Wert
von ungefähr 105 erreicht, was beispielsweise für einen gegebenen Methan-Partialdruck von 105 Pa, cCoM−S−S−CoB = 10-3 M und cMethyl-CoM = cCoB = 10-4 M der Fall wäre. Über-
II Grundlagen und Methodik
143
einstimmend mit diesen durchaus realistischen Annahmen oxidieren methanogene
Archaea in der Tat Methan unter strikt anaeroben Bedingungen, wenngleich mit sehr
geringen Umsatzraten. Nach neueren Erkenntnissen ist das Reduktionspotential für
CoM−S−S−CoB/CoM + CoB nicht in der Gegend des früher verwendeten Wertes von
−200 mV anzusiedeln, sondern eher bei −143 ± 10 mV. Ferner müssen für die Bildung
von Methyl-CoM aus Methanol und CoM neben den Bindungs- auch die Solvatationsenergien herangezogen werden, so daß −30 ± 10 kJ mol−1 dem tatsächlichen ∆G0‘Wert für die Methyl-CoM-Reduktion zweifellos näherkommen.
Das Isoenzym I der MCR aus Methanothermobacter marburgensis (siehe Abschnitt
II 1.2) zeigt für die Methanbildung aus Methyl-CoM eine maximale spezifische Aktivität
von rund 100 U pro mg Protein bei 60 °C und eine Wechselzahl kcat von 500 s−1 unter
Annahme von Kooperativität zwischen beiden aktiven Stellen. Vernachlässigt man die
Aktivierungsentropie im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt, so entsprechen diese
Werte einer Aktivierungsenthalpie von etwa 63 kJ mol−1. In der exponentiellen Wachstumsphase liegt die spezifische Methanbildungsrate für MCR I in der Gegend von 5 U
pro mg Protein, wobei 1 mM und 0.1 mM als KM-Werte für Methyl-CoM beziehungsweise CoB bestimmt wurden. Um die Rate der Methanoxidation abzuschätzen, zieht man
die Haldane-Gleichung heran, welche die Gleichgewichtskonstante K mit der katalytischen Effizienz (kcat KM−1) für die Hin- und Rückreaktion korreliert:
cat
 k------- K M  Hinreaktion
∆G 0' = – RT ln K = – RT ln ----------------------------------------------cat
 k------- K M  Rueckreaktion
(Gl. II-2).
Gemäß ∆G0‘ = −RTlnK = −30 kJ mol−1 liegt K in der Größenordnung von 105. Unter
der Annahme, daß KM für alle Substrate und Produkte gleichermaßen 0.1 mM beträgt
und daß Vmax für die Methanogenese mit 100 U mg−1 zu veranschlagen ist, würde die
Methanoxidation maximal mit 1 mU mg−1 erfolgen, wobei der Toleranzbereich für ∆G0‘
von ± 10 kJ mol−1 letztlich Vmax-Werte zwischen 0.01 mU mg−1 und 10 mU mg−1 zuläßt.
Die Reduktion von Methyl-Coenzym M erfolgt in einer hydrophoben Tasche des aktiven Enzyms (siehe Kapitel II 1.1), welche von Substraten und Produkten praktisch nur
ohne nebenvalent gebundenes Wasser erreicht beziehungsweise verlassen werden
kann. Methyl-CoM muß zuerst mit der Sulfonat-Gruppe voran den engen Kanal pas-
II Grundlagen und Methodik
144
sieren, da dieser nach Bindung von CoB für weitere Moleküle blockiert ist, und zeigt
letztendlich mit seiner Methyl-Gruppe oder seinem Thioether-Schwefel zum Ni(I)-Zentrum. Coenzym B wiederum orientiert sich mit dem Thioheptanoyl-Rest in Richtung von
F430 und mit der Phosphat-Gruppe zum Kanaleingang, wobei dessen Sulfanyl-Rest
aus einer Entfernung von 8 Å nicht direkt mit dem Ni(I) interagieren kann, wohl aber mit
der Methyl-Gruppe oder alternativ mit dem Thioether-S von Methyl-CoM. Höchstwahrscheinlich startet der katalytische Zyklus der MCR nach Bindung von CoB mit einer geschwindigkeitsbestimmenden Konformationsänderung im aktiven Zentrum, welche
ihrerseits die Wechselwirkung zwischen Methyl-CoM und Ni(I) begünstigt. So weiß
man, daß die Inaktivierung von MCRred1 zu MCRred1-silent durch 2-Bromethansulfonat wie
auch das EPR-Signal nach Zugabe des Substratanalogons CoM unmittelbar von der
CoB-Konzentration abhängen und daß Experimente zur Steady-State-Kinetik klar für
die Existenz eines ternären Komplexes sprechen (siehe Abschnitt II 1.2).
Für den Reaktionszyklus der MCR werden im wesentlichen drei Mechanismen postuliert (siehe Abb. II-2), welche allesamt über Thiyl-Radikale laufen, wobei in den
Schemen I und III auch anionische Disulfid-Radikale auftreten. Diese Spezies spielen
ebenso eine Schlüsselrolle bei der Reduktion von Ribonucleotiden. Die Standard-Reduktionspotentiale für die Redoxpaare Thiyl-Radikal/Thiol und Disulfid/Disulfid-Radikal-Anion relativ zur Normalwasserstoffelektrode betragen +1.3 V beziehungsweise
−1.4 V und liegen damit weiter auseinander als die E0‘-Werte für Ni(III)F430/Ni(II)F430
(≈ +1.3 V) und Ni(II)F430/Ni(I)F430 (−0.6 V).
Mechanismus I, basierend auf früheren Arbeiten zur Reaktivität von Ni(I)F430 mit
artifiziellen Substraten, geht primär von einer SN2-Methylierung am Ni(I)-Zentrum
durch Methyl-Coenzym M aus. Die folgende 1e−-Oxidation von CoM durch MethylNi(III) liefert ein protoniertes CoM-Thiyl-Radikal-Kation und Methyl-Ni(II), welches
schließlich mit H+ in einer SE-Reaktion zu CH4 und Ni(II) abreagiert. Das entstandene
CoM-Thiyl-Radikal im aktiven Zentrum bewegt sich in Richtung des CoB-Thiolates und
bildet mit diesem − in enger Analogie zur Ribonucleotid-Reductase − ein radikalisches
Disulfid-Anion, welches Ni(II) zur aktiven Ausgangsstufe Ni(I) reduziert und selbst zum
CoM-CoB-Heterodisulfid oxidiert wird. Dabei könnte der Elektronentransport zu Ni(II)
über das Thioglycin Glyα445 erfolgen, dessen Thion-Schwefel über Wasserstoffbrücken
zum Amid-Stickstoff von Asnα481 wiederum mit dem Thiol-Schwefel von CoB interagiert.
Als Intermediat wäre ein Thioketyl-Radikal denkbar, welches aus einem Thioamid und
II Grundlagen und Methodik
I
145
R
R
S
SH
Coenzym B
SO3
S
I
CH3 Me-CoM
HS
S
H
S
•
CH3
Ni(I)
Ni(III)
S
Ni(II)
1e-Transfer
•
H
Heterodisulfid
S
S
S
SO3
•
+ CH4
1e-Transfer
R
Heterodisulfid
R
XH•
•
S
Coenzym B
•S
S
I
CH3 Me-CoM
S
SO3
S
SO3
SO3
S
CH3
Ni(I)
+
SO3
S
Ni(II)
Ni(I)
SO3
S
R
R
R
R
CH3
SN2
II
SO3
R
SO3
CH3
Ni(I)
Ni(II)
R
XH•
R
X
S
SO3
S
SH
X• Ni(II)
Ni(I)
III
R
Coenzym B
R
R
SH
SH
H3C
S
+ CH4
1e-Transfer
•
CH3
S
SO3
S•
SO3
+ CH4
SO3
S
Me-CoM
Ni(I)
Ni(II)
Ni(II)
H•-Transfer
SRN
R
R
S
S
S
SO3
•
S
SO3
Ni(II)
Ni(I)
1e-Transfer
Abb. II-2. Postulierte Mechanismen I-III für den Reaktionszyklus des Enzyms MCR.
II Grundlagen und Methodik
146
dem besagten Disulfid-Radikal-Anion entsteht. Was das Protoneninventar anbetrifft,
so startet die initiale Methylierung von Ni(I) mit einer vorausgehenden − oder wahrscheinlicher − konzertierten Protonierung von Methyl-CoM über Tyrα‘333 oder Tyrβ367 zur
entsprechenden Sulfonium-Spezies, wobei die Sulfanyl-Gruppe von CoB als eigentlicher H+-Donator fungiert. Entsprechende Analogien findet man in den Kristallstrukturen von o-Hydroxyphenyl- oder o-Hydroxybenzyl-Thioethern (5- und 6-gliedrige Ringe)
sowie von (Benzothio)pyran- und Thianthren-Derivaten. Das CoB-Proton in Form des
CoM-Thiyl-Radikal-Kations, dessen Acidität deutlich höher liegt als diejenige von CoM
oder CoB, dient schließlich zur Protolyse von Methyl-Ni(II), welche als irreversibler
Schritt alle vorausgehenden wie nachfolgenden Reaktionen antreibt. Mechanismus I
wird unterstützt durch die experimentellen Befunde, daß MCRred1 mit 3-Brompropansulfonat zu MCRBPS mit Alkyl-Ni(III) ↔ Alkylradikal-Ni(II)-Struktur reagiert und daß
Ni(I)F430Me5 in aprotischen Lösungsmitteln mit Iodmethan zu Methyl-Ni(II) umgesetzt
werden kann, welches seinerseits leicht zu Methan und Ni(II)F430Me5 protolysiert.
Daß die Umsetzung von Ethyl-Coenzym M zu Ethan mit weniger als 1 % der katalytischen Aktivität der Methanogenese erfolgt, spricht ferner für einen SN2-Mechanismus
im ersten Schritt. Die Stabilisierung des MCRred1-EPR-Signals durch Methyl-CoM in
Abwesenheit von CoB kann dahingehend interpretiert werden, daß die elektrophile
Methylierung von Ni(I)F430 obligatorisch eine Protonierung von Methyl-CoM zum Sulfonium-Derivat voraussetzt. Allerdings besitzen Dialkylsulfonium-Verbindungen einen
pKa-Wert von ca. −5.5 und benötigen für eine Halbionisierung mindestens 68 %ige
Schwefelsäure (vgl. Arnett, 1963: 324), so daß es sehr fraglich erscheint, ob in biologischen Systemen derartige Säurestärken größenordnungsmäßig überhaupt erreicht
werden können. Außerdem sind sowohl die UV/VIS- als auch die EPR-Spektren für aktives Enzym und freies, vierfach koordiniertes Ni(III)F430Me5 deutlich verschieden,
was nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Koordinationssphären bedingt ist.
Im Gegensatz hierzu beginnt Mechanismus II, entworfen vor Kenntnis der Kristallstruktur von MCRsilent, mit der Aktivierung des Thioethers Methyl-CoM durch das CoBThiyl-Radikal zum entsprechenden Sulfuranyl-Radikal. Letzteres reagiert mit der ebenfalls radikalischen Spezies Ni(I)F430 (17 Valenzelektronen) über SR zum CoM-CoBHeterodisulfid und Methyl-Ni(II), welches analog zu Mechanismus I unter Protolyse
Methan freisetzt. Der Katalysezyklus benötigt in diesem Fall eine weitere redoxaktive
Gruppe X, welche die initiale Einelektronenoxidation von CoB−SH zum Thiyl-Radikal
II Grundlagen und Methodik
147
bewerkstelligt. Während Ni(II)F430 als möglicher Elektronenakzeptor ausscheidet, da
nur die Ni(I)-Form aktiv Substrate umsetzt, käme die bislang ausschließlich in MCR gefundene Aminosäure Thioglycin (Glyα445) in Frage. Als protoniertes Thioketyl-Radikal
würde diese das vierte H-Atom im freigesetzten Methan liefern und danach als RadikalAnion Ni(I) regenerieren. Auf intermediäre Methyl-Ni(III)-Spezies kann hierbei verzichtet werden, und die Existenz mehrerer methylierter Aminosäuren (Arg, Cys, Gln, His)
in der α-Untereinheit der Methanothermobacter-MCR weist möglicherweise auf die
Entstehung von Methyl-Radikalen im Katalysezyklus hin (siehe Kapitel II 1.1).
Auf Grund von DFT-Berechnungen kamen Pelmenschikov et al. (2002/2003) zur
Überzeugung, daß Mechanismus I thermodynamisch nicht plausibel ist. Stattdessen
formulierten sie Mechanismus III, wonach das Ni(I)-Zentrum nicht am Methyl-Kohlenstoff, sondern in einer SRN-Reaktion am Thioether-S des Methyl-Coenzym M angreift.
In Folge treten dann anstatt eines Methyl-Nickel-Derivates Ni(II)-Thiolat neben einem
Methyl-Radikal als Zwischenprodukte auf. Die weiteren Schritte verlaufen gemäß
Schema II-2 über H•-Abstraktion von CoB−SH mit Freisetzung von CH4, Bildung des
CoM-CoB-Disulfid-Radikal-Anions und Reduktion von Ni(II) analog zu Mechanismus I.
In ihrer ersten Veröffentlichung 2002 gehen die Autoren von einem Methyl-Radikal als
kurzlebiges reales Zwischenprodukt aus, welches H• in einem zweiten rascheren
Schritt von CoB−SH abstrahiert. Die nachfolgende Publikation im Jahre 2003 beschreibt hingegen die •CH3-Freisetzung aus Methyl-CoM mit der H•-Abstraktion durch
naszierendes •CH3 in einer konzertierten, geschwindigkeitsbestimmenden Aktion mit
einer vorausgesagten Aktivierungsenergie von rund 80 kJ mol−1. Für den hier postulierten Reaktionszyklus spricht klar die Beobachtung, daß Coenzym M mit seinem ThiolSchwefel in aktiver MCR bei Anwesenheit von Coenzym B reversibel an Ni(I)F430 koordiniert. Gegen Mechanismus III läßt sich die Beobachtung anführen, daß MCR das
Substratanaloge Ethyl-Coenzym M nur mit sehr geringer Effizienz zu Ethan reduziert
und Allyl-Coenzym M überhaupt nicht metabolisiert, obgleich Letzteres als kompetitiver Inhibitor vom Enzym gebunden wird (Ki = 0.1 mM) und obgleich das Ethyl- als auch
insbesondere das Allyl-Radikal gegenüber •CH3 thermodynamisch wesentlich bevorzugt sind.
In hinblick auf die anaerobe Oxidation von Methan durch MCR werfen alle drei diskutierten Mechanismen Probleme auf. Reaktionszyklen I und II würden mit der Insertion von Ni(II)F430 in eine C−H-Bindung des Methans unter simultaner Freisetzung ei-
II Grundlagen und Methodik
148
nes Protons starten, was aufgrund der geringen Elektrophilie von Ni(II) (E0‘ ≈ −0.6 V)
in Verbindung mit der minimalen Acidität von CH4 (pKa > 48) a priori ausscheidet. Auch
die Methanaktivierung gemäß Mechanismus III bringt einige Schwierigkeiten mit sich,
da die Umsetzung eines Thiyl-Radikals mit Methan zu einem Methyl-Radikal und Thiol
aufgrund der Bindungsdissoziationsenergien für C−H von 439 kJ mol−1 und für S−H von
365 kJ mol−1 thermodynamisch ungünstig liegt. Denkbar wäre aber eine Modifikation
von Mechanismus I, worin aus Methyl-CoM und Ni(I)F430 wiederum Methyl-Ni(III) entsteht, welches ohne vorherige Reduktion direkt zu CH4 und Ni(III)F430 protolysiert
wird. Diese Spezies kann man als „Superelektrophil“ (E0‘ > 1 V) auffassen, welches
CH4 in End-On- oder Side-On-Orientierung metalliert, wie dies auch für die C−H-Aktivierung über hochvalente Metallkomplexe beschrieben wird.
Die experimentell aufgefundene Halbseiten-Reaktivität der MCR (siehe Kapitel III
1.1) legt einen „Zweitakter“-Mechanismus des Enzyms nahe, das heißt endergone
Katalyseschritte in dem einen Zentrum wären simultan mit exergonen Reaktionen in
der gegenüberliegenden aktiven Stelle gekoppelt. So weisen MCRred1/silent-Präparationen in der Tat stark verringerte Methanbildungsraten auf (vgl. Jaun and Thauer, 2007:
345-349; Thauer, 1998: 2394 f.; Thauer and Shima, 2008: 164 f.).
1.4
Lösungsmittel-Isotopeneffekte
1.4.1 Vergleich zwischen H2O und D2O
Deuteriumoxid weist im Vergleich mit Protiumoxid unter anderem die folgenden chemisch-physikalischen Eigenschaften auf: ρ20 °C 1.1073 g cm−3; Schmelzpunkt 3.82 °C;
Siedepunkt 101.42 °C; maximale Dichte bei 11.2 °C; geringeres Lösungsvermögen für
Salze als H2O; Molarität bei 20 °C: 55.39 M (Leichtes Wasser), 55.22 M (Schweres
Wasser); Ionenprodukt / Dissoziationskonstante bei 25 °C: 10−14 mol2 L−2 / pKa 15.74
(H2O), 10−14.85 mol2 L−2 / pKa 16.59 (D2O). Bringt man Verbindungen mit ionisierbarem
Wasserstoff (z. B. Säuren, Ammoniak, Halogenwasserstoffe, H2O2, Alkohole) in D2O,
so wird dieser schon bei 20 °C sehr rasch in einer als Scrambling bezeichneten Austauschreaktion durch Deuterium ersetzt. Die durchschnittliche Häufigkeit von 0.015 %
II Grundlagen und Methodik
149
D2O im Leitungs- und Quellwasser ist gesundheitlich völlig unbedenklich. Wasser mit
> 30 % D2O allerdings wirkt auf viele Organismen stark wachstumshemmend und
schädigt die Keimzellen durch Stabilisierung des Tubulin-Gerüstes. Interessanterweise vermögen Mäuse zwischen H2O und D2O geschmacklich zu unterscheiden. Die
Grünalge Scenedesmus obliquus gedeiht sogar in 99.6 %igem Deuteriumoxid, ebenso
bestimmte Bakterien- (Escherichia coli) und Hefearten (Torula spec.), während Aspergillus niger in 99 % D2O die Fähigkeit zur Sporenbildung verliert (vgl. Deckwer et al.,
2008).
Generell ist zu beachten, daß alle Säuren und alle Basen in H2O stärker dissoziieren
als in D2O. Gleichzeitig sind aber D3O+ / −OD in Deuteriumoxid die stärkeren Säuren/
Basen als H3O+ / −OH in Wasser (vgl. Jaun, 2004: 53, 55). Erstellt man Protoneninventar-Kurven in 1:1-Mischungen aus H2O und D2O, so liegt das thermodynamische
Gleichgewicht der Reaktion
H2O + D2O
2 HDO
(Gl. II-3)
nicht exakt in der Mitte (K = 4.00), sondern je nach Temperatur, Aggregatzustand und
Meßmethode deutlich in Richtung der homoisotopischen Spezies verschoben (K =
3.74-3.94) (vgl. van Hook, 1972). Diese Abweichung fällt noch deutlich markanter für
H2 + D2
2 HD
(Gl. II-4)
ins Auge, mit K = 3.26 bei 298 K. Letztere Reaktion dient in der Bioorganischen Chemie
häufig dazu, die katalytische Aktivität von Hydrogenasen zu quantifizieren.
Bezugnehmend auf Gleichgewichts-Isotopeneffekte gilt die einfache Merkregel,
daß sich das schwerere Isotop am stärkeren Bindungsort, das heißt dem Ort mit der
höheren Nullpunktsenergie anreichert. Daraus werden unmittelbar die Unterschiede in
den physikochemischen Eigenschaften von Protium- und Deuteriumoxid ersichtlich.
Höherer Schmelz- und Siedepunkt sowie größere Viskosität von D2O sind letztlich darin begründet, daß sich der stabile Molekülverbund der Fest- oder Flüssigphase beim
Schmelzen, Verdampfen oder Fließen für H2O einfacher lockern läßt als für D2O. Da
sich isotopensubstituierte Moleküle nur in der Gesamtzahl ihrer Neutronen unterscheiden, aber nicht in ihrer Elektronenkonfiguration beziehungsweise chemischen Reakti-
II Grundlagen und Methodik
150
vität, überraschen die geringen Differenzen zwischen Protium- und Deuteriumoxid in
Dichte (10 % → bedingt durch ∆MW), Molvolumen (< 0.5 %) und Dielektrizitätskonstante (< 0.5 %) nicht. Mögliche Beiträge von Lösungsmittel-Isotopeneffekten auf Reaktionsgeschwindigkeiten und -gleichgewichte in Leichtem und Schwerem Wasser werden im Folgenden aufgelistet (vgl. Schowen, 1977: 65-67):
♦
Fungiert Wasser als Reaktand, so können primäre und sekundäre Isotopeneffekte
auftreten, falls im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt Protium/Deuterium vom
Lösungsmittel übertragen wird.
♦
Acide funktionelle Gruppen an der aktiven Stelle können einem H/D-Austausch unterliegen und als isotopische Zentren ebenso primäre wie sekundäre Isotopeneffekte verursachen.
♦
Deuterierte Solventien verändern in aciden Positionen Wasserstoffbrückenbindungen, welche trotz geringer Bindungsenergien (20-30 kJ mol−1) durch ihre große Anzahl Sekundär-, Tertiär- und Quartärstrukturen von Enzymen entscheidend
stabilisieren.
♦
Sind stark basische Spezies wie Hydroxid oder Methoxid in den Reaktionszyklus involviert, so beeinflussen deuterierte Lösungsmittel deren primäre Solvatationshülle.
♦
Änderungen in der Viskosität des Solvens können im Falle von Diffusions-abhängigen Prozessen primäre und sekundäre Effekte auslösen.
1.4.2 Fraktionierungsfaktoren
Jede Verbindung mit aciden Protonen, die in einem Gemisch aus H2O und D2O gelöst
wird, enthält im Gleichgewicht an allen austauschbaren Stellen einen bestimmten Anteil von Deuterium, entweder identisch mit dem D-Anteil im Lösungsmittel oder kleiner
beziehungsweise größer. Ein quantitatives Maß für die Deuterium-Präferenz einer bestimmten funktionellen Gruppe A relativ zum Solvens S liefert der isotopische Fraktionierungsfaktor Φ, wobei n den molaren Anteil von Deuterium (D+ / D• / D−) bezeichnet
(siehe Gl. II-5). Mit guter Näherung können die Fraktionierungsfaktoren für mehrere
austauschbare Stellen im Molekül als voneinander unabhängig betrachtet werden, was
als die Regel der Geometrischen Mitte bekannt ist und auch im Falle von geringen
II Grundlagen und Methodik
151
Abweichungen hinreichend zuverlässige Schlußfolgerungen bei mechanistischen Fragestellungen erlaubt:
[ AD ] [ SOH ]
[ AD ] ( 1 – n )
Φ A = ------------- ------------------ = ------------- ----------------[ AH ] [ SOD ]
[ AH ] n
(Gl. II-5).
Zugleich definiert die Regel der Funktionellen Gruppe, daß der Fraktionierungsfaktor
eines beliebigen aciden Restes im Molekül nur von der chemischen Natur dieser Gruppe abhängt, unabhängig von deren molekularen Umgebung. Somit wird beispielsweise
allen Alkoholen derselbe Φ-Wert zugeordnet, allen Thiolen derselbe, etc. Eine
Übersicht der am häufigsten verwendeten Gleichgewichts-Fraktionierungsfaktoren
liefert Abbildung II-3. Qualitativ sind die aufgelisteten Φ-Werte relativ einfach zu interpretieren. So liegen einige davon in der Gegend von 1, das heißt Deuterium bindet an
Funktionelle
Gruppe
R
)
Funktionelle
Gruppe
1.0
N L
O L
O
1.0
R C
O L
R
R C O
O
L
R
R
+
R N L
R
R
1.23-1.28
O L
0.69
0.92
0.97
0.40-0.46
S
L
C L
R +
O L
R
)
0.62-0.64 (sp)
0.78-0.85 (sp2)
0.84-1.18 (sp3)
0.47-0.56
Abb. II-3. Isotopische Fraktionierungsfaktoren Φ biochemisch relevanter funktioneller Gruppen
(L = Lyonium) relativ zu H2O (verändert nach Schowen, 1977: 70).
die entsprechenden protischen Stellen mit derselben Affinität wie an umgebendes
H2O. Dies ist der Fall für Hydroxy-, Carboxyl-, Amino- und Ammonium-Funktionen in
den Seitenketten unter anderem der Aminosäuren Serin, Lysin, Asparagin- und Glutaminsäure sowie Histidin. Carbonyl-Hydrate und Hemiacetale hingegen akkumulieren
Deuterium, da eine partielle Resonanz die freie Drehbarkeit der C−OH-Bindung ein-
II Grundlagen und Methodik
152
schränkt und die Bindungsaffinität für L erhöht. Aus demselben Grund zeigt N−L in
Peptidbindungen einen Fraktionierungsfaktor von ≈ 1.1. Trägt das Sauerstoffatom in
Lyonium-artigen Verbindungen wie Hydronium oder protoniertem Ether-O von Estern
und Acetalen eine positive Partialladung, so wird die Bindung zu L geschwächt und
folglich Deuterium abgereichert. Prinzipiell ließe sich dies auch auf Ammonium-Gruppen anwenden, bei denen jedoch der verringerte Bindungsgrad entlang der N−HStreckschwingung durch eine erhöhte sterische Resistenz der Tetraederstruktur kompensiert wird. Der niedrige Φ-Wert für Thiole, z. B. in den Seitenketten der Prolin-Racemase, beruht auf dem geringen Widerstand einer S−L-Bindung gegenüber Streckund Beugedeformationen. Spielt also ein Cystein-Rest eine Schlüsselrolle als Nucleophil im Katalysezyklus, so erwartet man unter Umständen einen inversen Lösungsmittel-Isotopeneffekt. Der auffallend niedrige Fraktionierungsfaktor für Hydroxid wiederum
wirkt sich auf alle Enzymmechanismen mit Alkoxid-Intermediaten aus, beispielsweise
in den Seitenketten von Serin oder Threonin. Dessen primäre Ursache beruht auf dem
Zusammenwirken dreier Φ-Werte von jeweils 0.7 für Wasserstoffbrückenbindungen
zwischen Lösungsmittel und den drei einsamen Elektronenpaaren am Sauerstoff.
Auch Spezies ohne austauschbare Protonen rufen manchmal spürbare Lösungsmittel-Isotopeneffekte hervor, und zwar in den Fällen, worin die Freie Transfer-Enthalpie
∆Gtr beim Übergang zwischen H2O und D2O für das jeweilige Ion von null verschieden
ist. Diese sogenannten Medium-Effekte resultieren aus protischen Positionen in der
Solvatationshülle und betreffen häufig biologisch relevante Spezies wie Mg2+ (0.9),
RCOO− (≈ 1) oder Cl− (≈ 0.8). Der besonders tiefe Wert für RS− im Bereich 0.4-0.7 läßt
bei der Beteiligung von Thiolat in katalytischen Reaktionen einen signifikanten Medium-Effekt zusätzlich zum Lösungsmittel-Isotopeneffekt erwarten.
Neben den soeben behandelten thermodynamischen Effekten existieren auch kinetische Fraktionierungsfaktoren für Übergangszustände in Katalysezyklen. Diese
können nicht direkt experimentell gemessen werden, sondern sind nur über Modelluntersuchungen und kH/kD-Quotienten oder mittels Berechnung von Schwingungsenergien zugänglich. Die meisten H-Brückenbindungen, das heißt jene mit Bindungsenergien ≤ 20 kJ mol−1, zeigen Φ-Werte nahe bei 1 und tragen deshalb kaum zu Lösungsmittel-Isotopeneffekten bei. Vergrößern sich beim Übergang von D2O zu H2O die
∆pKa-Werte der Wasserstoffbrücken-Donatoren und -Akzeptoren, so steigt die Bindungsenergie, und die Fraktionierungsfaktoren für die Brücken-Protonen nehmen ab.
II Grundlagen und Methodik
153
Dabei basieren primäre Wasserstoffbrücken auf einem barrierefreien Protonentransfer
zwischen funktionellen Seitenketten des Enzyms und dem Substrat und bedingen somit eine allgemeine Stabilisierung des Übergangszustandes über Säure-/Base-Katalyse, wobei sich typische Werte für ΦT zwischen 0.2 und 0.5 bewegen. Gewinnen jedoch
H-Brücken im Vergleich im Übergangszustand an Stärke (ΦR ≈ 1 → ΦT < 1), ohne daß
ein Protonentransfer erfolgt, so spricht man von sekundären Wasserstoffbrücken, welche für ΦT-Werte zwischen 0.3 und 0.7 verantwortlich sind. Da in keinem der besprochenen Fälle die Bindung zum isotopenvariierten Atom gebrochen wird, handelt es sich
ausschließlich um sekundäre Isotopeneffekte (vgl. Schowen, 1977: 67-72; Quinn,
2006: 1004-1006).
Was den Fraktionierungsfaktor für Sulfane anbelangt, wurden in den vergangenen
Jahrzehnten einige Experimente in dieser Hinsicht unternommen. P. A. Small konnte
1937 die Gleichgewichtskonstante für die Reaktion
H2S + HDO
HDS + H2O
(Gl. II-6)
bestimmen, indem er gasförmigen Schwefelwasserstoff mit einem H2O-D2O-Gemisch
(4-5 % D) umsetzte und den Deuterierungsgrad des Sulfans indirekt über den Deuterium-Verlust in der wäßrigen Phase densitometrisch errechnete. Unter Bezugnahme
auf K = 3.24 (15 °C) für [HDO]2/[H2O][D2O] und K = 4 für [HDS]2/[H2S][D2S] ergab sich
K für die heterogene Reaktion in II-6 mit 0.42 (Flüssigphase/Gasphase) sowie 0.45
(Gasphase/Gasphase). Die aus Nullpunktsenergien und spektroskopischen Daten errechneten Werte lagen zwischen 0.44 und 0.45.
F. W. Hobden et al. studierten 1939 die folgenden Austauschreaktionen
C5H11OH + HDO
C5H11OD + H2O
(Gl. II-7)
C2H5SH + HDO
C2H5SD + H2O
(Gl. II-8),
indem sie n-Amylalkohol beziehungsweise Ethanthiol bei 25 °C mit einem H2O-D2OGemisch (ca. 2 % D) für mehrere Stunden äquilibrierten, die lipophile Phase verbrannten und den D-Gehalt im Verbrennungswasser densitometrisch analysierten. Der Fraktionierungsfaktor betrug für n-Amylalkohol 1.09 (l) bzw. 1.00 (g), für das Thiol 0.43 (l)
bzw. 0.42 (g).
II Grundlagen und Methodik
154
Aufschlußreich sind auch die Versuche von K. H. Geib 1939, der bei Temperaturen
≤ −79 °C sowohl von CH3OD (l) und H2S (l) als auch von CH3OH (l) und D2S (l) ausgehend entsprechende Austauschreaktionen durchführte, wobei der Alkohol am Ende
verbrannt und der Deuterium-Gehalt im Verbrennungswasser über dessen Wärmeleitfähigkeit ermittelt wurde. Nach Äquilibrierung ging der D-Gehalt im Schwefelwasserstoff rund doppelt so stark wie in der alkoholischen Hydroxy-Gruppe zurück. Bei
−79 °C betrug die Halbwertszeit für die Reaktion
D2S + 2 CH3OH
H2S + 2 CH3OD
(Gl. II-9)
0.2-0.5 min, bei einer errechneten Aktivierungsenergie von etwa 30 kJ mol−1 und einer
Geschwindigkeitskonstante k von 107-107.5 M−1s−1.
Mit Hilfe von NMR- und FT-IR-Spektroskopie bestimmten R. J. Szawelski et al.
(1982) den Fraktionierungsfaktor für Thiole. Die Integration der NMR-Spektren von
2-Thioethanol in H2O-D2O-Mischungen, referenziert auf die Methylen-Protonen in αStellung zu −SH, war ohne größere Probleme möglich, da die Thio-Gruppe in Abwesenheit von Puffersalzen hinreichend langsam austauscht und somit zwar breite, aber
unverschobene Signale liefert. Φ ließ sich auf diese Weise zu 0.55 errechnen, während
FT-IR-Spektren von Ethanthiol in Ethanol einen Fraktionierungsfaktor von 0.62 ergaben. Die Differenz in den Nullpunktsenergien zwischen protierten und deuterierten Derivaten beträgt 4.2 kJ mol−1 für Thiole und 5.6 kJ mol−1 für Wasser. Deuterium reichert
sich bevorzugt in Systemen niedriger Polarisierbarkeit an, charakterisiert durch steile
Potentiale und geringe interatomare Auslenkungen.
1.4.3 Kinetische und thermodynamische Effekte
Energiedifferenzen zwischen isotopensubstituierten Molekülen beruhen bei Raumtemperatur vorwiegend auf Unterschieden in den vibratorischen Nullpunktsenergien. Für
Gleichgewichtsisotopeneffekte gilt die Merkregel, daß sich das schwerere Isotop an
der Position mit der höheren Nullpunktsenergie anreichert (siehe Kapitel II 1.4.1).
Aus diesem Grund bevorzugt D gegenüber H die Bindungsstellen mit kleinerem s-Anteil des Hybridorbitals, das heißt sp3 > sp2. Auch weist D relativ zu H einen „σ-Donor-
II Grundlagen und Methodik
155
effekt“ auf, weshalb der pKa-Wert für CD3-Essigsäure um 0.014 über demjenigen der
entsprechenden CH3-Spezies liegt. Differenzen in der Nullpunktsenergie von Reaktanden und Übergangszustand beeinflussen die Geschwindigkeitskonstante einer Reaktion und bewirken damit einen kinetischen Isotopeneffekt (KIE). Wird dabei die
Bindung zum nuklidvariierten Teilchen gebrochen, so spricht man von einem primären
KIE, dessen Größe mit der Massendifferenz der jeweiligen Isotope zunimmt und deshalb für H/D/T-Übertragungen − als Kation, Radikal oder Anion − im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt am massivsten ausfällt. Die beobachteten Werte für einen
normalen KIE liegen für kH/kD im Regelfall zwischen 1.0 und 12, für kC-12/kC-14 bei maximal 1.092. Sterisch gehinderte Übergangszustände führen manchmal zu einem
inversen KIE mit kH/kD im Bereich von 0.8-0.9 (vgl. Jaun, 2004: 48-51, 53). Gemäß Berechnungen und experimentellen Befunden erreichen kinetische Isotopeneffekte bei
Wasserstoffübertragungen ein Maximum, wenn H im Übergangszustand symmetrisch
zwischen Donator- und Akzeptor-Gruppe gebunden ist. In diesem Zusammenhang besagt das Hammond-Postulat, daß diejenigen Reaktionen Übergangszustände höchster Symmetrie aufweisen, deren Reaktionswärme nahe bei 0 kJ mol−1 liegt.
Demzufolge sprechen exotherme beziehungsweise endotherme Reaktionen für verhältnismäßig unsymmetrische frühe beziehungsweise späte Übergangszustände. Für
den Transfer eines Wasserstoff-Atoms von tert.-BuSH auf •CH3 in Lösung wurden beispielsweise ein ∆H-Wert von −16 kJ mol−1 und ein kH/kD-Quotient von 2.71 gemessen
(vgl. Pryor and Kneipp, 1971). Von einem sekundären KIE spricht man dann, wenn
Bindungen in Nachbarschaft zu einem isotopenvariierten Teilchen gebrochen werden.
Sekundäre α-KIE treten vor allem hervor, falls das H/D-tragende Atom zum Übergangszustand hin die Hybridisierung ändert, wobei wiederum kH/kD > 1 für sp3 → sp2.
Sekundäre β-KIE führen zu einem kleinen normalen KIE, da von C−D- im Vergleich zu
C−H-Bindungen geringere hyperkonjugative Wechselwirkungen ausgehen (vgl. Jaun,
2004: 52 f.).
Für mechanistische Untersuchungen sind Fraktionierungsfaktoren in ihrem Verhältnis zu anderen kinetischen und thermodynamischen Isotopeneffekten besonders nützlich. Der Einfluß der Isotopensubstitution H ↔ D auf die Geschwindigkeitskonstanten
k einer chemischen Reaktion sind durch die Beziehung kH/kD = ΦR/ΦT gegeben, wobei
der rechte Gleichungsteil die Fraktionierungsfaktoren von Reaktand und Übergangszustand bezeichnet (siehe Kapitel II 1.4.2). Existiert mehr als eine austauschbare
II Grundlagen und Methodik
156
Position i beziehungsweise j, so läßt sich der kinetische Isotopeneffekt unter Anwendung der Regel der Geometrischen Mitte verallgemeinernd durch Multiplikation der jeweiligen Fraktionierungsfaktoren darstellen:
ν
R
∏i Φi
kH
------ = ------------------ν
kD
T
∏ Φj
(Gl. II-10).
j
Das Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten hängt somit nur von den ΦR/T-Werten
ab, welche sich im Verlauf der Aktivierung ändern, hingegen für ∆ΦR/T = 0 vernachlässigt werden können. Der Betrag für kH/kD schränkt mögliche Strukturen für den Übergangszustand ein, was bei der Erstellung sinnvoller Modelle zu beachten ist.
Betrachtet man beispielsweise ein Thiol als Protonendonator (ΦR ≈ 0.5), welches einen
primären KIE (kH/kD) von 5 verursacht, so beträgt ΦT offensichtlich 0.1. Eine Erweiterung der Brønsted-Hypothese gibt die Möglichkeit, ΦT-Werte in Abhängigkeit vom Fortschritt β auf der Reaktionskoordinate im Übergangszustand abzuschätzen:
ΦT = (ΦR)1-β (ΦP)β
(Gl. II-11).
Thermodynamische oder Gleichgewichts-Isotopeneffekte KH/KD hingegen hängen
von den Fraktionierungsfaktoren für Reaktand und Produkt ab (siehe Kapitel II 1.4.2)
und können analog für i beziehungsweise j austauschbare Stellen berechnet werden:
ν
R
∏i Φi
KH
------- = ------------------ν
KD
P
∏ Φj
(Gl. II-12).
j
Betrachtet man die Dissoziation einer Carbonsäure (RCOOL) in wäßriger Lösung
unter Bildung von L3O+, so gilt bei Vernachlässigung von Solvatationseffekten gemäß
Gl. II-12: Ka(H2O)/Ka(D2O) = Φ(RCOOL)/Φ(L3O+)3 = 1.00/(0.69)3 = 3.04. Daraus ergibt
sich unmittelbar die Beziehung:
pKa(D2O) = pKa(H2O) + 0.48
(Gl. II-13).
II Grundlagen und Methodik
157
Säuren mit Φ ≈ 1 wie die erwähnte Carbonsäure oder Ammonium-Ionen sind somit in
H2O ungefähr dreimal stärker als in D2O (siehe Abschnitt II 1.4.1). Abweichungen von
dieser Regel deuten auf Besonderheiten wie intramolekulare H-Brückenbindungen hin.
Thiole mit ΦR ≈ 0.5 ionisieren in H2O etwa 1.5fach stärker, das heißt die pKa-Differenz
beträgt hier nur 0.1-0.3. In der Mehrzahl der Fälle verschieben sich pKa-Werte, welche
für die pH-Abhängigkeit enzymkatalysierter Reaktionen verantwortlich sind, in D2O relativ zu H2O um rund 0.5 pH-Einheiten nach oben, was ebenso für deuterierte Pufferlösungen gilt. Um bei der Analyse kinetischer Isotopeneffekte Störungen durch
thermodynamische Isotopeneffekte bezüglich Säuredissoziation zu vermeiden, setzt
man isotopensubstituierte Puffer derselben Konzentration ein, um äquivalente pL-Werte (L = Lyonium: H und/oder D) zu garantieren. Dabei erfordert die pH-Messung mittels
Glaselektroden eine Korrektur, da das abgelesene Potential vom Säureverhalten der
Glasmembran abhängt, deren pKa-Wert proportional zum Deuterium-Molenbruch n
wächst:
pL = (Anzeige des pH-Meters) + (0.173)n2 + (0.221)n
(Gl. II-14).
Um also in 100 % D2O einen pD von 7.6 einzustellen, muß entsprechend D+ / −OD zugegeben werden, bis das Meßgerät einen Wert von rund 7.2 anzeigt (vgl. Schowen,
1977: 72-75; Quinn, 2006: 1006-1008).
1.4.4 Besonderheiten bei Enzymen
Wie aus der experimentellen Praxis hinreichend bekannt ist, erfolgt der Austausch zwischen Lösungsmittel und aciden Gruppen im Inneren des Enzyms häufig wesentlich
langsamer als die eigentlichen katalytischen Prozesse. Folglich muß zuerst die Deuterierungsrate bestimmt und das Enzym vor Beginn der Kinetikmessungen hinreichend
in reinem D2O oder in H2O-D2O-Mischungen äquilibriert werden. Scheidet dies infolge
mangelnder Stabilität des Enzyms aus, so empfiehlt es sich, entsprechende Stammlösungen in reinem H2O, reinem D2O und in einer äquimolaren Mischung davon zu bereiten, welche anschließend mit Substrat/Puffer in großem Überschuß verdünnt
werden. Weichen die Versuchsergebnisse in allen drei Fällen nicht wesentlich vonein-
II Grundlagen und Methodik
158
ander ab, so sind Störungen durch H-D-Austauschreaktionen weitestgehend ausgeschlossen. Ebenso zeigen Abweichungen im kinetischen Verhalten des Enzyms an
sich, ob und in welchem Ausmaß eventuelle H-D-Austauschreaktionen einen kinetischen Isotopeneffekt hervorrufen.
Da die strukturelle Integrität von Enzymen erheblich durch H-Brückenbindungen definiert wird, können Konformationsänderungen nach Deuterierung die katalytische Aktivität entscheidend beeinflussen (siehe Abschnitt II 1.4.1). Allerdings folgt aus der
großen Zahl vorhandener H-Brücken nicht notwendigerweise, daß kumulative Effekte
in D2O den räumlichen Bau des Enzyms drastisch verändern. So zeigt die Röntgenstrukturanalyse der Ribonuclease praktisch keine Unterschiede zwischen protiertem
und deuteriertem Enzym. Vielleicht wird die verringerte Streckschwingungsfrequenz in
D2O durch einen erhöhten sterischen Widerstand der Bindung kompensiert.
Trägt man die Umsatzrate für eine enzymatisch katalysierte Reaktion einerseits gegen den pH-Wert in H2O und andererseits gegen den pD-Wert in D2O auf, so ist der
Scheitelpunkt für das deuterierte Medium zum höheren pL-Wert hin verschoben und
die Amplitude deutlich verringert (siehe Kapitel II 1.4.3). Ersteres spiegelt die Auswirkung des Gleichgewichtsisotopeneffekts auf die Ionisierung wider, Letzteres den kinetischen Isotopeneffekt auf die katalytische Aktivität.
Als Protoneninventar bezeichnet man Studien zur Enzymaktivität in Mischungen
aus H2O und D2O, um den Anteil von thermodynamischen und kinetischen Fraktionierungsfaktoren auf den beobachtbaren Isotopeneffekt zu bestimmen. Das Verhältnis
der Geschwindigkeitskonstanten k0 in H2O zu kn in H2O-D2O-Mischungen mit molarem
Deuterium-Anteil n beträgt für i austauschbare Positionen im Reaktanden und j austauschbare Positionen im Übergangszustand sowie den entsprechenden Fraktionierungsfaktoren ΦR beziehungsweise ΦT:
ν
∏i ( 1 – n + nΦi
R
)
k0
----- = ----------------------------------------------ν
kn
T
∏ ( 1 – n + nΦj )
(Gl. II-15).
j
In reinem D2O, das heißt für n = 1, vereinfacht sich dieser Ausdruck unmittelbar zu Gleichung II-10. Analog berechnet man den Quotienten aus den Gleichgewichtskonstanten K0 und Kn gemäß dem Ausdruck
II Grundlagen und Methodik
ν
∏i ( 1 – n + nΦi
159
R
)
K0
------ = ----------------------------------------------ν
Kn
P
∏ ( 1 – n + nΦj )
(Gl. II-16),
j
welcher für n = 1 in Gleichung II-12 übergeht. Werden die Werte für k0/kn gegen die Molenbrüche von D im Medium aufgetragen, so ergeben sich bei konstantem Gesamt-Isotopeneffekt k(H2O)/k(D2O) in Abhängigkeit von ΦR beziehungsweise ΦT und der Anzahl
protischer Stellen verschiedenartige Graphen. Während bei einer einzigen Austauschstelle ΦR = 1.0 eine Gerade beobachtet wird, erhält man für ΦR ≠ 1.0 konvexe oder konkave Darstellungen. Ein normaler Isotopeneffekt mit nach unten gekrümmter
(konkaver) Kurve kann jedoch auch aus ΦR = 1.0 resultieren, sofern L über mehrere
Bindungsstellen weitergereicht wird. Somit erlaubt die Protoneninventar-Technik die
Unterscheidung zwischen Ein- und Mehrteilchen-Katalyse innerhalb einer Fehlergrenze von ± 2 %.
Betrachtet man einige Beispiele aus der Praxis, so werden die Umsatzraten vieler
Enzyme in Deuteriumoxid verringert, so bespielsweise bei der tryptischen Verdauung
von Peptiden und allgemein häufig für Hydrolysen. Die Aktivität der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) beim Methyltransfer von S-Adenosylmethionin auf 3,4-Dihydroxyacetophenon hingegen ist gegenüber D2O vollkommen insensitiv. Vergleichsweise resistent zeigt sich auch das thermodynamische Gleichgewicht bei der konformationellen Isomerisierung der Ribonuclease A, wenngleich die Reaktionsgeschwindigkeit in H2O um den Faktor 4.8 höher liegt als in D2O. Einen extremen Fall stellt die
Formyltetrahydrofolat-Synthetase aus Clostridium cylindrosporum dar, bei der K(D2O)/
K(H2O) für die durch Alkali-Ionen induzierte Bildung des enzymatisch aktiven Tetramers einen Wert von > 50 annimmt (vgl. Schowen, 1977: 64, 79-83, 93; Quinn, 2006:
1001).
1.4.5 Enzymatische Spaltung von C−H-Bindungen
Große kinetische Isotopeneffekte nach H-/D-Austausch beobachtet man erwartungsgemäß für Reaktionen, in deren Verlauf eine starke, unpolarisierte C−H-Bindung ge-
II Grundlagen und Methodik
160
spalten wird. Dies geht einher mit einer hohen H-Transfer-Barriere und/oder einer
großen Tunneldistanz. Im allgemeinen sinkt der Beitrag des Tunneleffekts (Reichweite
≈ 1.0 Å) mit steigender Temperatur. Innerhalb der Born-Oppenheimer-Näherung beeinflußt eine Substitution durch Deuterium nicht die strukturelle Anordnung zwischen
Protonendonator und -akzeptor im Gleichgewicht und kann somit die Transfer-Dynamik für H/D nur über Änderungen in den Vibrationsenergien beeinflussen.
In biologischen Systemen wird eine C−H-Bindung energetisch vorteilhaft zu Radikalen gespalten, wenngleich die hohe Reaktivität dieser Spezies im Organismus streng
kontrolliert werden muß. Aus diesem Grund tauchen in der Natur wohl auch ionische
Mechanismen als Alternative auf, deren Problematik in der minimalen Acidität der C−
H-Bindung liegt. Eine funktionelle Akzeptor-Gruppe mit hoher Protonenaffinität muß
also einen hohen Coulomb-Wall überwinden, was durch Verringerung der Elektronendichte mittels starker Redoxsysteme im aktiven Zentrum des Enzyms bewerkstelligt
werden kann. Tatsächlich hat die Evolution in einigen Fällen diesen Weg beschritten.
Beispielsweise setzt die Coenzym-B12-abhängige Methylmalonyl-CoA-Mutase ein
5‘-Desoxyadenosyl-Radikal frei, welches sofort H• dem Substrat entzieht, damit für
Letzteres die erwünschte 1,2-Umlagerung am Kohlenstoffskelett erfolgt. Durch Rückübertragung von H• auf das umgelagerte Substrat ist der enzymatische Zyklus geschlossen. Die Effektivität dieses Prozesses hängt von der Co−C-Dissoziationsenergie
ab, die wiederum über die Proteinstruktur feingesteuert wird und mit wachsender Größe des Liganden abnimmt. Dabei erlaubt die Stärke der Wechselwirkung für die Kohlenstoff-zentrierte Radikalreaktion einen effektiven H•-Transfer trotz der relativ großen
Tunneldistanz. Dessen KIEH/D beträgt 50 (278 K) beziehungsweise 36 (293 K), wobei
diese Temperaturabhängigkeit mit Modellrechnungen grob übereinstimmt.
Für einen Protonentransfer von C−H nach O−H gelten andere Gesichtspunkte, da
die Tunneldistanz zwar geringer ausfällt, aber hohe Van-der-Waals-Repulsionen überwunden werden müssen. Starke Redoxprozesse unterstützen simultan diesen Vorgang mit getrennter Übertragung von Proton und Elektron, so daß im Übergangszustand fast eine halbe e−-Ladung gleichzeitig mit aber räumlich verschieden von H+
transferiert wird. Dies verringert drastisch die Energiebarriere und erhöht die Anharmonizität der C−H- und O−H-Streckschwingungen. In dieser Situation wird der Tunneleffekt für Protonen durch den Beitrag der C−O-Streckschwingung auf ein biologisch akzeptables Niveau gehoben. Deren relativ hohe Frequenz verursacht die geringe Tem-
II Grundlagen und Methodik
161
peraturabhängigkeit des KIE, der im Gegensatz zu Coenzym-B12-abhängigen
Radikalreaktionen für ∆T > 0 hoch bleibt, da die Unterstützung durch Redoxprozesse
ein übermäßiges Anwachsen der C−H...O-Bindungsstärke verhindert (vgl. Siebrand
and Smedarchina, 2006: 725-728, 735, 738).
1.4.6 Modellierung enzymatischer Isotopeneffekte
Um die Obergrenze für intramolekulare Isotopen-Diskriminierungen zu bestimmen,
wurden primäre Lösungsmittel-Isotopeneffekte für enzymatisch katalysierte Reaktionen im Fließgleichgewicht analysiert, vermittelt über Solvens-abgeschirmte mono-, diund triprotische funktionelle Gruppen. Für diprotische Spezies ergibt sich das Verhältnis von undeuteriertem zu deuteriertem Produkt über
3k H
---------- + 1
kD
[ PH ]
------------- = ------------------[ PD ]
kH
------ + 3
kD
(Gl. II-17),
für triprotische entsprechend als
k H 2 10k
7  ------ + ------------H- + 1
 k D
kD
[ PH ]
------------- = ----------------------------------------------2 10k
[ PD ]
k
H
H
 ------ + ------------- + 7
 k D
kD
(Gl. II-18).
Einen üblichen intrinsischen Isotopeneffekt von kH kD-1 = 7 vorausgesetzt, beträgt die
maximale Diskriminierung in H2O:D2O [50:50] 2.2 beziehungsweise 3.3, entgegen einem Wert von 1.0 für monoprotische Gruppen. Abschirmung bedeutet in diesem Zusammenhang konkret, daß nach Substratbindung keinerlei Austausch zwischen
aktivem Zentrum und umgebendem Lösungsmittel mehr möglich ist und daß der Übergang vom Enzym-Substrat-Komplex zur nächsten Stufe praktisch irreversibel erfolgt,
ohne Rückreaktion zum freien Enzym mit der Möglichkeit für einen weiteren H-D-Austausch. Hierbei werden auch intermolekulare Isotopeneffekte unterdrückt, die allen
monoprotischen Mechanismen ausschließlich zugrundeliegen.
II Grundlagen und Methodik
162
Da infolge des kinetischen Isotopeneffekts Deuterium-beladene Substrate langsamer umgesetzt werden als die entsprechenden protonierten Spezies, reichern sich Erstere im Verlauf der enzymatischen Reaktion mehr und mehr an. Entspricht das
Verhältnis von deuteriertem zu protoniertem ES-Komplex dem Quotienten kH/kD für ES,
so wird der kinetische Isotopeneffekt durch die thermodynamische Triebkraft in der
Steady-State-Verteilung der Enzym-Substrat-Komplexe kompensiert. Von diesem
Zeitpunkt an kann keine Isotopendiskriminierung im Produkte-Verhältnis [PH]/[PD]
mehr detektiert werden, und der PD-Anteil entspricht genau dem Molenbruch von Deuterium im Lösungsmittel, sofern der Substratbindung keine An- oder Abreicherungsschritte bezüglich D vorgeschaltet sind (vgl. Northrop, 1981).
1.5
CH3-Metabolismus von Methanosarcina barkeri
Bereits 1957 wurde berichtet, daß bei der Kultivierung von Methanosarcina barkeri in
einem Gemisch aus CH3−OH und D2O anstelle von Methan das d1-Isotopologe* Monodeuteromethan entsteht (vgl. Walther et al., 1981). Inkubiert man dieselbe Methanogenen-Spezies in Medien mit H2O und CD3−NH2, (CD3)3N oder CD3−OH, so zeigt die
MS-Analyse für die Gasphase 12CHD3 (79-83 %), 12CH2D2 (14-18 %), 13CHD3 (< 1 %)
sowie 12CH4 (1-5 %) an. Bei Verwendung von H2O neben CH3−NH2, (CH3)3N oder CH3−
OH werden erwartungsgemäß 99 %
12
CH4 sowie 1 %
13
CH4 detektiert. Die Produkte
13
CHD3 und 13CH4 entsprechen recht genau der natürlichen Häufigkeit des Nuklids 13C
(1.10 %) (vgl. Deckwer et al., 2008), während die 1-5 % 12CH4 aus d3-Substraten auf
Verunreinigung des Inokulums mit undeuterierten CH3-haltigen Verbindungen hinweisen. Der auffallend hohe Prozentsatz von
12
CH2D2 spricht eventuell für vorgelagerte
Austauschreaktionen im aktiven Zentrum der MCR zwischen aprotischen CD3-Gruppen aus den Substraten und dem umgebenden Medium. Unabhängig von den genannten Edukten erfolgt der Methyl-Transfer als Coenzym-M-Thioether an die aktive Stelle
des Enzyms.
*
Isotopologe Verbindungen unterscheiden sich nur in der Nuklid-Zusammensetzung ihrer Moleküle
oder Ionen. Isotopomere hingegen besitzen als „isotopische Isomere“ dieselbe Summenformel, variieren aber in der konstitutiven, konfigurativen oder konformationellen Anordnung der Nuklide im
Atomverbund (vgl. Minkin, 1999: 1948).
163
2
Ergebnisse
2.1
Bestimmung des Fraktionierungsfaktors für Thiole
Da die Messung von Φ für −SL schon einige Jahrzehnte zurückliegt (siehe Abschnitt II
1.4.2), waren eigene Versuche notwendig, um den tabellierten Wert von 0.40-0.46
experimentell zu überprüfen. Das durch Aminosäure-Rest sowie Phosphat-Gruppe gekennzeichnete polyionische Coenzym B würde mit seiner Vielzahl von Ladungen die
Zuordnung von m/z-Signalen im HiResESI-ICR-MS sehr erschweren. Somit griff man
auf die Natriumsalze von 2-Thioethansulfonsäure (TES; Coenzym M) und 2-Hydroxyethansulfonsäure (HES) zurück, welche in Mischungen aus H2O / D2O + CH3OH /
CD3OD + NH3•H2O / ND3•D2O gelöst wurden. Das molare Verhältnis von 1:3 beruht auf
der Beobachtung, daß TES im negativen Modus etwa dreimal stärkere Signalintensitäten liefert als eine identische Menge an HES. Die isotopenvariierten Lösungsmittel
wurden auf einen Endgehalt von 25 / 50 / 75 Mol% D eingestellt, ebenso der Deuterierungsgrad der Hydroxy- beziehungsweise Sulfanyl-Funktion der Ethansulfonsäure-Derivate. Da die Integrale der MS-Signale das Verhältnis von TES-d1 zu TES-d0 nicht
notwendigerweise absolut widerspiegeln, benötigt man den HES-d0/HES-d1-Quotienten als interne Referenz. Aufgrund der Beziehung
∫ ( HES – OH )
∫ ( TES – SH )
Φ OL ------------------------------------ = Φ SL ----------------------------------∫ ( HES – OD )
∫ ( TES – SD )
(Gl. II-19)
kann mit ΦOL = 1.00 der gesuchte Wert für ΦSL direkt aus den Signalintensitäten der
HES- und TES-Isotopologe berechnet werden (siehe Abb. II-4). Auf der Basis von
sechs Meßergebnissen für 50 Mol% D und jeweils drei Werten für 25 / 75 Mol% D ergab sich für ΦSL ein Durchschnittswert von 0.35, allerdings mit einer Standardabweichung von ±16.5 % (n = 12).
Infolgedessen fokussierte man sich auf NMR-spektroskopische Methoden, welche
allesamt die molekulare Integrität der Testsubstanz nicht verändern. Lösungen des in
II Ergebnisse
164
HES-d0
HES-d1
SES-d0
SES-d1
Abb. II-4. HiResESI-ICR-MS (negativer Modus): Relative Signalintensitäten der d0/d1-Isotopologe
von 2-Hydroxyethansulfonsäure (HES) und 2-Sulfanylethansulfonsäure (SES) in H2O:D2O [50:50]
v/v.
aciden Positionen entsprechend un-, teil- oder volldeuterierten Diammoniumsalzes
von CoB−SH in TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.6), TRIS-DCl/D2O (50 mM; pD 7.6) und
Mischungen aus beiden Solventien (40 / 60 / 75 Mol% D) wurden in einem NMR-Röhrchen mit Kapillareinsatz und Dioxan als Eichsubstanz bei 500 MHz und 65 °C gemessen. Das
13
C-Spektrum zeigte für das C-Atom in α-Position zur −SH-Gruppe (2J-
Kopplung) in 100 Mol% D relativ zu 100 Mol% H eine Hochfeld-Verschiebung von rund
0.2 ppm. Im 1H-Spektrum aller Deuterium-haltigen Ansätze erschien die Sulfanyl-Gruppe als breite Linie mit Schulter, deren grobe Integration unter Normierung auf das triplettoide Signal (2H) für H2C(7‘) einen durchschnittlichen ΦSL-Wert von 0.51 (n = 3)
errechnen ließ. Die H/D-Verschiebung dieser α-Methylen-Protonen (3J-Kopplung)
selbst lag nur noch im sub-ppb-Bereich.
Wesentlich exaktere Ergebnisse lieferten vier Ansätze mit jeweils 10 mg feinkristallinem CoB-Diammoniumsalz (siehe Abb. II-5), aufgereinigt durch Umfällen anstelle von
Entsalzen, gelöst in je 700 µL entgastem Wasser mit 0 / 25 / 75 / 100 Vol.% D2O unter
Zusatz von 0.7 µL 1,4-Dioxan und überführt in NMR-Röhrchen mit gasdichtem
Schraubdeckel. Die Messungen erfolgten bei einer Frequenz von 600 MHz (1H) beziehungsweise 150 MHz (13C) und bei einer Temperatur von 4.1 / 25 / 50 °C mit Kryokopf,
II Ergebnisse
165
O
H
N
+
NH4O
1
4'
2'
6'
SH
1'
2
3'
5'
7'
H
3
+
O
4
NH4 HO3PO
H
Abb. II-5. Struktur des Diammoniumsalzes von N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin (Coenzym B).
wobei die Lyonium-Konzentration im Bereich von pL 4.38-4.91 lag. Die Zuordnung
sämtlicher 1H- und 13C-Signale, referenziert auf internes 1,4-Dioxan, wurde anhand eines DQF-COSY- sowie eines MedHSQC-Spektrums in reinem D2O bei 4.1 °C bestätigt. Die Bestimmung von ΦSL (CoB) erfolgte auf zwei voneinander unabhängige
Weisen, und zwar zum einen durch Integration der Deuterium-verschobenen
13
C-Si-
gnale von C(7‘), zum anderen durch direktes Integrieren des 1H-Signals der SulfanylGruppe.
Beim Vergleich der 13C-Spektren für steigende D2O-Konzentrationen fallen zwei Arten von isotopenverschobenen Signalen ins Auge. Die C-Atome in Nachbarschaft des
Amid-Protons zeigen einen Fraktionierungsfaktor von ca. 1, was in 75 % D2O zu einem
Intensitätsverhältnis „Unverschoben:Verschoben“ von 1:3 führt. Die entsprechende
Relation für C(7‘) mit der SH-Gruppe sowie für das benachbarte C(6‘) lautet 5:6, woraus ΦSL (CoB) berechnet werden kann, sofern man die Effekte von Relaxation und
heteronuclearem NOE auf die 13C-Integrale eliminiert (siehe Tab. II-2). Um solche Störungen auszuschließen, wurden die
13
C-Spektren zuerst unter Standard-Breitband-
entkopplung und dann mit der Inverse-Gated-Technik (Verzögerung: 5 s) gemessen.
Beide Spektren lieferten dasselbe Integralverhältnis für unverschobene zu verschobenen Signalen. Abbildung II-6 a verdeutlicht unmittelbar, daß neben der hauptsächlichen β-Isotopenverschiebung das −CH2SH- sowie das −CH2SD-Signal parallel mit
steigendem D-Anteil hochfeldverschoben werden. Aufgrund seiner näherungsweisen
Proportionalität zum D-Gehalt des Lösungsmittels liegt nahe, daß dieser Effekt auf
funktionellen Gruppen mit Φ ≈ 1 beruht und in direktem Zusammenhang mit Änderun-
II Ergebnisse
166
Tab. II-2. 1H- und 13C-NMR-Daten von Coenzym B in 100 % H2O bei 4.1 °C; Deuterium-abhängige
Hochfeld-Verschiebungen der 13C-Signale in H2O:D2O [25:75] bei 4.1 °C (600 / 150 MHz; δ in ppm,
∆δ in ppb, J in Hz).
δ (1H)
δ (13C)
∆δ (13C);
Intensitätsrelation
unverschoben:
verschoben
1
−
178.8
16; 1:3
2
4.27 (dt)
62.3
(JC,P = 7.8)
91; 1:3
3
4.71 (qdd)
75.4
(JC,P = 5.4)
9; 1:3
4
1.30 (d)
21.2
0
NH
8.17
(J = 8.9)
−
−
1'
−
180.2
91; 1:3
2'
2.39 (m); 2.35 (m)
38.8
53; 1:3
3'
1.63 (m)
28.1
9; 1:3
4'
1.34 (m)
30.5
0
5'
1.40 (quint)
29.9
0
6'
1.60 (m)
35.7
25; 5:6
7'
2.54 („q“)
(J = 7.7)
26.6
143; 5:6
SH
1.83
(J = 8.2)
−
−
NH4+
7.16 (t)
−
−
Atom
gen in Wasserstoffbrückenbindungen / Solvatationshülle des Moleküls steht. Nahe der
Mitte der Heptanoyl-Kette zeigen die Signale für C(4‘) und C(5‘) bezogen auf 1,4Dioxan nur minimale Verschiebungen, so daß diese als interne Referenz für den Spektrenvergleich dienen können. Aus den Integralen für −CH2SH sowie −CH2SD bei 50 /
75 Mol% D und 4.1 / 25 / 50 °C ließ sich ΦSL (CoB) zu 0.44 ± 4.1 % (n = 6) berechnen.
Dabei traten bereits bei 25 °C durch H/DAustausch zwischen −SL und Lösungsmittel
deutliche Linienverbreiterungen auf, infolgedessen die Signalintensitäten über Least
Square Fitting der theoretisch simulierten Kurve eines Zwei-Spin-Austausches zwi-
II Ergebnisse
167
a
CH2SD
CH2SH
100 % H2O
100 % D2O
50 % D2O
∆δ = 143 ppb
75 % D2O
26.65
b
26.60
26.55
CH2SH
26.50
26.45
ppm
CH2SH
50 °C
25 °C
4.1 °C
2.6
2.4
2.2
2.0
1.8
1.6
1.4
ppm
Abb. II-6. Bestimmung von ΦSL für Coenzym B: a) 13C-NMR-Spektren von C(7') bei 4.1 °C und 0 /
50 / 75 / 100 Mol% D im Lösungsmittel, referenziert auf C(5'); b) 1H-NMR-Signale von H2C(7') und
−SH bei 4.1 / 25 / 50 °C und 100 Mol% H im Medium.
II Ergebnisse
168
schen unverschobenen und verschobenen Linien im gemessenen Spektrum bestimmt
wurden, mit dem Populationsverhältnis als einem der Optimierungsparameter. Im Hinblick auf die Konsistenz der berechneten Φ-Werte fand diese Technik auch Anwendung bei 4.1 °C sowie 50 °C, wobei sich das C(7‘)-Signal bei der letztgenannten
Temperatur nahe dem Koaleszenzbereich befand. Anhand dieses Optimierungsprozedere für die theoretische Zwei-Spin-Austausch-Linienform konnten auch die Austauschgeschwindigkeiten nebst weiteren thermodynamischen Parametern abgeleitet
werden. Für die durchschnittliche Lebensdauer τ eines Kerns in der magnetischen Umgebung A / B und die Geschwindigkeitskonstante k gilt:
τA ⋅ τ B
τ = ----------------τA + τB
mit
1
k = --τ
(Gl. II-20).
Auf dieser Grundlage ergaben sich für k folgende Werte: 2.3 s−1 (4.1 °C), 14.1 s−1
(25.0 °C), 66.5 s−1 (50.0 °C). Dies entspricht 52.3 kJ mol−1 für ∆H# und −46.1 J mol−1
K−1 für ∆S#.
Abbildung II-6 b zeigt in 100 Vol.% H2O für eine Temperatur von 4.1 °C das SH-Proton als Triplett bei 1.81 ppm mit deutlich reduzierter Intensität (0.6 H). Dies beruht auf
SH-OH-Austauschreaktionen während der relativ langen Excitation-Sculpting-Pulssequenz, wodurch nicht-angeregte Protonen des Wassers in den Resonanzbereich der
Thiol-Protonen gelangen. Bei 4.1 °C erscheint H2C(7‘) als quartettoides Signal mit etwa
identischen Kopplungskonstanten zu −SH (8.3 Hz) und zur vicinalen Methylen-Gruppe
H2C(6‘). Bei 25 °C wird das SH-Triplett nur noch teilweise aufgelöst und das H2C(7‘)Quartettoid befindet sich hinsichtlich der −SH-Kopplung nahe dem Koaleszenzbereich.
Bei 50 °C verschwindet das SH-Signal großenteils infolge von Austausch-bedingter Linienverbreiterung und H2C(7‘) bildet ein scharfes Triplett. Aus diesen Betrachtungen
kann wiederum die Austauschgeschwindigkeit abgeschätzt werden, da für den Koaleszenzbereich bei 25 °C mit ∆ν = 8.3 Hz der Zusammenhang k = 2.22 • ∆ν ≈ 18.4 s−1 gilt,
was recht gut zu den 14.1 s−1 aus den 13C-Daten paßt. Mit steigender D2O-Konzentration verringert sich das SH-Integral, und da die zugrundeliegenden Spektren ohne Unterdrückung des Lösungsmittel-Signals aufgenommen wurden, ergab sich bezugnehmend auf ∫ H2C(7‘) = 2H der Fraktionierungsfaktor ΦSL (CoB) zu 0.42 ± 1.2 % (n =2).
II Ergebnisse
169
Obwohl in Analogie zu den 13C-Spektren die Integration des SH-Protons bei Temperaturerhöhung durch zunehmende Linienverbreiterung ungenauer wird, erkennt man klar
die Tendenz zu einer Vergrößerung des Fraktionierungsfaktors, und zwar um ca. 7 %
bei 50 °C relativ zu ΦSL bei 4.1 °C.
Gleichermaßen erfolgreich war ein analoger Ansatz mit dem CoM-Natriumsalz in
H2O, H2O:D2O [50:50] und H2O:D2O [20:80] bei 500 MHz und 5.4 °C unter interner Referenzierung auf das 1H-NMR-Integral von H2C(2). Abbildung II-7 zeigt deutlich, wie die
Schärfe des SH-Signals mit steigendem D2O-Gehalt wächst. Für ΦSL berechnete sich
wiederum ein Durchschnittswert von 0.43 ± 3.9 % (n = 2), und zwar unabhängig vom
Zeitpunkt nach Herstellung der Lösungen (10 min / 6 d). Während die Integrale für die
Methylen-Protonen in Position 1 und 2 bis in den Promille-Bereich identisch waren, betrug das Integralverhältnis für H2C(2)/SH in reinem Protiumoxid etwa 2.093 anstelle
des erwarteten Wertes von 2.000.
H2C2
H2C1
Dioxan
HS−
HS
c
2
1
S
O
O
HS−
+
ONa
H2C2
H2C1
Dioxan
d
H2C2
H2C1
Dioxan
HS−
Abb. II-7. 1D-1H-NMR von Natrium-2-sulfanylethansulfonat (c) in H2O (a), H2O:D2O [50:50] v/v (b), H2O:D2O [20:80] v/v (d) (500 MHz, H2O/D2O).
b
a
II Ergebnisse
170
II Ergebnisse
2.2
171
Analyse von Gemischen aus Methan-Isotopologen
Um das Protoneninventar der Methanbildung durch MCR zu untersuchen, ist es notwendig, Ansätze mit diesem Enzym bei verschiedenen Deuterium-Konzentrationen
der wäßrigen Phase in gasdichten Gefäßen zu bereiten und nach Reaktionsende das
Methan-Isotopologenverhältnis im Überstand zu analysieren. Je nach isotopischem
Fraktionierungsfaktor Φ für die funktionelle Gruppe derjenigen Spezies, welche das
vierte H des Produkts liefert, erscheint D in der Gasphase relativ zum wäßrigen Medium mit vergrößertem, identischem oder verringertem Molenbruch (siehe Kapitel II
1.4.2). Im Falle von Hydroxy- oder Amin-Funktionen mit Φ ≈ 1 lassen GleichgewichtsIsotopeneffekte praktisch keine An- oder Abreicherung von Deuterium im Produkt erwarten (siehe Abb. II-8 a), ganz im Gegensatz zu Sulfanyl-Gruppen mit ΦSL << 1. Wie
Abbildung II-8 b deutlich zeigt, entspricht ein D-Anteil von 70 Mol% im Medium einem
D-Molenbruch von 50 % in der Gasphase, wobei die stärkste H-D-Diskriminierung für
den Bereich von 50-70 Vol.% D2O im Enzymansatz erwartet wird. Auch eine im Laufe
des katalytischen Zyklus allfällige Abschirmung des aktiven Zentrums zum umgebenden Medium hin sowie die Auswirkung kinetischer Isotopeneffekte müssen bei der
Interpretation in Betracht gezogen werden.
Besonders anspruchsvoll war die Entwicklung einer geeigneten Methodik, um das
Verhältnis der Methan-Isotopologe bei einer zu erwartenden Gesamtmenge von
0.5-1 µmol Methan im Überstand reproduzierbar und mit ausreichender Präzision zu
messen. Die naheliegende Lösung bestand zunächst darin, das gebildete CH4/CH3DGemisch mit gasdichten Glas-Teflon-Spritzen zu entnehmen und mittels EI-MS (70 eV)
zu analysieren. Jedoch führte die isobare Überlappung von 12CH3D+ mit 13CH4+ (m/z 17)
sowie von 12CH4+ mit 12CH2D+ (m/z 16) zu großen Problemen, da die notwendige Auflösung R = m/∆m für m/z 16 > 10300 und für m/z 17 > 5800 vom verwendeten Sektorfeld-MS-Spektrometer zwar problemlos erreicht wird, aber mit entsprechend stark
verringerter Empfindlichkeit einhergeht. Ebenso störend wirken sich die Signale der in
großem Überschuß vorhandenen Spezies OH+ (m/z 17), O22+ (m/z 16) und N22+ (m/z
14) aus, welche zwar teilweise durch Differenzspektren zu entfernen sind, was aber
wiederum auf Kosten der Reproduzierbarkeit geht. Auch analoge Versuche mit einer
GC/MS-Quadrupol-Anlage zeigten keinen Erfolg, da die verwendete GS-Gaspro-Kapillartrennsäule (0.8 mL He pro min; 40 °C isotherm; Split 1:400) eine zu geringe Selek-
II Ergebnisse
172
a
1.00
0.90
Molenbruch im Methan
0.80
0.70
Molenbruch von D im Methan
0.60
Molenbruch von H im Methan
0.50
0.40
Differenz zwischen den Molenbrüchen
von D im Medium und im Methan
0.30
0.20
0.10
0.00
0.00 0.10 0.20 0.30 0.40 0.50 0.60 0.70 0.80 0.90 1.00
Molenbruch von D im Medium
b
1.00
0.90
Molenbruch im Methan
0.80
0.70
Molenbruch von D im Methan
0.60
Molenbruch von H im Methan
0.50
Differenz zwischen den Molenbrüchen
von D im Medium und im Methan
0.40
0.30
0.20
0.10
0.00
0.00 0.10 0.20 0.30 0.40 0.50 0.60 0.70 0.80 0.90 1.00
Molenbruch von D im Medium
Abb. II-8. Abreicherung von Deuterium in der Gasphase: a) berechnet für R−OL (Φ = 1.00); b) berechnet für R−SL (Φ = 0.42).
tivität aufweist, um CH4 von überschüssigem N2 / O2 basisliniengetrennt zu separieren.
Im Laborfachhandel sind gepackte GC-Trennsäulen bekannt, um Methan neben ubiquitären Begleitgasen wie H2, N2, O2, CO, CO2 zu analysieren, so beispielsweise die
Phasen 100/120 HayeSep D, 100/120 Carbosieve S-II und 60/80 Carboxen-1000.
Auch ließe sich die Stickstoff-Wasserstoff-Atmosphäre in den Enzympräparationen
II Ergebnisse
173
nötigenfalls durch Helium ersetzen. Allerdings existiert bislang keine GC-Technik, um
Methan von seinem Monodeutero-Derivat zu trennen, so daß die Problematik hinsichtlich isobarer Überlappungen zwischen beiden Spezies im EI-MS auf diese Weise nicht
gelöst werden kann.
Den entscheidenden Durchbruch ermöglichte schließlich die ebenso einfache wie
wirkungsvolle Methode, Methan und seine Isotopologe mit Hilfe einer Stahlkapillare
möglichst fein verteilt durch ein mit CDCl3 gefülltes NMR-Röhrchen zu blasen und das
im organischen Medium gelöste Gas mittels 1H-NMR zu analysieren. Wie die Abbildungen II-9 a und II-11 zeigen, verschieben sich die Signale für Methan mit jedem H/DSubstitutionsschritt um etwa 15 ppb mehr ins Hochfeld und lassen sich somit gut separiert integrieren, zumal im Bereich von 0.22-0.18 ppm kaum Störungen durch organische Verunreinigungen zu befürchten sind. Lediglich die äußerst scharfen Signale
von Methan mit Linienbreiten nahe der Auflösungsgrenze des NMR-Spektrometers
(≈ 0.2 Hz) bereiteten Schwierigkeiten hinsichtlich der Shim-Optimierung. Das Signalzu-Rauschen-Verhältnis konnte im wesentlichen nur durch Erhöhen der Methankonzentration im Überstand der Enzymlösung verbessert werden, hingegen kaum durch
bloßes Vergrößern des entnommenen Gasvolumens. In diesem Zusammenhang war
für reproduzierbare Meßergebnisse auch entscheidend, die NMR-Röhrchen nach Begasen möglichst rasch abzudichten, damit sich ein konstantes Gleichgewicht zwischen
gelöstem und gasförmigem Methan einstellt. Nach Befüllen evakuierter Injektionsflaschen mit CH4 beziehungsweise CH3D aus Druckbehältern mußte man über einen
kurzfristigen Druckausgleich mit der Umgebung sicherstellen, daß beide Gase in derselben Molarität vorliegen. Während sich Methan bei 20 °C unter Atmosphärendruck
(1.01325 bar) nur wenig in H2O löst (c ≈ 1.6 mM), können in Chloroform unter denselben Bedingungen um ein Vielfaches höhere Konzentrationen erreicht werden (c ≈
21.3 mM), welche gemäß dem Henryschen Gesetz proportional zum Methan-Partialdruck in der Gasphase sind (vgl. Lide, 2006: 8-82; Fischer und Zerbe, 1923: 17 f.).
Zu Eichzwecken erwies es sich als vorteilhaft, die exakte volumetrische Dosierung
der Methan-Isotopologe in 60mL-Injektionsflaschen mit Hilfe von gasdichten Glas-Teflon-Spritzen Modell SampleLock sowie konischen Nadeln mit seitlicher Öffnung vorzunehmen, um ein Ausstechen der Tellergummikappen mit nachfolgendem Verstopfen
der Nadel zu vermeiden. Für die dünnen PTFE/Gummi-Septen der 2mL-HPLC-Bördelflaschen waren Injektionskanülen der Abmessung 0.50 mm × 40 mm optimal, für die
II Ergebnisse
174
a
4H
3H
b
1.0
Molenbruch (NMR)
0.8
0.6
Molenbruch von CH3D
Lineare Regression
0.4
0.2
0.0
0.0
20.0
40.0
60.0
80.0
100.0
Volumenanteil von CH3D, %
Abb. II-9. a) 1D-1H-NMR-Spektrum einer Mischung von CH3D:CH4 [40:60] v/v (600 MHz, CDCl3);
b) Eichgerade für CH3D-/CH4-Gemische: Korrelation zwischen NMR-Integralen und volumetrischer Bestimmung (r = 0.999, A = 1.006, B = 0).
massiven Naturgummi-Stopfen der 8mL-Serumflaschen Injektionskanülen mit
0.80 mm × 80 mm. Die hohe Dichtigkeit der PTFE/Gummi-Septen zeigte sich unter anderem darin, daß sechs Monate nach Versiegeln noch rund 20 % der ursprünglich ge-
II Ergebnisse
175
bildeten Methanmenge vorhandenen waren. Außerdem belegten Langzeitversuche
über mehrere Tage klar, daß der Diffusionsverlust an Methan durch die Gummistopfen
der NMR-Röhrchen keinem Isotopeneffekt unterliegt. Ferner wiesen die Methan-Isotopologe im Rahmen der Meßgenauigkeit dieselbe Löslichkeit in CDCl3 auf, so daß die
Integrale tatsächlich das H/D-Verhältnis im Überstand der Enzymlösung widerspiegeln
(vgl. Bacsik et al., 2002; Salem et al., 1994). Aus Abbildung II-9 b kann die hohe Korrelation zwischen dem volumetrisch bestimmten Deuteriumanteil in der Gasphase und
den berechneten Integralwerten abgelesen werden. Für eine 1:1-Mischung aus CH4
und CH3D (gesamt 0.5 µmol Methan in 450 µL N2-Methan-Gemisch) beispielsweise betrug die Stichproben-Standardabweichung bei sechs Einzelmessungen nach Integration nur ± 0.6 %.
Ansätze mit aktiver MCR I (c ≈ 500 nM) wurden in gasdichten Gefäßen bereitet und
mit Methyl-CoM sowie CoB-Homodisulfid in Gegenwart von Ti(III)citrat und katalytischen Mengen an Hydroxocobalamin (siehe Teil II 4.5) umgesetzt. Die letzteren beiden
Komponenten stellen reduktiv CoB−SH als eines der beiden Substrate bereit und entfernen in derselben Weise CoB−S−S−CoM als eines der beiden Produkte aus dem
Reaktionsgleichgewicht. Es erwies sich als vorteilhaft, in vier parallelen Experimenten
wäßrige Pufferlösungen mit 19.8 / 26.6 / 46.1 / 60.7 / 80.2 / 96.1 Vol.% D2O anzusetzen
und davon in einer Serie die Methanbildungsrate gaschromatographisch zu bestimmen
(siehe Abb. II-10 a). Die übrigen drei Reihen blieben für die gesamte Inkubationszeit
undurchstochen, und deren Überstand wurde später auf den molaren Anteil von CH3D
im Gesamtmethan hin analysiert. Was die Kinetik der Methanbildung anbelangt, so erwies sich Vmax unter Substratsättigung innerhalb der experimentellen Fehlergrenze
(< 15 %) als unabhängig vom Deuteriumgehalt des Mediums. Entsprechende Ansätze
mit sättigenden Bedingungen für das erste Substrat MeCoM unter Variation der CoBKonzentration (zweites Substrat) zwischen 0.1-1 mM zeigten eine Zunahme des apparenten KM-Wertes für CoB von 63 µM in 100 Vol.% H2O auf 270 µM in 96 Vol.% D2O,
wenngleich die Fehlergrenzen der angewandten Bestimmungsmethode erfahrungsgemäß recht groß ausfallen. Abbildung II-10 b läßt unmittelbar erkennen, daß die gemessene Deuterium-Abreicherung in der Gasphase zu einer konkaven Kurve führt, deren
Krümmung einem isotopischen Fraktionierungsfaktor von 0.27 entspricht, was markant
unterhalb des Φ-Wertes für CoB, CoM und Thiole im allgemeinen liegt (siehe Abschnitte II 1.4.2, II 2.1). Um den Protium- beziehungsweise Deuteriumgehalt der Enzyman-
II Ergebnisse
176
a
500
450
400
ngesamt (Methan) / nmol
350
19.8 % D2O (4.4 U/mg)
26.6 % D2O (4.7 U/mg)
46.1 % D2O (4.4 U/mg)
60.7 % D2O (4.4 U/mg)
80.2 % D2O (4.0 U/mg)
96.1 % D2O (3.1 U/mg)
300
250
200
150
100
50
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
t / min
b
1.000
0.900
Molenbruch von CH3D
0.800
0.700
0.600
Molenbruch von CH3D im Experiment
0.500
Molenbruch von CH3D berechnet für ) = 0.27
0.400
Molenbruch von CH3D berechnet für ) = 1.00
0.300
0.200
0.100
0.000
0.00
0.20
0.40
0.60
0.80
1.00
Molenbruch von D2O
Abb. II-10. a) Methanbildungsrate der MCR I in Abhängigkeit von der D2O-Konzentration im Medium und der spezifischen Enzymaktivität; b) Abreicherung von Deuterium in der Gasphase: gemessen im Experiment und berechnet für verschiedene Werte von Φ.
sätze zu überprüfen, wurde zu Eichzwecken jeweils 1 mL CDCl3 durch Ausschütteln
gegen 200 µL H2O-/D2O-Gemisch (10-90 Mol% D) mit Wasser gesättigt, um anschließend die 1H-NMR-Integrale für das H2O- sowie für das HDO-Signal getrennt zu bestimmen. Da dies nur bis inklusive 40 Vol.% D2O reproduzierbar möglich war, bereitete
man alternativ eine Eichlösung von Acetonitril in DMSO-d6 und analysierte damit den
II Ergebnisse
177
1 : 1 : 1
15 ppb
15 ppb
3H
4H
1 : 2 : 3 : 2 : 1
2H
³
585
100
135
130
31.3
125
120
115
110
105
Hz
Abb. II-11. Methanogenese durch MCR I in H2O:D2O [3.9:96.1] v/v: 1D-1H-NMR des im Überstand
enthaltenen Gasgemisches mit 10.6 % CH4 (s), 82.7 % CH3D (t), 6.7 % CH2D2 (quint) (600 MHz,
CDCl3).
H/D-Gehalt in einem definierten Volumen zugegebener Enzymlösung unter Berücksichtigung der ursprünglichen Spuren an Wasser im Eichmedium.
Unter mechanistischen Gesichtspunkten als besonders interessant ist die Beobachtung zu werten, daß für D2O-Konzentrationen ≥ 96 Vol.% einerseits 6.7 % Methan-d2
in der Gasphase und andererseits 8.5 % CH2D−CoM im wäßrigen Medium nachweisbar sind, sofern MeCoM im Überschuß vorliegt (siehe Abb. II-11 und II-12 mit den charakteristischen Multiplizitäten für Kernspin 1). Um diese Resultate in künftigen Forschungsprojekten zur Reversibilität der Methanogenese beziehungsweise zur Methanaktivierung durch MCR verwerten zu können, war eine Reihe von Kontrollmessungen
nötig. Diese ergaben, daß ohne Enzym weder Methan gebildet noch funktionalisiert
wird. Das Abstoppen der Methanogenese nach 3 / 6 / 9 / 12 / 15 min zeigte in Abhängigkeit von der jeweiligen D2O-Konzentration ein konstantes Verhältnis von CH3D:CH4
über die Reaktionszeit. Auch blieb das Isotopologen-Verhältnis Methan-d0/-d1/-d2 bei
Verdopplung der MCR-Konzentration gleich, wohingegen sich die CH2D2-Bildungsrate
II Ergebnisse
178
3H
2H
œ
6.19
100
2.14
2.13
2.12
2.11
2.10
2.09
2.08
2.07
2.06
2.05
2.04 ppm
Abb. II-12. Methanogenese durch MCR I in H2O:D2O [3.9:96.1] v/v: 1D-1H-NMR der Flüssigphase
mit 91.5 % CH3−CoM (s), 8.5 % CH2D−CoM (t) (600 MHz, D2O).
proportional zur Enzymkonzentration verhielt. Ferner verfügt die MCR nicht über die
Fähigkeit, in Abwesenheit von MeCoM zugesetztes CoM bei einem Methan-Partialdruck von 1 bar in der Gasphase zu alkylieren. In diesem Zusammenhang muß beachtet werden, daß Methan bei einem Partialdruck von 1.01325 bar und einer Temperatur
von 333.15 K in reinem H2O beziehungsweise D2O praktisch dieselbe Löslichkeit von
0.95 mM besitzt, entsprechend 1.56 mM bei 293.15 K (vgl. Clever and Young, 1987: 3,
45 f.). Berücksichtigt man noch die Salinität der Enzymlösung (9.7 ‰ w/v), so ergibt
sich ein Wert von 0.75 mM (vgl. Duan and Mao, 2006). Da die MCR im Medium eine
Konzentration von rund 500 nM beziehungsweise unter Berücksichtigung von zwei aktiven Stellen pro Molekül von 1 µM erreicht, wirkt für die beschriebenen Ansätze zur
reversen Methanogenese das Substrat Methan keinesfalls als limitierender Faktor,
sondern liegt vielmehr in großem Überschuß vor.
II Ergebnisse
2.3
179
Simulationen zur Reaktionskinetik der MCR
Aus früheren kinetischen Untersuchungen weiß man, daß der MCR-abhängige Katalysezyklus einem geordneten Bisubstrat-Mechanismus folgt, wie dem auf das Protoneninventar zugeschnittenen und vereinfachten Schema in Abbildung II-13 b zu
entnehmen ist. Da der Protonenaustausch zwischen der Sulfanyl-Gruppe von CoB und
dem wäßrigen Medium im Bereich von 100 s−1 liegt (siehe Kapitel II 2.1), stellt sich das
entsprechende thermodynamische Gleichgewicht (Konstanten k1_1, k1_2) rascher ein,
als die Enzymreaktion erfolgt. Für die kinetische Modellierung des ProtoneninventarExperimentes hinsichtlich Produktverteilung CH3D/CH4 sowie Gesamtgeschwindigkeit
der Methanbildung unter Sättigung muß eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden:
♦
Auswirkung eines unspezifischen Lösungsmittel-Isotopeneffektes auf die Bindungskonstanten und möglicherweise auf die katalytischen Schritte kcatH (k5) und kcatD (k6)
über Austausch von Amid- und Hydroxy-Protonen mit D2O, was das Wasserstoffbrücken-Netzwerk und somit die Proteinstruktur leicht verändern kann. Da die Fraktionierungsfaktoren für ROL und R2NL nahe bei 1 liegen, erwartet man für die Stärke
dieses Effektes eine lineare Abhängigkeit vom D-Anteil im Medium. Unter der Annahme, daß das Enzym evolutionär auf 100 Vol.% H2O optimiert ist, könnte der unspezifische Isotopeneffekt die Bindung der Substrate MeCoM und CoB schwächen,
in Übereinstimmung mit der beobachteten Verdreifachung des apparenten KM-Wertes für CoB beim Übergang von 0 auf 96 Vol.% D2O.
♦
Auswirkung eines kinetischen Isotopeneffektes auf kcat. Gemäß dem Reaktionsprofil
für Mechanismus III (siehe Abb. II-13 a) erfolgt die H-Übertragung von CoB (R‘−SH)
auf das naszierende Methyl-Radikal synchron mit der Spaltung der Thioether-Brükke im MeCoM (CH3−S−R). Obwohl im berechneten Übergangszustand ÜZ 1 die
S−H-Bindung noch kurz (1.4 Å) und die C...H-Distanz recht lang (2.3 Å) ist, kann ein
kleiner KIE auf kcat durchaus erwartet werden. Laut Pryor und Kneipp (1971) nimmt
der kinetische Isotopeneffekt kH/kD für die Abstraktion eines Wasserstoff-Atoms
durch CH3• aus tert.- Bu−SH einen Wert von 2.71 an, was für den asymmetrischen
ÜZ 1 von Mechanismus III als obere Grenze zu betrachten ist.
II Ergebnisse
180
a
E/
kJ mol-1
84
33
0
-8
-25
ES
R'
ÜZ 1
R'
S
H
H
H
H
C
PhO H
OPh
H
S
R
S
H 2.6 Å
BH
k 31
k 32
k21M
E
k
k22
41 B
k
EMBH
F
H
S
S
CH4
R
H
S
H
H OPh
R
H OPh
PhO
PhO
NiI
NiII->I
NiII
DL
BH
k
k8
+ CH4
DL
k10_1
k71
EP
k6
D
R'
S
CH4
5
42
EP
S•
R'
NiI->II
HL
k10_2
EM
R'
ÜZ 2
C H
H
•
H
OPh
H C
H
H
H
OPh
H
2.6 Å
R
PhO H
PhO H S
R
S
2.6 Å
NiI
b
ZP
+ CH3D
E+P
k1_2
k1_1
k72
k
9
EMBD
BD
HL
BD / BH: Coenzym B
DL / HL: H2O / D2O / HDO
E: Methyl-Coenzym-M-Reduktase
EM, EP: binäre Komplexe
EMD / EMBH: ternäre Komplexe
M: S-Methyl-Coenzym M
P: CoB–S–S–CoM
Abb. II-13. a) DFT-basierendes Energieprofil für die Methanogenese über SRN gemäß Mechanismus III (verändert nach Pelmenschikov und Siegbahn, 2003: 653); b) kinetisches Modell in Anlehnung an Mechanismus III für eine geordnet ablaufende Bisubstrat-Reaktion der MCR.
♦
Abgeschirmtes gegen nicht-abgeschirmtes aktives Zentrum. Die resultierende Protoneninventar-Kurve hängt davon ab, ob der ternäre Komplex EMBH/EMBD gegenüber raschem Protonenaustausch mit dem Lösungsmittel (k10_1, k10_2 > kcat)
zugänglich ist oder nach Bindung der beiden Substrate abgeschirmt vorliegt.
II Ergebnisse
♦
181
Größe des Commitments C für den ternären Komplex. In der integrierten Geschwindigkeits-Gleichung einer geordneten Bisubstrat-Kinetik ohne Anreicherung des Produkts berechnet sich KM für das zweite Substrat gemäß
KM
B
k 32 + k cat
= ----------------------k 31
mit
k cat
C = -------k 32
(Gl. II-21).
Ändert ein kinetischer Isotopeneffekt kcat, so beeinflußt dies sowohl den apparenten
KMB-Wert als auch das Commitment C. Solange ein normaler KIE vorliegt, das heißt
kH/kD > 1, wird KMB mit steigendem KIE eher abnehmen als wachsen, was experimentell auch beobachtet wurde.
Für die Geschwindigkeitskonstanten k21 und k31 der Substratbindung durch MCR sind
keine experimentellen Werte erhältlich. KM für MeCoM beziehungsweise CoB wurden
bestimmt zu 1 mM beziehungsweise 0.1 mM, bei einer spezifischen Enzymaktivität von
100 U mg−1 und einer Umsatzzahl kcat von 250-500 s−1. Unter Berücksichtigung von
k31 < 108 M−1 s−1 (Diffusions-kontrollierte Binding von CoB) ergibt sich für C ein Wert von
0.01 als untere Grenze. Zur Simulation der Protoneninventar-Kurven für die Produktverteilung (CH3D/CH4) und die Gesamt-Methanbildungsrate (d([CH3D]+[CH4])/dt) dienten die Programme GEPASI und COPASI, wobei die Bindungsparameter gemäß den
besprochenen Faktoren für die kinetische Modellierung eingesetzt wurden, und zwar
jeweils für C = 0.01 / 1.00 / 100 (siehe Abb. II-14 a-f).
Fall 1: Abgeschirmter ternärer Komplex mit R−SL als H-Quelle und ΦSL = 0.42.
Bei hohem Commitment (C = 100) spiegelte die Produktverteilung nur den thermodynamischen Fraktionierungsfaktor von CoB (ΦSL = 0.42) wider. Ein kinetischer Isotopeneffekt hatte keinen Einfluß auf den CH3D/CH4-Quotienten, da das niedrigere kcatD (k6)
zu einer Anreicherung des ternären Komplexes EMBD relativ zu EMBH führt. Das mit
CoB−SD monopolisierte Enzym reduzierte in Folge die Methanbildungsrate für CH4 soweit, bis dieser kinetische Effekt durch das Massenwirkungsgesetz angewandt auf die
Steady-State-Verteilung der Enzym-Substrat-Komplexe genau ausgeglichen wird (siehe Abschnitt II 1.4.6). Unter diesen Bedingungen wurde die Gesamt-Methanbildungsrate in 100 % D2O relativ zu 100 % H2O für einen KIE von 2.71 um rund 15 % gedrückt.
Bei niedrigem Commitment (C = 1.00 / 0.01) zeigten sich kinetische Isotopeneffekte auf
0.0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
0.0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
0
0
10
10
20
20
40
50
60
70
40
50
60
70
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
80
80
90
90
100
100
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27
Simulation: Mol. % von D in CoB
Simulation: Vol. % von CH3D
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27
Simulation: Mol. % von D in CoB
Simulation: Vol. % von CH3D
KIE = 1.50; C = 100
KIE = 1.50; C = 100
0.0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
0.0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
0
0
10
10
20
20
40
50
60
70
40
50
60
70
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
80
80
90
90
100
100
CH4
CH3D
CH4 + CH3D
CH4
CH3D
CH4 + CH3D
Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment
(C) (1): a) Fall 1 – abgeschirmter ternärer Komplex mit R–SL als H-Quelle; b) Fall 2 – abgeschirmter ternärer Komplex mit R–OL als H-Quelle.
b
a
Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, %
Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, %
Methanbildungsrate
Relative Methanbildungsrate, %
Relative Methanbildungsrate, %
Protoneninventar
II Ergebnisse
182
40
50
60
70
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
90
100.0
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27
Simulation: Mol. % von D in CoB
Simulation: Vol. % von CH3D
100
KIE = 2.71; C = 100
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
Volumenanteil von D2O im Medium, %
0
0.0
0.0
0.0
40.0
80
10.0
30.0
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
0.0
20.0
20
20.0
10.0
10
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
10.0
0.0
0
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27
Simulation: Mol. % von D in CoB
Simulation: Vol. % von CH3D
80.0
90.0
100.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
0.0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
KIE = 1.50; C = 100
10.0
10
20.0
20
40
50
60
70
40.0
50.0
60.0
70.0
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30.0
Volumenanteil von D2O in Medium, %
30
80.0
80
90.0
90
100.0
100
CH4
CH3D
CH4 + CH3D
CH4
CH3D
CH4 + CH3D
Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment
(C) (2): c) Fall 3 – ternärer Komplex im H+-Austausch mit externem Medium und R–SL als H-Quelle; d) Fall 4 – abgeschirmter ternärer Komplex im
Austausch mit internen OH-/NH-Protonen und R–SL als H-Quelle.
d
c
Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, %
Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, %
Methanbildungsrate
Relative Methanbildungsrate, %
Relative Methanbildungsrate, %
Protoneninventar
II Ergebnisse
183
30
40
50
60
70
50
60
70
80
90
90
100
100
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27
Simulation: Mol. % von D in CoB
Simulation: Vol. % von CH3D
KIE = 1.50; C = 1.00
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
0.0
0
0
10
10
20
20
40
50
60
70
40
50
60
70
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
80
80
90
90
100
100
CH4
CH3D
CH4 + CH3D
CH4
CH3D
CH4 + CH3D
Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment
(C) (3): e) Fall 5 – unspezifischer Lösungsmittel-Isotopeneffekt mit Vergrößerung von KSEMB proportional zu Mol% D im Medium und R–SL als H-Quelle
beim abgeschirmten (1) sowie offenen (2) ternären Komplex.
Volumenanteil von D2O im Medium, %
0.0
40
80
10.0
30
Volumenanteil von D2O im Medium, %
0.0
20
20
20.0
10
10
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
10.0
0
0
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27
Simulation: Mol. % von D in CoB
Simulation: Vol. % von CH3D
KIE = 1.50; C = 100
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
e (2)
0.0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
e (1)
Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, %
Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, %
Methanbildungsrate
Relative Methanbildungsrate, %
Relative Methanbildungsrate, %
Protoneninventar
II Ergebnisse
184
Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, %
10
20
30
40
50
60
70
Volumenanteil von D2O im Medium, %
80
90
100
0.0
0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
0.0
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00
Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27
Simulation: Mol. % von D in CoB
Simulation: Vol. % von CH3D
80.0
90.0
100.0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
KIE = 1.00; C = 0.01
0
10
20
40
50
60
70
Volumenanteil von D2O im Medium, %
30
80
90
100
CH4
CH3D
CH4 + CH3D
Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment
(C) (4): f) Fall 6 – abgeschirmter ternärer Komplex mit spezifischem Gleichgewichts-Isotopeneffekt für CoB-Bindung und R–SL als H-Quelle.
f
Methanbildungsrate
Relative Methanbildungsrate, %
Protoneninventar
II Ergebnisse
185
II Ergebnisse
186
kcat in der Produktverteilung. So berechnete man den apparenten Fraktionierungsfaktor
gemäß Φapp = ΦCoB/KIE, was für einen kinetischen Isotopeneffekt von 1.5 die beobachtete Protoneninventar-Kurve ergab. Allerdings geht dies einher mit einer Erniedrigung
der Gesamt-Methanbildungsrate um 32 % in 100 % D2O, ganz im Gegensatz zu den
experimentellen Werten.
Fall 2: Abgeschirmter ternärer Komplex mit R−OL als H-Quelle und ΦOL = 1.00.
Im Falle einer OH- oder NH-Funktion als Wasserstoff-Donator war die simulierte Produktverteilungskurve linear und zeigte bei hohem Commitment (C = 100) keinen kinetischen Isotopeneffekt an. Für KIE = 2.71 verringerte sich die Gesamt-Methanbildungsrate nur um 15 %. Bei C = 1.00 wirkte sich der KIE auf den CH3D/CH4-Quotienten aus,
wenngleich Φapp > 0.50 für KIE = 2.71, begleitet von massivem Einbrechen der Gesamt-Methanbildungsrate (um ca. 60 %). Bei C = 0.01 mußte man einen KIE von etwa
3.00 voraussetzen, um den experimentell beobachteten Φapp = 0.27 zu erreichen, wobei die Gesamt-Methanbildungsrate wiederum sehr stark abfiel (um mehr als 60 %).
Offensichtlich lassen sich OH oder NH als H-Quellen mit der Protoneninventar-Kurve
nicht in Einklang bringen.
Fall 3: Offener ternärer Komplex mit R−SL als H-Quelle und ΦSL = 0.42.
Im Gegensatz zu Fall 1 zeigte die Simulation für hohes Commitment (C = 100) ein Zusammenwirken von Thiol-Fraktionierungsfaktor und kinetischem Isotopeneffekt hinsichtlich der Produktverteilungskurve, wobei hier keine Monopolisierung des Enzyms
durch das deuterierte Substrat auftrat. Dies würde unter den gegebenen Umständen
(C >> 1) einen abgeschirmten ternären Komplex voraussetzen. Sogar für C = 100 entsprach das Modell dem beobachteten Protoneninventar, mit Φapp = ΦCoB/KIE und KIE =
1.5, wobei die Gesamt-Methanbildungsrate nur minimal abnahm (< 5 %). Während der
CH3D/CH4-Quotient nicht vom gewählten Commitment abhing, sank die Gesamt-Methanbildungsrate für C < 100 (1.00 / 0.01) deutlich ab, und zwar um 32 % (KIE = 1.5)
beziehungsweise um > 60 % (KIE = 2.71). Dieser Fall 3 stimmt bislang am besten mit
den experimentellen Ergebnissen überein.
II Ergebnisse
187
Fall 4: Abgeschirmter ternärer Komplex im Austausch mit internen OH-/NHProtonen und R−SL als H-Quelle mit ΦSL = 0.42.
Unter der Annahme, daß sich zwei OH-/NH-Gruppen (beispielsweise Tyrosin−OH) in
raschem Austausch mit CoB−SH im ternären Komplex befinden, gab die Produktverteilungskurve bei hohem Commitment (C = 100) nur teilweise den kinetischen Isotopeneffekt auf kcat wieder. Für Φapp = 0.27 benötigte man einen KIE von mindestens 2.5,
wobei die Gesamt-Methanbildungsrate um weniger als 15 % abnahm. Jedoch zeigte
dann die Protoneninventar-Kurve einen asymmetrischen Verlauf, wobei deren Krümmung mit fallendem D2O-Anteil im Medium wächst. Innerhalb der Fehlergrenzen wäre
eine solche Abweichung im Experiment aufgefallen. Bei niedrigerem Commitment
(C = 1.00 / 0.01) mußte man ebenso einen KIE > 1.5 voraussetzen, um die beobachtete
Produktverteilung zu erklären, obgleich die damit verbundene Abnahme der GesamtMethanbildungsrate um mehr als 30 % nie beobachtet wurde.
Fall 5: Unspezifischer Lösungsmittel-Isotopeneffekt mit Zunahme von KSEMB
proportional zu Vol.% D im Medium und R−SL als H-Quelle beim abgeschirmten sowie offenen ternärer Komplex
Mit KSEMB (100 Mol% D) = 3 KSEMB (100 Mol% H) entsprach diese Simulation bei hohem
Commitment Fall 1 (Abschirmung zum externen Medium hin) beziehungsweise bei tiefem Commitment Fall 3 (ternärer Komplex im H-Austausch mit dem Lösungsmittel),
wobei die Gesamt-Methanbildungsrate analog für C = 100 nur gering (< 10 %), für C =
0.01 hingegen massiv (> 40 %) abnahm. Letzteres steht in klarem Gegensatz zu den
Versuchsergebnissen.
Fall 6: Abgeschirmter ternärer Komplex mit unterschiedlichen Bindungskonstanten für die CoB-Isotopologe und R−SL als H-Quelle
Für diese Simulation ging man davon aus, daß CoB−SD um den Faktor 1.5 schwächer
als CoB−SH an den binären Komplex bindet, das heißt k41 = 1.5 k31. Bei hohem Commitment (C = 100) zeigte sich unabhängig von einem kinetischen Isotopeneffekt nur
der thermodynamische Fraktionierungsfaktor ΦSL (CoB) in der Produktverteilung, unter
geringer Abnahme der Gesamt-Methanbildungsrate (5 % für KIE = 1.5; 15 % für KIE =
2.71). Für mittleres Commitment (C = 1.00) und KIE = 1.5 konnte man die beobachtete
Protoneninventar-Kurve reproduzieren, jedoch begleitet von einer Depression der
II Ergebnisse
188
Methanbildung um 32 %. Bei niedrigem Commitment (C = 0.01) und in Abwesenheit
eines kinetischen Isotopeneffektes (KIE = 1) gelang es, eine Produktverteilungskurve
mit der experimentell ermittelten Krümmung unter minimal verringerter GesamtMethanbildungsrate (< 5 %) zu simulieren, während Φapp für KIE > 1 unter 0.27 absank
und wesentlich weniger Methan pro Zeiteinheit entstand. Ergänzend zu Fall 3 liegt hier
wiederum ein Modell in Übereinstimmung mit den experimentellen Daten vor, wobei
der spezifische Gleichgewichts-Isotopeneffekt bezüglich CoB-Bindung strukturell an
dessen Sulfanyl-Gruppe geknüpft sein müßte, am wahrscheinlichsten über eine Wasserstoffbrückenbindung zum Protein. SH-Gruppen sind jedoch sowohl schwache HBrücken-Donatoren als auch -Akzeptoren, und ein Gleichgewichts-Isotopeneffekt von
1.5 fiele recht markant aus. Interessant an Fall 6 erscheint vor allem, daß zur Erklärung
von Φapp = 0.27 keinerlei KIE auf kcat mehr benötigt wird.
189
3
Diskussion und Ausblick
3.1
Fraktionierungsfaktoren, Methan-Analytik
Der durch HiResESI-ICR-MS bestimmte Wert für ΦSL liegt zwar tendenziell im richtigen
Bereich, ist aber starken Schwankungen unterworfen, da bereits geringfügige Änderungen in der Dosierung der Ionenmenge sowie in der Ionen-Speicherzeit die Wechselwirkung zwischen den eingesprühten Molekülen entscheidend beeinflussen. Auch
das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis ließ bei einigen Durchläufen zu wünschen übrig.
Kontrollmessungen in 100 % D2O ergaben 3.24 Mol% HES-d0 und 9.37 Mol% SESd0, was für H-D-Rückaustausch im Inneren der Meßvorrichtung spricht, obgleich alle
verwendeten Glasgeräte zuvor intensiv mit MeOD gespült worden waren. Sämtliche DRückstände konnten jedoch durch dreimaliges Auftragen von MeOH eliminiert werden.
Für künftige Ansätze empfielt es sich, MS-Techniken mit kürzerer Verweildauer der Ionen im Gerät heranzuziehen, wie beispielsweise MALDI in Kopplung mit einem Flugzeit-Analysator.
Den terminalen Reduktionsschritt in der Synthese von CoB−SH führt man idealerweise mit Festphasen-gekoppeltem TCEP (= Tris(2-carboxyethyl)phosphinhydrochlorid) durch, welches in wäßriger Lösung irreversibel zum entsprechenden Phosphinoxid-Derivat reagiert und damit eine quantitative Disulfid-Spaltung garantiert, ohne den
Reaktionsansatz mit im Hochfeld absorbierenden Carboxyethyl-Komponenten (δ (1H)
≈ 2.6-2.4 ppm) zu verunreinigen.
Die ΦSL-Bestimmung über 1H-Integration für CoB−SH in TRIS-HCl/H2O bei 65 °C lieferte einen relativ zu den Literaturangaben um rund 20 % zu hohen Durchschnittswert.
Dieser Fehler ist wohl systematisch bedingt, da infolge der Austauschgeschwindigkeit
zwischen −SL und HOL bei dieser Temperatur das Integral für verbleibendes −SH zu
tief ausfällt. Andererseits erwartet man ein leichtes Ansteigen des Fraktionierungsfaktors für ∆T > 0, wenngleich nicht in diesem Ausmaß. Zuverlässige Werte für ΦSL lieferten die Messungen am NMR-reinen Diammoniumsalz von CoB−SH in ungepufferter
Lösung bei 4.1 °C, und zwar sowohl nach Integrieren der 13C-Signale von C7‘ als auch
der 1H-Signale von −SH. Die berechneten Austauschgeschwindigkeiten zwischen −SL
II Diskussion und Ausblick
190
und HOL in der Größenordnung von 1-100 s−1 stimmen gut mit der Theorie überein,
wonach die Reprotonierung von Thiolat sehr rasch mit 108 s−1 erfolgt, der Rücktransfer
von L jedoch mit ∆pKa (−SL / HOL) ≈ 6 entsprechend langsam.
Für das Natriumsalz von CoM in reinem H2O / D2O konnten ebenso scharf getrennte
Signale für HOL und −SH erhalten werden. Allerdings bereitete das Integrieren der in
100 Mol% H recht breiten Thiol-Absorptionslinie merkliche Schwierigkeiten, wodurch
der H2C(2)/SH-Quotient höher als erwartet ausfiel. Der errechnete ΦSL-Wert ist im Rahmen der Meßgenauigkeit praktisch identisch mit dem CoB−SH-Fraktionierungsfaktor
und wird allgemein von der chemischen Natur und Umgebung des Sulfans (Ionenstärke / pH-Wert / Polarität in Lösung) wenig beeinflußt, wie die Ergebnisse der in Abschnitt
II 1.4.2 aufgelisteten, verschiedenartigsten Bestimmungsmethoden belegen.
Die gewählte Methodik zur Bestimmung der Verhältnisse von Methan-Isotopologen
ist ebenso einfach in der Durchführung wie hinreichend empfindlich und reproduzierbar. Vergleicht man die Löslichkeit von Methan in verschiedenen organischen Solventien, so ergibt sich folgende Reihe: Petrolether (≤ 65 °C) >> Diethylether > Petrolether
(65-100 °C) >> Ethanol ≈ Aceton >> Trichlormethan >> Wasser (vgl. Fischer und Zerbe, 1923). Da deuterierter Petrolether nicht im Handel erhältlich und Diethylether-d10
sehr teuer ist, bietet sich idealerweise Aceton-d6 als Alternative mit um den Faktor 2
verbessertem Lösungsvermögen für Methan an, zumal dessen Dampfdruck bei Raumtemperatur recht gut dem Wert für Trichlormethan entspricht. Auch wären hierbei im
Hochfeld keinerlei Störungen durch 1H-NMR-Signale langkettiger Alkylreste zu erwarten. Ferner bestünde die Möglichkeit, das Methan im Überstand vor dem Durchblasen
adsorptiv aufzukonzentrieren, z. B. mittels Molekularsieb, wobei mögliche H/D-Diskriminierungen durch Eichmessungen zu erfassen sind. Prinzipiell kann man Mischungen
aus Methan-Isotopologen qualitativ in der Gasphase ebenso mittels Raman-Spektroskopie oder massenspektrometrisch nach katalytischer Verbrennung analysieren.
Für die MCR-I-Ansätze in wäßriger Lösung mit unterschiedlichem Deuterium-Gehalt
muß unbedingt darauf geachtet werden, daß die Enzympräparation keine Hydrogenasen mehr enthält beziehungsweise diese durch geeignete Inhibitoren inaktiviert sind,
da deren hohe Aktivität ein Gleichgewicht zwischen H2 / HD in der Gasphase und D2O
/ HDO im Medium einstellt und somit den scheinbaren H-Anteil in Lösung markant erhöht. Sofern die Methanogenese nach definierten Zeitintervallen abgestoppt werden
soll, geschieht dies am besten durch Zugabe von 10 Vol.% DClO4 (70 %), welche im
II Diskussion und Ausblick
191
Gegensatz zu 100%iger HCOOD nicht korrosiv wirkt und bei Raumtemperatur kaum
Dämpfe freisetzt. Inaktivieren durch Erhitzen in kochendem Wasser gelingt bei den
dickwandigen Serumflaschen nur mit Verzögerung. Zugabe von 30%igem D2O2 wiederum führt zu erheblichem Überdruck mit der Gefahr, daß ein Teil des entstandenen
Methans entweicht. Auch CDCl3 ist nicht zu empfehlen, da unter Einfluß von Ti(III) im
Medium nicht-enzymatisch Methan freigesetzt werden kann.
Was das Protoneninventar anbelangt, so wäre es von großem Interesse, die entsprechenden Seleno-Derivate von Methyl-CoM und/oder CoB als Substrate zu verwenden, deren ΦSeL deutlich unter dem Fraktionierungsfaktor für Thiole liegt. Der
Nachweis von CH2D2 sowie CH2D−CoM ausschließlich bei hohen D2O-Konzentrationen (≥ 96 Vol.%) ist nicht weiter verwunderlich, da sowohl für den Einbau von Wasserstoff in das freizusetzende Methan als auch für die Methanaktivierung kompetitiv H
gegenüber D bevorzugt wird. In einer Reihe von Folgeexperimenten muß man somit
abklären, ob diese Resultate die Reversibilität der Methanogenese belegen, das heißt
der Kohlenstoff des Methans in der Gasphase / im Medium tatsächlich in der MethylGruppe des MeCoM erscheint, oder ob stattdessen im aktiven Ni(I)-Zentrum eine Zwischenstufe den H/D-Austausch zwischen Umgebung und Substrat noch vor
Methanfreisetzung ermöglicht. Außerdem ist von Interesse, ob größere Enzymmengen
im Ansatz innerhalb von 15 min auch eine Trideuterierung von Methan ausgehend von
CH3−CoM zeigen, zu welchen Produkten mono- und dideuteriertes MeCoM führt, und
inwieweit Methan in der Gasphase mit einem Partialdruck ≥ 1 bar eine Produkthemmung bewirkt.
3.2
Schlußfolgerungen zum Reaktionsmechanismus
Hinsichtlich dem hypothetischen Mechanismus III der Methanogenese (siehe Kapitel II
1.3) ergaben sich im Rahmen einer einfach geordneten Bisubstrat-Kinetik mit den in
Abbildung II-14 a bis II-14 f genannten Bedingungen zwei Fälle, die in der Theorie mit
den experimentellen Resultaten übereinstimmen. Lösung 1 (siehe Abb. II-14 c) beruht
auf einem Thiol als H-Quelle, einem kleinen doch signifikanten kinetischen Isotopeneffekt von 1.5 auf kcat, einem offenen ternären Komplex mit raschem Protonenaustausch
zum Lösungsmittel hin sowie einem Commitment > 1 mit relativ langsamer CoB-Bin-
II Diskussion und Ausblick
192
dung. Lösung 2 (siehe Abb. II-14 f) geht wiederum von einem Thiol als H-Quelle aus
und postuliert einen spezifischen Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf die Bindung von
CoB−SH gegenüber CoB−SD, einen zum Lösungsmittel hin abgeschirmten ternären
Komplex sowie ein niedriges Commitment << 1, das heißt rasche CoB-Bindung mit KM
(CoB−SD) = 150 µM und KM (CoB−SH) = 100 µM. Für das geringe Commitment spricht
ferner die Beobachtung, daß bei hohen D2O-Konzentrationen die Bildung von CH2D−
CoM der Entstehung von Methan-d2 vorausläuft. Wie in Abschnitt II 1.4.4 erläutert,
können thermodynamische Isotopeneffekte auch aus ΦR = 1.00 resultieren, sofern L
über mehrere Bindungsstellen weitergereicht wird. Um die beobachtete Deuterium-Abreicherung mit Φ = 0.27 zu erzielen, müßte das vierte H im Methan über mindestens
10 Aminosäure-Reste mit Fraktionierungsfaktor 1 übertragen werden, welche im aktiven Zentrum der MCR aber nicht vorhanden sind (vgl. Kapitel II 1.1). Spielt Thiolat eine
Schlüsselrolle im Katalysezyklus, so können unter Umständen inverse Isotopeneffekte
sowie ausgeprägte Medium-Isotopeneffekte auftreten (vgl. Abschnitt II 1.4.2), die jedoch im pL-Bereich 7-8 der Enzymansätze ohne Bedeutung sind.
Unter Bezugnahme auf Mechanismus I beziehungsweise II (siehe Abb. II-2), in deren Verlauf das vierte H im Methan über CoM-Sulfonium / CoM-Thiyl-Radikal-Kation
beziehungsweise Thioketyl-Radikal übertragen wird, allesamt Spezies mit Fraktionierungsfaktoren deutlich unterhalb von ΦSL = 0.42, lassen sich mittels COPASI eine Reihe von Modellüberlegungen ableiten. So wird postuliert, daß der erste ternäre Komplex
EMBH / EMBD aus Enzym, MeCoM und CoB (siehe Abb. II-13 b) zum Zwischenprodukt EXH/D isomerisiert, beispielsweise durch Protonenübertragung von CoB auf den
Thioether-Schwefel von MeCoM, und dann zu Methan abreagiert. Die Gleichgewichtskonstante für EMBH
EXH wurde aufgrund der großen pKa-Differenz mit K =
0.001 angenommen.
Im Falle eines abgeschirmten ternären Komplexes erhält man bei tiefem Commitment, das heißt schneller reversibler Bindung der Substrate MeCoM und CoB, eine
konkave Kurve, deren Krümmung ausschließlich den Fraktionierungsfaktor des Intermediats EXH/D widerspiegelt. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob ΦEXL vom Isotopeneffekt des vorgelagerten Isomerisierungs-Gleichgewichts oder vom Übergangszustand selbst stammt. Allerdings nimmt entgegen den experimentellen Befunden (siehe Abb. II-10 a) die Methanbildungsrate mit steigendem D2O-Gehalt markant ab, auch
wenn der Protonentransfer rasch erfolgt. Ein zusätzlich vorhandener kinetischer Isoto-
II Diskussion und Ausblick
193
peneffekt würde den Effekt von ΦEXL potenzieren. Bei hohem Commitment, das heißt
langsamer Bindung von CoB oder langsamer Isomerisierung zwischen EMBH und
EXH (wenig wahrscheinlich), wird ΦEXL < ΦSL komplett maskiert, ebenso ein allfälliger
KIE auf kcat (siehe Abschnitt II 1.4.6), so daß nur der thermodynamische Fraktionierungsfaktor des CoB in Erscheinung tritt. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist hierbei
praktisch unabhängig vom Deuteriumgehalt des Mediums.
Im Falle eines zum Medium hin offenen ternären Komplexes mit schnellem Austausch von L zeigt die Protoneninventar-Kurve bei niedrigem Commitment den tieferen
Fraktionierungsfaktor von EXL, wobei die Methanbildungsrate in 100 Vol.% D2O um
rund ein Drittel abnimmt. Zusätzliche KIEs bewirken auch hier eine Kumulation mit weiterer Verringerung der Reaktionsgeschwindigkeit, ganz analog zum abgeschirmten
Fall. Für hohes Commitment erscheint in der Protoneninventar-Kurve ΦEXL unter annähernd identischer Methanbildungsrate. Ein allfälliger KIE verringert den apparenten
Fraktionierungsfaktor noch weiter, diesmal allerdings ohne merkliche Auswirkung auf
die Geschwindigkeit.
Vergleicht man diese Resultate mit den experimentellen Ergebnissen in Abbildung
II-10 sowie den in Kapitel II 3.2 beschriebenen Simulationen, so kommt für Mechanismus I/II am ehesten ein offener ternärer Komplex mit hohem Commitment in Frage,
wenngleich die Deuterierung von MeCoM und Methan-d1 diesbezüglich in eine andere
Richtung weist. Allerdings (siehe Kapitel II 1.3) scheidet Mechanismus I in der beschriebenen Form aus thermodynamischen Gründen aus. Die dem Thioglycin im aktiven Zentrum der MCR zugeordnete Schlüsselrolle gemäß Mechanismus II scheint
ebenso nicht plausibel, da dieser Rest rein sterisch gesehen zu weit vom Redoxprozeß
nahe Cofaktor F430 entfernt ist. Letztendlich wäre neben dem bislang favorisierten Mechanismus III noch eine weitere Variante für den Katalysezyklus der Methanogenese
denkbar, welche sich durch ein Ni(III)-Hydrid oder einen agostischen Methan-F430Komplex mit erfahrungsgemäß tiefem Fraktionierungsfaktor auszeichnet.
194
4
Experimenteller Teil
4.1
Synthese von Coenzym B
Alle in diesem Kapitel beschriebenen Einzelschritte zur Synthese von N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin (Coenzym B; 6) wurden von Sieglinde Ebner und Silvan
Scheller durchgeführt und protokolliert.
Material und Methoden: THF wurde unter N2 frisch über Kalium destilliert, und alle
weiteren Chemikalien stammten − ohne weitere Aufreinigung − in der Qualität purum
oder höher von Aldrich, Fluka, Baker oder Merck. Zur Säure-Base-Extraktion dienten
konzentrierte Salzsäure sowie eine gesättigte wäßrige Lösung von Natriumhydrogencarbonat. Die RP-HPLC erfolgte auf einer Atlantis-Säule dC18 (5 µm, 19 mm × 50 mm;
Waters); mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in H2O; mobile Phase B: Acetonitril; Gradient:
0 % B → 90 % B in 90 min. Die Eluate wurden kolorimetrisch detektiert: DC-Platten
Alugram Kieselgel 60 UV254; Fließmittel n-BuOH:HAc:H2O [2:1:1] (v/v); Tauchreagenz
Mostain-Lösung (5 % (w/v) (NH4)6Mo7O24 • 4 H2O in 10 % H2SO4 + 10 % (w/v) CeSO4
in konzentrierter H2SO4). Die Entsalzung des Endproduktes gelang mittels OASIS®HLB-Kartuschen (35 ccm / 6 g): Konditionieren zuerst mit Methanol, dann mit 1 N HCl;
Spülen mit drei Säulenfüllungen H2O; Elution mit Methanol.
7-Bromheptansäure (1): 4.1 mL (21.04 mmol) 7-Bromheptansäureethylester wurden mit 14.4 mL 48 %iger Bromwasserstoffsäure bei 130 °C (Ölbad) für 5 h gerührt.
Nach Abkühlen und Verdünnen mit Wasser extrahierte man mit Dichlormethan, trocknete und führte eine Säure-Base-Extraktion durch, welche schließlich 3.80 g von (1)
als weißen Feststoff lieferte (Ausbeute: 86 %) (vgl. Rama Rao and Pulla Reddy, 1986).
1
H-NMR (300 MHz, CDCl3): δ 2.37, t, 2H; 1.89-1.84, m, 2H; 1.68-1.63, m, 2H; 1.47-
1.37, m, 4H. 13C-NMR (75 MHz, CDCl3): δ 179.81; 34.00; 33.86; 32.60; 28.57; 27.88;
24.53. δ in ppm.
7-Thioheptansäure (2): In Anlehnung an eine abgeänderte Vorschrift nach Noll et al.
(1987) wurde eine Lösung von 3.5 g (16.7 mmol) von (1) und 6.37 g (83.7 mmol) Thioharnstoff in 100 mL Aceton unter Stickstoff bei 70 °C für 17 h im Rückfluß erhitzt. Den
auf Raumtemperatur abgekühlten und getrockneten Rückstand gab man zu einer mit
II Experimenteller Teil
195
Argon gesättigten Lösung von 6.56 g (116.9 mmol) KOH in 140 mL Ethanol, erhitzte
für weitere 4 h bei 90 °C im Rückfluß unter Stickstoff und kühlte auf 20 °C ab. SäureBase-Extraktion lieferte 2.61 g (16.08 mmol) von reinem (2) (Ausbeute: 96 %). 1H-NMR
(200 MHz, CDCl3): δ 2.58-2.47, q, 2H; 2.36, t, 2H; 1.69-1.59, m, 4H; 1.43-1.29, m, 4H.
13
C-NMR (50 MHz, CDCl3): δ 180.00; 33.80; 33.70; 28.40; 27.90; 24.50. δ in ppm.
7-(6-Carboxyhexyldisulfanyl)heptansäure (3): 333 mg (2.06 mmol) von (2) wurden
in Dichlormethan durch Ausschütteln bis zur Persistenz der Braunfärbung gegen eine
Lösung von Iod (10 % w/v) und Kaliumiodid (20 % w/v) in Wasser zum Disulfid oxidiert.
Anschließend wusch man die lipophile Phase dreimal mit einer wäßrigen Lösung von
Natriumthiosulfat (1 M), um überschüssiges I2 zu entfernen, dann zweifach mit H2O und
erhielt nach Trocknen 270 mg (0.79 mmol) von (3) (Ausbeute: 70 %) (vgl. Kobelt, 1988:
167-171). 1H-NMR (200 MHz, CDCl3): δ 11.68, s, breit; 2.32, t, 4H; 1.68-1.58, m, 8H;
1.37-1.34, m, 8H.
13
C-NMR (50 MHz, CDCl3): δ 180.31; 38.95; 33.97; 28.93; 28.57;
28.04; 24.46. δ in ppm.
7,7‘-Bis(succinimidoxyheptanoyl)disulfid (4): Man ließ 270 mg (0.79 mmol; 94 %
rein) von (3) mit 189 mg (1.64 mmol) N-Hydroxysuccinimid in 5 mL 1,4-Dioxan unter N2
reagieren und rührte die Reaktionsmischung nach Zugabe von 325 mg (1.57 mmol) Dicyclohexylcarbodiimid bei Raumtemperatur über 16 h. Der ausgefallene Dicyclohexylharnstoff wurde durch Filtration entfernt und mit 1,4-Dioxan (3 × 10 mL) sowie nachfolgend mit 2-Propanol (2 × 10 mL) gewaschen. Die vereinigten Filtrate lieferten nach
Trocknung ein gelbes Öl, welches säulenchromatographisch zu reinigen war: Kieselgel; Diethylether:n-Hexan [2:1] (v/v). Das getrocknete Eluat enthielt 295 mg von (4) als
viskoses gelbliches Öl (Ausbeute: 68 %), welches bei −18 °C in den Festzustand überging (vgl. Kobelt, 1988: 167-171). 1H-NMR (200 MHz, CDCl3): δ 2.80, s, 4H; 2.57, t, 2H;
2.45, t, 2H; 2.05, s, 3H; 1.72-1.68, m, 2H; 1.60-1.54, m, 2H; 1.43-1.35, m, 4H. 13C-NMR
(50 MHz, CDCl3): δ 169.2; 168.6; 33.9; 30.7; 28.7; 28.2; 28.1; 25.5 (2C); 24.3; 15.4.
δ in ppm.
7,7‘-Bis(N-heptanoyl-O-phosphono-L-threonin)disulfid (5): Gemäß einer modifizierten Vorschrift von Kobelt (1988) wurden die Lösungen von 324 mg (1.63 mmol) OPhosphono-L-threonin und 558 µL (3.26 mmol) Diisopropylethylamin in 2 mL Wasser
einerseits mit 295 mg (0.57 mmol) von (4) in 15 mL THF andererseits vereinigt. Nach
Zusatz von 4 mL Acetonitril rührte man die homogene farblose Reaktionsmischung bei
20 °C unter Stickstoff für 18 h, löste im Anschluß daran den getrockneten Rückstand
II Experimenteller Teil
196
in wenig H2O und extrahierte lipophile Verunreinigungen mit Dichlormethan. Weitere
Aufreinigung über RP-HPLC in 9 Durchläufen und Entsalzung ergab 50 mg
(0.073 mmol) von (5) (Ausbeute: 13 %). 1H-NMR (300 MHz, CD3OD): δ 4.95-4.85, m,
16H; 4.58, m, 2H; 2.68, t, 4H; 2.34, t, 4H; 1.73-1.60, m, 8H; 1.45-1.35, m, 8H; 1.36, d,
6H. 13C-NMR (75 MHz, CD3OD): δ 176.5; 172.3; 74.6; 57.9; 39.4; 36.4; 29.9; 29.6; 29.0;
26.6; 18.8. δ in ppm.
N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin (6): Zur reduktiven Spaltung von (5)
wurden 15 mg (0.022 mmol) des CoB-Homodisulfids zu einer Lösung von 24 mg
(0.156 mmol) Dithiothreitol in 1.4 mL H2O zuzüglich 30 µL konzentrierter Ammoniaklösung gegeben und unter N2-Atmosphäre bei pH 8-9 und Raumtemperatur für 1 h gerührt. Zum Schutz vor Oxidation säuerte man die Reaktionsmischung dann mit 20 µL
konzentrierter Salzsäure an und entfernte überschüssiges Reduktionsmittel durch
mehrfaches Ausschütteln mit Dichlormethan sowie Entsalzen. Als Endprodukt mit teilweise öliger Konsistenz erhielt man 7 mg (0.010 mmol) von (6) (Ausbeute: 47 %). Eine
wesentliche Verbesserung in Ausbeute und Reinheit ließ sich erzielen durch reduktive
Spaltung des angefallenen Nebenproduktes N-7-Carboxyhexyldisulfanylheptanoyl-Ophosphono-L-threonin mit Dithiothreitol in der beschriebenen Weise, wobei das Produkt nach Entfernen des Lösungsmittels in möglichst wenig Methanol solubilisiert und
dann wiederholt mit Diethylether ausgefällt wurde. Den feinkristallinen Niederschlag
von (6) konnte man bequem abzentrifugieren und als wäßrige Lösung lyophilisieren.
1
H-NMR (300 MHz, CD3OD): δ 4.93-4.88, m, 8H; 4.60, m, 1H; 2.49, t, 2H; 2.33, t, 2H;
1.67-1.57, m, 4H; 1.45-1.33, m, 5H; 1.36, d, 3H. 13C-NMR (75 MHz, CD3OD): δ 176.2;
171.9; 74.7; 57.7; 36.3; 34.8; 29.4; 28.8 (2C); 26.6; 24.6; 18.7. δ in ppm.
4.2
Fraktionierungsfaktor für R−SH
Für die HiResESI-ICR-Massenspektren wurden jeweils 5 mg (30.5 µmol) Natrium-2thioethansulfonat und 13.5 mg (91.5 µmol) Natrium-2-hydroxyethansulfonat durch dreimaliges Auflösen / Einrotieren in H2O-D2O-Mischungen mit 25 / 50 / 75 Mol% D äquilibriert, die Glasgeräte (Kolben / Injektionsspritze) entsprechend in CH3OH / CD3OD
unter Ausschluß von Luftfeuchtigkeit vordeuteriert. Im Falle eines D-Gehaltes von
50 Mol% nahm man die insgesamt 18.5 mg vorbereitete Festsubstanz in einer Lösung
II Experimenteller Teil
197
aus 200 µL H2O + 200 µL D2O + 200 µL CH3OH + 200 µL CD3OD + 15 µL NH3•H2O +
15 µL ND3•D2O auf, so daß die Ethansulfonat-Derivate in einer Endkonzentration von
37 mM (TES) beziehungsweise 111 mM (HES) vorlagen. Als Spüllösung für das Spektrometer diente eine vergleichbare Mischung, eingestellt auf 100 Mol% H.
Ausgehend von etwa 24 mg (63.6 µmol) CoB-Diammoniumsalz, synthetisiert sowie
entsalzt gemäß Abschnitt II 4.1 und vordeuteriert durch dreimaliges Auflösen / Einrotieren in CH3OH-CD3OD-Mischungen, wurden Lösungen von je 8 mg dieses Salzes in
700 µL TRIS-HCl/H2O (pH 7.6), 700 µL TRIS-d5-DCl/D2O (pD 7.6) und 700 µL von
Mischungen aus beiden Solventien (40 / 60 / 75 Mol% D) in NMR-Röhrchen mit Kapillareinsatz bei 65 °C vermessen. Als Eichsubstanz zur Bestimmung der ∆ppm-Werte
wurde jeweils 1 µL (≅ 94 µmol H) 1,4-Dioxan zugegeben. Bei allen Messungen enthielt
die Kapillare 300 µL einer Lösung von 50 mM TRIS-d5-DCl in D2O (pD 7.6). Die PentaDeuterierung der Puffersubstanz erfolgte durch dreimaliges Auflösen / Einrotieren in
D2O:CD3OD [50:50], und pH-Wert beziehungsweise pD-Wert der Pufferlösungen wurden nachträglich mit HCl oder NH3•H2O beziehungsweise mit DCl oder NaOD / D2O auf
7.6 eingestellt. Für wiederholte NMR-Analysen (500 MHz) bei verschiedenen Deuterium-Konzentrationen gelang es, das CoB-Salz mittels OASIS®-HLB-Kartuschen
(20 ccm) von TRIS zu trennen: Auftragen in 0.1 M HClO4, Spülen mit einem Säulenvolumen H2O, Desorbieren mit MeOH, Neutralisieren des Eluates mit NH3•H2O.
Je 10 ± 0.1 mg (26.5 µmol) CoB-Diammoniumsalz, synthetisiert und durch Umfällen
aufgereinigt gemäß Kapitel II 4.1, wurden jeweils unter N2-Atmosphäre in 700 µL entgastem H2O:D2O [100:0 / 50:50 / 25:75 / 0:100] gelöst und in NMR-Röhrchen mit gasdichten Schraubkappen gefüllt. Die pL-Werte lagen bei 4.38 (0 Vol.% D2O → pH), 4.59
(50 Vol.% D2O → p(H+D)), 4.75 (75 Vol.% D2O → p(H+D)) und 4.91 (100 Vol.% D2O
→ pD). Als Eichsubstanz zur Bestimmung der ∆ppm-Werte diente jeweils 1 ‰ (v/v)
1,4-Dioxan pro Ansatz. Die NMR-Messungen für alle genannten D-Konzentrationen erfolgten bei 4.1 / 25 / 50 °C, abgelesen über ein internes Pt-Widerstandsthermometer.
Zum Einsatz kam ein Bruker Avance-III-Spektrometer (600 / 150 MHz) mit DCH-Kryokopf, wobei die Spektren in 100 Vol.% H2O ohne Lock und mit Unterdrückung des Lösungsmittelsignals durch Excitation Sculpting aufgenommen wurden. Sämtliche
chemischen Verschiebungen beziehen sich auf das Signal von 1,4-Dioxan (δ in ppm):
δ (1H) = 3.75 (vgl. Pretsch et al., 2009: 203), δ (13C) = 69.30. 1H-NMR: Anzahl der Scans:
64; Aufnahme: 5 s; Verzögerung: 0.01 s. 13C-NMR: Anzahl der Scans: 128 (4.1 / 25 °C),
II Experimenteller Teil
198
1024 (50 °C); Aufnahme: 2.105 s; Verzögerung: 0.3 s.
Die Bestimmung von ΦSL am Natriumsalz von CoM erfolgte ähnlich, indem jeweils
10 mg (61 µmol) Natrium-2-thioethansulfonat bei 60 °C in H2O-D2O-Gemischen (0 / 50
/ 80 Mol% D) vorbehandelt und anschließend in 700 µL Wasser mit demselben Mol%Gehalt an D unter Zugabe von 1 µL 1,4-Dioxan gelöst wurden. Man pipettierte die mit
Argon gesättigte und filtrierte Lösung in NMR-Röhrchen mit Kapillareinsatz (100 %
D2O) und startete die Messung nach Abkühlen auf 5.4 °C. Die NMR-Spektren wurden
mit einem Bruker DRX Spektrometer bei 500 MHz aufgenommen und die chemischen
Verschiebungen auf das Signal von 1,4-Dioxan referenziert (δ in ppm): δ (1H) = 3.75
(vgl. Pretsch et al., 2009: 203). Probenkopf: 5 mm BBI; Anzahl der Scans: 64; Aufnahme: 5 s; Verzögerung: 0.01 s. 1H-NMR: δ(H2C1) 3.1689, m; δ(H2C2) 2.8498, m;
δ(HS−) 2.1704, s.
4.3
Isolierung und Aufreinigung von MCR I
Der Stamm Methanothermobacter marburgensis (Methanobacterium thermoautotrophicum, Stamm Marburg) ist hinterlegt unter DSM 2133 bei der Deutschen Sammlung
von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig (D) (vgl. Wasserfallen et al.,
2000). Methyl-Coenzym M wurde aus dem Coenzym-M-Natriumsalz (Natrium-2-thioethansulfonat; Merck) durch Methylierung mit Iodmethan (Fluka) synthetisiert (vgl.
Mahlert et al., 2002; Gunsalus et al., 1978), Coenzym B (N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin) aus seinem Homodisulfid durch Reduktion mit Natriumborhydrid
(vgl. Kobelt et al., 1987; Ellermann et al., 1988).
Die Anzucht von M. marburgensis erfolgte bei 65 °C in einem 13L-Fermenter mit
10 L Mineralsalz-haltigem Medium unter Rühren (1200 rpm) und Begasung (1200 mL
min−1) mit 80 % H2 / 19.9 % CO2 / 0.1 % H2S (vgl. Mahlert et al., 2002). Nachdem eine
Optische Dichte (578 nm) von 4.5 erreicht war, wurde die Begasung für 30 min auf
100 % H2 umgestellt, um die EPR-Signale MCRred1 und später MCRred2 in den Zellen zu
induzieren. Mit einer Oxisorb-Säule gelang es, alle O2-Spuren aus dem WasserstoffStrom zu entfernen. Nach 30 min kühlte man die Zellen unter fortgesetzter Begasung
innerhalb von 10 min auf 10 °C ab und erntete davon unter anaeroben Bedingungen
schließlich 60-70 g (Naßgewicht) mittels einer Durchflußzentrifuge. Alle kommenden
II Experimenteller Teil
199
Schritte erfolgten in einer Anaerobenkammer unter 95 % N2 / 5 % H2 (vgl. Mahlert et
al., 2002).
Es erwies sich als vorteilhaft, die nassen Zellen in Anwesenheit von 10 mM CoM zu
resuspendieren in 100 mL TRIS-HCl/H2O (10 mM; pH 7.6). Ultraschallbehandlung
(200 W) der eisgekühlten Zellsuspension über 35 min lieferte einen weitgehend zellfreien Extrakt, aus dem intakte Zellen, Zellfragmente und Membranen durch
20minütige Ultrazentrifugation bei 160000 g entfernt wurden. Zuletzt fällte man aus
dem Überstand den Großteil des gesamten Zellproteins mit einer wäßrigen Lösung
(60 % w/v) von Ammoniumsulfat und wiederholte die Fällung nach erneuter Ultrazentrifugation mit 100 % (w/v) (NH4)2SO4 in H2O.
Der angefallene Rückstand wurde in 100 mL TRIS-HCl/H2O (10 mM; pH 7.6) +
10 mM CoM resuspendiert und dann auf eine High-Load-High-Performance-Säule (QSepharose; 3.58 cm2 × 15 cm) aufgetragen, äquilibriert mit TRIS-HCl/H2O (50 mM;
pH 7.6) + 10 mM CoM. Alle Pufferlösungen bewahrte man unter streng anaeroben Bedingungen auf und filtrierte diese vor Gebrauch durch einen Membranfilter (0.45 µm;
Pall Corporation). Das komplette chromatographische Prozedere fand bei Raumtemperatur statt, wobei die eluierten Proteine UV-spektroskopisch (280 nm) detektiert wurden. Die Elution der MCR gelang mit einem Stufengradienten von NaCl (360 / 400 /
440 / 480 / 520 / 600 mM) in TRIS-HCl/H2O/CoM-Puffer bei einer Flußrate von 4 mL
min−1. MCR-Aktivität konnte schließlich in der 480mM-NaCl-Fraktion (70-100 mL)
nachgewiesen werden, welche man in einer Mikrozelle (Amicon) mit Ausschluß von
Molekülen > 100 kDa aufkonzentrierte und mit einer Mono-Q-HR-Säule (10/10; Pharmacia) weiter aufreinigte, äquilibriert in TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.6) + 0.3 M NaCl.
Es gelang, MCRIred1 und MCRIIred1 in einem linearen Gradienten von 0.40-0.68 M NaCl
getrennt aufzufangen, und zwar mit einer Spinkonzentration von je > 0.8 pro mol F430
(vgl. Rospert et al., 1990). Man bewahrte die aufgereinigten MCR-Isoenzyme in einer
Anaerobenkammer bei Raumtemperatur auf, worin ihre Aktivität nach 3-7 Tagen signifikant abnahm.
II Experimenteller Teil
4.4
200
Bestimmung der Protein-Konzentration
Im verwendeten Mikroansatz (BioRad) führt die Proteinbindung an Coomassie Brillant
Blau R250 in saurer Lösung zu einer bathochromen Verschiebung des Absorptionsmaximums von 465 nm nach 595 nm (vgl. Bradford, 1976). Die Eichung erfolgte mittels
bovinen Serumalbumins (0-8 µg in 0.8 mL), während für die eigentliche Proteinmessung jeweils 0.8 mL der MCR-I-Präparationen mit 0.2 mL der Farbstoff-Lösung versetzt
wurden und man nach 20 min die Absorptionswerte spektrophotometrisch gegen eine
20 %ige (v/v) Referenzlösung des Farbstoff-Reagenzes in Wasser bestimmte.
4.5
Aktivitätstest für MCR I
Die Enzymaktivität der MCR I ließ sich durch gaschromatographische Analyse der Methanbildung bei 60 °C messen (vgl. Goubeaud et al., 1997; Bonacker et al., 1993). Für
die 102.5µL-Ansätze dienten HPLC-Bördelflaschen mit 2 mL Innenvolumen und PTFE/
Gummi-Septum-Dichtung, versiegelt mit aufgepreßten Aluminiumkappen. Das wäßrige Reaktionsmedium (615 µL) bestand aus 120 µL 250 mM Methyl-Coenzym M,
120 µL 12.5 mM CoB-Homodisulfid, 120 µL 7.5 mM Hydroxocobalamin, 180 µL
434 mM Titan(III)citrat und 75 µL von 1.07 µg µL−1 MCR I in 1 mM TRIS-HCl/H2O
(pH 7.6; + 1 mM CoM), hergestellt durch Verdünnen der MCR-I-Stammlösung (10.7 µg
µL−1 MCR I in 10 mM TRIS-HCl/H2O (pH 7.6; + 10 mM CoM) mit D2O im Verhältnis 1:10.
Zum Bereiten der verwendeten Ti(III)citrat-Lösung wurden 4.40 g Trinatriumcitrat und
4.27 g Natriumhydrogencarbonat einer Mischung aus 7.8 mL TRIS-HCl/H2O (50 mM;
pH 7.6) und 10.2 mL 15 % TiCl3 in HCl (entsprechend 1.53 g TiCl3) zugefügt. Unabhängig von den Volumina der Testreihen (102.5 / 400 µL) lagen die aufgeführten Komponenten in folgenden Endkonzentrationen vor: 10 mM Methyl-CoM (Natriumsalz);
0.5 mM CoB-Homodisulfid (Tetraammoniumsalz); 0.3 mM Hydroxocobalamin-Hydrochlorid; 25 mM Ti(III)citrat; 0.156 g L−1 (520 nM) MCR I; 6.5 mM TRIS-HCl/H2O; 24 µM
CoM. Dies entspricht einer Salinität von 9.7 ‰ (w/v) im Enzymansatz.
II Experimenteller Teil
4.6
201
Ansatz in D2O
Bis auf die MCR-I-Stammlösung wurden sämtliche Komponenten des Reaktionsmediums lyophilisiert und danach in 540 µL entgastem Deuteriumoxid zuzüglich der 75 µL
an verdünnter Enzymlösung (90 Vol.% D) bei 0 °C wiederaufgenommen. Es erwies
sich als vorteilhaft, in drei Parallelansätzen jeweils 20.5 µL des Reaktionsmediums inklusive MCR I mit 82 µL H2O zu versetzen, was einer D2O-Konzentration von
19.8 Vol.% entspricht. In Folge wurden 7 / 27 / 42 / 62 / 82 µL des H2O schrittweise
durch identische Volumina an D2O ersetzt, so daß letztendlich 26.6 / 46.1 / 60.7 / 80.2
/ 96.1 Vol.% Deuteriumoxid in der wäßrigen Phase vorlagen. Die Gasphase bestand
stets aus 95 % N2 + 5 % H2, und die Enzymaktivierung für 12 min mit vollständigem
Umsatz des Methyl-CoM erfolgte durch Temperaturerhöhung im Wasserbad von 20 °C
auf 60 °C. Ferner wurde ein vierter Parallelansatz für alle D2O-Konzentrationen von
19.8-96.1 Vol.% gestartet, wobei die GC-Analyse der Gasphasen (5 µL pro Injektion)
im Intervall von 3 min eine durchschnittliche spezifische MCR-I-Aktivität von 4.0-4.7 U
mg−1 ergab.
Für 400-µL-Ansätze zog man Serumflaschen mit 8 mL Innenvolumen heran, abgedichtet mit Stopfen aus Naturgummi. Bis auf eine Verdopplung der Enzymkonzentration und Abstoppen der Reaktion mit 5 µL H2O2 in einem Ansatz sowie die Verwendung
von CoM anstelle von Methyl-CoM in einem anderen lagen alle übrigen Bestandteile
des Reaktionsmediums in denselben Konzentrationen vor.
Innerhalb von 24 h nach erfolgtem Umsatz trafen die Proben in Zürich ein, worauf
zuerst die Flüssigphasen komplett (siehe Abschnitt II 4.8) und die Gasphasen teilweise
(2mL-Bördelflaschen → 900 µL; 8mL-Serumflaschen → 1800 µL) unter N2-Atmosphäre mit einer gasdichten Glas-Teflon-Spritze Modell Luer Lock + Teflonhahn + Kanüle
(0.50 mm × 40 mm) entnommen wurden. Um eine quantitative Entnahme zu garantieren, erfolgte der Druckausgleich durch passives Nachfließen von 900 / 1800 µL Wasser in die Reaktionsgefäße über einen Spritzenkolben (10 mL) mit aufgesetzter Kanüle
(0.50 mm × 40 mm). Nach Ersetzen der Kanüle durch eine Stahlkapillare (0.30 mm ×
200 mm) wurde das Methan möglichst langsam durch 700 µL CDCl3 in einem NMRRöhrchen (507-PP) geblasen und Letzteres rasch mit einer Gummikappe verschlossen. 1H-NMR (600 MHz, CDCl3): Spektrometer Bruker Avance-II; Probenkopf 5 mm
BBI; Anzahl der Scans 160; Aufnahme 5 s; Verzögerung 5 s; Temperatur 300 K. Man
II Experimenteller Teil
202
integrierte die Signale für CH4 (δ 0.2165, s, 4H), CH3D (δ 0.2014, t, 3H, 2JHD 1.928) und
CH2D2 (δ 0.1864, quint, 2H, 2JHD 1.915) in CDCl3, wobei die angegebenen chemischen
Verschiebungen auf CHCl3 (δ (1H) = 7.2600) bezogen sind (vgl. Pretsch et al., 2009:
239). δ in ppm, J in Hz.
4.7
Eichung von CH4-/CH3D-Mischungen
Mehrere Injektionsflaschen mit 60 mL Innenvolumen und gasdichtem Verschluß aus
Tellergummikappe / Aluminiumkapsel wurden evakuiert (≤ 0.1 Torr) und dann unter
Atmosphärendruck mit reinem Stickstoff gefüllt, zwei davon jeweils mit reinem CH4 beziehungsweise CH3D (Deuterierungsgrad: 99 %). In drei parallelen Ansätzen injizierte
man mit Hilfe von gasdichten Glas-Teflon-Spritzen Modell SampleLock + konischen
Nadeln CH4 und/oder CH3D im Gesamtvolumen von 1.5 mL in die mit Stickstoff gefüllten Gefäße, so daß 450 µL der verdünnten Gasmischung insgesamt 0.5 µmol Methan
mit 0 / 21.4 / 40 / 60 / 78.6 / 88 / 100 Vol.% CH3D enthielten. Diese 1.5 mL wurden letztlich mit gasdichten Glas-Teflon-Spritzen Modell Luer Lock + Teflonhahn + Kanüle
(0.50 mm × 40 mm) entnommen, nach Austausch der Nadel gegen eine Stahlkapillare
(0.30 mm × 200 mm) in einem NMR-Röhrchen (507-PP) durch 700 µL CDCl3 geblasen
und das Röhrchen mit einer Gummikappe verschlossen. 1H-NMR (600 MHz, CDCl3):
Spektrometer Bruker Avance-II; Probenkopf 5 mm BBI; Anzahl der Scans 160; Aufnahme 5 s; Verzögerung 5 s; Temperatur 300 K. Man integrierte die Signale für CH4
(δ 0.2165, s, 4H) und CH3D (δ 0.2014, t, 3H, 2JHD 1.928) in CDCl3, wobei die angegebenen chemischen Verschiebungen auf CHCl3 (δ (1H) = 7.2600) bezogen sind (vgl.
Pretsch et al., 2009: 239). δ in ppm, J in Hz.
4.8
Analyse der wäßrigen Phasen
Noch vor Gasentnahme und Injektion von Wasser zum Druckausgleich wurden die
Flüssigmedien aus allen Probenfläschchen mit Einmalspritzen / Kanülen entnommen
und in Reaktionsgefäßen (Polypropylen) aufbewahrt. Es erwies sich von Vorteil, die
II Experimenteller Teil
203
Flüssigphasen einander entsprechender 400µL-Ansätze zu vereinigen und über Glaspipette / Cellulosefilter unmittelbar in NMR-Röhrchen (507-PP) zu überführen. Dasselbe Prozedere erfolgte mit den 102.5µL-Proben, welche man nach Volumensubstitution
mit D2O ad 150 µL in Shigemi-Röhrchen (BMS) füllte. 1H-NMR (600 MHz, D2O): Spektrometer Bruker Avance-II; Probenkopf 5 mm BBI; Anzahl der Scans 320; Aufnahme
5 s; Verzögerung 0.01 s; Temperatur 300 K; δ in ppm.
4.9
Überprüfung des D2O-Gehaltes
Zur Herstellung der Eichlösung wurden 17.3 µL von 10 % (v/v) Acetonitril in DMSO-d6
mit 700 µL DMSO-d6 auf ein Endvolumen von 717.3 µL verdünnt, worin insgesamt
33.0 µmol MeCN entsprechend 99.0 µmol H enthalten sind. Unter Berücksichtigung eines Korrekturfaktors für die H2O-Restmenge in dieser MeCN-DMSO-d6-Mischung fügte man jeweils 20 µL aus den wäßrigen Probenmedien hinzu und bestimmte deren
Wassergehalt referenziert auf das MeCN-Signal (δ 1.98, 3H, s) als internen Standard
(vgl. Pretsch et al., 2009: 242). 1H-NMR (600 MHz, DMSO-d6): Spektrometer Bruker
Avance-II; Probenkopf 5 mm BBI; Anzahl der Scans 64; Aufnahme 5 s; Verzögerung
5 s; Temperatur 300 K; δ in ppm.
4.10 Simulationen
Die Modellierungen zur Reaktionskinetik erfolgten mit Hilfe der Programme GEPASI
Version 3 (vgl. Mendes, 1997; Mendes and Kell, 1998) und COPASI Version 4.4.28
(vgl. Hoops et al., 2006). Das Reaktionsnetzwerk wurde auf der Ebene chemisch reversibler und irreversibler Reaktionen unter Gültigkeit des Massenwirkungsgesetzes
ausgeführt, wobei die im Modell eingestellten KS-Werte für EM (M = MeCoM) und EMB
(B = CoB) näherungsweise die experimentell bestimmten apparenten KM-Werte wiedergeben (vgl. Bonacker et al., 1993). Für den Fraktionierungsfaktor von CoB−SH
setzte man den im Experiment bestätigten Wert 0.42 ein. Es erwies sich als vorteilhaft,
die Startkonzentrationen entsprechend den Bedingungen im Enzymansatz zur Bestim-
II Experimenteller Teil
204
mung der Protoneninventar-Kurven zu wählen. Die relativen Methanbildungsraten und
Produktverhältnisse (CH3D gegen CH4) wurden aus simulierten Zeitverläufen bei weniger als 10 % Umwandlung (angenäherte Startgeschwindigkeit) entnommen. Die korrekte Anwendung des Simulationssystems verifizierte man für 100 % H2O durch
Reproduktion der KM-Wert-Bestimmung für MeCoM und CoB mittels doppelt-reziproker
Auftragung der Startgeschwindigkeiten, erhalten durch Simulation mit einem geordneten Bisubstrat-System ohne internen oder externen Protonenaustausch, und durch
Vergleich mit theoretischen Werten, berechnet aus KS und Geschwindigkeitskonstanten (vgl. Leskovac, 2003).
Als Beispiel für das modellierte Reaktionsnetzwerk diente ein geordneter BisubstratMechanismus mit reversibler Isomerisierung des ternären Komplexes sowie reversibler Produktbildung. Das aktive Zentrum enthielt eine OH-Gruppe, und ein Thiol-Rest
wurde postuliert als Quelle für das vierte H-Atom im Methan-Molekül. Tabellen II-3 und
II-4 listen die einzelnen Metaboliten mit den zugehörigen Startkonzentrationen sowie
die jeweiligen Reaktionen auf. Folgende algebraische Beziehungen zwischen den Gesamtmengen kamen zum Einsatz:
bd_off = bd_on*KSbvar*eieKSb
khcatb = khcatf*Kcath
bh_off = bh_on*KSbvar
khiosb = khisof*Kisoh
d_iexb = h_iexb*phiSH
Kcatd
= Kcath/EIEcat
d_iexx = h_iexx*phiXH
Kisod
= Kisoh/EIEiso
HL0
Ksbvar = KSb*(1+coeff*[DL0]/110)
= 110 − DL0
kdcatb = kdcatf*Kcatd
m_off
= m_on*KSm
kdcatf = khcatf*KIEcat
p_off
= p_on*KSp
kdisob = kdisof*Kisod
sh_ex = h_ex*phiSH
kdisof = khisof*KIEiso
Die zugrundeliegenden Startwerte ergeben sich aus Tabelle II-5. Dieses allgemeine
Simulationssystem eröffnete die Möglichkeit, den Effekt eines internen H/D-Austausches im ternären Komplex oder den freien Austausch dieses Komplexes mit dem Lösungsmittel zu untersuchen, indem die entsprechenden Geschwindigkeiten > 0 gesetzt
wurden. Durch Variation von KS (CoB) als lineare Funktion von DL0 konnte ein allgemeiner Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf die Bindung von CoB modelliert werden.
II Experimenteller Teil
205
Spezifische Isotopeneffekte bezüglich der Bindung von CoB−SH gegenüber CoB−SD
waren zugänglich für eieKSb > 1.
Tab. II-3. COPASI − Metaboliten und Startkonzentrationen.
Abkürzung
Spezies
C0 [M]
Abkürzung
Spezies
C0 [M]
BD
CoB−SD
0
EH
Enzym−OH
10−6
BH
CoB−SH
0.001
EHM
Binärer
Komplex
0
CH4
Methan
0
EHMBD
Ternärer
Komplex
0
CH3D
Methan-d1
0
EHMBH
Ternärer
Komplex
0
DL
Lösungsmittel−OD
0-110
EHXD
Isomerer
ternärer
Komplex
0
ED
Enzym−OD
0
EHXH
Isomerer
ternärer
Komplex
0
EDM
Binärer
Komplex
0
EP
Heterodisulfid-Komplex
0
EDMBD
Ternärer
Komplex
0
HL
Lösungsmittel−OH
110-0
EDMBH
Ternärer
Komplex
0
M
MethylCoenzym M
0.01
EDXD
Isomerer
ternärer
Komplex
0
P
Heterodisulfid
0
EDXH
Isomerer
ternärer
Komplex
0
II Experimenteller Teil
206
Tab. II-4 a. COPASI − Reaktionen.
Nummer
Gleichung
kHinreaktion
kRückreaktion
Bemerkungen
R1
DL + EH = HL +
ED
h_ex
h_ex
Austausch
Lösungsmittel −
Enzym
R2
EH + M = EHM
m_on
m_off
CoM-Bindung
R3
ED + M = EDM
m_on
m_off
CoM-Bindung
R4
EHM + BH =
EHMBH
bh_on
bh_off
CoB-Bindung
R5
EHM + BD =
EHMBD
bd_on
bd_off
CoB-Bindung
R6
EDM + BH =
EDMBH
bh_on
bh_off
CoB-Bindung
R7
EDM + BD =
EDMBD
bd_on
bd_off
CoB-Bindung
R8
EHMBH =
EHXH
khisof
khisob
Isomerisierung
R9
EHMBD =
EHXD
kdisof
kdisob
Isomerisierung
R10
EDMBH =
EDXH
khisof
khisob
Isomerisierung
R11
EDMBD =
EDXD
kdisof
kdisob
Isomerisierung
R12
EHXH = EP +
CH4
khcatf
khcatb
Methan-Bildung
R13
EDXH = EP +
CH4
khcatf
khcatb
Methan-Bildung
R14
EHXD = EP +
CH3D
kdcatf
kdcatb
Methan-Bildung
R15
EDXD = EP +
CH3D
kdcatf
kdcatb
Methan-Bildung
R16
EHMBD =
EDMBH
h_iexb
d_iexb
Interner Austausch
R17
EHXD = EDXH
h_iexx
d_iexx
Interner Austausch
R18
EHMBH + DL =
EDMBH + HL
ho_eex
ho_eex
Externer Austausch
R19
EHMBH + DL =
EHMBD + HL
ho_eex
hs_eex
Externer Austausch
II Experimenteller Teil
207
Tab. II-4 b. COPASI − Reaktionen.
Nummer
Gleichung
kHinreaktion
kRückreaktion
Bemerkungen
R20
EHMBD + DL =
EDMBD + HL
ho_eex
ho_eex
Externer
Austausch
R21
EDMBH + DL =
EDMBD + HL
ho_eex
hs_eex
Externer
Austausch
R22
EHXH + DL =
EDXH + HL
ho_eex
ho_eex
Externer
Austausch
R23
EHXH + DL =
EHXD + HL
ho_eex
hs_eex
Externer
Austausch
R24
EHXD + DL =
EDXD + HL
ho_eex
ho_eex
Externer
Austausch
R25
EDXH + DL =
EDXD + HL
ho_eex
hs_eex
Externer
Austausch
R26
BH + DL = BD +
HL
h_ex
hs_ex
Austausch CoB
- Lösungsmittel
R27
EP = EH + P
p_off
p_on
Freisetzung des
Heterodisulfids
R28
EP = ED + P
p_off
p_on
Freisetzung des
Heterodisulfids
R29
P --> BH
red
-
Reduktion des
Heterodisulfids
R30
P --> BD
red
-
Reduktion des
Heterodisulfids
II Experimenteller Teil
208
Tab. II-5 a. COPASI − Startwerte für die Gesamtmengen.
Parameter
Wert
Bemerkungen
bd_off
50000
bd_on
5e+08
bh_off
50000
bh_on
5e+08
d_iexx
420000
eieKSb
1
Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf KS von CoB
h_ex
1e+09
Geschwindigkeitskonstante
für Austausch von freiem
CoB im Lösungsmittel
h_iexx
1e+06
interne Austauschgeschwindigkeit von EHXH
kdcatf
500
khcatf
500
kcat (Hinreaktion) für H
KIEcat
1
Kinetischer Isotopeneffekt
auf kcat
KSb
0.0001
KS für CoB
KSm
0.001
KS für MeCoM
KSp
0.0001
KS für Heterodisulfid
m_off
100000
m_on
1e+08
p_off
10000
p_on
1e+08
Geschwindigkeitskonstante
für Bindung des Heterodisulfids
phiSH
0.42
Fraktionierungsfaktor von
CoB−SH
red
1e+08
Geschwindigkeitskonstante
für Reduktion des Heterodisulfids
sh_ex
2.38095e+09
Geschwindigkeitskonstante
für Bindung von CoB an den
binären Komplex
Geschwindigkeitskonstante
für Bindung von MeCoM
II Experimenteller Teil
209
Tab. II-5 b. COPASI − Startwerte für die Gesamtmengen.
Parameter
Wert
Bemerkungen
coeff
3.4
d_iexb
4.2e−05
EIEcat
1
Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf kcat
EIEiso
1.7
Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf Isomerisierung
h_iexb
0.0001
Geschwindigkeit für internen
Austausch in EHMBH
ho_eex
0.0001
Geschwindigkeit für externen
Austausch des ternären
Komplexes mit DL
hs_eex
4.2e−05
HL
0
Kcatd
10000
Kcath
10000
kdcatr
0.05
kdisob
1700
kdisof
1000
khcatr
0.05
khisob
1000
khisof
1000
Geschwindigkeitskonstante
für Isomerisierung in Hinreaktion
KIEiso
1
Kinetischer Isotopeneffekt
auf Isomerisierung
Kisod
0.588235
Kisoh
1
Gleichgewichtskonstante für
Isomerisierung im H-Fall
Ksbvar
0.0001
KS von CoB für unspezifischen Gleichgewichts-Isotopeneffekt
phiXH
0.42
Fraktionierungsfaktor von
CoB−SH
Protonenkonzentration im
Lösungsmittel
Gleichgewichtskonstante für
Methan-Bildung
II Experimenteller Teil
4.11
210
Labormaterial
Chemikalien:
Acetonitril (HPLC Gradient Grade; LAB-SCAN)
♦ Ammoniak-d3 26 WT% in D2O (99 Atom% D; ARMAR Chemicals)
♦
Ammoniaklösung 25 % (zur Analyse; Merck)
♦ Argon (4.8; PanGas)
♦ Chloroform-d (99.8 Atom% D; stabilisiert mit Ag; ARMAR Chemicals)
♦ Deuteriumchlorid 20 WT% in D2O (99.5 Atom% D; Dr. Glaser)
♦
♦
♦
♦
♦
♦
♦
♦
Deuteriumoxid (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals)
Deuteronatronlauge 40 % in D2O (puriss.; > 99.5 Atom% D; Fluka)
Dimethylsulfoxid-d6 (100 Atom% D; ARMAR Chemicals)
1,4-Dioxan (puriss., H2O ≤ 0.01 %, ≥ 99.5 % (GC); Fluka)
2-Hydroxyethansulfonsäure Natriumsalz (pro synthesi; Merck-Schuchardt)
2-Mercaptoethansulfonsäure Natriumsalz (BioChemika, ≥ 98 % (RT); Fluka)
Methan (H. P.; Matheson®)
Methan-d1 (Deuterierungsgrad: 99 %; Cambridge Isotope Laboratories)
♦ Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific)
♦ Methanol-d4 (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals)
♦ Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën)
♦
♦
Salzsäure rauchend 37 % (puriss. p. a. ACS, ≥ 36.5 % (T); Fluka)
♦
Tris(hydroxymethyl)aminomethan (zur Analyse; Merck)
♦
Wasser NANOpure (R > 18 MΩ; SKAN / Barnstead)
Geräte:
♦
EI-MS: WATERS Micromass Auto Spec - Ultima (70 eV)
♦
Einmalspritze Injekt® Luer (10 mL; B. Braun)
♦
Gastight® Syringes Luer Lock (1000 µL; Hamilton) + Teflonhahn für PTFE Luer Lock
(Hamilton) → Probenentnahme
♦
Gastight® Syringes SampleLock (500 / 1000 / 2500 µL; Hamilton) + Nadeln (22/51/
pst5/top-)L (Hamilton)→ Eichung
♦
GC-Säule: GS-GasPro (60 m × 0.32 mm i. D.; J&W)
♦
GC/MS-Anlage: Trace GC (Thermo Finnigan Quest) + EI-MS (70 eV, Quadrupol;
Thermo Finnigan Quest) + Auswertung (PC Xcalibur)
II Experimenteller Teil
♦
1
211
H-/13C-NMR: DRX500 (500 / 125 MHz + Pt-100 Widerstandsthermometer; Bruker)
→ Fraktionierungsfaktor
Avance-III (600 / 150 MHz + DCH-Kryokopf (5 mm) + Pt-100-Widerstandsthermometer; Bruker) → Fraktionierungsfaktor
Avance-II (600 / 150 MHz; Bruker) → Methan-Analytik
♦
HiResESI-ICR-MS: WATERS Zspray ESI-Quelle mit Varian 4.7 T FT-ICR-MS; Proben in Schraubdeckelgefäßen (Weißglas, 2 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO)
♦
HPLC Bördelflaschen (2 mL; Target Vials C4011-1; National Scientific) + Verschlußkappen (11 mm; Aluminiumrand, Gummi/PTFE-Septen; National Scientific)
♦
Injektionsflaschen (60 mL; Pewa) + Tellergummikappen (Naturgummi) + Aluminiumkapseln
♦
Injektionskanülen Sterican® Gr. 17/42 (0.50 mm × 40 mm; B. Braun)
♦
Injektionskanülen Luer/NSP (0.80 mm × 80 mm; ROSE)
♦
NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass) mit Koaxial-Einsatz
(WGS-5BL; Wilmad/Lab Glass)
♦
NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass) + Precision Seal
Rubber Septa (white; Aldrich)
♦
NMR-Röhrchen Screw-Cap (5 mm × 200 mm, 528-PP; Wilmad Lab Glass) + Closed
Caps (gasdicht)
♦
OASIS® HLB Cartridge (20 ccm / 1 g; Waters Corporation)
♦
pH-Messung: pH-Meter 744 (Metrohm) + LL Biotrode pH 1-11 / 0-60 °C (Metrohm)
♦
Reaktionsgefäße (1.5 mL, PP; Brand)
♦
Serumflaschen (8 cm3) + Kautschuk-Stopfen
♦
Shigemi-NMR-Röhrchen (3 mm × 200 mm, BMS → spezifiziert für D2O)
♦
Stahlkapillare (0.30 mm × 200 mm, 2R2; unimed)
212
__________________________________
III Weitere Studien zur Wirkungsweise
von F430
__________________________________
A
Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
1
Grundlagen und Methodik
1.1
Charakteristika der MCR in Gegenwart von Polysulfanen
Enzymatisch aktive MCR mit Ni(I)F430 bezeichnet man als MCRred1, welche mit O2 fast
augenblicklich in die EPR-inaktive Ni(II)MCRred1-silent überführt wird, in Gegenwart von
Coenzym B (Substrat) und Coenzym M (Inhibitor) hingegen zu MCRred1/2 mit sogenannter Halbseiten-Aktivität reagiert, das heißt ein aktives Zentrum im red1-Zustand und
das andere in der red2-Form. Letztere zeigt im X-Band-EPR-Spektrum klar eine Koordination des Sulfanyl-Schwefels an das Ni(I)-Zentrum. Mit CoM−SH allein, das zum
Schutz des Enzyms im Laufe der Präparation dient, entsteht hingegen ein als
Ni(I)MCRred1c bezeichnetes Derivat (siehe auch Kapitel II 1.1).
Die Spezies MCRox1, im Gegensatz zu MCRred1 relativ stabil gegenüber Oxidationsmitteln, läßt sich in vivo aus Methanothermobacter marburgensis gewinnen, sofern die
Kultur nach Wachstum unter 80 % H2 / 20 % CO2 mit einer Mischung von 80 % N2 /
20 % CO2 begast wird. Dasselbe Resultat erhält man in vitro durch Zugabe von CoM−
S−S−CoB oder Polysulfanen, wobei die entstehende Struktur mit sechsfach koordiniertem Ni-Zentrum (5 N / O und 1 S) am besten als Resonanz zwischen Ni(III)-Sulfanylat
und High-Spin-Ni(II)-Sulfanyl-Radikal zu formulieren ist. Ti(III) wiederum reduziert
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
213
MCRox1 zu MCRred1. Unter oxischen wie anoxischen Bedingungen wandelt sich MCRox1
innerhalb von einigen Stunden langsam in Ni(II)MCRox1-silent um, was durch γ-Bestrahlung in gefrorener wäßriger Lösung teilweise revertiert wird (vgl. Jaun and Thauer,
2007: 335, 339 f., 341 f.). Im Vergleich mit MCRred1/2 reagiert MCRox1 auch wesentlich
langsamer mit Trichlormethan, 2-Bromethansulfonat und 3-Brompropansulfonat (vgl.
Goenrich et al., 2004: 700 f.).
Unter diesen Voraussetzungen liegt es nahe, MCRred1/2 experimentell auch mit einem − im Gegensatz zu CoM−S−S−CoB − sterisch ungehinderten Disulfid wie S-Methylsulfanyl-CoM (siehe Abb. III-1) reagieren zu lassen, um auf diese Weise MCRox1 zu
O
O
E
S
H3C
S
S
D
O
Abb. III-1. Struktur von 2-Methyldisulfanylethansulfonat.
erhalten. In Anwesenheit von CH4 oder auch CH3F können gleichzeitig wertvolle Erkenntnisse zur Reversibilität der Methanogenese beziehungsweise Methanaktivierung
durch MCR gewonnen werden. EPR-Analysen bezüglich Spindichte und Koordinationssphäre des zentralen Ni-Ions von MCRred1/2 nach Zugabe von 2-Methyldisulfanylethansulfonat erlauben es, folgende Varianten zu unterscheiden:
♦
Greift Ni(I) in einer SN2-Reaktion die terminale Methylgruppe gemäß Mechanismus
I an (siehe II 1.3), mit einem im Vergleich zum natürlichen CoM-Thiolat weniger
nucleophilen Organodisulfanylat als Abgangsgruppe und Ni(III)-CH3 als Produkt?
♦
Erfolgt die primäre Wechselwirkung zwischen Ni(I) und dem Methyl-S mit CoM-Thiolat als Abgangsgruppe, unter elektrophiler Methylsulfanylierung zu Ni(III)-Methylthiolat und reversibler/irreversibler Enzymhemmung?
♦
Reagiert Ni(I) mit dem β-Methylen-S in einer SRN-Reaktion laut Mechanismus III (siehe II 1.3), mit Ni(II)-CoM-Thiyl-Radikal als Intermediat und einem Methylsulfanyl-Radikal als Abgangsgruppe, was schließlich Methanthiol anstelle von Methan frei-
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
214
setzen müßte? Unabhängig davon, ob dieser Zyklus radikalisch oder ionisch verläuft, wäre die Umsetzung über Sulfanyl-Radikal oder -Anion (pKa ≈ 10) verglichen
mit den entsprechenden Methyl-Spezies (pKa ≈ 50) energetisch wesentlich bevorzugt und damit markant beschleunigt.
1.2
Herstellung von Diorganodisulfanen
Für sogenannte S−S-Aufbaureaktionen durch Oxidation von Thiolen existiert eine Vielzahl bekannter Synthesemethoden, von denen die wichtigsten im Folgenden beschrieben werden (vgl. Gundermann und Hümke, 1985: 135-141):
♦
Mit Sauerstoff: Unter Katalyse von starken Basen, aliphatischen Aminen oder
Fe(III)-/Cu(II)-Verbindungen leitet man Luftsauerstoff am besten durch das gelöste
Thiol, wobei häufig wäßrig-ammoniakalische und alkoholisch-ammoniakalische Medien Verwendung finden:
2 RSH + O2
2 RSH + H2O2
RSSR + H2O2
RSSR + 2 H2O
(Gl. III-1)
(Gl. III-2).
Allgemein nimmt die Oxidierbarkeit in folgender Reihe ab: Ar−SH > primäres Alkyl−
SH > sekundäres Alkyl−SH > tertiäres Alkyl−SH > Thioharnstoff.
♦
Mit Dihydrogenperoxid: In Ethanol oder Aceton wird diese Methode oft für wasserunlösliche Thiole angewandt, häufig unter Katalyse durch Fe(II).
♦
Mit Sulfurylchlorid: In Natronauge oder etherischer Lösung führt dieses Oxidationsmittel auch für Alkali-Thiolate meist in hervorragenden Ausbeuten zu den entsprechenden Disulfanen:
2 RSH + SO2Cl2
♦
RSSR + SO2 + 2 HCl
(Gl. III-3).
Mit Halogenen: Disulfan-Synthesen mit Iod in Essigsäure, Ethanol oder wäßriger KILösung laufen auch für Na-Thiolate stöchiometrisch ab:
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
2 RSH + I2
RSSR + 2 HI
215
(Gl. III-4).
In Kohlenwasserstoffen unter H2O-Ausschluß unterbleibt die Disulfid-Bildung, da
der entstehende Iodwasserstoff in undissoziierter Form als starkes Reduktionsmittel
wirkt. Zum Abfangen desselben haben sich Pyridin und tertiäre Amine bewährt. Für
tertiäre Thiole wiederum wird Iod in alkalischem Medium bevorzugt, da das entstehende Hypoiodit weitaus stärker oxidiert als freies Iod.
♦
Mit Eisen(III)-Verbindungen: FeCl3 in etherischer Lösung dient als gängige und
schonende Synthesemethode, womit sich selbst sterisch stark gehinderte ArylThiole glatt oxidieren lassen. In essigsaurer, wäßriger oder alkoholischer Lösung
verwendet man Fe(III)-chlorid im Überschuß:
2 RSH + 2 FeCl3
RSSR + 2 FeCl2 + 2 HCl
(Gl. III-5).
Speziell zur Herstellung unsymmetrischer Disulfane greift man häufig auf Sulfensäurechloride oder Sulfensäureester zurück, welche sich mit Thiolen und Thiolaten irreversibel zu Disulfanen umsetzen lassen, häufig in Gegenwart von tertiären Aminen als
Säurefänger:
RSCl + R‘SH
RSSR‘ + HCl
(Gl. III-6).
Allerdings stößt die Darstellung aliphatischer Sulfenylhalogenide aus den entsprechenden Disulfiden auf große Schwierigkeiten, da beispielsweise Methansulfenylchlorid, entstanden aus Chlorolyse von Dimethydisulfid, schon bei 0 °C in der Methylgruppe
chloriert wird (vgl. Brintzinger et al., 1950: 87, 89). Auch mit Sulfurylchlorid liefert Dimethydisulfid in Tetrachlorethan unterhalb von -15 °C Methansulfenylchlorid:
H3CSSCH3 + SO2Cl2
2 H3CSCl + SO2
(Gl. III-7).
Bei den meist orange gefärbten Sulfenylhalogeniden handelt es sich durchwegs um
äußerst reaktionsfähige und aggressive Verbindungen, welche leicht hydrolysieren
und disproportionieren. Allerdings sind bei der Umsetzung mit Thiolen auch Fälle bekannt, wo die oxidierende Wirkung der Sulfenylverbindung unerwünschterweise zu
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
216
symmetrischen Disulfanen führt. Zur Synthese von Heterodisulfiden eignen sich auch
die wesentlich beständigeren Sulfenylthiocyanate, welche in etherischer Lösung aus
dem entsprechenden Thiol und in situ gebildetem Dirhodan hergestellt werden (vgl.
Schöberl und Wagner, 1955: 270 f., 275-277, 280 f.):
RSH + (SCN)2
RSSCN + HSCN
(Gl. III-8).
Als Sulfanyl-Donoren sind auch symmetrische aliphatische Thiosulfonsäure-S-ester
bestens geeignet, welche obendrein einfach über die Douglas-Forch-Reaktion synthetisiert werden können. Die Reaktion verläuft glatt mit primären, sekundären oder tertiären Alkyl-, Aryl- oder heterozyklischen Thiolen, selbst unterhalb von 0 °C. Durch AlkaliEinwirkung zersetzen sich Thiosulfonsäure-S-ester zu Disulfan und Sulfinsäure.
Die Einwirkung von Thiolen auf Disulfane kann unter bestimmten Umständen zum
Austausch der aliphatischen beziehungsweise aromatischen Reste führen:
RSSR + R‘SH
RSSR‘ + RSH
(Gl. III-9).
Diese Methode ist dann erfolgreich, wenn die Reaktionsbedingungen die Bildung oder
Abtrennung des unsymmetrischen Disulfans ermöglichen (vgl. Gundermann und Hümke, 1985: 145-146).
1.3
Sulfan-Disulfan-Austauschreaktionen
Der Sulfan-Disulfan- oder auch Thiol-Disulfid-Austausch erfolgt in wäßriger Lösung unter physiologischen Bedingungen rasch und reversibel, obwohl hierbei eine Kovalenz
(mittlere Bindungsenthalpie ≈ 250 kJ mol−1) gespalten und wieder neu geknüpft werden
muß:
RSH + R‘SSR‘
RSSR‘ + HSR‘
(Gl. III-10).
Die Geschwindigkeitskonstante für diese SN2-Reaktion beträgt bei pH 7 und Raumtemperatur ca. 10 M−1 min−1, wobei man quantitative Ausbeuten erzielt, sofern uner-
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
217
wünschte Nebenreaktionen wie die Thiol-Oxidation durch Luftsauerstoff oder die
Disulfid-Spaltung bei hohem pH-Wert vermieden werden. Sulfanylat (RS−) stellt das aktive Nucleophil dar, so daß sich der Umsatz durch Ansäuern des Reaktionsmediums
stoppen läßt. Je nach pH-Wert der Lösung und Acidität der beteiligten Alkyl-Thiole (pKa
≈ 10) oder Aryl-Thiole (pKa ≈ 7) spricht man von Sulfan-Disulfan- (Gl. III-10) oder Sulfanylat-Disulfan- (Gl. III-11) Austausch:
RS− + R‘SSR‘
RSSR‘ + −SR‘
(Gl. III-11).
Letztere Reaktion verläuft basenkatalysiert und beinhaltet einen nucleophilen Angriff
des Thiolat-Ions rückseitig längs der S−S-Bindungsachse des Disulfids. Die zu beobachtende Umsatzgeschwindigkeit erreicht ihr Maximum, sobald der pH im Medium mit
dem pKa-Wert des beteiligten Thiols übereinstimmt. Ferner erfolgt der Sulfanylat-Disulfan-Austausch in polar-aprotischen Lösungsmitteln (DMSO, DMF) etwa um den Faktor
103 rascher als in polar-protischen Solventien (MeOH, H2O), erreicht aber bei weitem
nicht den Beschleunigungsfaktor von vergleichsweise 106-107 für Alkoxide. Da das
Optimum für den C−S−S−C-Diederwinkel des Disulfids bei ca. 90°liegt, werden für den
Sulfanylat-Disulfan-Austausch an gespannten zyklischen Disulfanen der Ringgröße 5
(Diederwinkel ca. 30°) in polar-aprotischen Lösungsmitteln Raten bis zu einem Wert
von 108 M−1 s−1 beobachtet (vgl. Singh, 1993: 634 f., 655 f.).
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
2
218
Ergebnisse
Bei der Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat ausgehend von Coenzym M
sind einige Besonderheiten in den Eigenschaften der Edukte zu beachten, welche die
an sich zahlreichen Herstellungsmöglichkeiten für Diorganodisulfane (siehe Abschnitt
III A 1.2) in diesem speziellen Fall stark einschränken.
Zum ersten löst sich Coenzym M, das heißt 2-Sulfanylethansulfonat, in Form seines
handelsüblichen Na-Salzes praktisch nur in H2O sowie Na-Methoxid/Methanol leicht,
während es in reinem MeOH wenig und in höheren Alkoholen sowie insbesondere in
apolaren Solventien nahezu unlöslich ist. Auch die entsprechenden Salze mit lipophilen Gegenionen wie Ammonium, Pyridinium und sogar Hexadecyltrimethylammonium
zeigen keinerlei Löslichkeit in Diethylether oder Dichlormethan, so daß sämtliche Synthesevorschriften mit hydrolyseempfindlichen Reagenzien wie Sulfenylderivaten von
vornherein ausscheiden. Coenzym M als freie Sulfonsäure, welche sich aus dem NaSalz durch mehrfache Behandlung mit stark sauren Ionentauschern wie Amberlite® IR120 einfach herstellen läßt, kann zwar in lipophiler Phase eingesetzt werden, zersetzt
sich aber als starke organische Säure autoprotolytisch unter H2S-Freisetzung und
könnte indirekt über die Protonierung von Ethern sogar alkylierend wirken (vgl.
Schramm et al., 1955: 6231-6233). Die Rückführung der freien Säure als stabiles
Natriumsalz in die hydrophile Phase wäre hingegen leicht möglich mit Hilfe lipophiler
Na-Verbindungen, beispielsweise Natrium-bis(2-ethylhexyl)-sulfosuccinat (DocusatNatrium) oder Natriumtetrakis[3,5-bis(trifluormethyl)phenyl]borat(III).
Zum zweiten muß man beachten, daß Methanthiol, Dimethyldisulfid und Methanthiosulfonsäure-S-methylester als geeignete Reagenzien für die elektrophile Methylsulfanylierung allesamt in H2O schwer- bis unlöslich sind, so daß reines Wasser als
Reaktionsmedium ausscheidet. Ferner siedet Methanthiol unter Normaldruck bereits
bei 6 °C und kann nur unter Kühlen in Trockeneis/Aceton bei −80 °C sicher gehandhabt
werden. Eine oxidative Disulfid-Kopplung mit überschüssigem Methanthiol durch O2
oder gelöstes I2 bei Raumtemperatur scheint somit nicht praktikabel (vgl. Bobik and
Wolfe, 1988: 61). Denkbar wäre höchstens die Verwendung von Natrium-Methanthiolat, sehr leicht löslich in Wasser und Ethanol beim Erwärmen, allerdings unlöslich in
Ether (vgl. Beilstein E III 1, 1958: 1213).
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
219
Zum dritten hat sich klar ergeben, daß man in alkalischem Medium infolge von raschem Thiolat-Disulfid-Austausch (siehe Punkt III A 1.3) unabhängig vom Methylsulfenium-Donor praktisch ausschließlich das thermodynamisch bevorzugte CoM-Homodisulfid erhält. Ein Reaktionsansatz gemäß
H3CSSCH3 + HS(CH2)2SO3−Na+
H3CSS(CH2)2SO3−Na+ + H3CSH
(Gl. III-12)
in Methanol liefert nie das erwünschte Heterodisulfid, da man in alkalischem Medium
(Methanol/Methoxid) arbeiten muß, um das Na-Salz von Coenzym M in Lösung zu
bringen. Auch kann Methanthiolat im Gegensatz zu Methanthiol nicht durch Evaporieren entfernt werden.
Zum Erfolg führte letztendlich die Umsetzung von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
mit 10-fach molarem Überschuß an Methanthiosulfonsäure-S-methylester (MMTS) in
wäßrigem Methanol bei erhöhter Temperatur. Das Produktgemisch bestand im wesentlichen aus 90 Mol% CoM−S−S−CH3 + 10 Mol% CoM−S−S−CoM und ließ sich mittels HPLC an Hypercarb® durch einen HClO4-/Acetonitril-Gradienten bequem
auftrennen. Allerdings zersetzt sich CoM−S−S−CH3 auch in saurem wäßrigem Medium
bei Raumtemperatur bereits merklich zu Dimethyldisulfid und CoM−S−S−CoM, besonders in Gegenwart von weichen Nucleophilen wie Iodid, und muß deshalb in gefrorener
Lösung oder in trockenem Zustand aufbewahrt werden.
HiResMALDI-ICR-ESI-Spektren zeigten im negativen Modus für das doppelt negativ geladene Homodisulfid keinen Molekülpeak, aber ein markantes Signal bei m/z
138.9529 für das monomere Sulfanyl-Radikal abzüglich 1 H-Atom. Diese Art der Fragmentierung läßt sich bei Diorganodisulfanen häufig beobachten (vgl. Pretsch et al.,
2009: 373). Das einfach negativ geladene Heterodisulfid ist hingegen gekennzeichnet
durch einen Molekülpeak bei m/z 186.9563, ein schwaches Signal bei m/z 140.9486
für das CoM-Anion sowie bei m/z 138.9529 wiederum durch ein Sulfanyl-Radikal minus
1 H. Zur Unterscheidung und Verhältnisbestimmung der entstandenen Disulfide zieht
man idealerweise die
13
C-NMR-Spektren heran, wobei im erwünschten CoM−S−S−
CH3 relativ zum CoM−S−S−CoM das Methylen-C in β-Position (siehe Abb. III-1) um
0.727 ppm hochfeldverschoben, dasjenige in α-Position dagegen um 0.068 ppm tieffeldverschoben erscheint.
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
3
220
Diskussion und Ausblick
In Anlehnung an Gleichung III-12 liegt nahe, 2-Methyldisulfanylethansulfonat versuchsweise auch aus Coenzym-M-Natriumsalz und Dimethyldisulfid in MeOH:H2O
[25:75] zu synthetisieren, wobei der pH-Wert mit Hilfe einer Pufferlösung auf ≤ 7 zu stabilisieren ist, um zum einen den Thiolat-Disulfid-Austausch zu unterdrücken, zum anderen um das entstehende Methanthiol fortwährend abzuziehen und damit die
Reaktion irreversibel zu machen (vgl. Bobik and Wolfe, 1988: 60 f.). Der gewählte, kinetisch kontrollierte Ansatz über MMTS mit Methansulfinat als − im Vergleich zu Thiolat
− wenig nucleophiler Abgangsgruppe ließe sich noch hinsichtlich Reaktionstemperatur
und -dauer optimieren, um möglichst reines CoM−S−S−CH3 zu erhalten und die nachfolgenden Reinigungsschritte zu ersparen.
Bei Interpretation der ∆ppm-Werte zwischen Homo- und Heterodisulfid ist eine Vielzahl von ent- und abschirmenden Effekten in Betracht zu ziehen, verursacht durch Shaltige funktionelle Gruppen an beiden Enden der Ethylenbrücke. Sulfonat-Gruppen
führen aufgrund ihrer Elektronegativität relativ zu Thiolat-Resten zu einer Entschirmung am α-C-Atom, aufgrund vergrößertem Bindungswinkel und damit sterischer
Kompression relativ zu Sulfinat-Gruppen jedoch zu einer Abschirmung an genannter
Stelle. Ferner werden abschirmende Effekte über Thioether- und auch Disulfid-Brükken übertragen, wie im vorliegenden Fall die Methylsulfanyl-Gruppierung das β-CAtom wesentlich stärker ins Hochfeld verschiebt als ein CoM-Rest mit längerer Alkylkette, aber dafür terminaler Sulfonat-Gruppe (vgl. Freeman and Angeletakis, 1983: 86,
90 f.).
Zum Schutz aktiver MCRred1 vor Oxidation, zur Rekonversion von MCRox1 zu MCRred1
und für den Elektronentransfer von Co(II)Hydroxocobalamin zum Coenzym-B-Homodisulfid wird in den Enzympräparationen 25 mM Ti(III)citrat eingesetzt, welches allerdings auch CoM−S−S−CH3 sofort reduktiv spalten würde. Somit muß man die Ansätze
für diese Testreihe derart gestalten, daß auch bei höherem Redoxpotential noch eine
hinreichende Enzymaktivität für die nachfolgenden EPR-Analysen garantiert ist.
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
4
221
Experimenteller Teil
0,5 mmol (82.1 mg) Natrium-2-thioethansulfonat wurden gelöst in einer Mischung von
1 mL MeOH (über Mg destilliert), 300 µL H2O und 5 mmol (472 µL) Methanthiosulfonsäure-S-methylester und in eine zylindrische Glasampulle (Innenmaße: 150 mm ×
8 mm) mit Young-Teflonhahn gefüllt. Nach dreimaligem Einfrieren bei −196 °C und Entgasen bei ≤ 0.5 Torr erfolgte der Umsatz unter Rühren für 3 h bei 50 °C im Wasserbad.
Man entfernte den Großteil des MeOH-H2O-Gemisches am Rotationsverdampfer und
wusch den weißen Rückstand in einer Glasfritte (G2) mit 2-Propanol, bis der Geruch
nach MMTS verschwunden war. Nach Aufnehmen mit reinem MeOH und Einrotieren
im Spitzkolben wurde das Substanzgemisch aus ca. 90 Mol% CoM−S−S−CH3 und
10 Mol% CoM−S−S−CoM in H2O gelöst (55 mg mL−1; 238 mM) und mittels HPLC über
Hypercarb® 5 µm + Vorsäule aufgetrennt. Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A:
HClO4 in H2O (pH 1.0); mobile Phase B: Acetonitril; Flußrate: 1 mL min−1; Gradient:
0 % B → 90 % B in 90 min; tR (CoM−S−S−CH3) ≈ 25 min; tR (CoM−S−S−CoM) ≈ 30 min;
Detektion bei 250 nm (vgl. Pretsch et al., 2009: 402, 418). Die stark sauren Eluate engte man großenteils am Rotationsverdampfer ein, fällte und wusch die Reinkomponenten mit Aceton und trocknete diese an der Vakuumlinie (Ausbeute: 85 % (w/w)).
Substanzdaten: Schmelzpunkt > 200 °C (Zersetzung). 1H-NMR (300 MHz, D2O):
δ(H2C1) 3.29, m; δ(H2C2) 3.06, m; δ(CH3S−) 2.45, s. 13C-NMR (75 MHz, D2O): δ(C-1)
53.28; δ(C-2) 32.82; δ(CH3S−) 24.93. Alle Verschiebungswerte beziehen sich auf die
Signale von Dioxan (δ (1H) = 3.75; δ (13C) = 69.30) mit δ in ppm (vgl. Pretsch et al., 2009:
203). HiResESI-ICR-MS in MeOH:H2O [50:50], negativer Modus: m/z 186.9563
(65.3 %), 140.9486 (8.1 %), 138.9529 (100 %).
Labormaterial − Chemikalien:
Aceton (ACS; Fluka)
♦ Acetonitril (HPLC Gradient Grade; Lab-Scan)
♦ Amberlite IR-120 H+-Form (16-45 mesh; Fluka)
♦ Ammoniaklösung 25 % (zur Analyse; Merck)
♦
Deuteriumoxid (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals)
♦ Dichlormethan (HPLC Grade; Fisher Scientific)
♦ Dimethyldisulfid (pract. ≥ 98 % (GC); Fluka)
♦
♦
1,4-Dioxan (puriss., H2O ≤ 0.01 %, ≥ 99.5 % (GC); Fluka)
III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat
♦
222
Hexadecyltrimethylammoniumhydroxid 10 % in H2O (p. a.; TCI)
Iod (purum p. a.; Fluka)
♦ Magnesium (purum)
♦ 2-Mercaptoethansulfonsäure Natriumsalz (BioChemika, ≥ 98 % (RT); Fluka)
♦ Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific)
♦
Methanthiol (purum; Fluka)
♦ Methanthiosulfonsäure-S-methylester (purum, ≥ 98.0 % (GC); Fluka)
♦ Natriumiodid (puriss. p. a.; Fluka)
♦ Natriummethoxid-Lösung 0.5 M in Methanol (ACS Reagenz; Fluka)
♦
Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën)
♦ 2-Propanol (‘Baker Analyzed‘; Baker)
♦ Pyridin (ACS; Baker)
♦ Wasser NANOpure (R > 18 MΩ; SKAN / Barnstead)
♦
Labormaterial − Geräte:
♦
♦
♦
Evakuieren: Drehschieberpumpe 2012A (CIT-Alcatel)
1
H-/13C-NMR: ARX300 (300 / 75 MHz; Bruker)
HiResESI-ICR-MS: WATERS Zspray ESI-Quelle mit Varian 4.7 T FT-ICR-MS; Proben in Schraubdeckelgefäßen (Weißglas, 2 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO)
♦
HPLC-Anlage: Entgasungseinheit (Knauer) + Gradientenmischer FCV-10AL (Shimadzu) + Gradientenpumpe LC-10AD (Shimadzu) + Hochdruckmischkammer
(Knauer) + Injektionsventil (Rheodyne) + Edelstahl-Loop (20 µL) + UV/VIS-Absorptions-Detektor 757 (Applied Biosystems) + Integrator D-7500 (Merck Hitachi);
Probeninjektion mit Kunststoffspritze (2 mL; ONCE®) + Nadel (22/51/pst3/tapN) (Hamilton)
♦
HPLC-Säule: Hypercarb® 5 µm (100 mm × 4.6 mm; Thermo ELECTRON CORPORATION)
♦
NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass)
♦
Schmelzpunktapparatur 510 nach Thiele (Büchi): 20 °C → 300 °C mit 1 °C min−1
♦
Trocknen: Drehschieber-Vakuumpumpe RZ 5 (Vacuubrand) + Druckanzeige PIRANI 12 (Edwards)
223
B
Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
1
Grundlagen und Methodik
1.1
Biochemische Eigenschaften von Coenzym M
Die systematisch als 2-Thioethansulfonsäure benannte Verbindung Coenzym M spielt
als kleinstes in der Natur bekanntes Coenzym mit Alkylkette eine Schlüsselrolle bei der
Methanogenese durch anaerobe Archaea (vgl. Thauer, 1998) und bei der Alken-Oxidation durch Gram-negative wie Gram-positive Bacteria (vgl. Allen et al., 1999). Medizinisch wird das entsprechende Na-Salz (Mesna) als Mukolytikum eingesetzt und dient
ferner zur Prophylaxe von hämorrhagischen Cystitiden im Zuge von Chemotherapien
mit Oxazaphosphorinen (vgl. Bruchhausen et al., 1993: 891). Während die Biosynthese von Coenzym M mit der Sulfitierung von Phosphoenolpyruvat startet (vgl. Graham et al., 2002), beginnt die Synthese im Labor mit 2-Bromethansulfonat und Thioharnstoff in ammoniakalischer Lösung (vgl. Bruchhausen, 1993: 890). Bei
Raumtemperatur zersetzt sich die viskose 2-Sulfanylethansulfonsäure autoprotolytisch unter H2S-Freisetzung und kommt daher als stabiles Natrium- oder Ammoniumsalz in den Handel (vgl. Schramm, 1955: 6233).
1.2
Kristallisationstechniken
Für die Röntgenstrukturanalyse benötigt man qualitativ möglichst hochwertige Einkristalle, deren Größe in zumindest zwei von drei Dimensionen optimal bei 0.2-0.4 mm
liegt. Folgende Kriterien spielen dabei eine Schlüsselrolle (vgl. Boyle, 2007):
♦
Lösungsmittel: Die Wahl sollte auf Solventien oder Gemische aus denselben fallen,
in denen die jeweilige Substanz nur mäßig löslich ist. Zu hohes Lösungsvermögen
und insbesondere übersättigte Lösungen führen zu unterdimensionierten Kristallen.
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
♦
224
Kristallisationskeime: Umso weniger davon vorhanden sind, umso größer fallen die
Einzelkristalle aus und liegen somit häufiger in den gewünschten Dimensionen.
Folglich müssen Staub und andere externe Verunreinigungen aus dem Kristallisationsansatz möglichst ferngehalten werden.
♦
Mechanische Einflüsse: Kristallisationsansätze sind möglichst erschütterungsfrei
aufzubewahren und mindestens mit einwöchigem Abstand zu kontrollieren.
♦
Zeit: Das Wachstum geeigneter Kristalle erfordert Wochen bis Monate, so daß idealerweise mehrere Parallelansätze gleichzeitig gestartet werden.
Die im Folgenden beschriebenen Kristallisationstechniken bieten nur einen groben
Überblick und müssen anhand der jeweiligen Substanzeigenschaften (luftempfindlich,
feuchtigkeitsempfindlich, hygroskopisch etc.) modifiziert werden, wobei eine Vorreinigung über Umkristallisieren sehr zu empfehlen ist (vgl. Boyle, 2007):
♦
Langsames Verdunsten: Gesättigte oder nahezu gesättigte Lösungen; im Fall von
binären oder ternären Gemischen nur möglich, sofern die Substanz in der flüchtigeren Komponente besser löslich ist.
♦
Langsames Abkühlen: Geeignet für wenig lösliche Substanzen in Solventien, welche unterhalb von 100 °C sieden; Durchführung üblicherweise in Dewar-Gefäßen
oder Thermostaten.
♦
Dampfdiffusion: Anwendung vor allem für geringe Mengen von Probenmaterial; die
Substanz wird in Solvens A gelöst und dem Dampf des flüchtigeren Solvens B mit
geringerem Lösungsvermögen ausgesetzt.
♦
Lösungsmittel-Diffusion: Vor allem für luft- und feuchtigkeitsempfindliche Substanzen in Milligramm-Mengen; Substanz wird in Solvens A gelöst und in einem schmalen, zylindrischen Gefäß mit einem spezifisch leichteren Solvens B überschichtet,
worin die Substanz nicht oder kaum löslich ist.
♦
Reaktanden-Diffusion: Lösungen mit Edukten diffundieren ineinander; das unlösliche Produkt kristallisiert im Bereich der Mischungszone.
♦
Sublimation: Für flüchtige, luftempfindliche Substanzen; größere Kristalle wachsen
unter Vakuum bei erhöhter Temperatur auf Kosten kleinerer.
♦
Konvektion: Lokales Erhitzen und/oder lokales Kühlen seitlich diametral am Kristallisationsgefäß bewirken Auflösung der Substanz in der Wärme und entsprechend
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
225
Ausscheidung/Kristallisation bei verringerter Temperatur; der Gradient darf nicht zu
groß sein, da eine zu rasche Konvektion das Kristallwachstum inhibiert.
♦
Co-Kristallisation: Beispielsweise Triphenylphosphinoxid als geeignetes Reagenz
für organische Säuren; Durchführung analog zu „Langsamem Verdunsten“.
♦
Gegenionen: Metathetischer Austausch vorhandener Gegenionen gegen entsprechende inerte Spezies, deren Ionenradius demjenigen der interessierenden Substanz näherkommt; sterisch anspruchsvolle, konformationell flexible Ionen (z. B.
Tetrabutylammonium) sind zu vermeiden.
♦
Ionisierung neutraler Moleküle: Protonierung oder Deprotonierung von funktionellen
Gruppen, welche im Neutralbereich ungeladen sind; entstehende Wasserstoffbrükken können die Kristallisationseigenschaften verbessern.
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
2
226
Ergebnisse
Gibt man Ethanol zu einer stark sauren, wäßrigen Lösung von Natrium-2-thioethansulfonat nach Na+/H+-Austausch, so scheidet sich eine weiße, kristalline Masse ab. Die
Mikroelementaranalyse des im Vakuum getrockneten Rückstands auf der Basis der
Summenformel (C2H8O4S2) für die hydratisierte Säure (HS−CoM−H3O+) ergab massive
Unterbestimmungen für C (1.49 %) und H (1.69 %). Zudem waren im 1H- und 13C-NMRSpektrum des Präzipitates in D2O keine organischen Verunreinigungen zu erkennen.
Dessen Analyse mittels LA-ICP-SF-Massenspektrometrie wiederum zeigte klar die Anwesenheit von Natrium in hyperstöchiometrischen Mengen: (Na-23)/(S-32) = 1.34
(RSD: 8.5 %; n = 9) (vgl. Günther and Hattendorf, 2005; Latkoczy and Günther, 2002).
Auf der Basis dieser Resultate wurde eine dreimolare Lösung von Natrium-2-sulfanylethansulfonat in H2O nach unvollständigem Na+/H+-Austausch über Amberlite IR120 in einer gasdichten Vorrichtung mit Ethanoldampf in Kontakt gebracht. Die Anwendung dieser Dampfdiffusions-Methode war erfolgreich und lieferte nach ca. 10 Tagen
an der Oberfläche der wäßrigen Lösung zwei Sorten von Kristallen, Nadeln und dünne
Plättchen, von denen Erstere ausreichende Beugungseigenschaften aufwiesen.
Einen Überblick zur berechneten Molekülstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat als Monohydrat bietet Abbildung III-2 a, b. Im Ausschnitt sind dabei sechs O-Atome
in Form eines verzerrten Oktaeders um ein Na-Atom angeordnet, und zwar in Abständen von 2.312-2.517 Å (siehe Abb. III-2 c). Genauer betrachtet besteht die Koordinationssphäre eines Na-Ions aus zwei O-Atomen einer Sulfonat-Gruppe sowie je einem
O-Atom aus drei weiteren −SO3−-Gruppen zuzüglich eines Wasser-O-Atoms (siehe
Abb. III-2 c). Dies führt zur Ausbildung von Na−O−Na-Schichten parallel zur Ebene
(100) im Kristall (siehe Abb. III-2 d) (vgl. Mayr et al., 2008b).
Die Molekülstruktur der unhydratisierten Form von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
zeit eine ähnliche sechsfache Koordination des Na-Atoms, mit Ersatz des Wasser-OAtoms durch einen Sulfonat-Sauerstoff (vgl. Bambagiotti-Alberti et al., 2007). Auffälligerweise sind die beiden terminalen Schwefel-Atome hier synclinal angeordnet, in der
von uns untersuchten hydratisierten Spezies hingegen antiperiplanar.
In den Tabellen III-1, III-2 und III-3 a-c sind die fraktionalen Atomkoordinaten, atomaren Verschiebungsparameter und geometrischen Parameter aufgeführt. Bei Verfeinerung der Röntgenstruktur wurden die Positionen der H-Atome in den Methylen-
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
227
a
b
Abb. III-2. Molekülstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat. – a) Elementarzelle; b) Kristallverbund.
Gruppierungen für einen festen Abstand von 1.08 Å berechnet, die H-Atome des H2OMoleküls und der Sulfanyl-Gruppe hingegen aus einer Differenzkarte entnommen und
anhand der aufgefundenen Positionen in die Verfeinerung integriert.
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
228
c
d
Abb. III-2. Molekülstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat. – c) Verschiebungsellipsoide (50 % Wahrscheinlichkeit) mit Koordinationssphäre des Na (ohne H-Atome); d)
Kristall längs der Diagonale der a-b-Achse mit Schichtaufbau der Na–O-Cluster (Symmetrieoperationen: a = x, −1+y, z; b = x, 1+y, z; c = 1/2−x, −1/2+y, −1/2+z; d = 1/2−x, −1/2+y, 1/2+z; e = 1/2−x,
1/2+y, −1/2+z; f = 1/2−x, 1/2+y, 1/2+z).
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
229
Tab. III-1. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Fraktionale Atomkoordinaten und isotropische oder äquivalent-isotropische Verschiebungsparameter (Å2).
Atom
x
y
z
Uiso*/Ueq
S3
H3
S4
Na9
O5
O6
O7
H1
H2
O8
C1
H1A
H1B
C2
H2A
H2B
−0.00830 (4)
−0.0154
0.17410 (3)
0.26442 (4)
0.19813 (10)
0.18238 (8)
0.33586 (10)
0.3259
0.3374
0.19475 (10)
0.06798 (17)
0.0756
0.0846
0.09943 (14)
0.0829
0.0920
0.7465 (2)
0.8542
0.75424 (11)
0.3309 (2)
0.6264 (6)
1.0402 (4)
0.6737 (5)
0.8098
0.7465
0.6245 (6)
0.8051 (9)
1.0166
0.7169
0.6946 (6)
0.7827
0.4830
0.8298 (4)
0.6813
0.66676 (19)
0.6658 (4)
0.4720 (5)
0.6710 (8)
0.6717 (8)
0.7595
0.5332
0.8649 (5)
0.8424 (9)
0.8509
0.9900
0.6517 (10)
0.5039
0.6431
0.0483 (4)
0.058*
0.0185 (2)
0.0238 (3)
0.0239 (7)
0.0286 (5)
0.0338 (5)
0.023 (11)*
0.047 (16)*
0.0257 (7)
0.0464 (11)
0.056*
0.056*
0.0279 (8)
0.033*
0.033*
Tab. III-2. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Atomare Verschiebungsparameter (Å2).
Atom
S3
S4
Na9
O5
O6
O7
O8
C1
C2
U11
0.0235 (5)
0.0182 (4)
0.0267 (6)
0.0302 (16)
0.0325 (10)
0.0398 (13)
0.0301 (16)
0.0228 (17)
0.0182 (14)
U22
0.0688 (8)
0.0178 (4)
0.0228 (6)
0.0223 (15)
0.0188 (10)
0.0345 (11)
0.0271 (17)
0.063 (3)
0.0364 (16)
U33
0.0526 (8)
0.0194 (4)
0.0219 (6)
0.0191 (18)
0.0344 (12)
0.0271 (13)
0.0197 (18)
0.053 (3)
0.029 (2)
U12
U13
−0.0031 (4)
0.0074 (6)
−0.00146 (19) 0.0008 (4)
0.0034 (4) −0.0009 (9)
−0.0013 (11)
0.0050 (14)
−0.0029 (8)
0.0011 (17)
0.0012 (10) 0.004 (2)
0.0020 (12) −0.0011 (13)
−0.0050 (17) 0.010 (2)
−0.0033 (12) −0.001 (2)
U23
0.0024 (6)
0.0002 (7)
−0.0004 (10)
−0.0031 (12)
−0.003 (2)
−0.005 (2)
−0.0027 (14)
−0.013 (3)
−0.008 (2)
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
230
Tab. III-3 a. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Geometrische Parameter (Å, °). Symmetriecodes: (i) = −x+1/2, y−1/2, z+1/2; (ii) = −x+1/2, y−1/2, z−1/2; (iii) = x, y−1,
z; (iv) = −x+1/2, y+1/2, z+1/2; (v) = −x+1/2, y+1/2, z−1/2; (vi) = x, y+1, z.
S3—C1
S3—H3
S4—O6
S4—O8
S4—O5
S4—C2
S4—Na9
Na9—O5i
Na9—O8ii
Na9—O7
Na9—O6iii
Na9—O5
Na9—O8
Na9—Na9iv
C1—S3—H3
O6—S4—O8
O6—S4—O5
O8—S4—O5
O6—S4—C2
O8—S4—C2
O5—S4—C2
O6—S4—Na9
O8—S4—Na9
O5—S4—Na9
C2—S4—Na9
O5i—Na9—O8ii
O5i—Na9—O7
O8ii—Na9—O7
O5i—Na9—O6iii
O8ii—Na9—O6iii
O7—Na9—O6iii
O5i—Na9—O5
O8ii—Na9—O5
O7—Na9—O5
O6iii—Na9—O5
O5i—Na9—O8
O8ii—Na9—O8
O7—Na9—O8
O6iii—Na9—O8
O5—Na9—O8
O5i—Na9—S4
O8ii—Na9—S4
O7—Na9—S4
O6iii—Na9—S4
O5—Na9—S4
O8—Na9—S4
O5i—Na9—Na9iv
1.813 (4)
1.0714
1.4522 (19)
1.460 (4)
1.468 (3)
1.778 (3)
3.0028 (13)
2.312 (4)
2.322 (4)
2.404 (3)
2.416 (2)
2.456 (3)
2.517 (3)
4.0207 (5)
96.1
112.6 (2)
113.4 (2)
110.64 (11)
107.43 (13)
107.1 (2)
105.2 (2)
127.52 (9)
56.70 (12)
54.35 (12)
125.01 (11)
106.77 (8)
92.45 (14)
92.65 (14)
91.25 (13)
93.87 (12)
171.25 (9)
154.34 (14)
98.49 (14)
90.75 (11)
82.52 (10)
96.56 (14)
156.12 (14)
91.32 (12)
80.38 (10)
57.90 (7)
125.55 (10)
127.54 (10)
88.94 (7)
82.46 (6)
29.05 (8)
29.01 (8)
74.00 (8)
Na9—Na9i
Na9—Na9ii
Na9—Na9v
O5—Na9v
O6—Na9vi
O7—H1
O7—H2
O8—Na9iv
C1—C2
C1—H1A
C1—H1B
C2—H2A
C2—H2B
4.0207 (5)
4.0207 (5)
4.0207 (5)
2.312 (4)
2.416 (2)
0.9012
0.9247
2.322 (4)
1.489 (6)
1.0800
1.0800
1.0800
1.0800
O8—Na9—Na9i
S4—Na9—Na9i
Na9iv—Na9—Na9i
O5i—Na9—Na9ii
O8ii—Na9—Na9ii
O7—Na9—Na9ii
O6iii—Na9—Na9ii
O5—Na9—Na9ii
O8—Na9—Na9ii
S4—Na9—Na9ii
Na9iv—Na9—Na9ii
Na9i—Na9—Na9ii
O5i—Na9—Na9v
O8ii—Na9—Na9v
O7—Na9—Na9v
O6iii—Na9—Na9v
O5—Na9—Na9v
O8—Na9—Na9v
S4—Na9—Na9v
Na9iv—Na9—Na9v
Na9i—Na9—Na9v
Na9ii—Na9—Na9v
S4—O5—Na9v
S4—O5—Na9
Na9v—O5—Na9
S4—O6—Na9vi
Na9—O7—H1
Na9—O7—H2
H1—O7—H2
S4—O8—Na9iv
S4—O8—Na9
Na9iv—O8—Na9
C2—C1—S3
83.64 (8)
108.91 (6)
77.477 (11)
113.78 (8)
35.38 (7)
125.28 (13)
59.83 (11)
84.52 (8)
128.86 (8)
109.09 (5)
160.65 (6)
99.226 (14)
163.76 (8)
75.20 (9)
71.31 (12)
104.78 (10)
31.43 (7)
83.84 (8)
55.88 (5)
99.226 (14)
160.65 (6)
77.476 (11)
127.60 (18)
96.60 (16)
114.93 (10)
134.91 (12)
112.0
107.3
104.9
126.59 (19)
94.29 (16)
112.33 (10)
113.2 (3)
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
231
Tab. III-3 b. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Geometrische Parameter (Å, °). Symmetriecodes: (i) = −x+1/2, y−1/2, z+1/2; (ii) = −x+1/2, y−1/2, z−1/2; (iii) = x, y−1,
z; (iv) = −x+1/2, y+1/2, z+1/2; (v) = −x+1/2, y+1/2, z−1/2; (vi) = x, y+1, z.
O8ii—Na9—Na9iv
O7—Na9—Na9iv
O6iii—Na9—Na9iv
O5—Na9—Na9iv
O8—Na9—Na9iv
S4—Na9—Na9iv
O5i—Na9—Na9i
O8ii—Na9—Na9i
O7—Na9—Na9i
O6iii—Na9—Na9i
O5—Na9—Na9i
O6—S4—Na9—O5i
O8—S4—Na9—O5i
O5—S4—Na9—O5i
C2—S4—Na9—O5i
O6—S4—Na9—O8ii
O8—S4—Na9—O8ii
O5—S4—Na9—O8ii
C2—S4—Na9—O8ii
O6—S4—Na9—O7
O8—S4—Na9—O7
O5—S4—Na9—O7
C2—S4—Na9—O7
O6—S4—Na9—O6iii
O8—S4—Na9—O6iii
O5—S4—Na9—O6iii
C2—S4—Na9—O6iii
O6—S4—Na9—O5
O8—S4—Na9—O5
C2—S4—Na9—O5
O6—S4—Na9—O8
O5—S4—Na9—O8
C2—S4—Na9—O8
O6—S4—Na9—Na9iv
O8—S4—Na9—Na9iv
O5—S4—Na9—Na9iv
C2—S4—Na9—Na9iv
O6—S4—Na9—Na9i
O8—S4—Na9—Na9i
O5—S4—Na9—Na9i
C2—S4—Na9—Na9i
O6—S4—Na9—Na9ii
O8—S4—Na9—Na9ii
O5—S4—Na9—Na9ii
C2—S4—Na9—Na9ii
162.52 (8)
69.91 (11)
103.59 (10)
83.28 (8)
32.29 (7)
55.67 (5)
33.64 (7)
113.20 (9)
123.68 (13)
58.49 (11)
129.85 (9)
91.9 (3)
−2.37 (19)
−174.30 (19)
−90.6 (3)
−92.9 (3)
172.8 (2)
0.92 (18)
84.6 (3)
−0.3 (3)
−94.6 (2)
93.4 (2)
177.2 (2)
178.0 (4)
83.75 (18)
−88.17 (17)
−4.5 (3)
−93.8 (3)
171.92 (14)
83.7 (3)
94.3 (3)
−171.92 (14)
−88.2 (3)
65.9 (3)
−28.43 (14)
159.65 (14)
−116.6 (2)
125.1 (3)
30.82 (14)
−141.11 (14)
−57.4 (2)
−127.6 (3)
138.14 (14)
−33.78 (14)
49.9 (2)
C2—C1—H1A
S3—C1—H1A
C2—C1—H1B
S3—C1—H1B
H1A—C1—H1B
C1—C2—S4
C1—C2—H2A
S4—C2—H2A
C1—C2—H2B
S4—C2—H2B
H2A—C2—H2B
O8—Na9—O5—S4
Na9iv—Na9—O5—S4
Na9i—Na9—O5—S4
Na9ii—Na9—O5—S4
Na9v—Na9—O5—S4
O5i—Na9—O5—Na9v
O8ii—Na9—O5—Na9v
O7—Na9—O5—Na9v
O6iii—Na9—O5—Na9v
O8—Na9—O5—Na9v
S4—Na9—O5—Na9v
Na9iv—Na9—O5—Na9v
Na9i—Na9—O5—Na9v
Na9ii—Na9—O5—Na9v
O8—S4—O6—Na9vi
O5—S4—O6—Na9vi
C2—S4—O6—Na9vi
Na9—S4—O6—Na9vi
O6—S4—O8—Na9iv
O5—S4—O8—Na9iv
C2—S4—O8—Na9iv
Na9—S4—O8—Na9iv
O6—S4—O8—Na9
O5—S4—O8—Na9
C2—S4—O8—Na9
O5i—Na9—O8—S4
O8ii—Na9—O8—S4
O7—Na9—O8—S4
O6iii—Na9—O8—S4
O5—Na9—O8—S4
Na9iv—Na9—O8—S4
Na9i—Na9—O8—S4
Na9ii—Na9—O8—S4
Na9v—Na9—O8—S4
108.9
108.9
108.9
108.9
107.8
112.5 (3)
109.1
109.1
109.1
109.1
107.8
4.61 (8)
−16.81 (12)
50.69 (17)
148.14 (13)
−137.0 (2)
147.7 (2)
−42.28 (14)
50.50 (18)
−135.11 (15)
141.6 (2)
137.0 (2)
120.17 (13)
−172.34 (6)
−74.88 (13)
67.2 (4)
−59.3 (4)
−175.1 (4)
2.7 (5)
1.0 (3)
129.03 (19)
−116.9 (2)
122.0 (2)
−121.06 (16)
7.01 (12)
121.08 (15)
178.06 (16)
−14.1 (4)
85.44 (17)
−91.78 (16)
−4.62 (8)
132.6 (2)
−150.81 (13)
−54.07 (17)
14.40 (12)
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
232
Tab. III-3 c. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Geometrische Parameter (Å, °). Symmetriecodes: (i) = −x+1/2, y−1/2, z+1/2; (ii) = −x+1/2, y−1/2, z−1/2; (iii) = x, y−1,
z; (iv) = −x+1/2, y+1/2, z+1/2; (v) = −x+1/2, y+1/2, z−1/2; (vi) = x, y+1, z.
O6—S4—Na9—Na9v
O8—S4—Na9—Na9v
O5—S4—Na9—Na9v
C2—S4—Na9—Na9v
O6—S4—O5—Na9v
O8—S4—O5—Na9v
C2—S4—O5—Na9v
Na9—S4—O5—Na9v
O6—S4—O5—Na9
O8—S4—O5—Na9
C2—S4—O5—Na9
O5i—Na9—O5—S4
O8ii—Na9—O5—S4
O7—Na9—O5—S4
O6iii—Na9—O5—S4
−68.3 (3)
−162.63 (14)
25.45 (14)
109.2 (2)
−8.3 (3)
−135.9 (2)
108.8 (2)
−128.7 (2)
120.40 (17)
−7.21 (12)
−122.50 (16)
10.8 (4)
−179.26 (15)
−86.47 (18)
87.92 (15)
O5i—Na9—O8—Na9iv
O8ii—Na9—O8—Na9iv
O7—Na9—O8—Na9iv
O6iii—Na9—O8—Na9iv
O5—Na9—O8—Na9iv
S4—Na9—O8—Na9iv
Na9i—Na9—O8—Na9iv
Na9ii—Na9—O8—Na9iv
Na9v—Na9—O8—Na9iv
S3—C1—C2—S4
O6—S4—C2—C1
O8—S4—C2—C1
O5—S4—C2—C1
Na9—S4—C2—C1
45.45 (13)
−146.7 (2)
−47.17 (17)
135.61 (15)
−137.2 (2)
−132.6 (2)
76.58 (13)
173.32 (6)
−118.21 (13)
179.9 (2)
−60.6 (4)
60.6 (4)
178.3 (3)
121.5 (3)
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
3
233
Diskussion und Ausblick
Wie in Kapitel III B 2 erwähnt, wurden neben den untersuchten Kristallnadeln auch
dünne Plättchen entdeckt, deren Abmessungen jedoch für eine Röntgenstrukturanalyse nicht ausreichten. Somit liegt nahe, unter Variation der experimentellen Bedingungen (Alkohole, Temperatur, pH-Wert) oder gänzlich durch Anwendung anderer Kristallisationstechniken (siehe Abschnitt III B 1.2) dickere Einkristalle zu züchten. Obgleich
die Röntgenstruktur verschiedener Redoxzustände von MCR I inklusive Edukten und
Produkten bekannt ist (siehe Kapitel II 1.1), wäre es zweifellos von Interesse, auch entsprechende Kristallisationsansätze für Methyl-CoM, CoB, CoB-Homodisulfid sowie
CoM-CoB-Heterodisulfid zu entwerfen.
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
4
234
Experimenteller Teil
Eine Lösung von 2-Thioethansulfonsäure/Natrium-2-thioethansulfonat in 1 mL H2O
(3 M) wurde in einen Spitzkolben (V: 5 mL) überführt und über eine gasdichte Glasbrücke mit einem Spitzkolben gleicher Größe verbunden, Letzterer gefüllt mit 3 mL reinem EtOH. Mittels Vakuumpumpe reduzierte man den Druck in der Apparatur auf
≈ 30 mbar, bis sich der Ethanol stark abkühlte, und ließ den Kristallisationsansatz über
ca. 10 Tage bei Raumtemperatur stehen, bis am oberen Rand der wäßrigen Lösung
Kristalle erschienen. Nach Abziehen der Flüssigphase wurden die Kristallnadeln entnommen und für die Diffraktionsmessung vorbereitet, deren technische Details aus Tabelle III-4 ersichtlich sind.
Labormaterial − Chemikalien:
♦
Amberlite IR-120 H+-Form (16-45 mesh; Fluka)
♦
Deuteriumoxid (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals)
♦
Ethanol absolut (Analytical Grade, ACS; Scharlau)
♦
2-Mercaptoethansulfonsäure-Lösung 3 M in Wasser (BioChemica; Fluka)
Labormaterial − Geräte:
♦
♦
Evakuieren: Membranpumpe Vac® V-500 (Büchi) + Vacuum Controller V-799 (Büchi)
1
H-/13C-NMR: ARX300 (300 / 75 MHz; Bruker)
♦
Diffraktometer + Programme zur Datenauswertung siehe Tab. III-4
♦
LA-ICP-SF-MS: Excimer-Laser-Ablations-System (GeoLasM; Coherent Lambda
Physics) + Sektorfeld-ICP-MS (Thermo Fisher) + Standard (NIST SRM 610 / Scapolith R1)
♦
Mikroelementaranalyse: Verbrennung + Bestimmung von CO2 und H2O IR-spektroskopisch (LECO)
♦
NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass)
III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat
235
Tab. III-4. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Technische Details
der Diffraktionsmessung.
Kristallparameter
C2H5O3S2 •Na+•H2O
Mr = 182.19
Kristallsystem: orthorhombisch, Pna21
Raumgruppe: Hall-Symbol P 2c-2n
Zellendimensionen: a = 23.4301 (8) Å
b = 5.0324 (2) Å
c = 6.1254 (2) Å
D = 90.00°
E = 90.00°
J = 90.00°
Zellenvolumen: V = 722.24 (4) Å3
Formeleinheiten pro Zelle: Z = 4
F000 = 376.0
Dichte: Dx = 1.676 Mg m3
Schmelzpunkt: 473 K
Mo KD Strahlung: O = 0.71073 Å
Zellenparameter: aus 5975 Reflexen
Beugungsbereich für gemessene
Reflexe: T = 2.3-27.5°
Absorptionskoeffizient: P = 0.74 mm1
Messtemperatur: T = 223 K
Messobjekt: Plättchen, farblos
0.26 mm u 0.2 mm u 0.01 mm
Datensammlung
KappaCCD Diffraktometer
T = 223 K
CCD Scans
Absorptionskorrektur: keine
1647 gemessene Reflexe
1534 unabhängige Reflexe
1263 Reflexe mit I > 2V(I)
Rint = 0.065
Tmax = 27.5°
Tmin = 3.4°
h = 29 o30
k = 6 o6
l = 7 o7
Verfeinerung
Verfeinerung auf F2
Matrix kleinster Fehlerquadrate: vollständig
R[F2 > 2V(F2)] = 0.038
wR(F2) = 0.131
S = 0.95
1534 Reflexe
88 Parameter
1 Schwerpunkt
Primäre Atom-Positionsbestimmung:
Struktur-invariante, direkte Methoden
Sekundäre Atom-Positionsbestimmung:
Fourier-Differenzschema
Verknüpfung:
w = 1/[V2(F02) + (0.1P)2]
mit P = (F02 + 2Fc2)/3
('/V)max < 0.001
'Umax = 0.25 e Å3
'Umin = 0.37 e Å3
Extinktionskorrektur: keine
Absolute Struktur: vgl. Flack, 1983: 876881
Flack-Parameter: 0.13 (18)
Auswertung
Datensammlung: KappaCCD
Zellenverfeinerung: HKL SCALEPACK (vgl. Otwinowski and Minor, 1997: 307-326)
Datenreduktion: DENZO und SCALEPACK (vgl. Otwinowski and Minor, 1997: 307-326)
Programm zur Strukturaufklärung: SIR97 (vgl. Altomare et al., 1999: 115-119)
Programm zur Strukturverfeinerung: SHELXL97 (vgl. Sheldrick, 1997)
Molekülgraphiken: PLATON (vgl. Spek, 2003: 7-13)
Publikationssoftware: maXus (vgl. Mackay et al., 1999: 7-13)
236
C
Versuche zur De-/Transmetallierung von F430Pentamethylester
1
Grundlagen und Methodik
1.1
Dekomplexierung von makrozyklischen Tetrapyrrolen
Im Gegensatz zu den Übergangsmetall-Porphyrinoiden wie Häm (FeII), Vitamin B12
(CoIII), Sirohäm (FeII) und Cofaktor F430 (NiII) kann in den Chlorophyllen das zentrale
MgII relativ leicht durch Cu2+, Ni2+, (V=O)2+ oder Zn2+ ersetzt werden, so daß diese im
Spurenelementbereich essentiellen Schwermetalle bei höheren Konzentrationen auf
pflanzliche und sonstige photosynthetisch aktive Organismen stark toxisch wirken. Dabei stehen vor allem eine gestörte Übertragung von Resonanzenergie zu den Reaktionszentren in den Thylakoiden sowie eine verringerte Toleranz gegenüber SingulettSauerstoff im Vordergrund. Acidophile phototrophe Bakterien der Gattung Acidiphilium, welche in stark saurem Milieu (pH ≈ 1.5) und unter hohen Schwermetall-Belastungen wachsen, verfügen über photosynthetisch aktives Zn-Bakteriochlorophyll a in
merklichen Mengen. Obwohl dessen photosynthetische Quantenausbeute gemessen
an Mg-Bakteriochlorophyllen um etwa 75 % reduziert ist, stattet dieses Zn-Derivat die
genannten Bakterien mit einer extremen Toleranz gegenüber Cd2+, Cu2+ und Ni2+ aus.
Auch über Lanthanoid-Chlorophylle in Farnen und höheren Pflanzen wurde berichtet,
wenngleich die In-vivo-Funktion dieser exotischen Derivate zur Zeit noch unklar erscheint (vgl. Küpper et al., 2006: 68-72).
Natürlich auftretende, Ni-haltige Chlorophyll-Derivate kennt man in Form der Tunichlorine, welche aus marinen Organismen isoliert wurden (siehe Kapitel I 1.2.1), während Cofaktor F430 aus methanogenen Archaea ein Ni-Corphinoid darstellt (siehe
Kapitel I 1.2.2). Wahrscheinlich leitet sich die Struktur des Tunichlorins von AlgenChlorophyllen ab, welche im tierischen Organismus einem teilweisen Abbau mit nachfolgender Transmetallierung unterliegen. Die Semisynthese von Demetallotunichlorinmethylester in konzentrierter Schwefelsäure mit anschließender Remetallierung zu
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
237
Methyl-Ni(II)- und Transmetallierung zu Methyl-Cu(II)Tunichlorin-methylester findet
man in Bible et al. (1988), 4583. Besonders rasch erfolgt die Bildung von Schwermetall-Chlorophyllen in alkoholischer Lösung. Soweit gegenwärtig bekannt, können diese
Spezies in vivo nur durch Degradation unschädlich gemacht werden, gefolgt von Neusynthese der physiologisch aktiven Mg-Chlorophylle (vgl. Küpper et al., 2006: 72-75).
Eine Vielzahl von Studien behandelt die Demetallierung von Metalloporphyrinen im
analytischen wie präparativen Maßstab. So kann Cu2+ aus Cu(II)Tetraphenylmesoporphyrin und Cu(II)Etioporphyrin I am besten mit Methansulfonsäure freigesetzt werden
(vgl. Don and Yen, 1975). Zur Demetallierung von Fe(III)Porphyrinen setzt man vorzugsweise Fe(II) als Katalysator in HCl/HAc ein, wobei HCl dem Reduktionsprodukt
Fe(II)Porphyrin schließlich Fe2+ entzieht (vgl. Espenson and Christensen, 1977). Die
reduktive Demetallierung der Vanadylkomplexe von Tetraphenyl- sowie Octaethylporphyrin in Dichlormethan wird ermöglicht mittels homogener Katalyse durch
RhCl(PPh3)3, Co2(CO)8 und RuHCl(CO)(PPh3)3 (vgl. De Bencosme and Labady, 1986).
Ohne Katalysatoren hingegen verläuft die Hydrodemetallierung von Nickel- und Vanadyl-Octaethylporphyrinen bei 613-653 K und 9 MPa H2 (vgl. Xu et al., 2002). Hierbei
startet nach Reduktion des Porphyrins zum Metallochlorin dessen Hydrogenolyse unter Ringfragmentierung und Metallfreisetzung.
Auch sind umfassende Versuche unternommen worden, Übergangsmetall-Corphine und -Corrine ohne Zerstörung des Tetrapyrrol-Zyklus zu dekomplexieren (vgl. Fässler, 1985: 44 f., 87-89, 91-93). Lange Zeit führte der Zugang zu metallfreien Corphinen
nur über acidolytisch leicht demetallierbare Zn(II)- oder Cd(II)-Komplexe. Inzwischen
ist bekannt, daß Ni(II)tetrahydrocorphinperchlorate mit 1,3-Propandithiol in konzentrierter Salzsäure bei Raumtemperatur Ni2+ verlieren, während man für Ni(II)hexahydrocorphine nicht-oxidierende Chlorid-Komplexe benötigt, welche mit 1-Propanthiol
wiederum in konzentrierter Salzsäure bei 65 °C die gewünschten Produkte liefern. Cobalt-freie Corrinoide aus phototrophen Bakterien sind bereits um 1965 isoliert worden.
Allerdings war es lange Zeit unmöglich, sowohl bei biogenen als auch synthetischen
Co(III)Corrinen das Zentralion ohne Fragmentierung des Ligandenzyklus zu entfernen,
und zu metallfreien Corrinen führte der Weg nur über acidolytisch leicht dekomplexierbare Cd(II)-, Mg(II)- oder Zn(II)-Derivate. Interessanterweise können auch Co(III)Corrine mit 1,3-Propandithiol in konzentrierter HCl bei 65 °C demetalliert werden,
wohingegen die Ni(II)Corrine hierbei kein Ni2+ freisetzen, da diese Versuchsbedingun-
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
238
gen nur die Reduktion von Co(III) zu Co(II), nicht aber von Ni(II) zu Ni(I) erlauben. Ferner liegt nahe, daß der im Vergleich zum Polyhydrocorphin-Ring zentral engere
Koordinationsraum im Corrin-Tetrapyrrol-Gerüst für Ni(II) das bessere Ligandsystem
darstellt (siehe Kapitel I 1.2.3).
Im Zuge detaillierter Untersuchungen zur Biosynthese von Cofaktor F430 bestätigte
sich die hohe Komplexbildungskonstante des Tetrahydrocorphin-Gerüstes für Ni(II), da
selbst bei Inkubation in 6 N HCl kein Einbau von radioaktivem
63
Ni2+ (β−; 0.07 MeV;
100 a) zu verzeichnen war, ähnlich entsprechenden Versuchen mit Cobalt-Corrinoiden
(vgl. Diekert et al., 1980). Für den Ersatz des zentralen Ni(II) (Koordinationszahl: 4; Koordinationsgeometrie: quadratisch-planar; Ionenradius: 0.49 Å) durch Metallionen derselben Oxidationsstufe und von ähnlichem Ionenradius kommen folgende Spezies in
Frage: Co(II), Cu(II), Mg(II), Zn(II) (vgl. Lide, 2006: 12-11 f.; Kaim und Schwederski,
1991: 30).
1.2
Fällung und Komplexierung von Nickelionen
Aufgrund der hohen Affinität tetrapyrrolischer Ligandsysteme für Übergangsmetall-Ionen müssen diese unmittelbar nach erfolgter Demetallierung durch geeignete Komplexbildner abgefangen werden, um eine Remetallierung des Porphyrinoids zu vermeiden. In bezug auf Ni2+ eignet sich unter anderem Dimethylglyoxim in alkoholischer beziehungsweise dessen Alkalisalz in wäßriger Lösung, wobei der rote Niederschlag
noch in einer Verdünnung von 1:106 wahrgenommen wird. Aus ammoniakalischer Lösung fällt dieses Reagenz nur Fe2+, Ni2+, Pd2+, und Pt2+ aus. Das ausschließlich in Lösung mit H2O beständige Ammoniumsulfid scheidet vorzugsweise aus schwach alkalischer Lösung Ni2+ in Form von NiS, welches in nicht-oxidierenden starken Säuren praktisch unlöslich ist (vgl. Erdey, 1964: 393-404). Ethylendiamintetraacetat (EDTA), welches oftmals als in Wasser leicht lösliches Tetranatriumsalz zur Anwendung kommt,
stellt eine vierbasige Säure dar (pKa1 = 2.00; pKa2 = 2.76; pKa3 = 6.16; pKa4 = 10.26) und
bildet mit einer Vielzahl von Metallionen oktaedrische Komplexe, welche für viele Übergangsmetalle ausgesprochen tiefe Dissoziationskonstanten aufweisen, so beispielsweise 10−18.62 für Ni(II)EDTA2− (vgl. Pribil, 1961: 43-47). Überdies lassen sich EDTAMetall-Koordinationsverbindungen mit Methyltrioctylammonium als Gegenion quanti-
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
239
tativ unter Verwendung von Methylisobutylketon in die organische Phase überführen
und somit aus der wäßrigen Lösung abtrennen (vgl. Rahn, 1983).
1.3
Neutronenaktivierung von Nickel-haltigen Verbindungen
Der sogenannte Szilard-Chalmers-Effekt beschreibt einen Vorgang, in dessen Verlauf
stabile Nuklide durch Neutroneneinfangs- beziehungsweise (n,γ)-Prozesse in Radionuklide umgewandelt werden, wobei ein Teil des freiwerdenden Energiebetrags als
Rückstoßenergie das heiße Radionuklid-Atom aus dem Molekülverband löst und in
Folge dessen chemische Abtrennung ermöglicht. Für die Praxis höchst relevant lassen
sich auf diese Weise Radionuklide mit hoher spezifischer Aktivität gewinnen und andererseits durch den Rückstoß bedingte Substitutionsreaktionen zur Markierung von Verbindungen ausnützen (vgl. Deckwer et al., 2008). Die Wahrscheinlichkeit für diese Art
von Kernreaktionen hängt stark vom Wirkungsquerschnitt des exponierten Nuklids ab.
Der entsprechende Bereich für σn,γ erstreckt sich dabei zwischen 2 • 10−5 b (für 15N) und
2.65 • 106 b (für
135
Xe). Beispielsweise liefert 1 g Lithium als natürliches Isotopenge-
misch mit 7.5 % 6Li (σn,γ = 940 b) bei Bestrahlung mit einem Neutronenfluß von
1015 cm−2 s−1 über 1 Jahr in einer 6Li(n,α)T-Reaktion 0.095 mg Tritium (≅ 34 GBq) (vgl.
Keller, 1993: 111, 219).
Elementarer Nickel stellt ein Gemisch aus 5 natürlichen Isotopen dar: 58Ni (68.27 %),
60
Ni (26.10 %), 61Ni (1.13 %), 62Ni (3.59 %), 64Ni (0.91 %). Daneben sind noch 7 künst-
liche Isotope (56Ni, 57Ni, 59Ni (ε, β+; 7.5 • 104 a), 63Ni, 65Ni (β−; 2.1 MeV; 2.52 h), 66Ni, 67Ni)
mit Halbwertszeiten zwischen 50 s und 80000 a bekannt (vgl. Deckwer et al., 2008;
Pfennig et al., 1998). Bei Neutronenbestrahlung von Bis(dimethylglyoximato)-nickel(II)
in wäßriger Suspension tritt 65Ni zu etwa 10 % als Ni2+ auf. Aus dem entsprechenden
Ni(II)-Komplex mit 8-Hydroxychinolin, gelöst in Kohlenwasserstoffen, konnte
65
Ni mit
einer Ausbeute von bis zu 80 % bei einem Anreicherungsfaktor von 105 in die wäßrige
Phase überführt werden (vgl. Majer, 1982: 312). Bestrahlungsexperimente an Bis(acetylacetonato)ethylendiimin-nickel(II) zeigten klar, daß die 65Ni-Retention nicht von der
Konzentration in Lösung abhängt, wohl aber im Medium durch Wasser und Ammoniak
(Koordinierung von 65Ni) oder Co(II)-/Fe(II)-Salze (Absättigung freigewordener Liganden) merklich verringert wird (vgl. Tominaga and Tachikawa, 1981: 95 f.). Die Ein-
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
240
fangsquerschnitte sämtlicher oben angeführter Nickel-Isotope bezogen auf thermische
Neutronen liegen im Bereich von 1.6 bis 77.7 b (vgl. Lide, 2006: 11-207), für das natürliche Isotopen-Gemisch bei 4.6 ± 0.1 b (vgl. Kapchigashev and Popov, 1963: 808 f.).
Nähere Angaben zur primären und sekundären γ-Strahlung, um die Absorption thermischer Neutronen durch
58
Ni,
59
Ni und
60
Ni nachzuweisen, finden sich in Raman et al.
(2004). Szilard-Chalmers-Reaktionen an Tetraphenylporphyrin-Komplexen von Co,
Cu, Ni, Pd und Pt, jeweils acidolytisch aus dem Zn(II)-Derivat durch Transmetallierung
synthetisiert, spiegeln anhand der erhaltenen Retentionswerte deutlich die Stabilität
der M(II)-Chelate wider: Pt > Pd > Cu > Ni > Co > Zn. 65Ni weist dabei eine durchschnittliche Rückstoß-Energie von 210 eV auf, wobei Porphyrine neben Phthalocyaninen generell eine für organische Verbindungen hohe Strukturresistenz gegenüber Neutronenstrahlung zeigen (vgl. Rosenberg and Sugihara, 1965). Bei der Untersuchung von
64
Ni(n,γ)65Ni-Reaktionen an mehreren Ni(II)-Chelaten, unter anderem auch an Ni(II)Hä-
matoporphyrin-dimethylester, ergaben sich primäre Retentionsraten von 4-7 % in Abhängigkeit von verwendetem Lösungsmittel, Bestrahlungszeit, Konzentration und der
Anwesenheit weiterer Komplexbildner (vgl. Ndiokwere and Elias, 1973).
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
2
241
Ergebnisse
Basierend auf den Ausführungen in Abschnitt III C 1.2 wurden Versuche unternommen, jeweils 0.5 millimolare Ansätze von Ni(II)F430 mit gesättigten wäßrigen Lösungen von Ammoniumsulfid, Dinatrium-dimethylglyoximat oder Tetranatrium-ethylendiaminotetraacetat unter Hochvakuum zu demetallieren. Entsprechende Experimente
erfolgten auch für Ni(II)F430Me5 mit 2 M Cyclopentadienyl-Natrium in THF. Nach Aufarbeitung gelang es jedoch weder, die für den demetallierten Tetrahydrocorphin-Chromophor charakteristische gelbgrüne Fluoreszenz (vgl. Fässler, 1985: 45, 163) photometrisch nachzuweisen, noch im Massenspektrum die Signale für den metallfreien
Makrozyklus (m/z 849) oder für Nickelocen (m/z 188) zu detektieren.
Ursprünglich war ebenso geplant, Ni(II)F430-trifluoracetat in D2O oder Methanol-d4
beziehungsweise Ni(II)F430Me5-trifluoracetat in Methanol-d4 oder THF-d8 mit Spallationsneutronen zu bestrahlen, wobei Gegenion sowie Lösungsmittel aus Atomen mit
möglichst niedrigem Wirkungsquerschnitt bestehen würden. Das freigesetzte Ni2+ wäre
dann mit Tetrakis(methyltrioctylammonium)-EDTA abzufangen und der entstehende
lipophile Komplex mit Trichlormethan zu extrahieren. Als vorteilhaft ist auch anzumerken, daß 59Co, 63Cu und 65Cu als Zerfallsprodukte von 59Ni, 63Ni und 65Ni allesamt stabile
Nuklide darstellen (vgl. Pfennig et al., 1998). Allerdings erwies es sich nach Beratungen mit Spezialisten am PSI empfehlenswert, von dieser Idee wieder abzurücken, da
der durchschnittliche Wirkungsquerschnitt von Nickel demjenigen der Mehrzahl aller
Elemente entspricht (1-10 b), so daß eine Zerstörung des F430-Chromophors wahrscheinlicher eintritt als die gewünschte Demetallierung. Außerdem führt selbst bei starken Neutronenabsorbern wie 6Li eine intensive Bestrahlung über längere Zeiträume
nur zu unwägbar kleinen Nuklidtransformationen (siehe Abschnitt III C 1.3).
Ni(II)F430Me5 in Acetonitril sowie Ni(II)F430 in Wasser können bequem elektrochemisch bei E0‘ ≈ −600 mV (bezogen auf Normalwasserstoffelektrode) zur Ni(I)-Spezies
reduziert werden, deren UV/VIS-Spektrum eine intensive Absorptionsbande bei
383 nm und eine schwächere bei 760 nm aufweist. Während die 3d-Orbitale des Nikkels in der stabilen Ni(II)-Form energetisch zu niedrig liegen, um die π → π*-Übergänge
in den Molekülorbitalen des Makrozyklus entscheidend zu beeinflussen, bewirkt die
Einelektronen-Reduktion zu Ni(I) eine hypsochrome Verschiebung der 430-nm-Absorptionsbande, ergänzt durch zahlreiche Ni-3d → Hydrocorphin-π*-Charge-Transfer-
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
242
Prozesse im langwelligen Spektralbereich. Ni(II)F430Me5 in THF kann mit starken Reduktionsmitteln unterhalb von −1.6 V über die Ni(I)-Stufe hinaus zu einer Spezies reduziert werden, welche man als Ni(I)F430Me5−• bezeichnet (vgl. Jaun and Thauer,
2007: 330 f.). Auf dieser Grundlage wurde die Idee geäußert, besagte überreduzierte
Form mit einem starken π-Akzeptor wie Kohlenstoffmonoxid umzusetzen, damit einerseits das Tetrapyrrol-System seinen Elektronenüberschuß durch Freisetzen von Ni(0)
abbauen kann und andererseits in einer konzertierten Aktion Ni(0) sogleich als stabiler,
tetraedrisch-koordinierter 18-Elektronen-Komplex Ni(CO)4 gebunden und aus dem Demetallierungs-Remetallierungs-Gleichgewicht entfernt wird. Abbildung III-3 zeigt die
Versuchsanordnung, worin nach Entgasen am Hochvakuum und Abschmelzen pTLCreines Ni(II)F430Me5 (hellgelb) in THF bei Raumtemperatur mit flüssigem Natriumamalgam schrittweise unter UV/VIS-Kontrolle zur Ni(I)-Verbindung (moosgrün) reduziert (siehe Abb. III-4 a, A-D) und dann weiter zur Ni(I)−•-Spezies (braungrün)
umgesetzt wurde (siehe Abb. III-4 b, E-K). Anschließend führte unter leichtem Überdruck (0.1 bar) eingeleitetes CO nach 20 min Rühren zu einem Farbumschlag der THFLösung von tiefbraun nach gelb, ohne Rückbildung der Ni(II)- oder Ni(I)-Absorptionsbanden bei 438 / 266 nm beziehungsweise bei 745 / 377 / 266 nm (siehe Abb. III-4
b, L-M). Im Zuge der zunehmenden ÜberCO
HV
reduktion zu Ni(I)F430Me5−• erkennt man
vor und nach CO-Einleitung klar die Ent-
HV
3
stehung von zwei neuen Banden bei 320 /
291 nm, deren unregelmäßige Zu- und
4
B
Abnahme während der Reaktion besonders für Graph J ins Auge fällt. Nach EntA
fernen
des
Dreiwegehahns
wurde
letztendlich Zinkperchlorat-Hexahydrat in
2
1
Methanol zugefügt, worauf reichlich H2
ausperlte und sämtliche Absorptionsbanden der überreduzierten Spezies verschwanden, hingegen bei 416 nm ein
Abb. III-3. Pyrex®-Glasapparatur mit Rührstab
(1), Glasfritte (2), Dreiwegehahn (3), UV/VISZelle (4), Abschmelzzonen (A, B), Hochvakuum-(HV)-/Begasungsanschlüssen (CO).
flacher Gipfel zu erkennen war (siehe
Abb. III-4 b, N). Die isosbestischen Punkte
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
a
243
1.5
1.4
1.3
1.2
1.1
1.0
0.9
F430Me5 in THF
F430Me5 in THF + NaxHgy (A)
F430Me5 in THF + NaxHgy (B)
F430Me5 in THF + NaxHgy (C)
F430Me5 in THF + NaxHgy (D)
A
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
250
350
450
550
650
750
850
O/nm
b
1.2
1.1
1.0
0.9
F430Me5 in THF + NaxHgy (E)
F430Me5 in THF + NaxHgy (F)
F430Me5 in THF + NaxHgy (G)
F430Me5 in THF + NaxHgy (H)
F430Me5 in THF + NaxHgy (I)
F430Me5 in THF + NaxHgy (J)
F430Me5 in THF + NaxHgy (K)
F430Me5 in THF + NaxHgy (L)
F430Me5 in THF + NaxHgy (M)
F430Me5 in THF + NaxHgy (N)
0.8
A
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0.0
250
350
450
550
650
750
850
O/nm
Abb. III-4. Reduktion mit Natriumamalgam: a) von Ni(II)F430- zu Ni(I)F430-Pentamethylester; b)
von Ni(I)F430- zu Ni(I)−•-Pentamethylester.
bei 464 / 405 / 297 nm werden nicht von allen Absorptionskurven geschnitten, da die
exakte Positionierung der sperrigen Demetallierungs-Apparatur im Strahlengang des
UV/VIS-Spektrometers nur innerhalb eines bestimmten Toleranzbereiches möglich
war.
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
244
Die Reaktionslösung versetzte man mit 0.1 M Natriumperchlorat in wäßriger Perchlorsäure (pH 2.3) und extrahierte einen Großteil des Chromophors mit Dichlormethan. Im UV/VIS-Spektrum zeigte die lipophile Phase die charakteristischen Signale für
F430Me5 neben einem kleinen Anteil von F560Me5 und F340Me5, wobei vom ursprünglich eingesetzten F430-Chromophor etwa nur noch 25 % erhalten waren. Das MALDITOF-MS der gelben DCM-Phase ließ im wesentlichen vier Hauptsignale erkennen,
und zwar m/z 961 / 963 und m/z 975 / 977 für F430Me4 und F430Me5 sowie deren Dihydro-Derivate neben m/z 991 und m/z 1005 für die jeweiligen MonocarbonylierungsProdukte der dihydrierten F430-Tetra- und Pentamethylester. Für die rötliche H2OPhase zeigte das MALDI-TOF-MS keine Carbonyl-Derivate an, dafür aber den Mono(m/z 921), Di- (m/z 935), Tri- (m/z 949), Tetra- (m/z 963) und Pentamethylester
(m/z 977) von F430, sämtlich in dihydrierter Form, begleitet von Nebensignalen für die
jeweils unhydrierten Spezies. Das erwünschte Transmetallierungs-Produkt Zn(II)F430
Me5 (m/z 981) oder dessen Derivate, erkennbar am charakteristischen MS-Zink-Isotopie-Muster, konnten nirgendwo detektiert werden.
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
3
245
Diskussion und Ausblick
Frühere Versuche, in deren Verlauf für spektroskopische Fragestellungen die Reduktion von Ni(II)F430Me5 unmittelbar nach Erreichen der Ni(I)-Stufe gestoppt wurde, erlaubten es ohne Schwierigkeit, mehr als 66 % des ursprünglich eingesetzten F430Chromophors zu regenerieren. Auch zeigte das MALDI-TOF-Massenspektrum in diesem Fall praktisch reinen Pentamethylester (m/z 975) an, ohne Hydrierungs- oder Carbonylierungs-Produkte nach Aufarbeitung in saurer Lösung. Bei der hier beabsichtigten Überreduktion hingegen wurde ein Großteil des F430-Chromophors zu unbekannten Abbauprodukten umgewandelt. Starke Schwankungen für die Absorptionsbanden
im Bereich von 320-291 nm sprechen für die Kurzlebigkeit von Ni(I)F430Me5−•, welches
schon durch geringste Spuren protischer Verbindungen rasch zu Ni(I)F430Me5 reoxidiert wird. Auch ist denkbar, daß die Reduktionskraft des eingesetzten Nariumamalgams gegen Versuchsende bereits weitgehend erschöpft war. Die enorme redoxchemische Barriere, welche einer Reduktion von hydrocorphinoid-gebundenem und
quadratisch-planar koordiniertem Ni(II) zu Ni(0) entgegensteht, wird nicht zuletzt daraus ersichtlich, daß das entsprechende Reduktionspotential im Falle von unkomplexiertem Ni2+ nur 257 mV unterhalb des Referenzwertes für die Normalwasserstoffelektrode liegt (vgl. Lide, 2006: 8-23). Die Position der Monocarbonylierung erscheint
rätselhaft, zumal für die nucleophile Insertion von CO als Keto-Gruppe in α-Position zu
π-Systemen üblicherweise katalytische Mengen von Pd nötig sind.
Bei künftigen Experimenten in dieser Richtung sollte unter permanenter photometrischer Kontrolle der gesamte Reduktionsprozeß unter CO-Atmosphäre stattfinden, um
eine Reoxidation noch vor Gaseinleitung zu umgehen. Ferner ist der Na-Gehalt des
Amalgams um 50-100 % zu erhöhen, damit in jedem Fall ausreichend Reduktionskraft
zur Verfügung steht. Für die Transmetallierung müssen völlig wasserfreie, gesättigte
Lösungen von Kupfer(II)-trifluormethylsulfonat, Magnesium(II)-perchlorat und Zink(II)trifluormethylsulfonat in Acetonitril bereitstehen, und zwar in der Kombination
„Mg(ClO4)2 + Zn(triflat)2“ und „Mg(ClO4)2 + Cu(triflat)2“, da die MS-Signale von simultan
gebildetem Cu(II)F430 und Zn(II)F430 überlappen würden. Für restliches Ni(II)F430
hingegen sind weder mit Cu(II)- noch mit Mg(II)- oder Zn(II)-Komplexen Probleme zu
erwarten. Auch ist unbedingt darauf zu achten, daß die Lösung mit Demetallo-F430Me5
in THF vor Zugabe alternativer 3d-Metallionen nur mit Geräten aus Glas oder Teflon in
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
246
Kontakt kommt. Besonders reizvoll wäre die Überlegung, transmetallierten Cofaktor
F430 wieder in das zugehörende Enzym MCR einzubauen, was allerdings auch für das
biogene Hydrocorphin noch nie reproduzierbar gelang (vgl. Thauer, 1998: 2387).
Parallel zu diesem reduktiven Ansatz könnte man auch den Versuch unternehmen,
in Analogie zu den Experimenten an Tunichlorin (siehe Abschnitt III C 1.1) Ni(II)F430
in konzentrierter Schwefel- oder Perchlorsäure zu demetallieren und die freiwerdenden
Nickelionen nach Neutralisation mit überschüssigem EDTA abzufangen.
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
4
247
Experimenteller Teil
Y-förmige Apparaturen aus Pyrex®-Glas mit Kegelschliff an der Spitze dienten zur Umsetzung von Cofaktor F430 mit komplexierenden Agenzien. Der eine Arm wurde jeweils mit 0.5 µmol Ni(II)F430 beziehungsweise mit dessen Pentamethylester in 500 µL
2,2,2-TFE gefüllt und das Lösungsmittel durch Evakuieren entfernt. Mit Hilfe gasdichter
Glas-Teflon-Spritzen und angeschlossenem Teflonschlauch ließ sich der andere Arm
mit jeweils 1 mL 2 M Cyclopentadienyl-Natrium in THF (für F430Me5) beziehungsweise
mit 21 % (NH4)2S in H2O (3.1 M; pH 9.7), 25 % Na4EDTA in H2O (0.69 M, pH 11.5) oder
Na2DMG in H2O (0.32 M, pH 12.7) (für F430) füllen. Nach drei aufeinanderfolgenden
Zyklen von Einfrieren (−196 °C) und Entgasen am Hochvakuum (≤ 10−6 bar) wurden
diese Lösungen mit F430 beziehungsweise mit dessen Pentamethylester in den abgeschmolzenen Apparaturen für etwa 2 Wochen bei Raumtemperatur in Kontakt gebracht. Dem Öffnen unter N2-Atmosphäre folgte im Fall der wäßrigen Ansätze sofort
die Zugabe von 0.1 M HClO4 auf pH 2-3, während der THF-Ansatz unmittelbar einrotiert wurde. Für die wäßrigen Lösungen erwies es sich als vorteilhaft, in Quarzglas-Küvetten (d = 1.000 cm) UV/VIS-Spektren im Bereich von 190-800 nm aufzunehmen und
die entsprechenden MALDI-TOF-MS-Proben aus 100-200 µL Wasserphase zu bereiten, versetzt mit demselben Volumen einer gesättigten Lösung (mit Bodensatz) von 4CCA in MeOH. Für die MS-Analyse wurde der Rückstand aus THF in 200 µL einer verdünnten Lösung von DCTB/Dichlormethan aufgenommen.
Der Versuch zur reduktiven Demetallierung von Ni(II)F430Me5 erfolgte in der auf
Seite 29 gezeigten Apparatur aus Pyrex®-Glas, zuvor ausgiebig mit Königswasser gereinigt. Zum Entfernen letzter Rückstände von Dichlormethan wurden 0.5 µmol pTLCreiner F430-Pentamethylester (vgl. Kapitel I 4.1) (≤ 1 % F340Me5; ≤ 0.3 % F560Me5)
dreimal aus THF:Toluen [1:1] einrotiert und das beigefarbene Pulver als Lösung mit
2,2,2-TFE in Arm 1 eingefüllt. Der Alkohol wurde an der Vakuumlinie abgezogen und
durch 1 ml THF (frisch über metallischem Kalium destilliert) ersetzt, worin sich
F430Me5 sofort löste. 400 µL frisch bereitetes Natriumamalgam (0.05 % (w/w)) in Teil
2 diente schließlich dazu, nach Abschmelzen der Anschlüsse A und B sowie dreimaligem Einfrieren (−196 °C) und Entgasen (≤ 10−6 bar) der F430Me5-Lösung über den
Dreiwegehahn das Ni(II)Hydrocorphin schrittweise zu reduzieren, indem dieses über
die Glasfritte (G2) in 2 immer wieder mit dem flüssigen Amalgam in Kontakt gebracht
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
248
und der ganze Vorgang mit Hilfe der UV/VIS-Zelle in 4 (d = 0.100 cm) kontrolliert wurde. Sobald der überreduzierte Zustand erreicht war, leitete man über 3 hochreines CO
bis zu einem Überdruck von 0.1 bar in die Apparatur und rührte die Lösung in 1 für
20 min bei Raumtemperatur. Nach Entfernen des Dreiwegehahn wurden 100 µL einer
gesättigten Lösung von Zink(II)perchlorat-Hexahydrat in MeOH hinzupipettiert, das gesamte Volumen in 1 mit Hamilton-Spritze/Nadel/Teflonschlauch entnommen und sofort
mit 1 mL 0.1 M NaClO4 in HClO4/H2O (pH 2.3) versetzt. Der Großteil des verbliebenen
F430-Chromophors ließ sich mit Dichlormethan ausschütteln, und nachfolgend gelang
es, sowohl die wäßrige Phase als auch den lipophilen Extrakt photometrisch (190800 nm; d = 0.100 cm) sowie mittels MALDI-TOF-MS (4-CCA + MeOH:H2O [50:50];
DCTB + CH2Cl2) wie im ersten Absatz dieses Kapitels beschrieben zu untersuchen.
Labormaterial − Chemikalien:
♦
Acetonitril (HPLC Gradient Grade; LAB-SCAN)
♦
Ammoniumsulfid-Lösung ~ 21 % in Wasser (purum; Fluka)
♦
trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2-propenyliden]-malonsäuredinitril
(puriss. p. a., ≥ 99.0 % (HPLC); Fluka)
♦
Calciumhydrid (93 %; Acros)
♦
α-Cyano-4-hydroxyzimtsäure (97 %; Aldrich)
♦
Cyclopentadienyl-Natrium 2 M in THF (p. a.; Aldrich)
♦
Dichlormethan (HPLC Grade; Fisher Scientific)
♦
Dimethylglyoxim Dinatriumsalz Octahydrat (purum p. a., ≥ 97.0 % (NT); Fluka)
♦
Ethylendiamintetraessigsäure Tetranatriumsalz Tetrahydrat (BioChemika Ultra,
≥ 99.0 % (KT); Fluka)
♦
Kalium (purum)
♦
Kohlenstoffmonoxid (4.7; Union Carbide) + CONCOA-Druckreduzierventil
♦
Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific)
♦
Natrium (purum)
♦
Natriumperchlorat Monohydrat (puriss. p. a. ACS, ≥ 98.0 % (T); Fluka)
♦
Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën)
♦
Quecksilber (p. a.; Merck)
♦
Salpetersäure 65 % (zur Analyse; Merck)
♦
Salzsäure rauchend 37 % (puriss. p. a. ACS, ≥ 36.5 % (T); Fluka)
III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester
♦
Schliffett für Hochvakuum: Krytox® (Du Pont)
♦
Tetrahydrofuran (LiChrosolv®; Merck)
♦
Toluen (p. a.; Fluka) → über CaH2 destilliert
♦
2,2,2-Trifluorethanol (puriss., ≥ 99.0 % (GC); Fluka)
♦
Zinkperchlorat Hexahydrat (99 %; ABCR)
249
Labormaterial − Geräte:
♦
Evakuieren: Drehschieber-Vakuumpumpe TRIVAC D4B (Leybold) + Turbomolekularpumpe TURBOVAC 151 (Leybold) + Druckmessung COMBIVAC CM B1 (Leybold)
♦
Gastight® Syringe Luer Lock (1000 µL; Hamilton) + Nadel (22/51/pst3/tapN) (Hamilton)
♦
pH-Messung: pH-Meter 744 (Metrohm) + LL Unitrode pH 0-14 / 0-100 °C (Metrohm)
♦
MALDI-TOF-MS: Ultraflex II (25 kV, Reflotron; Bruker); Proben in Schraubdeckelgefäßen (Weißglas, 2 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO)
♦
Präzisionsküvetten (0.100 / 1.000 cm) aus Quarzglas SUPRASIL® (Hellma®)
♦
UV/VIS-Spektroskopie: Zweikanal-Lambda-20-Spektrometer (Perkin-Elmer) + UVWINLAB-Software Version 2.85.04 (Perkin-Elmer). Einstellungen: Scan 800.0 nm →
190.0 nm; Data Interval 0.50 nm; Number of Cycles 1; Cycle Time 0.10 s; Scan
Speed 960; Smooths Points 2.
250
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E., Shinkai, I., Thomas, E. J. and B. M. Trost, Editorial Board. Science of Synthesis,
Houben-Weyl Methods of Molecular Transformations. Stuttgart; New York: Georg
Thieme Verlag, 2004: 188.
274
__________________________________
V
Anhang
__________________________________
A
Abbildungsnachweis
Nummer
Bildquelle
I-1
© A. Boetius, Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen (D), 2004
I-2. a), b)
© IFM GEOMAR, Christian-Albrechts-Universität, Kiel (D), 2004
I-3
© M. Goenrich, Max-Planck-Institut für Terrestrische Mikrobiologie, Marburg (D), 2005
I-5. a)-d)
© A. Boetius, Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen (D), 2004
I-6
© P. Michaelis, IFBM Universität Hamburg / JAGO Team, Hamburg (D), 2004
I-7. a), b)
© W. Michaelis, IFBM Universität Hamburg / JAGO Team, Hamburg (D), 2004
I-14. a), b)
© Merck, Darmstadt (D), 2005
I-14. c)
© M. Woodruff, Thermo ELECTRON CORPORATION, 2003
Die Photographien auf dem Deckumschlag entsprechen den Nummern I-5. a) sowie
I-7. a). Alle übrigen Abbildungen und Graphiken wurden vom Verfasser der vorliegenden Dissertation selbst angefertigt oder stammen aus den jeweils angegebenen Veröffentlichungen beziehungsweise aus Vorträgen innerhalb der Arbeitsgruppe Jaun.
V Anhang
B
275
Abkürzungen und Symbole
α
Selektivitäts-/Trennfaktor
[ α ]D23
spezifische Drehung (bei 23 °C und 589 nm)
A
Steigung
AMD
Automated Multiple Development
ANME
Anaerobic Methane-Oxidizing Archaea
AOM
Anaerobic Oxidation of Methane
b
barn (= 10−28 m2)
B
y-Achsenabschnitt
Bq
Becquerel
BuOH
Butanol
c
molare Konzentration
C
Commitment
CA
Chemical Abstracts
3-/4-CCA
α-Cyano-3/4-hydroxycinnamic Acid
CCD
Charged Coupled Device
CD
Circulardichroismus
cm
Massenkonzentration
CIP
Cahn-Ingold-Prelog
CoB
Coenzym B
CoM
Coenzym M
COSY
Correlated Spectroscopy
Cp
Cyclopentadienyl
δ
Chemische Verschiebung (bezogen auf einen Standard)
d
Dublett
DC
Dünnschichtchromatographie
D-CHAB
Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften
(ETH Zürich)
DCTB
trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2-propenyliden]-malonsäuredinitril
DEPT
Distortionless Enhancement by Polarization Transfer
V Anhang
276
DFT
Density Functional Theory
DMF
Dimethylformamid
DMG
Dimethylglyoximat
DMSO
Dimethylsulfoxid
DNP
Direct Nuclear Polarization
DQF
Double Quantum Filtered
ελ
molarer Extinktionskoeffizient
E0‘
Standard-Reduktionspotential bezogen auf pH 7.0
EDTA
Ethylendiamintetraacetat
EPR
Elektronenparamagnetische Resonanz
ES
Enzym-Substrat-Komplex
EtOH
Ethanol
FID
Free Induction Decay
FISH
Fluorescence-In-Situ Hybridization
FT
Fourier Transform
γ
gyromagnetisches Verhältnis
HAc
Essigsäure
HES
2-Hydroxyethansulfonsäure
HILIC
Hydrophilic Interaction Liquid Chromatography
HiRes
High Resolution
HLB
Hydrophilic-Lipophilic Balance
H4MPT
Tetrahydromethanopterin
H4SPT
Tetrahydrosarcinapterin
HMBC
Heteronuclear Multiple Bond Correlation
HPLC
High Performance Liquid Chromatography
HPTLC
High Performance Thin Layer Chromatography
HSQC
Heteronuclear Single Quantum Coherence
Hz
Hertz
ICP
Inductively Coupled Plasma
ICR
Ion Cyclotron Resonance
I. D.
Innerer Durchmesser
IPW
Institut für Pharmazeutische Wissenschaften (ETH Zürich)
IR
Infrarot
V Anhang
277
IUPAC
International Union of Pure and Applied Chemistry
J
Kopplungskonstante
λ
Wellenlänge
k
Geschwindigkeitskonstante
kcat
Wechsel-/Umsatzzahl des Enzyms
k'
Kapazitäts-/Retentionsfaktor
K
Gleichgewichtskonstante
KIE
Kinetischer Isotopeneffekt
KM
Michaelis-Konstante
KS
Dissoziationskonstante
L
Lyonium (hier: Protium oder Deuterium)
LA
Laser Ablation
LAC
Laboratorium für Anorganische Chemie (ETH Zürich)
LOC
Laboratorium für Organische Chemie (ETH Zürich)
LPC
Laboratorium für Physikalische Chemie (ETH Zürich)
m
Masse; Multiplett
m/z
Masse pro Ladung
M
Metall; molar (mol L−1)
M
Molekül
MALDI
Matrix Assisted Laser Desorption/Ionization
MCR
Methyl-Coenzym-M-Reductase
ME
Exaktes Molekulargewicht
MeCN
Acetonitril
MEd
Multiplicity-Edited
MeOH
Methanol
MeS
Methylsulfanyl
MFR
Methanofuran
MMTS
Methanthiosulfonsäure-S-methylester
MPI
Max-Planck-Institut
MR
Relatives Molekulargewicht
MS
Mass Spectrometry
MSA
Methansulfonsäure
MW
Molecular Weight
V Anhang
278
N
Trennstufenzahl
NMR
Nuclear Magnetic Resonance
NOE
Nuclear Overhauser Effect
NOESY
Nuclear Overhauser Enhancement and Exchange Spectroscopy
OCC
Open Column Chromatography
OES
Optical Emission Spectrometry
ORD
Optische Rotationsdispersion
p
preparative
P
Produkt
p. a.
pro analysi
PDB ID
Protein Data Bank Identity
PGC
Porous Graphitized Carbon
PVC
Polyvinylchlorid
Φ
Fraktionierungsfaktor
ppb
parts per billion (= 1 · 10-9)
ppm
parts per million (= 1 · 10-6)
q
Quartett
quint
Quintett
r
Korrelationskoeffizient
rpm
revolutions per minute
R
Auflösung
Rf
Retentionsfaktor
ROESY
Rotating Frame Nuclear Overhauser Effect Spectroscopy
RP/WAX
Reversed Phase/Weak Anion Exchange
Rs
chromatographische Auflösung
RSD
Relative Standard Deviation
s
Singulett
S
Substrat
SES
2-Sulfanylethansulfonsäure
SF
Sector Field
Si
Lösungsmittelstärke
SIMS
Secondary Ion Mass Spectrometry
SNG
Synthetic Natural Gas
V Anhang
279
SPE
Solid Phase Extraction
SRB
Sulphate-Reducing Bacteria
SRN
radikalisch-nucleophile Substitution
t
Triplett
tR
Gesamtretentionszeit
T
Übergangszustand
TFA
Trifluoressigsäure
TFE
2,2,2-Trifluorethanol
THF
Tetrahydrofuran
TLC
Thin Layer Chromatography
TOCSY
Total Correlation Spectroscopy
TOF
Time Of Flight
TRIS
Tris(hydroxymethyl)-methylamin
(= 2-Amino-2-(hydroxymethyl)-1,3-propandiol)
TROSY
Transverse Relaxation Optimized Spectroscopy
U
Unit (= 1 µmol min−1)
ÜZ
Übergangszustand
UV/VIS
Ultraviolet/Visible
Vmax
Maximalgeschwindigkeit des Enzyms bei Substratsättigung
VPDB
Vienna PeeDee Belemnite
v/v
volume per volume (Volumenprozent)
w/v
weight per volume
w/w
weight per weight (Massenprozent)
WAX
Weak Anion Exchange
x
Molenbruch
ZP
Zwischenprodukt
V Anhang
C
280
Elektronische Datenverarbeitung
Diese Dissertation wurde mit Hilfe von Adobe® FrameMaker® 7.2 erstellt, unterstützt in
erster Linie durch folgende Spezialprogramme:
♦
Adobe® Acrobat® 7.0 Standard
♦
Adobe® Illustrator® CS2
♦
Adobe® Photoshop® CS2
♦
CS ChemDraw Pro® 5.0
♦
GEPASI v3.30
♦
maXus
♦
Microsoft Office XP Professional
♦
PLATON
♦
SPARKY v3.112
♦
TOPSPIN v1.3
V Anhang
D
281
Publikationen
Artikel in Fachjournalen:
♦
Hinderberger, D., Ebner, S., Mayr, S., Jaun, B., Reiher, M., Goenrich, M., Thauer,
R. K. and J. Harmer. Coordination and binding geometry of methyl-coenzyme M in
the red1m state of methyl-coenzyme M reductase. J. Biol. Inorg. Chem. 2008; 13:
1275-1289.
♦
Mayr, S., Günther, D., Jaun, B. and W. B. Schweizer. Sodium 2-mercaptoethanesulfonate monohydrate (coenzyme M sodium salt monohydrate). Acta Cryst. 2008;
E64: m1476-m1477.
♦
Mayr, S., Latkoczy, C., Krüger, M., Günther, D., Shima, S., Thauer, R. K., Widdel, F.
and B. Jaun. Structure of an F430 Variant from Archaea Associated with Anaerobic
Oxidation of Methane. J. Am. Chem. Soc. 2008; 130.32: 10758-10767.
V Anhang
282
Poster, Vorträge:
♦
Mayr, S. Progress in the Structure Elucidation of F430X. Short lecture for the Seminar RG Thauer. July 10th-15th. Hirschegg: 2005.
♦
Mayr, S., Krüger, M., Shima, S., Thauer, R. K., Widdel, F. and B. Jaun. 172-MeSF430: A Modified Ni Corphinoid Associated with Anaerobic Oxidation of Methane.
Poster for the Gordon Research Conference "Vitamin B12 & Corphins". September
18th-23rd. Oxford: The Queen‘s College, 2005.
♦
Finazzo, C., Hinderberger, D., Harmer, J., Schweiger, A., Piskorski, R., Mayr, S. and
B. Jaun. Mikroorganismen stellen Methan her − was können wir von ihnen lernen? /
EPR-Spektroskopische Untersuchungen zur Katalyse der Methanherstellung, Teil 1
+ 2. Posters for the 150th Anniversary of ETH Zurich. November 14th-19th. Zurich:
ETH Zurich, 2005.
♦
Mayr, S. and B. Jaun. On the Structure of F430X: Chromatographic Challenges and
Proof of Sulfur Content by ICP-MS. Short lecture for the Seminar RG Thauer. September 10th-15th. Hirschegg: 2006.
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