Research Collection Doctoral Thesis Part 1 Struktur einer neuartigen Variante von Cofaktor F430 Author(s): Mayr, Stefan Publication Date: 2009 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-005908504 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For more information please consult the Terms of use. ETH Library DISS. ETH Nr. 18549 I Struktur einer neuartigen Variante von Cofaktor F430 II Protoneninventar der Methyl-Coenzym-M-Reductase III Weitere Studien zur Wirkungsweise von F430 ABHANDLUNG zur Erlangung des Titels DOKTOR DER WISSENSCHAFTEN der ETH ZÜRICH vorgelegt von Stefan Mayr Diplom-Biologe der Universität Konstanz geboren am 3. Februar 1972 aus Deutschland Angenommen auf Antrag von Prof. Dr. Bernhard Jaun, Referent Prof. Dr. Donald Hilvert, Korreferent Prof. Dr. Jörg Heilmann, Korreferent 2009 Was ist Wahrheit? In Sachen der Religion: die Meinung, die überlebte Meinung. In den Dingen der Wissenschaft: die letzte Entdeckung. In der Kunst: unsere letzte Stimmung. Oscar Wilde (1854 - 1900) III Vorwort An erster Stelle geht ein ganz besonderer Dank an meinen Doktorvater, Professor Bernhard Jaun, für das entgegengebrachte Vertrauen und die mir gebotene einmalige Chance, als Diplom-Biologe am Laboratorium für Organische Chemie der ETH Zürich promovieren zu können. Dabei denke ich nicht nur an die unzähligen Stunden in seinem Büro, angefüllt mit geduldigen „Privatlektionen“ zu allen möglichen Aspekten der Chemie, sondern auch an den jedem Doktoranden gewährten großen persönlichen Freiraum sowie die für mich sehr gewinnbringende Zuteilung didaktischer Aufgaben bei der Ausbildung von Studenten. Ungemein profitieren konnte ich nicht zuletzt von seinen umfassenden Kenntnissen im IT-Bereich, seiner handwerklichen Geschicklichkeit im Labor und unseren zahlreichen Diskussionen zu allen möglichen Wissengebieten auch außerhalb der Chemie. Besonders für seine wertvollen Ratschläge sowie die immer großzügig gewährte Unterstützung bei jeder gebotenen Gelegenheit bin ich ihm sehr verbunden. Gleich im Anschluß daran danke ich den Professoren Donald Hilvert (LOC) und Jörg Heilmann (Universität Regensburg) vielmals für ihr freundliches Entgegenkommen, ihr Interesse an meiner Arbeit und die bereitwillige Übernahme der Korreferate. Mit wertvollen Ratschlägen zu Synthesefragen wurde ich ferner unterstützt von den Professoren Hans-Jürg Borschberg und Albert Eschenmoser (LOC), mit entscheidenden Hinweisen zu chromatographischen Techniken wiederum von Professor Hansruedi Altorfer (IPW). Bei der Bearbeitung nomenklatorischer Fragestellungen konnte ich mich stets auf die freundliche und kompetente Anleitung durch Dr. Engelbert Zass (D-CHAB, Infozentrum Chemie Biologie Pharmazie) verlassen. Der interdisziplinäre Ansatz dieser Dissertation setzte eine Vielzahl von wissenschaftlichen Kooperationen voraus. So sind an vorderster Stelle Professor Rudolf K. Thauer, PD Dr. Seigo Shima, Reinhard Böcher und Dr. Meike Goenrich (MPI für Terrestrische Mikrobiologie, Marburg, D) zu nennen, die uns kostbares Probenmaterial aus Tauchexpeditionen im Schwarzen Meer zur Verfügung stellten und mein Projekt von Anfang an tatkräftig unterstützten, nicht zuletzt im Rahmen der auch persönlich sehr anregenden Seminarwochen in Hirschegg (A). Vorwort IV Professor Detlef Günther, PD Dr. Christopher Latkoczy und Kathrin Hametner (LAC) leisteten wichtige Beiträge bei der Mikroelementanalyse. Wertvolles Bildmaterial zur Biologie und Ökologie von methanoxidierenden Anaerobiern stellten uns Professor Walter Michaelis (IFBM Universität Hamburg, Hamburg, D) und Professor Antje Boetius (MPI für Marine Mikrobiologie, Bremen, D) großzügig zur Verfügung. Aufgrund der nur in äußerst geringen Mengen verfügbaren Extrakte waren entsprechend leistungsfähige spektrometrische und spektroskopische Verfahren erforderlich. So bin ich Dr. Walter Amrein und seinen Mitarbeitern Louis Bertschi, Oswald Greter, Rolf Häfliger und Oliver Scheidegger vom MS-Service des LOC für ihre Präzisionsarbeit sehr verpflichtet. Rolf Häfliger verdanke ich auch die professionelle photographische Dokumentation einer Vielzahl von Dünnschichtchromatogrammen. Die Schwierigkeiten bei der Messung von Substanzen im milli- und submillimolaren Konzentrationsbereich wurden durch Brigitte Brandenberg, Dr. Marc-Olivier Ebert, Rainer Frankenstein und Philipp Zumbrunnen vom NMR-Service des LOC hervorragend gelöst. Insbesondere Brigitte Brandenberg verdanke ich meisterhaft kalibrierte und integrierte Spektren von Methan-Isotopologen. Ohne die tatkräftige Unterstützung durch Dr. Till Kühn, Dr. Rainer Kümmerle und Dr. Detlef Moskau von der Firma Bruker Biospin AG (Fällanden, CH) wäre die Strukturaufklärung der Cofaktor-F430-Variante nicht möglich gewesen. Besonderen Dank schulde ich Thomas Mäder (LOC) für seine unverzichtbare und immer geduldig gewährte Hilfestellung bei der Bewältigung zahlreicher technischer Probleme im HPLC-Bereich. Von Dr. Rod McIlwrick (Merck KGaA, Darmstadt, D) und Claudio Chiavi (Macherey-Nagel AG, Basel, CH) erhielten wir darüber hinaus wertvolle Hinweise zum effizienten Einsatz und zur fachgerechten Regeneration von Chromolith®- bzw. Nucleodur®-Phasen. Engagiert unterstützt wurden wir auch von Guido Grassi (LPC) bei der GC-Analyse von Methan-Stickstoff-Gemischen, während Dr. Georg Seyfang (LPC) uns bereitwillig eine Druckflasche mit Monodeuteromethan zur Verfügung stellte. Dr. Jürg Gertsch (IPW) wiederum erlaubte uns dankenswerterweise die Benützung des Linomat-IV-Applikators für die präparative Dünnschichtchromatographie. Die Mikroelementaranalyse von Coenzym-M-Derivaten wurde zuverlässig ausgeführt von Peter Kälin und Michael Schneider (LOC). Vorwort V Schlußendlich wäre diese Dissertation auch nicht möglich gewesen ohne die hervorragende Infrastruktur am D-CHAB, allen voran die wissenschaftlichen Werkstätten, der Chemie- und Pharma-Schalter sowie die Glasbläsereien von ETH und Universität Zürich. Zuletzt und doch an prominenter Stelle möchte ich noch meinen Kollegen Markus Beck, Sieglinde Ebner, Dr. Zeena Johar, Dr. Raveendra Mathad und Silvan Scheller für das gute Arbeitsklima, den freundschaftlichen Gedankenaustausch sowie die vielseitige Unterstützung im Laufe meines Doktorates vielmals danken. Finanziert wurde die vorliegende Doktorarbeit durch Fördermittel des Schweizerischen Nationalfonds (Stipendium Nr. 200020-111650). VI Zusammenfassung Teil I dieser Dissertation liegt die bis ins Jahr 2002 zurückreichende Entdeckung von Michaelis et al. zugrunde, daß Mikrobenmatten in der Umgebung von kalten Methanquellen am Grund des Schwarzen Meeres über die Fähigkeit verfügen, in einem als AOM benannten Prozeß Methan anaerob mittels Sulfat zu Kohlenstoffdioxid zu oxidieren. Dabei enthalten diese vor allem aus sulfatreduzierenden Bacteria und methanoxidierenden Archaea vom ANME-1- und ANME-2-Typ bestehenden Konsortien zwei mengenmäßig markante Proteine, welche große sequentielle Ähnlichkeit zur MethylCoenzym-M-Reductase (MCR) aus methanogenen Archaea aufweisen. MALDI-TOFAnalysen ergaben klar, daß neben dem schon hinreichend charakterisierten hydrocorphinoiden Cofaktor F430 (m/z 905) eine um 46 Da schwerere Modifikation in etwa vergleichbarem Umfang vorliegt. Diese F430-Variante (m/z 951) zeigte in ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften wie Oxidierbarkeit zu F560, Epimerisierung in Positionen 12/13, Methylierung der Pentacarbonsäure, Anzahl von aciden Gruppen mit H-/D-Austausch sowie MS-Fragmentierungsmuster weitestgehende Übereinstimmung mit Cofaktor F430. Mittels hochauflösender MALDI-ICR-MS und Mikroelementanalyse durch LA-ICP-SF-MS konnte das 46-Da-Fragment eindeutig als CH2S identifiziert werden, vorliegend als Methylsulfanyl-Gruppe, jedoch nicht als acider Thiomethyl-Rest. Nach erschöpfender Veresterung der Cofaktoren mit MeOH wurden die Einzelkomponenten vollständig über HPLC an RP-Chromolith®-Phasen aufgetrennt, was im analytischen Maßstab 80 nmol (≅ 78 µg) reinen Pentamethylester lieferte, gerade ausreichend, um dessen Konstitution als 172-MeS-F430Me5 zu bestimmen. Erst die Verfügbarkeit einer Chromolith®-Säule für semipräparative Trennungen ermöglichte es, jeweils 500-600 nmol beider 172-Epimere wiederum als Pentamethylester aufzureinigen und deren Konstitution wie Konfiguration eindeutig als (172S)-172-MeSF430Me5 beziehungsweise als (172R)-172-MeS-F430Me5 festzulegen (vgl. Abb. A). Durch Separation eines unveresterten Rohextrakts in zwei Stufen, zunächst semipräparativ über Chromolith® und dann analytisch über Hypercarb®, konnte schließlich auch die freie Pentacarbonsäure der F430-Modifikation definitiv als (172S)-172-MeSF430 identifiziert werden. Neben UV/VIS- und CD-Spektroskopie kamen hierfür spezi- Zusammenfassung VII elle NMR-Techniken für die Analyse von Mikromengen zum Einsatz, unter Verwendung von Shigemi-Meßröhrchen und Kryo-Probenköpfen. Die Unterdrückung der Paramagnetismus-induzierten Signalverbreiterung und -verschiebung gelang letztendlich für die Pentamethylester in CD2Cl2 mit 20 Vol.% 2,2,2-TFE wesentlich besser als für die Pentacarbonsäuren in reinem 2,2,2-TFE. Bestätigt wurden die NMR-Strukturzuordnungen durch HPLC-Koinjektionen von Esterhydrolysaten und freien Pentasäuren für die jeweiligen Diastereomere in Position 172. Aufgrund des hohen Trennfaktors für diese Epimere auf der Hypercarb®-Säule war es schließlich auch möglich, die Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen (172S)-172-MeS-F430 und (172R)-172-MeS-F430 unter Säurekatalyse zeitabhängig zu verfolgen. Dabei stellt die 172S-Form eindeutig die biogene Cofaktor-F430-Modifikation dar, während es sich bei dem nach Äquilibrierung zu rund 80 % vorhandenen und somit thermodynamisch begünstigten 172R-Isomeren um ein Isolierungsartefakt handelt, entstanden durch saure Aufarbeitung der Mikrobenmatten. RO O RO O O H2N O O O H2N O 3 B 3 OR 8 O OR 8 N 1 Ni ClO4 10 C 15 17 171 H N N 17 N N D O S RO C 15 13 OR 3 172 ClO4 10 19 13 O H3C Ni 20 19 D H B N 1 20 RO 5 A N N HN H 5 A H O HN H O RO H O 17 171 OR 173 172 O O H3C S RO O R = H: (172S)-172-MeS-F430 R = H: (172R)-172-MeS-F430 R = CH3: (172S)-172-MeS-F430Me5 R = CH3: (172R)-172-MeS-F430Me5 Abb. A Nach neueren Erkenntnissen enthalten die AOM-aktiven Konsortien stets Archaea mit hinlänglich bekanntem Cofaktor F430 (in Protein II) und mit der entsprechenden (172S)-172-MeS-Modifikation (in Protein I), und zwar in unterschiedlichen Verhältnissen. Somit liegt nahe, daß der erste Schritt in der anaeroben Aktivierung von Methan eine Methylsulfanylierung in Position 172 nicht notwendig voraussetzt. Freilich lassen Zusammenfassung VIII die weitgehenden Übereinstimmungen in den spektroskopischen Eigenschaften von Cofaktor F430 und dessen Methylsulfanyl-Variante keine großen Unterschiede im sonstigen physikochemischen Verhalten wie insbesondere den Reduktionspotentialen Ni(II)/Ni(I) beziehungsweise Ni(III)/Ni(II) erwarten. Allerdings erfordern genauere Untersuchungen in dieser Richtung die Verfügbarkeit größerer Mengen an Rohextrakten oder die Ausarbeitung einer entsprechenden Partialsynthese. Modelliert man die α-Kette von Protein I zusammen mit der MeS-Gruppierung in die Röntgenstruktur einer inaktiven Ni(II)-Form von MCR I, so kommen alle bekannten Aminosäure-Mutationen von Protein I in einer Cystein-reichen α-Helix zum Vorschein, welche teleskopartig exakt in Richtung der Methylsulfanyl-Funktion zeigt. Wahrscheinlich spielt diese Substruktur eine Schlüsselrolle für den H+/e− -Transport von der Oberfläche der MCR zum redoxaktiven Ni-Zentrum. Teil II dieser Arbeit befaßt sich mit dem Protoneninventar des Enzyms MCR im Hinblick auf verschiedene derzeit postulierte Mechanismen. Als Konsequenz aus dem von Pelmenschikov et al. in den Jahren 2002/2003 vorgeschlagenen Reaktionszyklus über Methyl-Radikal und Ni(II)-Thiolat folgt, daß das vierte Wasserstoffatom des Methans − im Gegensatz zu den übrigen diskutierten Mechanismen − direkt aus der Abstraktion eines H-Atoms von CoB−SH stammt. Andernfalls könnte der fragliche Wasserstoff als Proton von H2O, Tyrosin−OH oder Lactam−NH im aktiven Zentrum geliefert werden, während Cystein-Seitenketten als Donatoren zu weit entfernt wären. Sulfanyl-Gruppen zeigen im Gegensatz zu Hydroxy- oder Amino-Funktionen einen ausgeprägt tiefen Fraktionierungsfaktor im Bereich von 0.40-0.45, was durch NMRspektroskopische Untersuchungen an Coenzym B und Coenzym M in H2O:D2O-Gemischen bestätigt wurde. Theoretisch erwartet man für Protonenübertragungen über Thiole eine maximale Deuteriumabreicherung für 50-60 Vol.% D2O im Reaktionsansatz. Anhand einer Eichgerade erwies es sich als erfolgreich, für Präparationen von MCR I das Verhältnis der Methan-Isotopologen CH3D/CH4 in der Gasphase abhängig vom D2O-Molenbruch des Mediums im Bereich von 20 bis 96 Vol.% D2O zu bestimmen. Nach Lösen der Gase in CDCl3 wurden die entsprechenden 1H-NMR-Signale integriert, wie Abbildung B-1 für eine Mischung von CH3D (Triplett) und CH4 (Singulett) im Verhältnis 40:60 (v/v) zeigt. Die am Enzym tatsächlich gemessene Deuterium-Abreicherung in der Gasphase entspricht jedoch einem Fraktionierungsfaktor von 0.27 Zusammenfassung IX (vgl. Abb. B-2), wobei die Methanbildungsrate mit zunehmender D2O-Konzentration nur gering schwankt. Legt man eine geordnet ablaufende Bisubstrat-Reaktion der MCR zugrunde, so erlauben die Simulationen zur Reaktionskinetik zwei Lösungsansätze, um die beobachteten Phänomene zu beschreiben. In beiden Fällen dient obligatorisch eine Sulfanyl-Gruppe als Wasserstoffdonator für die Freisetzung von Methan, wobei Ansatz 1 einen kleinen kinetischen Isotopeneffekt von 1.5 auf kcat, einen offenen ternären Komplex sowie ein hohes Kommitment mit langsamer Bindung von CoB an den binären Komplex postuliert. Ansatz 2 hingegen beruht auf einem spezifischen Gleichgewichts-Isotopeneffekt für die Bindung von CoB, einen zum umgebenden Medium hin abgeschirmten ternären Komplex und einem niedrigen Kommitment << 1 mit um 50 % erhöhten KM-Wert für CoB−SD im Vergleich zu CoB−SH. Molenbruch von CH3D 1.000 0.900 Molenbruch von CH3D im Experiment 0.800 Molenbruch von CH3D berechnet für ) = 0.27 0.700 Molenbruch von CH3D berechnet für ) = 1.00 0.600 0.500 0.400 0.300 0.200 0.100 0.000 0.00 0.20 0.40 0.60 0.80 1.00 Molenbruch von D2O Abb. B-1 Abb. B-2 Von höchster Relevanz schlußendlich ist die Beobachtung zu werten, daß für D2OKonzentrationen ≥ 96 Vol.% neben CH3D auch CH2D2 entsteht und daß die MethylGruppe des Substrates CH3−CoM monodeuteriert wird, beides signifikant im hohen einstelligen Prozentbereich. Inwieweit dies die Reversibilität der Methanogenese beziehungsweise die anaerobe Methanaktivierung durch MCR belegt, muß durch künftige Experimente im Detail abgeklärt werden. Kleinere Einzelprojekte im Rahmen dieser Dissertation finden sich in Teil III zusammengefaßt. So beschreibt Abschnitt A die Synthese eines Methyldisulfanyl-Derivates Zusammenfassung X von Coenzym M, um MCR in der aktiven Ni(I)-Form mit einem sterisch möglichst ungehinderten Disulfid reagieren zu lassen. Die besondere Schwierigkeit bei der Herstellung von Natrium-2-methyldisulfanylethansulfonat besteht darin, daß unter alkalischen Bedingungen ein rascher Thiolat-Disulfid-Austausch ausschließlich zum thermodynamisch begünstigten CoM-Homodisulfid führt. In wäßrigem methanolischem Reaktionsmedium unter Einsatz von Methanthiosulfonsäure-S-methylester als Methylsulfenium-Donor konnte das gewünschte Produkt in hoher Ausbeute (> 85 %) erhalten werden. Abschnitt B umfaßt die Röntgenstrukturanalyse von Natrium-2-sulfanylethansulfonat Monohydrat, entstanden in kristalliner Form durch Diffusion von Ethanoldampf auf eine gesättigte, stark saure Lösung von Coenzym M als freie Säure und Na-Salz in Wasser. Abbildung C verdeutlicht dabei die oktaedrisch-verzerrte Koordinationsgeometrie des Natrium-Ions (Na9). Interessanterweise liegen die Schwefel-Atome der gezeigten Kristallform in antiperiplanarer Konformation vor, bei einer kürzlich beschriebenen unhydratisierten Form hingegen synclinal. Abb. C Abschnitt C beinhaltet Versuche zur De-/Transmetallierung von Ni(II)F430Me5. Nachdem die Anwendung von Liganden wie EDTA oder Dimethylglyoxim mit hoher Affinität zu Ni(II) keinen Erfolg gezeigt hatte, wurde Ni(II)F430-Pentamethylester in Zusammenfassung XI THF schrittweise mit Natriumamalgam zur Ni(I)-Spezies und darüber hinaus teilweise zu einer bislang unbekannten, höchst instabilen Ni(I)F430−•-Form reduziert. Unter leichtem Überdruck eingeleitetes Kohlenstoffmonoxid bewirkte großenteils ein Verschwinden der charakteristischen Ni(I)F430-Absorptionsbande, wobei auch der ursprüngliche Ni(II)F430-Chromophor nach Zugabe von hydratisiertem Zinkperchlorat und vollständiger Reoxidation nur zu einem geringen Teil regeneriert wurde. Aufarbeitung in saurer Natriumperchlorat-Lösung lieferte die typischen MS-Signale für die den Dihydro-Tetramethylester und Dihydro-Pentamethylester von Cofaktor F430 sowie jeweils für deren Monocarbonyl-Derivate. Eine mögliche Substitution von Ni(II) durch Zn(II) ließ sich allerdings nicht detektieren. XII Summary Part I of this PhD thesis is based on the discovery made by Michaelis et al. in 2002 that microbial mats collected at cold seeps in the Black Sea carry out anaerobic oxidation of methane (AOM) to carbon dioxide using sulphate as electron acceptor. These microbial consortia, predominantly consisting of sulphate-reducing bacteria and methaneoxidizing archaea of the ANME-1 and ANME-2 type, contain large amounts of two proteins that are close homologues of methyl-coenzyme M reductase (MCR) from methanogenic archaea. MALDI-TOF mass analysis clearly revealed that apart from the well characterized hydrocorphinoid F430 (m/z 905) a 46 Da heavier modification (m/z 951) of this cofactor was present in comparable amounts. In its physicochemical properties such as oxidizability to F560, epimerization at positions 12/13, methylation of the pentacarboxylic acid, number of acidic groups for H/D exchange and MS fragmentation patterns, this F430 variant closely resembles cofactor F430 to a large extent. Highresolution MALDI-ICR MS and microelemental analysis via LA-ICP-SF MS pointed to CH2S for the 46-Da fragment, existing as a methylsulphanyl group instead of an acidic thiomethyl residue. After exhaustive methylation of the crude isolates, its components were completely separated and purified by HPLC using RP-Chromolith® phases. On an analytical scale we obtained 80 nmol (≅ 78 µg) of a pure pentamethyl ester, just sufficient to determine its constitution as 172-MeS-F430Me5. When a Chromolith® column for semipreparative purposes became available, 500 to 600 nmol of each 172-epimer were purified again as pentamethyl esters and structurally elucidated as (172S)-172-MeS-F430Me5 and (172R)-172-MeS-F430Me5 (see Fig. A). Without preceding esterification, separation of another crude isolate in two steps enabled us to identify the F430 variant in its free pentaacid form as (172S)-172-MeS-F430, semipreparatively via Chromolith® and analytically via Hypercarb®. For this purpose, to complement UV/VIS and CD spectroscopy, special NMR techniques for microsamples were applied, including Shigemi tubes and cryoprobes. Paramagnetism-induced line broadening and shifts in the NMR spectra could be suppressed to a greater extent for the pentamethyl esters in CD2Cl2 containing 20 vol.% 2,2,2-TFE than for the pentacarboxylic acids in pure 2,2,2-TFE. Summary XIII The comprehensive NMR analyses were confirmed by HPLC coinjections of ester hydrolyzates and free pentaacids for the corresponding 172-diastereoisomers. The Hypercarb® column showed a remarkably high separation factor for these epimers, allowing us to determine the time-dependent establishment of thermodynamic equilibrium between (172S)-172-MeS-F430 and (172R)-172-MeS-F430 under acidic conditions. The (172S) isomer definitely represents the biogenically occurring albeit thermodynamically less stable F430 modification, whereas the (172R) form (80 % at equilibrium) is an isolation artifact generated under acidic preparation of cofactor-containing extracts from the calcium carbonate-encrusted mats. RO O RO O O H2N O O O H2N O 3 B 3 OR 8 O OR 8 N 1 Ni ClO4 10 C 15 17 171 H N N N RO O H O S RO C 15 13 OR O H3C N 13 2 ClO4 10 19 D 173 17 Ni 20 19 D H B N 1 20 RO 5 A N N HN H 5 A H O HN H 17 171 172 O O H3C O OR 173 S RO O R = H: (172S)-172-MeS-F430 R = H: (172R)-172-MeS-F430 R = CH3: (172S)-172-MeS-F430Me5 R = CH3: (172R)-172-MeS-F430Me5 Fig. A According to recent knowledge, microbial communities carrying out AOM always contain the well-known cofactor F430 (protein II) as well as the corresponding (172S)172-MeS variant (protein I) in varying proportions. Therefore it seems reasonable to conclude that methylsulphanylation of the hydrocorphinoid macrocycle at C172 is not necessary for catalytic function in the first step of anaerobic methane oxidation. Certainly, the spectroscopic similarities of both cofactors suggest only small differences in their physicochemical properties, especially with regard to the Ni(II)/Ni(I) and Ni(III)/Ni(II) reduction potentials. More detailed investigations into this topic, however, would require larger amounts of crude extract from microbial mats or a suitable semisynthesis of (172S)-172-MeS-F430 from cofactor F430. Summary XIV Modelling the α-chain of protein I together with the modified cofactor F430 into the X-ray structure of an inactive Ni(II) form of methyl-coenzyme M reductase reveals that all known amino acid mutations of protein I are located along an α-helix rich in cysteine and directly pointing towards the MeS residue. This substructure might play a key role for H+/e− transport from the surface of MCR to the redox-active Ni centre. Part II of this thesis deals with the proton inventory of MCR as a test for some plausible enzyme mechanisms currently postulated. According to the catalytic cycle via methyl radical and Ni(II) thiolate as proposed by Pelmenschikov et al. in 2002/2003 and unlike other mechanisms discussed, the fourth hydrogen atom of methane has to originate directly from the abstraction of H• from CoB−SH. Alternative hydrogen sources, however, could include H2O, tyrosine−OH or lactam−NH at the active site, whereas cysteine−SH can be ruled out because no such residue is close enough to participate. In contrast to hydroxy or amino groups, sulphanyl residues exhibit a remarkably low fractionation factor of 0.40 to 0.45, which could be confirmed by NMR analysis of coenzyme B and coenzyme M dissolved in mixtures of H2O and D2O. Theoretically, for proton transfers via thiols, a maximum depletion of deuterium would be expected for 50 to 60 vol.% D2O in the aqueous medium. The ratio of the methane isotopologues CH3D/CH4 in the headspace gas over MCR-I containing assays was determined as a function of the molar fraction of D2O (20 to 96 vol.%) in the medium. After dissolving the gases in CDCl3, the corresponding 1H-NMR signals could be integrated with high precision as shown in Fig. B-1 for a mixture of CH3D (triplet) and CH4 (singlet) in a ratio of 40:60 (v/v). The observed deuterium depletion can be accurately simulated using an apparent fractionation factor of 0.27 (see Fig. B-2), whereas the rate of total methane formation for increasing concentrations of D2O varied only within experimental error. Taking a simple ordered bisubstrate mechanism for MCR as a basis, our simulations showed two possible solutions consistent with the experimental results. In both cases a sulphanyl group is mandatory as hydrogen donor for the release of methane. Solution 1 reveals a small kinetic isotope effect of 1.5 on kcat, an open ternary complex and a high commitment with CoB binding slowly to the binary complex. Solution 2 is characterized by a specific equilibrium isotope effect on the binding of CoB, a ternary complex shielded from exchange with surrounding medium, a low commitment << 1 and by a KM value for CoB−SD about 50 % higher than for CoB−SH. Summary XV Finally and of particular relevance, for D2O concentrations of ≥ 96 vol.% we observed additionally the formation of CH2D2 and of a monodeuterated methyl group in the substrate CH3−CoM, both significant and in the high single-digit percentage range. How far these findings prove the reversibility of methanogenesis and the anaerobic activation of methane by MCR, respectively, has to be elucidated by further detailed experiments. Molar Fraction of CH3D 1.000 0.900 Molar fraction of CH3D in experiment 0.800 Molar fraction of CH3D, calculated for ) = 0.27 0.700 Molar fraction of CH3D, calculated for ) = 1.00 0.600 0.500 0.400 0.300 0.200 0.100 0.000 0.00 0.20 0.40 0.60 0.80 1.00 Molar Fraction of D2O Fig. B-1 Fig. B-2 Some additional projects for this PhD thesis are summarized in Part III, Sections A to C. Section A comprises the synthesis of a methyldisulphanyl derivative of CoM, a sterically unhindered disulfide suitable as substrate for MCR in its active Ni(I) form. Preparation of sodium 2-methyldisulphanylethanesulphonate caused some challenges, since a rapid thiolate-disulfide exchange under alkaline conditions resulted in the thermodynamically more favourable coenzyme-M homodisulfide. In aqueous methanol using S-methyl methanethiosulphonate as methylsulfenium donor, the desired product was obtained in high yield (> 85 %). Section B describes the X-ray structural analysis of sodium 2-sulphanylethanesulphonate monohydrate, produced in crystalline form by vapour diffusion of ethanol into a saturated, strongly acidic solution of coenzyme M and its sodium salt in water. Figure C illustrates the distorted octahedral coordination geometry around a sodium ion (Na9). Interestingly, the sulphur atoms in the depicted crystal are positioned in an antiperi- Summary XVI Fig. C planar conformation, whereas an unhydrated form published recently shows a synclinal arrangement. Finally Section C deals with experiments towards the de- and transmetalation of Ni(II)F430Me5. Because the use of ligands with high affinity to Ni(II) such as EDTA or dimethylglyoxime was not successful, Ni(II)F430 pentamethyl ester in THF was gradually reduced by sodium amalgam to Ni(I) and furthermore to a hitherto unknown and very labile Ni(I)F430−• species. After introducing carbon monoxide under slight overpressure, the characteristic absorption band of Ni(I)F430 disappeared. The original F430(II) chromophore was regenerated only partially by adding zinc perchlorate hydrate, followed by complete reoxidation. Workup in an acidic solution of sodium perchlorate led to MS signals typical for the dihydro-tetramethyl- and dihydro-pentamethyl esters of cofactor F430 as well as for their monocarbonyl derivatives. However, the hoped for substitution of Ni(II) by Zn(II) could not be detected. XVII Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII I Struktur einer neuartigen Modifikation von Cofaktor F430 . . . . 1 1 Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Methan: einfachster Vertreter der Kohlenwasserstoffe . . . . . . . 1 1.1.1 Globale und interstellare Bedeutung . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.2 Biotische und abiotische Entstehung . . . . . . . . . . . . . 5 1.1.3 Abbau in der Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.1.4 Aerobe und anaerobe Oxidation durch Mikroorganismen . . . . . . 12 1.1.5 Aktivierung durch Metallkomplexe im Labormaßstab . . . . . . . 23 1.1.6 Großtechnische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.2 Metalloporphyrinoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.2.1 Vorkommen und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.2.2 Cofaktor F430: Struktur, Nomenklatur und Koordinationschemie . . . 33 1.2.3 Eisen-, Nickel- und Cobalt-Komplexe im Vergleich . . . . . . . . 39 1.3 Chromatographische Trenntechniken . . . . . . . . . . . . . 43 1.3.1 Fließmitteloptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1.3.2 Dünnschichtchromatographie . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1.3.3 Hochleistungs-Flüssigchromatographie . . . . . . . . . . . . 48 1.4 Massenspektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1.4.1 Größen, Einheiten und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . 55 1.4.2 Matrix-unterstützte Laserdesorptions-Ionisation . . . . . . . . . 55 1.4.3 Plasma-basierende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1.5 NMR-Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1.5.1 Paramagnetische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1.5.2 Kryo-Probenkopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1.5.3 Shigemi-Meßröhrchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Inhaltsverzeichnis XVIII 1.6 Elektrophile α-Methylsulfanylierung zyklischer Ketone . . . . . . . 64 2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.1 TLC- und HPLC-Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.2 Derivatisierung der Cofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . 71 2.3 Chromatographische Aufarbeitung der Rohextrakte . . . . . . . . 74 2.4 Spektroskopische und spektrometrische Charakterisierung . . . . . 78 2.4.1 UV/VIS, CD. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2.4.2 MALDI-TOF-/-ICR-MS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2.4.3 LA-ICP-SF-MS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2.4.4 NMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2.5 172-Epimerisierung der MeS-Variante . . . . . . . . . . . . . 108 2.6 Versuche zur Semisynthese der F430-Modifikation . . . . . . . . 112 3 Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3.1 Analytik von Cofaktor F430 . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3.2 Biochemische Relevanz der MeS-Variante . . . . . . . . . . . 116 3.3 Semisynthetische Methylsulfanylierung 4 Experimenteller Teil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.1 Dünnschichtchromatographie . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.2 Bakterienmatten: Isolate Nr. 1-4 . . . . . . . . . . . . . . . 122 4.3 Entsalzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4.4 Veresterung der Rohextrakte . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.5 Hydrolyse von Cofaktor-F430-Pentamethylestern . . . . . . . . . 126 4.6 Epimerisierung am MeS-Substituenten 4.7 HPLC von F430-Pentacarbonsäuren und -methylestern . . . . . . 127 4.8 UV/VIS-, CD-Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4.9 MALDI-Massenspektrometrie . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.10 LA-ICP-SF-MS 4.11 NMR-Spektroskopie 4.12 Partialsynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.13 Labormaterial . . . . . . . . . . . . 119 . . . . . . . . . . . . 126 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Inhaltsverzeichnis XIX II Protoneninventar der Methyl-Coenzym-M-Reductase . . . . . . 138 1 Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1.1 Kristallstruktur von MCRox1-silent und MCRsilent . . . . . . . . . . . 138 1.2 Gegenüberstellung der beiden MCR-Isoenzyme . . . . . . . . . 141 1.3 Katalytische Eigenschaften der MCR . . . . . . . . . . . . . 142 1.4 Lösungsmittel-Isotopeneffekte . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1.4.1 Vergleich zwischen H2O und D2O. . . . . . . . . . . . . . . 148 1.4.2 Fraktionierungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1.4.3 Kinetische und thermodynamische Effekte . . . . . . . . . . . 154 1.4.4 Besonderheiten bei Enzymen . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1.4.5 Enzymatische Spaltung von C−H-Bindungen . . . . . . . . . . 159 1.4.6 Modellierung enzymatischer Isotopeneffekte 1.5 CH3-Metabolismus von Methanosarcina barkeri . . . . . . . . . 162 2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2.1 Bestimmung des Fraktionierungsfaktors für Thiole . . . . . . . . 163 2.2 Analyse von Gemischen aus Methan-Isotopologen . . . . . . . . 171 2.3 Simulationen zur Reaktionskinetik der MCR . . . . . . . . . . . 179 3 Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3.1 Fraktionierungsfaktoren, Methan-Analytik 3.2 Schlußfolgerungen zum Reaktionsmechanismus . . . . . . . . . 191 4 Experimenteller Teil 4.1 Synthese von Coenzym B . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4.2 Fraktionierungsfaktor für R−SH 4.3 Isolierung und Aufreinigung von MCR I . . . . . . . . . . . . 198 4.4 Bestimmung der Protein-Konzentration . . . . . . . . . . . . 200 4.5 Aktivitätstest für MCR I 4.6 Ansatz in D2O . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 4.7 Eichung von CH4-/CH3D-Mischungen . . . . . . . . . . . . . 202 4.8 Analyse der wäßrigen Phasen 4.9 Überprüfung des D2O-Gehaltes . . . . . . . . . . . . . . . 203 4.10 Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4.11 Labormaterial . . . . . . . . . . 161 . . . . . . . . . . . 189 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 . . . . . . . . . . . . . . . 196 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 . . . . . . . . . . . . . . . 202 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Inhaltsverzeichnis XX III Weitere Studien zur Wirkungsweise von F430 . . . . . . . . . 212 A Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat . . . . . . . . . . 212 1 Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . 212 1.1 Charakteristika der MCR in Gegenwart von Polysulfanen . . . . 212 1.2 Herstellung von Diorganodisulfanen . . . . . . . . . . . . 214 1.3 Sulfan-Disulfan-Austauschreaktionen . . . . . . . . . . . 216 B 2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 3 Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4 Experimenteller Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat . . . . . . . . 223 1 Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . 223 1.1 Biochemische Eigenschaften von Coenzym M . . . . . . . . 223 1.2 Kristallisationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . 223 C 2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 3 Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 233 4 Experimenteller Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester . . . 236 1 Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . 236 1.1 Dekomplexierung von makrozyklischen Tetrapyrrolen . . . . . 236 1.2 Fällung und Komplexierung von Nickelionen . . . . . . . . 238 1.3 Neutronenaktivierung von Nickel-haltigen Verbindungen . . . . 239 2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 3 Diskussion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 245 4 Experimenteller Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 IV Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 V Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 A Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 B Abkürzungen und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 C Elektronische Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 280 D Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1 __________________________________ I Struktur einer neuartigen Variante von Cofaktor F430 __________________________________ 1 Grundlagen und Methodik 1.1 Methan: einfachster Vertreter der Kohlenwasserstoffe 1.1.1 Globale und interstellare Bedeutung Methan als Anfangsglied der homologen Alkanreihe ist der mengenmäßig relevanteste Kohlenwasserstoff in der Atmosphäre der Erde sowie der Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, wird auch außerhalb unseres Sonnensystems angetroffen und war Bestandteil der irdischen Uratmosphäre. Neben den gewaltigen Methan-Mengen in Erdgaslagerstätten werden darüber hinaus größere Vorkommen im Erdinneren vermutet. Umwelteinträge ergeben sich beim anaeroben Abbau von Cellulose und anderen organischen Substanzen durch methanogene Archaea, wobei von den auf rund 600 Mio. t/a geschätzten biogenen Emissionen 10-30 % aus Pflanzen stammen könnten. Man differenziert zwischen einerseits natürlichen Methan-Quellen wie ♦ Feuchtgebieten (Sumpfgas), ♦ Ozeanen + Seen, ♦ Termiten + anderen Insekten, und andererseits anthropogenen Quellen wie I Grundlagen und Methodik ♦ Reisfeldern, ♦ Fermentation + Viehhaltung, ♦ Biomassevergärung, ♦ Abfallmanagement (Deponien, Kläranlagen), ♦ fossilen Brennstoffen (Erdöl-/Erdgasförderung, Steinkohleabbau). 2 Beim Auftauen von Permafrostböden erwartet man große Methan-Emissionen durch thermische Zersetzung von Methanhydraten (CH4 • xH2O) und zusätzliche MethanGärung. Was wichtige Senken im globalen Methan-Budget anbelangt, so wird dieser Kohlenwasserstoff durch radikalische Reaktionen in der Atmosphäre sowie mikrobiellen Abbau ausgetragen (siehe Abschnitte I 1.1.3, I 1.1.4). Sogenanntes „trockenes“ Erdgas aus reinen Erdgas-Lagerstätten besteht aus Methan, wenig Ethan und Wasser in freier Form oder als Clathrat gebunden. „Nasses“ Erdgas aus Erdöllagerstätten hingegen enthält noch größere Mengen höhermolekularer Kohlenwasserstoffe bis zu Heptan sowie CO2, H2S, He und N2. Erdgas aus Kondensat- und Destillatlagerstätten wiederum ist in erheblichem Umfang durch höhersiedende Komponenten (> 7 C-Atome) ausgezeichnet. Mit einem durchschnittlichen Gehalt von 80-90 % CH4 stellt Erdgas die wichtigste anthropogene Methanquelle dar, hervorgegangen aus fetthaltigen tierischen und pflanzlichen Organismen. Allerdings sprechen auch einige Hypothesen dafür, daß Erdgas aus größeren Tiefen, wie es häufig in tektonisch aktiven Gebieten zutage tritt, nichtbiologischen beziehungsweise vulkanischen Ursprungs sei. Die thermogene Entstehung von Erdöl und Erdgas, welche im Schwarzen Meer auch heute noch fortdauert, ging wahrscheinlich von anoxischem Tiefenwasser in Randzonen und Meeresbuchten aus, wobei der hohe Salzgehalt abgestorbene Organismen vor der völligen Zersetzung zu H2O, CO2, NH3 und H2S schützte (siehe Abb. I-1). Stattdessen wurden die Fette beim anaeroben Abbau des Sapropels (Faulschlamms) hydrolysiert und die Fettsäuren anschließend unter Druck und erhöhter Temperatur zerlegt, mit Beteiligung katalytisch wirksamer Tonmineralien. Darauf folgt die Stufe des Kerogens als größten Reservoirs an organisch-terrestrischer Substanz, welches unter anderem n-Alkane, Olefine, Isoprenoide, Vanadium- und Nikkel-Porphyrine enthält, dessen genaue Struktur und Entstehung aber gegenwärtig noch unklar sind. Nachdem man lange Zeit davon ausgegangen war, daß Erdöl von Mikroorganismen nicht verstoffwechselt werden kann, sind inzwischen einige Hefe- I Grundlagen und Methodik 3 Biomasse THERMOGEN 0,1-1 % > 99 % in Sedimenten / Gesteinen S Ko elek nse tiv rvi e eru ng Kerogen ~2% Kohlenwasserstoffe Dru Hit ck, z Zei e, t MIKROBIELL Mig O2 rat i on ~ 0,5 % Erdöl Erdgas CO2 ABIOTISCH CH4 Neptun Abb. I-1. Methan-Vorkommen im globalen und interstellaren Maßstab. und Bakterienarten bekannt, welche dieses Substrat heterotroph verwerten (vgl. Deckwer et al., 2008). Bei genauerer Betrachtung ozeanischer Systeme entsteht das Methan in Sedimenten und hat einen benthischen Ursprung. Dessen Oxidation unter anaeroben Bedingungen erfolgt in marinen Sedimenten und Gewässern, unter aeroben Verhältnissen dagegen an der benthischen Grenzschicht und innerhalb der Wassersäule. Die mikrobielle Methanoxidation besitzt dabei den größten Einfluß auf das aquatische Budget noch vor Gasfreisetzung in die umgebende Atmosphäre. Gegenüber dem VPDB-Standard ist biogenes Methan massiv an 13C abgereichert, mit δ13C-Werten < −50 ‰, thermogenes und abiotisches Methan hingegen deutlich schwerer mit δ13C > −50 ‰. Die Konzentration an freiem Methan in der Wassersäule des Schwarzen Meeres beträgt etwa 3 µM in einer Tiefe von 200 m und strebt für > 600 m einem Sättigungswert von ≈ 11 µM zu. Eine weltweite Abnahme der δ13C-Signatur von organischem Material vor ca. 2.7 Mrd. Jahren gilt als Argument für Methanotrophie und folglich für eine frühe Oxygenierung der Erdatmosphäre (vgl. Michaelis et al., 2002: 1013). I Grundlagen und Methodik 4 a Temperatur / °C 0 2 4 6 8 10 12 14 16 0 Freies Gas + Wasser 100 2 200 1 Wassertiefe / m 300 400 A 500 600 Gashydrat + Wasser B 700 C 800 3 900 1000 b H2O CH4, H2S, CO2 Abb. I-2. a) Stabilitätsbereich von Methanhydraten innerhalb des Segmentes ABC im Schnittbereich der Graphen 1 (Hydratstabilitätsgrenze), 2 (Temperatur-Wassertiefe-Funktion) und 3 (Geotherme); b) Clathratbildung aus H2O-Dodekaedern und eingeschlossenen Gasen. Aus Abbildung I-2 b kann man den Aufbau von Methanhydraten oder − chemisch korrekt − Methanclathraten entnehmen, welche anhand ihrer Reflektoreigenschaften durch seismische Untersuchungen identifiziert werden können. Diese Komponenten finden sich häufig entlang von Kontinentalrändern in 600-3000 m Tiefe und bilden ein I Grundlagen und Methodik 5 enormes Methan-Reservoir, wobei aktuelle Schätzungen von 3000 Gt Kohlenstoff in Clathraten und 2000 Gt in Methanblasen ausgehen. Rund 5000 Gt C entsprechen in etwa der Gesamtmenge an fossilen Brennstoffen weltweit und dem 1500fachen Methan-Vorrat in der Atmosphäre. Methanhydrate stehen im Mittelpunkt des Interesses unter klimatischen Aspekten, als Stabilisatoren unterseeischer Kontinentalhänge sowie als mögliche Energiequellen der Zukunft. Die Existenz von Gashydraten ist nur in einem relativ kleinen Segment zwischen Meeresboden und Wassersäule gegeben, eingeschränkt von der Hydratstabilitätsgrenze, der Temperatur-Wassertiefe-Funktion und der geothermischen Wärme (siehe Abb. I-2 a). Somit muß ein dynamisches Reservoir zwischen Bildung und Zersetzung von Methanhydraten vorliegen, welches auf eine permanente Methan-Zufuhr angewiesen ist und gleichzeitig durch Methanoxidation eingeschränkt wird, da die Hydratstabilität Werte für c(CH4) von 100-200 mM erfordert. Blickt man auf die δ13C-Werte des in Clathraten gebundenen Methans aus dem Golf von Mexiko und dem Kaspischen Meer, so liegt klar ein biogener Ursprung vor, stellenweise unter Beteiligung thermogener Prozesse. Isotopenbestimmungen (δ13C und δ2H) an Hydrate-Ridge-Sedimenten vor der Küste von Oregon sprechen für eine Methanogenese aus CO2, wobei eine 14C-Konzentration unterhalb der Nachweisgrenze den fossilen Ursprung des eingeschlossenen Methans belegt (vgl. Reeburgh, 2007: 486-489, 491, 495 f., 505). 1.1.2 Biotische und abiotische Entstehung Methanogene verfügen weder über Katalase noch Superoxiddismutase und leben somit obligat anaerob, wobei einige Arten mit Hilfe der Rubredoxin-Oxidoreductase kurzzeitig Sauerstoff tolerieren können. Das natürlich gebildete Methan stammt zu 70 % aus Acetat, der Rest aus H2 und CO2. Man schätzt, daß bei der Mineralisation organischer Substanz bis zu 1.5 % des Kohlenstoffs zunächst als CH4 freigesetzt und erst später zu CO2 oxidiert wird, vor allem durch abiotische Vorgänge in der Atmosphäre (siehe Kapitel I 1.1.3). Alle methanogenen Mikroorganismen gehören zu den Archaea und werden in fünf Ordnungen eingeteilt: Methanobacteriales, Methanococcales, Methanomicrobiales, Methanopyrales, Methanosarcinales. Deren Substratspektrum ist eng begrenzt und beschränkt sich auf C1-Verbindungen (z. B. Formiat, Methanol) so- I Grundlagen und Methodik 6 wie Acetat als einzig abbaubare C2-Verbindung (Methanosarcinales). Viele Spezies wachsen darüber hinaus auch autotroph mit H2 und CO2, so daß deren Vergesellschaftung mit H2- und Acetat produzierenden Gärern am natürlichen Standort unmittelbar einleuchtet. Zusammen mit den Acetogenen bilden die Methanogenen die wichtigsten wasserstoffzehrenden Bakterien außerhalb des marinen Bereichs, wobei H2-Partialdrücke um 10−5 bar in der syntrophen Mischkultur einerseits die Energiekonservierung der Methanogenen gerade noch ermöglichen, andererseits die thermodynamisch ungünstige H2-Freisetzung der Acetogenen überhaupt erst erlauben. Dies erklärt auch, weshalb die Methanogenese in anoxischen marinen Sedimenten erst nach Erschöpfung der Sulfat-Vorräte beziehungsweise nach starker Verringerung der Sulfatreduktions-Rate ablaufen kann, da Sulfatreduzierer bekanntermaßen die MethanogenenSubstrate H2 und Acetat mit hoher Affinität aufnehmen. Neuerdings wird von einem bislang unbekannten Stoffwechselweg zur aeroben Methan-Produktion berichtet, welcher auf der Zersetzung von Methylphosphonat beruht (vgl. Reeburgh, 2007: 493, 509). Im Unterschied zu den restlichen vier Ordnungen der Methanogenen mit H2Kopplung finden sich bei den Methanosarcinales eine membranständige, Methanophenazin-gekoppelte Heterodisulfid-Re- ductase sowie zelluläre Cytochrome. Geht man von einem Monosaccharid als Kohlenstoffquelle aus, so bleiben den Methanbakterien als Ausbeute nur 1/3 mol ATP pro mol Kohlenhydrat, weshalb die Methanogenese im Vergleich mit anderen katabolischen Stoffwechselwegen wie Atmung oder Photosynthese einen recht inAbb. I-3. Isolierung von Methyl-Coenzym-MReductase aus Methanothermobacter marburgensis. effizienten Prozeß darstellt (vgl. Deckwer et al., 2008; Fuchs, 2007: 395-397, 398, 402). Aus den aufgelisteten Fakten wird sofort ersichtlich, warum für eine ergiebige Isolierung der MCR aus Methanothermobacter marburgensis (siehe Abb. I-3) dieser Organismus zuvor bei 65 °C und unter 80 % H2 / 19.9 % CO2 / 0.1 % H2S angezüchtet worden war (siehe auch Kapitel II 4.3). I Grundlagen und Methodik 7 Wie Abbildung I-4 verdeutlicht, führt die Reduktion von CO2 auf die Oxidationsstufe eines Ameisensäure-Amids zu dem isolierbaren Intermediat Formylmethanofuran, wobei das verantwortliche Enzym neben Molybdän einen Pterin-Cofaktor enthält. Die Formyl-Gruppe wird dann unter Freisetzung des CO2-Akzeptors Methanofuran (MFR) auf Tetrahydromethanopterin (H4MPT) übertragen, welches als Carrier der C1-Einheit während ihrer weiteren Reduktion über Methylidin- und Methylen- zu Methyl-H4MPT dient. Als Analoge zu Tetrahydrofolat mit vergleichsweise um 90-120 mV niedrigeren Redoxpotentialen agieren Tetrahydromethanopterin in den Methanobacteriales sowie dessen Derivate Tetrahydrosarcinapterin (H4SPT) in den Methanococcales / Methanosarcinales und Tatiopterin oder Thermopterin in den Methanomicrobiales (vgl. Thauer, 1998: 2383). Wasserstoff stellt dabei die eigentliche Quelle der Reduktionsäquivalente dar und wird seinerseits durch zwei unterschiedliche Hydrogenasen oxidiert, von denen die Nickel-freie Spezies das Deazaflavin F420 als primären Elektronenakzeptor benützt. Der terminale Methyl-Transfer von N5-Methyl-H4MPT auf Coenzym M (2-Thioethansulfonat) erfolgt in zwei Schritten über eine Transferase mit corrinoidem Cofaktor. In der Ordnung Methanosarcinales wird Acetat zuerst durch Phosphorylierung aktiviert und anschließend mit CoA−SH verestert. Der Ni-Fe-S-haltige Enzymkomplex der CO-Dehydrogenase zerlegt das Acetyl-CoA in zwei C1-Einheiten, aus deren Reihe das Kohlenstoffmonoxid zu CO2 oxidiert und die Methyl-Gruppe nach Übertragung auf Coenzym M reduziert wird. Für diese − formal betrachtet − innere Redoxreaktion des Acetats sind keine externen Reduktionsäquivalente notwendig. Methyl-Coenzym M repräsentiert das erste Zwischenprodukt, welches allen Stoffwechselwegen der Methanogenese unabhängig vom Ausgangssubstrat gemeinsam ist und schließlich unter Anwesenheit von Coenzym B (N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin) über MCR und dessen Cofaktor F430 das Endprodukt Methan freisetzt. Die Regeneration der beiden Thiole CoM und CoB erfolgt über eine Disulfid-Reductase, gekoppelt mit einer H2-oxidierenden Dehydrogenase. Betrachtet man die thermodynamischen Daten für die Einzelreaktionen der Methanogenese, so führen vor allem die beiden terminalen Prozesse, das heißt Methyl-CoM-Umsetzung sowie Disulfid-Reduktion, zum Aufbau elektrochemischer Gradienten (H+ / Na+) und liefern somit die wesentlichen Beiträge zur Freien Enthalpie ∆G0‘ der Gesamtreaktion von etwa −30 kJ pro mol Methan (vgl. Jaun, 1993: 288-294; Thauer, 1998: 2385). N CH 3 HN N 5 CH 3 10 Coenzym M reduktiver Teil 2e CO 2 Co H4 MPT Methyl -Transferasen Corrinoid Protein H2 /CO2 -Weg CH 3 10 CH 3 10 2e + 2 H N H CH 3 10 CH 3 HN MFR O C Me-H4 MPT bzw. Me-H4 SPT CO 2e + 2 H N 5 H 2C F420ox F420red N 5 N H N 5 C O H N Mo Molybdoenzym S SO 3 CH 4 SO 3 Fe gemeinsame Schlüsselreaktion Methyl-Coenzym-M-Reductase S HS-HTP H 3C Dehydrogenase 2e + 2 H S Ni HTP Ni S DisulfidReductase Fe H2 ADP "CH3 " CoA Acetat-Weg CO 2 CO CO-Dehydrogenase S CH3 COS-CoA Coenzym A CH 3COO- P Ni Fe ATP CH 3CO 2 Grundlagen und Methodik Abb. I-4. Übersichtsschema zur Methanogenese aus den Edukten CO2, Acetat und H2. CH 3CO 2 Hydrogenase Ni Fe und/oder Ni-freie Hydrogenasen H2 H O H 2O H C H4 MPT R I 8 I Grundlagen und Methodik 9 Aufgrund der enormen Individuenzahlen spielen Termiten im Kohlenstoffkreislauf der Natur eine entscheidende Rolle, zumal einige Arten beim Abbau von Lignocellulosen aus verholzten Zellwänden Methan freisetzen (siehe Abschnitt I 1.1.1). Holz wird dabei nach mechanischer Vorzerkleinerung in dem nur wenige Mikroliter umfassenden Termitendarm innerhalb kurzer Zeit metabolisiert. Durch das hohe Oberfläche-Volumen-Verhältnis beeinflußt der stetige Einstrom von O2 die mikrobiellen Vorgänge in der Peripherie, während im anoxischen Zentrum anaerobe Stoffwechselvorgänge wie Hydrogeno- und Methanogenese überwiegen. Die Spezies Methanobrevibacter cuticularis hat sich dabei auf die Übergangszone zwischen sauerstoffhaltigem und sauerstofffreiem Bereich spezialisiert und besitzt die Fähigkeit, O2 einerseits zu tolerieren und andererseits völlig aus seiner Umgebung zu entfernen. Der beim Holzabbau in großen Mengen entstehende Wasserstoff reduziert das ebenso anfallende Kohlenstoffdioxid teilweise zu Acetat, welches in Form von Acetyl-CoA als Grundbaustein anaboler Stoffwechselprozesse dient, und teilweise zu Methan (vgl. Pester and Brune, 2007). Die Komplexität der Mikrobenflora für die evolutiv höher stehende Termitengattung Nasutitermes, welche nicht über Cellulose-abbauende Protozoen verfügt, kann man aus der Metagenom-Analyse von Warnecke et al. (2007) entnehmen. Neuerdings geraten auch Methan-Emissionen von terrestrischen Pflanzen immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses, welche auf 62-240 Mio. t pro Jahr geschätzt werden. In einer Reihe von Labor- und Feldexperimenten zeigten Keppler et al. (2006), daß sowohl lebende als auch abgestorbene Landpflanzen in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung signifikante Methanmengen nach einem bislang unbekannten Mechanismus freisetzen. Durch Sterilisieren mit γ-Strahlung, Inkubieren unter oxischen Bedingungen und Zugabe von [2-13C]Acetat gelang es, Störungen infolge einer Methanogenese aus anaerober Acetat-Fermentation oder CO2-Reduktion auszuschließen. Die beobachtete 13C-Abreicherung (ca. −50 ‰) des CH4 spricht entweder für einen markanten kinetischen Isotopeneffekt oder für eine Verarmung im Ausgangssubstrat, entsprechend dem δ13C-Wert für den C1-Pool von Pflanzen − inklusive MethoxyGruppen in Pektinen und Lignin −, aus welchem auch CH3Cl und CH3OH in seneszenten Blättern hervorgehen. Was die abiotische Methanogenese anbelangt, so kommt neben dem Zerfall von Methan-Clathraten (siehe Abb. I-2) auch hydrothermalen Systemen eine entscheidende Bedeutung zu. Die Größenordnung des zugrundeliegenden Methan-Flusses reicht I Grundlagen und Methodik 10 aus, um diesen Kohlenwasserstoff in der Tiefsee in etwa 30 Jahren komplett auszutauschen, so daß mit Hinblick auf die atmosphärische Methankonzentration eine rasche mikrobielle Oxidation noch innerhalb der aquatischen Phase impliziert wird (siehe Kapitel I 1.1.3). Mikromolare H2- und CH4-Konzentrationen in Wasserproben aus dem östlichen Pazifik sprechen unter anderem für eine durch Meerwasser induzierte Serpentinisierung Eisen- und Mangan-haltiger Mineralien als eigentliche Methanquelle. Hierbei setzt die Oxidation von Fe(II)-Olivin zu Serpentin und Fe(III)-Magnetit Wasserstoff frei, welcher mit CO2 in Gegenwart von Eisen oder Eisenoxid als Katalysatoren bei 300 °C und 500 bar in einer Fischer-Tropsch-Reaktion zu CH4 führt: 6 [(Mg1.5Fe0.5)SiO4] + 7 H2O CO2 + 4 H2 3 [Mg3Si2O5(OH)4] + Fe3O4 + H2 (Gl. I-1) CH4 + 2 H2O (Gl. I-2). In der Tat bestätigten Experimente von Horita und Berndt (1999), daß unter hydrothermalen Bedingungen entstehende Fe-Ni-Komponenten die kinetisch gehemmte Bildung abiogenen Methans aus gelöstem Hydrogencarbonat katalysieren. Isotopeneffekte führten dabei zu δ13C-Werten für CH4 sowie zu Quotienten CH4/(C2H6+C3H8), welche eigentlich für mikrobiell erzeugtes Methan charakteristisch sind. Kohlenstoffmonoxid als Anhydrid der unter diesen Voraussetzungen thermodynamisch stabileren Ameisensäure ließ sich als Zwischenprodukt nicht detektieren. Olivin enthält in der Regel mehrere Tausend ppm Nickel, welche im Zuge der Serpentinisierung in Form von Awaruit (Ni3Fe) ausfallen und zusammen mit Nickel-Eisen-Sulfiden in der ozeanischen Kruste möglicherweise zur abiotischen Methanogenese in weit größerem Umfang als bislang angenommen beitragen. Ein prominentes Beispiel liefert das hydrothermale Feld „Lost City“ aus Warmwasserquellen und turmartigen Kalkschloten, welches im Jahr 2000 entdeckt wurde, rund 15 km vom Mittelatlantischen Rücken entfernt auf einer Breite von 30° Nord. Der bis zur Oberfläche des Meeresbodens angehobene Erdmantel reagiert mit dem Meerwasser, wodurch sich das Mantelgestein Peridotit exotherm zu Serpentinit umwandelt und zu warmen (40-75 °C), alkalischen (pH 9.0-9.8) Strömungen mit erhöhtem Wasserstoff- (0.25-0.40 mM) sowie Methan-Gehalt (0.18-0.28 mM) führt. Dabei türmen sich weiße Carbonat-Brucit-Strukturen bis zu einer Höhe von 60 m auf. Innerhalb der Schlote existieren dichte Populationen methanogener wie methanotropher Organismen, wo- I Grundlagen und Methodik 11 bei einige Stämme enge Verwandtschaft zu ANME-1-Archaea zeigen. δ13C-Werte für das gelöste Methan um −11 ‰ sprechen vielleicht für einen abiotischen Ursprung aus gelöstem anorganischem Kohlenstoff, dessen Alter bei über 50000 Jahren liegen muß, da 14C nicht mehr nachweisbar war (vgl. Kelley et al., 2005; Reeburgh, 2007: 494 f.). Weiterführende Daten bezüglich Isotopeneffekten bei Genese, Migration und Akkumulation von Methan im Erdgas sowie zur Löslichkeit von CH4-N2-Gemischen in wäßrigen NaCl-Lösungen liefern Harting et al. (1981). Im Labor gewinnt man Methan durch alkalische Disproportionierung von feinpulverigem Natriumacetat mit Natriumhydroxid oder über die Hydrolyse von Aluminiumcarbid mit Wasser. Neben der Gewinnung aus Erdgas spielt die sogenannte „Methanisierung“ im technischen Maßstab eine Schlüsselrolle, welche die heterogen − meist auf Nickel-Basis − katalysierte Umsetzung von Synthesegas gemäß CO + 3 H2 CH4 + H2O (Gl. I-3) ∆rH (673 K) = −211 kJ/mol beschreibt. Bei der hydrierenden Kohlevergasung wird alternativ Kohle mit H2 zu synthetischem Erdgas (SNG) umgesetzt. Kohlenstoffdioxid läßt sich ebenfalls entsprechend der Gleichung CO2 + 4 H2 CH4 + 2 H2O (Gl. I-4) ∆rH (673 K) = −170 kJ/mol in Methan überführen, so daß die Methanisierung allgemein bei vielen industriellen Prozessen zum Einsatz kommt, welche auf die Entfernung von CO und/oder CO2 aus Synthesegasen abzielen (vgl. Deckwer et al., 2008). 1.1.3 Abbau in der Atmosphäre Neben Kohlenstoffdioxid, Chlorfluorkohlenwasserstoffen und Lachgas gehört Methan zu den wichtigsten Treibhausgasen, da seine IR-Absorptionsbanden im Bereich des atmosphärischen Fensters liegen. Auf einen Zeithorizont von 100 Jahren bezogen be- I Grundlagen und Methodik 12 trägt sein GWP (Global Warming Potential) etwa 23, das heißt 1 g CH4 besitzt dieselbe Wirkung wie 23 g CO2. Auch beeinflußt die Methan-Konzentration über die OH•-Dichte den troposphärischen Abbau anderer Spurengase und erhöht den Wassergehalt der Stratosphäre, was zu einer Zunahme der Aerosolbildung mit negativen Auswirkungen auf die stratosphärische Ozon-Schicht führt. Aufgrund seiner langen Lebenszeit von 8.4 Jahren verteilt sich das Methan in der Troposphäre mit einem Maximum in höheren nördlichen Breiten und einem Minimum auf der Südhemisphäre. Gegenwärtig beträgt der Methangehalt der Atmosphäre 1.72 ppm, wobei die entsprechenden vorindustriellen Werte bei 0.66-0.75 ppm lagen und seit 1990 eine jährliche Zunahme von 8-10 ppb zu verzeichnen ist. Neben der Oxidation durch Mikroorganismen (siehe Kapitel I 1.1.4) wird Methan über zwei wichtige atmosphärische Senken ausgetragen: ♦ Oxidation mit Hydroxyl-Radikalen gemäß CH4 + OH• ♦ CH3• + H2O (Gl. I-5), Oxidation in der Stratosphäre durch Cl-Atome des ClOx-Zyklus sowie mit aktiviertem Sauerstoff gemäß CH4 + O* OH• + CH3• (Gl. I-6). Die schnellen Folgereaktionen sind komplex und führen über CH2O, CO, H2 und HCOOH zu H2O und CO2. Derzeit wird der Anteil steigender Methankonzentrationen am anthropogenen Treibhauseffekt auf 14 % geschätzt (vgl. Deckwer et al., 2008). 1.1.4 Aerobe und anaerobe Oxidation durch Mikroorganismen Methylotrophie definiert alle Mikroorganismen − Bakterien und Hefen −, welche fakultativ oder obligat C1-Verbindungen (Methan, Methanol, methylierte Amine, Dimethylether, Formaldehyd, Formiat) als alleinige Kohlenstoff- und Energiequelle nutzen. Obligat Methylotrophe (z. B. Methylococcus, Methylomonas) können dabei nur auf C1Verbindungen wachsen, fakultative Spezies (z. B. Pseudomonas spec., Rhodotorula spec.) hingegen auch auf Komponenten mit C−C-Bindungen wie Kohlenhydraten. Methan und Kohlenstoffmonoxid (→ Carboxidobakterien) werden nur von wenigen Spezialisten als Substrat verwertet, Kohlenstoffdioxid von der großen Gruppe der I Grundlagen und Methodik 13 chemolithoautotrophen sowie photosynthetisierenden Organismen. Die Energiegewinnung erfolgt bei methylotrophen Bakterien durch abhängige Oxidation von Methan (→ Methan-Monooxygenase) oder von Methanol (→ Pyrrolochinolinchinon-abhängige Methanol-Dehydrogenase), bei Pilzen durch eine NAD+-abhängige Methanol-Dehydrogenase. Allgemein laufen Prozesse zur Einzellerprotein-Gewinnung auf der Basis von Methanol mikrobiell und verfahrenstechnisch vorteilhafter ab. Zur Assimilation von C1-Körpern wird Formaldehyd in Bakterien durch Ribose-5-phosphat (→ Ribosemonophosphat-Zyklus) oder Glycin (→ Serin-Weg) fixiert, in Hefen jedoch mit Xylose-5phosphat zu Glycerinaldehyd-3-phosphat und Dihydroxyaceton umgesetzt. Einzig Methanbakterien verfügen über einen Mechanismus zur CO2-Assimilation über den reduktiven Acetyl-CoA-Weg, in dessen Verlauf chemisch gebundenes Kohlenstoffdioxid auf die Stufe des Methanols reduziert wird. Nach Carbonylierung von CH3−X zu Acetyl-CoA erfolgt letztendlich eine reduktive Carboxylierung zu Pyruvat als Ausgangssubstanz anaboler Stoffwechselwege (vgl. Deckwer et al., 2008). Betrachtet man die Redoxpotentiale (E0‘) der Spezies CO2/CH4 (−0.24 V), CH3SH/ CH4+H2S (+0.03 V), CH3OH/CH4 (+0.17 V), NO3−/NO2− (+0.43 V) und ferner von CH3•/ CH4 (+2.10 V), so wird klar, daß die Anaerobe Oxidation von Methan (AOM) zu Methanol durch Nitrat thermodynamisch ohne weiteres möglich ist. Der inerte Charakter dieses Kohlenwasserstoffs bedingt jedoch, daß ionische Umsetzungen nur in wasserfreien Medien unter drastischen Bedingungen (Supersäuren / Metallkomplexe) ablaufen. Für biologische Systeme liegen folglich radikalische Mechanismen nahe. Allerdings besitzt CH4 die höchste bekannte C(sp3)−H-Bindungsdissoziationsenergie (Gasphase: 440 kJ mol−1), so daß unter Standardbedingungen nur OH• (Gasphase: 497 kJ mol−1) mit Methan exergon reagiert. In aeroben methanotrophen Bakterien erfolgt die CH4-Aktivierung jedoch nicht über freie Hydroxyl-Radikale, sondern vielmehr durch hochvalente Metall-Oxo-Spezies in entsprechenden Enzymen. Aus diesen Erwägungen heraus hat man AOM-Prozessen über viele Jahre hinweg nur wenig Beachtung geschenkt, obgleich aus chemisch-mechanistischer wie technischer Sicht eine physiologische Alkan-Funktionalisierung in Abwesenheit von Sauerstoff höchstes Interesse verdient (vgl. Thauer and Shima, 2008: 158 f.). Nach gegenwärtigem Stand der Kenntnis wird ein Großteil (> 80 %) des weltweit produzierten Methans in marinen Sedimenten unter Ausschluß von Sauerstoff zu CO2 oxidiert, gekoppelt an dissimilatorische SO42−-Reduktion. Abbildung I-5 illustriert ver- I Grundlagen und Methodik 14 a b c d Abb. I-5. Verschiedene Ökotypi von ANME-Zellaggregaten aus Sedimenten im Schwarzen Meer (a), im Golf von Mexiko (b), am cascadischen Kontinentalrand (c), im Wattenmeer (d); Archaea in Rot, Sulfat-reduzierende Bakterien in Grün (Visualisierung mit FISH). schiedenartig strukturierte Konsortien aus methanoxidierenden Archaea und sulfatreduzierenden Bakterien, welche durch Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) mit Farbstoff-gekoppelten 16S-rRNA-Sonden identifiziert werden konnten. Häufig trifft man in Methanhydrat-reichen Ablagerungen mit hohen Raten Sulfat-basierender Methanoxidation auf Ökotypi, bei denen die Sulfatreduzierer dichte Aggregate aus etwa 100 Archaea-Zellen (2-3 µm Durchmesser) schichtförmig umgeben. Methan-Umsatzraten von > 5 mM d−1 lassen sich in Sedimenten am Hydrate Ridge berechnen, worin die Methankonzentration bei 4 °C und 80 bar Druck Werte von bis zu 80 mM erreicht. Die sulfatreduzierenden Symbionten gehören zu den δ-Proteobakterien in enger Ver- I Grundlagen und Methodik 15 wandtschaft zu den Genera Desulfosarcina/Desulfococcus, die zentralen Archaea zu den Clustern ANME-1/ANME-2/ANME-3, welche phylogenetisch am engsten mit Methanogenen der Ordnung Methanosarcinales korrelieren. Inwieweit diese Archaea auch selbst zur Sulfatreduktion befähigt sind, bedarf noch intensiver Forschung. Bislang wurde nur von wenigen prokaryontischen Symbiosen basierend auf metabolischer Wechselwirkung über direkten Zellkontakt berichtet, so beispielsweise über das Paar Nitrosomonas/Nitrobacter. Die niedrige δ13C-Signatur der SRB-Lipide kann am besten damit erklärt werden, daß die reverse Methanogenese zu einem organischen Zwischenprodukt führt, welches nicht nur gegenüber Sulfat als Elektronendonor fungiert, sondern auch eine zelluläre C-Quelle darstellt (vgl. Boetius et al., 2000; Hinrichs et al., 1999; Thauer and Shima, 2008: 160). Durch Kombination von Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung mit SekundärionenMassenspektrometrie (FISH-SIMS) gelang es Orphan et al. (2001), die 13C-Werte Methan-oxidierender Zellaggregate aus dem Eel River Basin (Kalifornien) in Abhängigkeit von der Penetrationstiefe des Cs+-Strahls zu bestimmen. Hochgradig 13C-abgereicherte Archaea (δ13C ≤ −96 ‰) im Inneren werden dabei von einer Schale sulfatreduzierender Bakterien (δ13C ≈ −70 ‰) umhüllt. Zusätzlich zu den syntrophen ANME-2/Desulfosarcina-Desulfococcus-Konsortien beobachtete man auch solitäre ANME-2-Archaea mit sehr niedrigen δ13C-Werten. Nähere Untersuchungen in Folge ergaben eindeutig, daß sowohl ANME-1- als auch ANME-2-Zellen monospezifische Aggregate bilden, wobei mögliche Quellen für Isolierungsartefakte (Ultraschallbehandlung etc.) ausgeschlossen wurden. Erstere scheinen dabei von Symbiosepartnern unabhängiger zu sein und auch tiefere δ13C-Signaturen aufzuweisen. Im Gegensatz zum Archaeon Archaeoglobus fulgidus, welches den Hauptteil seines Energiegewinnung durch Sulfatreduktion bestreitet und in der Wachstumsphase kleinere Mengen an Methan produziert, konnten die homologen Gene für dissimilatorische Sulfatreduktion in den ANME-Stämmen bislang nicht nachgewiesen werden (vgl. Orphan et al., 2002: 7667). Auch schlugen sämtliche Versuche fehl, die ANME-assoziierten Sulfatreduzierer axenisch zu kultivieren. Eventuell benötigen diese Organismen komplexe Kohlenhydratmischungen, entstanden aus Oxidationsprodukten der Archaea-Glycocalix (vgl. Thauer and Shima, 2008: 161). Nauhaus et al. (2002) demonstrierten mit Hilfe einer speziellen Druckapparatur, daß Sedimentproben aus dem Hydrate-Ridge-Gebiet (Nordostpazifik) unter strikt I Grundlagen und Methodik 16 anoxischen Bedingungen und definierter Salinität bei Zufuhr von Methan Sulfat zu Sulfid reduzieren und daß das molare Verhältnis von gelöstem CH4 zu gebildetem HS− annähernd 1:1 beträgt. Für die Suche nach freien extrazellulären Intermediaten zwischen Methanoxidierern und Sulfatreduzierern wurden H2, Formiat, Acetat oder Methanol zugegeben. Dabei kam in Abwesenheit von Methan die Sulfatreduktion weitgehend zum Erliegen, während unter Methanzufuhr die SO42−-Reduktionsrate praktisch keine Änderung aufwies. In energetischer Hinsicht ist zu beachten, daß ∆G0‘ für methanogene Archaea mindestens −10 kJ mol−1 und für Sulfatreduzierer mindestens −19 kJ mol−1 betragen muß, um ihren Stoffwechsel in situ aufrechtzuerhalten. Bezüglich einer Syntrophie zwischen Archaea und Bakterien bestünde auch die Möglichkeit, den Elektronentransfer extrazellulär über „Nanodrähte“ zu bewerkstelligen, was jedoch physischen Zell-Zell-Kontakt erfordert. Später konnten im Rahmen von Langzeitexperimenten anoxische Hydrat-Ridge-Sedimente aus einer Wassertiefe von 780 m über einen Zeitraum von 24 Monaten inkubiert werden. Innerhalb dieser Frist stieg die AOMRate von 20 auf 230 µmol Sulfid pro Tag und Gramm Sediment (Trockengewicht), und die nachgewachsenen Konsortien verfügten über dieselbe Morphologie aus zentralen Archaea und peripheren Sulfatreduzierern. Unter den gegebenen Bedingungen betrug die Verdopplungszeit der Assoziate rund sieben Monate, mit einer molaren AOM-Ausbeute von 0.6 g Zelltrockengewicht pro oxidiertem Mol Methan, so daß nur 1 % des verzehrten CH4 zur Synthese von Mikroben-Biomasse diente. Innerhalb des getesteten Bereichs (bis zu 14 bar) verhielt sich die Wachstumsrate annähernd linear zum Methan-Partialdruck, was einen apparenten KM-Wert für Methan von über 10 mM anzeigt. Bei diesem Druck betrug die spezifische AOM-Rate 10 nmol CH4 pro min und mg Zellen (Trockengewicht). Die Konzentrationen der für ANME-2-Archaea (Archaeol, Crocetan, Pentamethyleicosatrien) sowie Desulfosarcina-artigen Bakterien (11-Hexadecensäure) charakteristischen Biomarker nahmen ebenfalls zeitabhängig stark zu (vgl. Nauhaus et al., 2007). In Laboransätzen metabolisieren AOM-aktive Mikrobenmatten aus dem Schwarzen Meer das Substrat Methan (Partialdruck: 1 bar) bei einer spezifischen Rate von 1 nmol (min × mg Protein)−1, wohingegen die Methanogenese aus H2/CO2, Formiat, Methanol, Methylaminen und/oder Acetat bei spezifischen Raten von < 0.01 mU pro min und mg Protein abläuft. Somit liegt nahe, daß diese mikrobiellen Assoziate eher auf AOM ausgerichtet sind, obgleich man von simultaner Methan-Erzeugung und -Oxidation auch I Grundlagen und Methodik 17 im Zusammenhang mit kalten Methanquellen im Golf von Mexiko Kenntnis besitzt (vgl. Thauer and Shima, 2008: 161). Anhand genetischer Analyse ganzer Konsortien wurde gezeigt, daß methanotrophe Archaea homologe Sequenzen der Methyl-Coenzym-MReductase (MCR) und anderer Schlüsselenzyme der Methanogenese enthalten (vgl. Hallam et al., 2004). Auch ist die hemmende Wirkung von 2-Bromethansulfonat − eines klassischen Inhibitors der MCR − auf die AOM bekannt. Allerdings muß dieses Ergebnis relativiert werden, da 2-Bromethansulfonat zum einen auch Enzyme außerhalb der Methan-Metabolisierung hemmt und zum anderen einigen Methanogenen CoenzymM-Transporter in der Zellmembran fehlen, so daß der Inhibitor mit der cytoplasmatischen MCR nicht reagieren kann. Bis zu 10 % der extrahierten löslichen Proteine in den beschriebenen Mikrobenmatten setzen sich aus zwei Nickel-haltigen Proteinen mit einem für Cofaktor F430 typischen UV/VIS-Absorptionsspektrum zusammen, und zwar aus 7 % Protein I (F430-Variante) und 3 % Protein II (F430) (vgl. Krüger et al., 2003; Shima and Thauer, 2005). Über die N-terminalen Aminosäuresequenzen der drei Untereinheiten ließen sich die kodierenden Gene in einer Metagenom-Bibliothek der Matten identifizieren. Codon Usage und Tetranucleotid-Signatur der drei Gene im Cluster mcrBGA legten offen, daß Protein I durch das Genom des ANME-1-Archaeons kodiert wird, Protein II durch dasjenige des ANME-2-Archaeons. Außerdem ergab eine Immunogold-Markierung der Mikrobenmatten mit einem spezifischen Antikörper, daß beide ANME-Stämme das Enzym MCR auf hohem Niveau exprimieren (vgl. Thauer and Shima, 2008: 161 f.). Bislang kennt man in der Natur nur einen einzigen AOM-Prozeß, welcher mit einem zu Sulfat alternativen Elektronenakzeptor abläuft, und zwar die denitrifizierende Methanoxidation in Sedimenten aus dem Tweentekanaal (Niederlande), metabolisch gekoppelt an die Reduktion von Nitrat oder Nitrit zu N2: CH4 + SO42− HCO3− + HS− + H2O (Gl. I-7) ∆G0‘ = −21 kJ/mol 5 CH4 + 8 NO3− + 8 H+ 5 CO2 + 4 N2 + 14 H2O (Gl. I-8) 3 CO2 + 4 N2 + 10 H2O (Gl. I-9). ∆G0‘ = −765 kJ/mol CH4 3 CH4 + 8 NO2− + 8 H+ ∆G0‘ = −928 kJ/mol CH4 I Grundlagen und Methodik 18 Die Isolate bestanden zu 10 % aus methanotrophen Archaea des ANME-Clusters und zu 90 % aus Bakterien eines noch nicht beschriebenen Stammes. Bei einer Verdopplungszeit von > 100 Tagen oxidierten diese Methan mit einer spezifischen Rate von rund 2 nmol (min × mg Protein)−1 mit einem apparenten KM für CH4 von < 1 µM. Somit liegt die katalytische Effizienz (kcat/KM) der AOM mit Nitrat um einen Faktor > 10000 über dem entsprechenden Wert für die AOM mit Sulfat (KMapp > 10 mM). Markierungsversuche mit 13 CH4 ergaben jedoch, daß 13 C nur in die Bakterienlipide, nicht aber in Membranbestandteile der Archaea eingebaut wird und daß die ANME-Population innerhalb von 3-6 Tagen nicht proliferiert. Somit scheint eine Beteiligung der MCR an der denitrifizierenden AOM ausgeschlossen. Gegenwärtig ist immer noch die Frage zu klären, wie eine Alkan-Aktivierung durch N-haltige Elektronenakzeptoren mechanistisch abläuft, zumal die Redoxpotentiale (E0‘) der Paare NO/N2O (+1.17 V) und N2O/N2 (+ 1.36 V) deutlich unterhalb des Wertes für CH3•/CH4 (+2.10 V) liegen. In nichtwäßrigen Lösungsmitteln sind zwar elektrophile Substitutions- und Insertionsreaktionen von NO+ und NO2+ mit CH4 bekannt, für den Fall der denitrifizierenden AOM geht man jedoch von einem Glycyl-Radikal-Enzym aus, welches via Thiyl-Radikal dem Alkan ein H-Atom entreißt. Nach Reaktion mit Fumarat wird das entstandene Alkylsuccinat-Radikal mit einem Cystein-Rest abgesättigt, woraus sich Thiyl- und schließlich Glycyl-Radikal regenerieren. Die denitrifizierende AOM metabolisiert auch die Substrate Ethan, Propan und Butan, wobei die C−H-Bindungsdissoziationsenergie für sekundäre C-Atome mit ≈ 410 kJ mol−1 etwa 60 kJ mol−1 über dem Wert für die C−H-Bindung im GlycinRest der Alkylsuccinat-Synthetase liegt. Diese Differenz kann durch die Stabilisierung im Übergangszustand des Enzyms wettgemacht werden, erreicht aber bezogen auf Methan einen kritischen Bereich von ≈ 90 kJ mol−1. Daß Glycyl-Radikal-Enzyme ebenso wie die MCR funktionelle Dimere mit Halbseitenreaktivität darstellen und somit endergone mit exergonen Reaktionsschritten unmittelbar verknüpfen können (siehe Kapitel II 1.3), bietet die Möglichkeit, derart große Energiebeträge katalytisch zu überbrücken (vgl. Thauer and Shima, 2008: 160, 165 f.). Wie in Kapitel II 1.3 ausführlich besprochen wird, ist die MCR nur in ihrem Ni(I)-Zustand aktiv, mit einem Redoxpotential betragsmäßig rund 200 mV unter demjenigen der Wasserstoffelektrode bei pH 7.0. Da sich der Cofaktor F430 elektrochemisch vom umgebenden Medium nicht völlig isolieren läßt und selbst unter streng anoxischen Bedingungen langsam in seine Ni(II)-Form übergeht, erkennt man klar, weshalb die MCR I Grundlagen und Methodik 19 für AOM-Prozesse unter Beteiligung von Elektronenakzeptoren mit E0‘ > 0 V nicht geeignet ist. Dazu gehören Fe(III)/Fe(II) (+0.2 V), NO2−/NO (+0.34 V), Mn(IV)/Mn(II) (+0.41 V), NO3−/NO2− (+0.43 V), NO/N2O (+1.17 V) sowie N2O/N2 (+ 1.36 V). Redoxchemisch plausibel sind hingegen unter anderem die Paare S0/H2S (−0.27 V) und SO42−/HS− (−0.22 V) (vgl. Thauer and Shima, 2008: 159, 167 f.). Ethan, Propan und Butan als unmittelbare Folgeglieder in der homologen Alkanreihe zählen zu den Nebenkomponenten im Erdgas und sind in der Regel thermogenen Ursprungs (siehe Kapitel I 1.1.1), wobei Ethan und Propan auch aus mikrobiellen Prozessen hervorgehen können. Neben der aeroben Funktionalisierung kurzkettiger Kohlenwasserstoffe sind inzwischen auch sulfatreduzierende Bakterien aus Methanreichen Tiefsee-Arealen bekannt, welche sich mit Propan (Phylotypus: Desulfotomaculum) oder n-Butan (Phylotypi: Desulfosarcina/Desulfococcus) als alleinige Substrate bei 12/28/60 °C anreichern lassen. Ethan ermöglichte nur eine sehr langsame Sulfatreduktion, Isobutan hingegen kein Wachstum. Zu den detektierbaren Metaboliten des Propans gehören Iso- und n-Propylsuccinat, was eine Aktivierung dieses Alkans zentral und terminal unter Beteiligung von Fumarat nahelegt, analog zum vorgeschlagenen Mechanismus für die denitrifizierende AOM (vgl. Kniemeyer et al., 2007). Anoxische Meereszonen treten typischerweise in Tiefen von 200 m bis zu 1000 m auf, wo Sauerstoffmangel-Areale ([O2] < 0.5 mL L−1) die Kontinentalränder schneiden. In diesen Ökosystemen existieren abhängig von der Methankonzentration und den AOM-Raten weitere Organismengruppen, wie vor allem Matten der sulfidoxidierenden Bakteriengattung Beggiatoa sowie Muscheln der Gattungen Calyptogena und Acharax, deren Metabolismus auf kommensalen sulfidoxidierenden Bakterien im Kiemengewebe basiert (vgl. Reeburgh, 2007: 505). Darüber hinaus berichteten Fisher et al. (2000) von Gashydraten im Golf von Mexiko mit Erdöl-haltigen Zonen, deren Oberfläche von der bislang unbekannten Polychaeten-Spezies Hesiocaeca methanicola (2500 Individuen pro m2) besiedelt wird. Gewebeproben aus diesen 2-4 cm langen, rosafarbigen und Anoxie-toleranten „Methaneis-Würmern“ weisen auf chemoautotrophe Nahrungsquellen hin, unter anderem in Form von Sulfid-und Methan-kolonisierenden Bakterien. Es liegt nahe, daß diese wurmartigen Organismen mit ihren Parapodien lokale Wasserströmungen induzieren und damit zum Wachstum aerober chemoautotropher Bakterien sowie zur mechanischen Zersetzung der Methanhydrate beitragen. I Grundlagen und Methodik 20 Die im Rahmen dieser Dissertation bearbeiteten Mikrobenmatten stammen von einer Tauchexpedition im Schwarzen Meer. Dieser weltweit größte anoxische Wasserkörper (41-47° N, 28-42° O) mit einer Fläche von 4.23 × 105 km2 und einer maximalen Tiefe von 2200 m stellt ein Binnenmeer zwischen Osteuropa und Vorderasien dar, im Norden durch die Halbinsel Krim vom Asowschen Meer getrennt, im Süden über Bosporus, Marmarameer und die Dardanellen mit dem Ägäischen Meer verbunden. Das planktonreiche Wasser wird vor allem von den großen Flußsystemen Don, Dnjepr und Donau gespeist. Gemäß aktuellen geophysikalischen Daten führen tektonische Bewegungen gegenwärtig zu einer Verringerung der Nord-Süd-Ausdehnung. Während des Pleisto- und frühen Holozäns − vor ca. 10000 a − war das Schwarze Meer ein stabiles limnisches System mit oxygeniertem Süß- oder Brackwasser. Im Verlauf der holozänen Transgressionen strömte dann sintflutartig Salzwasser des Mittelmeeres über den Bosporus in das Schwarze Meer, was mit einer Wasserspiegelanhebung von mehr als 100 Metern in kurzer Zeit einherging. Dabei bildete sich eine stabile horizontale Schichtung mit stark salzhaltigem Tiefenwasser aus, welche durch den ständigen Eintrag an organischer Substanz ohne vertikale Sauerstoffzufuhr vor etwa 7500 Jahren die Basis für die heutigen anoxischen Verhältnisse legte. Das spezifisch schwerere Mittelmeerwasser mit einer Salinität von etwa 35 ‰ wirkt dabei quasi als Tiefsee-Heizung, so daß die Wassertemperatur an der Oberfläche (jahreszeitabhängig −2 °C bis 30 °C) in 60-80 m Tiefe auf ein Minimum (6 °C) sinkt, um am Meeresgrund einen Wert von 910 °C zu erreichen. Die Salinität des Oberflächenwassers beträgt 18 ‰ und steigt in der Tiefsee bis auf 22.4 ‰, der pH-Wert sinkt im gleichen Verlauf von 8.45 auf 7.90. Der Sauerstoffgehalt von 5-6 mL/L an der Oberfläche erreicht sein Maximum in einer Tiefe von 20-30 m und geht dann ab 125-150 m rasch gegen Null, während die Schwefelwasserstoff-Konzentration von 0.47 mL/L bei 200 m auf 5.80 mL/L in 2000 m Tiefe steigt. Durch Diffusion in höhere Schichten gelangtes H2S wird rasch zu Sulfat oxidiert (vgl. Karababa, 1964: 6-8; Kessler et al., 2006). Abbildung I-6 zeigt das Tauchboot JAGO für die Hauptexkursion in 230 m Tiefe auf dem Ukrainischen Festlandsockel. Die roten Punkte in der topographischen Wiedergabe des Schwarzen Meeres stehen für Zonen mit austretendem Erdgas, wobei die CH4-Geochemie durch den Eintrag fossilen − das heißt 14C-freien − Methans dominiert wird und die CH4-Konzentration im Wasserkörper von der Tiefenverteilung ausperlenden Methans sowie von der AOM als offenem System im Fließgleichgewicht abhängt I Grundlagen und Methodik 21 Hauptexkursion (Tiefe: 230 m) 180 200 220 240 260 0 28 JAGO 100 m Abb. I-6. Bemanntes Tauchboot JAGO: Expedition 2004 zu Methanquellen im Schwarzen Meer (R/V POSEIDON, Fahrt POS 317-2). (vgl. Kessler et al., 2006). Um die unter diesen Bedingungen herrschende Methankonzentration abzuschätzen, hat sich das von Duan und Mao (2006) entwickelte thermodynamische Modell bestens bewährt, welches für die Parameter Temperatur (282 K), Druck (20 bar) und Salinität (21 Gew.‰) eine CH4-Molarität von ≈ 33 mM ergibt. Im Verlauf mehrerer Tauchgänge entdeckte man im anoxischen Tiefenwasser ein Riff aus bis zu 4 m hohen und 1 m breiten mikrobiellen Strukturen, aufgebaut aus bis zu 10 cm dicken und im Inneren durch Carbonat-Ausfällungen stabilisierten Mikrobenmatten (siehe Abb. I-7 a). Aus feinen Öffnungen strömen dabei fortwährend Gasblasen in das umgebende Wasser, welche zu 95 % aus Methan mit δ13C-Werten von −62.4 ‰ bis −68.3 ‰ bestehen. Somit liegt ein biogener Ursprung mit sukzessiver Freisetzung aus tiefergelegenen Sedimenten nahe. Der Querschnitt in Abbildung I-7 b läßt zwei weiche Außenschichten aus grauschwarzen und bräunlich-pinkfarbigen Assoziaten erkennen, gestützt durch einen festen Kern aus porösen Carbonatgesteinen (Aragonit und Calcit mit bis zu 14 % MgCO3). Der Großteil dieser Strukturen besteht aus untereinander verbundenen, unregelmäßig verteilten Kavernen und Kanälen, gefüllt mit Meerwasser und I Grundlagen und Methodik 22 a b 20 cm Anaerobe Oxidation von Methan (AOM): direkte metabolische Kopplung methanotropher Archaea mit sulfatreduzierenden Bakterien (SRB) CH4 + SO42− → HCO3− + HS− + H2O (Sulfide ↓, CaCO3 ↓) Abb. I-7. Expedition 2001 GHOSTDABS (R/V PROFESSOR LOGACHEV): a) Carbonat-Krusten neben ausperlendem Methan; b) Querschnitt durch Stalagmiten-artige Kalk-Bakterien-Konglomerate mit schwarzen (→ Sulfide) und pink (→ Cytochrome) Assoziaten. Gasen. Offensichtlich wachsen die Mikroorganismen nicht auf vorgeformten Carbonaten, sondern induzieren vielmehr deren Bildung über metabolische Alkalisierung des umgebenden Mediums und dadurch erleichterte Präzipitation von ErdalkalimetallSalzen. Je nach Datierungsmethode wurde das Alter dieser Carbonate zu 700-2900 a ermittelt, wobei die 13C-Signaturen zwischen −25.5 ‰ und −32.2 ‰ liegen. Im Vergleich mit den entsprechenden Werten für gelösten anorganischen Kohlenstoff im Schwarzen Meer (−6.3 ‰ bis +0.8 ‰) spricht dies zweifelsohne für eine Carbonat-Bildung mehrheitlich aus der anaeroben Oxidation von Methan. Diesbezüglich ist noch zu bemerken, daß die aerobe Oxidation von CH4 gemäß CH4 + 2 O2 CO2 + 2 H2O (Gl. I-10) hingegen zu einer Acidifizierung des umgebenden Mediums führt und somit die Auflösung von Carbonaten begünstigen würde (vgl. Reeburgh, 2007: 503). I Grundlagen und Methodik 23 Innerhalb der beschriebenen Stalagmiten-artigen Gebilde unterscheiden sich schwarze und pinkfarbige Zonen insofern, als Erstere von ANME-2-Archaea dominiert werden, Letztere aber von ANME-1-Stämmen. Außerdem findet man den Diglycerolether sn-2-Hydroxyarchaeol fast ausschließlich in den schwarzen Matten. Markierungsexperimente mit 14CH4 und 35SO42− an Mattenproben im Labor bestätigten die 1:1Stöchiometrie zwischen AOM und Sulfatreduktion. Bei Inkubationsversuchen mittels 13 CH4 wiederum nahm δ13C von 2,6,10,15,19-Pentamethyleicosan mit steigendem Sät- tigungsgrad rapide ab, so daß die Biosynthese offenbar von mehrfach ungesättigten zu gesättigten Derivaten dieser Verbindung läuft. Gesamt gesehen machen Archaea des ANME-1-Clusters mindestens 70 % der Mikrobenmatten-Biomasse aus, wobei kokkoide Sulfatreduzierer der Desulfosarcina/Desulfococcus-Gruppe den Großteil der Bakterienpopulationen stellen. ANME-1-Zellen sind von zylindrischer Gestalt und stechen im UV-Licht durch Autofluoreszenz hervor, verursacht durch ihren Gehalt an Cofaktor F420. Sogar unter dem in 230 m Tiefe herrschenden Methan-Partialdruck von ≤ 20 bar wird ∆G der Sulfat-gekoppelten AOM einen Wert von −40 kJ mol−1 nicht überschreiten, so daß die zum Strukturerhalt der Matten oxidierte Methan-Menge diejenige des assimilierten Kohlenstoffs um mehr als eine Größenordnung übersteigen dürfte (vgl. Michaelis et al., 2002). 1.1.5 Aktivierung durch Metallkomplexe im Labormaßstab Generell versteht man unter der Aktivierung eines Alkans den Ersatz einer starken C−H-Bindung durch eine schwächere und leichter zu funktionalisierende Einheit. Dabei können Alkane − wie ihr Trivialname „Paraffine“ schon andeutet − im übertragenen Sinne als Edelgase der Organischen Chemie angesehen werden. Die Bindungsdissoziationsenergien sowohl für H2 als auch für CH4 liegen in der Gegend von 104 kcal mol−1, da es sich bei beiden Molekülen um vollständig gesättigte Komponenten ohne π- oder n-Elektronen handelt. Nach Shilov und Shul‘pin (1997) können Reaktionen zur C−H-Spaltung über Metallkomplexe in drei Hauptkategorien eingeteilt werden. Dabei beschreibt Klasse a die Bildung von σ-Organyl-Derivaten als Zwischen- oder Endprodukt, was entweder auf nucleophilem Weg in Form einer oxidativen Addition erfolgen kann I Grundlagen und Methodik R−H + Mn+ 24 R−M(n+2)+−H (Gl. I-11) oder auch durch elektrophile Substitution, gegebenenfalls über radikalische Intermediate: R−H + Mn+ R−Mn+ + H+ R−H + Mn+ R• + M(n−1)++ H+ (Gl. I-12) σ-R−Mn++ H+ (Gl. I-13). Metalle in hohen (Ti(III), Rh(III), Pt(IV), Pb(IV)) und niedrigen (Co(II), Ir(I), Ni(II), Pt(II)) Oxidationsstufen bevorzugen den nucleophilen Typ, während der elektrophile Mechanismus nur von hochoxidierten Spezies beschritten wird. Reaktionen der Klasse b sind dadurch gekennzeichnet, daß zu keiner Zeit eine σ-C−M-Bindung direkt entsteht, so beispielsweise bei der Hydroxylierung eines Alkans über einen hochvalenten OxoKomplex durch Cytochrom P450: R−H + O=Mn+ R• + HO−M(n−1)+ R−OH + M(n−2)+ (Gl. I-14). Bei Klasse c schließlich fördert ein Metallkomplex die Bildung reaktiver Spezies − meist von Radikalen − welche ihrerseits den Kohlenwasserstoff ohne direkte Beteiligung des Metalls angreifen. Dazu zählen die über Vitamin B12 induzierten 1,2-Umlagerungen am Kohlenstoffgerüst des Substrates. Intramolekulare Dreizentren-Zweielektronen-Bindungen zwischen Metall und einer Liganden-C−H-Gruppe bezeichnet man als agostisch. Mit Ausnahme von C(sp3)−HFragmenten nimmt hierbei die C−H-Bindungslänge um 5-10 % zu, und sowohl 1H- als auch 13 C-Signale im NMR-Spektrum werden ins Hochfeld verschoben. Gleichzeitig verringern sich die IR-Frequenzen der Valenzschwingungen auf 2700-2350 cm−1 (vgl. Shilov und Shul‘pin, 1997: 2880 f., 2884 f., 2895). Das klassische „Shilov-System“ beruht auf der Beobachtung, daß die Zufuhr von Pt(IV) zu einer wäßrigen Lösung von [PtCl4]2− mit Methan selektiv zu den Oxidationsprodukten Methanol und Methylchlorid führt. Diese Reaktion verläuft bezüglich Pt(II) katalytisch, erfordert aber leider stöchiometrische Mengen an Pt(IV), so daß trotz der milden Bedingungen eine praktische Verwertung aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Frage kommt. I Grundlagen und Methodik 25 Reduktive Eliminationen von Alkanen aus einer Anzahl von Metall-Alkyl-HydridKomplexen sind durch inverse kinetische Isotopeneffekte (KIE) ausgezeichnet, in enger Beziehung zu H/D-Austauschreaktionen zwischen der H−-Funktion und C−HBindungen der Alkyl-Gruppe. Zur Erklärung zieht man einen zweistufigen Mechanismus heran, der ein vorgelagertes Gleichgewicht mit einem σ- oder π-Komplex einschließt. Für eine solche Spezies erwartet man einen inversen KIE, da die C−HKraftkonstante weit über derjenigen der M−H-Valenz liegt. Die terminale Freisetzung des koordinierten Kohlenwasserstoffs wird hingegen von einem KIE nahe 1 begleitet. Grundlegend ist zu beachten, daß es sich bei der Addition von Alkanen an Übergangsmetalle um thermodynamisch, jedoch nicht kinetisch ungünstige Prozesse handelt, während die reduktive Elimination den Regelfall darstellt (vgl. Goldman and Goldberg, 2004: 4 f., 14 f., 34). Aufschlußreiche Parallelen zu einem gegenwärtig diskutierten Hydrid-Mechanismus der MCR (siehe Kapitel I 2.4.2, II 3.2) ergaben sich aus Untersuchungen an einem Nickelocen-LiAlH4-System in Tetrahydrofuran, welches bei 70 °C einen H-DAustausch zwischen CH4 und D2 im Überstand katalysiert (vgl. Rubtsova et al., 1993). Maximale Methan-Umsatzraten wurden für ein Al:Ni-Verhältnis von 1.5 bestimmt. Aus den erhaltenen Daten zog man die Schlußfolgerung, daß CH4 mit heterometallischen − eventuell polynukleären − Komplexen zu M−CH3 reagiert, wobei Methan primär durch Ni über oxidative Addition oder Ni−H-Bindungsmetathese aktiviert wird, gefolgt von intramolekularer Transmetallierung zu Al−CH3 oder Ni−CH3−Al. In Anlehnung an die SRN-Reaktion gemäß postuliertem Mechanismus III der MCR (siehe Abb. II-13) berichteten Cui et al. (2003) von C−H-Homolyse an CH3OH und CH4 durch einen Bis(Rh(II)Porphyrin)-Komplex. Diese Reaktionen erfolgen erster Ordnung bezüglich des Bimetallo-Radikals und mit kinetischer Präferenz für Methan. Ein geeignetes Moleküldesign garantiert, daß einerseits intra- wie intermolekulare Rh(II)− Rh(II)-Bindungen unterbleiben und andererseits die parallel angeordneten PorphyrinEinheiten genügend Flexibilität im Übergangszustand für die intramolekulare Substratumsetzung aufweisen. Rh(II) verfügt als isoelektronische Spezies zu Co(II) und Ni(III) über 15 Valenzelektronen und besitzt ebenso wie Ni(I) radikalischen Charakter. Ein weiterer interessanter Spezialfall betrifft ein goldhaltiges Protein aus chrysophilen Bakterien (Micrococcus luteus), welches die Oxidation von Methan zu Methanol in einem System aus NADH, Luft, K3[Fe(CN)6] und TRIS-HCl-Puffer katalysiert. Die I Grundlagen und Methodik 26 Umsatzrate erreicht Werte von bis zu 2 × 103 mol oxidiertem CH4 pro mol Gold-Protein. Vermutlich spielt hier die zu Pt(II) isoelektronische Spezies Au(III) ([Xe]4f145d8) eine Schlüsselrolle: [Au(III)−CH3]2+ + H2O [ Au(I)]+ + CH3OH + H+ (Gl. I-15). Nachfolgend wird dann Au(I) durch Fe(III) unter Beteiligung von O2 zu Au(III) reoxidiert, wobei NADH mit den entstandenen Zwischenprodukten vielleicht zu Peroxokomplexen weiterreagiert (vgl. Levchenko, 2002). Osako et al. (2006) machten die Entdeckung, daß wäßrige Lösungen von Natriumperiodat und Osmiumtetroxid unter milden Bedingungen (50 °C / 9.5 bar CH4) Methan in geringem Umfang (2.7 % Ausbeute) zu Methanol oxidieren. Überraschend unterbleibt hier aber die im technischen Maßstab häufig problematische Überoxidation (siehe Abschnitt I 1.1.6). Kurioserweise stellte sich heraus, daß die unter diesen Umständen gewöhnlich so inerten Verbindungen CH4 und CD4 die Methanol-Oxidation nach einem bislang noch unbekannten Mechanismus hemmen, wohingegen weder 9.5 bar Ar oder Xe noch 1 bar N2 oder 5 Vol.% CCl4 entsprechende Effekte zeigen. Trivalente Lanthanoid-Komplexe der Struktur [Ln(CpMe5)2X] sind äußerst reaktiv, so insbesondere die entsprechenden Lutetium-Verbindungen (X = H, Me), welche als eine der wenigen Systeme den Austausch von C−H-Bindungen vermitteln können. Die zugrundeliegende Reaktion zur Methan-Aktivierung via σ-Bindungs-Metathese läßt sich dabei wie folgt formulieren: [Lu(III)(CpMe5)2−CH3] + CH4 [Lu(III)(CpMe5)2−CH3] + CH3H (Gl. I-16). Mechanistisch betrachtet man die an Lu(III) gebundene Methyl-Gruppe als starke Base, welche das Alkan deprotoniert (vgl. Kaltsoyannis and Scott, 2007: 73 f.). Theoretische Ansätze auf der Basis von Orbitalanalysen zur Erschließung der H2und CH4-Aktivierung durch Übergangsmetallkomplexe und an Ni-/Ti-Oberflächen diskutiert die Arbeit von Saillard und Hoffmann (1984). Gemäß deren Berechnungen sind koordinativ ungesättigte Metallzentren essentiell, und folglich dominiert ein Elektronentransfer σ → M im frühen Stadium der Reaktion, wobei für die Methanaktivierung sterische Effekte hervortreten. Auf Oberflächen hingegen bewirkt die höhere Energie der I Grundlagen und Methodik 27 besetzten M-Orbitale, daß eine M → σ∗-Wechselwirkung den Reaktionsverlauf anführt. Beide Interaktionen schwächen bei zunehmender Ausbildung von M−H die ursprünglichen H−H- und C−H-σ-Bindungen. Mit Hilfe von quantenchemischen Methoden untersuchten Blomberg et al. (1991) die Aktivierung von C−H- und C−C-Alkan-Bindungen durch Fe / Co / Ni / Rh / Pd. Die 3dElemente ergaben dabei recht ähnliche Reaktionsenergien und -barrieren, und die 4dReihe zeigte vergleichsweise niedrigere Barrieren − verbunden mit starker Abnahme von Rh zu Pd − sowie exothermere Insertionsreaktionen. Letzteres Resultat folgt aus der größenmäßig stärkeren Annäherung von nd- und (n+1)s-Orbitalen für die 4d-Reihe, was eine effizientere sd-Hybridisierung bedingt. Generell lag die Reaktionsbarriere für die C−C-Insertion um 60-80 kJ mol−1 über derjenigen für eine C−H-Aktivierung, was auf räumlichen Differenzen in der Bindungsausrichtung beruht. Konkret können die sphärisch-symmetrischen H-Atome im Übergangszustand gleichermaßen aneinander und an das Metall-Atom binden, während die sp3-hybridisierten C-Atome nur über eine optimale Bindungsrichtung verfügen. Zur Bildung des MR1R2-Komplexes müssen die Methyl-Gruppen in eine Position rotieren, welche keine optimale R1−R2-Ausrichtung mehr ermöglicht, so daß die Energiebarrieren bei der Entstehung für MH2 über MHR hin zu MR1R2 stark zunehmen. 1.1.6 Großtechnische Verfahren Die weltweiten Methanvorräte in Form von Hydraten schätzt man auf 2.8 × 1027 m3 bis 8.0 × 1030 m3 (vgl. Goho, 2005), in Erdgas-Vorkommen auf 4.4 × 1018 m3. Letzteres wird üblicherweise in über 6000 m Tiefe bei Temperaturen von > 150 °C gefördert, wobei die Gasquellen meist weit von den Verbrauchern entfernt sind und der Transport als Flüssiggas oder über Pipelines (−160 °C / hoher Druck) große Energiemengen erfordert, welche bis zu 50 % des ursprünglich produzierten Methans entsprechen. Aus diesem Grund unternimmt man umfangreiche Anstrengungen, um CH4 mit hoher Ausbeute in leichter handhabbare Kohlenwasserstoffe zu überführen (vgl. Poirier, 1991). Dessen hohe C−H-Bindungsstärke in Kombination mit großem Ionisierungspotential, geringer Protonenaffinität und minimaler Acidität (pKa ≈ 50) bringen jedoch eine Vielzahl von verfahrenstechnischen Problemen mit sich. Gegenwärtig dienen nur I Grundlagen und Methodik 28 7 % der globalen Erdgasfördermenge zur Herstellung von Industriechemikalien, wie beispielsweise Halogenkohlenwasserstoffen, HCN, Acetylen, Ruß, CS2 und Alkoholen. Ausgehend von der Steam-Reforming-Methode (1200 K / 15-30 bar / Al2O3 / 90-92 % Umsatz) zur Erzeugung von Synthesegas aus Methan CH4 + H2O CO + 3 H2 (Gl. I-17) ∆rH (298 K) = +206 kJ/mol kann dieses CO/H2-Gemisch mittels Fischer-Tropsch-Synthese an Übergangsmetallen der Gruppe VIII (CAS-Bezeichnungsweise) effizient zu höheren Kohlenwasserstoffen umgesetzt werden (vgl. Lange, 2001): nCO + (2n+1) H2 CnH2n+2 + nH2O (Gl. I-18). Je nach Katalysator und Reaktionsbedingungen (Fest-/Fließbettreaktor; Nieder-/Mitteldruckverfahren) entstehen Flüssiggas (Gasol → C3-C4), Benzin (C5-C10), Kogasine (C10-C18), Paraffine (> C28) sowie geringere Mengen an Alkoholen (vgl. Deckwer et al., 2008). Auch Einstufen-Prozesse (893 K / Kieselgel / 4.5 % Umsatz) spielen eine wichtige Rolle in der Petrochemie (vgl. Tabata et al., 2002): CH4 + Luft HCHO (C2H6) (Gl. I-19). Richards (2005) beschreibt in der zugrundeliegenden Patentschrift ein Verfahren zur Herstellung von Peroxodischwefelsäure (Marshalls Säure) aus Wasserstoffperoxid und Schwefeltrioxid, wobei das Produkt unter Ausschluß von Wasser thermisch oder photolytisch gespalten wird. Die entstandenen HSO4-Radikale sind dann in der Lage, mit CH4 zu Methansulfonsäure, Methanol und weiteren Derivaten zu reagieren. Trotz hohem Methan-Partialdruck bleibt die Ausbeute an MSA im einstelligen Prozentbereich. Auch mit NO2 lassen sich geeignete Radikalkettenreaktionen initiieren (vgl. Tabata et al., 2002): CH4 + NO2 CH3• + HNO2 (Gl. I-20) I Grundlagen und Methodik 29 CH3• + NO2 CH3O• + NO (Gl. I-21) CH3O• + M HCHO + H• + M (Gl. I-22). Die Arbeit von Olah et al. (1985) behandelt vordergründig Techniken zur selektiven Monohalogenierung von Methan, katalysiert mittels SbF5/Graphit oder Pt/Al2O3 beziehungsweise Pd/BaSO4, sowie zur Hydrolyse der entstandenen Methylhalogenide mit Hydroxid-haltigen Phasen: CH4 + X2 CH3X + H2O CH3X + HX CH3OH + HX (Gl. I-23) (Gl. I-24). X bezeichnet hierbei die Halogene Cl und Br, und HX kann nach Ablauf der Reaktion oxidativ zurückgewonnen werden. Bei Temperaturen von 180-250 °C betragen die Ausbeuten 8-58 %, wobei man mechanistisch von fünffach koordinierten CarboniumIonen als Zwischenprodukten ausgeht. Eine signifikante Steigerung der Ausbeute für die Methansulfonierung in rauchender Schwefelsäure (30 Gew.% SO3) gelang durch Zusatz katalytischer Mengen von Alkalioder Erdalkalimetallperoxiden. Für 0.41-0.60 mmol CaO2 beispielsweise konnte man den Umsatz (65 °C / 45 bar / 5 h) auf bis zu 91 % steigern (vgl. Schilling, 2003). Methanotrophe Organismen sind in der Lage, mit ihrer hochspezialisierten Enzymausstattung (Methan-Monooxygenase, Methanol-/Formaldehyd-/Formiat-Dehydrogenase) CH4 effizient bis zu CO2 aufzuoxidieren oder auf Aldehydstufe zu assimilieren (siehe Kapitel I 1.1.4). Das Studium dieser Stoffwechselprozesse bietet vielerlei Anregungen und Analogieschlüsse zur Lösung technischer Probleme (vgl. Liebermann and Rosenzweig, 2004). Unter dem Aspekt einer Kosten-Nutzen-Rechnung muß die Katalyseforschung auf einen möglichst einfachen Reaktionsweg abzielen, welcher idealerweise - unter Vermeidung von Überoxidationen - ein flüssiges Produkt liefert und dabei wesentlich weniger Energie verbraucht als das altbekannte Fischer-Tropsch-Verfahren (zur allgemeinen Übersicht vgl. Stark, 2007). I Grundlagen und Methodik 1.2 30 Metalloporphyrinoide 1.2.1 Vorkommen und Bedeutung Das spannungsfreie Tetrapyrrol-System Porphin, welches den Chlorophyllen c/e zugrunde liegt, verfügt über insgesamt 11 Doppelbindungen, von denen 9 in zyklischer Konjugation zueinander stehen und die hohe chemische wie thermische Stabilität des chromophoren 18π-Aromaten bedingen. Von Dihydroporphin (Chlorin) leiten sich die Chlorophylle a/b/d ab, von Tetrahydroporphin in Form des Bacteriochlorins die Bacteriochlorophylle sowie in Gestalt des Isobacteriochlorins die Sirohydrochlorine. Unter Verlust des perizyklisch konjugierten 18π-Systems liegen Hexahydroporphine als stark reduzierend wirkende Porphyrinogene (→ Porphyrin-Biosynthese), Präcorrine (→ Vitamin B12) sowie Corphine (→ Cofaktor F430) vor. Octa- und Decahydroporphine sind bislang in der Natur unbekannt, wohl aber Corrinoide als Octahydrocorrole, denen formal die Methin-Brücke in Position 20 des Porphin-Systems fehlt (vgl. Montforts et al., 1994: 328 f., 344 f.). Der bereits erwähnte Cofaktor F430 stellt als Dodecahydroporphin beziehungsweise Tetrahydrocorphin* gegenwärtig das am stärksten reduzierte biogene Porphin-Derivat dar, welches Elemente eines porphinoiden Makrozyklus sowie eines corrinoiden π-Systems vereinigt (vgl. Johnson et al., 1968). Porphyrinoide sind in der Lage, mit Metallionen Chelat-Komplexe zu bilden, deren Stabilität vom jeweiligen Ion sowie von der Struktur des Liganden abhängt. Während Mg(II) (→ Phäophytine) oder Zn(II) schon durch verdünnte Säure entfernt werden können, gelingt dies bei Co(II), Cu(II) oder Fe(III) nur unter drastischen Bedingungen, wobei diese Komplexe unter physiologischen Bedingungen nicht nachweisbar dissoziieren (siehe Kapitel III C 1.1). Die Stabilität der porphyrinoiden Koordinationsverbindungen fällt in Abhängigkeit vom vorliegenden Zentralion in der nachstehenden Reihenfolge: Pt(II) > Ni(II) > Co(II) > Cu(II) > Fe(II) > Zn(II) > Mg(II) (vgl. Nuhn, 1997: 423 f., 430). Der Cu(II)-Komplex von Uroporphyrin III beispielsweise bildet den roten Farbstoff Turacin in den Federn der afrikanischen Turaco-Vögel. Protoporphyrin IX ist als Ca(II)Komplex in Vogeleierschalen bekannt, weshalb man bei diesem Farbstoff auch von * Das an Pyrrol-Ring B annellierte γ-Lactam (siehe Abb. I-9 a) entspricht formal einer zusätzlichen Doppelbindung. I Grundlagen und Methodik 31 Ooporphyrin spricht. Tunichlorin aus der Tunikate Trididemnum solidum (Karibik) sowie dem Seehasen Dolabella auricularia (Papua-Neuguinea) bezeichnet das bislang einzig bekannte Ni(II)Dihydroporphyrin, dessen physiologische Funktion aber immer noch im Dunkeln liegt (siehe Abb. I-8 a). Dieses chemisch labile, blaugrüne Pigment zersetzt sich rasch, kann jedoch durch Methylierung an der Hydroxymethyl- und Propionsäure-Seitenkette stabilisiert werden. Was die Biosynthese anbelangt, so leitet sich Tunichlorin wahrscheinlich vom Algen-Chlorophyll ab, welches im tierischen Or- OH a b CH3 5 A 5 B N N A B N Ni 20 N 10 Ni 20 N H 10 N C D 15 N N C D E H 15 E O O HO H c d 5 5 A A B NH 10 20 N HN D B N N HN 10 20 O NH OH N D C C 15 15 O OH HO O HO O Abb. I-8. Bioporphyrine: Tunichlorin (a), Corallistin A (c) und Bonellin (d); Geoporphyrine: Nickeldeoxophylloerythroetioporphyrin (b) (verändert nach Deckwer et al., 2008). I Grundlagen und Methodik 32 ganismus teilweise degradiert und anschließend transmetalliert wird. Bestätigend in dieser Hinsicht ist die Entdeckung mehrerer Dutzend Strukturanaloge mit verschiedenen Acyl-Resten an der Hydroxymethyl-Funktion (C3), wobei derartige Seitenketten im Chlorophyll photosynthetisch aktiver Organismen bislang unbekannt sind. In Analogie zu Cofaktor F430 aus methanogenen Archaea (siehe Abschnitt I 1.2.2) könnte Tunichlorin an reduktiven Stoffwechselprozessen oder am Elektronentransport beteiligt sein. Auch postuliert man eine Schlüsselfunktion bei der Synthese langkettiger, hydrophober Fettsäure-Reste oder hinsichtlich Aufnahme und Speicherung von Nickel, unter Bezugnahme auf die Cu(II)- und Zn(II)Chlorine des marinen Polychaeten Owenia fusiformis (vgl. Küpper et al., 2006: 72 f.). Metallfreie, biogene Porphyrine hingegen sind selten und treten meist als intermediäre Porphyrinogene in der Porphyrin-Biosynthese auf oder erscheinen als Produkte pathologischer Stoffwechselvorgänge. Zu den wenigen Ausnahmen zählen Corallistin A aus dem neukaledonischen Meeresschwamm Corallites sp. oder auch das Chlorin Bonellin als geschlechtsdifferenzierendes grünes Pigment aus dem im Mittelmeer verbreiteten Igelwurm Bonellia viridis (siehe Abb. I-8 c, d). Ferner sind hier metallfreie Geoporphyrine zu nennen, während man in Sedimenten weitaus häufiger das in Abbildung I-8 b gezeigte Nickeldeoxophylloerythroetioporphyrin oder auch die entsprechenden Vanadyl-Derivate findet (vgl. Deckwer et al., 2008). Offenkettige Tetrapyrrole entstehen durch oxidative Ringöffnung der Porphyrine, überwiegend unter Entfernung der α-Methinbrücke, und spielen als Pigmente im Tierreich ebenso eine wichtige Rolle. So tritt Biliverdin IXa als Ca(II)-Komplex im Skelett der blaugefärbten Koralle Heliopora coerulea auf und trägt außerdem zur grünschwarzen Tönung des Emu (Dromicaius novae-hollandiae) bei, während das akzessorische Cyanobakterien-Pigment Phycocyanobilin die Blaufärbung der Lippfische (Labridae) bewirkt. Die Grünfärbung von Insekten, beispielsweise Lepidopteren, beruht meist auf dem gemeinsamen Vorkommen von gelben Carotinoiden und blauen Gallenfarbstoffen, welche hier interessanterweise durch Spaltung an der γ-Methinbrücke de novo synthetisiert werden (vgl. Schlee, 1992: 356). I Grundlagen und Methodik 33 1.2.2 Cofaktor F430: Struktur, Nomenklatur und Koordinationschemie Die überwiegende Mehrzahl Schwermetall-resistenter Pflanzenarten verhindert aktiv das Eindringen entsprechender Metallionen in die Zelle, wohingegen eine Minorität den entgegengesetzten Weg beschreitet und potentiell toxische Metalle akkumuliert, was als vielversprechender Ansatz zur Reinigung kontaminierter Böden oder für die kommerzielle Extraktion aus metallreichen Sedimenten gilt. Sogenannte Serpentinophyten beispielsweise tolerieren hohe Konzentrationen an Nickel, Chrom und unter Umständen auch weiterer Schwermetalle. So finden sich in den Wurzeln der neukaledonischen Psychotria douarrei (Rubiaceae) ca. 100 g Ni pro kg Trockenmasse und in der Asche der australischen Hybanthus floribundus (Violaceae) sogar bis zu 23 % (w/ w) von diesem Element (vgl. Deckwer et al., 2008). Positioniert zwischen Cobalt und Kupfer im Periodensystem der Chemischen Elemente besitzt Nickel die Elektronenkonfiguration [Ar]3d84s2, wobei das stabile Isotop 61 Ni (natürliche Häufigkeit: 1.14 %) durch seinen Kernspin von 3/2 eine charakteristi- sche Hyperfein-Aufspaltung im EPR zeigt. In wäßriger Lösung beobachtet man üblicherweise die Oxidationsstufe +II, in biologischen Systemen wurden jedoch auch Ni(I) (3d9) und Ni(III) (3d7) spektroskopisch charakterisiert. Üblicherweise ist der Ni(I)-Zustand mit einer verzerrt-oktaedrischen oder quadratisch-planaren Geometrie assoziiert, Ni(III) hingegen als Low-Spin-Komplex mit einer verzerrt-oktaedrischen oder seltener auch trigonal-bipyramidalen Anordnung. Da Ligandenaustausch-Reaktionen an Ni(II) relativ zu Erdalkalimetallen(II) langsam erfolgen, kann diese Spezies Mg(II) in enzymatischen Reaktionen nicht ersetzen und wird generell nicht für biokatalytische Umsetzungen bevorzugt. Allerdings ist in diesem Zusammenhang das Paradebeispiel Urease anzuführen, worin Ni als Lewis-Säure fungiert, eine Funktion, welche normalerweise Zn zukommt. Nickel spielte möglicherweise auch eine Schlüsselrolle in der frühen Erdgeschichte als Katalysator unter stark reduzierenden atmosphärischen Bedingungen (H2, CO2, H2S), so beispielsweise in Form des Minerals Greigit [Fe5NiS8], welches wesentliche Merkmale kuboider Strukturen der Ferredoxine sowie der CODehydrogenase vereinigt. Bemerkenswerterweise repräsentieren die NiFe-Hydrogenasen, welche die heterolytische Spaltung von molekularem Wasserstoff katalysieren, die bislang einzig bekannten Enzyme mit sowohl CO als auch CN− im aktiven Zentrum (vgl. Küpper and Kroneck, 2007: 33-36). I Grundlagen und Methodik 34 Methanothermobacter marburgensis enthält nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge acht Nickel-haltige Enzyme, und zwar die Methyl-Coenzym-M-Reductase (zwei Isoenzyme), eine F420-reduzierende [NiFe]-Hydrogenase, eine Heterodisulfid-reduzierende [NiFe]-Hydrogenase, eine Energie-konvertierende [NiFe]-Hydrogenase (zwei Isoenzyme), die CO-Dehydrogenase sowie die Acetyl-CoA-Synthetase. Aus dieser Reihe ist nur die Methyl-Coenzym-M-Reductase mit ihrem Cofaktor F430, wofür ein Großteil des Ni(II) im Kulturmedium benötigt wird, charakteristisch für alle methanogenen und − phylogenetisch eng verwandten − methanotrophen Archaea. F430 kann man als hydrophile Pentacarbonsäure aus MCR oder ganzen Zellen durch Denaturieren mit Perchlorsäure oder Trifluoressigsäure freisetzen, wobei der Cofaktor hier als paramagnetischer Ni(II)-High-Spin-Komplex vorliegt. Nach Umsetzung zum Pentaalkylester oder Pentaalkylamid lassen sich die entstehenden Derivate in apolaren, nichtkoordinierenden Lösungsmitteln als diamagnetische Ni(II)-Low-SpinKomplexe solubilisieren. Konstitution sowie Konfiguration von F430 und dessen partialsynthetischen Derivaten wurden durch Einbau von 13C-δ-Aminolävulinsäure, spektroskopische Studien und neueren Datums durch hochauflösende Röntgenstrukturanalyse des Holoenzyms in seiner inaktiven Ni(II)-Form detailliert aufgeklärt, wie in Kapitel II 1.1 dargelegt. Die Kristallstruktur des isolierten Cofaktors hingegen ist nur für 12,13-Di-epi-F430 mit Bromid als Gegenion bekannt (vgl. Ermler et al., 1997; Faerber et al., 1991; Fässler et al., 1985; Livingston et al., 1984; Pfaltz et al., 1982; Pfaltz et al., 1985; Won et al., 1990). Biosynthetisch leitet sich F430 von Dihydrosirohydrochlorin ab, welches auch den Vorläufer von Sirohäm und Vitamin B12 darstellt. Der π-Chromophor erstreckt sich hierbei über drei von vier Stickstoffen, wobei von den insgesamt fünf Doppelbindungen* nur vier in Konjugation zueinander stehen. Somit handelt es sich bei diesem Tetrahydrocorphin mit seinem linearen π-System um das am stärksten reduzierte Tetrapyrrol in der Natur, dessen gelbe Farbe die zu erwartende hypsochrome Verschiebung der Absorptionslinien relativ zu Porphyrinen und Corrinen widerspiegelt (vgl. Thauer, 1998: 2388). F430 weist zwei zusätzliche zyklische Systeme auf, und zwar ein γ-Lactam annelliert an Ring B sowie ein Cyclohexenon-System, entstanden im letzten Schritt der F430Biosynthese aus der intramolekularen Acylierung der meso-Stellung C15 durch die Propionsäure-Seitenkette von Ring D. Die entstandene Carbonyl-Gruppe (C173) stabi* zuzüglich einer weiteren Doppelbindung bei Öffnung des Lactam-Rings (siehe Abb. I-9 b) I Grundlagen und Methodik 35 lisiert zum einen über konjugative Wechselwirkung mit dem π-Chromophor den Ni(I)Redoxzustand des Cofaktors. Zum anderen agiert diese als intrinsischer Schutz gegen Oxidation von F430 zu seinem 12,13-Didehydro-Derivat F560, indem durch sterische Interaktion die Propionsäure-Seitenkette an C13 in die axiale Position gedrängt wird (siehe Abb. I-9 a). Der Ionenradius von Nickel wächst in der Reihenfolge Ni(III) < Ni(II) Low-Spin < Ni(II) High-Spin < Ni(I), wobei die beiden zuerst genannten Spezies für die zentrale Kavität des koordinierenden Makrozyklus zu klein sind, so daß eine Auffaltung IUPAC CA a RO RO O O O O H2N 72 O HN H 3 N 21 1 N 20 OR 9 N 24 23 O N15 C 15 17 H 17 N 24 N OR 5 16 H 11 N D RO 23 Ni Ni 19 H 3a 22a N 26 18 O 3 HN 1 H B 22 O 7 5 A O H2N 7 25 OR 13 2 RO 10a 14 H O O O 14a RO OR 9 O 12 O O O RO b RO H2N O RO O H2N O O H 3 H2N O O H2N O O H 7 9 5 A N 21 1 OR B 22 N OR 7 5 N23 9 Ni 24 11 N Ni 3 13 19 H N 24 23 N D H 11 C N1 25 N 22 15 RO H O 15 17 OR 13 172 O O RO O 21a RO H O 20 17 OR 18 O O RO O Abb. I-9. Numerierung des Polyhydroporphyrin-Systems gemäß IUPAC und CA: a) F430 und dessen Derivate; b) 6,73-Seco-F430 und dessen Pentaester. I Grundlagen und Methodik 36 des Tetrapyrrol-Systems in der Peripherie die elektronenreichen Stickstoffe dem Zentralatom annähert. Dieser Vorgang wird begünstigt für F560 sowie den thermodynamisch stabileren 12,13-Di-epi-Cofaktor, während das ursprüngliche Ni(II)F430 hinsichtlich seiner Bindung an das Apoenzym die energetisch günstigere Konformation darstellt. Infolgedessen sind diese Derivate von Ni(II)F430 Low-Spin durch deutlich reduzierte Elektrophilie gekennzeichnet und tendieren in Gegenwart nucleophiler axialer Liganden wesentlich weniger dazu, in die paramagnetische High-Spin-Spezies überzugehen. Das als „F430-Pink“ bezeichnete Molekül mit geöffnetem Lactam-Ring repräsentiert ein Konstitutionsisomeres von F560, woraus es leicht durch saure Katalyse auf Kieselgel 60 hervorgeht (siehe Abb. I-9 b). Im Zuge der Aufreinigung von F430 entsteht daneben noch − nach bislang unbekanntem Mechanismus − dessen 19,20-DidehydroDerivat F340 mit dem charakteristischen Corrin-Chromophor (siehe Abb. I-16 b). Alle weiteren Details zur Nomenklatur von F430 und davon abgeleiteten Strukturen gemäß IUPAC / CA sind in den Tabellen I-1 sowie I-2 aufgeführt. Was die gültigen IUPAC-Regeln zur Benennung von Porphyrin-Systemen im allgemeinen sowie von deren Metallkomplexen mit/ohne annellierte Ringsysteme und von Corrinoiden im speziellen anbelangt, sei auf die in Kapitel IV aufgeführten Literaturzitate verwiesen (vgl. International Union of Pure and Applied Chemistry, 2007a-d). Es muß darauf geachtet werden, daß die β-/Oberseite des Makrozyklus durch Anordnung der Tetrapyrrol-Einheiten A-D im Uhrzeigersinn auf der Basis der Substituenten-Lokanten definiert ist, die α-/Unterseite entsprechend durch Numerierung im Gegenuhrzeigersinn. Dies spielt eine Schlüsselrolle für die korrekte Verwendung von Deskriptoren zur Beschreibung möglicher Konformationen der F430-Variante im Molekülabschnitt C171-C172 (siehe Abb. I30, I-31), wobei sich die vorliegende Struktur am nächsten durch einen Halbsessel H wiedergeben läßt, dessen Referenzebene die vier annähernd koplanar angeordneten Zentren C15 − C16 − C17 − C173 darstellen. Die Indizierung von H (hochgestellt vor dem Symbol → β-/Oberseite; tiefgestellt nach dem Symbol → α-/Unterseite) richtet sich jedoch nicht nach den Lokanten des Tetrapyrrol-Systems, sondern nach der gegenläufigen Numerierung des Cyclohexenon-Rings, dessen α-Seite folglich der β-Seite des Tetrapyrrols entspricht und umgekehrt (vgl. International Union of Pure and Applied Chemistry, 2007e). Wie bereits dargelegt, nimmt Ni(II)F430Me5 in wasserfreiem Dichlormethan, Trichlormethan oder Acetonitril bei quadratisch-planarem Ligandenfeld die Elektronen- (12R,13R)-12-Carboxymethyl-F430-13-propansäure: [(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carbamoylmethyl-7-carboxymethyl-3,4,5,6,7,8,12,13,171,172,173,18,19, 20-pentadecahydro-12,18-bis(methoxycarbonylmethyl)-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tris(methylpropanoato)7-lactam]nickel(II) 12,18-Bis(methoxycarbonyl)-F430-3,8,13-tripropanoat: [(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,172S,18S,19R)-6-Amino-2carbamoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13, 17,171,172,173,18,19,20-pentadecahydro-2,7-dimethyl-172-methylsulfanyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II) (172S)-172-Methylsulfanyl-F430: [Trimethyl-(3aS,4S,8S,9S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR,25S)-19(2-amino-2-oxoethyl)-2,3,3a,4,8,9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22hexadecahydro-8,25-bis(2-methoxy-2-oxoethyl)-3a,19-dimethyl2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato-N15, N23,N24,N26]-nickel(1+), (SP-4-3) Pentahydrogen-[(3aS,4S,8S,9S,12S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR, 25S)-19-(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8, 9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22-hexadecahydro-3a,19-dimethyl2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-12-methylsulfanyl-21, 18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)-κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2) Pentahydrogen-[(3aS,4S,8S,9S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR, 25S)-19-(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8, 9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22-hexadecahydro-3a,19-dimethyl2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2) CA-Index-Name Pentahydrogen-[(3aS,4S,8R,9R,14S,16R,19S,20S,21S,22aR, 25S)-19-(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8, [(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12R,13R,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carba9,11,12,13,14,16,17,19,20,21,22-hexadecahydro-3a,19-dimethylmoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13,17,171, 2,11-dioxo-1H-7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyr172,173,18,19,20-pentadecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)zo- [at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II) κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2) Tab. I-. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (2). 12,13-Di-epiF430 F430-Pentamethylester F430-Variante Cofaktor F430: F430 [(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carbamoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13,17,171, 172,173,18,19,20-pentadecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II) IUPAC-Bezeichnung Trivialname Tab. I-1. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (1). I Grundlagen und Methodik 37 [(2S,3S,4S,7S,17S,18S,19R)-2,7-Bis(carbamoylmethyl)-7,12,18tris(carboxymethyl)-3,4,5,7,17,171,172,173,18,19,20-undecahydro2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7lactam]nickel(II) 6,8,12,13-Tetradehydro-6,73-seco-F430: [(2S,3S,4S,6R,7S,8S,12S,13S,17S,18S)-6-Amino-2-carbamoylmethyl-7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,12,13,17,171,172, 173,18-tridecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II) 19,20-Didehydro-F430: Pentahydrogen-[(2R,5S,6S,7S,10S,21S,22S)-5,10-bis(2-amino-2oxoethyl)-15,22-bis(carboxymethyl)-2,3,5,6,7,8,10,18,19,20,21-undecahydro-5,10-dimethyl-18-oxo-14,17-imino-2,11-methano-4,7:9, 12-dinitrilopyrrolo[1]benzazacyclononadecin-6,11,16-tripropanoato(6-)-κN15,κN23,κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2) Pentahydrogen-[(3aS,4S,8S,9S,14S,19S,20S,21S,22aR,25S)-19(2-amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,8,9,11,12, 13,14,19,20,21,22-tetradecahydro-3a,19-dimethyl-2,11-dioxo-1H7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1] benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)-κN15,κN23, κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2) Pentahydrogen-[(3aS,4S,14S,16R,19S,20S,21S,22aR,25S)-19-(2amino-2-oxoethyl)-8,25-bis(carboxymethyl)-2,3,3a,4,11,12,13,14, 16,17,19,20,21,22-tetradecahydro-3a,19-dimethyl-2,11-dioxo-1H7,10-imino-14,16-methano-21,18:22a,5-dinitrilopyrrolo[2,3-i][1]benzazacyclononadecin-4,9,20-tripropanoato(6-)-κN15,κN23, κN24,κN26]-niccolat(4-), (SP-4-2) CA-Index-Name Grundlagen und Methodik Tab. I-. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (2). F430-Pink F340 12,13-Didehydro-F430: F560 [(2S,3S,4S,6R,7S,8S,17S,18S,19R)-6-Amino-2-carbamoylmethyl7,12,18-tris(carboxymethyl)-3,4,5,6,7,8,17,171,172,173,18,19,20-tridecahydro-2,7-dimethyl-173-oxo-2H-benzo[at]porphyrin-3,8,13-tripropanato-7-lactam]nickel(II) IUPAC-Bezeichnung Trivialname Tab. I-2. Nomenklatur von F430 und dessen Derivaten gemäß IUPAC- und CA-Regeln (2). I 38 I Grundlagen und Methodik 39 konfiguration [Ar]3d8 Low-Spin ein, mit einem Absorptionsmaximum bei 442 nm (ε442 = 21 mM−1 cm−1). Erweitert man die Koordinationssphäre mit einem hinreichend nucleophilen (CN−, R3N, H2O, R−OH, Hal−) axialen Liganden auf fünf, so gewinnt die Absorptionsbande an Intensität und wird hypsochrom verschoben. Für den folgenden Übergang zu Koordinationszahl sechs beobachtet man hingegen eine bathochrome Verschiebung mit weiterer Hyperchromie (vgl. Jaun and Thauer, 2007: 329; Bertini and Luchinat, 1986: 262). Abbildung I-10 verdeutlicht unmittelbar, daß im tetraedrischen wie oktaedrischen Ligandenfeld Ni(II) stets paramagnetisch mit zwei ungepaarten Elektronen vorliegt. Vergrößert man in einem Gedankenexperiment den Abstand zwischen den Liganden in der z-Achse und dem zentralen Ion, so ändert sich die Symmetrie des Ligandenfeldes über tetragonal-verzerrt letztendlich zu quadratisch-planar. Durch Stabilisierung der Orbitale in z-Richtung wird dz2 energetisch so weit abgesenkt, daß Ni(II) in quadratisch-planarer Umgebung mit allenfalls schwach ionisch gebundenen axialen Liganden als diamagnetische Low-Spin-Spezies mit unbesetztem dx2−y2 und doppelt besetztem dz2 existieren kann (vgl. Jensen and Ryde, 2005: 588; Winter, 1994: 49). 1.2.3 Eisen-, Nickel- und Cobalt-Komplexe im Vergleich Bewegt man sich innerhalb der 3d-Element-Reihe von Fe über Co und Ni hin zu Cu, so wächst die Präferenz für N- und S-Liganden gegenüber O-Donoren mit zunehmender Weichheit des Metalls. Außerdem nimmt der Radius der divalenten Kationen ab, was die Unterschiede zwischen den koordinierenden Makrozyklen erklärt. DFT-Berechnungen zeigten, daß die Flexibilität des Ringsystems in der Reihenfolge Hydrocorphin > Corrin > Porphyrin abnimmt, während der Durchmesser der zentralen Kavität von Corrin über Porphyrin hin zu Hydrocorphin wächst. Aus diesem Grunde passen Co(I), Co(II) und Co(III) gut in den Corrin-Zyklus und High-Spin Fe in das PorphyrinSystem, wohingegen Hydrocorphin wie maßgeschneidert ist für High-Spin Ni(II) und Ni(I) (siehe Abschnitt I 1.2.2). Ferner wächst von Fe zu Cu mit zunehmender Besetzung der 3d-Orbitale die Tendenz zur Abgabe eines einzigen Elektrons, exponiert in σMolekülorbitalen, während die Stabilität von Oxidationsstufe +III abnimmt (vgl. Küpper and Kroneck, 2007: 34 f.). Auch sind Ni−C-Bindungen vergleichsweise wesentlich la- „Freies Ion“ Oktaedrisch Tetragonal verzerrt Quadratisch planar d yz Grundlagen und Methodik Abb. I-10. Aufspaltung der d-Orbitale und Elektronenkonfiguration des d8-Ions Ni(II) in Abhängigkeit von der Symmetrie des Ligandenfeldes (verändert nach Greenwood und Earnshaw, 1990: 1485). Tetraedrisch d xz d xy dz 2 dx2–y2 I 40 I Grundlagen und Methodik 41 biler als Co−C-Strukturen. Bei Betrachtung der zugrundeliegenden Ringsysteme erkennt man klar, daß der Porphin-Ring mit vier Methinbrücken zwischen vier Pyrrolen eine D4h-Symmetrie aufweist, während für Corrin mit C2-Symmetrie die δ-Methinbrücke sowie die Konjugation in der Ringperipherie fehlen. Im Gegensatz dazu ist der asymmetrische Hydrocorphin-Ring gekennzeichnet durch einen stark verzerrten Zentralbereich sowie nicht-äquivalente Bindungslängen zwischen Metall und den äquatorialen Stickstoffen. Porphin fungiert als dianionischer Chelator, Corrin sowie Hydrocorphin hingegen wirken in monoanionischer Form. Es liegt nahe, daß die Oxidationsstufen Ni(II) / Ni(III) im Enzym MCR durch einen Glutamin-Rest stabilisiert werden (siehe Abb. II-1 a), was auch − neben Methionin-Liganden − für blaue Kupferproteine zutrifft (vgl. Jensen and Ryde, 2005: 581 f., 597). Abbildung I-11 illustriert gegenübergestellt die elektrochemischen Eigenschaften von freiem Cofaktor F430 und Cobalaminen. In wäßriger Lösung bewegen sich die Redoxpotentiale von Ni(II)/Ni(I)F430 und Cbl(II)/Cbl(I) im Bereich von −600 mV bis etwa −700 mV. Ni(I)F430 reagiert mit Methyliodid, Methyltosylat oder Methylsulfonium-Verbindungen − jedoch nicht mit Methylthioethern − vermutlich zu Methyl-Ni(III)F430, analog zur Umsetzung Cbl(I) → Methyl-Cbl(III). Im Gegensatz zu Letzterem stellt das Ni(III)F430-Derivat ein Oxidationsmittel dar und reagiert mit einem weiteren Molekül Ni(I)F430, so daß in der Regel nur Methyl-Ni(II)F430 als Produkt der nucleophilen Substitution nachgewiesen werden kann. Als weiterer signifikanter Unterschied gilt die Beobachtung, daß Methyl-Ni(II)F430 im Rahmen einer elektrophilen Substitution spontan zu Methan und Ni(II)F430 protolysiert, während Methyl-Cbl(II) eher zu einem MethylRadikal und Cbl(I) dissoziiert. Diese Erkenntnisse sprechen klar für F430 als effektiven Katalysator zur Methyl-Reduktion und für Cobalamin als geeigneten MethylgruppenÜberträger (vgl. Thauer, 1998: 2388 f.) I Grundlagen und Methodik 42 a X CH3X CH3-Ni(III)F430 Ni(I)F430 E0' < 640 mV E0' | +200 mV Ni(II)F430 CH3-Ni(II)F430 CH4 H+ CH3X X b CH3-Cbl(III) Cbl(I) E0' = 640 mV E0' < 640 mV x Cbl(II) CH4 CH3-Cbl(II) H+ Abb. I-11. Redoxeigenschaften von freiem Coenzym F430 (a) und Cobalaminen (b) im Vergleich: X− = Tosylat, Halogenid oder Diorganylsulfan (verändert nach Thauer, 1998: 2389). I Grundlagen und Methodik 1.3 43 Chromatographische Trenntechniken 1.3.1 Fließmitteloptimierung Der Erfolg jeder chromatographischen Trennung basiert wesentlich auf der bestmöglichen gegenseitigen Ausrichtung von Sorptions- und Fließmittel. Dabei umfaßt das PRISMA-Optimierungssystem für die Dünnschichtchromatographie folgende drei Hauptteile (vgl. Nyiredy et al., 1985: 337): ♦ Auswahl der stationären Phase und geeigneter Lösungsmittel (1) ♦ Optimierung der mobilen Phase (2) ♦ Wahl des Entwicklungsmodus (linear / zirkular) sowie Übertragung gewonnener Erkenntnisse von der Dünnschicht- auf die Säulenchromatographie (3). Punkt 3 stellt dabei den problematischsten Faktor dar, da TLC-Ergebnisse nur für trokken gepackte Säulen oder für reine Fließmittel auf OCC übertragen werden können, hingegen nicht für Fließmittelgemische mit komplizierten Gradienten längs der Entwicklungszone. Auch Selektivitätsunterschiede infolge von Bindemitteln bei DC-Platten sind einzukalkulieren (vgl. Geckeler und Eckstein, 1987: 164). Punkt 2 geht von der Einteilung gebräuchlicher Lösungsmittel in Selektivitätsgruppen (siehe Tab. I-3) aus, unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenschaften als Protonenakzeptor, Protonendonator und Dipolpartner. Innerhalb einer Selektivitätsgruppe herrschen trotz unterschiedlicher Lösungsmittelstärken Si ähnliche chromatographische Merkmale vor, wobei sich die Lösungsmittelstärke ST einer Mehrkomponentenphase mit dem Volumenbruch ψi pro Lösungsmittel wie folgt berechnet: n ST = ∑i = 1 Siψi (Gl. I-25). Si beziehungsweise ST bestimmen dabei maßgeblich die Retentionszeit und somit den Rf-Wert für aufzutrennende Komponenten. Bei PRISMA handelt es um ein geometrisches Modell zur Beschreibung aller beliebigen quaternären (→ Innenraum), ternären (→ Seitenflächen) und binären (→ Kan- I Grundlagen und Methodik 44 Tab. I-3. Gebräuchliche Lösungsmittel zur TLC-Optimierung (gemäß Nyiredy et al., 1985: 243). Gruppe Lösungsmittel Lösungsmittelstärke (Si) n-Hexan 0.1 I n-Butylether Isopropylether Methyl-tert-butylether Diethylether 2.1 2.4 2.7 2.8 II n-Butanol Isopropylalkohola n-Propanol Ethanol Methanol 3.9 3.9 4.0 4.3 5.1 III Tetrahydrofuran Pyridin Methoxyethanol Dimethylformamid 4.0 5.3 5.5 6.4 IV Essigsäureb Formamid 6.0 9.6 V Dichlormethan Ethylenchlorid 3.1 3.5 VI Essigsäureethylester Methylethylketon Dioxan Aceton Acetonitril 4.4 4.7 4.8 5.1 5.8 VII Toluol Benzol Nitrobenzol 2.4 2.7 4.4 VIII Trichlormethan Nitromethan Wasser a b 4.1 6.0 10.2 nicht „Isopropanol“, da ein Alkan „Isopropan“ nicht existiert! Zusatz als Modifikator zu 0.5 % (v/v) ten) Lösungsmittelgemische unter vertikaler Auftragung der Lösungsmittelstärken (→ Kantenhöhe) (siehe Abb. I-12 a) und horizontaler Darstellung der Fließmittel-Selektivität (→ Mischungspunkte im gleichseitigen Dreieck) (siehe Abb. I-12 b). Zur Entfernung des oberen, irregulären Teils für Arbeiten im schwachen bis mittleren Polaritätsbereich I Grundlagen und Methodik 45 a ST (1) ST (1) ST (1) ST (2) ST (1) ST (3) b 811 721 631 541 451 361 271 181 172 622 532 442 352 262 613 523 433 343 253 163 712 424 334 244 154 514 415 325 235 145 316 226 136 217 127 118 Abb. I-12. Das PRISMA-Modell (verändert nach Nyiredy et al., 1985: 242 f.): a) Angleichung der Lösungsmittelstärken; b) Kombination der mobilen Phase. schneidet man das Prisma auf der Höhe der kürzesten Kante, in diesem Fall für die Lösungsmittelstärken ST (2) = ST (3), parallel zur Grundfläche ab, indem gemäß Gleichung I-25 ST (1) durch Zumischen benötigter Volumenanteile von n-Hexan auf das Niveau der beiden anderen, unverdünnten Elutionsmittel (ST (2/3) = S2/3) gesenkt wird. So muß beispielsweise zur Halbierung von ST (1) der Anteil an n-Hexan, eines weitgehend inerten Lösungsmittels von vernachlässigbarer Stärke (S = 0.1), 50 Vol.% betragen. Zu Beginn der PRISMA-Optimierung prüft man konkret mindestens zwei der in Tabelle I-3 genannten Lösungsmittel pro Gruppe in unverdünnter Form auf ihre Eignung zur Separation vorliegender Fraktionen, wobei Wasser neben Essigsäure und Ammo- I Grundlagen und Methodik 46 niakwasser als Modifikatoren für stark polare Komponenten nur verdünnt zum Einsatz kommen. Die Beurteilung der Trenneigenschaften hat im Rf-Bereich von 0.2-0.8 zu erfolgen, unter eventueller Korrektur durch n-Hexan, womit die jeweiligen Elutionsmittel unbegrenzt mischbar sein müssen. Sollte dies nicht der Fall sein, so haben zumindest die anderen Komponenten lösungsvermittelnde Eigenschaften aufzuweisen. Auf DCFolien (10 cm × 10 cm) können diese Untersuchungen rasch und ökonomisch mit je 10 mL Fließmittelgemisch ohne Kammersättigung durchgeführt werden. Nach Auswahl der drei am besten geeigneten Elutionsmittel gemäß maximaler Anzahl an getrennten Substanzen bei größtmöglichen ∆Rf-Werten konstruiert man durch Angleichen der Lösungsmittelstärken − in Orientierung an der schwächsten Komponente − den regulären Teil des Prismas. Für die Ermittlung der besten LösungsmittelKombination wird die Dreiecksfläche primär anhand der Eck- und Mittelpunktskoordinaten (811, 181, 118, 433) abgetastet. Sofern nötig, läßt sich auch die Lösungsmittelstärke der Gesamtmischung unter Beibehaltung der gewählten Selektivität mit nHexan erniedrigen (vgl. Nyiredy et al., 1985: 242-244). Sollte bei besonders schwierigen Trennproblemen für unpolare Gemische das genannte Prozedere nicht zum Erfolg führen, so konstruiert man ein neues reguläres Prisma mit weiteren geeigneten Fließmitteln, prüft andere Kombinationskoordinaten oder reduziert die Zahl der Elutionskomponenten auf zwei. Im Falle von Trennproblemen mit polaren Gemischen weicht man von Anfang an in die obere irreguläre Deckfläche des Prismas aus, setzt wiederum weitere geeignete Fließmittel ein, prüft andere Selektivitätspunkte oder verringert die Zahl der in Frage kommenden Laufmittel auf zwei. Allerdings ist zu beachten, daß sich bei Variation der Fließmittelmischung im irregulären Dreieck Selektivität und Lösungsmittelstärke simultan ändern, insbesondere bei Verwendung von Wasser zur Polaritätssteigerung. Generell können Effizienz und Qualität der dünnschichtchromatographischen Trennung auch über die Verwendung von HPTLC-Phasen verbessert werden (vgl. Nyiredy et al., 1988: 338-342). Wertvolle Orientierungshilfen zur Fließmittelauswahl liefert auch die Monographie von Frey (1992), 100-108. Prinzipiell läßt sich die Optimierung anhand des beschriebenen PRISMA-Modells ebenso auf RP-8-/RP-18-Phasen durchexerzieren, wobei das Elutionsvermögen praktisch umgekehrt zur Chromatographie auf NP-Sorbentien in folgender Reihenfolge abnimmt: Tetrahydrofuran > Dimethylformamid > Ethanol > Acetonitril > Methanol > Wasser. Je polarer die aufzutrennenden Substanzen, umso höher I Grundlagen und Methodik 47 muß im Regelfall der H2O-Anteil im Fließmittel sein. Zu den empfohlenen Modifikatoren zählen unter anderem 2-Propanol und Dimethylsulfoxid. Auch Ionenpaarchromatographie auf vorimprägnierten RP-Schichten hat sich für geladene Komponenten bestens bewährt (vgl. Sherma and Fried, 1996: 24 f.). 1.3.2 Dünnschichtchromatographie Im analytischen Maßstab besitzen TLC-Methoden nach wie vor eminente Bedeutung zur Überprüfung von Reinsubstanzen (z. B. Arzneimitteln) sowie für die rasche Verlaufskontrolle von Synthesen. Für hohe Ansprüche an Trennleistung und Reproduzierbarkeit gibt es kommerziell erhältliche Hochleistungssysteme (HPTLC), Auftragegeräte, Trennkammern und Detektoren, die einem Leistungsvergleich mit alternativen Methoden standhalten. Auch lassen sich etablierte Trennsysteme leicht in den präparativen Bereich übertragen, wobei ein gleichmäßiger horizontaler Verlauf der Einzelbanden über die gesamte Sorptionsschicht hinweg (2 mm Kieselgel/Aluminiumoxid oder 0.5 mm Cellulose) mittels vollständiger Kammersättigung gewährleistet wird. Nach Auskratzen der interessierenden Substanzzonen erfolgt die Desorption mit einem Fließmittel hoher Elutionskraft (vgl. Geckeler und Eckstein, 1987: 148-150). Empirisch unterscheidet man über 20 Parameter, welche eine TLC-Trennung entscheidend beeinflussen und von denen in der Reihenfolge abnehmender Relevanz die wichtigsten wie folgt lauten: ♦ Stationäre Phase ♦ Mobile Phase ♦ Konditionierung der stationären Phase ♦ Wassergehalt/Aktivität des Sorptionsmittels ♦ Kammersättigung ♦ Korngröße der stationären Phase ♦ Größe der Substanzzone beim Auftragen ♦ Laufmittelgradienten ♦ Fließgeschwindigkeit der mobilen Phase ♦ Temperatur I Grundlagen und Methodik ♦ Probenvolumen ♦ Trennstrecke ♦ pH-Wert 48 HPTLC-Fertigschichten weisen Korngrößen im Bereich von 3-5 µm auf, TLC-Sorbentien von etwa 10 µm. Durch Kammersättigung nimmt der Fließmittelbedarf für die gleiche Laufstrecke ab und die Rf-Werte fallen entsprechend geringer aus. Generell ist zu beachten, daß hohe Aktivität des Sorbens nicht als Bedingung für eine hohe Trennleistung gilt, hingegen die Gefahr katalytischer Veränderungen von Fließmittel und/oder Substanzen erhöht. Für das Auftragen in mehreren Fraktionen ist nur das Sprühverfahren (CAMAG Linomat IV) geeignet. Mehrfachentwicklung ermöglicht die Rekonzentration mit verbesserter Auflösung der Einzelkomponenten bei Rf < 0.5. Neben Normalund Doppeltrogkammern kommen zunehmend auch Spezialtypen wie Linear-, Variound AMD-Kammern zum Einsatz. Für die direkte quantitative Auswertung müssen jeweils identische Volumina von Proben und Standards auf dieselbe TLC-Platte appliziert werden, wobei die eigentliche Messung densitometrisch mit einem Chromatogramm-Spektralphotometer oder radiometrisch über Szintillationsmessungen erfolgt (vgl. Bauer et al., 1989). 1.3.3 Hochleistungs-Flüssigchromatographie In den Bereichen von 1-10 bar / 10-40 bar / > 40 bar spricht man von Niederdruck(LPLC) / Mitteldruck- (MPLC) / Hochdruckchromatographie (HPLC), wobei HPLC besser als Abkürzung für Hochleistungs-Flüssigchromatographie dient, da die chromatographische Separation selbst nicht durch den Druck bedingt wird. Analytische Trennungen umfassen Substanzmengen von < 1 µg bis < 1 mg, präparative Ansätze von > 1 mg. Im Gegensatz zur isokratischen Elution nimmt im Gradientenmodus die Peakbreite nicht automatisch mit wachsender Retentionszeit zu. Allerdings erfordern chemisch unmodifizierte Phasen sehr zeitaufwendige Gleichgewichtseinstellungen, so daß Gradientenelutionen in der Regel an Umkehrphasen gebunden sind (vgl. Rücker et al., 2001: 440-466). I Grundlagen und Methodik 49 Term I der in Abbildung I-13 angeführten Fundamentalgleichung der Chromatographie wird als Verzögerungsterm bezeichnet und dient zur Optimierung der k‘-Werte, wobei der später eluierende Peak ausschlaggebend ist. Bei diesem Wert handelt es sich ebenso wie bei dem Trennfaktor α um einen Index, unabhängig von apparativen Gegebenheiten (Säulendimensionen, Fluß). Beruht die Trennung überwiegend auf Adsorptionsvorgängen, so kann k‘ durch die Polarität der mobilen beziehungsweise durch die Aktivität der stationären Phase beeinflußt werden, bei Verteilungsvorgängen hingegen über die Temperatur. Optimale Werte für k‘ liegen im allgemeinen zwischen 2 und 10, während eine weitere Erhöhung eher die Analysenzeiten unnötig verlängert. Den Einfluß des Trennfaktors α auf die Auflösung beschreibt der Selektivitätsterm II, dessen Wert mit steigendem α gegen 1 geht und sich durch Veränderung der chemischen Eigenschaften von stationärer und/oder mobiler Phase einstellen läßt. Für α ≈ 1 als Quotient aus zwei Retentionszeiten (k‘) kann auch bei höchster Trennleistung des Systems (Term III) keine ausreichende Substanzseparation mehr erhalten werden. Selektivität beschreibt also den Abstand von Peakspitze zu Peakspitze, berücksichtigt jedoch im Gegensatz zur Bodenzahl nicht die Peakform. Der Dispersionsterm III wiederum markiert den Einfluß der Trennleistung beziehungsweise der Säuleneffizienz auf die Auflösung. Für eine Verdopplung von RS ausschließlich über N müßte die Säulenlänge vervierfacht werden, was aufgrund des damit verbundenen Druckanstiegs im System häufig nicht möglich ist. Diese Bodenzahl N gilt letzten Endes als Maß für die Verbreiterung der Substanzzone aufgrund von Diffusionsvorgängen und kann auf eine Säule unter definierten Bedingungen (theoretisch) oder auf eine retardierte Komponente (effektiv) bezogen werden. Am schwierigsten zu realisieren, wenngleich am effektivsten erfolgt die Maximierung von RS über eine Änderung von α. In direkter Folge steht dann die Erhöhung der Dispersion durch verlängerte Säulen oder über verringerte Korngröße der stationären Phase bei konstanten Säulendimensionen und damit auch konstanter Retentionszeit. Das „kαN“-Prinzip (siehe Abb. I-13) empfielt, zunächst für ausreichende Wechselwirkungen zwischen Trennsystem und Probe zu sorgen und akzeptable Retentionszeiten einzustellen. Anschließend ist mit vertretbarem Aufwand eine möglichst gute Selektivität zu erzielen. Scheint die Auflösung immer noch nicht zufriedenstellend, so muß die Peakform anhand der aufgelisteten Maßnahmen verbessert werden. Was die Wahl von Acetonitril oder Methanol anbelangt, so liefert Letzteres vor allem bei kleinen po- Grundlagen und Methodik 50 I II { I III Optimierung der Retention: 2 ≤ k' ≤ 10 ♦ ♦ ♦ II k′ α–1 R s = 0.25 ⋅ -------------- ⋅ ------------- ⋅ N 1 + k′ α { Fundamentalgleichung der Chromatographie: { I Stationäre Phase Eluentenzusammensetzung Temperatur Optimierung der Selektivität: 1.1 ≤ α ≤ 2.0 ♦ ♦ ♦ ♦ Stationäre Phase wechselweiser Ersatz von MeCN durch MeOH Modifikatoren (z. B. n-BuOH / THF / HAc / Amine) Temperatur (im Regelfall ↓) III Optimierung der Dispersion: N erhöhen ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ Säulenlänge ↓ Teilchengröße des Sorbens ↓ Eluentenfluß ↑ Temperatur ↑ Injektionsvolumen ↓ Elutionskraft des Probenlösungsmittels ↓ Totvolumen der Apparatur ↓ Abb. I-13. Das „kαN-Prinzip“ zur Verbesserung der Auflösung am Beispiel der RP-HPLC (verändert nach Rücker et al., 2001: 402; Kromidas, 2006: 18). I Grundlagen und Methodik 51 laren Molekülen und stark hydrophoben Phasen für Mischungen gleicher Elutionskraft die bessere Selektivität, während die erhöhte Viskosität im Vergleich zu MeCN eine schlechtere Peakform bedingt. Außerdem driftet der pH-Wert nach Zugabe von MeOH stärker ins Alkalische als nach Zusatz von MeCN. Bei Temperaturerniedrigung treten die Eigenschaften der stationären Phase in den Vordergrund, wobei sich Enthalpiewie Entropiedifferenzen stärker bemerkbar machen und somit die Selektivität steigt, während abnehmende Kinetik und Bodenzahl zu einer Peakverbreiterung führen. Diese Maßnahme empfielt sich für solche Trennungen, in deren Verlauf dem sterischen Aspekt der Einzelkomponenten eine Schlüsselrolle zukommt. Eine Temperaturerhöhung wiederum verringert die Retentionszeiten, senkt die Viskosität des Eluenten und infolgedessen den Rückdruck. Hinsichtlich der Probeninjektion ist es in jedem Fall ratsam, größere Volumina einer eluentenähnlichen Lösung als kleinere Volumina mit stärkerer Elutionskraft aufzutragen. Das „Subtraktions-Modell“ für die Selektivität in der RP-Chromatographie basiert auf fünf Typen von Molekül-Säulen-Wechselwirkungen: Hydrophobizität − Sterischer Widerstand − Wasserstoffbrückenbindung durch Säulen-Acidität − Wasserstoffbrückenbindung durch Säulen-Basizität − Kationenaustauschaktivität der Säule. Bei Überprüfung an ca. 150 Substanzen und ebenso vielen Alkyl-Säulen konnten Retention und Selektivität mit einer mittleren Treffergenauigkeit von ±1 % berechnet werden (vgl. Kromidas, 2006: 6-11, 16, 18, 20-22, 29 f., 334-336). Sofern die Probenlösung im gewählten Fließmittel hinreichend aufkonzentriert werden kann, bereitet der Übergang vom analytischen in den präparativen Maßstab keine Probleme. Genügt ferner die optimierte Auflösung des gewählten Trennsystems, so läßt sich der Massendurchsatz durch gezielte Überladung markant erhöhen, wohingegen eine Überlastung der Säule unbedingt zu vermeiden ist. Neben den im vorhergehenden Abschnitt genannten Methoden zur Verbesserung von RS kann man bei geringen Retardationsdifferenzen auch die Recycling-Chromatographie einsetzen. Hierbei wird das Eluat nicht sofort abgeführt, sondern mit Hilfe spezieller Ventilschaltungen an den Säulenanfang zurückgeleitet und so lange kreisförmig chromatographiert, bis die Trennstufenzahl für die Separation der interessierenden Komponenten ausreicht, ohne auf verlängerte Säulen zurückgreifen zu müssen. Hat die Trennung unter isokratischen Bedingungen zu erfolgen, so greift man aufgrund des großen Zeitbedarfs häufig auf die Säulenumschalttechnik zurück. Durch Kombination mehrerer I Grundlagen und Methodik 52 kurzer Säulen mit zwischengeschalteten Ventilen kann hierbei die „Säulenlänge“ je nach Trennverhalten der Substanzen während der Chromatographie geändert werden, was gerade in der Gaschromatographie vorteilhaft zum Einsatz kommt (vgl. Geckeler und Eckstein, 1987: 223-228). Für die experimentelle Ausführung der vorliegenden Dissertation spielen zwei RPPhasen eine dominierende Rolle: Chromolith® und Hypercarb® (siehe Kapitel I 4.7). Selbst in einer ideal mit sphärischen Teilchen derselben Größe gepackten Säule beträgt das Totvolumen mindestens 30 %. Um diesen Verlust an chromatographisch aktiven Zonen soweit als möglich zu verringern, kann man zum einen die Partikelgröße der stationären Phase bis zu einer technischen Untergrenze von etwa 2 µm verringern, was jedoch den Rückdruck stark erhöht, mit allen bekannten Verschleißerscheinungen hinsichtlich HPLC-Pumpe und Säulenmaterial. Vorteilhaft kommen in diesem Fall monolithische Phasen zum Einsatz, für deren Herstellung flüssige Vorläufersubstanzen zu porösen Massen aus vernetzten Partikeln polymerisiert werden, wodurch sowohl der chemische Aufbau als auch der Durchmesser von Kanälen und Poren unabhängig voneinander kontrolliert werden können. Inzwischen ist auch eine Reihe organischer Ausgangsmonomere wie Styren oder Divinylbenzen bekannt, welche sich direkt in geeigneten Wandmaterialien polymerisieren lassen. Bezüglich Chromolith® basiert diese Reaktion konkret auf der Hydrolyse und Polykondensation von Tetramethoxysilan in Gegenwart von Polyethylenglycol, Harnstoff sowie anderen Reagenzien unter Ausbildung kieselgelreicher und wäßriger Regionen. Nach Penetrieren der Wandstrukturen mit Alkalien und Trocknen bleibt dann ein schwammartiges Kieselsäure-Skelett mit einer Oberfläche von 300 m2 g−1 zurück, gekennzeichnet durch Makro- (≈ 2 µm) und Mesoporen (≈ 13 nm), welche maximale Auflösung bei hohen Flußraten und minimalem Gegendruck gewährleisten (siehe Abb. I-14 a, b). Lediglich die geringe Toleranz der stationären Phase gegenüber Alkalien (pH-Stabilität: 2.0-7.5) sowie der Säulenwandung (Polyetherketone) gegenüber THF und DMSO schränken die Anwendbarkeit der Chromolith®-RP-18e-Säulen ein (vgl. Jacoby, 2006; Merck, 2006). Hypercarb®-Medien bestehen zu 100 % aus sphärischen, porösen graphitisierten Kohlenstoff-Partikeln (PGC) mit planaren hexagonalen Schichten, ähnlich einem polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoff. Die Oberfläche ist kristallin, ohne Mikroporen und hochreproduzierbar in der Herstellung sowie von gänzlich anderem Charakter als silicamodifizierte Phasen mit bürstenartiger Anordnung der Alkylliganden I Grundlagen und Methodik 53 a b Hydrolyse der Organosilane bei pH < 2 c inerte Oberfläche ohne funktionelle Gruppen Stabilität im Bereich von pH 1-14 Auflösen der KieselgelMatrix bei pH > 9 Abb. I-14. Stationäre Phasen von RP-HPLC-Säulen. − a)-b) Chromolith®-Makroporen und -Mesoporen; c) RP-18-Oberflächenstruktur im Vergleich zum porösen graphitisierten Kohlenstoff (PGC) des Hypercarb®-Materials. (siehe Abb. I-14 c). Bei einer durchschnittlichen Porengröße von 250 Å und einer spezifischen Oberfläche von 120 m2 g−1 können über den gesamten pH-Bereich von 0-14 sowohl NP- als auch RP-Lösungsmittel verwendet werden, deren Klassifizierung allerdings nicht auf den für Kieselgel-Materialien üblichen eluotropen Reihen beruht. Vielmehr nimmt die Elutionsstärke wie folgt zu: MeOH ≤ MeCN ≈ 1,4-Dioxan < MeCN:Isopropylalkohol [1:1] < MeCN:Isopropylalkohol [1:3] < THF ≈ DCM < Toluen ≈ Chloroform. Als kompetitive Modifikatoren zur Verringerung polarer Retention kommen Trifluoressigsäure oder Diethylamin in Frage. Im Gegensatz zu weitgehend anisotropen Silica-Phasen zeigt die Hypercarb®-Oberfläche räumliche Selektivität mit der Möglichkeit, geometrische Isomere und andere eng verwandte Komponenten zu I Grundlagen und Methodik 54 separieren. Dabei herrschen im wesentlichen zwei Retentionsmechanismen vor, und zwar einerseits Dispersionseffekte zwischen Analyt und mobiler Phase beziehungsweise zwischen Analyt und Graphitoberfläche, so daß tR mit zunehmender Hydrophobizität steigt. Andererseits beobachtet man Induktionseffekte, wodurch sich die Affinität des Analyten zur Materialoberfläche proportional zu dessen Polarität verhält, in starker Abhängigkeit von deren Kontaktfläche sowie von Art und Anzahl funktioneller Gruppen relativ zur Graphitschicht. So ermöglicht Hypercarb® unter anderem auch die effektive Trennung von hochpolaren Kohlenhydraten und konstitutionsisomeren Nucleosidphosphaten (vgl. Ross und Ax, 2000; Thermo ELECTRON CORPORATION, 2004). Polare Säuren können auf silicamodifizierten RP-Phasen meist nur in stark sauren Eluenten mit hohem Wasseranteil retardiert werden, wobei die erreichte Selektivität in der Regel bescheiden bleibt. Alternativ setzt man Ionenpaarreagenzien zu oder weicht gleich auf andere Trenntechniken wie Anionenaustausch-Chromatographie oder Hydrophile Interaktionschromatographie (HILIC) aus, welche zwar individuelle Vorteile bieten, aber die Universalität der RP-Chromatographie keinesfalls erreichen. Die sogenannte „Mixed-Mode“-Chromatographie hingegen setzt auf die Kombination von RP und schwachem Anionenaustausch (WAX) in einem geeigneten Selektor, welcher beispielsweise aus einer hydrophoben Alkylkette mit eingebetteten Sulfid- und Amidgruppen (hydrophile Domänen) sowie einem Chinuclidinyl-Rest (zyklisches tertiäres Amin: pKa ≈ 9.9) besteht. Diese RP/WAX-Phasen lassen sich multimodal betreiben und zur Auftrennung von polyfunktionellen Analyten (Bsp.: Gibberellinsäure) vorzüglich einsetzen. Während in diesem Fall der pH-Wert in einem gepufferten hydro-organischen Eluenten den WAX-Prozeß steuert, findet bei Verwendung von > 60 % (v/v) Acetonitril anstelle von Methanol ein Übergang von einem RP-artigen zu einem HILIC-artigen Retentionsmechanismus statt (vgl. Bicker et al., 2008: 218 f.). I Grundlagen und Methodik 1.4 55 Massenspektrometrie 1.4.1 Größen, Einheiten und Symbole Die Verwendung von 12C als Standard für die Atommasse hat seit dem 1. Januar 1962 universelle Gültigkeit und ersetzte sowohl die chemische Atomgewichtsskala, basierend auf dem natürlichen Isotopengemisch des Sauerstoffs, als auch die physikalische Atomgewichtsskala bezogen auf 16O, welche über den Smytheschen Faktor ineinander umgerechnet wurden. Nach Empfehlung der IUPAC stellt die Masse die physikalische Größe dar, das u (unified atomic mass unit) hingegen Einheit und Symbol unter Bezugnahme auf ein hypothetisches Atom der Masse 1. Hinsichtlich der letzten beiden Kriterien existiert auch noch das amu (atomic mass unit), welches ebenso wie das u nicht zum SI-System gehört, aber mit diesem zusammen zu nutzen ist. Das vor allem im biochemischen Kontext gebräuchliche Da (Dalton) entsprach früher der Masse des Wasserstoffatoms (1H), so daß 1 Da mit 1.007825 u gleichzusetzen war. Zum Zwecke der Vereinheitlichung ging man schließlich dazu über, alle genannten Einheiten beziehungsweise Symbole mit 1/12 der Masse des häufigsten Kohlenstoffisotops 12C gleichzustellen, so daß nun gilt: 1 u = 1 amu = 1 Da = 1.6605402 • 10−27 kg (vgl. Deckwer et al., 2008; Lide, 2006: 1-20; Rücker et al., 2001: 304 f.). 1.4.2 Matrix-unterstützte Laserdesorptions-Ionisation Das sogenannte MALDI-Verfahren der Massenspektrometrie dient in Kombination mit Flugzeit-Analysatoren (TOF) oder Ionen-Cyclotron-Resonanz-Vorrichtungen (ICR) meist zur Bestimmung der Molekülmasse von Peptiden und Proteinen bis zu einem Wert von etwa 100000 Da. Dabei wird die Probe im Verhältnis 1:10000 mit einer Matrix aus 2,5-Dihydroxybenzoesäure, Sinapinsäure oder α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure gemischt auf ein Target aufgetragen und meist mit einem gepulsten Stickstofflaser bei 337 nm bestrahlt. Die Matrizes verringern dabei nicht nur die Wechselwirkung der Probenmoleküle untereinander (Verdünnungseffekt), sondern übertragen auch absorbierte Laserenergie für die Desorption der Probe, liefern die zur Ionisation benötigten I Grundlagen und Methodik 56 Protonen und schützen die Probensubstanz darüber hinaus vor photolytischer Zersetzung. Zur Verbesserung des Signal-zu-Rauschen-Verhältnisses wird eine Sequenz von 5-100 Laserimpulsen eingesetzt, wobei hauptsächlich folgende Ionen im Massenspektrum auftreten: [M + H]+, [M + 2H]2+, [M + Alkalimetall]+, [M − H]−, [M − 2H]2−. Fragmentierungen hingegen sind üblicherweise eher selten: [M − H2O], [M − NH3], [M − CH3OH]. Das Spezialverfahren der MALDI-Post-Source-Decay-Massenspektrometrie (MALDI-PSD-MS) ermöglicht es, neben den in der Ionenquelle gebildeten Fragmentionen auch diejenigen Ionen zu registrieren, welche erst auf dem Weg durch den Flugzeit-Analysator entstehen (vgl. Rücker et al., 2001: 348 f.). Bei neueren Bautypen der gepulst arbeitenden TOF-Analysatoren mit nach oben prinzipiell unbegrenztem Massenbereich besitzt das Flugrohr eine gewinkelte Struktur, damit die Ionen in diesem Winkel durch ein elektrisches Feld reflektiert werden (Ionenspiegel, Reflotron), so daß außerhalb der Ionenquelle gebildete Zerfallsprodukte nachgewiesen werden können. Beim ICR-Verfahren hingegen bringt man die zwischen Plattenelektroden in einem starken Magnetfeld kreisenden Ionen durch einen RF-Impuls im fraglichen Frequenzbereich in Phase. Die in der Kondensatorplatte entstehende komplexe elektromagnetische Welle entspricht der Summe der CyclotronFrequenzen aller Ionen gewichtet nach der Zahl der einzelnen Ionensorten. Daraus wird durch Fourier-Transformation das Massenspektrum errechnet (FT-ICR). Somit verbinden ICR-Geräte in nach oben begrenztem Massenbereich ein äußerst hohes Auflösungsvermögen mit großer Empfindlichkeit und erlauben Aussagen zum zeitlichen Verlauf von Ionen-Molekül-Reaktionen (vgl. Budzikiewicz und Schäfer, 2005: 3538). Bei vielen UV-MALDI-Matrizes handelt es sich um Carbonsäuren (siehe oben), welche unter thermischer Belastung CO2 freisetzen, dessen Druck einen wesentlichen Beitrag zur Proben-Ablation liefern kann. In der Desorptionswolke wurde unter anderem auch atomarer Wasserstoff nachgewiesen, was unter erhöhtem Protonendruck die Existenz radikalischer Anlagerungsprodukte [M + H•] hinsichtlich Matrix und/oder Probe nahelegt (vgl. Knochenmuss, 2006: 976 f.). I Grundlagen und Methodik 57 1.4.3 Plasma-basierende Verfahren Die Inductively-Coupled-Plasma-Massenspektrometrie (ICP-MS) repräsentiert eine Multielementmethode, welche mit wenigen Ausnahmen (H, N, O, F) die Bestimmung sämtlicher chemischer Elemente des Periodensystems erlaubt und aufgrund der tiefen Nachweisgrenzen (pg mL−1 in Lösungen) für Spurenanalysen und halbquantitative Übersichtsanalysen gleichermaßen gut geeignet ist. Der dynamische Meßbereich erstreckt sich über mehr als 6 Größenordnungen, wobei die Proben in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand analysiert und auch Isotopenverhältnisse mit hoher Präzision erfaßt werden können. Technisch gesehen bestrahlt man die Probe in einer Ablationszelle mit einem gepulsten, hochenergetischen Excimer-Laser (λ = 193 nm) (Kratertiefe: 0.02-5 µm) und transportiert das entstandene Aerosol mit Heliumgas in die ICP-Vorrichtung, wo die Partikel durch ein Argon-Plasma bei etwa 7000 K verdampft, atomisiert und ionisiert werden (siehe Abb. I-25). Daran anschließend erfolgt die MSAnalyse in den meisten Fällen über Quadrupol-Analysatoren, zunehmend aufgrund höherer Auflösung sowie verbesserter Nachweisgrenze aber auch mittels SektorfeldGeräten oder durch TOF-Instrumente mit der Möglichkeit zur quasi-simultanen Ionendetektion (vgl. Hattendorf et al., 2003: 342 A). Die beiden Methoden ICP-OES (Inductively Coupled Plasma Optical Emission Spectrometry) und ICP-MS ergänzen sich gegenseitig vorteilhaft, wobei Erstere für Bestimmungen im g/g- bis µg/g-Bereich gut geeignet ist, Letztere eher zwischen mg/g und ng/g. So weisen die Elemente Phosphor und Schwefel bei 7000 K nur einen Ionisierungsgrad um 25 % auf und verursachen deshalb gewisse Probleme im ICP-MS, welche jedoch mit der ICP-OES-Methode überwunden werden können. Allerdings stellt die Tatsache, daß isobare Interferenzen mit Molekülionen die Analyse einer Reihe relevanter Spezies wie 28Si+/(14N2+), 32S+/(16O2+), 39K+/(38Ar1H+) oder 56Fe+/(40Ar16O+) empfindlich stören, hohe Herausforderungen an die Präzision der Messungen sowie an die Reinheit von Reagenzien und Laboratmosphäre. Im Falle von 32S+/(16O2+) genügt eine MS-Auflösung von ≥ 1800, während die Isobare 58Ni+/58Fe+ erst bei m/∆m ≥ 29000 separiert erfaßt werden. Mit Ausnahme von Indium besitzen alle Elemente zumindest ein Isotop, welches frei von Interferenzen durch andere Nuklide ist, so daß man im Falle von Nickel am einfachsten auf 60Ni+ ausweicht (vgl. Kläntschi et al., 1996: 129 f., 131, 136 f., 144 f.). I Grundlagen und Methodik 58 Die bereits erwähnten Sektorfeld-Vorrichtungen gehören zu den sogenannten Tandemgeräten, gekennzeichnet durch sequentielle Anordnung mehrerer Analysatoren, hohen dynamischen Massenbereich und große Meßgenauigkeit. Zum einen dient ein zusätzlicher elektrostatischer Analysator der Verbesserung des Auflösungsvermögens, zum anderen können die Zerfallsprodukte ausgewählter Ionen bestimmt werden. Bei einem Gerät mit umgekehrter Geometrie (magnetischer vor elektrostatischem Analysator) gelingt es, sämtliche Molekülbruchstücke sequentiell zu erfassen: DADI = Direct Analysis of Daughter Ions oder MIKE(S) = Mass Analyzed Ion Kinetic Energy (Spectrum) (vgl. Budzikiewicz und Schäfer, 2005: 39, 62). 1.5 NMR-Spektroskopie 1.5.1 Paramagnetische Systeme Für ein paramagnetisches Molekül in Lösung liegen dem beobachteten NMR-Spektrum sowohl diamagnetische als auch paramagnetische Verschiebungen zugrunde. Mit der absoluten Spektrometer-Frequenz ν und dem Frequenz-Unterschied ∆ν zwischen dem jeweiligen Signal und einer internen Referenz gilt: (∆ν/ν)gemessen = (∆ν/ν)diamagnetisch + (∆ν/ν)paramagnetisch (Gl. I-26). Der letzte Term wird als isotrope oder Hyperfein-Verschiebung bezeichnet und resultiert unmittelbar aus molekularem Paramagnetismus, wobei die davon betroffenen Protonen-Signale bis über einen Bereich von ±150 ppm relativ zu TMS verschoben sein können, also weit außerhalb der allgemein bekannten diamagnetischen Werte von etwa −2 bis 12 ppm. Für andere NMR-aktive Kerne umfassen die Shift-Regionen sogar mehrere hundert ppm. Hinsichtlich paramagnetischer Porphyrinoide wie Ni(II)F430 (High-Spin) käme der entsprechende Zn(II)-Komplex als diamagnetische Referenzkomponente in Frage. Innerhalb eines Moleküls existieren prinzipiell zwei Arten von Wechselwirkungen zwischen ungepaarten Elektronen und Atomkernen, zum einen Dipol-Dipol-/Pseudo- I Grundlagen und Methodik 59 kontakt-Interaktionen, zum anderen der sogenannte Fermi-Kontakt-Term. Bei Ersteren handelt es sich um eine Kopplung ohne Energieaustausch zwischen räumlich diskreten magnetischen Momenten unter der Annahme, daß der Elektronenanteil auf dem Metall und der Kernanteil auf dem restlichen Molekül lokalisiert ist. Letzterer beruht auf der Übertragung von Spindichte in Richtung der Liganden und damit auf dem Ausmaß von Metall-Ligand-Bindungen unter Beteiligung von σ- und/oder π-Orbitalen: (∆ν/ν)isotrop = (∆ν/ν)dipolar + (∆ν/ν)Kontakt (Gl. I-27). Diesbezüglich stellt man sich vor, daß Spindichte ungepaarter Elektronen über Metall → Ligand-Orbitale delokalisiert ist, gefolgt von der Polarisierung der Bindungselektronen. In den dipolaren Anteil wiederum geht der geometrische Faktor (1 − 3cos2θ)/r3 ein, dessen Zähler für θ = 54.7° gleich Null wird, was dem Magischen Winkel entspricht. Deshalb unterliegen Kerne, welche irgendwo auf einer Kegeloberfläche mit exakt diesem Winkel zur zentralen Molekülachse liegen, keiner dipolaren Verschiebung. Lanthanoiden-Shift-Reagenzien zeigen auf Protonensignale abschirmende (Pr(III)) oder entschirmende (Eu(III) / Yb(III)) Effekte, welche auch ganz unterbleiben können und vom durchschnittlichen Verhältnis komplexierter zu freien Molekülen abhängen. Die isotrope Verschiebung beruht dabei hauptsächlich auf dem dipolaren Anteil (vgl. Satterlee, 1990a). Innerhalb der longitudinalen Relaxationszeit T1 kehrt das System entlang der Magnetfeldrichtung (z-Achse) in seinen Ausgangszustand (Boltzmann-Gleichgewicht) zurück, während die transversale Relaxationszeit T2 den Zerfall der Phasenkohärenz in der xy-Ebene und damit das Abklingen des FID bezeichnet. Typische Werte von T1 und T2 in diamagnetischen Molekülen bewegen sich im Bereich von Zehntelsekunden bis Minuten, für paramagnetische Systeme hingegen von Millisekunden. Entsprechende Relaxationsparameter existieren auch für Elektronen und werden hier mit T1e beziehungsweise T2e bezeichnet. Die Konstante τc geht in eine Funktion ein, welche die Molekülbewegung unter anderem über den Brownschen Effekt beschreibt. Konzeptionell kann man die Korrelationszeit für einen Kern als Zeitspanne auffassen, innerhalb welcher das von ihm perzipierte lokale Magnetfeld konstant ist. Schnelle Molekülbewegungen (Vibrationen, Translationen, Rotationen, Kollisionen) bedingen dabei kleine Werte für τc mit raschen lokalen Feldänderungen, so beispielsweise 2.7 • 10−12 s für I Grundlagen und Methodik 60 H2O bei Raumtemperatur. Falls das Produkt aus Resonanzfrequenz ω des jeweiligen Kerns und τc weit unterhalb von 1 liegt, wie dies für kleine Moleküle in nichtviskosen Lösungsmitteln bei Raumtemperatur meist zutrifft, so ist T1 = T2. Es gilt aber immer die Grundbedingung T2 ≤ T1 (vgl. Kessler und Gemmecker, 2006: 25-27). Die Halbwertsbreite einer charakteristischen Lorentz-Linie berechnet sich dann nach (π T2)−1. Da das magnetische Moment eines Elektrons etwa um den Faktor 2000 über demjenigen eines Protons liegt, führen ungepaarte Elektronen zu starken fluktuierenden Feldern, welche die Relaxation benachbarter Kerne entscheidend beeinflussen. Liegt T1e bei > 10−4 s, so zeigen die Resonanzlinien für Elektron und Kern jeweils ein Dublett, analog zu einem gekoppelten AX-System. Für 10−8 s ≤ T1e ≤ 10−6 s befindet sich das NMR-Signal im Koaleszenzbereich, und für T1e < 10−10 s erhält man ein Singulett, welches um den Anteil der isotropen Verschiebung vom Schwerpunkt des ursprünglichen Dubletts entfernt ist. In der Praxis beobachtet man, daß paramagnetische Substanzen entweder mittels EPR (→ S-Übergänge) oder mittels NMR (→ I-Übergänge) ergiebig analysiert werden können, aber niemals vorteilhaft mit beiden Methoden. Der Grund ist darin zu suchen, daß EPR-Messungen ebenfalls relativ langsame longitudinale Relaxationen benötigen (T1e ≥ 10−8 s), welche die Resonanzsignale benachbarter Kerne enorm verbreitern, da eine direkte Proportionalität zwischen der Halbwertsbreite von Lorentz-Linien und T1e vorherrscht. Diese Überlegungen gelten auch für paramagnetische Spezies mit mehreren ungepaarten Elektronen, wie vor allem für Koordinationsverbindungen von d- und f-Elementen. Zieht man Oxidationsstufe, magnetische Anisotropie und Spin-Bahn-Kopplung als entscheidende Kriterien für die Spin-Gitter-Relaxation von Übergangsmetall-Ionen in Betracht, so werden für folgende Spezies schmale NMR-Signale erwartet, was deren Eignung als Verschiebungsreagenzien nahelegt: Co(II), Cr(II), Fe(II) High-Spin, Fe(III) High-/Low-Spin, V(III). Breite Linien hingegen sollten sich für Cu(II), Cr(III), Mn(II) und Ti(III) ergeben, welche als Relaxations-Reagenzien einsetzbar sind. Neben den erwähnten Mechanismen ist ferner die magnetische Suszeptibilität − auch Curie-Spin-Effekt genannt − für die Signalverbreiterung in paramagnetischen Proben verantwortlich. Dieser beruht auf der durchschnittlichen makroskopischen Magnetisierung infolge von Polarisierung einer großen Elektronenspin-Population im angelegten Magnetfeld, wobei sich T2−1 und damit die Halbwertsbreite proportional zu B02 und invers zur Meßtemperatur T verhalten. I Grundlagen und Methodik 61 Zusammenfassend ergeben kleinere paramagnetische Moleküle bis in den Bereich um 10 kDa breite, relativ schwache phasensensitive COSY- und NOESY-Kreuzsignale, welche sich dennoch detektieren lassen. Wesentlich größere Proteine zeigen hingegen schwache Kreuzpeaks aus isotrop verschobenen Resonanzsignalen, da einige Protonen so rasch relaxieren, daß sie nur noch geringe Beiträge bei der Datenaufzeichnung liefern. Besondere Probleme verursachen Kernrelaxationen im Bereich von 10−2 s während einer TOCSY-Pulssequenz mit langem Spin-Lock, da einzelne Resonanzsignale übersehen werden können. Für die geringe Intensität der Kreuzpeaks zeichnen sich die paramagnetisch verbreiterten Resonanzlinien verantwortlich, welche innerhalb der Kreuzsignale die Löschung überlappender Antiphase-Komponenten bedingen (vgl. Satterlee, 1990b). Eine detaillierte Abhandlung zur NMR-Spektroskopie paramagnetischer F430-Derivate bietet das gesamte Kapitel I in der Dissertation von I. Schlönvogt (1997). 1.5.2 Kryo-Probenkopf Neben der Einführung von supraleitenden Magneten, der Fourier-Transform-Technik, von gepulsten Feldgradienten und generellen Verbesserungen in Elektronik und Hardware repräsentiert die Entwicklung sogenannter Kryo-Probenköpfe einen wesentlichen Meilenstein, um die Empfindlichkeit von NMR-Messungen markant zu erhöhen. Im Hinblick auf die um Größenordnungen tieferen Nachweisgrenzen etablierter Techniken wie Massenspektrometrie oder Röntgenstrukturanalyse wirken gleichzeitig in diesem Sinne methodische Fortschritte wie Polarisationstransfer (INEPT / DEPT), TransverseRelaxation-Optimized Spectroscopy (TROSY) für Biomakromoleküle oder Hyperpolarisation über Laser-Photonen (SPINOE → Edelgase / DNP → 13C). Insgesamt berechnet sich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis (S/N) aus der Zahl gemessener Kerne (n), dem gyromagnetischen Verhältnis von angeregten und detektierten Nukliden (γexc/γdet), der Magnetfeldstärke B0, der Anzahl aufgenommener Scans (NS), der Meßtemperatur T und der Relaxationszeit T2 (vgl. Kessler und Gemmecker, 2006: 29): I Grundlagen und Methodik 3 62 3 ----S –1 ---- = n ⋅ γ exc ⋅ γ det 2 ⋅ B 0 2 ⋅ NS ⋅ T ⋅ T 2 N (Gl. I-28). Die spektrale Auflösung hingegen zeigt direkte Proportionalität zu B0. Allgemein kann man die Empfindlichkeit eines NMR-Experimentes auffassen als Beziehung zwischen Signal und Rauschen des gesamten Empfänger-Systems, wobei das Signal die in der Empfängerspule des Probenkopfes induzierte Spannung bedeutet, das Rauschen hingegen sich zusammensetzt aus dem thermischen Rauschen in der Empfängerspule, im Vorverstärker und in der Probe selbst. Um den S/N-Quotienten zu optimieren, muß die Signal-Spannung erhöht und/oder die Rausch-Spannung verringert werden. Ersteres geschieht durch ein größeres Probenvolumen mit mehr detektierbaren Kernen, durch Erhöhen der Magnetfeldstärke, durch die Auswahl von Nukliden mit vorteilhaftem γexc/γdet oder durch Anpassen der Spulen-Geometrie. Letzteres erfordert eine Minimierung der stochastischen Elektronenbewegung und damit des elektrischen Widerstandes in leitenden Medien, welcher mit fallender Temperatur abnimmt und schließlich nur noch durch chemische Verunreinigungen im Leitermaterial bedingt ist. Somit müssen auch der Vorverstärker zwischen Spule und Empfänger sowie die Verbindungskabel entsprechend gekühlt werden. Allerdings verläuft die dadurch tatsächlich erreichte Steigerung der Meßempfindlichkeit unterhalb des theoretisch erreichbaren Wertes, da die erforderliche thermische Isolierung zwischen Probe und Empfängerspule das optimal eingestellte Verhältnis zwischen deren Volumina zwangsläufig verändert. Konkret reduziert die Kühlung der Empfängerspule (→ 20 K) das thermische Rauschen um den Faktor 2, welcher durch Einbeziehen des Vorverstärkers (→ 80 K) in den Kühlkreislauf auf einen Wert von maximal 4 erhöht werden kann. Apparativ stellt der Kryokopf einschließlich Empfängerspule und Vorverstärker ein Dewar-System dar, durchspült von kaltem Helium-Gas (vgl. Kovacs et al., 2005). Diese Meßvorrichtung bringt große Vorteile mit sich, wenn Nuklide wie 13C oder 15N mit − im Verhältnis zu 1H − stark verringerter relativer Empfindlichkeit (0.016 bzw. 0.001) ohne vorhergehende Anreicherung detektiert werden sollen. Gerade im Fall von paramagnetischen Proteinen weicht man gerne auf homonukleare 2D-13C-Experimente aus, da der paramagnetische Beitrag zur Relaxation proportional zu γdet2 ist und somit beim Übergang von 1H zu 13C um den Faktor 16 abnimmt. I Grundlagen und Methodik 63 Weitere interessante Anwendungen bezüglich deuterierten Proteinen und der Strukturaufklärung von Naturstoffen im Mikrogramm/Millimolar-Bereich finden sich in Kovacs et al. (2005). Bei der Anwendung von Kryo-Probenköpfen wird der Rausch-Beitrag der Spule gering im Verhältnis zu demjenigen der Probe. Zum einen bedingen zirkuläre Anteile der Brownschen Bewegung vor allem kleiner anorganischer Ionen wie Natrium oder Chlorid eine fluktuierende Magnetisierung, welche von der Spule registriert wird, zum anderen führt die Bewegung elektrischer Ladungen zur Intensitätsminderung der RFStrahlung. Somit setzt man bevorzugt organische Puffersalze mit geringer Leitfähigkeit (z. B. TRIS) ein und weicht auf 13C aus, da sich der elektrische Widerstand der Probe proportional zur Resonanzfrequenz beziehungsweise zum gyromagnetischen Verhältnis des betrachteten Kerns ergibt. Ferner läßt sich der Rausch-Beitrag durch Verkleinerung des Röhrchen-Durchmessers von 5 mm auf 3 mm um den Faktor 2.7 reduzieren, wobei gemäß Gleichung I-28 die Konzentration der Meßsubstanz möglichst im selben Rahmen zu erhöhen ist. 1.5.3 Shigemi-Meßröhrchen Die Auflösung und Reproduzierbarkeit von NMR-Messungen hängt ganz entscheidend davon ab, daß das Magnetfeld innerhalb der Probe möglichst homogen verläuft. Üblicherweise sind die aus korrosions- und temperaturresistentem Spezialglas in möglichst konzentrischer Ausführung gefertigten Meßröhrchen mit ihrer Längsachse parallel zu den Feldlinien angeordnet. Für die heutzutage verwendeten HochfrequenzSpektrometer kann man jedoch die Unterschiede in der magnetischen Suszeptibilität zwischen Probe beziehungsweise homogener Probenlösung und NMR-Röhrchen nicht vernachlässigen, so daß Differenzen von über 10 % mit Hilfe von Shim-Spulen nicht mehr korrigiert werden können. Infolgedessen muß man die Flüssigkeitssäule im Meßröhrchen entsprechend verlängern, wobei nur ein Teil der dadurch verdünnten Lösung von der Empfängerspule erfaßt wird und sich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis entsprechend verschlechtert (siehe Kapitel I 1.5.2). Aus diesem Grund liegt es nahe, die magnetische Suszeptibilität von deuteriertem NMR-Lösungsmittel und Probenröhrchen im Bereich von 0.2-0.5 % möglichst gut aufeinander abzustimmen. Dies erfolgt I Grundlagen und Methodik 64 durch isotropes Dotieren des Glasmaterials mit paramagnetischen (Fe / Ni / Co + Oxide) oder diamagnetischen (B2O3 / Sb2O3 / La2O3 / ZnO / SiO2 / Mo2O3) Elementen, Ionen oder Radikalen. Daneben kommen zu diesem Zweck auch Koordinationsverbindungen und organische Komponenten zum Einsatz. Für D2O zum Beispiel hat sich ein Borosilikatglas mit 400-600 ppm Fe bewährt, wodurch sich die Halbwertsbreite des Signals für verbleibendes H2O auf 0.5 Hz reduzierte (vgl. Shigezane and Takahashi, 1998). Mittlerweile sind im Handel Shigemi-Röhrchen mit einem Durchmesser von 3 mm oder 5 mm erhältlich, welche auf CDCl3, DMSO-d6, D2O oder CD3OD abgestimmt sind. Darin wird die Flüssigkeitssäule zwischen äußerem Röhrchen und Innenstempel blasenfrei fixiert, wofür im Falle der 3-mm-Ausführung etwa 120 µL Probenlösung für eine Füllhöhe von 20 mm genügen. Die diamagnetischen Suszeptibilitäten von CDCl3 und CD2Cl2 einerseits sowie von MeOD und 2,2,2-TFE-d3 andererseits liegen nahe genug beieinander (vgl. Lide, 2006: 3-672), damit auch CD2Cl2 und 2,2,2-TFE-d3 eingesetzt werden können, obwohl für diese Lösungsmittel bislang noch keine speziellen Glassorten erhältlich sind. 1.6 Elektrophile α-Methylsulfanylierung zyklischer Ketone Dimethyldisulfid dient häufig als CH3−S+-Donor, besitzt jedoch den Nachteil, daß Methanthiolat als Abgangsgruppe in basischen Medien unerwünschte Folgereaktionen induzieren kann. Somit weicht man idealerweise auf Reagenzien wie Methanthiosulfonsäure-S-methylester (MMTS), (2-Methylsulfanylthiazolidin-2-yliden)cyanamid oder NMethylsulfanyl-ε-caprolactam mit wenig nucleophilen Abgangsgruppen aus, wie im ersten Fall entsprechend Methansulfinat als reduzierend wirkender Rest entsteht (vgl. Suffert, 2004). Das im Gegensatz zu Methylsulfenylchlorid bei Raumtemperatur recht stabile MMTS findet auch Verwendung zur Herstellung von Methyldisulfiden aus Thiolen (siehe Kapitel III A 1.2), zur temporären Blockierung von SH-Gruppen in der Proteinchemie sowie für die Methylthiolierung von β-Lactamen und Ester-Enolaten. Eine interessante Variante bietet die in Do et al. (2005) beschriebene anodische Methylsulfanylierung aromatischer Systeme durch erschöpfende Heterolyse von Dimethyldisulfid in CH2Cl2/n-Bu4NBF4 an einer Platin-Elektrode. Diese potentiostatische Oxidation I Grundlagen und Methodik 65 von (CH3)2S unter nicht-nucleophilen Bedingungen führt zu einer MeS-Spezies mit hinreichender Stabilität im verwendeten Elektrolyse-Medium, welches nach Beendigung der Stromzufuhr eine meist regioselektive Methylsulfanylierung des aromatischen Reaktanden ermöglicht. Da die Reaktivität der genannten MeS-Donoren gegenüber Ketonen beziehungsweise Enolen oft nicht ausreicht, arbeitet man im Regelfall mit starken Basen (pKa >> 25) wie Lithium-diisopropylamid bei −100 °C in Tetrahydrofuran oder − mit Falle von Dimethyldisulfid − in Tetrahydrofuran:Hexamethylphosphorsäuretriamid. Für die Derivatisierung sekundärer Kohlenstoff-Zentren hat sich ein stöchiometrisches Verhältnis Keton:Base:Reagenz von 1:2:1 oder 1:2:2 bewährt, wobei ein Überschuß von Base und Reagenz vor allem in polar-aprotischen Lösungsmitteln eine bis-Methylsulfanylierung begünstigt. Regioselektive Umsetzungen erfordern im allgemeinen Reagenzien höherer Reaktivität. Substituierte Enolate von Cyclohexanon-Derivaten zeigen dabei eine stereochemische Präferenz in Richtung axialer Methylsulfanylierung (vgl. Caine, 2005). Will man umgekehrt den α-Alkylsulfanyl-Substituenten von Ketonen reduktiv entfernen, so bieten sich aktivierte Metalle wie Li/NH3, Natrium-/Aluminiumamalgam, Zink und Raney-Nickel neben Samarium(II)iodid an (vgl. Yus and Njera, 2004). Um unter thermodynamischer oder kinetischer Kontrolle erzeugte Enolate abzufangen und nachfolgend zu isolieren oder mit elektrophilen Reagenzien in basischer Lösung umzusetzen, wird vorteilhaft eine regioselektive Silylierung mit (CH3)3SiCl angestrebt. Die entstehenden Enolether sind in wasserfreien Medien recht stabil und können andererseits rasch durch Hydrolyse oder Zusatz von F− gespalten werden (vgl. Colvin, 1981: 198, 205). Unter Bezugnahme auf Cofaktor F430 liegt somit eine konjugate Methylsulfanylierung in Position 172 der α,β-ungesättigten Cyclohexenon-Struktur über den Weg des entsprechenden Silylethers auf der Hand. Einen alternativen Weg zur Aktivierung α,β-ungesättigter Ketone weist das von Woodward und Pachter entwickelte Verfahren für die Synthese von Lanosterol, in dessen Verlauf der Cyclohexenon-Ring von Cholestenon mit Ameisensäureethylester zum α-Hydroxymethylen-Derivat umgesetzt wird. Aus dessen Kondensation mit 1,3-Propandithiol-Ditosylat entsteht dann ein Dithioketal, mit einem elektrophilen MeS-Donor wie beispielsweise MMTS entsprechend ein α-Methylsulfanyl-Keton (vgl. Fieser and Fieser, 1959: 378 f.; Woodward et al., 1957: 1132). I Grundlagen und Methodik 66 Nach Aussage von Scholz (1983) lassen sich zyklische Enolate durch Protonenabstraktion mit stöchiometrischen Mengen an Lithium-diisopropylamid in absolutem Tetrahydrofuran darstellen und so vorteilhaft mit MMTS umsetzen, daß die MethylthioGruppe auch ohne Zusatz von Hexamethylphosphorsäuretriamid oder den Umweg über Silyl-Enolether glatt übertragen wird. Konkret bestimmte man für die α-Methylsulfanylierung von 1-Tetralon, in enger Analogie zur Cyclohexenon-Teilstruktur von F430, bei einer Reaktionszeit von 1 h und einer Temperatur von −10 °C eine Ausbeute von 94 %. Beabsichtigt man hingegen eine elektrophile Trifluormethylierung, so empfehlen sich Trifluormethylsulfanylamide (CF3S−NHR) als innvovative Reagenzien, welche in saurer Lösung effiziente CF3S+-Donoren darstellen (vgl. Bacque et al., 2007). Auch ein neuartiges hypervalentes Iod(III)−CF3-Reagenz zur milden elektrophilen Trifluormethylierung von C- und S-zentrierten Nucleophilen ist in Betracht zu ziehen, mit dessen Hilfe aliphatische und aromatische Thiole gleichermaßen bei −78 °C in CH2Cl2 oder MeOH mit hoher Ausbeute umgesetzt werden können (vgl. Kieltsch et al., 2007). 67 2 Ergebnisse 2.1 TLC- und HPLC-Optimierung Um aus dem Rohisolat das gewünschte F430 von den begleitenden Oxidationsprodukten, Diastereomeren und sonstigen Verunreinigungen präparativ im µmol-Bereich abzutrennen, haben sich HPTLC-Platten mit Kieselgel-60-Beschichtung und n-BuOH: HAc:H2O [4:1:1] als Fließmittel bewährt (vgl. Livingston et al., 1984), im analytischen Maßstab auch TLC-Platten kombiniert mit 1,4-Dioxan:EtOH:MeOH:H2O [1:18:1:30] (siehe Abb. I-15 b, c). Für die entsprechenden Ester ist am besten die NP-Dünnschichtchromatographie mit Kieselgel 60 als stationäre Phase geeignet (siehe Abb. I-15 a), wobei das Laufmittel DCM:MeOH [13:1] auf HPTLC-Platten recht zufriedenstellende Ergebnisse liefert (vgl. Pfaltz et al., 1982), hingegen auf TLC-Platten im Format 20 cm × 20 cm besonders bei simultaner Entwicklung mehrerer Chromatogramme in einer DC-Kammer zu wellenartigen und teilweise ineinander eintauchenden Substanzfronten führt. Da die Tetrapyrrol-Einheit von Ni(II)-Hydrocorphinoiden per se eine positive Nettoladung aufweist und somit unabhängig vom Veresterungsgrad der Seitenketten in jedem Fall ein inertes Ionenpaarreagenz anwesend sein muß, erwies sich die Imprägnierung der NP- und RP-Platten mit Natriumperchlorat und anschließende Aktivierung bei 160 °C als unverzichtbar. Über Durchtränken der stationären Phase mit einer methanolischen NaClO4-Lösung und Trocknen in vertikaler Position wird dabei eine gleichmäßige Beschichtung gewährleistet. Erfolglos war jedoch der Einsatz von NaClO4-haltigem Fließmittel auf Platten ohne Imprägnierung, zumal dieses Salz in apolaren Solventien ohnehin kaum löslich ist. Qualitativ gute Resultate für die RP-Phase ermöglichte die angegebene Mischung aus 1,4-Dioxan, Ethanol und Methanol mit Einstellung der Rf-Werte durch H2O-Zusatz, wobei im Zuge der PRISMA-Optimierung folgende Lösungsmittel in die zweite Wahl kamen: Aceton, Acetonitril, Dimethylformamid, Methoxyethanol, Tetrahydrofuran. Als Hauptparameter für die Trennleistung von DC-Systemen bei gegebener stationärer und mobiler Phase gelten: Kammersättigung > Größe der Auftragungszone > RfWerte (siehe Abschnitt I 1.3.2). Speziell bei Verwendung leichtflüchtiger Solventien wie I Ergebnisse 68 a b 4‘ 3‘ 2‘ 4 1‘ 3 2 1 Kieselgel 60 / NaClO4 / CH2Cl2:MeOH [13:1] v/ v: Kieselgel 60 RP-18 / NaClO4 / 1,4-Dioxan: EtOH:MeOH:H2O [1:18:1:30] v/v: 1 6,8,12,13-Tetradehydro-6,73-secoF430Me5 (= F560Me5-Pink) 2 F430Me5 3 12,13-Didehydro-F430Me5 (= F560Me5) 4 12,13-Di-epi-F430Me5 + 13-epi-F430Me5 1‘ 6,8,12,13-Tetradehydro-6,73seco-F430 (= F560-Pink) 2‘ 12,13-Didehydro-F430 (= F560) 3‘ F430 4‘ 19,20-Didehydro-F430 (= F340) c 2‘‘ 1‘‘ Kieselgel 60 / NaClO4 / n-BuOH:HAc:H2O [4:1:1] v/v: 1‘‘ 2‘‘ 12,13-Didehydro-F430 (= F560) F430 Abb. I-15. Präparative Dünnschichtchromatographie: a) pHPTLC von 1 µmol F430-Pentamethylester-Rohprodukt; b) pTLC von 0.1 µmol F430-Rohfraktion; c) pHPTLC von 0.5 µmol F430-Rohfraktion. I Ergebnisse 69 DCM wird eine gute Kammersättigung dadurch gewährleistet, daß das Fließpapier bis auf einen schmalen Sichtstreifen alle vier Innenseiten der DC-Kammer auskleidet und der Glasschliffdeckel so dicht wie möglich aufliegt. Optimal scharfe Auftragungszonen gewährleisten die Linomat-Geräte (Hersteller: CAMAG), welche mittels verjüngten Spezialspritzen eine strichförmige und schonende Applikation konzentrierter Substanzlösungen im Stickstoff-Strom ermöglichen. Für die in Abbildung I-15 gezeigten Dünnschichtchromatogramme wurden folgende Retentionsfaktoren ermittelt: Rfa (1 / 2 / 3 / 4) = 0.14 / 0.33 / 0.37 / 0.45; Rfb (1‘ / 2‘ / 3‘ / 4‘) = 0.56 / 0.74 / 0.79 / 0.84; Rfc (1‘‘ / 2‘‘) = 0.15 / 0.21. Nach Auskratzen der Substanzzonen, Desorption der Einzelkomponenten und Entsalzen der Eluate lag F430Me5 (pTLC) in einer Reinheit von ≥ 97 % (HPLC) vor, mit ≈ 1.2 % F340Me5 und < 0.4 % F560Me5. Die anderen beschriebenen DC-Systeme führten zu ähnlichen Reinheitsgraden, wobei F340 bislang nur über Kieselgel 60 RP-18 quantitativ abgetrennt werden konnte. Entsprechende Versuche mit dem pentamethylierten Rohisolat Nr. 2 an Kieselgel 60 / NaClO4 / DCM:MeOH [13:1] zeigten klar die Ausbildung zweier Bandenzonen für F430Me5 + Derivate sowie für 172-MeS-F430Me5 + Derivate. Die notwendigen Optimierungsschritte wurden aber aufgrund der geringen Menge an verfügbarem Rohisolat zugunsten einer HPLC-Methode zurückgestellt, zumal Letztere eine schonendere Isolierung der oxidationsempfindlichen Ni(II)-Hydrocorphinoide garantiert. Zur Aufreinigung von (172S)-172-MeS-F430Me5 sowie von (172R)-172-MeSF430Me5 an sich erwies sich dieses DC-System hingegen als optimal (siehe Abb. I-22). Zur präparativen Gewinnung von HPLC-reinem F430 sowie dessen Derivaten in Säure- wie Esterform eignet sich ideal die Phase Chromolith® SemiPrep RP-18e, deren Trennleistung fast auf dem Niveau der entsprechenden analytischen Säule Chromolith® Performance RP-18e liegt und welche es möglich macht, pro Zyklus 100 µL einer 10mM-Lösung von F430-Chromophor aufzutragen. Abbildung I-16 verdeutlicht, daß das HPLC-Verfahren praktisch reine (≥ 99 %) Ni(II)-Hydrocorphinoide mit den charakteristischen UV/VIS-Absorptionsbanden liefert und daß im Gegensatz zur präparativen Dünnschichtchromatographie keine Verunreinigung durch F340 beziehungsweise dessen Pentamethylester mehr zu befürchten ist. Um einerseits eine ausreichende Retention zu gewährleisten, gleichzeitig aber eine oxidative Zersetzung in alkalischem Milieu zu vermeiden, müssen die Pentasäuren vollständig dissoziiert bei pH 5.8 in Pufferlösung aufgetragen werden, die Pentaester jedoch in MeCN:H2O-Gemischen mit I Ergebnisse 70 a 2 3 1 4 t/min b 0.25 0.20 0.15 A F430 19,20-Didehydro-F430 (= F340) 12,13-Didehydro-F430 (= F560) 12,13-Di-epi-F430 0.10 0.05 0.00 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 O/nm Abb. I-16. a) Auftrennung von F430-Rohfraktion mit Chromolith® SemiPrep / 0.1 M NaClO4 in HClO4 (pH 2.3) / MeCN: F340 (1), F430 (2), F560 (3), 12,13-Di-epi-F430 (4); b) UV/VIS-Spektren der HPLC-Eluate in MeCN:H2O [20:80] v/v. I Ergebnisse 71 ≤ 30 Vol.% MeCN. Im Eluenten reicht für Erstere die Ionenstärke von verdünnter HClO4 (pH 2.3) aus, eventuell ergänzt durch 0.1 M NaClO4, für Letztere 0.1 M NaClO4 ohne Säurezusatz. Um das starke Grundrauschen der Basislinie bei Anwendung eines MeCN-Gradienten zu unterdrücken, empfielt sich die Installation einer GradientenHochdruckmischkammer. Für die hydrocorphinoiden Pentasäuren gelingt eine Aufreinigung in dieser Qualität auch über Hypercarb®, wiederum in gepufferter Auftragelösung und mit verdünnter HClO4 im Elutionsmittel. Da diese Phase bislang nur im analytischen Maßstab erhältlich ist, liegt bei 1 µmol F430-Rohfraktion pro Zyklus bereits deutliche Überladung der Säule vor. Außerdem verträgt sich die Oberfläche aus graphitisiertem Kohlenstoff sehr schlecht mit Alkyl-haltigen Puffersalzen und läßt in der Trennleistung für lipophile Verbindungen wie F430Me5 zu wünschen übrig. Als obere Beladungsgrenze für Pentasäuren wurde 200 nmol und für Pentaester 20 nmol pro Durchgang ermittelt. Den Chromolith®-Sorbentien ist ferner auch aufgrund des geringen Gegendrucks der Vorzug zu geben, da sie sich bei einer Flußrate von ≥ 5 mL min−1 sehr zeitsparend regenerieren lassen. Überdies konnten mit keiner der sonstigen getesteten Säulentypen (Nucleosil® 100-5 C18 AB; Nucleodur® C18 Pyramid 5 µm) derart gute und reproduzierbare Trennresultate an Hydrocorphinen erzielt werden. Durch Entsalzen der Eluate über H+-tolerante SPE-HLB-Kartuschen im Anschluß lassen sich F430-Säuren wie Ester einfach in Festform gewinnen, während Perchlorsäure ein hochsiedendes Azeotrop mit Wasser bildet und somit nicht am Lyophilisator abgezogen werden kann. 2.2 Derivatisierung der Cofaktoren Damit der Verlust von F430 durch Oxidation oder Epimerisierung bei erschöpfender Methylierung des Hydrocorphins so gering wie möglich ausfällt, läßt man den Ansatz idealerweise über mehrere Tage in vakuumdichten Glasampullen bei 4 °C laufen, wobei die Methylierungsmischung aus einer 100mM-Lösung von H2SO4 in MeOH besteht, welcher nach kompletter Auflösung des F430 (c ≈ 5 mM) noch Orthoameisensäuretrimethylester beigegeben wird, bis dessen Volumen rund ein Drittel des Ansatzvolumens ausmacht. Dieses Reagenz gestaltet die Veresterung praktisch irreversibel, da es durch das freigesetzte Wasser quantitativ zu Ameisensäuremethylester und Metha- I Ergebnisse 72 nol hydrolysiert wird. Durch Zusatz von Orthoameisensäuretriethylester erhält man ein Gemisch verschiedener Methyl-Ethyl-Ester, angefangen von F430Me5 bis zu F430Et5, welche sich gut als Eichsubstanzen für die MS-Analyse von Ni-Hydrocorphinen eignen. Liegen jedoch stark verdünnte Lösungen (c << 1 mM) von F430 oder von dessen Mono- bis Tetraalkylestern in MeOH vor, so wird besser auf dieses Reagenz verzichtet, da starke Säuren in absolut wasserfreien Medien nach kurzer Zeit den F430-Chromophor zerstören. Besonderes Interesse verdient auch die Beobachtung, daß sich die Pentaalkylester von F430 und Derivaten zwar nur wenig in wäßrigen Phasen lösen, die entsprechenden Mono- bis Tetraalkylester jedoch in CH2Cl2 de facto unlöslich sind, was eine einfache Abtrennung von Hydrocorphin-Estern verschiedener Alkylierungsgrade ermöglicht. Umgekehrt gelang es jedoch nicht, F430-Pentacarbonsäuren mit überschüssigem Hexadecyltrimethylammoniumhydroxid oder Methyltrioctylammoniumchlorid in DCM zu überführen. In Abbildung I-17 a werden die UV/VIS-Spektren von pTLC-reinem F430Me5 in verschiedenen organischen Lösungsmitteln verglichen. Deutlich erkennt man an der Breite beziehungsweise Lage der Absorptionsbanden, daß sich MeOH und THF wenig eignen, um Verunreinigungen durch F340Me5 eindeutig festzustellen, wohingegen dies in DCM sowie 2,2,2-Trifluorethanol leicht gelingt. Letzteres ist als polar-protisches, wenngleich wenig nucleophiles Lösungsmittel für die Pentacarbonsäuren und Pentaalkylester von F430 und Derivaten sehr zu empfehlen, da es den Ni(II)-Komplex in diamagnetischem Zustand hält, aber im Gegesatz zu DCM leicht dosierbar ist. Ferner schützt dessen Acidität (pKa 12.4) die Ester vor basenkatalysierter Oxidation durch Luftsauerstoff. Zudem können H2O-Reste beim Einengen von F430-haltigen Lösungen bequem mit 2,2,2-TFE ebenso wie mit EtOH azeotrop entfernt werden (vgl. Smith et al., 1981: 1121). Durch Einwirkung starker Säuren auf F430 in wasserfreien Lösungsmitteln kann es zu einem sogenannten Säureshift mit starker Farbaufhellung infolge Unterbrechung des chromophoren π-Systems kommen, wie Abbildung I-17 b für 70 mM Methansulfonsäure in CH2Cl2 demonstriert. Die Absorptionsmaxima werden hierbei hypsochrom verschoben (432 nm → 378 nm; 274 nm → 229 nm), wobei Ausschütteln gegen H2O für die Demethylierungsprodukte in der wäßrigen Phase das ursprüngliche UV/VIS-Spektrum regeneriert. Mit 70 mM wasserfreier Ameisensäure in DCM läßt sich dieser Effekt nicht erzeugen. I Ergebnisse a 73 0.6 0.5 A 0.4 F430Me5 in MeOH F430Me5 in CH2Cl2 F430Me5 in TFE F430Me5 in THF 0.3 0.2 0.1 0.0 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 O/nm b 0.7 0.6 0.5 0.4 A F430Me5 in CH2Cl2 F430Me5 in CH2Cl2 / 70 mM MSA 0.3 0.2 0.1 0.0 225 275 325 375 425 475 525 575 625 675 O/nm Abb. I-17. UV/VIS-Spektren: a) pTLC-reiner F430-Pentamethylester in organischen Lösungsmitteln; b) Säureshift von pTLC-reinem F430-Pentamethylester durch Methansulfonsäure (MSA). Der inerte Charakter der verwendeten Pipettierhilfen (Kolbenhubpipetten / Gastight® Syringes) gegenüber organischen und insbesondere halogenierten Lösungsmitteln wurde in mehrtägigen Tests bei Raumtemperatur sichergestellt. I Ergebnisse 2.3 74 Chromatographische Aufarbeitung der Rohextrakte Vor Beginn der eigentlichen Auftrennung mußten die Rohextrakte aus mikrobiellen Assoziaten sorgfältig entsalzt werden, da die Rückstände von Puffersubstanzen in Gegenwart höherer Säurekonzentrationen unter Wasserausschluß zu einer raschen Zerstörung des F430-Chromophors führen, wie dies für Rohisolat Nr. 1 (ntot = 0.47 µmol) zutraf (siehe Abb. I-18). Nach erschöpfender Methylierung der Hälfte von Rohisolat Nr. 2 gelang es, das Estergemisch im analytischen Maßstab quantitativ aufzutrennen (Chromolith® Performance RP-18e), was schließlich rund 80 nmol der Hauptkomponente F im Massenbereich m/z 1021 lieferte (siehe Abb. I-19 a). Dies reichte gerade aus, die Konstitution der neuartigen F430-Variante NMR-spektroskopisch zu bestimmen, wobei die Paramagnetismus-induzierte Linienverbreiterung durch Zusatz von 2,2,2-TFE weitgehend unterdrückt werden konnte. Auf dieser Basis erwies es sich als vorteilhaft, Rohisolat Nr. 4 unter milderen Reaktionsbedingungen zu methylieren und das entstandene Estergemisch mit einer inzwischen kommerziell erhältlichen semipräparativen Phase (Chromolith® SemiPrep RP-18e) in größerem Maßstab aufzuarbeiten, um von den beiden Hauptkomponenten D und F mit m/z 1021 je etwa 600 nmol zu erhalten (siehe Abb. I-19 b). Dies genügte, um auch die Konfiguration der am zusätzlichen Stereozentrum 172 epimeren Moleküle der F430-Variante festzulegen. Entscheidend war hier nicht zuletzt die Tatsache, daß die Trennleistung beim Übergang von der analytischen zur semipräparativen Säule kaum abnimmt, wenngleich die Komponenten E und F über Chromolith® SemiPrep nicht mehr basisliniengetrennt aufgelöst werden konnten. Die Differenzen für die Gesamtretentionszeiten tR(G) − tR(A) bewegten sich dabei je nach Chromatogramm zwischen 4.7 min und 5.9 min. Da einerseits die Chromolith®-Säule praktisch dieselben Retentionszeiten für F430 und (172S)-172-MeS-F430 aufweist und andererseits die Hypercarb®-Phase im analytischen Maßstab bei 200 nmol F430-Gesamtchromophor pro Zyklus die Komponenten (172S)-172-MeS-F430 und 12,13-Di-epi-F430 nur unzureichend trennt, wurde das unveresterte Rohisolat Nr. 3 durch die sukzessive Anwendung beider Säulen aufgereinigt. So erwies es sich als erfolgreich, mittels Chromolith® SemiPrep F430 + (172S)172-MeS-F430 zu separieren und diese Einzelsubstanzen im Anschluß daran über Hypercarb® rein darzustellen (siehe Abb. I-20 b). Die Korrelation zwischen den Pentamethylestern und Pentacarbonsäuren der 172-MeS-Epimeren erfolgte über schonende Hydrolyse Konstitution von F: 172-MeS-F430Me5; Konfiguration in 172 identisch mit Komponente F von F430X4Me5 NMR-Analyse von Komponente F (m/z 1021; 80 nmol) in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v HPLC-Aufreinigung der EsterRohprodukte über Chromolith® Performance RP-18e: 6 Hauptbestandteile thermodynamisch bevorzugtes Epimer: (172R)-172-MeS-F430 (Isolierungsartefakt) Äquilibrierung Konstitution und Konfiguration von B: (172S)-172-MeS-F430 (natives F430-MeS-Derivat) NMR-Analyse von Komponente B (m/z 951; 560 nmol) in TFE-d3 HPLC-Aufreinigung der SäureRohprodukte über Chromolith® Semiprep RP-18e und Hypercarb® 5 µm Hydrolyse Hydrolyse Konstitution und Konfiguration von D: (172S)-172-MeS-F430Me5 F: (172R)-172-MeS-F430Me5 NMR-Analyse der Komponenten D und F (m/z 1021; je 600 nmol) in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v Ergebnisse Abb. I-18. Übersicht zur Analytik der Rohisolate Nr. 1-4: chromatographische Aufarbeitung und NMR-spektroskopische Korrelation von Pentamethylestern und Pentacarbonsäuren. keine weiteren Untersuchungen möglich starke Signalverbreiterung durch paramagnetische Ni(II)-F430Derivate; Zerstörung von m/z 951 nach 2 d bei Raumtemperatur Veresterung bei 50 °C / 3 h Veresterung bei 40 °C / 3.5 h Nach Entsalzung NMR-Analyse der Rohmischung in TFE-d3: 3 Hauptkomponenten NMR-Analyse von 0.60 µmol der Rohmischung auf Pentacarbonsäure- und Pentamethylester-Stufe NMR-Analyse ohne Entsalzung / Aufreinigung in TFE-d3 und TFEd3 + 5 % TFA (v/v) HPLC-Aufreinigung der EsterRohprodukte über Chromolith® Semiprep RP-18e: 6 Hauptbestandteile Nr. 4 4.44 µmol Nr. 3 2.47 µmol Nr. 2 1.20 µmol Nr. 1 0.47 µmol Rohisolate aus mikrobiellen Assoziaten im Schwarzen Meer I 75 I Ergebnisse 76 a b A F A B C D E F G A B F430Me5 12,13-Di-epi-F430Me5 13-epi-F430Me5 (172S)-172-MeS-F430Me5 (172R)-172-MeS-F560Me5 (172R)-172-MeS-F430Me5 12,13-Di-epi-172-MeSF430Me5 + 13-epi-172-MeSF430Me5 D D C F G B E C E t G t Abb. I-19. Analytische HPLC auf Chromolith® Performance RP-18e / 0.1 M NaClO4 in H2O / MeCN: a) Rohisolat Nr. 2 -Pentamethylester; b) Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester. Hydrolyse der Ester in 20 % H2SO4 und Koinjektion auf Säurestufe sowie durch Vergleich der NMR-Spektren. Aus Abbildung I-19 läßt sich unmittelbar entnehmen, daß der Anteil der MeS-Variante (rot) relativ zu F430 und seinen Derivaten (blau) im pentamethylierten Rohisolat Nr. 2 deutlich höher ausfällt als im entsprechenden Gemisch Nr. 4. Vergleicht man die Verhältnisse der 172-Epimere D und F zueinander, so beträgt dies 16 % D + 84 % F (Nr. 2) beziehungsweise 55 % D + 45 % F (Nr. 4), wobei die Methylierung für Rohisolat Nr. 4 unter schonenderen Bedingungen (40 °C / 3.5 h anstelle von 50 °C / 3 h) stattfand. Eine Kaltmethylierung von Rohisolat Nr. 2 (MeOH / 70 mM H2SO4 / 4 °C / 6 d) lieferte vergleichsweise 32 % D + 68 % F, so daß in methanolischer Lösung der Temperaturfaktor eine entscheidende Rolle spielt. Allerdings ist zu beachten, daß sich bereits die Rohisolate markant in ihrer Zusammensetzung unterschieden. Wie Abbildung I-20 verdeutlicht, konnten deren Hauptkomponenten nach Auftrennung über Hypercarb® in perchlorsaurer Lösung wie folgt quantifiziert werden: I Ergebnisse 77 Chromolith® RP-18e a Hypercarb® 5 µm 1+2 2 1 4 3 3 4 b 1 1+2 2 3 3 4 4 c 1+2 1 2 3 3 4 4 t t Abb. I-20. Analytische HPLC der Rohisolate Nr. 2 (a), Nr. 3 (b) und Nr. 4 (c) auf Chromolith® Performance RP-18e / HClO4 in H2O (pH 2.3) / MeCN und Hypercarb® 5 µm / HClO4 in H2O (pH 1.0) / MeCN: F430 (1), (172S)-172-MeS-F430 (2), 12,13-Di-epi-F430 (3), (172R)-172-MeS-F430 (4). I Ergebnisse 78 ♦ Rohisolat Nr. 2: 23 % F430 + 25 % (172S)-172-MeS-F430 + 23 % 12,13-Di-epiF430 + 29 % (172R)-172-MeS-F430 (ntot = 1.20 µmol) ♦ Rohisolat Nr. 3: 47 % F430 + 38 % (172S)-172-MeS-F430 + 11 % 12,13-Di-epiF430 + 4 % (172R)-172-MeS-F430 (ntot = 2.47 µmol) ♦ Rohisolat Nr. 4: 57 % F430 + 19 % (172S)-172-MeS-F430 + 17 % 12,13-Di-epiF430 + 7 % (172R)-172-MeS-F430 (ntot = 4.44 µmol) Für die Komponenten 1-4 (Pentacarbonsäuren) lagen die ∆tR-Werte zwischen dem letzten (4) und dem ersten (1+2 / 1) Signal im Bereich von 2.1-2.5 min (Chromolith®) und von 24.2-34.5 min (Hypercarb®). 2.4 Spektroskopische und spektrometrische Charakterisierung 2.4.1 UV/VIS, CD Vergleicht man die Absorptionsspektren der aufgereinigten Einzelkomponenten A-G aus dem pentamethylierten Rohisolat Nr. 4 (siehe Abb. I-19 b), so zeigt die Überlagerung der Extinktionskurven von F430Me5 und seinen epimeren MeS-Varianten (Substanzen A, D, F) einerseits sowie von 12,13-Di-epi-F430Me5 + 13-epi-F430Me5 und dessen MeS-Derivaten (Substanzen B/C, G) andererseits klar an, daß der Methylsulfanyl-Substituent die π → π*-Übergänge des Chromophors in keinster Weise beeinflußt (siehe Abb. I-21 a, b). Erwartungsgemäß gilt dasselbe auch auf der Stufe der Pentacarbonsäuren (siehe Abb. I-21 c). Der molare Extinktionskoeffizient von 22000 M−1 cm−1 für die charakteristische Bande um 430 nm liegt zwar für ein Porphyrinoid vergleichsweise niedrig, bildete aber dennoch die Voraussetzung für HPLC-Optimierungsschritte auf der Basis von wenigen Nanomol Substanz. Speziell zur Identifizierung der Komponenten E und G waren deren UV/VIS-Spektren von entscheidender Bedeutung, da die isolierten Mengen für eine ausführliche NMR-Analyse bei weitem nicht ausreichten. Die Absorptionsbanden für die entsprechenden F560Me5- und 6,73seco-Derivate der MeS-Epimeren zeigten ebenso keine Abweichungen vom erwarteten Absorptionsverlauf (siehe Abb. I-16, I-22). I Ergebnisse 79 a 0.8 0.7 0.6 A 0.5 F430Me5 (172S)-172-MeS-F430Me5 (172R)-172-MeS-F430Me5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 O/nm b 0.9 0.8 0.7 0.6 12,13-Di-epi-F430Me5 + 13-epiF430Me5 A 0.5 12,13-Di-epi-172-MeS-F430Me5 + 13-epi-172-MeS-F430Me5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 O/nm c 1.0 0.9 0.8 0.7 A 0.6 F430 (172S)-172-MeS-F430 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 O/nm Abb. I-21. UV/VIS-Spektren: a)-b) HPLC-reine Komponenten aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester in MeOH; c) HPLC-reine Komponenten aus Rohisolat Nr. 3 - Pentacarbonsäuren in MeOH. I Ergebnisse a 80 0.25 0.20 (172S)-172-MeS-F430Me5 0.15 A (172S)-12,13-Didehydro-172-MeSF430Me5 (172S)-6,8,12,13-Tetradehydro-172MeS-6,73-seco-F430Me5 0.10 0.05 0.00 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 O/nm b 0.16 0.14 0.12 0.10 A (172R)-172-MeS-F430Me5 (172R)-12,13-Didehydro-172-MeSF430Me5 (172R)-6,8,12,13-Tetradehydro-172MeS-6,73-seco-F430Me5 0.08 0.06 0.04 0.02 0.00 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 O/nm Abb. I-22. UV/VIS-Spektren: pHPTLC-gereinigte Komponenten aus teiloxidierten Pentamethylestern von (172S)-172-MeS-F430 (a) sowie (172R)-172-MeS-F430 (b) in MeOH. Beim Zirkulardichroismus wird die Lichtabsorption von zirkular polarisiertem Licht durch optisch aktive Substanzen in Abhängigkeit von der Wellenlänge betrachtet. Das Maximum beziehungsweise Minimum des CD fällt mit dem Maximum der UV/VIS-Absorptionsbande(n) und dem Nulldurchgang der ORD-Kurve zusammen. Man unterscheidet Verbindungen mit einem chiralen (∆ε > 10) oder mit einem achiralen (∆ε < 10) Chromophor, wobei Letzterer in einer dissymmetrischen Umgebung liegt, wie dies bei Cofaktor F430 und seiner MeS-Variante der Fall ist (vgl. Rücker et al., 2001: 56-64). Zur Auswertung von CD-Spektren wird die Absorption A beziehungsweise der molare I Ergebnisse 81 a 35 25 /10-3 Grad 15 F430Me5 (172S)-172-MeS-F430Me5 (172R)-172-MeS-F430Me5 5 -5 -15 -25 230 280 330 380 430 480 530 580 /nm b 30 /10-3 Grad 20 F430 (172S)-172-MeS-F430 10 0 -10 230 280 330 380 430 480 530 580 /nm Abb. I-23. CD-Spektren: a) HPLC-Isolate aus Rohfraktion Nr. 4 - Pentamethylester in CH2Cl2; b) HPLC-Isolate aus Rohfraktion Nr. 3 - Pentacarbonsäuren in MeOH. Absorptionskoeffizient ε gegen die Wellenlänge aufgetragen, meistens jedoch der molare differenzchroitische Absorptionskoeffizient ∆ε oder die Elliptizität Θ (siehe Abb. I23). Zeigt eine Substanz Zirkulardichroismus, so überlagert im Wellenlängenbereich der Absorptionsbande eine S-förmige Kurve die schlichte Kurve der Optischen Rotationsdispersion, was zu einem anomalen ORD-Graphen mit Gipfel und Tal führt. Liegen I Ergebnisse 82 die Maxima im längerwelligen Bereich als die Minima, spricht man von einem positiven, umgekehrt entsprechend von einem negativen Cotton-Effekt. Die weitestgehende Übereinstimmung im CD-Spektrum von F430 und seiner MeSVariante auf Säure- wie Esterstufe spricht eindeutig dafür, daß das Methylsulfanyl-Derivat dieselbe absolute Konfiguration in den Ringen A, B und C des Hydrocorphins besitzt (siehe Abb. I-9). 2.4.2 MALDI-TOF-/-ICR-MS Zur Identifizierung von Cofaktor F430 und seiner MeS-Variante in Säure- wie EsterForm samt deren Oxidations-, Epimerisierungs- und Umlagerungsprodukten hat sich die MALDI-TOF-Massenspektrometrie mit den Matrizes 4-CCA (hydrophiler Bereich) sowie DCTB (lipophile Proben) bestens bewährt, wobei allerdings nach Derivatisierung der Pentacarbonsäuren zu einem Pentacarbonitril oder einem Pentakis-Dimethylcarboxamid keine Molekularpeaks (M+) mehr erhalten werden konnten. Durch TandemMassenspektrometrie (MS/MS) gelang es, die Abspaltung eines CH2S-Fragmentes aus der F430-Variante und damit deren formale Konversion zu F430 definitiv nachzuweisen. Verzichtet man auf den Reflotron-Modus und verwendet obendrein 3-CCA als Matrix, so läßt sich diese Fragmentierung auf unter 10 % drücken, wenngleich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis mit verringertem Energietransfer stark absinkt. Nach Ansäuern der 4-CCA-Matrix durch 0.1 M HClO4 erschienen die m/z-Werte von Säuren und Estern jeweils um 1 Da in den höheren Massenbereich verschoben, was möglicherweise auf die Entstehung einer Ni(III)-Hydrid-Spezies aus Ni(II) + H• hinweist (siehe Kapitel I 1.4.2) (vgl. Harmer et al., 2008). Um einerseits die Fragmentierungsmuster von F430 und seiner MeS-Variante zu vergleichen sowie andererseits die Massendifferenz zwischen beiden Hydrocorphinen möglichst exakt zu bestimmen, waren hochauflösende ICR-MS-Verfahren nötig. Zunächst zeigte sich klar, daß diese in den Rohisolaten gemischt vorliegenden Hydrocorphine Molekülfragmente derselben Größe abspalten, so beispielsweise m/z 17 (NH3). Nach wie vor rätselhaft ist aber die Konstitution großer Molekülbruchstücke mit m/z 117-131, welche weder Ni(II) noch Carboxyl-Seitenketten enthalten. Immerhin folgt daraus, daß das CH2S-Fragment nicht mit einer der fünf Seitenketten assoziiert sein I Ergebnisse 83 F430Me5 ∆MW = 45.99014 F430 F430-Variante Abb. I-24. MALDI-ICR-MS (positiver Modus, 4-CCA-Matrix): 2-Punkte-Eichung mit einem Gemisch aus Rohisolat Nr. 2 und F430-Pentamethylester. kann. Es erwies sich als erfolgreich, Rohisolat Nr. 2 in 4-CCA-Matrix mit F430Me5 zu versetzen und die genau bekannten Molekülmassen dieses Pentaesters sowie des schon enthaltenen F430 für eine 2-Punkte-Eichung zu verwenden (siehe Abb. I-24). Das charakteristische MS-Muster von F430 und seinen Derivaten beruht auf einer Überlagerung des Ni-Isotopenmusters mit den C-12/C-13-Signalen (siehe Abschnitt I 1.2.2). Unter einschränkenden Annahmen und chemischen Erwägungen (Addition/Elimination? / radikalische Bruchstücke?) entspricht der berechnete ∆MW-Wert von 45.99014 ± 0.003 am ehesten einem Fragment der Elementarformel CH2S (siehe Tab. I-4). Löst man F430-Pentacarbonsäure in 2,2,2-Trifluorethanol-d3, so kann bei Raumtemperatur und der vorherrschenden H+-Konzentration (pKa 12.4) maximal eine Nonadeuterierung des Moleküls (F430-d9) eintreten: −COOL (5×), −C(O)−NL2, −C(O)−NL−, R3C(13)−L. Ein H-/D-Austausch in Position 10 würde wesentlich höhere Säurestärken (pKa < 0) erfordern. Das entsprechende Experiment mit Rohisolat Nr. 3 in 2,2,2-TFEd3 zeigte anhand der zugesetzten Eichsubstanz PEG 1000 eindeutig dasselbe Deuterierungsmuster für m/z 905 und 951, so daß das 46-Da-Fragment nur als anacider Methylsulfanyl-Rest (−SCH3), nicht aber als Thiomethyl-Gruppe (−CH2SH) vorliegen kann. 2 2 2 6 53 44 4 16 0 1 951 20.0 53 42 8 12 1 1 951 20.0 53 42 8 10 2 1 951 20.0 57 45 4 11 2 1 951 19.0 3 0 0 2 1 1 2 2 1 3 2 2 2 2 0 3 2 1 0 2 0 0 0 0 4 2 1 0 N2O2 O3 O N2 0 CO4 CH2 C2H2 0 minus C3H6S2 H2N2S2 H2N2S C2H2O3 CH2S H2N4S2 N2O2 N4O 0 plus 0.00142 45.99014 ¨MW dihydro 0 0 0 0 0 0.00498 0.00894 0.00882 F430-Variante F430-Variante F430-Variante F430-Variante F430-Variante 0.00242 0.00411 F430-Variante F430-Variante F430-Variante F430 Komponente 0.00229 didehydro 0.00981 didehydro 0 ¨DBP Ergebnisse i Eichung mit 2 bekannten Molekulargewichten (m/z): F430 C42H51N6NiO13 905.28621 F430Me5 C47H61N6NiO13 975.36446 o gemessener Quotient m/z für die F430-Variante: 951.27634 i Annahmen: - Anzahl an Doppelbindungen/Ringen der F430-Variante = Anzahl an Doppelbindungen/Ringen von F430 ± 0-3 - Summenformel der F430-Variante: 35 C 50; 40 H 70; 4 N 10; 9 O 18; 0 S 2; Ni = 1 i Maximal tolerierte Abweichung für die RAM-Eichung: ± 102 Geschätzter Messfehler innerhalb der Eichreihe: ± 3-5•103 2 53 43 6 13 1 1 951 20.0 4 1 2 2 49 41 8 15 0 1 951 21.0 2 1 2 1 951 20.0 4 49 40 10 14 0 1 951 21.0 2 2 53 41 10 9 0 0 0 51 42 6 13 0 1 905 20.0 H C N O S Ni MW DBP ¨H ¨C ¨N ¨O ¨S Tab. I-4. Berechnung der optimalen Summenformel für das Fragment entsprechend der Massendifferenz zwischen F430 und dessen Variante. I 84 I Ergebnisse 85 2.4.3 LA-ICP-SF-MS Freilich ermöglicht die NMR-Spektroskopie, Methylsulfanyl-Gruppen anhand der 1HTieffeld-Verschiebung sowie der 13 C-Hochfeld-Verschiebung (Schweratom-Effekt) in- direkt nachzuweisen und über heteronucleare Kopplungen die Konnektivität zum Molekülgerüst aufzuzeigen. Da das Element Schwefel in der Natur jedoch nur zu 0.75 % aus dem NMR-aktiven Nuklid S-33 (Kernspin 3/2) besteht, mußten alternative Techniken herangezogen werden, um den S-Gehalt der F430-Variante direkt qualitativ wie quantitativ zu belegen. Leider bietet die Verbrennungsanalyse zuverlässige Ergebnisse nur für MW < 500, wobei Metalloporphyrinoide generell Schwierigkeiten verursachen. Außerdem sind hierfür Substanzmengen von > 2 mg erforderlich, also weit oberhalb der zur Verfügung stehenden Vorräte an Reinkomponenten. Die LA-ICP-SF-MS-Technik (Laser Ablation Inductively Coupled Plasma Sector Field Mass Spectrometry) erlaubt die Ultraspurenanalytik an Festkörpern im sub-ppmBereich und erfaßt rund 80 % aller chemischen Elemente, wobei sich die Massenver- a b 3 cm Abb. I-25. LA-ICP-MS-Systeme: a) technische Anordnung (verändert nach Hattendorf et al., 2003: 342 A); b) Auftragezonen von Rohisolat Nr. 2 - Pentamethylester auf SUPRASIL® Quarzglas. I Ergebnisse 86 hältnisse der detektierten Atome exakt bestimmen lassen (siehe Kapitel I 1.4.3). Mit Hilfe der Laser-Ablations-Methode können die benötigten Probenmengen bis hinunter in den Mikrogramm-Bereich reduziert werden, was im vorliegenden Fall von entscheidender Bedeutung war. Konkret wurden Rohisolate und Reinsubstanzen in Mengen von 10-100 nmol teils als Pentasäuren, teils als Pentaester auf inerte Oberflächen aus hochreinem, synthetischem Quarzglas in gelöster Form aufgetragen und dann unter Erwärmen eingetrocknet (siehe Abb. I-25 b). Als Schwefel-freie Kontrollprobe diente F430Me5 aus methanogenen Archaea, und das Trägermaterial wurde auf Abwesenheit von Ni und S überprüft. Anhand der HPLC-Integrale für Komponenten mit m/z 905 / 951 (freie Säuren) beziehungsweise m/z 975 /1021 (Pentamethylester) gelang es, die molaren 60Ni/32S-Quotienten in den aufgetragenen Isolaten zu berechnen und mit den LA-ICP-SF-MS-Auswertungen zu vergleichen. Tabelle I-5 zeigt eindrücklich die hohe Korrelation zwischen diesen beiden Bestimmungsmethoden mit per se guter Reproduzierbarkeit und bestätigt eindeutig, daß die F430-Variante genau 1 mol Schwefel pro mol Nickel enthält. 2.4.4 NMR Vierfach koordiniertes Ni(II)F430 mit quadratisch-planarem Ligandenfeld eignet sich als diamagnetische Spezies der Elektronenkonfiguration [Ar]3d8 (Low-Spin) für hochauflösende NMR-Methoden. Allerdings tendiert das Ni(II)-Zentrum sehr dazu, zusätzliche axiale Liganden zu paramagnetischen fünf- oder sechsfach-koordinierten HighSpin-Komplexen anzulagern, welche aufgrund des raschen Ligandenaustausches bereits in sehr geringen Konzentrationen paramagnetische Verschiebungen und starke Linienverbreiterung im NMR induzieren. Die resultierenden kurzen T2-Relaxationszeiten machen es zudem unmöglich, 2D-Spektren wie HMBC aufzuzeichnen, welche auf dem Kohärenztransfer über kleine skalare Kopplungen beruhen. Bislang stellt 2,2,2Trifluorethanol-d3 das einzig bekannte Lösungsmittel dar, welches ausreichende Polarität mit geringer Nucleophilie verknüpft, um F430-Pentacarbonsäuren aus Methanogenen zu solubilisieren, ohne gleichzeitig einen Übergang Low-Spin → High-Spin des Ni(II) zu verursachen. Selbst nach mehrfacher Aufreinigung und Trocknung des verwendeten 2,2,2-TFE-d3 zeigen die NMR-Spektren für F430 eine deutliche Linienver- C B D E G 2 3 4/5 6 7 Komponente F aus Rohisolat Nr. 2 Pentamethylester F Rohisolat Nr. 3 Pentacarbonsäuren 1 Rohisolat Nr. 2 Pentamethylester A F Probe F 1 2 3-5 6,7 1021.353 905.287 951.275 905.287 951.275 A-C 975.365 D-G 1021.353 (entsprechend Rohisolat Nr. 2) Molekulargewicht der Einzelkomponenten 1.00 2.41 1.76 Molares Verhältnis Ni/S anhand von HPLC-Integralen Tab. I-5. Bestimmung des molaren Ni/S-Quotienten in der F430-Variante von Protein I. 0.99 ± 9 % (n = 4) 2.32 ± 6 % (n = 14) 1.87 ± 10 % (n = 7) Molares Verhältnis Ni/S anhand von LA-ICP-MS-Auswertungen (Einzelbahn-Scans) I Ergebnisse 87 I Ergebnisse 88 breiterung verglichen mit den Signalen von F430-Pentamethylester in CD2Cl2 oder CD2Cl2:TFE-d3 [4:1]. Anfängliche Versuche mit Rohisolat Nr. 1 in 2,2,2-TFE-d3 zeigten nur breite Linien für F430 und dessen Variante, welche offensichtlich dieselbe Affinität zu nucleophilen Liganden in axialer Position aufweist. In Analogie zur erfolgreichen Strukturaufklärung an F430 aus methanogenen Archaea wurden die Rohisolate zuerst erschöpfend methyliert und anschließend sowohl die chromatographische Aufreinigung als auch die NMR-Analyse schwerpunktmäßig auf der Basis der Pentamethylester durchgeführt. Während F430Me5 für Konzentrationen > 5 mM in CD2Cl2 hochaufgelöste Spektren ergab, mußten die geringen Mengen der F430-Variante (< 1 µmol) in CD2Cl2:TFE-d3 [4:1] gemessen werden, um die Linienverbreiterung infolge verringerter Meßtemperatur sowie durch unvermeidbare Spuren an koordinierenden Nucleophilen zu unterdrücken. Von deren Verdrängung durch lipophile Verbindungen wie Hexadecyltrimethylammoniumperchlorat nahm man Abstand, da die Signale der Alkyl-Substituenten die Strukturaufklärung der F430-Variante behindern würden. Obwohl die 80 nmol Reinsubstanz F aus Rohisolat Nr. 2 bereits ausreichten, um die Konstitution der F430-Variante zu erschließen, erfolgten die wesentlichen Schritte der Strukturaufklärung an Rohisolat Nr. 4 (siehe Abb. I-18). Konkret ließ das HPLC-Chromatogramm nach Veresterung mindestens sechs Einzelsubstanzen erkennen (siehe Abb. I-19 b), wobei jeweils 500-600 nmol der beiden Hauptkomponenten D / F (m/z 1021) in CD2Cl2:TFE-d3 [4:1] gelöst mit Hilfe von Shigemi-Röhrchen analysiert wurden. Die Identität der nur in geringen Mengen verfügbaren MeS-Nebenkomponenten E / G konnte man aus UV/VIS-Spektren, MALDI-TOF-Aufnahmen sowie NMR-Analysen der entscheidenden Molekülteile entnehmen. Die Komponenten A-C mit je m/z 975 wiederum wurden anhand von Koinjektionen mit F430Me5 und dessen jeweiligen Epimeren zugeordnet. Das 1D-1H-NMR-Spektrum der methylierten Komponente D zeigte fünf CH3O-Gruppen in Übereinstimmung mit m/z 1021 und als Bestätigung, daß es sich bei der F430Variante (m/z 951) ebenso wie bei F430 aus methanogenen Archaea (m/z 905) um eine Pentacarbonsäure handelt (siehe Abb. I-26 a). Ein Singulett bei 2.16 ppm (ca. 3H, teilweise überlappend mit anderen Signalen) mit der entsprechenden 13 C-Linie (CH3 gemäß MEd-HSQC) bei 12.9 ppm sprach für die Anwesenheit einer CH3S-Funktion und bestätigte die Ergebnisse aus HiResMALDI-ICR-MS und LA-ICP-SF-MS (siehe Kapitel I 2.4.2; I 2.4.3). Die Methylsulfanyl-Protonen weisen im HMBC eine Kopplung 6 5 H4 CF3CHDOD CF3CD2OH 4 H19 H12 5 × CH3O– 3 H17 H2-20 IMP H2-171 CH3S– 2 H5Re H5Si CH3-7 IMP 1 CH3-2 IMP ppm 0 Ergebnisse Abb. I-26. 1D-1H-NMR-Spektren: a) Komponente D aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600 MHz, CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v); b) entsprechende Pentacarbonsäure aus Rohisolat Nr. 3 (m/z 951) (600 MHz, TFE-d3). 7 H10 CHDCl2 { b a I 89 I Ergebnisse 90 über drei Bindungen hinweg zu einem Methin-Kohlenstoff bei 51.0 ppm auf, der wiederum im HSQC über eine Bindung mit einem Proton bei 3.56 ppm korreliert. Zur Lokalisierung dieser Methin-Gruppe als Träger des MeS-Substituenten innerhalb des Hydrocorphin-Netzwerkes war es erforderlich, sämtliche 1H- und 13 C-Signale mittels DQF-COSY, TOCSY, Multiplicity-Edited HSQC und HMBC zu analysieren. Ausgehend von H4 und dem Spin-System H220-H19 mit ihren charakteristischen chemischen Verschiebungen gelang es, alle nicht-austauschbaren Protonen und alle Protonen-tragenden Kohlenstoffe in den Ringen A, B und C inklusive der Seitenketten zuzuweisen (siehe Tab. I-6 und I-7). Ein Vergleich der chemischen Verschiebungen und 2D-Korrelationen von Komponente F (siehe Tab. I-8) mit den vollständig zugeordneten Spektren für F430Me5 ergab klar, daß diese CH3O Regionen des hydrocorphinoiden O Liganden in der F430-Variante un- O O H H2N H H H H H H HN H H HH CH3 O 3 H H H3C 5 A B N N H H 20 H 10 Ni N 18 ClO4 H OCH3 H 17 2 H O H Molekülbestandteile Position des CH3S-Substituenten ließ sich wie folgt bestimmen (siehe HH 13 eingefärbten in Abbildung I-27 illustrieren. Die C H O OCH3 H H H N D 15 CH3O 8 verändert vorliegen, wie die blau H O H Abb. I-28): H18 und H17 wurden aus Kreuzpeaks im DQF-COSY zugeordnet, wobei H17 (2.86 ppm) CH3O O Abb. I-27. 1D- und 2D-NMR-Studien am Pentamethylester der F430-Variante (m/z 1021). wiederum mit zwei geminalen Protonen bei 2.48 / 1.92 ppm koppelt, und zwar mit H171‘ beziehungswei- se H171‘‘. Betrachtet man das Proton bei 3.56 ppm in 3JC,H-Kopplung zum MeS-Kohlenstoff, so zeigt dieses mit H171‘‘ eine große und mit H171‘ eine kleine Kopplungskonstante. Somit befindet sich der MeS-Rest in Position 172, und das Signal bei 3.56 ppm gehört zu H172. Eine Reihe von HMBC-Korrelationen bestätigte diese Partialstruktur im Cyclohexenon-Ring (siehe Abb. I-28 c und Tab. I-8), wonach beide H171Protonen einerseits deutliche Konnektivität zu C18 zeigen und andererseits zusammen mit H172 in Korrelation zum Carbonylkohlenstoff C173 stehen, welcher durch seinen charakteristischen Verschiebungswert von 192.4 ppm gekennzeichnet ist. H 181 H 3.6 3.4 3.2 3.0 2.8 2.6 H H 18 H H 171 17 D 19 20 16 S 172 N 2.8 DQF-COSY H H H H 3.0 H19-H20 H121 -H12 173 2.4 MeOOC H 181 H H172 -H171’ į 1H [ppm] O 2.6 H19-H18 H17-H171’ H H H H 18 H H 171 17 D 19 20 16 S 172 N 2.0 HMBC H H 2.2 H172 -H171’’ 173 CH3 15 Ni H17-H171’’ H171’ -H171’’ H82’ -H82’’ H21’ -H21’’ H8-H81’ H8-H81’’ H17-H18 CH3 15 Ni H21’’ -H21’ O b c 188 190 192 194 55 50 45 40 35 30 50 40 30 20 10 4.0 4.0 C173 -H172 3.5 3.0 3.0 2.5 1.5 C5-H5’’ į 1H [ppm] 2.5 C173 -H171’ 2.0 C173 -H171’’ 1.5 C172 -H171’ C172 -CH3S C172 -H171’’ C17-H171’’ C18-H171’’ 2.0 C5-H5’ C171 -H171’’ C71 -H71’’ C17-H2181 C18-H2181 į 1H [ppm] C17-H17 C171 -H171’ C21 -H21’’ C71 -H71’ C3-H3 C18-H18 C18-H220 C1-H220 C171 -H172 3.5 C13-H13 C172 -H172 C12-H12 C21 -H21’ C121 -H2121 C181 -H2181 C132 -H132’’ C131 -H131’ C131 -H131’’ C132 -H132’ C32 -H232 C81 -H81’ C81 -H81’’ C82 -H82’ C82 -H82’’ C20-H220 CH3C7-CH3C7 1.0 m 1.0 CH3C2-CH3C2 C31 -H31’ C31 -H31’’ m CH3SC172 -CH3SC172 Ergebnisse Abb. I-28. Entscheidende 2D-NMR-Ausschnitte und -Korrelationen für Komponente D aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600/150 MHz; CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) DQF-COSY; b) MEd-HSQC; c) HMBC. MeOOC į 1H [ppm] a į 13C [ppm] į 13C [ppm] I 91 I Ergebnisse 92 Die Zuordnungen für Komponente F des methylierten Rohisolates Nr. 4 erfolgten auf der Basis derselben Arten von NMR-Spektren wie für Komponente D (siehe Tab. I-6, I7, I-9). Wiederum sind die Signale für alle Protonen und Protonen-tragenden Kohlenstoffe in den Ringen A-C mit ihren Seitenketten fast unverändert zu F430Me5 aus Methanogenen sowie Komponente D. Hinsichtlich dieses Isomeren der F430-Variante treten die markantesten Differenzen in den chemischen Verschiebungen für die Protonen und Kohlenstoffe des Cyclohexenon-Ringes auf. Bei Isomer F sind die beiden H171-Protonen praktisch isochron (2.22 ppm), erkennbar an einem einzigen Kreuzpeak zu H17 im DQF-COSY und einem der Multiplizität von CH2 entsprechenden Signal im MEd-HSQC (siehe Abb. I-29). Die Konnektivität im Cyclohexenon-Ring basiert auf HMBC-Kreuzpeaks zwischen CH3S und C172, zwischen H172 / C17 / C173 sowie zwischen H2171 / C173 / C16. Was die Komponenten F aus den Rohisolaten Nr. 2 und Nr. 4 anbelangt, so unterschieden sich die chemischen Verschiebungen an ausgewählten Kernen wie H31, H5‘‘, H71‘‘, H81‘‘, H82‘, H10, H13, H132, H171, H18 und H20 nur im Bereich von ± 0.012 ppm, so daß damit die Identität beider Reinsubstanzen feststeht. Vergleicht man die NMR-Daten für die Pentamethylester mit m/z 1021 (siehe Tab. I-6, I-7), so besteht kein Zweifel, daß die beiden Komponenten D und F als 172-MeSF430Me5 dieselbe Konstitution besitzen und somit Konfigurationsisomere in Position C172 darstellen. Die absolute Konfiguration an allen stereogenen Zentren von F430 aus methanogenen Archaea wurde vor etlichen Jahren durch spektroskopische Studien am nativen Cofaktor und partialsynthetischen Derivaten sowie mittels hochauflösender Röntgenstrukturanalyse am Holoenzym in dessen inaktiver Ni(II)-Form detailliert aufgeklärt (siehe Abschnitte I 1.2.2, II 1.1). Wie bereits in Kapitel I 2.4.1 ausgeführt, sind die CDSpektren von F430Me5 und der veresterten Komponenten D / F (m/z 1021) praktisch deckungsgleich, so daß auch deren absolute Konfiguration in den Ringen A-C übereinstimmt. Aus diesem Grunde genügte es, aus den NMR-Spektren der 172-Epimeren die relative Konfiguration an C17 und C172 abzuleiten, um die absolute Konfiguration am zusätzlichen stereogenen Zentrum 172 der F430-Variante (m/z 951) zu erschließen. Konkret zeigte ein Kreuzpeak zwischen H19 und H17 im ROESY beider Komponenten D / F an, daß in Analogie zu F430Me5 die Konfiguration an C17 unverändert 17S lautet. Für Isomer D tritt das Signal von H171‘‘ im 1D-Spektrum klar unterscheidbar als Quartett mit drei großen Kopplungskonstanten von etwa 12.5 Hz hervor, jeweils mit H17 und 181 H H 18 H H 171 17 D 19 16 S 172 N 3.0 DQF-COSY H H 20 3.2 173 CH3 15 Ni 2.6 O į 1H [ppm] 2.8 H 181 H 2.2 MeOOC 2.4 H H H H 18 H 16 S 172 N 3.6 3.4 3.2 3.0 H 171 17 D 19 20 1.8 HMBC H H 2.0 H172 -H2171 H17-H2171 173 CH3 15 Ni O c b C17-H17 C21 -H21’ C21 -H21’’ C18-H18 C3-H3 C121 -H2121 C71 -H271 C181 -H2181 C82 -H82’ C82 -H82’’ C17 -H217 1 1 C131 -H131’ C81 -H81’’ C5-H5 C31 -H31’’ C131 -H131’’ C31 -H31’ 3.4 3.3 C173-H172 3.2 3.1 3.0 2.9 2.7 į 1H [ppm] 2.8 į 1H [ppm] 2.6 2.5 2.4 2.3 2.2 C173-H2171 C16-H2171 3.3 3.2 3.1 3.0 2.9 2.8 2.7 2.6 2.5 2.4 2.3 2.2 2.1 2.0 1.9 1.8 1.7 1.6 C172 -H172 C12-H12 C20-H220 C81 -H81’ CH3SC172 -CH3SC172 190 188 186 184 182 180 178 176 174 172 170 168 50 45 40 35 30 25 20 15 Ergebnisse Abb. I-29. Entscheidende 2D-NMR-Ausschnitte und -Korrelationen für Komponente F aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600/150 MHz; CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) DQF-COSY; b) MEd-HSQC; c) HMBC. MeOOC H H H H 3.4 H19-H18 H19-H220 H17-H18 2.8 [ppm] į 1H a į 13C [ppm] į 13C [ppm] I 93 I Ergebnisse 94 H172 zusätzlich zur geminalen Kopplung mit H171‘ (siehe Abb. I-30 a). Dies erfordert für H17, H171‘‘ und H172 eine quasi-triaxiale trans-trans-Anordnung und zusammen mit den beobachteten NOEs die Konfiguration 172S sowie die in Abbildung I-30 b gezeigte Halbsessel-Konformation des Cyclohexenon-Ringes. Im Gegensatz zu früheren Messungen an F430Me5 in CD2Cl2 waren bei Isomer F die beiden 171-Protonen praktisch isochron, eventuell bedingt durch den 2,2,2-TFE-d3-Anteil im Lösungsmittel und die dadurch induzierte Konformationsänderung in der Region C15-C19. Eine zufällige Überlappung von Kreuzpeaks beobachtete man auch bei Isomer D, und zwar für die MEd-HSQC-Signale C82-H82‘‘ mit C171-H171‘, was jedoch Konfigurations- und Konformationszuordnung nicht behinderte. Auf die Zugabe geeigneter Verschiebungsreagenzien wie C6D6 wurde in diesen Fällen verzichtet, da das Shim-Prozedere bei ternären Lösungsmittelgemischen erhebliche Probleme mit sich bringt, zumal das Material der verwendeten Shigemi-Röhrchen ohnehin auf Chloroform-d geeicht ist. Das H172-Signal von Isomer F liegt als Triplett vor mit zwei kleinen Kopplungskonstanten von etwa 3 Hz zu den beiden Protonen an H171 (siehe Abb. I-31 a), wobei im Gegensatz zu Isomer D kein NOE zwischen H17 und H172 erkennbar ist. Abbildung I31 b-d verdeutlicht unmittelbar die verbleibenden Kombinationsmöglichkeiten aus Konfigurationen an C172 und Konformationen des Cyclohexenon-Rings, exklusive der bereits eindeutig geklärten sterischen Verhältnisse in Isomer D. Aufgrund ihres Verhaltens in chromatographischen Trennsystemen ist bekannt, daß es sich bei den Komponenten D und F um Diastereomere beziehungsweise Epimere in Position 172 handeln muß. Unter Berücksichtigung der Kopplungs- und NOE-Muster kommt somit für Isomer F nur die Konfiguration 172R in Frage, mit der in Abbildung I-31 b gezeigten Halbsessel-Konformation des Ringsystems. Auf dieser Grundlage blieb schließlich noch zu klären, welches der beiden pentamethylierten Isomere D / F der nativen MeS-Pentacarbonsäure in Protein I entspricht. Das HPLC-Chromatogramm des unveresterten Rohisolates Nr. 3 zeigt zwei Hauptkomponenten 1 / 2 mit m/z 905 / 951 im Verhältnis 55:45 sowie mehrere Nebenkomponenten mit einem von beiden m/z-Quotienten (siehe Abb. I-20 b). Nach sorgfältigem Entsalzen wurde zunächst das gesamte Rohisolat Nr. 3 in TFE-d3 gelöst und mittels NMR analysiert (siehe Abb. I-18). Obgleich die Linien infolge verbleibender paramagnetischer Anteile ein wenig verbreitert waren und viele Kreuzpeaks in den 2D-Spektren überlappten, ergaben die DQF-COSY-, TOCSY- und HSQC-Aufnahmen, daß es sich x 3.0 X 3.6 H172 x H17 3.4 x H19 3.2 3.0 H20 X 2.5 2.4 H18 H171’ 2.6 H171’ 2.8 H17 X: Artefakte aus nahegelegener Spur von H19 H17 H19 H172 x H172 CH3S- 2.2 1.8 1.6 ppm b 18 1 18 H 2.0 H131’ H131’’ [ppm] starker NOE H S CH3 173 17 2 1 schwacher NOE 172 14 (172S)-172-MeS-F430Me5- H17 H J = 12.6 Hz; schwacher NOE 15 16 J ; s =5 n ei r tark .8 H kl rke er J ta E NO z; s O E N H H 171 starker NOE 17 H171’’ (sehr kleiner NOE, hauptsächlich COSY) 2.0 H171’’ H171’’ H 131 13 H O H D E __ Ergebnisse Abb. I-30. Entscheidende Kopplungsparameter und 2D-Korrelationen für Komponente D aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600 MHz, CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) 1D-1H- und DQF-COSY-Ausschnitte; b) Cyclohexenon-Ring in Seitenansicht mit J-Werten und NOE-Korrelationen; c) ROESY-Signale (tm = 300 ms) von H172. c a J= sc 12. h wa 6 Hz NO cher ; E I 95 3.40 H 17 H H 3.36 3.3 Hz H 15 172 S 3.4 1 17 res mittle s bis kleine erwartet J 16 ppm H172 H17 H172 H17 173 3.0 17 1 H H172 CH3 3.2 2 H17 (172S)-172-MeS-F430Me5- H17 mittleres bis grosses J und starker NOE erwartet 181 18 3.38 3.3 Hz H17 2 H172 H H 131 O 2.8 H 2.6 13 DQF-COSY ROESY H18 2.4 D E __ 2.2 H171 ppm 3.4 3.2 3.0 3.4 3.2 3.0 d b 18 H 16 3H z 15 S 172 starker NOE Hz J=3 J= 17 CH3 2 H172 H 3 17 H 15 172 S 17 1 1 2 CH3 173 schwacher NOE erwartet H172 (172R)-172-MeS-F430Me5- H17 H 17 1 16 grosses J erwartet H (172R)-172-MeS-F430Me5- H17 n; E ei O H J k l er N k r a st H 17 H 17 H 171 starker NOE mittleres bis grosses J und starker NOE erwartet 181 18 1 18 H H H 131 H 131 O H O H 13 H 13 D E __ D E __ Ergebnisse Abb. I-31. Entscheidende Kopplungsparameter und 2D-Korrelationen für Komponente F aus Rohisolat Nr. 4 - Pentamethylester (m/z 1021) (600 MHz; CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v). − a) 1D-1H-, DQF-COSY- und ROESY-Ausschnitte (tm = 300 ms); b)-d) Kombination denkbarer Konfigurationen und Konformationen am Cyclohexenon-Ring (Seitenansicht mit J-Werten und NOE-Korrelationen). c a Jg ros s I 96 I Ergebnisse 97 bei den Hauptkomponenten um F430 sowie dessen 172-MeS-Derivat handelt. Letzteres entspricht dabei eindeutig dem Pentamethylester D mit der Konfiguration 172S (siehe Abb. I-30 b). Durch sukzessive Anwendung zweier verschiedener Typen von HPLCSäulen (Chromolith® / Hypercarb®) gelang es letztendlich, die MeS-Hauptkomponente aus Rohisolat Nr. 3 als freie Pentacarbonsäure rein darzustellen und deren Struktur unter Anwendung einer Vielzahl von NMR-Techniken aufzuklären: 1D-1H, {1H}−13C, 2D DQF-COSY, TOCSY, MEd-HSQC, HMBC, ROESY (tm = 300 ms). Unabhängig von den ersten Messungen an der Rohmischung konnten Konstitution und Konfiguration der Hauptkomponente als (172S)-172-Methylsulfanyl-F430 bestätigt werden (siehe Tab. I10). Allerdings bereiteten die verbliebenen Spuren an paramagnetischem Ni(II) und die dadurch bedingte Verkürzung von T2 beziehungsweise Linienverbreiterung im HMBC einige Schwierigkeiten (siehe Abb. I-26 b), so daß Konfigurations- und Konformationsanalyse nicht so erschöpfend ausgeführt werden konnten wie für die Pentamethylester-Derivate D / F der F430-Variante. I Ergebnisse 98 Tab. I-6 a. 1H-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 600 MHz, Pentacarbonsäuren bei 700 MHz, δ in ppm. (172S)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] (172R)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] F430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] (172S)-172MeS-F430 in TFE-d3 F430 in TFEd3 2.58 2.57 2.58 2.64 2.60 H2 ' 2.79 2.79 2.77 2.79 2.73 CH3-C2 1.06 1.06 1.06 1.11 1.08 H3 Atom G (1H) H21" 1 2.55 2.54 2.62 2.66 2.60 1 H3 " 1.59 1.58 1.57 1.70 1.65 H31' 1.75 1.75 1.75 1.82 1.77 2 2.29 2.30 2.29 2.33 2.26 H3 CH3O-C33 3.69 H4 4.38 4.37 4.39 4.51 4.45 H5" 1.42 1.39 1.45 1.51 1.48 H5' 1.81 1.81 1.82 2.00 1.95 H71" 2.41 2.41 2.38 2.53 2.49 H71' 2.46 2.47 2.45 2.55 2.49 CH3-C7 1.18 1.18 1.17 1.22 1.18 H8 3.66 2.79 2.78 2.78 2.89 2.86 1 H8 " 1.95 1.95 1.97 2.03 2.18 H81' 2.24 2.23 2.24 2.31 2.26 2 2.47 2.47 2.48 2.51 2.44 2.58 2.58 2.57 2.61 2.56 H8 " H82' CH3O-C8 3 H10 H12 H12 1 3.73 3.71 5.78 5.74 5.73 5.95 5.91 3.07 3.08 3.07 3.17 3.13 2.78 2.81 2.75/2.71 2.80 2.67 CH3O-C122 3.66 H13 3.83 3.81 3.82 4.00 3.91 1.57 1.73 1.60 1.80 1.71 H13 ' 1.87 1.98 1.89 1.96 1.93 H132" 2.17 2.25 2.15 2.11 2.09 2.36 2.31 2.35 2.29 3.64 3.64 3.00 2.83 H131" 1 H132' CH3O-C8 H17 3 2.86 3.65 2.94 2.73 I Ergebnisse 99 Tab. I-6 b. 1H-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 600 MHz, Pentacarbonsäuren bei 700 MHz, δ in ppm. Atom G (1H) H171" 1 H17 ' 2 H18 H18 (172R)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] F430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] (172S)-172MeS-F430 in TFE-d3 F430 in TFEd3 1.92 2.22 1.77 2.01 1.78 2.09 2.62 2.19 2.63/2.53 3.66 2.63/2.58 2.48 H172 CH3S-C17 (172S)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] 1 CH3O-C18 2 3.56 3.35 2.16 2.25 2.53 2.50 2.46 2.51 2.38 2.54 2.51 2.56/2.49 2.51 2.45 3.71 2.19 3.68 H19 3.51 3.47 3.51 3.60 3.55 H20 3.03 3.01 3.08/3.04 3.07 3.02 I Ergebnisse 100 Tab. I-7 a. 13C-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 150 MHz, Pentacarbonsäuren bei 175 MHz, δ in ppm. (172S)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] (172R)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] F430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] (172S)-172MeS-F430 in TFE-d3 F430 in TFEd3 187.8 187.6 188.3 190.2 190.3 53.8 53.9 54.5 55.9 55.9 41.5 41.6 41.8 43.2 43.3 C22 172.4 172.3 172.6 175.5 175.6 Me-C2 19.6 19.8 20.0 20.6 20.6 C3 42.7 42.6 43.3 45.1 45.4 C31 19.6 19.6 20.1 21.7 22.1 C3 2 31.7 31.8 32.3 34.4 35.2 C3 3 174.1 n. z.* 174.1 179.0 180.2 C4 64.5 64.6 65.2 66.7 66.9 C5 35.6 35.8 36.2 37.5 37.5 C6 91.6 91.4 92.0 94.2 94.1 C7 49.3 49.3 49.9 51.4 51.5 Atom G (13C) C1 C2 C2 1 C71 42.9 43.0 43.4 44.8 44.8 2 174.1 174.0 174.1 177.7 177.8 Me-C7 14.6 14.9 15.2 15.4 15.5 C8 C7 56.2 56.1 56.7 58.4 58.5 C8 1 21.5 21.7 22.1 23.6 24.0 C8 2 31.9 31.9 32.5 34.3 35.1 C83 173.3 173.3 173.5 178.7 179.7 C9 176.7 176.2 176.7 179.3 179.3 C10 98.0 97.3 98.4 100.3 100.3 # 171.8 C11 C12 169.4 169.4 169.7 171.5 43.9 44.2 44.7 45.8 46.3 C12 1 38.7 38.2 39.2 40.6 41.7 C12 2 172.0 172.3 172.3 176.8 177.8 C13 49.5 48.9 50.0 51.7 51.5 C13 1 29.8 28.5 30.2 30.8 31.1 C13 2 31.2 31.1 31.7 32.6 33.0 C133 174.1 173.8 174.0 178.8 179.6 C14 178.5 n. z.* n. z.* 181.1 180.5 * nicht zugeordnet # keine HMBC-Korrelationen; Zuordnung in Analogie zum 1D-13C-Spektrum I Ergebnisse 101 Tab. I-7 b. 13C-NMR-Daten für (172S)-172-MeS-F430Me5, (172R)-172-MeS-F430Me5 und (172S)-172MeS-F430 sowie für F430Me5 und F430 im Vergleich. Pentamethylester bei 150 MHz, Pentacarbonsäuren bei 175 MHz, δ in ppm. (172S)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] (172R)-172MeSF430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] F430Me5 in CD2Cl2:TFEd3 [80:20] (172S)-172MeS-F430 in TFE-d3 F430 in TFEd3 C15 n. z.* 106.7 109.2 110.4# 110.4 C16 n. z.* 170.7 172.8 173.6 174.8 49.5 46.2 50.4 51.5 51.8 32.0 30.8 25.1 34.1 26.6 51.0 49.9 38.1 53.4 39.3 12.9 15.2 - 13.6 Atom G (13C) C17 C17 1 C172 MeS-C17 C17 3 C18 C18 1 C18 2 2 192.4 189.9 196.2 195.2 44.2 44.8 45.1 47.2 34.0 34.1 34.7 37.2 # 199.6 47.6 38.2 # 172.7 172.7 172.9 178.8 179.7 C19 62.6 62.6 63.3 64.7 65.2 C20 27.3 27.2 28.0 29.1 29.5 * nicht zugeordnet # keine HMBC-Korrelationen; Zuordnung in Analogie zum 1D-13C-Spektrum I Ergebnisse 102 Tab. I-8 a. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v. Proton DQF-COSY MedHSQC HMBC H21" H21' C21 (t) C1, C2, CH3-C2 H21' H21" C21 (t) C1, C2, CH3-C2 Me-C2 (q) C1, C2, C21, C22, C3 CH3-C2 H3 H4, H31', H31" C3 (d) C31 H31" H3, H31', H32', H32" C31 (t) C3 H31' H3, H31", H32', H32" C31 (t) C3, C32, C33 H32 H31', H31" C32 (t) C3, C31, C33 CH3O-C33 (q) C33 CH3O-C33 H4 H3, H5', H5'', H20 C4 (d) C1, C2, C6 H5" H4, H5' C5 (t) C4, C6 H5' H4, H5'' C5 (t) C4, C6 H71" H71' C71 (t) C7, C72, CH3-C7, C8 H71' H71" C71 (t) C72, C8 Me-C7 (q) C6, C7, C71 CH3-C7 H8 H81', H81" C8 (d) C81, C82, C9 H81" H8, H81', H82', H82" C81 (t) C83 H81' H8, H81", H82', H82" C81 (t) C7 H82" H81', H81", H82' C82 (t) C81, C83 H82' H81', H81'', H82" C82 (t) C8, C81 CH3O-C83 CH3O-C83 (q) C83 H10 C10 (d) C8, C9, C11, C12 H12 H10, H121, H13 C12 (d) C122 H121 H12 C121 (t) C11, C122, C13 CH3O-C122 (q) C122 CH3O-C122 H13 H12, H131', H131" C13 (d) C121, C131, C132, C14 H131" H131', H132', H132" C131 (t) C133 H131' H131", H132', H132" C131 (t) C14 H132" H131', H131", H132' C132 (t) C131, C133 H132' H131', H131", H132" C132 (t) C131, C133 CH3O-C133 (q) C133 CH3O-C133 H171', H171", H18 H17 1 H17 " 1 H17, H17 ', H17 2 C17 (d) C171 (t) C17, C18, C172, C173 I Ergebnisse 103 Tab. I-8 b. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v. Proton DQF-COSY MedHSQC HMBC H171' H17, H171", H172 C171 (t) C172, C173 H172 H171', H171" C172 (d) C171, C173, CH3SC172 MeS-C172 (q) C172 C18 (d) C19 CH3S-C172 H18 H18 H17, H19 1 1 CH3O-C182 C18 (t) C17, C18, C182, C19 CH3O-C182 (q) C182 H19 H18, H20 C19 (d) H20 H4, H19 C20 (t) C1, C18, C19 I Ergebnisse 104 Tab. I-9 a. 2D-NMR-Korrelationen für (172R)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v. Proton COSY MEdHSQC HMBC H21" H21' C21 (t) C1, C2, CH3-C2 H21' H21" C21 (t) C1, C2, CH3-C2 Me-C2 (q) C1, C2, C21, C22, C3 CH3-C2 H3 H4, H31', H31" C3 (d) C31 H31" H3, H31', H32', H32" C31 (t) C3 H31' H3, H31", H32', H32" C31 (t) C3, C32, C33 H32 H31', H31" C32 (t) C3, C31, C33 CH3O-C33 (q) C33 CH3O-C33 H4 H3, H5', H5'', H20 C4 (d) C1, C2, C6 H5" H4, H5' C5 (t) C4, C6 H5' H4, H5'' C5 (t) C4, C6 H71" H71' C71 (t) C7, C72, CH3-C7, C8 H71' H71" C71 (t) C72, C8 Me-C7 (q) C6, C7, C71 CH3-C7 H8 H81', H81" C8 (d) C81, C82, C9 H81" H8, H81', H82', H82" C81 (t) C83 H81' H8, H81", H82', H82" C81 (t) C7 H82" H81', H81", H82' C82 (t) C81, C83 H82' H81', H81", H82" C82 (t) C8, C81 CH3O-C83 CH3O-C83 (q) C83 H10 C10 (d) C8, C9, C11, C12 H12 H10, H121, H13 C12 (d) C122 H121 H12 C121 (t) C11, C122, C13 CH3O-C122 (q) C122 CH3O-C122 H13 H12, H131', H131" C13 (d) C121, C131, C132, C14 H131" H131', H132', H132" C131 (t) C133 H131' H131", H132', H132" C131 (t) C14 H132" H131', H131", H132' C132 (t) C131, C133 H132' H131', H131", H132" C132 (t) C131, C133 CH3O-C133 (q) C133 CH3O-C133 H171, H18 H17 H17 1 1 H17, H17 , H17 C17 (d) 2 C171 (t) C17, C18, C172, C173 I Ergebnisse 105 Tab. I-9 b. 2D-NMR-Korrelationen für (172R)-172-MeS-F430Me5 in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20] v/v. Proton COSY MEdHSQC HMBC H172 H171 C172 (d) C171, C173, CH3SC172 MeS-C172 (q) C172 C18 (d) C19 CH3S-C172 H18 H18 H17, H19 1 1 CH3O-C182 C18 (t) C17, C18, C182, C19 CH3O-C182 (q) C182 H19 H18, H20 C19 (d) H20 H4, H19 C20 (t) C1, C18, C19 I Ergebnisse 106 Tab. I-10 a. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430 in TFE-d3. Proton COSY MEdHSQC HMBC H21" H21' C21 (t) C2, C22 H21' H21" C21 (t) C2, C22, C3 Me-C2 (q) C1, C2, C21, C3 CH3-C2 H3 H4, H31', H31" C3 (d) H31" H3, H31', H32', H32" C31 (t) H31' H3, H31", H32', H32" C31 (t) C33, C4 H32 H31', H31" C32 (t) C3, C33 H4 H3, H5', H5'', H20 C4 (d) H5" H4, H5' C5 (t) C4 H5' H4, H5'' C5 (t) C6 H71" C71 (t) H71' C71 (t) C6, C72 CH3-C7 Me-C7 (q) C6, C7, C71, C8 C9 H8 H81', H81" C8 (d) H81" H8, H81', H82', H82" C81 (t) H81' H8, H81", H82', H82" C81 (t) H82" H81', H81", H82' C82 (t) C8 2 C83 2 1 H8 ' 1 2 H8 ', H8 ", H8 " C8 (t) H10 C10 (d) 1 H12 H12 H121 H12 C121 (t) H13 * C13 (d) H131" H131', H132', H132" C131 (t) H131' H131", H132', H132" C131 (t) C133, C14 H132" H131', H131", H132' C132 (t) C133 H132' H131', H131", H132" C132 (t) H17 H171', H171", H18 C17 (d) 1 C12 (d) 1 2 H17 " H17, H17 ', H17 H171' H17, H171", H172 H17 2 1 1 H17 ', H17 " CH3S-C172 C122 C171 (t) C171 (t) C16 2 C17 (d) MeS-C172 (q) C172 H18 H17, H181, H19 C18 (d) C182 H181 H18 C181 (t) C18 * H13 nach ca. 4 h in TFE-d3 vollständig durch D ausgetauscht I Ergebnisse 107 Tab. I-10 b. 2D-NMR-Korrelationen für (172S)-172-MeS-F430 in TFE-d3. Proton COSY MEdHSQC H19 H18, H20 C19 (d) H20 H4, H19 C20 (t) HMBC C1 I Ergebnisse 2.5 108 172-Epimerisierung der MeS-Variante Wie in Abschnitt I 2.3 dargelegt, unterschieden sich die Rohisolate Nr. 2-4 als Pentacarbonsäuren und im Falle von Nr. 2/4 auch als Pentamethylester signifikant im Verhältnis der 172-Epimeren. Für die freien Säuren wurden folgende (172S):(172R)Quotienten bestimmt: Nr. 2 → 46:54; Nr. 3 → 90:10; Nr. 4 → 74:26. Angesichts der ausnahmsweise mehrtägigen Einwirkung starker Mineralsäure mit begleitender Neutralisationswärme bei Gewinnung von Rohisolat Nr. 2 lag es nahe, daß das (172R)Epimere ein Artefakt darstellt (siehe Kapitel I 4.2). Die sich anschließende Veresterung dieses Isolates bewirkte eine weitere (172S):(172R)-Konversion von 46:54 auf 23:77. Bei konstanter H+-Konzentration (70 mM) im Methylierungsansatz konnte diese Umwandlung durch Abkühlen (4 °C) auf 32:68 reduziert werden. Aus Abbildung I-32 erkennt man unmittelbar, daß der MeS-Rest in α-Position zur Carbonyl-Gruppe des Cyclohexenon-Rings lokalisiert ist. Racemisierung oder − in diesem Fall − Epimerisierung unter Erhalt der Konstitution kann durch Spaltung und Neuknüpfung von Kovalenzen unter anderem bei α-substituierten Carbonylverbindungen auftreten. Da dies jedoch an ein planares Zwischenprodukt in Form eines Enols beziehungsweise Enolates gekoppelt ist und das Gleichgewicht der Keto-Enol-Tautomerie in protischen, nucleophilen Lösungsmitteln mit geringer intramolekularer Stabilisierung stark auf der Seite des Ketons liegt, sind Säuren oder Basen als Katalysator obligatorisch (siehe Abb. I-33). Die HPLC auf Hypercarb® in perchlorsaurer Lösung ermöglichte es nicht nur, die quantitative Zusammensetzung der Rohisolate zu analysieren, sondern auch das thermodynamische Gleichgewicht zwischen (172S)-172-MeS-F430 und (172R)-172-MeS-F430 zu bestimmen. Ausgehend von praktisch reinem (172S)-172MeS-F430 (> 99 %) wurden zunächst zwei Ansätze bei 50 °C für 3 h inkubiert, und zwar sowohl in 0.1 M HClO4 (pH 1.0) als auch in 0.1 M KH2PO4-Puffer (pH 5.8). Die (172S):(172R)-Konversion im stark sauren Medium betrug 84:16, während in der gepufferten Lösung immer noch > 97 % des (172S)-Epimers vorlag. Entsprechende Versuche in 20 % H2SO4 bei 4 °C ergaben 59 % des (172S)-Epimers nach 3 d, 78 % nach 7 d und 80 % nach 16 d (siehe Abb. I-34). Letzterer Zahlenwert änderte sich auch nach weiteren 13 d Inkubationsdauer nicht mehr, so daß ein (172S):(172R)-Quotient von 1:4 dem thermodynamischen Gleichgewicht entspricht. Abbildung I-35 zeigt das zugrundeliegende Diagramm für eine Reaktion pseudoerster Ordnung, dessen Graphen unter I Ergebnisse 109 RO O RO O O H2N O O H2N O O 3 B N 3 OR 8 N A 10 N C 15 17 1 17 H N D H3C N A 10 N D C 15 13 OR 3 17 17 Ni 19 13 2 RO O O H O S 17 171 OR 3 17 172 O O H3C O RO Natives Stereoisomer: 2 OR 8 N 20 19 O B N 1 Ni 20 H 5 A 1 RO HN H 5 A H O HN H S RO O Thermodynamisch begünstigtes Stereoisomer: 2 R = H: (17 S)-17 -MeS-F430 R = H: (172R)-172-MeS-F430 R = CH3: (172S)-172-MeS-F430Me5 R = CH3: (172R)-172-MeS-F430Me5 Abb. I-32. Pentamethylester der F430-Variante: absolute Konfiguration der Epimere in Position 172. den Voraussetzungen 2 2 d ( 17 S ) d ( 17 R ) 2 2 – ---------------------- = ---------------------- = k 1 ( 17 S ) – k – 1 ( 17 R ) dt dt (Gl. I-29) 2 k1 [ 17 R ] K = ------- = -----------------2 k–1 [ 17 S ] (Gl. I-30) mit und x 2 ( 17 S ) (0) = 1 sowie einer Geschwindigkeitskonstanten k = 0.41 d−1 folgender Gleichung gehorchen: x 2 ( 17 S ) k –1 –( k 1 + k –1 )t k–1 - e = ------------------- + 1 – ------------------k 1 + k –1 k1 + k –1 (Gl. I-31). Die nach diesem Zeitraum beobachtete spurenweise Oxidation zu den entsprechenden F560-Derivaten sowie die in erheblichem Ausmaß eingetretene Epimerisierung in Position 12/13 zeigten für die (172S)- und die (172R)-Verbindung dieselbe Präferenz. Was weiterführende Überlegungen zu der (172R)-172-MeS-Komponente als artifizielles, wenngleich thermodynamisch stabileres Epimer in enger Analogie zu 12,13-Di- 2 H H H H 172 N S * 171 18 D 17 19 17 -MeS-F430 O 182 181 H 20 CH3 15 Ni O B HO H H H H H H 171 18 D 17 S N CH3 173 15 Ni H H H H H 171 18 D 17 19 20 S N CH3 173 15 Ni (Enolat) 172-MeS-F430 O 182 181 H H H (Enol) 172-MeS-F430 O 182 181 H 19 20 O OH + H+ + H / H+ + HO HO H Ni 2 2 CH3 N 18 D 15 181 17 H 182 H 171 172 O H H H S H 19 20 O O 182 181 H H H H H H H 171 18 D 17 19 20 S 172 N CH3 15 Ni O (172R)-172-MeS-F430 H H H + (17 S)-17 -MeS-F430 H H H Ergebnisse Abb. I-33. Säure-/Base-katalysierte Epimerisierung der Methylsulfanyl-Variante von F430 in Position 172. HO H H H H + H+ / H+ HO H H H I 110 I Ergebnisse 111 a 1 2 b 2 1 c 2 1 d 2 1 e 2 1 Abb. I-34. Analytische HPLC auf Hypercarb® 5 µm / HClO4 in H2O (pH 1.0) / MeCN: Epimerisierung von (172S)-172-MeS-F430 (1) zu (172R)-172-MeS-F430 (2) in 20 % H2SO4 / 4 °C nach 0 d (a), 3 d (b), 7 d (c), 16 d (d), 29 d (e). I Ergebnisse 112 1.00 0.90 0.80 Molenbruch von (172S)-172-MeS-F430 im Experiment Molenbruch von (172R)-172-MeS-F430 im Experiment Molenbruch von (172S)-172-MeS-F430 berechnet Molenbruch von (172R)-172-MeS-F430 berechnet Molenbruch 0.70 0.60 0.50 0.40 0.30 0.20 0.10 0.00 0 5 10 15 20 25 30 Zeit, d Abb. I-35. Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen den 172-Epimeren der F430-Variante in 20 % H2SO4 bei 4 °C (k = 0.41 d−1, K = 4). epi-F430 anbelangt, so verdient die Arbeit von Fraser und Faibish (1995) einige Aufmerksamkeit. Daraus geht hervor, daß die axiale Präferenz von α-Substituenten im Cyclohexanon-Ring in folgender Reihe zunimmt: F− < CH3O− < Cl− < Br− < CH3S−. Dies steht voll und ganz im Einklang mit dem Verlauf der säurekatalysierten Epimerisierung in Position 172 der F430-Variante (vgl. Mayr et al., 2008a). 2.6 Versuche zur Semisynthese der F430-Modifikation Die Resultate der experimentellen Ansätze zur Methylsulfanylierung von F430 beziehungsweise von dessen Pentamethylester F430Me5 in α-Position zur Keto-Gruppe 173 lassen sich wie folgt zusammenfassen (DMDS: Dimethyldisulfid; MMTS: Methanthiosulfonsäure-S-methylester; MSA: Methansulfonsäure; PMP: 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin; TMG: 1,1,3,3-Tetramethylguanidin): Ohne Katalysator / Leerprobe: ♦ F430Me5 / CH2Cl2 oder MeOH / DMDS oder MMTS → kein Umsatz I Ergebnisse 113 Säurekatalyse: ♦ F430 / 20 % H2SO4 / MMTS / Emulsion über 3 h gerührt → kein Umsatz ♦ F430Me5 / CH2Cl2 / 70 mM MSA / DMDS oder MMTS → Säureshift mit nachfolgender Zerstörung des Chromophors → partielle Esterhydrolyse → kein m/z 1021 ♦ F430Me5 / CH2Cl2 / 70 mM HCOOH / MMTS → kein Umsatz ♦ F430Me5 / MeOH / 70 mM H2SO4 / MMTS → kein Umsatz Basenkatalyse: ♦ F430Me5 / CH2Cl2 / PMP / DMDS → kein Umsatz ♦ F430Me5 / CH2Cl2 / PMP / MMTS → Mono-, Bis-, Tris(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5 → m/z 1021 (aus Reduktion von m/z 1019 durch Methansulfinat?) ♦ F560Me5 / CH2Cl2 / PMP / MMTS → Mono-, Bis-, Tris(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5 → m/z 1021 (aus Reduktion von m/z 1019 durch Methansulfinat?) ♦ F430Me5 / CH2Cl2 / TMG / MMTS → Vielzahl von Zersetzungsprodukten ♦ F430Me5 / MeOH / Ca(OH)2 oder Mg(OH)2 / MMTS → Mono-, Bis(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5 → m/z 1021 (aus Reduktion von m/z 1019 durch Methansulfinat?) ♦ F430Me5 / MeOH / CaH2 / MMTS → Zerstörung des Chromophors ♦ F430Me5 / MeOH / PMP / MMTS → Mono-, Bis-, Tris-, Tetrakis(methylsulfanyl)-Derivate von F560Me5 Besonderes Augenmerk verdient nicht zuletzt die Beobachtung, daß HPLC-reines (172S)-172-MeS-F430 unter bestimmten Reaktionsbedingungen (c = 100 µM in MeOH I Ergebnisse 114 / 70 mM p-TsOH / 33 Vol.% Orthoameisensäuretrimethylester / 4 °C / 5 d) nach Aufarbeitung im HPLC-Chromatogramm zwei Hauptsignale mit m/z 975 liefert, als ob hierbei eine Demethylsulfanylierung stattgefunden hätte (siehe auch Abschnitt I 2.2). 115 3 Diskussion und Ausblick 3.1 Analytik von Cofaktor F430 Während die in Abbildung I-15 angeführten Fließmittel zusammen mit den jeweiligen Dünnschichtphasen recht gute Trennresultate lieferten, eignet sich das DCM:MeOHGemisch [13:1] nur wenig für die präparative Darstellung hydrocorphinoider Pentaester auf TLC-Platten. Somit liegt nahe, mit Hilfe der PRISMA-Methode (siehe Abschnitt I 1.3.1) eine mobile Phase auf der Basis von Lösungsmitteln mit bei Raumtemperatur deutlich verringerter Flüchtigkeit zu entwickeln, um vor allem bei der simultanen Entwicklung mehrerer Platten in einer DC-Kammer die Ausbildung wellenförmiger, teilweise ineinander übergehender Substanzzonen zu vermeiden. Im Hinblick auf pHPTLC bietet die horizontale Entwicklung in Linearkammern gegenüber der vertikalen Entwicklung in Glaströgen wesentliche Vorteile. Hohe Auflösungen lassen sich auch mit AMD-Systemen (Automated Multiple Development) erzielen. Größere Mengen an verfügbaren Rohextrakten aus Bakterienmatten im Schwarzen Meer vorausgesetzt, wäre es auch reizvoll, ein DC-basierendes Trennsystem für F430 und seine MeS-Variante als Pentacarbonsäuren und/oder Pentamethylester zu entwerfen. Was die präparative HPLC für F430 und seine Derivate in Säure- wie Esterform anbelangt, so erfüllte die Chromolith®-SemiPrep-Säule alle Erwartungen bezüglich Beladungsgrenze, Trennleistung und Regenerationszeit. Zur qualitativ und quantitativ einwandfreien Separation von Gemischen aus F430 und dessen MeS-Variante samt deren Oxidations- und Epimerisierungsprodukten war es jedoch notwendig, die Dissoziation der Pentacarbonsäuren durch Veresterung oder starkes Ansäuern auf pH 1.0 zu unterdrücken. In diesem pH-Bereich mußte die Chromolith®-Phase durch eine Hypercarb®-Säule ersetzt werden. Da es sich bei Ni(II)F430 und seinen Derivaten um einbis mehrfach geladene Koordinationsverbindungen handelt, erforderten sämtliche chromatographische Trennverfahren die Zugabe von Ionenpaarreagenzien. Bestens bewährt hat sich hierfür ClO4− in Form von NaClO4 oder auch verdünnter HClO4, während schwer aus dem Eluat zu entfernende BPh4−- und PF6−-Salze, Letztere obendrein mit Neigung zur Freisetzung von F−, nicht zu empfehlen waren. Für das Arbeiten mit I Diskussion und Ausblick 116 den stark hydrophoben Phasen Chromolith® und Hypercarb® mußte man auf lipophile Salze wie Alkylsulfonate oder Trialkylammonium-Verbindungen im Laufmittel verzichten, da diese die Oberfläche der stationären Phase belegen, so daß die Trennleistung rapide abnimmt und ferner häufig spiegelbildlich verdoppelte Signale im Chromatogramm auftreten (vgl. Rücker et al., 2001: 456 f.). Um die freie Säure F430 von ihrer MeS-Variante durch präparative HPLC an nur einem Säulentyp (Chromolith® oder Hypercarb®) zu trennen, läßt sich das Verfahren der Recycling-Chromatographie vorteilhaft anwenden. Für analytische und semipräparative Zwecke ist auch die Säulenumschalttechnik in Betracht zu ziehen (siehe Kapitel I 1.3.3). Zur Separation von F430-Pentacarbonsäuren in stark sauren Fließmitteln kommen auch hydrophobe Polymerphasen in Frage, wie beispielsweise PLPR-S-Säulen aus makroporösem Polystyren-Divinylbenzen mit hoher chemischer Stabilität. Ferner ist von Interesse, ob die bemerkenswert guten Ergebnisse auf RP/WAX-Phasen für Carbonsäure-haltige Analyten mit sowohl hydrophilen als auch hydrophoben Gruppen − beispielsweise Gibberellinsäure − auch für F430 und seine Derivate erzielt werden können (siehe Abschnitt I 1.3.3). Sofern ausreichende Mengen der MeS-Variante von F430 aus biogenen oder partialsynthetischen Quellen zur Verfügung stehen, bietet sich an, weitere spektroskopische Verfahren zur Charakterisierung heranzuziehen. Während C−S-Streckschwingungen im Bereich von 710-570 cm−1 liegen und als schwache, breite IRAbsorptionsbanden keine praktische Bedeutung besitzen, sind die entsprechenden Raman-Signale stark ausgeprägt (vgl. Pretsch et al., 2009: 304). Auch an EPR-Studien sowie vergleichende zyklische Voltammogramme zwischen F430Me5 und (172S)-172MeS-F430Me5 beziehungsweise (172R)-172-MeS-F430Me5 ließe sich dann denken (siehe Kapitel I 1.2.3). 3.2 Biochemische Relevanz der MeS-Variante Die phylogenetische Beziehung zwischen dem dominierenden Ni-Protein I (7 % der zellulären Gesamtprotein-Fraktion) und MCR aus methanogenen Archaea spiegelt sich in der Verwandtschaft der 16S rRNA von ANME-1 und Methanogenen wider. Diese Tatsache spricht für ANME-1-Organismen als Quelle für Protein I mit (172S)-172- I Diskussion und Ausblick 117 MeS-F430 als neu aufgefundene Variante von Cofaktor F430 (vgl. Krüger et al., 2003), wobei Protein II mit dem Methanogenen-Hydrocorphin F430 ebenso in relativem Überschuß vorliegt (3 % der zellulären Gesamtprotein-Fraktion). Da die aufgefundenen Bakterienmatten im Schwarzen Meer nur sehr geringe Methanogenese-Aktivitäten aufwiesen und somit deren Verunreinigung mit methanogenen Archaea wenig wahrscheinlich ist, stammt Protein-II vermutlich aus ANME-2-Zellen. Die AOM-gekoppelten mikrobiellen Konsortien enthielten stets Archaea sowohl vom ANME-1- als auch vom ANME-2-Typ, obwohl deren Verhältnis zueinander abhängig von der Herkunft der Matten schwankte, mit ANME-2 dominierend in Hydrate-Ridge-Sedimenten und ANME-1 in rosafarbigen Matten aus dem Schwarzen Meer (vgl. Knittel et al., 2005; Treude et al., 2007; Blumenberg et al., 2004). Dies spricht klar dafür, daß zum einen Enzyme mit Cofaktor F430 oder dessen (172S)-172-MeS-Variante den ersten Schritt der anaeroben Methanoxidation katalysieren und daß zum anderen die Methylsulfanylierung des Hydrocorphin-Makrozyklus in Position 172 keine zwingende Voraussetzung für diese katalytische Kompetenz darstellt. Da (172S)-172-MeS-F430 beziehungsweise dessen Pentamethylester bislang nur im sub-µmol-Bereich vorliegen, konnte der Einfluß der MeS-Derivatisierung im Cyclohexenon-Ring auf die enzymatisch relevanten physikochemischen Eigenschaften der F430-Variante − wie zum Beispiel das Ni(II)/Ni(I)-Redoxpotential − nicht untersucht werden (vgl. Jaun and Pfaltz, 1986). Andererseits erwartet man in dieser Beziehung auch keinen signifikanten Einfluß auf die Reaktivität am Ni-Zentrum (vgl. Jaun, 1994). Infolgedessen hat man die möglichen Funktionen des (172S)-172-MeS-Substituenten in Verbindung mit den sequentiellen Unterschieden zwischen Protein I und MCR aus Methanogenen zu betrachten (vgl. Kahnt et al., 2007). Alle konservierten Aminosäuren mit bekannter Beteiligung im aktiven Zentrum der MCR fanden sich ebenso in den entsprechenden α-, β- und γ-Ketten von Protein I. Nahe der aktiven Stelle jedoch zeigte die α-Kette eine Reihe von Modifikationen, welche bei Modellierung in die Röntgenstruktur von MCRox1-silent längs einer α-Helix lokalisiert sind, welche teleskopartig in Richtung des Cyclohexenon-Rings von F430 mit dem MeS-Substituenten zeigt (siehe Abb. I-36). In der α-Kette von Protein I ist Methylglutamin 400, eine der fünf posttranslational modifizierten Aminosäuren der MCR aus methanogenen Archaea (vgl. Jaun, 1994), durch Valin ersetzt, während Cystein jeweils an die Stelle von Ala 403, Val 404, Ala 409 und Phe 415 tritt (vgl. Krüger et al., 2003; Shima and Thauer, 2005). I Diskussion und Ausblick 118 Abb. I-36. Röntgenstruktur von MCRox1-silent (PDB ID 1mro): Charakteristika von Protein I mit Mutationen in Kette α und F430-Variante (Methylsulfanyl-Gruppierung in Position 172) integriert (verändert nach Ermler et al., 1997: 1460; Jaun and Thauer, 2007: 344). Übertragen auf das Strukturmodell von MCRox1-silent schafft die Mutation von Methylglutamin 400 zu Valin 400 in Protein I die sterischen Voraussetzungen für den Raumbedarf der MeS-Gruppe in Position 172 des Cofaktors, welche ansonsten mit der Methylglutamin-Seitenkette kollidieren würde. Interessanterweise beruhen die gravierenden Veränderungen von Tertiär- und Quartärstruktur des Sichelzellhämoglobins (HbS) auf einer ähnlichen Mutation in der Hämoglobin-β-Kette, wobei hier Glutamat durch Valin ersetzt ist (vgl. Wehner, 1990: 574). Solange noch keine Röntgenstruktur von Protein I existiert, läßt sich über mögliche Funktionen des Methylsulfanyl-Substituenten in der Cofaktor-Variante sowie über die Bedeutung der anstelle hydrophober Aminosäuren aneinandergereihten Cystein-Reste längs der α-Helix nur spekulieren. Zudem entspricht die Sequenz CCxxxxCxxxxxC keinem bekannten Motiv von Schwefel-haltigen Metallclustern. Falls die Sekundärstruktur von Protein I und MCR aus Methanogenen in der Tat nahe beieinander liegen, kann man am ehesten eine Beteiligung am Elektronentransport oder gekoppelten I Diskussion und Ausblick 119 H+/e− -Transport von der Enzymoberfläche zum aktiven Zentrum annehmen, wobei der Cystein-Kette sowie der MeS-Funktion eventuell eine Schlüsselrolle bei der Reduktion von Ni(II) zur aktiven Ni(I)-Form zukommen. Auf dieser Grundlage besteht eine besondere Herausforderung darin, die entsprechenden ANME-Organismen axenisch zu kultivieren und vor allem herauszufinden, welche Spezies von Redoxäquivalenten auf welchem Wege zwischen Methanoxidierern und Sulfatreduzierern transferiert werden. Unabhängig von mikrobiologischen Fragestellungen wäre es auch reizvoll zu klären, ob eine Aktivierung von Methan mit bloßem Cofaktor F430 und/oder dessen MeS-Variante in vitro gelingt. 3.3 Semisynthetische Methylsulfanylierung Auf der Basis der erarbeiteten Grundlagen und bisherigen Experimente (siehe Kapitel I 1.6; I 2.6) liegt es nahe, vorerst die thermodynamisch kontrollierten Ansätze mit Basenkatalyse weiterzuverfolgen. Unter Verwendung des bewährten MethylsulfeniumDonors Methanthiosulfonsäure-S-methylester (103-104-facher Überschuß) startet man die Versuchsreihe am besten mit einer gesättigten Lösung von Ca(OH)2 in MeOH beziehungsweise mit überschüssigem 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin in CH2Cl2, wobei das Entgasen auch für alle im Folgenden beschriebenen Experimente am Hochvakuum (≤ 10−6 bar; → Turbomolekularpumpe) zu erfolgen hat. Daneben sind auch sterisch stärker gehinderte Amin- (z. B. 1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan, DABCO) oder Amidinbasen (z. B. 3,3,6,9,9-Pentamethyl-2,10-diazabicyclo[4.4.0]-1-decen, Heinzer Base) in Betracht zu ziehen. Die Enolisierung in Position 172 / 173 kann hierbei durch Zugabe von Trimethylsilylchlorid und anschließende Spaltung des Silylethers mit Tetrabutylammoniumfluorid katalysiert werden. Eine vielversprechende Option bieten ferner Phosphazen-Basen wie P2-t-Bu, deren pKa-Wert über 20 (→ α-CH2 der Keto-Gruppe) und unterhalb von 25 (→ α-CH2 der Ester-Seitenketten) liegt. Durch sorgfältiges Evakuieren muß eine basenkatalysierte Oxidation zu F560 und dessen Derivaten unbedingt verhindert werden, da ansonsten bereits Amin-Basen zu einer Bis-Methylsulfanylierung in Stellung 121 des entstehenden vinylogen β-Ketoesters (pKa ≈ 11) ausreichen. Im Hinblick auf die räumlich klar exponierte Stellung der Methylen-Protonen in Position 172 (siehe Abb. II-1 a) bieten sich darüber hinaus kinetisch kontrollierte Ansätze I Diskussion und Ausblick 120 zur Partialsynthese der F430-Variante an. Konkret empfielt es sich hier, F430-Pentamethylester in CH2Cl2 mit möglichst stöchiometrischen Mengen sterisch gehinderter starker Basen bei −80 °C umzusetzen, wobei deren pKa-Werte im Bereich von 21.5 (Phosphazen-Base P2-t-Bu) bis 45 (metallorganische Base Lithium-diisopropylamid) liegen müssen. Auch unter diesen Voraussetzungen macht eine Silylierung der enolischen Hydroxy-Gruppe und nachfolgende Abspaltung mit Tetrabutylammoniumfluorid oder Titantetrachlorid Sinn, zumal dies auch die Amid- und Lactam-Funktion erfassen würde, deren unvermeidbare Deprotonierung im alkalischen Bereich die Löslichkeit von F430Me5 in apolaren Solventien stark verringert. Die Reaktivität α,β-ungesättigter Ketone gegenüber S-haltigen Elektrophilen kann überdies durch Bildung des α-Hydroxymethylen-Derivates erhöht werden (siehe Abschnitt I 1.6). Eine interessante Alternative zur Verwendung von MMTS bietet die anodische Oxidation von Dimethyldisulfid in CH2Cl2 / n-Bu4N+ClO4−, da das entstehende CH3−S+ zur Monomethylsulfanylierung elektronenreicher Spezies befähigt ist (siehe Abschnitt I 1.6). Die im Zuge der Studien zur 172-Epimerisierung entwickelte HPLC-Analytik an Hypercarb® (siehe Abb. I-20) eignet sich vorzüglich, um bereits im sub-µmol-Bereich die Syntheseprodukte durch Koinjektion mit Isolaten aus Bakterienmatten zu identifizieren. Sofern dann auch die MALDI-TOF-Spektren den erwarteten Quotienten m/z 1021 wiedergeben, ist der zugrundeliegende Ansatz auf den Bereich von 1-5 µmol zu erweitern, um genügend Material für die Strukturbestimmung mittels NMR zu erhalten. Für eine elektrophile Substitution mit CF3−S+ in Position 172 bieten Trifluormethylsulfanylamide sowie hypervalente I(III)-CF3-Verbindungen als innovative Reagenzien vielseitige Möglichkeiten (siehe Abschnitt I 1.6). Hinsichtlich stereochemischer Fragestellungen käme auch in Betracht, (172S)-172-MeS-F430Me5 mit Diazomethan zu methylieren und den entstandenen Dimethylsulfonium-Rest mit Methanthiolat nucleophil unter Inversion zu ersetzen. Umgekehrt bietet sich an, die F430-Variante mittels SmI2 bei −78 °C zu demethylsulfanylieren, da dieses Reagenz für die selektive Reduktion αsubstituierter Ketone häufig das Mittel der Wahl darstellt (vgl. Kaltsoyannis and Scott, 2007: 65 f.). Für Modellsynthesen zur Überführung von Cofaktor F430 in seine MeSVariante eignet sich vorteilhaft α-Tetralon, insbesondere bezüglich Aussagen zur sterischen Präferenz des Restes in Position 172. 121 4 Experimenteller Teil 4.1 Dünnschichtchromatographie Zur präparativen Auftrennung von F430-Pentacarbonsäuren dienten HPTLC-Platten (Kieselgel 60; 10 cm × 20 cm; Trennstrecke: 10 cm; n-BuOH:HAc:H2O [4:1:1] (v/v)), für analytische Fragestellungen auch TLC-Platten (Kieselgel 60 RP-18 F254s; 5 cm × 10 cm; Trennstrecke: 7 cm; 1,4-Dioxan:EtOH:MeOH:H2O [1:18:1:30] (v/v)). Die entsprechenden Pentaalkylester konnten auf HPTLC-Platten (Kieselgel 60; 10 cm × 20 cm; Trennstrecke: 17 cm; DCM:MeOH [13:1] (v/v)) und TLC-Platten (Kieselgel 60; 20 cm × 20 cm; Trennstrecke: 17 cm; DCM:MeOH [13:1] (v/v)) separiert werden. Sämtliche stationären Phasen wurden zuvor durch Entwickeln in CHCl3:MeOH [1:1] gesäubert und durch Eintauchen in eine Lösung von NaClO4 Monohydrat in MeOH (1 % (w/ v)) mit anschließendem Trocknen in vertikaler Position imprägniert. Für die Aktivierung des Kieselgels erhitzte man die Platten im Trockenschrank für 7 h auf 160 °C und lagerte diese vor Gebrauch ca. 30 Tage lang in Aluminiumfolie bei Raumtemperatur. Es erwies sich als vorteilhaft, die Substanzgemische in methanolischer Lösung (Pentasäuren: c ≤ 5 mM; Pentaester: c ≤ 20 mM) mit Hilfe eines Linomat-IV-Applikators und geeigneter Applikationsspritzen (100 / 500 µL) im Stickstoff-Strom aufzusprühen, wobei die Auftragungszonen jeweils 1.5 cm vom unteren Rand sowie von den Seitenrändern entfernt waren. Die Entwicklung erfolgte unter Kammersättigung in DC-Kammern, passend für die Plattenabmessungen 10 cm × 10 cm beziehungsweise 20 cm × 20 cm. Bezogen auf eine 17 cm lange Auftragungszone lag die obere Beladungsgrenze für HPTLC-Platten bei 2 µmol, für TLC-Platten bei 3 µmol F430-Gesamt-Chromophor pro Platte. Zur Isolierung größerer Mengen entwickelte man bis zu fünf (20 cm × 20 cm) beziehungsweise zehn (10 cm × 20 cm) Glasplatten in einer Kammer. Um die ∆Rf-Werte zu maximieren, waren bis zu drei sukzessive Entwicklungszyklen mit zwischenzeitlichem Trocknen der DC-Schichten an der Luft oder − im Falle von schwerer flüchtigen Lösungsmitteln − im Vakuum nötig. Für die präparative Darstellung wurden nach dem letzten Entwicklungsschritt die interessierenden Substanzzonen ausgekratzt und im Porzellanmörser mit überschüssi- I Experimenteller Teil 122 gem KClO4 verrieben. Man füllte diese Pulver auf Wägepapier in Glaspipetten mit Cellulosestopfen ein und desorbierte unter leichtem N2-Überdruck mit verdünnter Perchlorsäure pH 1.0 (→ Pentacarbonsäuren) beziehungsweise DCM:MeOH [5:1] (→ Pentaalkylester) bis zur kompletten Entfärbung des Sorbens. Im Falle von HClO4 wurde der Hauptteil des solubilisierten Kieselgels durch Zentrifugieren für 5 min bei etwa 280 × g entfernt und der Überstand über SPE-HLB-Kartuschen entsalzt (Spülen mit H2O, Desorbieren mit MeOH). Aus dem DCM-MeOH-Eluat extrahierte man das Kieselgel nach Einrotieren zum Trockenen durch Zugabe von 0.1 M NaClO4 / HClO4 (pH 2.3) und mehrfaches Ausschütteln der Pentaester mit identischen Volumina an DCM bis zur Entfärbung der wäßrigen Phase. Nach Beschleunigung der Phasentrennung durch Zentrifugieren für 1 min bei ≈ 280 × g entnahm man die DCM-Phasen mit Hilfe einer gasdichten Hamilton-Spritze, entfernte die letzten Wasserspuren durch Filtration über Watte und Cellulose und engte zum Trockenen ein. 4.2 Bakterienmatten: Isolate Nr. 1-4 Probennahme: Mikrobielle Riffe (Matten), gespeist durch anaerobe Methanoxidation, treten im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres auf, und zwar entlang der vorspringenden Felsbank westlich der Halbinsel Crimea in einer Wassertiefe von 35-800 m (vgl. Michaelis et al., 2002). Im Zuge von Tauchgängen im Jahre 2001 (R/V Professor Logachev → Isolate Nr. 1 + 2) sowie 2004 (R/V POSEIDON, POS 317-2 → Isolate Nr. 3 + 4) mit Hilfe des bemannten Tauchbootes JAGO wurden Proben aus diesen Riffen gewonnen. Unter Verwendung des JAGO-Greifarms entnahm man einzelne Stücke aus den Mikrobenmatten in 230 m Tiefe (Position: 44°46‘ N, 31°60‘ O) unter Videokontrolle und lagerte diese in verschließbaren Tanks aus PVC. Es gelang, die Probenbehälter an Bord in einer zuvor mit Argon gefluteten Anaerobenkammer zu öffnen und die Matten in Plastikbeutel oder Glasflaschen (100 mL) zu überführen, Letztere versiegelt mit Septen aus Butylkautschuk und aufbewahrt bei −37 °C. Der Transport vom Forschungsschiff zum Institutslabor erfolgte innerhalb von zwei Tagen, wobei die Proben permanent auf Trockeneis eingefroren blieben. Diese bestanden mehrheitlich aus Calciumcarbonat, besiedelt mit Mikroben in schichtartiger Anordnung. Für Isolat Nr. 3 wird I Experimenteller Teil 123 im Folgenden die angewandte Methode zur Abtrennung der Mikrobenzellen von den Carbonaten sowie für die Extraktion und Reinigung des F430 aus den Zellen beschrieben, optimiert und in leicht abgewandelter Form auch gültig für die Isolate Nr. 1 und 4. Alle vier Proben unterschieden sich hauptsächlich in ihrem Gehalt an Calciumcarbonat, was für deren unterschiedliche Lokalisierung entlang der säulenartigen BakterienKalk-Konglomerate (innen / außen / oben / unten) spricht. Rohisolate Nr. 1, 3, 4: Ein Aliquot von 300 g wurde zunächst bei 4 °C über Nacht aufgetaut, in einem Mörser zu kleinen Stücken zerbrochen und dann wieder bei 4 °C in 100 mL destilliertem Wasser suspendiert. Nach zehnminütigem Schütteln setzten sich die unlöslichen Carbonate innerhalb von 5 min ab, und der entnommene Überstand mit der Zellsuspension wurde für 10 min bei 24000 × g zentrifugiert. Es erwies sich als vorteilhaft, das Calciumcarbonat-Sediment mit dem fast farblosen Überstand aus diesem Zentrifugationsschritt erneut zu versetzen und das beschriebene Prozedere (Schütteln, Absetzen, Entfernen des Überstands, Zentrifugieren) vierfach zu wiederholen, bis der Überstand keine Trübung mehr aufwies. In der Folge wurde das sedimentierte Material aus den Zentrifugationsschritten vereinigt und im Überstand der letzten Zentrifugation resuspendiert. Auf diese Weise fielen etwa 250 mL einer Suspension von MikrobenmattenZellen an, rund 8 g Protein entsprechend, sowie 150 g Calciumcarbonat und weitere rasch sedimentierende Bestandteile. Zur Extraktion der hydrocorphinoiden NickelKomplexe stellte man diese Suspension mit KOH auf pH 7 ein, behandelte mittels einer Titanplatte 20 min lang mit Ultraschall bei maximaler Leistung und einer Temperatur von 4 °C im Eisbad und zentrifugierte schließlich für 30 min bei 24000 × g. Nach Wiederaufnehmen des Rückstands in 100 mL H2O und pH-Korrektur mit Ameisensäure auf 3.0 wurden Ultraschallbehandlung und Zentrifugation wie beschrieben wiederholt, wonach man den Rückstand aus dem zweiten Zentrifugationsschritt in 100 mL 1 %iger HCOOH aufnahm und nach 20minütigem Schütteln bei 4 °C zentrifugierte. Die drei Überstände ließen sich zu einem Gesamtvolumen von ca. 500 mL vereinigen, mit KOH auf pH 7 einstellen, im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnen und zum Entfernen von ausgefälltem Material zentrifugieren. Ein halber Liter dieser verdünnten und geklärten Lösung wurde auf eine Säule mit QAE Sephadex A25 (3 cm × 20 cm) aufgetragen, äquilibriert mit TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.5), wobei F430 und seine Derivate mit 20 mM Ameisensäure zu eluieren waren. Man vereinigte die F430-haltigen Fraktionen I Experimenteller Teil 124 (ca. 300 mL) und chromatographierte über eine XAD-Säule (PAD I; 1 cm × 10 cm), äquilibriert mit 10 mM HCOOH. Nach Waschen mit 10 mM HCOOH gelang es, die Nikkel-Komplexe mit 100 % MeOH zu eluieren, in einer Vakuum-Zentrifuge aufzukonzentrieren und restliches Methanol durch Lyophilisieren zu entfernen. Die Bestimmung der F430-Ausbeute erfolgte spektrophotometrisch mit ε430 = 22500 M−1cm−1. Rohisolat Nr. 2: Insgesamt 1.2 kg an Ausgangsmaterial wurden zerkleinert und in 1 L destilliertem Wasser suspendiert. Um den Hauptteil der Carbonat-Krusten zu entfernen, gab man schrittweise konzentrierte Salzsäure (32 %) bei 4 °C über einen Zeitraum von sechs Tagen zu. Nach Filtration und Zentrifugation gelang es, F430 mit seinen Derivaten aus der sauren Lösung durch Festphasen-Extraktion an C-18-Kartuschen zu gewinnen. Die adsorbierten Nickel-Komplexe wurden mit MeCN:H2O:TFA [84.0:15.9:0.1] (v/v) eluiert, wobei diese Hydrocorphinoide nach Abziehen des Acetonitrils am Rotationsverdampfer in der verbleibenden wäßrigen Lösung wiederum auf eine C-18-Säule aufgetragen (1 cm × 25 cm) und über einen MeCN-Gradienten desorbiert werden konnten. Nach erneutem Entfernen des organischen Lösungsmittels neutralisierte man das Eluat mit KOH und überführte es auf eine QAE-Sephadex-A25-Säule. F430 und seine Derivate wurden mit 20 mM Ameisensäure eluiert, woraufhin man die Lösung großenteils einengte, mit Ammoniakwasser neutralisierte und letztendlich bei −30 °C einfror. 4.3 Entsalzung Die Obergrenze für die Beladung der SPE-HLB-Kartuschen mit Cofaktor F430 und seinen Derivaten ließ sich zu 20 µmol pro g Sorbens ermitteln. Um Hydrocorphine in freier Säureform von ionischen Verunreinigungen abzutrennen, hat sich folgendes Prozedere bewährt: Konditionieren mit einem Kartuschenvolumen MeOH − Äquilibrieren mit demselben Volumen an wäßriger Perchlorsäure (pH 1-2) − Auftragen der Proben in wäßriger Perchlorsäure (pH 1-2) − Spülen mit 1-3 Kartuschenfüllungen H2O − Elution der Ni-Komplexe mit 2 Kartuschenvolumina Methanol. Für die Mono-, Di- Tri-, Tetraund Pentaalkylester von F430 samt Derivaten wurde ähnlich vorgegangen, wobei man diese Verbindungen zuerst in Acetonitril löste und dann mit H2O auf eine MeCN-Endkonzentration von 5-10 % (v/v) verdünnte. Alle Folgeschritte liefen ohne Zusatz von I Experimenteller Teil 125 Säure ab. Um oxidative Veränderungen der Hydrocorphine soweit als möglich zu unterdrücken, wurde die gesamte Entsalzung unter N2-Atmosphäre und mit Ar-gesättigten Lösungsmitteln durchgeführt sowie durch leichten Überdruck mit einem Stickstoffstrom beschleunigt. 4.4 Veresterung der Rohextrakte Man löste das F430-Rohprodukt aus Zelllysaten von Methanothermobacter marburgensis im Methylierungsreagenz (100 mM H2SO4 in MeOH) zu einer Endkonzentration von ≤ 5 mM und erhöhte das Volumen dieser Mischung um 50 % durch Zugabe von Orthoameisensäuretrimethylester, welcher somit ein Drittel des Reaktionsvolumens einnahm. Die klare Lösung wurde in einer zylindrischen Glasampulle (Innenmaße: 200 mm × 28 mm) mit Young-Teflonhahn durch drei Entgasungszyklen (Einfrieren bei −196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) vom Sauerstoff befreit und fünf Tage lang bei 4 °C aufbewahrt. Anschließend gelang es, die Pentamethylester durch Zugabe einer dem Ansatzvolumen identischen Menge an 0.1 M NaClO4 / HClO4 (pH 2.3) und mehrfaches Ausschütteln mit wenigen Millilitern DCM quantitativ zu extrahieren, wobei der Redoxindikator Resazurin in der wäßrigen Phase verblieb. Nach Filtration der DCM-Schicht über Watte / Cellulose wurde die Lösung zum Trockenen eingeengt. Rund 700 nmol aus dem zuvor entsalzten Rohisolat Nr. 2 (siehe Kapitel I 4.3) löste man in 1 mL wasserfreiem Methanol (über Mg destilliert) mit 13 mg p-Toluensulfonsäure, Letztere zuvor durch dreifaches Auflösen / Einrotieren in Toluen (über CaH2 destilliert) getrocknet. Es erwies sich als vorteilhaft, die methanolische Lösung zu gleichen Teilen auf zwei zuvor bei 100 °C ausgeheizte zylindrische Glasampullen (Innenmaße: 150 mm × 8 mm) mit Young-Teflonhahn zu verteilen und durch drei Entgasungszyklen (Einfrieren bei −196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) vom Sauerstoff zu befreien. Die Umsetzung erfolgte innerhalb von 3 h bei 50 °C im Wasserbad, wonach man den Ansatz sofort auf 0 °C im Eisbad abkühlte. Durch Zugabe von 1 mL 0.1 M NaClO4 / HClO4 (pH 2.3) und dreimaliges Ausschütteln mit je 1 mL DCM (über CaH2 destilliert) konnten 83 % des eingesetzten F430-Gesamt-Chromophors als Pentamethylester extrahiert und nach Filtration über Watte / Cellulose in Festform gewonnen werden. I Experimenteller Teil 126 Gemäß demselben Prozedere erfolgte die Veresterung von etwa 4.5 µmol des zuvor entsalzten Rohisolates Nr. 4 (siehe Kapitel I 4.3), welches in 2 mL MeOH mit wiederum 80 mM p-TsOH gelöst wurde, beide Reagenzien wie beschrieben von Wasserspuren befreit. Wiederum führte man die Reaktion unter Vakuum in zwei zylindrischen Glasampullen durch, diesmal allerdings für 3.5 h bei 40 °C. Die Extraktion mit DCM fand in Zentrifugenröhrchen statt, und nach Zentrifugation bei 280 × g für 60 s wurden die vollständig abgetrennten organischen Phasen mit gasdichten Hamilton-Spritzen entnommen, durch Watte / Cellulose filtriert und zum Trockenen eingeengt. Die wäßrige Phase zeigte bei 430 nm keine nachweisbare Absorption mehr, so daß > 99 % des eingesetzten F430-Chromophors pentamethyliert wurden. 4.5 Hydrolyse von Cofaktor-F430-Pentamethylestern In zwei parallelen Experimenten wurden jeweils 50-100 nmol von (172S)-172-MeSF430Me5 und (172R)-172-MeS-F430Me5 in 20 %iger Schwefelsäure zu Endkonzentrationen ≤ 0.1 mM gelöst, in zylindrische Glasampullen (Innenmaße: 160 mm × 20 mm) mit Young-Teflonhahn gefüllt und drei Entgasungszyklen (Einfrieren bei −196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) unterworfen. Nach erschöpfender Hydrolyse über drei Tage bei 4 °C trennte man die entstandenen F430-Pentacarbonsäuren durch Adsorption an SPEHLB-Kartuschen, desorbierte mit MeOH und engte die Eluate zum Trockenen ein. 4.6 Epimerisierung am MeS-Substituenten Zur Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts wurden 50 nmol von HPLCreinem (172S)-172-MeS-F430 in 2 mL 20 %iger Schwefelsäure gelöst und in einer zylindrischen Glasampulle (Innenmaße: 160 mm × 20 mm) mit Young-Teflonhahn nach drei Entgasungszyklen (Einfrieren bei −196 °C / Vakuum ≤ 0.5 Torr) bei 4 °C äquilibriert. In Zeiträumen von 3 / 7 / 16 / 29 Tagen entnahm man jeweils 500 µL der sauren Lösung unter N2-Atmosphäre, isolierte die 172-Epimeren mittels SPE-HLB-Kartuschen (siehe Abschnitt I 4.3) und löste die Feststoffe in 0.1 M KH2PO4-Pufferlösung, einge- I Experimenteller Teil 127 stellt mit NaOH auf pH 5.8 und gesättigt mit Argon über eine Stahlkapillare. Es gelang, das molare Epimerenverhältnis durch RP-HPLC an Hypercarb 5 µm mit Vorsäule zu analysieren. Auftragelösung: c = 0.16 mM; Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A: HClO4 in H2O (pH 1.0); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 30 % B in 3 min, 30 % B → 90 % B in 180 min; Detektion bei 430 nm. 4.7 HPLC von F430-Pentacarbonsäuren und -methylestern Für die präparative Gewinnung von F430 und seinen Derivaten auf der Stufe von Pentacarbonsäuren wurde die Rohfraktion in Argon-begaster Pufferlösung zu einer Endkonzentration von 10 mM (0.1 M KH2PO4; pH 5.8) solubilisiert und auf Chromolith® SemiPrep RP-18e mit Vorsäule aufgetragen. Injektionsvolumen: 100 µL; mobile Phase A: HClO4 in H2O (pH 2.3); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 20 % B in 2 min, 20 % B → 90 % B in 360 min; Detektion bei 430 nm. Es erwies sich als vorteilhaft, die sauren Eluate sofort im Eisbad über eine Stahlkapillare mit Argon zu sättigen und danach am Rotationsverdampfer bei Raumtemperatur den MeCN-Anteil so weit als möglich zu verringern. Zur Aufbewahrung über Nacht diente ein mit Trockeneis gefülltes Dewar-Gefäß. Die Einzelkomponenten konnten nach Entsalzen über SPE-HLB-Kartuschen (siehe Abschnitt I 4.3) in Festform gewonnen werden. Auf der Ebene von F430-Pentamethylestern ging man analog vor, wobei die Rohfraktion hier als konzentrierte Lösung (c = 33.3 mM) in MeCN vorlag, welche mit H2O im Verhältnis 3:7 auf eine Endkonzentration von 10 mM verdünnt aufgetragen wurde. Die HPLC-Bedingungen für Chromolith® SemiPrep RP-18e mit Vorsäule lauteten wie folgt: Injektionsvolumen: 100 µL; mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in H2O; mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 30 % B → 90 % B in 90 min; Detektion bei 430 nm. Maßnahmen zum Schutz vor Oxidation und Darstellung der Ester durch Entsalzen sind im vorhergehenden Absatz beschrieben. Alternativ ließen sich die Pentaalkylester aus den Eluaten auch durch Extraktion mit DCM gewinnen (siehe Kapitel I 4.4). I Experimenteller Teil 128 Was die Methylsulfanyl-Derivate anbetrifft, so wurden 2.5 µmol von Rohisolat Nr. 3 in 250 µL 0.1 M KH2PO4-Puffer (pH 5.8) zu einer Endkonzentration von 10 mM gelöst. Es gelang, die beiden Hauptbestandteile F430 und (172S)-172-MeS-F430 von den Minoritätskomponenten über Chromolith® SemiPrep RP-18e mit Vorsäule abzutrennen: Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in HClO4/H2O (pH 2.3); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 20 % B in 2 min, 20 % B → 90 % B in 270 min; Detektion bei 430 nm. Nach Entsalzen und Einrotieren injizierte man das Zwischenprodukt (≈ 1.8 µmol) als 10 mM Lösung in 180 µL 0.1 M KH2PO4-Puffer (pH 5.8), wobei die Separation der beiden Hauptkomponenten über Hypercarb® 5 µm mit Vorsäule erfolgte: Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A: HClO4 in H2O (pH 1.0); mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 30 % B in 3 min, 30 % B → 90 % B in 180 min; Detektion bei 430 nm. Nach Entsalzen gemäß Abschnitt I 4.3 wurden die Reinsubstanzen zum Trockenen einrotiert und bei −30 °C aufbewahrt. 4.5 µmol von erschöpfend methyliertem Rohisolat Nr. 4 (siehe Kapitel I 4.4) löste man in 67.5 µL MeCN und verdünnte mit H2O auf ein Endvolumen von 450 µL. Diese 10 mM Auftragelösung wurde über Chromolith® SemiPrep RP-18e mit Vorsäule separiert: Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in H2O; mobile Phase B: Acetonitril (HPLC Gradient Grade); Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 30 % B in 3 min, 30 % B → 90 % B in 90 min; Detektion bei 430 nm. Die sechs Einzelkomponenten ließen sich wie im zweiten Absatz dieses Kapitels dargelegt durch Entsalzen als Festsubstanzen gewinnen. Alle in diesem Kapitel beschriebenen Operationen wurden unter vermindertem O2-Partialdruck durchgeführt: entgaste HPLC-Lösungsmittel, Argon-gesättigte sowie Trockeneis-gekühlte Auftragelösungen und Eluate, Aufbewahrung der Eluate in Schraubdeckelgefäßen mit Teflon-Einlage, Entsalzen unter N2-Atmosphäre. 4.8 UV/VIS-, CD-Spektroskopie Alle UV/VIS-Spektren wurden in Präzisionsküvetten (d = 0.100 / 1.000 cm) aus Quarzglas auf einem Zweikanal-Lambda-20-Spektrometer mit UV-WINLAB-Software Version 2.85.04 gemessen. Einstellungen: Scan 800.0 nm → 190.0 nm; Data Interval 0.50 nm; I Experimenteller Teil 129 Number of Cycles 1; Cycle Time 0.10 s; Scan Speed 960 nm min−1; Smooths Points 2. Zur Aufnahme und Prozessierung der CD-Spektren diente ein JASCO J-170 Spektropolarimeter mit JASCO Spectra Manager Software (Version 1.53.00), wobei die Proben in Präzisionsküvetten aus Quarzglas (d = 0.100 cm) vorlagen. Es erwies sich als vorteilhaft, die Lösungen der hydrocorphinoiden Pentacarbonsäuren sowie Pentamethylester auf eine Absorption von 0.7-1.0 bei 435 nm (freie Säuren in Methanol) beziehungsweise von 442 nm (Pentamethylester in Dichlormethan) einzustellen. Parameter: Band Width 1.0 nm; Response 0.5 s, Data Pitch 0.1 nm; Scanning Speed 100 nm min−1; Accumulation 4; Temperature 20 °C. 4.9 MALDI-Massenspektrometrie HiResMALDI-ICR-MS: Die Proben mit hydrocorphinoiden Pentacarbonsäuren und/oder Pentaalkylestern wurden in einer Matrix aus α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure in MeOH:H2O [50:50] vorbereitet, und sämtliche Messungen erfolgten auf einem IonSpec Varian 4.7 T Ultima FT-ICRMassenspektrometer. MALDI-TOF-MS: Zur Identifizierung HPLC-reiner Pentacarbonsäuren, Mono- bis Pentaalkylester und entsprechender Gemische diente eine gesättigte Lösung von α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure in MeOH:H2O [50:50] als Matrix, alternativ auch das Isomere α-Cyan-3-hydroxyzimtsäure in demselben Lösungsmittel. Ausschließlich für die Pentaalkylester eignete sich ebenso eine verdünnte Lösung von trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2propenyliden]-malonsäuredinitril in Dichlormethan. Sämtliche Messungen wurden im positiven Modus auf einem Bruker Ultraflex-II-Massenspektrometer durchgeführt. 4.10 LA-ICP-SF-Massenspektrometrie Zur Bestimmung des Element-Verhältnisses Nickel:Schwefel in hydrocorphinoiden Rohisolaten und Reinsubstanzen mittels LA-ICP-SF-MS (Laser Ablation Inductively I Experimenteller Teil 130 Coupled Plasma Sector Field Mass Spectrometry) diente ein Excimer-Laser-AblationsSystem, gekoppelt mit einem Sektorfeld-ICP-MS bei einer mittleren Auflösung von m/∆m = 4000, um die Ionen 32 S+ und 16O16O+ unterscheiden zu können (vgl. Günther and Hattendorf, 2005; Latkoczy and Günther, 2002). Sämtliche Proben wurden in MeOH (über Mg destilliert) gelöst und bei 50 °C mit Hilfe einer Linomat-Applikationsspritze auf Plättchen aus SUPRASIL®-Quarzglas jeweils in vier Zonen (10 µL pro Zone) aufgetragen. Die Laser-gesteuerte Ablation erfolgte direkt im Einzelbahn-Scan-Modus, bei einer Energiedichte eingestellt auf 5 J cm−2, einem Kraterdurchmesser von 80 µm und einer Repetitionsrate von 5 Hz, wobei die Übergangssignale über eine Zeitdauer von 40 s aufgezeichnet wurden. Es erwies sich als vorteilhaft, jede Probe mehrfach zu analysieren (n = 4 oder 8) und Kontrollmessungen mit F430Me5 durchzuführen, um die Substanz-abhängigen Hintergrundintensitäten von Ni- und S-Isotopen zu bestimmen. Die Quantifizierung des Element-Massenverhältnisses 60Ni/32S gelang mit dem Silikatglas NIST SRM 610 und durch Kreuzanalyse am Schwefel-haltigen Scapolith Mineral R1. 4.11 NMR-Spektroskopie Sämtliche 1H- und 13 C-NMR-Spektren wurden auf Avance-II-Spektrometern (Bruker) bei 600 / 150 MHz und 700 / 175 MHz mit Kryoköpfen (5 mm) vom Typ DCH und TCI aufgenommen. Die angegebenen chemischen Verschiebungen sind referenziert auf die Signale von 2,2,2,-Trifluorethanol in CD2Cl2: δ (1H) = 3.92 (CF3CHDOD), δ (13C) = 58.70 (CF3CD2OD); δ in ppm. Vor Verwendung wurden die NMR-Lösungsmittel durch jeweils dreifache Destillation über CaH2 (→ CD2Cl2) beziehungsweise Mg (→ 2,2,2TFE-d3) unter Schutzgas (N2) in einer geschlossenen Apparatur aus Pyrex®-Glas gereinigt. Für die gerätespezifischen Parameter bei der Strukturaufklärung der F430-Variante siehe Tabellen I-11 bis I-13. Zur Analyse der 2D-Spektren diente das Programm SPARKY 3 (vgl. Goddard and Kneller, 2007). Ansätze mit Pentamethylestern in CD2Cl2:TFE-d3 [80:20 (v/v)]: Nach Aufreinigung über semipräparative RP-HPLC wurden die Konfigurationsisomere (172S)-172-MeS-F430Me5 und (172R)-172-MeS-F430Me5 mittels SPE-HLB-Kartuschen entsalzt (siehe Abschnitt I 4.3). Zum Entfernen letzter Spuren an nichtdeuterierten Lö- I Experimenteller Teil 131 Tab. I-11. Gerätespezifische Parameter für die Aufzeichnung und Prozessierung der NMR-Daten von (172S)-172-MeS-F430Me5. (172S)-172-MeS-F430Me5 Compound Experiment 1D-1H DQF-COSY MedHSQC HMBC ROESY Pulseprogram* zg30 cosygpmfph 600.12 600.12 12.32 12.32 2048 512 2.5 0.139 0.0346 4 4 hmbcgpl2n dqf 600.12 150.93 13.35 222.32 4096 256 2 0.256 0.00381 64 16 creosyph 600.12 hsqcedetgp sisp2 600.12 150.93 13.35 165.6 2048 256 1.5 0.128 0.00512 16 4 128 K 1024 1024 512 1024 1024 512 1024 1024 EM lb = 0.3 cos2 cos2 States-TPPI cos2 cos2 Echoantiecho sin sin QF cos2 cos2 5th (F1 & F2) 5th (F1 & F2) F2 [MHz] F1 [MHz] SW F2 [ppm] SW F1 [ppm] TD t2 [pts] TD t1 [pts] Relaxation delay [s] AQ t2 [s] Maximal AQ t1 [s] Transients Dummy scans Spinlock field [kHz] Mixing time [s] FT size F2 [pts] FT size F1 [pts] Linear prediction forward [pts] Window t2 Window t1 Quadrature mode t1 Baseline correction polynome order 20.55 64 K 1 2.66 8 0 5th 600.21 600.21 10.2 10.2 2048 256 2 0.167 0.0209 32 4 2.5 (CW) 0.3 1024 1024 * Bruker standard pulseprogram library (TOPSPIN™ v1.3) sungsmitteln erwies es sich als vorteilhaft, beide Substanzen in 2mL-Schraubdeckelgefäße zu überführen und dreimal hintereinander in Dichlormethan-d2 zu lösen, wobei das Solvens am Rotationsverdampfer abzuziehen war. Jeweils 600 nmol der Isomere trocknete man am Hochvakuum und löste diese anschließend in je 120 µL CD2Cl2:TFEd3 [80:20 (v/v)]. Die dunkelbraunen Lösungen wurden mit einer Mikroliter-Spritze portionsweise in eine Glaspipette mit Cellulosefilter überführt, deren ausgezogene Spitze in ein 3mm-Shigemi-Röhrchen CMS mündete. Dabei achtete man darauf, daß die Flüssigkeitssäule im Meßröhrchen eine Höhe von 20 mm nicht überstieg. Das koaxiale I Experimenteller Teil 132 Tab. I-12. Gerätespezifische Parameter für die Aufzeichnung und Prozessierung der NMR-Daten von (172R)-172-MeS-F430Me5. (172R)-172-MeS-F430Me5 Compound Experiment 1D-1H DQF-COSY MedHSQC HMBC ROESY Pulseprogram* zg30 cosygpmfph 600.21 600.21 12.32 12.32 2048 512 2.5 0.139 0.0346 4 4 hmbcgpl2n dqf 600.21 150.93 13.35 222.32 4096 256 2 0.256 0.00381 64 16 creosyph 600.21 hsqcedetgp sisp2 600.21 150.93 13.35 165.64 2048 256 1.5 0.128 0.00512 16 4 128 K 1024 1024 512 1024 1024 512 1024 1024 512 EM lb = 0.3 cos2 cos2 States-TPPI cos2 cos2 Echoantiecho sin sin QF cos2 cos2 States-TPPI 5th (F1 & F2) 5th (F1 & F2) F2 [MHz] F1 [MHz] SW F2 [ppm] SW F1 [ppm] TD t2 [pts] TD t1 [pts] Relaxation delay [s] AQ t2 [s] Maximal AQ t1 [s] Transients Dummy scans Spinlock field [kHz] Mixing time [s] FT size F2 [pts] FT size F1 [pts] Linear prediction forward [pts] Window t2 Window t1 Quadrature mode t1 Baseline correction polynome order 20.55 64 K 1 2.66 8 0 600.21 600.21 10.2 10.2 2048 256 2 0.167 0.0209 32 4 2.5 (CW) 0.3 1024 1024 * Bruker standard pulseprogram library (TOPSPIN™ v1.3) Innenröhrchen wurde eingesetzt und nach Entfernen der Gasblasen mit Parafilm fixiert, wobei alle vorhergehenden Operationen unter N2-Atmosphäre stattfanden. Da die Messung an (172S)-172-MeS-F430Me5 im Abstand von einigen Wochen wiederholt werden mußte, erwies es sich als vorteilhaft, dieses Isomer vor dem zweiten Einsatz mittels pHPTLC aufzureinigen (siehe Abschnitt I 4.1). Ansätze mit Pentacarbonsäuren und Rohisolaten in TFE-d3: Eine Menge von 560 nmol der MeS-haltigen Hauptkomponente aus Rohisolat Nr. 3, aufgereinigt über RP-HPLC, sowie 2.5 µmol des Ausgangsisolates vor Auftrennung wurden über SPE-HLB-Kartuschen entsalzt (siehe Abschnitt I 4.3). Es gelang, die Lös- I Experimenteller Teil 133 Tab. I-13. Gerätespezifische Parameter für die Aufzeichnung und Prozessierung der NMR-Daten von (172S)-172-MeS-F430. (172S)-172-MeS-F430 Compound Experiment 1D-1H 1D-13C BB COSY MedHSQC HMBC Pulseprogram* zg30 zgpg cosygpppqf 700.13 176.06 700.13 242 700.13 700.13 hsqcedetgp sisp2 700.13 176.06 hmbcgpl2n dqf 700.13 176.06 2048 1024 1 0.183 0.0915 1 16 1024 256 1 0.0915 0.00582 16 32 2048 256 1 0.183 0.00303 32 32 F2 [MHz] F1 [MHz] SW F2 [ppm] SW F1 [ppm] TD t2 [pts] TD t1 [pts] Relaxation delay [s] AQ t2 [s] Maximal AQ t1 [s] Transients Dummy scans Spinlock field [kHz] Mixing time [s] FT size F2 [pts] FT size F1 [pts] Linear prediction forward [pts] Window t2 Window t1 Quadrature mode t1 Baseline correction polynome order 14 32 K 1 1.67 0.73 0.769 16 2 36000 8 waltz65 dec. 32 K 128 K 2048 1024 2048 1024 512 2048 1024 512 EM lb = 0.3 EM lb = 2.0 sin2 (shift 72°) sin2 QF cos2 sin2 Echoantiecho QF 5th 5th * Bruker standard pulseprogram library (TOPSPIN™ v1.3) lichkeit aller Pentasäuren in 2,2,2-Trifluorethanol sicherzustellen, indem man alle hydrocorphinoiden Nickel-Komplexe mit MeOH:TFE [50:50 (v/v)] eluierte. Letzte Spuren an nichtdeuterierten Lösungsmitteln wurden dadurch entfernt, daß man Reinkomponente und Substanzgemisch in 2mL-Schraubdeckelgefäßen jeweils dreimal hintereinander in 2,2,2-TFE-d3 löste und das Solvens zwischenzeitlich abrotierte. Filtration sowie Überführung und Versiegelung in 3mm-Shigemi-Röhrchen MMS erfolgten auf dieselbe Weise wie für die Pentamethylester beschrieben. I Experimenteller Teil 134 4.12 Partialsynthese Als Ausgangsmaterial dienten F430 in HPLC-Qualität sowie die entsprechenden Pentamethylester in pHPTLC-Reinheit (siehe Abschnitte I 4.1, I 4.7), gelöst in Dichlormethan oder Methanol zu Konzentrationen von 0.1-1 mM. Als MethylsulfanylierungsReagenzien wurden Dimethyldisulfid (DMDS) oder Methanthiosulfonsäure-S-methylester (MMTS) jeweils in 103-104-fachem Überschuß herangezogen, für Reaktionen unter Basenkatalyse gesättigte Lösungen von CaH2, Ca(OH)2 oder Mg(OH)2 in MeOH sowie von 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin (PMP) oder 1,1,3,3-Tetramethylguanidin (TMG) in CH2Cl2, Letztere in 103-fachem Überschuß. Die sauren Ansätze bereitete man in 2mL-Schraubdeckelgefäßen mit Teflonverschluß. Die basischen Reaktionsmedien wiederum wurden in den einen Arm einer Pyrex®-Glasapparatur mit Young-Teflonhahn und angeschmolzener UV/VIS-Küvette gefüllt und nach dreimaligem Einfrieren (− 196 °C) / Entgasen mit dem im anderen Arm als Festsubstanz befindlichen Hydrocorphin unter Vakuum (≤ 0.5 Torr) in Kontakt gebracht. Nach erfolgter Umsetzung der Pentamethylester säuerte man die Reaktionslösung unter N2-Atmosphäre mit 0.1 M NaClO4 in verdünnter HClO4 (pH 1.0) an und extrahierte durch mehrfaches Ausschütteln mit Dichlormethan. Sämtliche Reaktionen liefen bei Raumtemperatur (20 °C) ab. Die anschließende MS-Analyse erfolgte mit einer Matrix aus 4-CCA (wäßrige Phase) beziehungsweise DCTB (organische Phase) im MALDI-TOF (siehe Abschnitt I 4.9). 4.13 Labormaterial Chemikalien: Aceton (ACS; Fluka) ♦ Acetonitril (HPLC Gradient Grade; LAB-SCAN) ♦ Ameisensäure 98-100 % (p. a.; Merck) ♦ Argon (4.8; PanGas) ♦ ♦ trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2-propenyliden]-malonsäuredinitril (puriss. p. a., ≥ 99.0 % (HPLC); Fluka) I Experimenteller Teil ♦ 1-Butanol (zur Analyse; Merck) ♦ Calciumhydrid (93 %; Acros) ♦ α-Cyan-3-hydroxyzimtsäure (99 %; Aldrich) ♦ α-Cyan-4-hydroxyzimtsäure (97 %; Aldrich) Dichlormethan (HPLC Grade; Fisher Scientific) ♦ Dimethyldisulfid (pract. ≥ 98 % (GC); Fluka) ♦ 1,4-Dioxan (puriss., H2O ≤ 0.01 %, ≥ 99.5 % (GC); Fluka) ♦ Essigsäure 100 % (p. a.; Scharlau) ♦ Ethanol absolut (Analytical Grade, ACS; Scharlau) ♦ Hexadecyltrimethylammoniumhydroxid 10 % in H2O (p. a.; TCI) ♦ Kaliumdihydrogenphosphat (zur Analyse; Merck) ♦ ♦ Kaliumperchlorat (zur Analyse; Merck) ♦ Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific) Methansulfonsäure (puriss., ≥ 99.0 % (T); Fluka) ♦ Methanthiosulfonsäure-S-methylester (purum, ≥ 98.0 % (GC); Fluka) ♦ Methylenchlorid-d2 (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals) ♦ Methyltrioctylammoniumchlorid Aliquat® 336 (zur Synthese; VWR) ♦ Natriumperchlorat Monohydrat (puriss. p. a. ACS, ≥ 98.0 % (T); Fluka) ♦ Natronlauge 50-52 % in H2O (puriss. p. a.; Fluka) ♦ Orthoameisensäuretriethylester (purum, ≥ 99.0 % (GC); Fluka) ♦ Orthoameisensäuretrimethylester (purum, ≥ 98.0 % (GC); Fluka) ♦ 1,2,2,6,6-Pentamethylpiperidin (purum, ≥ 99.0 % (GC); Fluka) ♦ Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën) ♦ Schwefelsäure 96 % (puriss. p. a.; Merck) ♦ ♦ Stickstoff (4.5; PanGas) ♦ Tetrahydrofuran (LiChrosolv®; Merck) ♦ 1,1,3,3-Tetramethylguanidin (puriss., ≥ 99.0 % (GC); Fluka) ♦ Toluen (p. a.; Fluka) → über CaH2 destilliert ♦ p-Toluensulfonsäure Monohydrat (puriss. p. a.; Fluka) ♦ 2,2,2-Trifluorethanol (puriss., ≥ 99.0 % (GC); Fluka) ♦ 2,2,2-Trifluorethanol-d3 (98 Atom% D; ARMAR Chemicals) ♦ Wasser NANOpure (R > 18 MΩ; SKAN / Barnstead) 135 I Experimenteller Teil 136 Geräte: ♦ CD-Spektroskopie: JASCO J-170 Spektropolarimeter (Omnilab) + JASCO Spectra Manager Version 1.53.00 (Omnilab) ♦ Gastight® Syringes Luer Lock (500 / 1000 µL; Hamilton) + Nadel (22/51/pst3/tapN) (Hamilton) ♦ 1 H-/13C-NMR: Avance-II (600 / 150 MHz; Bruker) Avance-II (700 / 175 MHz + DCH/TCI-Kryokopf (5 mm); Bruker) ♦ HiResMALDI-ICR-MS: IonSpec Varian 4.7 T Ultima FT-ICR-MS ♦ HPLC-Anlage: Entgasungseinheit (Knauer) + Gradientenmischer FCV-10AL (Shimadzu) + Gradientenpumpe LC-10AD (Shimadzu) + Hochdruckmischkammer (Knauer) + Injektionsventil (Rheodyne) + Edelstahl-Loop (20 / 100 µL) + UV/VIS-Absorptions-Detektor 757 (Applied Biosystems) + Integrator D-7500 (Merck Hitachi); Probeninjektion mit Kunststoffspritze (2 mL; ONCE®) + Nadel (22/51/pst3/tapN) (Hamilton) ♦ HPLC-Säulen: Chromolith® Performance RP-18e (100 mm × 4.6 mm; Merck) Chromolith® SemiPrep RP-18e (100 mm × 10 mm; Merck) Hypercarb® 5 µm (100 mm × 4.6 mm; Thermo ELECTRON CORPORATION) ♦ HPTLC-Glasplatten Kieselgel 60 (20 cm × 10 cm; Merck) ♦ Kolbenhubpipetten (Eppendorf) + Pipettenspitzen (0.1-10 µL, ep T.i.P.S.; Eppendorf / 200 µL; TreffLab / 1000 µL; TreffLab) ♦ LA-ICP-SF-MS: Excimer-Laser-Ablations-System (GeoLasM; Coherent Lambda Physics) + Sektorfeld-ICP-MS (Thermo Fisher) + Standard (NIST SRM 610 / Scapolith R1) ♦ Linomat IV + 100 / 500 µL Applikationsspritze (CAMAG) ♦ MALDI-TOF-MS: Ultraflex II (25 kV, Reflotron; Bruker) ♦ NMR-Röhrchen: 3 mm × 200 mm, CMS → spezifiziert für CDCl3 (Shigemi) 3 mm × 200 mm, MMS → spezifiziert für CD3OD (Shigemi) ♦ OASIS® HLB Cartridges (1-35 ccm / 30-6000 mg; Waters Corporation) ♦ pH-Messung: pH-Meter 744 (Metrohm) + LL Biotrode pH 1-11 / 0-60 °C (Metrohm) ♦ Präzisionsküvetten (0.100 / 1.000 cm) aus Quarzglas SUPRASIL® (Hellma®) ♦ Quarzscheiben SUPRASIL® (30 mm × 2 mm; Heraeus) I Experimenteller Teil 137 ♦ Schraubdeckelgefäße (Weißglas, 2 / 4 / 15 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO) ♦ Stahlkapillare 2R2 (0.30 mm × 200 mm; unimed) ♦ TLC-Glasplatten Kieselgel 60 RP-18 F254s (20 cm × 10 cm; Merck) ♦ Trocknen: Drehschieber-Vakuumpumpe RZ 5 (Vacuubrand) + Druckanzeige PIRANI 12 (Edwards) ♦ UV/VIS-Spektroskopie: Zweikanal-Lambda-20-Spektrometer (Perkin-Elmer) + UVWINLAB-Software Version 2.85.04 (Perkin-Elmer) ♦ Zentrifugieren: Centrifuge 5415 D (Eppendorf): 13000 rpm / 6 cm Radius / 287 × g 138 __________________________________ II Protoneninventar der Methyl-Coenzym-M-Reductase __________________________________ 1 Grundlagen und Methodik 1.1 Kristallstruktur von MCRox1-silent und MCRsilent Alle gegenwärtig bekannten Röntgenstrukturen des 300-kDa-Enzyms MCR bis zu einer Auflösung von 1.16 Å beschreiben nur inaktive Ni(II)-Formen ohne EPR-Signal, vollständig charakterisiert durch eine Reihe von α-Helizes als Ellipsoid (ca. 120 × 85 × 80 Å3) mit einer C2-Achse in Längsrichtung. Die beiden identischen Stellen zur nebenvalenten Bindung von Cofaktor F430 befinden sich im Abstand von rund 50 Å tief im Inneren des Proteins und sind mit der Oberfläche nur durch einen 50-Å-langen Kanal verbunden, dessen Durchmesser an der engsten Stelle 6 Å beträgt. Sowohl die F430Bindungsstellen als auch der Kanal bestehen im wesentlichen aus hydrophoben Resten der Untereinheiten α, α‘, β und γ sowie α‘, α, β‘ und γ, so daß die beiden aktiven Stellen der MCR über koordinierende Aminosäuren in einzigartiger Weise eng miteinander verflochten sind. Ni(II)F430 zeigt mit der den Substraten zugänglichen β-Seite des Tetrapyrrol-Systems (siehe Kapitel I 1.2.2) zur Mündung des Kanals, mit der abgewandten α-Seite entsprechend zum Kanalboden und nimmt konformationell eine eher flache Anordnung ein, mit oktaedrisch koordiniertem Nickel in zentraler Position etwas oberhalb der Ebene des Makrozyklus (siehe Abb. II-1 a). Die vier äquatorialen Koordinationsstellen werden von drei Stickstoffen des Hydrocorphins besetzt, Position 5 axial von der α-Seite aus mit dem Carbamoyl-Sauerstoff von Glnα‘147, welcher II Grundlagen und Methodik 139 a c b 25 Å 30 Å 8Å C oenzym B 2 O 2C O 3PO 2 O 2C O3 P O HN 50 Å O HN C oenzym M CoB-CoM-Heterodisulfid O SH O 4Å O S H S O S S N N NiII N F430 S O N O N H2N N NiII O GlnĮ‘147 Ni-O-Distanz: 2.2 Å O N N F430 Abb. II-1. Katalytisches Zentrum der MCR I: a) Röntgenstruktur von MCRox1-silent (verändert nach Ermler et al., 1997: 1460 f.); schematischer Querschnitt durch die aktive Stelle von MCRox1-silent (b) mit den Coenzymen B + M und von MCRsilent (c) mit Produkt CoB−CoM-Heterodisulfid (verändert nach Bauer, 2003: 68, 70). II Grundlagen und Methodik 140 möglicherweise die Nucleophilie von Ni(I)F430 im aktiven Enzym erhöht und durch koordinativen Zug an Ni(II)F430 gegen Ende des katalytischen Zyklus die aktive Freisetzung des Liganden in Position 6 axial auf der β-Seite steuert. Der spektroskopische Zustand des aktiven Enzyms wird einzig durch MCRred1 repräsentiert, induziert über Kultivieren von Methanothermobacter marburgensis bei 80 % H2 / 20 % CO2 und anschließendes Begasen mit 100 % H2. Wählt man anstelle von reinem Wasserstoff ein Gemisch aus 80 % N2 / 20 % CO2 oder inkubiert mit Di-/Polysulfiden, so entsteht MCRox1, welche sich unter oxischen wie anoxischen Bedingungen innerhalb von Stunden in MCRox1-silent umwandelt. Unterläßt man jedoch die Zufuhr von H2 oder 80 % N2 / 20 % CO2 komplett, so wird eine als MCRsilent bezeichnete, inaktive Ni(II)-Spezies erhalten (vgl. Thauer, 1998: 2390 f.). Bei MCRox1-silent (siehe Abb. II-1 b) sind die Coenzyme B und M im aktiven Zentrum gebunden, wobei der Thiol-S von CoM als −SH oder −S− im Abstand von 2.42 Å an Ni(II) axial koordiniert und mit den phenolischen Hydroxy-Gruppen von Tyrα‘333 und Tyrβ367 sowie einem H2O-Molekül zwischen den beiden Coenzymen interagiert. Fast perfekt wird die engste Stelle im Kanal von CoB ausgefüllt, dessen terminale SulfanylGruppe vom Ni(II)-Zentrum 8.7 Å und vom Thiol-S des CoM 6.2 Å entfernt ist. MCRsilent (siehe Abb. II-1 c) enthält das CoM−S−S−CoB-Heterodisulfid gebunden, mit dem CoB-Anteil fast deckungsgleich zur Anordnung in der MCRox1-silent-Struktur. Im Gegensatz dazu ist die CoM-Teilstruktur vergleichsweise um 90° gedreht, mit der C− S−S-Bindung senkrecht und der Sulfonat-Funktion parallel zur Tetrapyrrol-Ebene verschoben. In dieser Position koordiniert eines der Sulfonat-O-Atome axial an Ni(II) im Abstand von 2.1 Å und interagiert mit der Hydroxy-Gruppe von Tyrα‘333. Ein zweites Sulfonat-O-Atom bildet Wasserstoffbrückenbindungen zum Lactam-Ring von Cofaktor F430 sowie zur Hydroxy-Gruppe von Tyrβ367 aus, ein drittes zu einem H2O-Molekül nahe der Sulfonat-Bindungsstelle in MCRox1-silent. Nahe der aktiven Stelle der MCR fallen fünf modifizierte Aminosäuren ins Auge, allesamt hoch konserviert und in der α-Untereinheit gelegen: Thioglycin, N-Methylhistidin, S-Methylcystein, (5S)-5-Methylarginin und (2S)-2-Methylglutamin. Biosynthetisch leiten sich die Methyl-Gruppen dieser Modifikationen vom Methylsulfanyl-Rest des Methionins, hingegen nicht von demjenigen des Methyl-CoM ab. Nur die MCR aus Methanosarcina zeigt keine Glutamin-Methylierung, während Thioglycin in allen bislang untersuchten Methyl-Coenzym-M-Reductasen aus methanogenen Archaea nachge- II Grundlagen und Methodik 141 wiesen werden konnte und eine Thiopeptid-Bindung ausbildet, bislang einzigartig innerhalb der Substanzklasse der Proteine. Möglicherweise ist diese strukturelle Besonderheit an einer redoxgesteuerten cis-trans-Isomerisierung beteiligt, welche die beiden aktiven Zentren des Enzyms MCR funktionell miteinander verknüpft (vgl. Jaun and Thauer, 2007: 335-338, 342, 349). 1.2 Gegenüberstellung der beiden MCR-Isoenzyme Die Methyl-Coenzym-M-Reductase aus Methanothermobacter marburgensis besteht aus den Isoenzymen I (McrABG) und II (MrtABG), welche beide über je zwei Hydrocorphine F430 pro Molekül verfügen, gleichermaßen cytoplasmatisch lokalisiert sind und zusammen über 10 % aller löslichen Zellproteine in methanogenen Archaea ausmachen können. Unter bestimmten Wachstumsbedingungen läßt sich die Synthese der beiden Isoenzyme weitgehend selektiv induzieren (siehe Tab. II-1), wenngleich sowohl die Temperaturoptima als auch die EPR-Eigenschaften nahe beieinander liegen. MCR I und II, leicht separierbar über Anionenaustausch-Chromatographie, unterscheiden sich signifikant in der Größe der γ-Untereinheit sowie in der Aminosäure-Sequenz aller Untereinheiten, wobei zwei verwandte aber deutlich getrennte MCR Operons im Genom nachgewiesen wurden. Da MCR II unter nicht-limitierender Gaszufuhr höhere KMWerte für beide Substrate aufweist, kann man postulieren, daß die intrazellulären Konzentrationen von Methyl-CoM und CoB direkt mit der Verfügbarkeit von H2 / CO2 korrelieren und eine Feinanpasssung des Metabolismus an die vorherrschenden Außenbedingungen ermöglichen. Der katalytische Mechanismus von MCR I und II verläuft über einen ternären Komplex, d. h. beide Substrate müssen das aktive Zentrum erreichen, bevor Methan freigesetzt wird (vgl. Bonacker et al., 1992; Bonacker et al., 1993). Den in Tabelle II-1 angegebenen Vmax-Werten liegt eine Präparationsvorschrift zugrunde, wonach die Zellen unmittelbar vor Aufschluß 20 min lang mit 100 % H2 begast werden. Hätte man noch zusätzlich den auf diese Weise nicht zu vermeidenden, erheblichen Anteil der MCR-Isoenzyme im ox-1-Zustand mit Titan(III)-citrat bei pH 10 in die gewünschte red1-Form überführt, wäre eine Steigerung von Vmax um einen Faktor von maximal 5 möglich gewesen (vgl. Thauer, 1998: 2390). II Grundlagen und Methodik 142 Tab. II-1. Eigenschaften der beiden MCR-Isoenzyme im Vergleich (verändert nach Bonacker et al., 1992: 89-91; Bonacker et al., 1993: 587-592). MCR I MCR II α2β2γ2 (bis-Heterotrimer) α2β2γ2 (bis-Heterotrimer) Expression unter standardisierten Wachstumsbedingungen Phase 2 (linear) Phase 1 (exponentiell) Degradation unter standardisierten Wachstumsbedingungen Phase 3 (stationär) Phase 3 (stationär) Gaszufuhr (80 % H2 / 20 % CO2) limitierend nicht limitierend 65-70 °C 55-65 °C 6.5-7.0 7.5-8.0 KM für Me-CoM 0.6-0.8 mM 1.3-1.5 mM KM für CoB 0.1-0.3 mM 0.4-0.6 mM 6 U mg−1 21 U mg−1 Substruktur Temperaturoptimum pH-Optimum Vmax für aktivste Präparation 1.3 Katalytische Eigenschaften der MCR Der letzte Schritt der Methanogenese über MCR verläuft exergon und zeigt unter Standardbedingungen (cSubstrate = cProdukte = 1 M; pMethan = 105 Pa) eine Freie Enthalpie ∆G0‘ von −30 kJ pro mol CH4. Im physiologischen Bereich ergibt sich daraus ∆G‘ gemäß kJ [ Produkte ] [ Produkte ] ∆G' = ∆G 0' + RT ln --------------------------------- = ∆G 0' + 5.7 ---------- lg --------------------------------mol [ Substrate ] [ Substrate ] (Gl. II-1). Somit wird die Rückreaktion exergon, falls der Produkt-Substrat-Quotient einen Wert von ungefähr 105 erreicht, was beispielsweise für einen gegebenen Methan-Partialdruck von 105 Pa, cCoM−S−S−CoB = 10-3 M und cMethyl-CoM = cCoB = 10-4 M der Fall wäre. Über- II Grundlagen und Methodik 143 einstimmend mit diesen durchaus realistischen Annahmen oxidieren methanogene Archaea in der Tat Methan unter strikt anaeroben Bedingungen, wenngleich mit sehr geringen Umsatzraten. Nach neueren Erkenntnissen ist das Reduktionspotential für CoM−S−S−CoB/CoM + CoB nicht in der Gegend des früher verwendeten Wertes von −200 mV anzusiedeln, sondern eher bei −143 ± 10 mV. Ferner müssen für die Bildung von Methyl-CoM aus Methanol und CoM neben den Bindungs- auch die Solvatationsenergien herangezogen werden, so daß −30 ± 10 kJ mol−1 dem tatsächlichen ∆G0‘Wert für die Methyl-CoM-Reduktion zweifellos näherkommen. Das Isoenzym I der MCR aus Methanothermobacter marburgensis (siehe Abschnitt II 1.2) zeigt für die Methanbildung aus Methyl-CoM eine maximale spezifische Aktivität von rund 100 U pro mg Protein bei 60 °C und eine Wechselzahl kcat von 500 s−1 unter Annahme von Kooperativität zwischen beiden aktiven Stellen. Vernachlässigt man die Aktivierungsentropie im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt, so entsprechen diese Werte einer Aktivierungsenthalpie von etwa 63 kJ mol−1. In der exponentiellen Wachstumsphase liegt die spezifische Methanbildungsrate für MCR I in der Gegend von 5 U pro mg Protein, wobei 1 mM und 0.1 mM als KM-Werte für Methyl-CoM beziehungsweise CoB bestimmt wurden. Um die Rate der Methanoxidation abzuschätzen, zieht man die Haldane-Gleichung heran, welche die Gleichgewichtskonstante K mit der katalytischen Effizienz (kcat KM−1) für die Hin- und Rückreaktion korreliert: cat k------- K M Hinreaktion ∆G 0' = – RT ln K = – RT ln ----------------------------------------------cat k------- K M Rueckreaktion (Gl. II-2). Gemäß ∆G0‘ = −RTlnK = −30 kJ mol−1 liegt K in der Größenordnung von 105. Unter der Annahme, daß KM für alle Substrate und Produkte gleichermaßen 0.1 mM beträgt und daß Vmax für die Methanogenese mit 100 U mg−1 zu veranschlagen ist, würde die Methanoxidation maximal mit 1 mU mg−1 erfolgen, wobei der Toleranzbereich für ∆G0‘ von ± 10 kJ mol−1 letztlich Vmax-Werte zwischen 0.01 mU mg−1 und 10 mU mg−1 zuläßt. Die Reduktion von Methyl-Coenzym M erfolgt in einer hydrophoben Tasche des aktiven Enzyms (siehe Kapitel II 1.1), welche von Substraten und Produkten praktisch nur ohne nebenvalent gebundenes Wasser erreicht beziehungsweise verlassen werden kann. Methyl-CoM muß zuerst mit der Sulfonat-Gruppe voran den engen Kanal pas- II Grundlagen und Methodik 144 sieren, da dieser nach Bindung von CoB für weitere Moleküle blockiert ist, und zeigt letztendlich mit seiner Methyl-Gruppe oder seinem Thioether-Schwefel zum Ni(I)-Zentrum. Coenzym B wiederum orientiert sich mit dem Thioheptanoyl-Rest in Richtung von F430 und mit der Phosphat-Gruppe zum Kanaleingang, wobei dessen Sulfanyl-Rest aus einer Entfernung von 8 Å nicht direkt mit dem Ni(I) interagieren kann, wohl aber mit der Methyl-Gruppe oder alternativ mit dem Thioether-S von Methyl-CoM. Höchstwahrscheinlich startet der katalytische Zyklus der MCR nach Bindung von CoB mit einer geschwindigkeitsbestimmenden Konformationsänderung im aktiven Zentrum, welche ihrerseits die Wechselwirkung zwischen Methyl-CoM und Ni(I) begünstigt. So weiß man, daß die Inaktivierung von MCRred1 zu MCRred1-silent durch 2-Bromethansulfonat wie auch das EPR-Signal nach Zugabe des Substratanalogons CoM unmittelbar von der CoB-Konzentration abhängen und daß Experimente zur Steady-State-Kinetik klar für die Existenz eines ternären Komplexes sprechen (siehe Abschnitt II 1.2). Für den Reaktionszyklus der MCR werden im wesentlichen drei Mechanismen postuliert (siehe Abb. II-2), welche allesamt über Thiyl-Radikale laufen, wobei in den Schemen I und III auch anionische Disulfid-Radikale auftreten. Diese Spezies spielen ebenso eine Schlüsselrolle bei der Reduktion von Ribonucleotiden. Die Standard-Reduktionspotentiale für die Redoxpaare Thiyl-Radikal/Thiol und Disulfid/Disulfid-Radikal-Anion relativ zur Normalwasserstoffelektrode betragen +1.3 V beziehungsweise −1.4 V und liegen damit weiter auseinander als die E0‘-Werte für Ni(III)F430/Ni(II)F430 (≈ +1.3 V) und Ni(II)F430/Ni(I)F430 (−0.6 V). Mechanismus I, basierend auf früheren Arbeiten zur Reaktivität von Ni(I)F430 mit artifiziellen Substraten, geht primär von einer SN2-Methylierung am Ni(I)-Zentrum durch Methyl-Coenzym M aus. Die folgende 1e−-Oxidation von CoM durch MethylNi(III) liefert ein protoniertes CoM-Thiyl-Radikal-Kation und Methyl-Ni(II), welches schließlich mit H+ in einer SE-Reaktion zu CH4 und Ni(II) abreagiert. Das entstandene CoM-Thiyl-Radikal im aktiven Zentrum bewegt sich in Richtung des CoB-Thiolates und bildet mit diesem − in enger Analogie zur Ribonucleotid-Reductase − ein radikalisches Disulfid-Anion, welches Ni(II) zur aktiven Ausgangsstufe Ni(I) reduziert und selbst zum CoM-CoB-Heterodisulfid oxidiert wird. Dabei könnte der Elektronentransport zu Ni(II) über das Thioglycin Glyα445 erfolgen, dessen Thion-Schwefel über Wasserstoffbrücken zum Amid-Stickstoff von Asnα481 wiederum mit dem Thiol-Schwefel von CoB interagiert. Als Intermediat wäre ein Thioketyl-Radikal denkbar, welches aus einem Thioamid und II Grundlagen und Methodik I 145 R R S SH Coenzym B SO3 S I CH3 Me-CoM HS S H S • CH3 Ni(I) Ni(III) S Ni(II) 1e-Transfer • H Heterodisulfid S S S SO3 • + CH4 1e-Transfer R Heterodisulfid R XH• • S Coenzym B •S S I CH3 Me-CoM S SO3 S SO3 SO3 S CH3 Ni(I) + SO3 S Ni(II) Ni(I) SO3 S R R R R CH3 SN2 II SO3 R SO3 CH3 Ni(I) Ni(II) R XH• R X S SO3 S SH X• Ni(II) Ni(I) III R Coenzym B R R SH SH H3C S + CH4 1e-Transfer • CH3 S SO3 S• SO3 + CH4 SO3 S Me-CoM Ni(I) Ni(II) Ni(II) H•-Transfer SRN R R S S S SO3 • S SO3 Ni(II) Ni(I) 1e-Transfer Abb. II-2. Postulierte Mechanismen I-III für den Reaktionszyklus des Enzyms MCR. II Grundlagen und Methodik 146 dem besagten Disulfid-Radikal-Anion entsteht. Was das Protoneninventar anbetrifft, so startet die initiale Methylierung von Ni(I) mit einer vorausgehenden − oder wahrscheinlicher − konzertierten Protonierung von Methyl-CoM über Tyrα‘333 oder Tyrβ367 zur entsprechenden Sulfonium-Spezies, wobei die Sulfanyl-Gruppe von CoB als eigentlicher H+-Donator fungiert. Entsprechende Analogien findet man in den Kristallstrukturen von o-Hydroxyphenyl- oder o-Hydroxybenzyl-Thioethern (5- und 6-gliedrige Ringe) sowie von (Benzothio)pyran- und Thianthren-Derivaten. Das CoB-Proton in Form des CoM-Thiyl-Radikal-Kations, dessen Acidität deutlich höher liegt als diejenige von CoM oder CoB, dient schließlich zur Protolyse von Methyl-Ni(II), welche als irreversibler Schritt alle vorausgehenden wie nachfolgenden Reaktionen antreibt. Mechanismus I wird unterstützt durch die experimentellen Befunde, daß MCRred1 mit 3-Brompropansulfonat zu MCRBPS mit Alkyl-Ni(III) ↔ Alkylradikal-Ni(II)-Struktur reagiert und daß Ni(I)F430Me5 in aprotischen Lösungsmitteln mit Iodmethan zu Methyl-Ni(II) umgesetzt werden kann, welches seinerseits leicht zu Methan und Ni(II)F430Me5 protolysiert. Daß die Umsetzung von Ethyl-Coenzym M zu Ethan mit weniger als 1 % der katalytischen Aktivität der Methanogenese erfolgt, spricht ferner für einen SN2-Mechanismus im ersten Schritt. Die Stabilisierung des MCRred1-EPR-Signals durch Methyl-CoM in Abwesenheit von CoB kann dahingehend interpretiert werden, daß die elektrophile Methylierung von Ni(I)F430 obligatorisch eine Protonierung von Methyl-CoM zum Sulfonium-Derivat voraussetzt. Allerdings besitzen Dialkylsulfonium-Verbindungen einen pKa-Wert von ca. −5.5 und benötigen für eine Halbionisierung mindestens 68 %ige Schwefelsäure (vgl. Arnett, 1963: 324), so daß es sehr fraglich erscheint, ob in biologischen Systemen derartige Säurestärken größenordnungsmäßig überhaupt erreicht werden können. Außerdem sind sowohl die UV/VIS- als auch die EPR-Spektren für aktives Enzym und freies, vierfach koordiniertes Ni(III)F430Me5 deutlich verschieden, was nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Koordinationssphären bedingt ist. Im Gegensatz hierzu beginnt Mechanismus II, entworfen vor Kenntnis der Kristallstruktur von MCRsilent, mit der Aktivierung des Thioethers Methyl-CoM durch das CoBThiyl-Radikal zum entsprechenden Sulfuranyl-Radikal. Letzteres reagiert mit der ebenfalls radikalischen Spezies Ni(I)F430 (17 Valenzelektronen) über SR zum CoM-CoBHeterodisulfid und Methyl-Ni(II), welches analog zu Mechanismus I unter Protolyse Methan freisetzt. Der Katalysezyklus benötigt in diesem Fall eine weitere redoxaktive Gruppe X, welche die initiale Einelektronenoxidation von CoB−SH zum Thiyl-Radikal II Grundlagen und Methodik 147 bewerkstelligt. Während Ni(II)F430 als möglicher Elektronenakzeptor ausscheidet, da nur die Ni(I)-Form aktiv Substrate umsetzt, käme die bislang ausschließlich in MCR gefundene Aminosäure Thioglycin (Glyα445) in Frage. Als protoniertes Thioketyl-Radikal würde diese das vierte H-Atom im freigesetzten Methan liefern und danach als RadikalAnion Ni(I) regenerieren. Auf intermediäre Methyl-Ni(III)-Spezies kann hierbei verzichtet werden, und die Existenz mehrerer methylierter Aminosäuren (Arg, Cys, Gln, His) in der α-Untereinheit der Methanothermobacter-MCR weist möglicherweise auf die Entstehung von Methyl-Radikalen im Katalysezyklus hin (siehe Kapitel II 1.1). Auf Grund von DFT-Berechnungen kamen Pelmenschikov et al. (2002/2003) zur Überzeugung, daß Mechanismus I thermodynamisch nicht plausibel ist. Stattdessen formulierten sie Mechanismus III, wonach das Ni(I)-Zentrum nicht am Methyl-Kohlenstoff, sondern in einer SRN-Reaktion am Thioether-S des Methyl-Coenzym M angreift. In Folge treten dann anstatt eines Methyl-Nickel-Derivates Ni(II)-Thiolat neben einem Methyl-Radikal als Zwischenprodukte auf. Die weiteren Schritte verlaufen gemäß Schema II-2 über H•-Abstraktion von CoB−SH mit Freisetzung von CH4, Bildung des CoM-CoB-Disulfid-Radikal-Anions und Reduktion von Ni(II) analog zu Mechanismus I. In ihrer ersten Veröffentlichung 2002 gehen die Autoren von einem Methyl-Radikal als kurzlebiges reales Zwischenprodukt aus, welches H• in einem zweiten rascheren Schritt von CoB−SH abstrahiert. Die nachfolgende Publikation im Jahre 2003 beschreibt hingegen die •CH3-Freisetzung aus Methyl-CoM mit der H•-Abstraktion durch naszierendes •CH3 in einer konzertierten, geschwindigkeitsbestimmenden Aktion mit einer vorausgesagten Aktivierungsenergie von rund 80 kJ mol−1. Für den hier postulierten Reaktionszyklus spricht klar die Beobachtung, daß Coenzym M mit seinem ThiolSchwefel in aktiver MCR bei Anwesenheit von Coenzym B reversibel an Ni(I)F430 koordiniert. Gegen Mechanismus III läßt sich die Beobachtung anführen, daß MCR das Substratanaloge Ethyl-Coenzym M nur mit sehr geringer Effizienz zu Ethan reduziert und Allyl-Coenzym M überhaupt nicht metabolisiert, obgleich Letzteres als kompetitiver Inhibitor vom Enzym gebunden wird (Ki = 0.1 mM) und obgleich das Ethyl- als auch insbesondere das Allyl-Radikal gegenüber •CH3 thermodynamisch wesentlich bevorzugt sind. In hinblick auf die anaerobe Oxidation von Methan durch MCR werfen alle drei diskutierten Mechanismen Probleme auf. Reaktionszyklen I und II würden mit der Insertion von Ni(II)F430 in eine C−H-Bindung des Methans unter simultaner Freisetzung ei- II Grundlagen und Methodik 148 nes Protons starten, was aufgrund der geringen Elektrophilie von Ni(II) (E0‘ ≈ −0.6 V) in Verbindung mit der minimalen Acidität von CH4 (pKa > 48) a priori ausscheidet. Auch die Methanaktivierung gemäß Mechanismus III bringt einige Schwierigkeiten mit sich, da die Umsetzung eines Thiyl-Radikals mit Methan zu einem Methyl-Radikal und Thiol aufgrund der Bindungsdissoziationsenergien für C−H von 439 kJ mol−1 und für S−H von 365 kJ mol−1 thermodynamisch ungünstig liegt. Denkbar wäre aber eine Modifikation von Mechanismus I, worin aus Methyl-CoM und Ni(I)F430 wiederum Methyl-Ni(III) entsteht, welches ohne vorherige Reduktion direkt zu CH4 und Ni(III)F430 protolysiert wird. Diese Spezies kann man als „Superelektrophil“ (E0‘ > 1 V) auffassen, welches CH4 in End-On- oder Side-On-Orientierung metalliert, wie dies auch für die C−H-Aktivierung über hochvalente Metallkomplexe beschrieben wird. Die experimentell aufgefundene Halbseiten-Reaktivität der MCR (siehe Kapitel III 1.1) legt einen „Zweitakter“-Mechanismus des Enzyms nahe, das heißt endergone Katalyseschritte in dem einen Zentrum wären simultan mit exergonen Reaktionen in der gegenüberliegenden aktiven Stelle gekoppelt. So weisen MCRred1/silent-Präparationen in der Tat stark verringerte Methanbildungsraten auf (vgl. Jaun and Thauer, 2007: 345-349; Thauer, 1998: 2394 f.; Thauer and Shima, 2008: 164 f.). 1.4 Lösungsmittel-Isotopeneffekte 1.4.1 Vergleich zwischen H2O und D2O Deuteriumoxid weist im Vergleich mit Protiumoxid unter anderem die folgenden chemisch-physikalischen Eigenschaften auf: ρ20 °C 1.1073 g cm−3; Schmelzpunkt 3.82 °C; Siedepunkt 101.42 °C; maximale Dichte bei 11.2 °C; geringeres Lösungsvermögen für Salze als H2O; Molarität bei 20 °C: 55.39 M (Leichtes Wasser), 55.22 M (Schweres Wasser); Ionenprodukt / Dissoziationskonstante bei 25 °C: 10−14 mol2 L−2 / pKa 15.74 (H2O), 10−14.85 mol2 L−2 / pKa 16.59 (D2O). Bringt man Verbindungen mit ionisierbarem Wasserstoff (z. B. Säuren, Ammoniak, Halogenwasserstoffe, H2O2, Alkohole) in D2O, so wird dieser schon bei 20 °C sehr rasch in einer als Scrambling bezeichneten Austauschreaktion durch Deuterium ersetzt. Die durchschnittliche Häufigkeit von 0.015 % II Grundlagen und Methodik 149 D2O im Leitungs- und Quellwasser ist gesundheitlich völlig unbedenklich. Wasser mit > 30 % D2O allerdings wirkt auf viele Organismen stark wachstumshemmend und schädigt die Keimzellen durch Stabilisierung des Tubulin-Gerüstes. Interessanterweise vermögen Mäuse zwischen H2O und D2O geschmacklich zu unterscheiden. Die Grünalge Scenedesmus obliquus gedeiht sogar in 99.6 %igem Deuteriumoxid, ebenso bestimmte Bakterien- (Escherichia coli) und Hefearten (Torula spec.), während Aspergillus niger in 99 % D2O die Fähigkeit zur Sporenbildung verliert (vgl. Deckwer et al., 2008). Generell ist zu beachten, daß alle Säuren und alle Basen in H2O stärker dissoziieren als in D2O. Gleichzeitig sind aber D3O+ / −OD in Deuteriumoxid die stärkeren Säuren/ Basen als H3O+ / −OH in Wasser (vgl. Jaun, 2004: 53, 55). Erstellt man Protoneninventar-Kurven in 1:1-Mischungen aus H2O und D2O, so liegt das thermodynamische Gleichgewicht der Reaktion H2O + D2O 2 HDO (Gl. II-3) nicht exakt in der Mitte (K = 4.00), sondern je nach Temperatur, Aggregatzustand und Meßmethode deutlich in Richtung der homoisotopischen Spezies verschoben (K = 3.74-3.94) (vgl. van Hook, 1972). Diese Abweichung fällt noch deutlich markanter für H2 + D2 2 HD (Gl. II-4) ins Auge, mit K = 3.26 bei 298 K. Letztere Reaktion dient in der Bioorganischen Chemie häufig dazu, die katalytische Aktivität von Hydrogenasen zu quantifizieren. Bezugnehmend auf Gleichgewichts-Isotopeneffekte gilt die einfache Merkregel, daß sich das schwerere Isotop am stärkeren Bindungsort, das heißt dem Ort mit der höheren Nullpunktsenergie anreichert. Daraus werden unmittelbar die Unterschiede in den physikochemischen Eigenschaften von Protium- und Deuteriumoxid ersichtlich. Höherer Schmelz- und Siedepunkt sowie größere Viskosität von D2O sind letztlich darin begründet, daß sich der stabile Molekülverbund der Fest- oder Flüssigphase beim Schmelzen, Verdampfen oder Fließen für H2O einfacher lockern läßt als für D2O. Da sich isotopensubstituierte Moleküle nur in der Gesamtzahl ihrer Neutronen unterscheiden, aber nicht in ihrer Elektronenkonfiguration beziehungsweise chemischen Reakti- II Grundlagen und Methodik 150 vität, überraschen die geringen Differenzen zwischen Protium- und Deuteriumoxid in Dichte (10 % → bedingt durch ∆MW), Molvolumen (< 0.5 %) und Dielektrizitätskonstante (< 0.5 %) nicht. Mögliche Beiträge von Lösungsmittel-Isotopeneffekten auf Reaktionsgeschwindigkeiten und -gleichgewichte in Leichtem und Schwerem Wasser werden im Folgenden aufgelistet (vgl. Schowen, 1977: 65-67): ♦ Fungiert Wasser als Reaktand, so können primäre und sekundäre Isotopeneffekte auftreten, falls im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt Protium/Deuterium vom Lösungsmittel übertragen wird. ♦ Acide funktionelle Gruppen an der aktiven Stelle können einem H/D-Austausch unterliegen und als isotopische Zentren ebenso primäre wie sekundäre Isotopeneffekte verursachen. ♦ Deuterierte Solventien verändern in aciden Positionen Wasserstoffbrückenbindungen, welche trotz geringer Bindungsenergien (20-30 kJ mol−1) durch ihre große Anzahl Sekundär-, Tertiär- und Quartärstrukturen von Enzymen entscheidend stabilisieren. ♦ Sind stark basische Spezies wie Hydroxid oder Methoxid in den Reaktionszyklus involviert, so beeinflussen deuterierte Lösungsmittel deren primäre Solvatationshülle. ♦ Änderungen in der Viskosität des Solvens können im Falle von Diffusions-abhängigen Prozessen primäre und sekundäre Effekte auslösen. 1.4.2 Fraktionierungsfaktoren Jede Verbindung mit aciden Protonen, die in einem Gemisch aus H2O und D2O gelöst wird, enthält im Gleichgewicht an allen austauschbaren Stellen einen bestimmten Anteil von Deuterium, entweder identisch mit dem D-Anteil im Lösungsmittel oder kleiner beziehungsweise größer. Ein quantitatives Maß für die Deuterium-Präferenz einer bestimmten funktionellen Gruppe A relativ zum Solvens S liefert der isotopische Fraktionierungsfaktor Φ, wobei n den molaren Anteil von Deuterium (D+ / D• / D−) bezeichnet (siehe Gl. II-5). Mit guter Näherung können die Fraktionierungsfaktoren für mehrere austauschbare Stellen im Molekül als voneinander unabhängig betrachtet werden, was als die Regel der Geometrischen Mitte bekannt ist und auch im Falle von geringen II Grundlagen und Methodik 151 Abweichungen hinreichend zuverlässige Schlußfolgerungen bei mechanistischen Fragestellungen erlaubt: [ AD ] [ SOH ] [ AD ] ( 1 – n ) Φ A = ------------- ------------------ = ------------- ----------------[ AH ] [ SOD ] [ AH ] n (Gl. II-5). Zugleich definiert die Regel der Funktionellen Gruppe, daß der Fraktionierungsfaktor eines beliebigen aciden Restes im Molekül nur von der chemischen Natur dieser Gruppe abhängt, unabhängig von deren molekularen Umgebung. Somit wird beispielsweise allen Alkoholen derselbe Φ-Wert zugeordnet, allen Thiolen derselbe, etc. Eine Übersicht der am häufigsten verwendeten Gleichgewichts-Fraktionierungsfaktoren liefert Abbildung II-3. Qualitativ sind die aufgelisteten Φ-Werte relativ einfach zu interpretieren. So liegen einige davon in der Gegend von 1, das heißt Deuterium bindet an Funktionelle Gruppe R ) Funktionelle Gruppe 1.0 N L O L O 1.0 R C O L R R C O O L R R + R N L R R 1.23-1.28 O L 0.69 0.92 0.97 0.40-0.46 S L C L R + O L R ) 0.62-0.64 (sp) 0.78-0.85 (sp2) 0.84-1.18 (sp3) 0.47-0.56 Abb. II-3. Isotopische Fraktionierungsfaktoren Φ biochemisch relevanter funktioneller Gruppen (L = Lyonium) relativ zu H2O (verändert nach Schowen, 1977: 70). die entsprechenden protischen Stellen mit derselben Affinität wie an umgebendes H2O. Dies ist der Fall für Hydroxy-, Carboxyl-, Amino- und Ammonium-Funktionen in den Seitenketten unter anderem der Aminosäuren Serin, Lysin, Asparagin- und Glutaminsäure sowie Histidin. Carbonyl-Hydrate und Hemiacetale hingegen akkumulieren Deuterium, da eine partielle Resonanz die freie Drehbarkeit der C−OH-Bindung ein- II Grundlagen und Methodik 152 schränkt und die Bindungsaffinität für L erhöht. Aus demselben Grund zeigt N−L in Peptidbindungen einen Fraktionierungsfaktor von ≈ 1.1. Trägt das Sauerstoffatom in Lyonium-artigen Verbindungen wie Hydronium oder protoniertem Ether-O von Estern und Acetalen eine positive Partialladung, so wird die Bindung zu L geschwächt und folglich Deuterium abgereichert. Prinzipiell ließe sich dies auch auf Ammonium-Gruppen anwenden, bei denen jedoch der verringerte Bindungsgrad entlang der N−HStreckschwingung durch eine erhöhte sterische Resistenz der Tetraederstruktur kompensiert wird. Der niedrige Φ-Wert für Thiole, z. B. in den Seitenketten der Prolin-Racemase, beruht auf dem geringen Widerstand einer S−L-Bindung gegenüber Streckund Beugedeformationen. Spielt also ein Cystein-Rest eine Schlüsselrolle als Nucleophil im Katalysezyklus, so erwartet man unter Umständen einen inversen Lösungsmittel-Isotopeneffekt. Der auffallend niedrige Fraktionierungsfaktor für Hydroxid wiederum wirkt sich auf alle Enzymmechanismen mit Alkoxid-Intermediaten aus, beispielsweise in den Seitenketten von Serin oder Threonin. Dessen primäre Ursache beruht auf dem Zusammenwirken dreier Φ-Werte von jeweils 0.7 für Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Lösungsmittel und den drei einsamen Elektronenpaaren am Sauerstoff. Auch Spezies ohne austauschbare Protonen rufen manchmal spürbare Lösungsmittel-Isotopeneffekte hervor, und zwar in den Fällen, worin die Freie Transfer-Enthalpie ∆Gtr beim Übergang zwischen H2O und D2O für das jeweilige Ion von null verschieden ist. Diese sogenannten Medium-Effekte resultieren aus protischen Positionen in der Solvatationshülle und betreffen häufig biologisch relevante Spezies wie Mg2+ (0.9), RCOO− (≈ 1) oder Cl− (≈ 0.8). Der besonders tiefe Wert für RS− im Bereich 0.4-0.7 läßt bei der Beteiligung von Thiolat in katalytischen Reaktionen einen signifikanten Medium-Effekt zusätzlich zum Lösungsmittel-Isotopeneffekt erwarten. Neben den soeben behandelten thermodynamischen Effekten existieren auch kinetische Fraktionierungsfaktoren für Übergangszustände in Katalysezyklen. Diese können nicht direkt experimentell gemessen werden, sondern sind nur über Modelluntersuchungen und kH/kD-Quotienten oder mittels Berechnung von Schwingungsenergien zugänglich. Die meisten H-Brückenbindungen, das heißt jene mit Bindungsenergien ≤ 20 kJ mol−1, zeigen Φ-Werte nahe bei 1 und tragen deshalb kaum zu Lösungsmittel-Isotopeneffekten bei. Vergrößern sich beim Übergang von D2O zu H2O die ∆pKa-Werte der Wasserstoffbrücken-Donatoren und -Akzeptoren, so steigt die Bindungsenergie, und die Fraktionierungsfaktoren für die Brücken-Protonen nehmen ab. II Grundlagen und Methodik 153 Dabei basieren primäre Wasserstoffbrücken auf einem barrierefreien Protonentransfer zwischen funktionellen Seitenketten des Enzyms und dem Substrat und bedingen somit eine allgemeine Stabilisierung des Übergangszustandes über Säure-/Base-Katalyse, wobei sich typische Werte für ΦT zwischen 0.2 und 0.5 bewegen. Gewinnen jedoch H-Brücken im Vergleich im Übergangszustand an Stärke (ΦR ≈ 1 → ΦT < 1), ohne daß ein Protonentransfer erfolgt, so spricht man von sekundären Wasserstoffbrücken, welche für ΦT-Werte zwischen 0.3 und 0.7 verantwortlich sind. Da in keinem der besprochenen Fälle die Bindung zum isotopenvariierten Atom gebrochen wird, handelt es sich ausschließlich um sekundäre Isotopeneffekte (vgl. Schowen, 1977: 67-72; Quinn, 2006: 1004-1006). Was den Fraktionierungsfaktor für Sulfane anbelangt, wurden in den vergangenen Jahrzehnten einige Experimente in dieser Hinsicht unternommen. P. A. Small konnte 1937 die Gleichgewichtskonstante für die Reaktion H2S + HDO HDS + H2O (Gl. II-6) bestimmen, indem er gasförmigen Schwefelwasserstoff mit einem H2O-D2O-Gemisch (4-5 % D) umsetzte und den Deuterierungsgrad des Sulfans indirekt über den Deuterium-Verlust in der wäßrigen Phase densitometrisch errechnete. Unter Bezugnahme auf K = 3.24 (15 °C) für [HDO]2/[H2O][D2O] und K = 4 für [HDS]2/[H2S][D2S] ergab sich K für die heterogene Reaktion in II-6 mit 0.42 (Flüssigphase/Gasphase) sowie 0.45 (Gasphase/Gasphase). Die aus Nullpunktsenergien und spektroskopischen Daten errechneten Werte lagen zwischen 0.44 und 0.45. F. W. Hobden et al. studierten 1939 die folgenden Austauschreaktionen C5H11OH + HDO C5H11OD + H2O (Gl. II-7) C2H5SH + HDO C2H5SD + H2O (Gl. II-8), indem sie n-Amylalkohol beziehungsweise Ethanthiol bei 25 °C mit einem H2O-D2OGemisch (ca. 2 % D) für mehrere Stunden äquilibrierten, die lipophile Phase verbrannten und den D-Gehalt im Verbrennungswasser densitometrisch analysierten. Der Fraktionierungsfaktor betrug für n-Amylalkohol 1.09 (l) bzw. 1.00 (g), für das Thiol 0.43 (l) bzw. 0.42 (g). II Grundlagen und Methodik 154 Aufschlußreich sind auch die Versuche von K. H. Geib 1939, der bei Temperaturen ≤ −79 °C sowohl von CH3OD (l) und H2S (l) als auch von CH3OH (l) und D2S (l) ausgehend entsprechende Austauschreaktionen durchführte, wobei der Alkohol am Ende verbrannt und der Deuterium-Gehalt im Verbrennungswasser über dessen Wärmeleitfähigkeit ermittelt wurde. Nach Äquilibrierung ging der D-Gehalt im Schwefelwasserstoff rund doppelt so stark wie in der alkoholischen Hydroxy-Gruppe zurück. Bei −79 °C betrug die Halbwertszeit für die Reaktion D2S + 2 CH3OH H2S + 2 CH3OD (Gl. II-9) 0.2-0.5 min, bei einer errechneten Aktivierungsenergie von etwa 30 kJ mol−1 und einer Geschwindigkeitskonstante k von 107-107.5 M−1s−1. Mit Hilfe von NMR- und FT-IR-Spektroskopie bestimmten R. J. Szawelski et al. (1982) den Fraktionierungsfaktor für Thiole. Die Integration der NMR-Spektren von 2-Thioethanol in H2O-D2O-Mischungen, referenziert auf die Methylen-Protonen in αStellung zu −SH, war ohne größere Probleme möglich, da die Thio-Gruppe in Abwesenheit von Puffersalzen hinreichend langsam austauscht und somit zwar breite, aber unverschobene Signale liefert. Φ ließ sich auf diese Weise zu 0.55 errechnen, während FT-IR-Spektren von Ethanthiol in Ethanol einen Fraktionierungsfaktor von 0.62 ergaben. Die Differenz in den Nullpunktsenergien zwischen protierten und deuterierten Derivaten beträgt 4.2 kJ mol−1 für Thiole und 5.6 kJ mol−1 für Wasser. Deuterium reichert sich bevorzugt in Systemen niedriger Polarisierbarkeit an, charakterisiert durch steile Potentiale und geringe interatomare Auslenkungen. 1.4.3 Kinetische und thermodynamische Effekte Energiedifferenzen zwischen isotopensubstituierten Molekülen beruhen bei Raumtemperatur vorwiegend auf Unterschieden in den vibratorischen Nullpunktsenergien. Für Gleichgewichtsisotopeneffekte gilt die Merkregel, daß sich das schwerere Isotop an der Position mit der höheren Nullpunktsenergie anreichert (siehe Kapitel II 1.4.1). Aus diesem Grund bevorzugt D gegenüber H die Bindungsstellen mit kleinerem s-Anteil des Hybridorbitals, das heißt sp3 > sp2. Auch weist D relativ zu H einen „σ-Donor- II Grundlagen und Methodik 155 effekt“ auf, weshalb der pKa-Wert für CD3-Essigsäure um 0.014 über demjenigen der entsprechenden CH3-Spezies liegt. Differenzen in der Nullpunktsenergie von Reaktanden und Übergangszustand beeinflussen die Geschwindigkeitskonstante einer Reaktion und bewirken damit einen kinetischen Isotopeneffekt (KIE). Wird dabei die Bindung zum nuklidvariierten Teilchen gebrochen, so spricht man von einem primären KIE, dessen Größe mit der Massendifferenz der jeweiligen Isotope zunimmt und deshalb für H/D/T-Übertragungen − als Kation, Radikal oder Anion − im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt am massivsten ausfällt. Die beobachteten Werte für einen normalen KIE liegen für kH/kD im Regelfall zwischen 1.0 und 12, für kC-12/kC-14 bei maximal 1.092. Sterisch gehinderte Übergangszustände führen manchmal zu einem inversen KIE mit kH/kD im Bereich von 0.8-0.9 (vgl. Jaun, 2004: 48-51, 53). Gemäß Berechnungen und experimentellen Befunden erreichen kinetische Isotopeneffekte bei Wasserstoffübertragungen ein Maximum, wenn H im Übergangszustand symmetrisch zwischen Donator- und Akzeptor-Gruppe gebunden ist. In diesem Zusammenhang besagt das Hammond-Postulat, daß diejenigen Reaktionen Übergangszustände höchster Symmetrie aufweisen, deren Reaktionswärme nahe bei 0 kJ mol−1 liegt. Demzufolge sprechen exotherme beziehungsweise endotherme Reaktionen für verhältnismäßig unsymmetrische frühe beziehungsweise späte Übergangszustände. Für den Transfer eines Wasserstoff-Atoms von tert.-BuSH auf •CH3 in Lösung wurden beispielsweise ein ∆H-Wert von −16 kJ mol−1 und ein kH/kD-Quotient von 2.71 gemessen (vgl. Pryor and Kneipp, 1971). Von einem sekundären KIE spricht man dann, wenn Bindungen in Nachbarschaft zu einem isotopenvariierten Teilchen gebrochen werden. Sekundäre α-KIE treten vor allem hervor, falls das H/D-tragende Atom zum Übergangszustand hin die Hybridisierung ändert, wobei wiederum kH/kD > 1 für sp3 → sp2. Sekundäre β-KIE führen zu einem kleinen normalen KIE, da von C−D- im Vergleich zu C−H-Bindungen geringere hyperkonjugative Wechselwirkungen ausgehen (vgl. Jaun, 2004: 52 f.). Für mechanistische Untersuchungen sind Fraktionierungsfaktoren in ihrem Verhältnis zu anderen kinetischen und thermodynamischen Isotopeneffekten besonders nützlich. Der Einfluß der Isotopensubstitution H ↔ D auf die Geschwindigkeitskonstanten k einer chemischen Reaktion sind durch die Beziehung kH/kD = ΦR/ΦT gegeben, wobei der rechte Gleichungsteil die Fraktionierungsfaktoren von Reaktand und Übergangszustand bezeichnet (siehe Kapitel II 1.4.2). Existiert mehr als eine austauschbare II Grundlagen und Methodik 156 Position i beziehungsweise j, so läßt sich der kinetische Isotopeneffekt unter Anwendung der Regel der Geometrischen Mitte verallgemeinernd durch Multiplikation der jeweiligen Fraktionierungsfaktoren darstellen: ν R ∏i Φi kH ------ = ------------------ν kD T ∏ Φj (Gl. II-10). j Das Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten hängt somit nur von den ΦR/T-Werten ab, welche sich im Verlauf der Aktivierung ändern, hingegen für ∆ΦR/T = 0 vernachlässigt werden können. Der Betrag für kH/kD schränkt mögliche Strukturen für den Übergangszustand ein, was bei der Erstellung sinnvoller Modelle zu beachten ist. Betrachtet man beispielsweise ein Thiol als Protonendonator (ΦR ≈ 0.5), welches einen primären KIE (kH/kD) von 5 verursacht, so beträgt ΦT offensichtlich 0.1. Eine Erweiterung der Brønsted-Hypothese gibt die Möglichkeit, ΦT-Werte in Abhängigkeit vom Fortschritt β auf der Reaktionskoordinate im Übergangszustand abzuschätzen: ΦT = (ΦR)1-β (ΦP)β (Gl. II-11). Thermodynamische oder Gleichgewichts-Isotopeneffekte KH/KD hingegen hängen von den Fraktionierungsfaktoren für Reaktand und Produkt ab (siehe Kapitel II 1.4.2) und können analog für i beziehungsweise j austauschbare Stellen berechnet werden: ν R ∏i Φi KH ------- = ------------------ν KD P ∏ Φj (Gl. II-12). j Betrachtet man die Dissoziation einer Carbonsäure (RCOOL) in wäßriger Lösung unter Bildung von L3O+, so gilt bei Vernachlässigung von Solvatationseffekten gemäß Gl. II-12: Ka(H2O)/Ka(D2O) = Φ(RCOOL)/Φ(L3O+)3 = 1.00/(0.69)3 = 3.04. Daraus ergibt sich unmittelbar die Beziehung: pKa(D2O) = pKa(H2O) + 0.48 (Gl. II-13). II Grundlagen und Methodik 157 Säuren mit Φ ≈ 1 wie die erwähnte Carbonsäure oder Ammonium-Ionen sind somit in H2O ungefähr dreimal stärker als in D2O (siehe Abschnitt II 1.4.1). Abweichungen von dieser Regel deuten auf Besonderheiten wie intramolekulare H-Brückenbindungen hin. Thiole mit ΦR ≈ 0.5 ionisieren in H2O etwa 1.5fach stärker, das heißt die pKa-Differenz beträgt hier nur 0.1-0.3. In der Mehrzahl der Fälle verschieben sich pKa-Werte, welche für die pH-Abhängigkeit enzymkatalysierter Reaktionen verantwortlich sind, in D2O relativ zu H2O um rund 0.5 pH-Einheiten nach oben, was ebenso für deuterierte Pufferlösungen gilt. Um bei der Analyse kinetischer Isotopeneffekte Störungen durch thermodynamische Isotopeneffekte bezüglich Säuredissoziation zu vermeiden, setzt man isotopensubstituierte Puffer derselben Konzentration ein, um äquivalente pL-Werte (L = Lyonium: H und/oder D) zu garantieren. Dabei erfordert die pH-Messung mittels Glaselektroden eine Korrektur, da das abgelesene Potential vom Säureverhalten der Glasmembran abhängt, deren pKa-Wert proportional zum Deuterium-Molenbruch n wächst: pL = (Anzeige des pH-Meters) + (0.173)n2 + (0.221)n (Gl. II-14). Um also in 100 % D2O einen pD von 7.6 einzustellen, muß entsprechend D+ / −OD zugegeben werden, bis das Meßgerät einen Wert von rund 7.2 anzeigt (vgl. Schowen, 1977: 72-75; Quinn, 2006: 1006-1008). 1.4.4 Besonderheiten bei Enzymen Wie aus der experimentellen Praxis hinreichend bekannt ist, erfolgt der Austausch zwischen Lösungsmittel und aciden Gruppen im Inneren des Enzyms häufig wesentlich langsamer als die eigentlichen katalytischen Prozesse. Folglich muß zuerst die Deuterierungsrate bestimmt und das Enzym vor Beginn der Kinetikmessungen hinreichend in reinem D2O oder in H2O-D2O-Mischungen äquilibriert werden. Scheidet dies infolge mangelnder Stabilität des Enzyms aus, so empfiehlt es sich, entsprechende Stammlösungen in reinem H2O, reinem D2O und in einer äquimolaren Mischung davon zu bereiten, welche anschließend mit Substrat/Puffer in großem Überschuß verdünnt werden. Weichen die Versuchsergebnisse in allen drei Fällen nicht wesentlich vonein- II Grundlagen und Methodik 158 ander ab, so sind Störungen durch H-D-Austauschreaktionen weitestgehend ausgeschlossen. Ebenso zeigen Abweichungen im kinetischen Verhalten des Enzyms an sich, ob und in welchem Ausmaß eventuelle H-D-Austauschreaktionen einen kinetischen Isotopeneffekt hervorrufen. Da die strukturelle Integrität von Enzymen erheblich durch H-Brückenbindungen definiert wird, können Konformationsänderungen nach Deuterierung die katalytische Aktivität entscheidend beeinflussen (siehe Abschnitt II 1.4.1). Allerdings folgt aus der großen Zahl vorhandener H-Brücken nicht notwendigerweise, daß kumulative Effekte in D2O den räumlichen Bau des Enzyms drastisch verändern. So zeigt die Röntgenstrukturanalyse der Ribonuclease praktisch keine Unterschiede zwischen protiertem und deuteriertem Enzym. Vielleicht wird die verringerte Streckschwingungsfrequenz in D2O durch einen erhöhten sterischen Widerstand der Bindung kompensiert. Trägt man die Umsatzrate für eine enzymatisch katalysierte Reaktion einerseits gegen den pH-Wert in H2O und andererseits gegen den pD-Wert in D2O auf, so ist der Scheitelpunkt für das deuterierte Medium zum höheren pL-Wert hin verschoben und die Amplitude deutlich verringert (siehe Kapitel II 1.4.3). Ersteres spiegelt die Auswirkung des Gleichgewichtsisotopeneffekts auf die Ionisierung wider, Letzteres den kinetischen Isotopeneffekt auf die katalytische Aktivität. Als Protoneninventar bezeichnet man Studien zur Enzymaktivität in Mischungen aus H2O und D2O, um den Anteil von thermodynamischen und kinetischen Fraktionierungsfaktoren auf den beobachtbaren Isotopeneffekt zu bestimmen. Das Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten k0 in H2O zu kn in H2O-D2O-Mischungen mit molarem Deuterium-Anteil n beträgt für i austauschbare Positionen im Reaktanden und j austauschbare Positionen im Übergangszustand sowie den entsprechenden Fraktionierungsfaktoren ΦR beziehungsweise ΦT: ν ∏i ( 1 – n + nΦi R ) k0 ----- = ----------------------------------------------ν kn T ∏ ( 1 – n + nΦj ) (Gl. II-15). j In reinem D2O, das heißt für n = 1, vereinfacht sich dieser Ausdruck unmittelbar zu Gleichung II-10. Analog berechnet man den Quotienten aus den Gleichgewichtskonstanten K0 und Kn gemäß dem Ausdruck II Grundlagen und Methodik ν ∏i ( 1 – n + nΦi 159 R ) K0 ------ = ----------------------------------------------ν Kn P ∏ ( 1 – n + nΦj ) (Gl. II-16), j welcher für n = 1 in Gleichung II-12 übergeht. Werden die Werte für k0/kn gegen die Molenbrüche von D im Medium aufgetragen, so ergeben sich bei konstantem Gesamt-Isotopeneffekt k(H2O)/k(D2O) in Abhängigkeit von ΦR beziehungsweise ΦT und der Anzahl protischer Stellen verschiedenartige Graphen. Während bei einer einzigen Austauschstelle ΦR = 1.0 eine Gerade beobachtet wird, erhält man für ΦR ≠ 1.0 konvexe oder konkave Darstellungen. Ein normaler Isotopeneffekt mit nach unten gekrümmter (konkaver) Kurve kann jedoch auch aus ΦR = 1.0 resultieren, sofern L über mehrere Bindungsstellen weitergereicht wird. Somit erlaubt die Protoneninventar-Technik die Unterscheidung zwischen Ein- und Mehrteilchen-Katalyse innerhalb einer Fehlergrenze von ± 2 %. Betrachtet man einige Beispiele aus der Praxis, so werden die Umsatzraten vieler Enzyme in Deuteriumoxid verringert, so bespielsweise bei der tryptischen Verdauung von Peptiden und allgemein häufig für Hydrolysen. Die Aktivität der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) beim Methyltransfer von S-Adenosylmethionin auf 3,4-Dihydroxyacetophenon hingegen ist gegenüber D2O vollkommen insensitiv. Vergleichsweise resistent zeigt sich auch das thermodynamische Gleichgewicht bei der konformationellen Isomerisierung der Ribonuclease A, wenngleich die Reaktionsgeschwindigkeit in H2O um den Faktor 4.8 höher liegt als in D2O. Einen extremen Fall stellt die Formyltetrahydrofolat-Synthetase aus Clostridium cylindrosporum dar, bei der K(D2O)/ K(H2O) für die durch Alkali-Ionen induzierte Bildung des enzymatisch aktiven Tetramers einen Wert von > 50 annimmt (vgl. Schowen, 1977: 64, 79-83, 93; Quinn, 2006: 1001). 1.4.5 Enzymatische Spaltung von C−H-Bindungen Große kinetische Isotopeneffekte nach H-/D-Austausch beobachtet man erwartungsgemäß für Reaktionen, in deren Verlauf eine starke, unpolarisierte C−H-Bindung ge- II Grundlagen und Methodik 160 spalten wird. Dies geht einher mit einer hohen H-Transfer-Barriere und/oder einer großen Tunneldistanz. Im allgemeinen sinkt der Beitrag des Tunneleffekts (Reichweite ≈ 1.0 Å) mit steigender Temperatur. Innerhalb der Born-Oppenheimer-Näherung beeinflußt eine Substitution durch Deuterium nicht die strukturelle Anordnung zwischen Protonendonator und -akzeptor im Gleichgewicht und kann somit die Transfer-Dynamik für H/D nur über Änderungen in den Vibrationsenergien beeinflussen. In biologischen Systemen wird eine C−H-Bindung energetisch vorteilhaft zu Radikalen gespalten, wenngleich die hohe Reaktivität dieser Spezies im Organismus streng kontrolliert werden muß. Aus diesem Grund tauchen in der Natur wohl auch ionische Mechanismen als Alternative auf, deren Problematik in der minimalen Acidität der C− H-Bindung liegt. Eine funktionelle Akzeptor-Gruppe mit hoher Protonenaffinität muß also einen hohen Coulomb-Wall überwinden, was durch Verringerung der Elektronendichte mittels starker Redoxsysteme im aktiven Zentrum des Enzyms bewerkstelligt werden kann. Tatsächlich hat die Evolution in einigen Fällen diesen Weg beschritten. Beispielsweise setzt die Coenzym-B12-abhängige Methylmalonyl-CoA-Mutase ein 5‘-Desoxyadenosyl-Radikal frei, welches sofort H• dem Substrat entzieht, damit für Letzteres die erwünschte 1,2-Umlagerung am Kohlenstoffskelett erfolgt. Durch Rückübertragung von H• auf das umgelagerte Substrat ist der enzymatische Zyklus geschlossen. Die Effektivität dieses Prozesses hängt von der Co−C-Dissoziationsenergie ab, die wiederum über die Proteinstruktur feingesteuert wird und mit wachsender Größe des Liganden abnimmt. Dabei erlaubt die Stärke der Wechselwirkung für die Kohlenstoff-zentrierte Radikalreaktion einen effektiven H•-Transfer trotz der relativ großen Tunneldistanz. Dessen KIEH/D beträgt 50 (278 K) beziehungsweise 36 (293 K), wobei diese Temperaturabhängigkeit mit Modellrechnungen grob übereinstimmt. Für einen Protonentransfer von C−H nach O−H gelten andere Gesichtspunkte, da die Tunneldistanz zwar geringer ausfällt, aber hohe Van-der-Waals-Repulsionen überwunden werden müssen. Starke Redoxprozesse unterstützen simultan diesen Vorgang mit getrennter Übertragung von Proton und Elektron, so daß im Übergangszustand fast eine halbe e−-Ladung gleichzeitig mit aber räumlich verschieden von H+ transferiert wird. Dies verringert drastisch die Energiebarriere und erhöht die Anharmonizität der C−H- und O−H-Streckschwingungen. In dieser Situation wird der Tunneleffekt für Protonen durch den Beitrag der C−O-Streckschwingung auf ein biologisch akzeptables Niveau gehoben. Deren relativ hohe Frequenz verursacht die geringe Tem- II Grundlagen und Methodik 161 peraturabhängigkeit des KIE, der im Gegensatz zu Coenzym-B12-abhängigen Radikalreaktionen für ∆T > 0 hoch bleibt, da die Unterstützung durch Redoxprozesse ein übermäßiges Anwachsen der C−H...O-Bindungsstärke verhindert (vgl. Siebrand and Smedarchina, 2006: 725-728, 735, 738). 1.4.6 Modellierung enzymatischer Isotopeneffekte Um die Obergrenze für intramolekulare Isotopen-Diskriminierungen zu bestimmen, wurden primäre Lösungsmittel-Isotopeneffekte für enzymatisch katalysierte Reaktionen im Fließgleichgewicht analysiert, vermittelt über Solvens-abgeschirmte mono-, diund triprotische funktionelle Gruppen. Für diprotische Spezies ergibt sich das Verhältnis von undeuteriertem zu deuteriertem Produkt über 3k H ---------- + 1 kD [ PH ] ------------- = ------------------[ PD ] kH ------ + 3 kD (Gl. II-17), für triprotische entsprechend als k H 2 10k 7 ------ + ------------H- + 1 k D kD [ PH ] ------------- = ----------------------------------------------2 10k [ PD ] k H H ------ + ------------- + 7 k D kD (Gl. II-18). Einen üblichen intrinsischen Isotopeneffekt von kH kD-1 = 7 vorausgesetzt, beträgt die maximale Diskriminierung in H2O:D2O [50:50] 2.2 beziehungsweise 3.3, entgegen einem Wert von 1.0 für monoprotische Gruppen. Abschirmung bedeutet in diesem Zusammenhang konkret, daß nach Substratbindung keinerlei Austausch zwischen aktivem Zentrum und umgebendem Lösungsmittel mehr möglich ist und daß der Übergang vom Enzym-Substrat-Komplex zur nächsten Stufe praktisch irreversibel erfolgt, ohne Rückreaktion zum freien Enzym mit der Möglichkeit für einen weiteren H-D-Austausch. Hierbei werden auch intermolekulare Isotopeneffekte unterdrückt, die allen monoprotischen Mechanismen ausschließlich zugrundeliegen. II Grundlagen und Methodik 162 Da infolge des kinetischen Isotopeneffekts Deuterium-beladene Substrate langsamer umgesetzt werden als die entsprechenden protonierten Spezies, reichern sich Erstere im Verlauf der enzymatischen Reaktion mehr und mehr an. Entspricht das Verhältnis von deuteriertem zu protoniertem ES-Komplex dem Quotienten kH/kD für ES, so wird der kinetische Isotopeneffekt durch die thermodynamische Triebkraft in der Steady-State-Verteilung der Enzym-Substrat-Komplexe kompensiert. Von diesem Zeitpunkt an kann keine Isotopendiskriminierung im Produkte-Verhältnis [PH]/[PD] mehr detektiert werden, und der PD-Anteil entspricht genau dem Molenbruch von Deuterium im Lösungsmittel, sofern der Substratbindung keine An- oder Abreicherungsschritte bezüglich D vorgeschaltet sind (vgl. Northrop, 1981). 1.5 CH3-Metabolismus von Methanosarcina barkeri Bereits 1957 wurde berichtet, daß bei der Kultivierung von Methanosarcina barkeri in einem Gemisch aus CH3−OH und D2O anstelle von Methan das d1-Isotopologe* Monodeuteromethan entsteht (vgl. Walther et al., 1981). Inkubiert man dieselbe Methanogenen-Spezies in Medien mit H2O und CD3−NH2, (CD3)3N oder CD3−OH, so zeigt die MS-Analyse für die Gasphase 12CHD3 (79-83 %), 12CH2D2 (14-18 %), 13CHD3 (< 1 %) sowie 12CH4 (1-5 %) an. Bei Verwendung von H2O neben CH3−NH2, (CH3)3N oder CH3− OH werden erwartungsgemäß 99 % 12 CH4 sowie 1 % 13 CH4 detektiert. Die Produkte 13 CHD3 und 13CH4 entsprechen recht genau der natürlichen Häufigkeit des Nuklids 13C (1.10 %) (vgl. Deckwer et al., 2008), während die 1-5 % 12CH4 aus d3-Substraten auf Verunreinigung des Inokulums mit undeuterierten CH3-haltigen Verbindungen hinweisen. Der auffallend hohe Prozentsatz von 12 CH2D2 spricht eventuell für vorgelagerte Austauschreaktionen im aktiven Zentrum der MCR zwischen aprotischen CD3-Gruppen aus den Substraten und dem umgebenden Medium. Unabhängig von den genannten Edukten erfolgt der Methyl-Transfer als Coenzym-M-Thioether an die aktive Stelle des Enzyms. * Isotopologe Verbindungen unterscheiden sich nur in der Nuklid-Zusammensetzung ihrer Moleküle oder Ionen. Isotopomere hingegen besitzen als „isotopische Isomere“ dieselbe Summenformel, variieren aber in der konstitutiven, konfigurativen oder konformationellen Anordnung der Nuklide im Atomverbund (vgl. Minkin, 1999: 1948). 163 2 Ergebnisse 2.1 Bestimmung des Fraktionierungsfaktors für Thiole Da die Messung von Φ für −SL schon einige Jahrzehnte zurückliegt (siehe Abschnitt II 1.4.2), waren eigene Versuche notwendig, um den tabellierten Wert von 0.40-0.46 experimentell zu überprüfen. Das durch Aminosäure-Rest sowie Phosphat-Gruppe gekennzeichnete polyionische Coenzym B würde mit seiner Vielzahl von Ladungen die Zuordnung von m/z-Signalen im HiResESI-ICR-MS sehr erschweren. Somit griff man auf die Natriumsalze von 2-Thioethansulfonsäure (TES; Coenzym M) und 2-Hydroxyethansulfonsäure (HES) zurück, welche in Mischungen aus H2O / D2O + CH3OH / CD3OD + NH3•H2O / ND3•D2O gelöst wurden. Das molare Verhältnis von 1:3 beruht auf der Beobachtung, daß TES im negativen Modus etwa dreimal stärkere Signalintensitäten liefert als eine identische Menge an HES. Die isotopenvariierten Lösungsmittel wurden auf einen Endgehalt von 25 / 50 / 75 Mol% D eingestellt, ebenso der Deuterierungsgrad der Hydroxy- beziehungsweise Sulfanyl-Funktion der Ethansulfonsäure-Derivate. Da die Integrale der MS-Signale das Verhältnis von TES-d1 zu TES-d0 nicht notwendigerweise absolut widerspiegeln, benötigt man den HES-d0/HES-d1-Quotienten als interne Referenz. Aufgrund der Beziehung ∫ ( HES – OH ) ∫ ( TES – SH ) Φ OL ------------------------------------ = Φ SL ----------------------------------∫ ( HES – OD ) ∫ ( TES – SD ) (Gl. II-19) kann mit ΦOL = 1.00 der gesuchte Wert für ΦSL direkt aus den Signalintensitäten der HES- und TES-Isotopologe berechnet werden (siehe Abb. II-4). Auf der Basis von sechs Meßergebnissen für 50 Mol% D und jeweils drei Werten für 25 / 75 Mol% D ergab sich für ΦSL ein Durchschnittswert von 0.35, allerdings mit einer Standardabweichung von ±16.5 % (n = 12). Infolgedessen fokussierte man sich auf NMR-spektroskopische Methoden, welche allesamt die molekulare Integrität der Testsubstanz nicht verändern. Lösungen des in II Ergebnisse 164 HES-d0 HES-d1 SES-d0 SES-d1 Abb. II-4. HiResESI-ICR-MS (negativer Modus): Relative Signalintensitäten der d0/d1-Isotopologe von 2-Hydroxyethansulfonsäure (HES) und 2-Sulfanylethansulfonsäure (SES) in H2O:D2O [50:50] v/v. aciden Positionen entsprechend un-, teil- oder volldeuterierten Diammoniumsalzes von CoB−SH in TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.6), TRIS-DCl/D2O (50 mM; pD 7.6) und Mischungen aus beiden Solventien (40 / 60 / 75 Mol% D) wurden in einem NMR-Röhrchen mit Kapillareinsatz und Dioxan als Eichsubstanz bei 500 MHz und 65 °C gemessen. Das 13 C-Spektrum zeigte für das C-Atom in α-Position zur −SH-Gruppe (2J- Kopplung) in 100 Mol% D relativ zu 100 Mol% H eine Hochfeld-Verschiebung von rund 0.2 ppm. Im 1H-Spektrum aller Deuterium-haltigen Ansätze erschien die Sulfanyl-Gruppe als breite Linie mit Schulter, deren grobe Integration unter Normierung auf das triplettoide Signal (2H) für H2C(7‘) einen durchschnittlichen ΦSL-Wert von 0.51 (n = 3) errechnen ließ. Die H/D-Verschiebung dieser α-Methylen-Protonen (3J-Kopplung) selbst lag nur noch im sub-ppb-Bereich. Wesentlich exaktere Ergebnisse lieferten vier Ansätze mit jeweils 10 mg feinkristallinem CoB-Diammoniumsalz (siehe Abb. II-5), aufgereinigt durch Umfällen anstelle von Entsalzen, gelöst in je 700 µL entgastem Wasser mit 0 / 25 / 75 / 100 Vol.% D2O unter Zusatz von 0.7 µL 1,4-Dioxan und überführt in NMR-Röhrchen mit gasdichtem Schraubdeckel. Die Messungen erfolgten bei einer Frequenz von 600 MHz (1H) beziehungsweise 150 MHz (13C) und bei einer Temperatur von 4.1 / 25 / 50 °C mit Kryokopf, II Ergebnisse 165 O H N + NH4O 1 4' 2' 6' SH 1' 2 3' 5' 7' H 3 + O 4 NH4 HO3PO H Abb. II-5. Struktur des Diammoniumsalzes von N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin (Coenzym B). wobei die Lyonium-Konzentration im Bereich von pL 4.38-4.91 lag. Die Zuordnung sämtlicher 1H- und 13C-Signale, referenziert auf internes 1,4-Dioxan, wurde anhand eines DQF-COSY- sowie eines MedHSQC-Spektrums in reinem D2O bei 4.1 °C bestätigt. Die Bestimmung von ΦSL (CoB) erfolgte auf zwei voneinander unabhängige Weisen, und zwar zum einen durch Integration der Deuterium-verschobenen 13 C-Si- gnale von C(7‘), zum anderen durch direktes Integrieren des 1H-Signals der SulfanylGruppe. Beim Vergleich der 13C-Spektren für steigende D2O-Konzentrationen fallen zwei Arten von isotopenverschobenen Signalen ins Auge. Die C-Atome in Nachbarschaft des Amid-Protons zeigen einen Fraktionierungsfaktor von ca. 1, was in 75 % D2O zu einem Intensitätsverhältnis „Unverschoben:Verschoben“ von 1:3 führt. Die entsprechende Relation für C(7‘) mit der SH-Gruppe sowie für das benachbarte C(6‘) lautet 5:6, woraus ΦSL (CoB) berechnet werden kann, sofern man die Effekte von Relaxation und heteronuclearem NOE auf die 13C-Integrale eliminiert (siehe Tab. II-2). Um solche Störungen auszuschließen, wurden die 13 C-Spektren zuerst unter Standard-Breitband- entkopplung und dann mit der Inverse-Gated-Technik (Verzögerung: 5 s) gemessen. Beide Spektren lieferten dasselbe Integralverhältnis für unverschobene zu verschobenen Signalen. Abbildung II-6 a verdeutlicht unmittelbar, daß neben der hauptsächlichen β-Isotopenverschiebung das −CH2SH- sowie das −CH2SD-Signal parallel mit steigendem D-Anteil hochfeldverschoben werden. Aufgrund seiner näherungsweisen Proportionalität zum D-Gehalt des Lösungsmittels liegt nahe, daß dieser Effekt auf funktionellen Gruppen mit Φ ≈ 1 beruht und in direktem Zusammenhang mit Änderun- II Ergebnisse 166 Tab. II-2. 1H- und 13C-NMR-Daten von Coenzym B in 100 % H2O bei 4.1 °C; Deuterium-abhängige Hochfeld-Verschiebungen der 13C-Signale in H2O:D2O [25:75] bei 4.1 °C (600 / 150 MHz; δ in ppm, ∆δ in ppb, J in Hz). δ (1H) δ (13C) ∆δ (13C); Intensitätsrelation unverschoben: verschoben 1 − 178.8 16; 1:3 2 4.27 (dt) 62.3 (JC,P = 7.8) 91; 1:3 3 4.71 (qdd) 75.4 (JC,P = 5.4) 9; 1:3 4 1.30 (d) 21.2 0 NH 8.17 (J = 8.9) − − 1' − 180.2 91; 1:3 2' 2.39 (m); 2.35 (m) 38.8 53; 1:3 3' 1.63 (m) 28.1 9; 1:3 4' 1.34 (m) 30.5 0 5' 1.40 (quint) 29.9 0 6' 1.60 (m) 35.7 25; 5:6 7' 2.54 („q“) (J = 7.7) 26.6 143; 5:6 SH 1.83 (J = 8.2) − − NH4+ 7.16 (t) − − Atom gen in Wasserstoffbrückenbindungen / Solvatationshülle des Moleküls steht. Nahe der Mitte der Heptanoyl-Kette zeigen die Signale für C(4‘) und C(5‘) bezogen auf 1,4Dioxan nur minimale Verschiebungen, so daß diese als interne Referenz für den Spektrenvergleich dienen können. Aus den Integralen für −CH2SH sowie −CH2SD bei 50 / 75 Mol% D und 4.1 / 25 / 50 °C ließ sich ΦSL (CoB) zu 0.44 ± 4.1 % (n = 6) berechnen. Dabei traten bereits bei 25 °C durch H/DAustausch zwischen −SL und Lösungsmittel deutliche Linienverbreiterungen auf, infolgedessen die Signalintensitäten über Least Square Fitting der theoretisch simulierten Kurve eines Zwei-Spin-Austausches zwi- II Ergebnisse 167 a CH2SD CH2SH 100 % H2O 100 % D2O 50 % D2O ∆δ = 143 ppb 75 % D2O 26.65 b 26.60 26.55 CH2SH 26.50 26.45 ppm CH2SH 50 °C 25 °C 4.1 °C 2.6 2.4 2.2 2.0 1.8 1.6 1.4 ppm Abb. II-6. Bestimmung von ΦSL für Coenzym B: a) 13C-NMR-Spektren von C(7') bei 4.1 °C und 0 / 50 / 75 / 100 Mol% D im Lösungsmittel, referenziert auf C(5'); b) 1H-NMR-Signale von H2C(7') und −SH bei 4.1 / 25 / 50 °C und 100 Mol% H im Medium. II Ergebnisse 168 schen unverschobenen und verschobenen Linien im gemessenen Spektrum bestimmt wurden, mit dem Populationsverhältnis als einem der Optimierungsparameter. Im Hinblick auf die Konsistenz der berechneten Φ-Werte fand diese Technik auch Anwendung bei 4.1 °C sowie 50 °C, wobei sich das C(7‘)-Signal bei der letztgenannten Temperatur nahe dem Koaleszenzbereich befand. Anhand dieses Optimierungsprozedere für die theoretische Zwei-Spin-Austausch-Linienform konnten auch die Austauschgeschwindigkeiten nebst weiteren thermodynamischen Parametern abgeleitet werden. Für die durchschnittliche Lebensdauer τ eines Kerns in der magnetischen Umgebung A / B und die Geschwindigkeitskonstante k gilt: τA ⋅ τ B τ = ----------------τA + τB mit 1 k = --τ (Gl. II-20). Auf dieser Grundlage ergaben sich für k folgende Werte: 2.3 s−1 (4.1 °C), 14.1 s−1 (25.0 °C), 66.5 s−1 (50.0 °C). Dies entspricht 52.3 kJ mol−1 für ∆H# und −46.1 J mol−1 K−1 für ∆S#. Abbildung II-6 b zeigt in 100 Vol.% H2O für eine Temperatur von 4.1 °C das SH-Proton als Triplett bei 1.81 ppm mit deutlich reduzierter Intensität (0.6 H). Dies beruht auf SH-OH-Austauschreaktionen während der relativ langen Excitation-Sculpting-Pulssequenz, wodurch nicht-angeregte Protonen des Wassers in den Resonanzbereich der Thiol-Protonen gelangen. Bei 4.1 °C erscheint H2C(7‘) als quartettoides Signal mit etwa identischen Kopplungskonstanten zu −SH (8.3 Hz) und zur vicinalen Methylen-Gruppe H2C(6‘). Bei 25 °C wird das SH-Triplett nur noch teilweise aufgelöst und das H2C(7‘)Quartettoid befindet sich hinsichtlich der −SH-Kopplung nahe dem Koaleszenzbereich. Bei 50 °C verschwindet das SH-Signal großenteils infolge von Austausch-bedingter Linienverbreiterung und H2C(7‘) bildet ein scharfes Triplett. Aus diesen Betrachtungen kann wiederum die Austauschgeschwindigkeit abgeschätzt werden, da für den Koaleszenzbereich bei 25 °C mit ∆ν = 8.3 Hz der Zusammenhang k = 2.22 • ∆ν ≈ 18.4 s−1 gilt, was recht gut zu den 14.1 s−1 aus den 13C-Daten paßt. Mit steigender D2O-Konzentration verringert sich das SH-Integral, und da die zugrundeliegenden Spektren ohne Unterdrückung des Lösungsmittel-Signals aufgenommen wurden, ergab sich bezugnehmend auf ∫ H2C(7‘) = 2H der Fraktionierungsfaktor ΦSL (CoB) zu 0.42 ± 1.2 % (n =2). II Ergebnisse 169 Obwohl in Analogie zu den 13C-Spektren die Integration des SH-Protons bei Temperaturerhöhung durch zunehmende Linienverbreiterung ungenauer wird, erkennt man klar die Tendenz zu einer Vergrößerung des Fraktionierungsfaktors, und zwar um ca. 7 % bei 50 °C relativ zu ΦSL bei 4.1 °C. Gleichermaßen erfolgreich war ein analoger Ansatz mit dem CoM-Natriumsalz in H2O, H2O:D2O [50:50] und H2O:D2O [20:80] bei 500 MHz und 5.4 °C unter interner Referenzierung auf das 1H-NMR-Integral von H2C(2). Abbildung II-7 zeigt deutlich, wie die Schärfe des SH-Signals mit steigendem D2O-Gehalt wächst. Für ΦSL berechnete sich wiederum ein Durchschnittswert von 0.43 ± 3.9 % (n = 2), und zwar unabhängig vom Zeitpunkt nach Herstellung der Lösungen (10 min / 6 d). Während die Integrale für die Methylen-Protonen in Position 1 und 2 bis in den Promille-Bereich identisch waren, betrug das Integralverhältnis für H2C(2)/SH in reinem Protiumoxid etwa 2.093 anstelle des erwarteten Wertes von 2.000. H2C2 H2C1 Dioxan HS− HS c 2 1 S O O HS− + ONa H2C2 H2C1 Dioxan d H2C2 H2C1 Dioxan HS− Abb. II-7. 1D-1H-NMR von Natrium-2-sulfanylethansulfonat (c) in H2O (a), H2O:D2O [50:50] v/v (b), H2O:D2O [20:80] v/v (d) (500 MHz, H2O/D2O). b a II Ergebnisse 170 II Ergebnisse 2.2 171 Analyse von Gemischen aus Methan-Isotopologen Um das Protoneninventar der Methanbildung durch MCR zu untersuchen, ist es notwendig, Ansätze mit diesem Enzym bei verschiedenen Deuterium-Konzentrationen der wäßrigen Phase in gasdichten Gefäßen zu bereiten und nach Reaktionsende das Methan-Isotopologenverhältnis im Überstand zu analysieren. Je nach isotopischem Fraktionierungsfaktor Φ für die funktionelle Gruppe derjenigen Spezies, welche das vierte H des Produkts liefert, erscheint D in der Gasphase relativ zum wäßrigen Medium mit vergrößertem, identischem oder verringertem Molenbruch (siehe Kapitel II 1.4.2). Im Falle von Hydroxy- oder Amin-Funktionen mit Φ ≈ 1 lassen GleichgewichtsIsotopeneffekte praktisch keine An- oder Abreicherung von Deuterium im Produkt erwarten (siehe Abb. II-8 a), ganz im Gegensatz zu Sulfanyl-Gruppen mit ΦSL << 1. Wie Abbildung II-8 b deutlich zeigt, entspricht ein D-Anteil von 70 Mol% im Medium einem D-Molenbruch von 50 % in der Gasphase, wobei die stärkste H-D-Diskriminierung für den Bereich von 50-70 Vol.% D2O im Enzymansatz erwartet wird. Auch eine im Laufe des katalytischen Zyklus allfällige Abschirmung des aktiven Zentrums zum umgebenden Medium hin sowie die Auswirkung kinetischer Isotopeneffekte müssen bei der Interpretation in Betracht gezogen werden. Besonders anspruchsvoll war die Entwicklung einer geeigneten Methodik, um das Verhältnis der Methan-Isotopologe bei einer zu erwartenden Gesamtmenge von 0.5-1 µmol Methan im Überstand reproduzierbar und mit ausreichender Präzision zu messen. Die naheliegende Lösung bestand zunächst darin, das gebildete CH4/CH3DGemisch mit gasdichten Glas-Teflon-Spritzen zu entnehmen und mittels EI-MS (70 eV) zu analysieren. Jedoch führte die isobare Überlappung von 12CH3D+ mit 13CH4+ (m/z 17) sowie von 12CH4+ mit 12CH2D+ (m/z 16) zu großen Problemen, da die notwendige Auflösung R = m/∆m für m/z 16 > 10300 und für m/z 17 > 5800 vom verwendeten Sektorfeld-MS-Spektrometer zwar problemlos erreicht wird, aber mit entsprechend stark verringerter Empfindlichkeit einhergeht. Ebenso störend wirken sich die Signale der in großem Überschuß vorhandenen Spezies OH+ (m/z 17), O22+ (m/z 16) und N22+ (m/z 14) aus, welche zwar teilweise durch Differenzspektren zu entfernen sind, was aber wiederum auf Kosten der Reproduzierbarkeit geht. Auch analoge Versuche mit einer GC/MS-Quadrupol-Anlage zeigten keinen Erfolg, da die verwendete GS-Gaspro-Kapillartrennsäule (0.8 mL He pro min; 40 °C isotherm; Split 1:400) eine zu geringe Selek- II Ergebnisse 172 a 1.00 0.90 Molenbruch im Methan 0.80 0.70 Molenbruch von D im Methan 0.60 Molenbruch von H im Methan 0.50 0.40 Differenz zwischen den Molenbrüchen von D im Medium und im Methan 0.30 0.20 0.10 0.00 0.00 0.10 0.20 0.30 0.40 0.50 0.60 0.70 0.80 0.90 1.00 Molenbruch von D im Medium b 1.00 0.90 Molenbruch im Methan 0.80 0.70 Molenbruch von D im Methan 0.60 Molenbruch von H im Methan 0.50 Differenz zwischen den Molenbrüchen von D im Medium und im Methan 0.40 0.30 0.20 0.10 0.00 0.00 0.10 0.20 0.30 0.40 0.50 0.60 0.70 0.80 0.90 1.00 Molenbruch von D im Medium Abb. II-8. Abreicherung von Deuterium in der Gasphase: a) berechnet für R−OL (Φ = 1.00); b) berechnet für R−SL (Φ = 0.42). tivität aufweist, um CH4 von überschüssigem N2 / O2 basisliniengetrennt zu separieren. Im Laborfachhandel sind gepackte GC-Trennsäulen bekannt, um Methan neben ubiquitären Begleitgasen wie H2, N2, O2, CO, CO2 zu analysieren, so beispielsweise die Phasen 100/120 HayeSep D, 100/120 Carbosieve S-II und 60/80 Carboxen-1000. Auch ließe sich die Stickstoff-Wasserstoff-Atmosphäre in den Enzympräparationen II Ergebnisse 173 nötigenfalls durch Helium ersetzen. Allerdings existiert bislang keine GC-Technik, um Methan von seinem Monodeutero-Derivat zu trennen, so daß die Problematik hinsichtlich isobarer Überlappungen zwischen beiden Spezies im EI-MS auf diese Weise nicht gelöst werden kann. Den entscheidenden Durchbruch ermöglichte schließlich die ebenso einfache wie wirkungsvolle Methode, Methan und seine Isotopologe mit Hilfe einer Stahlkapillare möglichst fein verteilt durch ein mit CDCl3 gefülltes NMR-Röhrchen zu blasen und das im organischen Medium gelöste Gas mittels 1H-NMR zu analysieren. Wie die Abbildungen II-9 a und II-11 zeigen, verschieben sich die Signale für Methan mit jedem H/DSubstitutionsschritt um etwa 15 ppb mehr ins Hochfeld und lassen sich somit gut separiert integrieren, zumal im Bereich von 0.22-0.18 ppm kaum Störungen durch organische Verunreinigungen zu befürchten sind. Lediglich die äußerst scharfen Signale von Methan mit Linienbreiten nahe der Auflösungsgrenze des NMR-Spektrometers (≈ 0.2 Hz) bereiteten Schwierigkeiten hinsichtlich der Shim-Optimierung. Das Signalzu-Rauschen-Verhältnis konnte im wesentlichen nur durch Erhöhen der Methankonzentration im Überstand der Enzymlösung verbessert werden, hingegen kaum durch bloßes Vergrößern des entnommenen Gasvolumens. In diesem Zusammenhang war für reproduzierbare Meßergebnisse auch entscheidend, die NMR-Röhrchen nach Begasen möglichst rasch abzudichten, damit sich ein konstantes Gleichgewicht zwischen gelöstem und gasförmigem Methan einstellt. Nach Befüllen evakuierter Injektionsflaschen mit CH4 beziehungsweise CH3D aus Druckbehältern mußte man über einen kurzfristigen Druckausgleich mit der Umgebung sicherstellen, daß beide Gase in derselben Molarität vorliegen. Während sich Methan bei 20 °C unter Atmosphärendruck (1.01325 bar) nur wenig in H2O löst (c ≈ 1.6 mM), können in Chloroform unter denselben Bedingungen um ein Vielfaches höhere Konzentrationen erreicht werden (c ≈ 21.3 mM), welche gemäß dem Henryschen Gesetz proportional zum Methan-Partialdruck in der Gasphase sind (vgl. Lide, 2006: 8-82; Fischer und Zerbe, 1923: 17 f.). Zu Eichzwecken erwies es sich als vorteilhaft, die exakte volumetrische Dosierung der Methan-Isotopologe in 60mL-Injektionsflaschen mit Hilfe von gasdichten Glas-Teflon-Spritzen Modell SampleLock sowie konischen Nadeln mit seitlicher Öffnung vorzunehmen, um ein Ausstechen der Tellergummikappen mit nachfolgendem Verstopfen der Nadel zu vermeiden. Für die dünnen PTFE/Gummi-Septen der 2mL-HPLC-Bördelflaschen waren Injektionskanülen der Abmessung 0.50 mm × 40 mm optimal, für die II Ergebnisse 174 a 4H 3H b 1.0 Molenbruch (NMR) 0.8 0.6 Molenbruch von CH3D Lineare Regression 0.4 0.2 0.0 0.0 20.0 40.0 60.0 80.0 100.0 Volumenanteil von CH3D, % Abb. II-9. a) 1D-1H-NMR-Spektrum einer Mischung von CH3D:CH4 [40:60] v/v (600 MHz, CDCl3); b) Eichgerade für CH3D-/CH4-Gemische: Korrelation zwischen NMR-Integralen und volumetrischer Bestimmung (r = 0.999, A = 1.006, B = 0). massiven Naturgummi-Stopfen der 8mL-Serumflaschen Injektionskanülen mit 0.80 mm × 80 mm. Die hohe Dichtigkeit der PTFE/Gummi-Septen zeigte sich unter anderem darin, daß sechs Monate nach Versiegeln noch rund 20 % der ursprünglich ge- II Ergebnisse 175 bildeten Methanmenge vorhandenen waren. Außerdem belegten Langzeitversuche über mehrere Tage klar, daß der Diffusionsverlust an Methan durch die Gummistopfen der NMR-Röhrchen keinem Isotopeneffekt unterliegt. Ferner wiesen die Methan-Isotopologe im Rahmen der Meßgenauigkeit dieselbe Löslichkeit in CDCl3 auf, so daß die Integrale tatsächlich das H/D-Verhältnis im Überstand der Enzymlösung widerspiegeln (vgl. Bacsik et al., 2002; Salem et al., 1994). Aus Abbildung II-9 b kann die hohe Korrelation zwischen dem volumetrisch bestimmten Deuteriumanteil in der Gasphase und den berechneten Integralwerten abgelesen werden. Für eine 1:1-Mischung aus CH4 und CH3D (gesamt 0.5 µmol Methan in 450 µL N2-Methan-Gemisch) beispielsweise betrug die Stichproben-Standardabweichung bei sechs Einzelmessungen nach Integration nur ± 0.6 %. Ansätze mit aktiver MCR I (c ≈ 500 nM) wurden in gasdichten Gefäßen bereitet und mit Methyl-CoM sowie CoB-Homodisulfid in Gegenwart von Ti(III)citrat und katalytischen Mengen an Hydroxocobalamin (siehe Teil II 4.5) umgesetzt. Die letzteren beiden Komponenten stellen reduktiv CoB−SH als eines der beiden Substrate bereit und entfernen in derselben Weise CoB−S−S−CoM als eines der beiden Produkte aus dem Reaktionsgleichgewicht. Es erwies sich als vorteilhaft, in vier parallelen Experimenten wäßrige Pufferlösungen mit 19.8 / 26.6 / 46.1 / 60.7 / 80.2 / 96.1 Vol.% D2O anzusetzen und davon in einer Serie die Methanbildungsrate gaschromatographisch zu bestimmen (siehe Abb. II-10 a). Die übrigen drei Reihen blieben für die gesamte Inkubationszeit undurchstochen, und deren Überstand wurde später auf den molaren Anteil von CH3D im Gesamtmethan hin analysiert. Was die Kinetik der Methanbildung anbelangt, so erwies sich Vmax unter Substratsättigung innerhalb der experimentellen Fehlergrenze (< 15 %) als unabhängig vom Deuteriumgehalt des Mediums. Entsprechende Ansätze mit sättigenden Bedingungen für das erste Substrat MeCoM unter Variation der CoBKonzentration (zweites Substrat) zwischen 0.1-1 mM zeigten eine Zunahme des apparenten KM-Wertes für CoB von 63 µM in 100 Vol.% H2O auf 270 µM in 96 Vol.% D2O, wenngleich die Fehlergrenzen der angewandten Bestimmungsmethode erfahrungsgemäß recht groß ausfallen. Abbildung II-10 b läßt unmittelbar erkennen, daß die gemessene Deuterium-Abreicherung in der Gasphase zu einer konkaven Kurve führt, deren Krümmung einem isotopischen Fraktionierungsfaktor von 0.27 entspricht, was markant unterhalb des Φ-Wertes für CoB, CoM und Thiole im allgemeinen liegt (siehe Abschnitte II 1.4.2, II 2.1). Um den Protium- beziehungsweise Deuteriumgehalt der Enzyman- II Ergebnisse 176 a 500 450 400 ngesamt (Methan) / nmol 350 19.8 % D2O (4.4 U/mg) 26.6 % D2O (4.7 U/mg) 46.1 % D2O (4.4 U/mg) 60.7 % D2O (4.4 U/mg) 80.2 % D2O (4.0 U/mg) 96.1 % D2O (3.1 U/mg) 300 250 200 150 100 50 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t / min b 1.000 0.900 Molenbruch von CH3D 0.800 0.700 0.600 Molenbruch von CH3D im Experiment 0.500 Molenbruch von CH3D berechnet für ) = 0.27 0.400 Molenbruch von CH3D berechnet für ) = 1.00 0.300 0.200 0.100 0.000 0.00 0.20 0.40 0.60 0.80 1.00 Molenbruch von D2O Abb. II-10. a) Methanbildungsrate der MCR I in Abhängigkeit von der D2O-Konzentration im Medium und der spezifischen Enzymaktivität; b) Abreicherung von Deuterium in der Gasphase: gemessen im Experiment und berechnet für verschiedene Werte von Φ. sätze zu überprüfen, wurde zu Eichzwecken jeweils 1 mL CDCl3 durch Ausschütteln gegen 200 µL H2O-/D2O-Gemisch (10-90 Mol% D) mit Wasser gesättigt, um anschließend die 1H-NMR-Integrale für das H2O- sowie für das HDO-Signal getrennt zu bestimmen. Da dies nur bis inklusive 40 Vol.% D2O reproduzierbar möglich war, bereitete man alternativ eine Eichlösung von Acetonitril in DMSO-d6 und analysierte damit den II Ergebnisse 177 1 : 1 : 1 15 ppb 15 ppb 3H 4H 1 : 2 : 3 : 2 : 1 2H ³ 585 100 135 130 31.3 125 120 115 110 105 Hz Abb. II-11. Methanogenese durch MCR I in H2O:D2O [3.9:96.1] v/v: 1D-1H-NMR des im Überstand enthaltenen Gasgemisches mit 10.6 % CH4 (s), 82.7 % CH3D (t), 6.7 % CH2D2 (quint) (600 MHz, CDCl3). H/D-Gehalt in einem definierten Volumen zugegebener Enzymlösung unter Berücksichtigung der ursprünglichen Spuren an Wasser im Eichmedium. Unter mechanistischen Gesichtspunkten als besonders interessant ist die Beobachtung zu werten, daß für D2O-Konzentrationen ≥ 96 Vol.% einerseits 6.7 % Methan-d2 in der Gasphase und andererseits 8.5 % CH2D−CoM im wäßrigen Medium nachweisbar sind, sofern MeCoM im Überschuß vorliegt (siehe Abb. II-11 und II-12 mit den charakteristischen Multiplizitäten für Kernspin 1). Um diese Resultate in künftigen Forschungsprojekten zur Reversibilität der Methanogenese beziehungsweise zur Methanaktivierung durch MCR verwerten zu können, war eine Reihe von Kontrollmessungen nötig. Diese ergaben, daß ohne Enzym weder Methan gebildet noch funktionalisiert wird. Das Abstoppen der Methanogenese nach 3 / 6 / 9 / 12 / 15 min zeigte in Abhängigkeit von der jeweiligen D2O-Konzentration ein konstantes Verhältnis von CH3D:CH4 über die Reaktionszeit. Auch blieb das Isotopologen-Verhältnis Methan-d0/-d1/-d2 bei Verdopplung der MCR-Konzentration gleich, wohingegen sich die CH2D2-Bildungsrate II Ergebnisse 178 3H 2H 6.19 100 2.14 2.13 2.12 2.11 2.10 2.09 2.08 2.07 2.06 2.05 2.04 ppm Abb. II-12. Methanogenese durch MCR I in H2O:D2O [3.9:96.1] v/v: 1D-1H-NMR der Flüssigphase mit 91.5 % CH3−CoM (s), 8.5 % CH2D−CoM (t) (600 MHz, D2O). proportional zur Enzymkonzentration verhielt. Ferner verfügt die MCR nicht über die Fähigkeit, in Abwesenheit von MeCoM zugesetztes CoM bei einem Methan-Partialdruck von 1 bar in der Gasphase zu alkylieren. In diesem Zusammenhang muß beachtet werden, daß Methan bei einem Partialdruck von 1.01325 bar und einer Temperatur von 333.15 K in reinem H2O beziehungsweise D2O praktisch dieselbe Löslichkeit von 0.95 mM besitzt, entsprechend 1.56 mM bei 293.15 K (vgl. Clever and Young, 1987: 3, 45 f.). Berücksichtigt man noch die Salinität der Enzymlösung (9.7 ‰ w/v), so ergibt sich ein Wert von 0.75 mM (vgl. Duan and Mao, 2006). Da die MCR im Medium eine Konzentration von rund 500 nM beziehungsweise unter Berücksichtigung von zwei aktiven Stellen pro Molekül von 1 µM erreicht, wirkt für die beschriebenen Ansätze zur reversen Methanogenese das Substrat Methan keinesfalls als limitierender Faktor, sondern liegt vielmehr in großem Überschuß vor. II Ergebnisse 2.3 179 Simulationen zur Reaktionskinetik der MCR Aus früheren kinetischen Untersuchungen weiß man, daß der MCR-abhängige Katalysezyklus einem geordneten Bisubstrat-Mechanismus folgt, wie dem auf das Protoneninventar zugeschnittenen und vereinfachten Schema in Abbildung II-13 b zu entnehmen ist. Da der Protonenaustausch zwischen der Sulfanyl-Gruppe von CoB und dem wäßrigen Medium im Bereich von 100 s−1 liegt (siehe Kapitel II 2.1), stellt sich das entsprechende thermodynamische Gleichgewicht (Konstanten k1_1, k1_2) rascher ein, als die Enzymreaktion erfolgt. Für die kinetische Modellierung des ProtoneninventarExperimentes hinsichtlich Produktverteilung CH3D/CH4 sowie Gesamtgeschwindigkeit der Methanbildung unter Sättigung muß eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden: ♦ Auswirkung eines unspezifischen Lösungsmittel-Isotopeneffektes auf die Bindungskonstanten und möglicherweise auf die katalytischen Schritte kcatH (k5) und kcatD (k6) über Austausch von Amid- und Hydroxy-Protonen mit D2O, was das Wasserstoffbrücken-Netzwerk und somit die Proteinstruktur leicht verändern kann. Da die Fraktionierungsfaktoren für ROL und R2NL nahe bei 1 liegen, erwartet man für die Stärke dieses Effektes eine lineare Abhängigkeit vom D-Anteil im Medium. Unter der Annahme, daß das Enzym evolutionär auf 100 Vol.% H2O optimiert ist, könnte der unspezifische Isotopeneffekt die Bindung der Substrate MeCoM und CoB schwächen, in Übereinstimmung mit der beobachteten Verdreifachung des apparenten KM-Wertes für CoB beim Übergang von 0 auf 96 Vol.% D2O. ♦ Auswirkung eines kinetischen Isotopeneffektes auf kcat. Gemäß dem Reaktionsprofil für Mechanismus III (siehe Abb. II-13 a) erfolgt die H-Übertragung von CoB (R‘−SH) auf das naszierende Methyl-Radikal synchron mit der Spaltung der Thioether-Brükke im MeCoM (CH3−S−R). Obwohl im berechneten Übergangszustand ÜZ 1 die S−H-Bindung noch kurz (1.4 Å) und die C...H-Distanz recht lang (2.3 Å) ist, kann ein kleiner KIE auf kcat durchaus erwartet werden. Laut Pryor und Kneipp (1971) nimmt der kinetische Isotopeneffekt kH/kD für die Abstraktion eines Wasserstoff-Atoms durch CH3• aus tert.- Bu−SH einen Wert von 2.71 an, was für den asymmetrischen ÜZ 1 von Mechanismus III als obere Grenze zu betrachten ist. II Ergebnisse 180 a E/ kJ mol-1 84 33 0 -8 -25 ES R' ÜZ 1 R' S H H H H C PhO H OPh H S R S H 2.6 Å BH k 31 k 32 k21M E k k22 41 B k EMBH F H S S CH4 R H S H H OPh R H OPh PhO PhO NiI NiII->I NiII DL BH k k8 + CH4 DL k10_1 k71 EP k6 D R' S CH4 5 42 EP S• R' NiI->II HL k10_2 EM R' ÜZ 2 C H H • H OPh H C H H H OPh H 2.6 Å R PhO H PhO H S R S 2.6 Å NiI b ZP + CH3D E+P k1_2 k1_1 k72 k 9 EMBD BD HL BD / BH: Coenzym B DL / HL: H2O / D2O / HDO E: Methyl-Coenzym-M-Reduktase EM, EP: binäre Komplexe EMD / EMBH: ternäre Komplexe M: S-Methyl-Coenzym M P: CoB–S–S–CoM Abb. II-13. a) DFT-basierendes Energieprofil für die Methanogenese über SRN gemäß Mechanismus III (verändert nach Pelmenschikov und Siegbahn, 2003: 653); b) kinetisches Modell in Anlehnung an Mechanismus III für eine geordnet ablaufende Bisubstrat-Reaktion der MCR. ♦ Abgeschirmtes gegen nicht-abgeschirmtes aktives Zentrum. Die resultierende Protoneninventar-Kurve hängt davon ab, ob der ternäre Komplex EMBH/EMBD gegenüber raschem Protonenaustausch mit dem Lösungsmittel (k10_1, k10_2 > kcat) zugänglich ist oder nach Bindung der beiden Substrate abgeschirmt vorliegt. II Ergebnisse ♦ 181 Größe des Commitments C für den ternären Komplex. In der integrierten Geschwindigkeits-Gleichung einer geordneten Bisubstrat-Kinetik ohne Anreicherung des Produkts berechnet sich KM für das zweite Substrat gemäß KM B k 32 + k cat = ----------------------k 31 mit k cat C = -------k 32 (Gl. II-21). Ändert ein kinetischer Isotopeneffekt kcat, so beeinflußt dies sowohl den apparenten KMB-Wert als auch das Commitment C. Solange ein normaler KIE vorliegt, das heißt kH/kD > 1, wird KMB mit steigendem KIE eher abnehmen als wachsen, was experimentell auch beobachtet wurde. Für die Geschwindigkeitskonstanten k21 und k31 der Substratbindung durch MCR sind keine experimentellen Werte erhältlich. KM für MeCoM beziehungsweise CoB wurden bestimmt zu 1 mM beziehungsweise 0.1 mM, bei einer spezifischen Enzymaktivität von 100 U mg−1 und einer Umsatzzahl kcat von 250-500 s−1. Unter Berücksichtigung von k31 < 108 M−1 s−1 (Diffusions-kontrollierte Binding von CoB) ergibt sich für C ein Wert von 0.01 als untere Grenze. Zur Simulation der Protoneninventar-Kurven für die Produktverteilung (CH3D/CH4) und die Gesamt-Methanbildungsrate (d([CH3D]+[CH4])/dt) dienten die Programme GEPASI und COPASI, wobei die Bindungsparameter gemäß den besprochenen Faktoren für die kinetische Modellierung eingesetzt wurden, und zwar jeweils für C = 0.01 / 1.00 / 100 (siehe Abb. II-14 a-f). Fall 1: Abgeschirmter ternärer Komplex mit R−SL als H-Quelle und ΦSL = 0.42. Bei hohem Commitment (C = 100) spiegelte die Produktverteilung nur den thermodynamischen Fraktionierungsfaktor von CoB (ΦSL = 0.42) wider. Ein kinetischer Isotopeneffekt hatte keinen Einfluß auf den CH3D/CH4-Quotienten, da das niedrigere kcatD (k6) zu einer Anreicherung des ternären Komplexes EMBD relativ zu EMBH führt. Das mit CoB−SD monopolisierte Enzym reduzierte in Folge die Methanbildungsrate für CH4 soweit, bis dieser kinetische Effekt durch das Massenwirkungsgesetz angewandt auf die Steady-State-Verteilung der Enzym-Substrat-Komplexe genau ausgeglichen wird (siehe Abschnitt II 1.4.6). Unter diesen Bedingungen wurde die Gesamt-Methanbildungsrate in 100 % D2O relativ zu 100 % H2O für einen KIE von 2.71 um rund 15 % gedrückt. Bei niedrigem Commitment (C = 1.00 / 0.01) zeigten sich kinetische Isotopeneffekte auf 0.0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 0.0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 0 0 10 10 20 20 40 50 60 70 40 50 60 70 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 80 80 90 90 100 100 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27 Simulation: Mol. % von D in CoB Simulation: Vol. % von CH3D Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27 Simulation: Mol. % von D in CoB Simulation: Vol. % von CH3D KIE = 1.50; C = 100 KIE = 1.50; C = 100 0.0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 0.0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 0 0 10 10 20 20 40 50 60 70 40 50 60 70 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 80 80 90 90 100 100 CH4 CH3D CH4 + CH3D CH4 CH3D CH4 + CH3D Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment (C) (1): a) Fall 1 – abgeschirmter ternärer Komplex mit R–SL als H-Quelle; b) Fall 2 – abgeschirmter ternärer Komplex mit R–OL als H-Quelle. b a Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, % Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, % Methanbildungsrate Relative Methanbildungsrate, % Relative Methanbildungsrate, % Protoneninventar II Ergebnisse 182 40 50 60 70 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 90 100.0 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27 Simulation: Mol. % von D in CoB Simulation: Vol. % von CH3D 100 KIE = 2.71; C = 100 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 Volumenanteil von D2O im Medium, % 0 0.0 0.0 0.0 40.0 80 10.0 30.0 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 0.0 20.0 20 20.0 10.0 10 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 10.0 0.0 0 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27 Simulation: Mol. % von D in CoB Simulation: Vol. % von CH3D 80.0 90.0 100.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 0.0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 KIE = 1.50; C = 100 10.0 10 20.0 20 40 50 60 70 40.0 50.0 60.0 70.0 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30.0 Volumenanteil von D2O in Medium, % 30 80.0 80 90.0 90 100.0 100 CH4 CH3D CH4 + CH3D CH4 CH3D CH4 + CH3D Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment (C) (2): c) Fall 3 – ternärer Komplex im H+-Austausch mit externem Medium und R–SL als H-Quelle; d) Fall 4 – abgeschirmter ternärer Komplex im Austausch mit internen OH-/NH-Protonen und R–SL als H-Quelle. d c Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, % Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, % Methanbildungsrate Relative Methanbildungsrate, % Relative Methanbildungsrate, % Protoneninventar II Ergebnisse 183 30 40 50 60 70 50 60 70 80 90 90 100 100 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27 Simulation: Mol. % von D in CoB Simulation: Vol. % von CH3D KIE = 1.50; C = 1.00 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 0.0 0 0 10 10 20 20 40 50 60 70 40 50 60 70 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 80 80 90 90 100 100 CH4 CH3D CH4 + CH3D CH4 CH3D CH4 + CH3D Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment (C) (3): e) Fall 5 – unspezifischer Lösungsmittel-Isotopeneffekt mit Vergrößerung von KSEMB proportional zu Mol% D im Medium und R–SL als H-Quelle beim abgeschirmten (1) sowie offenen (2) ternären Komplex. Volumenanteil von D2O im Medium, % 0.0 40 80 10.0 30 Volumenanteil von D2O im Medium, % 0.0 20 20 20.0 10 10 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 10.0 0 0 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27 Simulation: Mol. % von D in CoB Simulation: Vol. % von CH3D KIE = 1.50; C = 100 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 e (2) 0.0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 e (1) Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, % Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, % Methanbildungsrate Relative Methanbildungsrate, % Relative Methanbildungsrate, % Protoneninventar II Ergebnisse 184 Volumenanteil von CH3D in der Gasphase, % 10 20 30 40 50 60 70 Volumenanteil von D2O im Medium, % 80 90 100 0.0 0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 0.0 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 1.00 Berechnung: Vol. % von CH3D für ) = 0.27 Simulation: Mol. % von D in CoB Simulation: Vol. % von CH3D 80.0 90.0 100.0 10.0 20.0 30.0 40.0 50.0 60.0 70.0 80.0 90.0 100.0 KIE = 1.00; C = 0.01 0 10 20 40 50 60 70 Volumenanteil von D2O im Medium, % 30 80 90 100 CH4 CH3D CH4 + CH3D Abb. II-14. Simulationen zur Reaktionskinetik für Mechanismus III der MCR in Abhängigkeit von Kinetischem Isotopeneffekt (KIE) und Commitment (C) (4): f) Fall 6 – abgeschirmter ternärer Komplex mit spezifischem Gleichgewichts-Isotopeneffekt für CoB-Bindung und R–SL als H-Quelle. f Methanbildungsrate Relative Methanbildungsrate, % Protoneninventar II Ergebnisse 185 II Ergebnisse 186 kcat in der Produktverteilung. So berechnete man den apparenten Fraktionierungsfaktor gemäß Φapp = ΦCoB/KIE, was für einen kinetischen Isotopeneffekt von 1.5 die beobachtete Protoneninventar-Kurve ergab. Allerdings geht dies einher mit einer Erniedrigung der Gesamt-Methanbildungsrate um 32 % in 100 % D2O, ganz im Gegensatz zu den experimentellen Werten. Fall 2: Abgeschirmter ternärer Komplex mit R−OL als H-Quelle und ΦOL = 1.00. Im Falle einer OH- oder NH-Funktion als Wasserstoff-Donator war die simulierte Produktverteilungskurve linear und zeigte bei hohem Commitment (C = 100) keinen kinetischen Isotopeneffekt an. Für KIE = 2.71 verringerte sich die Gesamt-Methanbildungsrate nur um 15 %. Bei C = 1.00 wirkte sich der KIE auf den CH3D/CH4-Quotienten aus, wenngleich Φapp > 0.50 für KIE = 2.71, begleitet von massivem Einbrechen der Gesamt-Methanbildungsrate (um ca. 60 %). Bei C = 0.01 mußte man einen KIE von etwa 3.00 voraussetzen, um den experimentell beobachteten Φapp = 0.27 zu erreichen, wobei die Gesamt-Methanbildungsrate wiederum sehr stark abfiel (um mehr als 60 %). Offensichtlich lassen sich OH oder NH als H-Quellen mit der Protoneninventar-Kurve nicht in Einklang bringen. Fall 3: Offener ternärer Komplex mit R−SL als H-Quelle und ΦSL = 0.42. Im Gegensatz zu Fall 1 zeigte die Simulation für hohes Commitment (C = 100) ein Zusammenwirken von Thiol-Fraktionierungsfaktor und kinetischem Isotopeneffekt hinsichtlich der Produktverteilungskurve, wobei hier keine Monopolisierung des Enzyms durch das deuterierte Substrat auftrat. Dies würde unter den gegebenen Umständen (C >> 1) einen abgeschirmten ternären Komplex voraussetzen. Sogar für C = 100 entsprach das Modell dem beobachteten Protoneninventar, mit Φapp = ΦCoB/KIE und KIE = 1.5, wobei die Gesamt-Methanbildungsrate nur minimal abnahm (< 5 %). Während der CH3D/CH4-Quotient nicht vom gewählten Commitment abhing, sank die Gesamt-Methanbildungsrate für C < 100 (1.00 / 0.01) deutlich ab, und zwar um 32 % (KIE = 1.5) beziehungsweise um > 60 % (KIE = 2.71). Dieser Fall 3 stimmt bislang am besten mit den experimentellen Ergebnissen überein. II Ergebnisse 187 Fall 4: Abgeschirmter ternärer Komplex im Austausch mit internen OH-/NHProtonen und R−SL als H-Quelle mit ΦSL = 0.42. Unter der Annahme, daß sich zwei OH-/NH-Gruppen (beispielsweise Tyrosin−OH) in raschem Austausch mit CoB−SH im ternären Komplex befinden, gab die Produktverteilungskurve bei hohem Commitment (C = 100) nur teilweise den kinetischen Isotopeneffekt auf kcat wieder. Für Φapp = 0.27 benötigte man einen KIE von mindestens 2.5, wobei die Gesamt-Methanbildungsrate um weniger als 15 % abnahm. Jedoch zeigte dann die Protoneninventar-Kurve einen asymmetrischen Verlauf, wobei deren Krümmung mit fallendem D2O-Anteil im Medium wächst. Innerhalb der Fehlergrenzen wäre eine solche Abweichung im Experiment aufgefallen. Bei niedrigerem Commitment (C = 1.00 / 0.01) mußte man ebenso einen KIE > 1.5 voraussetzen, um die beobachtete Produktverteilung zu erklären, obgleich die damit verbundene Abnahme der GesamtMethanbildungsrate um mehr als 30 % nie beobachtet wurde. Fall 5: Unspezifischer Lösungsmittel-Isotopeneffekt mit Zunahme von KSEMB proportional zu Vol.% D im Medium und R−SL als H-Quelle beim abgeschirmten sowie offenen ternärer Komplex Mit KSEMB (100 Mol% D) = 3 KSEMB (100 Mol% H) entsprach diese Simulation bei hohem Commitment Fall 1 (Abschirmung zum externen Medium hin) beziehungsweise bei tiefem Commitment Fall 3 (ternärer Komplex im H-Austausch mit dem Lösungsmittel), wobei die Gesamt-Methanbildungsrate analog für C = 100 nur gering (< 10 %), für C = 0.01 hingegen massiv (> 40 %) abnahm. Letzteres steht in klarem Gegensatz zu den Versuchsergebnissen. Fall 6: Abgeschirmter ternärer Komplex mit unterschiedlichen Bindungskonstanten für die CoB-Isotopologe und R−SL als H-Quelle Für diese Simulation ging man davon aus, daß CoB−SD um den Faktor 1.5 schwächer als CoB−SH an den binären Komplex bindet, das heißt k41 = 1.5 k31. Bei hohem Commitment (C = 100) zeigte sich unabhängig von einem kinetischen Isotopeneffekt nur der thermodynamische Fraktionierungsfaktor ΦSL (CoB) in der Produktverteilung, unter geringer Abnahme der Gesamt-Methanbildungsrate (5 % für KIE = 1.5; 15 % für KIE = 2.71). Für mittleres Commitment (C = 1.00) und KIE = 1.5 konnte man die beobachtete Protoneninventar-Kurve reproduzieren, jedoch begleitet von einer Depression der II Ergebnisse 188 Methanbildung um 32 %. Bei niedrigem Commitment (C = 0.01) und in Abwesenheit eines kinetischen Isotopeneffektes (KIE = 1) gelang es, eine Produktverteilungskurve mit der experimentell ermittelten Krümmung unter minimal verringerter GesamtMethanbildungsrate (< 5 %) zu simulieren, während Φapp für KIE > 1 unter 0.27 absank und wesentlich weniger Methan pro Zeiteinheit entstand. Ergänzend zu Fall 3 liegt hier wiederum ein Modell in Übereinstimmung mit den experimentellen Daten vor, wobei der spezifische Gleichgewichts-Isotopeneffekt bezüglich CoB-Bindung strukturell an dessen Sulfanyl-Gruppe geknüpft sein müßte, am wahrscheinlichsten über eine Wasserstoffbrückenbindung zum Protein. SH-Gruppen sind jedoch sowohl schwache HBrücken-Donatoren als auch -Akzeptoren, und ein Gleichgewichts-Isotopeneffekt von 1.5 fiele recht markant aus. Interessant an Fall 6 erscheint vor allem, daß zur Erklärung von Φapp = 0.27 keinerlei KIE auf kcat mehr benötigt wird. 189 3 Diskussion und Ausblick 3.1 Fraktionierungsfaktoren, Methan-Analytik Der durch HiResESI-ICR-MS bestimmte Wert für ΦSL liegt zwar tendenziell im richtigen Bereich, ist aber starken Schwankungen unterworfen, da bereits geringfügige Änderungen in der Dosierung der Ionenmenge sowie in der Ionen-Speicherzeit die Wechselwirkung zwischen den eingesprühten Molekülen entscheidend beeinflussen. Auch das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis ließ bei einigen Durchläufen zu wünschen übrig. Kontrollmessungen in 100 % D2O ergaben 3.24 Mol% HES-d0 und 9.37 Mol% SESd0, was für H-D-Rückaustausch im Inneren der Meßvorrichtung spricht, obgleich alle verwendeten Glasgeräte zuvor intensiv mit MeOD gespült worden waren. Sämtliche DRückstände konnten jedoch durch dreimaliges Auftragen von MeOH eliminiert werden. Für künftige Ansätze empfielt es sich, MS-Techniken mit kürzerer Verweildauer der Ionen im Gerät heranzuziehen, wie beispielsweise MALDI in Kopplung mit einem Flugzeit-Analysator. Den terminalen Reduktionsschritt in der Synthese von CoB−SH führt man idealerweise mit Festphasen-gekoppeltem TCEP (= Tris(2-carboxyethyl)phosphinhydrochlorid) durch, welches in wäßriger Lösung irreversibel zum entsprechenden Phosphinoxid-Derivat reagiert und damit eine quantitative Disulfid-Spaltung garantiert, ohne den Reaktionsansatz mit im Hochfeld absorbierenden Carboxyethyl-Komponenten (δ (1H) ≈ 2.6-2.4 ppm) zu verunreinigen. Die ΦSL-Bestimmung über 1H-Integration für CoB−SH in TRIS-HCl/H2O bei 65 °C lieferte einen relativ zu den Literaturangaben um rund 20 % zu hohen Durchschnittswert. Dieser Fehler ist wohl systematisch bedingt, da infolge der Austauschgeschwindigkeit zwischen −SL und HOL bei dieser Temperatur das Integral für verbleibendes −SH zu tief ausfällt. Andererseits erwartet man ein leichtes Ansteigen des Fraktionierungsfaktors für ∆T > 0, wenngleich nicht in diesem Ausmaß. Zuverlässige Werte für ΦSL lieferten die Messungen am NMR-reinen Diammoniumsalz von CoB−SH in ungepufferter Lösung bei 4.1 °C, und zwar sowohl nach Integrieren der 13C-Signale von C7‘ als auch der 1H-Signale von −SH. Die berechneten Austauschgeschwindigkeiten zwischen −SL II Diskussion und Ausblick 190 und HOL in der Größenordnung von 1-100 s−1 stimmen gut mit der Theorie überein, wonach die Reprotonierung von Thiolat sehr rasch mit 108 s−1 erfolgt, der Rücktransfer von L jedoch mit ∆pKa (−SL / HOL) ≈ 6 entsprechend langsam. Für das Natriumsalz von CoM in reinem H2O / D2O konnten ebenso scharf getrennte Signale für HOL und −SH erhalten werden. Allerdings bereitete das Integrieren der in 100 Mol% H recht breiten Thiol-Absorptionslinie merkliche Schwierigkeiten, wodurch der H2C(2)/SH-Quotient höher als erwartet ausfiel. Der errechnete ΦSL-Wert ist im Rahmen der Meßgenauigkeit praktisch identisch mit dem CoB−SH-Fraktionierungsfaktor und wird allgemein von der chemischen Natur und Umgebung des Sulfans (Ionenstärke / pH-Wert / Polarität in Lösung) wenig beeinflußt, wie die Ergebnisse der in Abschnitt II 1.4.2 aufgelisteten, verschiedenartigsten Bestimmungsmethoden belegen. Die gewählte Methodik zur Bestimmung der Verhältnisse von Methan-Isotopologen ist ebenso einfach in der Durchführung wie hinreichend empfindlich und reproduzierbar. Vergleicht man die Löslichkeit von Methan in verschiedenen organischen Solventien, so ergibt sich folgende Reihe: Petrolether (≤ 65 °C) >> Diethylether > Petrolether (65-100 °C) >> Ethanol ≈ Aceton >> Trichlormethan >> Wasser (vgl. Fischer und Zerbe, 1923). Da deuterierter Petrolether nicht im Handel erhältlich und Diethylether-d10 sehr teuer ist, bietet sich idealerweise Aceton-d6 als Alternative mit um den Faktor 2 verbessertem Lösungsvermögen für Methan an, zumal dessen Dampfdruck bei Raumtemperatur recht gut dem Wert für Trichlormethan entspricht. Auch wären hierbei im Hochfeld keinerlei Störungen durch 1H-NMR-Signale langkettiger Alkylreste zu erwarten. Ferner bestünde die Möglichkeit, das Methan im Überstand vor dem Durchblasen adsorptiv aufzukonzentrieren, z. B. mittels Molekularsieb, wobei mögliche H/D-Diskriminierungen durch Eichmessungen zu erfassen sind. Prinzipiell kann man Mischungen aus Methan-Isotopologen qualitativ in der Gasphase ebenso mittels Raman-Spektroskopie oder massenspektrometrisch nach katalytischer Verbrennung analysieren. Für die MCR-I-Ansätze in wäßriger Lösung mit unterschiedlichem Deuterium-Gehalt muß unbedingt darauf geachtet werden, daß die Enzympräparation keine Hydrogenasen mehr enthält beziehungsweise diese durch geeignete Inhibitoren inaktiviert sind, da deren hohe Aktivität ein Gleichgewicht zwischen H2 / HD in der Gasphase und D2O / HDO im Medium einstellt und somit den scheinbaren H-Anteil in Lösung markant erhöht. Sofern die Methanogenese nach definierten Zeitintervallen abgestoppt werden soll, geschieht dies am besten durch Zugabe von 10 Vol.% DClO4 (70 %), welche im II Diskussion und Ausblick 191 Gegensatz zu 100%iger HCOOD nicht korrosiv wirkt und bei Raumtemperatur kaum Dämpfe freisetzt. Inaktivieren durch Erhitzen in kochendem Wasser gelingt bei den dickwandigen Serumflaschen nur mit Verzögerung. Zugabe von 30%igem D2O2 wiederum führt zu erheblichem Überdruck mit der Gefahr, daß ein Teil des entstandenen Methans entweicht. Auch CDCl3 ist nicht zu empfehlen, da unter Einfluß von Ti(III) im Medium nicht-enzymatisch Methan freigesetzt werden kann. Was das Protoneninventar anbelangt, so wäre es von großem Interesse, die entsprechenden Seleno-Derivate von Methyl-CoM und/oder CoB als Substrate zu verwenden, deren ΦSeL deutlich unter dem Fraktionierungsfaktor für Thiole liegt. Der Nachweis von CH2D2 sowie CH2D−CoM ausschließlich bei hohen D2O-Konzentrationen (≥ 96 Vol.%) ist nicht weiter verwunderlich, da sowohl für den Einbau von Wasserstoff in das freizusetzende Methan als auch für die Methanaktivierung kompetitiv H gegenüber D bevorzugt wird. In einer Reihe von Folgeexperimenten muß man somit abklären, ob diese Resultate die Reversibilität der Methanogenese belegen, das heißt der Kohlenstoff des Methans in der Gasphase / im Medium tatsächlich in der MethylGruppe des MeCoM erscheint, oder ob stattdessen im aktiven Ni(I)-Zentrum eine Zwischenstufe den H/D-Austausch zwischen Umgebung und Substrat noch vor Methanfreisetzung ermöglicht. Außerdem ist von Interesse, ob größere Enzymmengen im Ansatz innerhalb von 15 min auch eine Trideuterierung von Methan ausgehend von CH3−CoM zeigen, zu welchen Produkten mono- und dideuteriertes MeCoM führt, und inwieweit Methan in der Gasphase mit einem Partialdruck ≥ 1 bar eine Produkthemmung bewirkt. 3.2 Schlußfolgerungen zum Reaktionsmechanismus Hinsichtlich dem hypothetischen Mechanismus III der Methanogenese (siehe Kapitel II 1.3) ergaben sich im Rahmen einer einfach geordneten Bisubstrat-Kinetik mit den in Abbildung II-14 a bis II-14 f genannten Bedingungen zwei Fälle, die in der Theorie mit den experimentellen Resultaten übereinstimmen. Lösung 1 (siehe Abb. II-14 c) beruht auf einem Thiol als H-Quelle, einem kleinen doch signifikanten kinetischen Isotopeneffekt von 1.5 auf kcat, einem offenen ternären Komplex mit raschem Protonenaustausch zum Lösungsmittel hin sowie einem Commitment > 1 mit relativ langsamer CoB-Bin- II Diskussion und Ausblick 192 dung. Lösung 2 (siehe Abb. II-14 f) geht wiederum von einem Thiol als H-Quelle aus und postuliert einen spezifischen Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf die Bindung von CoB−SH gegenüber CoB−SD, einen zum Lösungsmittel hin abgeschirmten ternären Komplex sowie ein niedriges Commitment << 1, das heißt rasche CoB-Bindung mit KM (CoB−SD) = 150 µM und KM (CoB−SH) = 100 µM. Für das geringe Commitment spricht ferner die Beobachtung, daß bei hohen D2O-Konzentrationen die Bildung von CH2D− CoM der Entstehung von Methan-d2 vorausläuft. Wie in Abschnitt II 1.4.4 erläutert, können thermodynamische Isotopeneffekte auch aus ΦR = 1.00 resultieren, sofern L über mehrere Bindungsstellen weitergereicht wird. Um die beobachtete Deuterium-Abreicherung mit Φ = 0.27 zu erzielen, müßte das vierte H im Methan über mindestens 10 Aminosäure-Reste mit Fraktionierungsfaktor 1 übertragen werden, welche im aktiven Zentrum der MCR aber nicht vorhanden sind (vgl. Kapitel II 1.1). Spielt Thiolat eine Schlüsselrolle im Katalysezyklus, so können unter Umständen inverse Isotopeneffekte sowie ausgeprägte Medium-Isotopeneffekte auftreten (vgl. Abschnitt II 1.4.2), die jedoch im pL-Bereich 7-8 der Enzymansätze ohne Bedeutung sind. Unter Bezugnahme auf Mechanismus I beziehungsweise II (siehe Abb. II-2), in deren Verlauf das vierte H im Methan über CoM-Sulfonium / CoM-Thiyl-Radikal-Kation beziehungsweise Thioketyl-Radikal übertragen wird, allesamt Spezies mit Fraktionierungsfaktoren deutlich unterhalb von ΦSL = 0.42, lassen sich mittels COPASI eine Reihe von Modellüberlegungen ableiten. So wird postuliert, daß der erste ternäre Komplex EMBH / EMBD aus Enzym, MeCoM und CoB (siehe Abb. II-13 b) zum Zwischenprodukt EXH/D isomerisiert, beispielsweise durch Protonenübertragung von CoB auf den Thioether-Schwefel von MeCoM, und dann zu Methan abreagiert. Die Gleichgewichtskonstante für EMBH EXH wurde aufgrund der großen pKa-Differenz mit K = 0.001 angenommen. Im Falle eines abgeschirmten ternären Komplexes erhält man bei tiefem Commitment, das heißt schneller reversibler Bindung der Substrate MeCoM und CoB, eine konkave Kurve, deren Krümmung ausschließlich den Fraktionierungsfaktor des Intermediats EXH/D widerspiegelt. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob ΦEXL vom Isotopeneffekt des vorgelagerten Isomerisierungs-Gleichgewichts oder vom Übergangszustand selbst stammt. Allerdings nimmt entgegen den experimentellen Befunden (siehe Abb. II-10 a) die Methanbildungsrate mit steigendem D2O-Gehalt markant ab, auch wenn der Protonentransfer rasch erfolgt. Ein zusätzlich vorhandener kinetischer Isoto- II Diskussion und Ausblick 193 peneffekt würde den Effekt von ΦEXL potenzieren. Bei hohem Commitment, das heißt langsamer Bindung von CoB oder langsamer Isomerisierung zwischen EMBH und EXH (wenig wahrscheinlich), wird ΦEXL < ΦSL komplett maskiert, ebenso ein allfälliger KIE auf kcat (siehe Abschnitt II 1.4.6), so daß nur der thermodynamische Fraktionierungsfaktor des CoB in Erscheinung tritt. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist hierbei praktisch unabhängig vom Deuteriumgehalt des Mediums. Im Falle eines zum Medium hin offenen ternären Komplexes mit schnellem Austausch von L zeigt die Protoneninventar-Kurve bei niedrigem Commitment den tieferen Fraktionierungsfaktor von EXL, wobei die Methanbildungsrate in 100 Vol.% D2O um rund ein Drittel abnimmt. Zusätzliche KIEs bewirken auch hier eine Kumulation mit weiterer Verringerung der Reaktionsgeschwindigkeit, ganz analog zum abgeschirmten Fall. Für hohes Commitment erscheint in der Protoneninventar-Kurve ΦEXL unter annähernd identischer Methanbildungsrate. Ein allfälliger KIE verringert den apparenten Fraktionierungsfaktor noch weiter, diesmal allerdings ohne merkliche Auswirkung auf die Geschwindigkeit. Vergleicht man diese Resultate mit den experimentellen Ergebnissen in Abbildung II-10 sowie den in Kapitel II 3.2 beschriebenen Simulationen, so kommt für Mechanismus I/II am ehesten ein offener ternärer Komplex mit hohem Commitment in Frage, wenngleich die Deuterierung von MeCoM und Methan-d1 diesbezüglich in eine andere Richtung weist. Allerdings (siehe Kapitel II 1.3) scheidet Mechanismus I in der beschriebenen Form aus thermodynamischen Gründen aus. Die dem Thioglycin im aktiven Zentrum der MCR zugeordnete Schlüsselrolle gemäß Mechanismus II scheint ebenso nicht plausibel, da dieser Rest rein sterisch gesehen zu weit vom Redoxprozeß nahe Cofaktor F430 entfernt ist. Letztendlich wäre neben dem bislang favorisierten Mechanismus III noch eine weitere Variante für den Katalysezyklus der Methanogenese denkbar, welche sich durch ein Ni(III)-Hydrid oder einen agostischen Methan-F430Komplex mit erfahrungsgemäß tiefem Fraktionierungsfaktor auszeichnet. 194 4 Experimenteller Teil 4.1 Synthese von Coenzym B Alle in diesem Kapitel beschriebenen Einzelschritte zur Synthese von N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin (Coenzym B; 6) wurden von Sieglinde Ebner und Silvan Scheller durchgeführt und protokolliert. Material und Methoden: THF wurde unter N2 frisch über Kalium destilliert, und alle weiteren Chemikalien stammten − ohne weitere Aufreinigung − in der Qualität purum oder höher von Aldrich, Fluka, Baker oder Merck. Zur Säure-Base-Extraktion dienten konzentrierte Salzsäure sowie eine gesättigte wäßrige Lösung von Natriumhydrogencarbonat. Die RP-HPLC erfolgte auf einer Atlantis-Säule dC18 (5 µm, 19 mm × 50 mm; Waters); mobile Phase A: 0.1 M NaClO4 in H2O; mobile Phase B: Acetonitril; Gradient: 0 % B → 90 % B in 90 min. Die Eluate wurden kolorimetrisch detektiert: DC-Platten Alugram Kieselgel 60 UV254; Fließmittel n-BuOH:HAc:H2O [2:1:1] (v/v); Tauchreagenz Mostain-Lösung (5 % (w/v) (NH4)6Mo7O24 • 4 H2O in 10 % H2SO4 + 10 % (w/v) CeSO4 in konzentrierter H2SO4). Die Entsalzung des Endproduktes gelang mittels OASIS®HLB-Kartuschen (35 ccm / 6 g): Konditionieren zuerst mit Methanol, dann mit 1 N HCl; Spülen mit drei Säulenfüllungen H2O; Elution mit Methanol. 7-Bromheptansäure (1): 4.1 mL (21.04 mmol) 7-Bromheptansäureethylester wurden mit 14.4 mL 48 %iger Bromwasserstoffsäure bei 130 °C (Ölbad) für 5 h gerührt. Nach Abkühlen und Verdünnen mit Wasser extrahierte man mit Dichlormethan, trocknete und führte eine Säure-Base-Extraktion durch, welche schließlich 3.80 g von (1) als weißen Feststoff lieferte (Ausbeute: 86 %) (vgl. Rama Rao and Pulla Reddy, 1986). 1 H-NMR (300 MHz, CDCl3): δ 2.37, t, 2H; 1.89-1.84, m, 2H; 1.68-1.63, m, 2H; 1.47- 1.37, m, 4H. 13C-NMR (75 MHz, CDCl3): δ 179.81; 34.00; 33.86; 32.60; 28.57; 27.88; 24.53. δ in ppm. 7-Thioheptansäure (2): In Anlehnung an eine abgeänderte Vorschrift nach Noll et al. (1987) wurde eine Lösung von 3.5 g (16.7 mmol) von (1) und 6.37 g (83.7 mmol) Thioharnstoff in 100 mL Aceton unter Stickstoff bei 70 °C für 17 h im Rückfluß erhitzt. Den auf Raumtemperatur abgekühlten und getrockneten Rückstand gab man zu einer mit II Experimenteller Teil 195 Argon gesättigten Lösung von 6.56 g (116.9 mmol) KOH in 140 mL Ethanol, erhitzte für weitere 4 h bei 90 °C im Rückfluß unter Stickstoff und kühlte auf 20 °C ab. SäureBase-Extraktion lieferte 2.61 g (16.08 mmol) von reinem (2) (Ausbeute: 96 %). 1H-NMR (200 MHz, CDCl3): δ 2.58-2.47, q, 2H; 2.36, t, 2H; 1.69-1.59, m, 4H; 1.43-1.29, m, 4H. 13 C-NMR (50 MHz, CDCl3): δ 180.00; 33.80; 33.70; 28.40; 27.90; 24.50. δ in ppm. 7-(6-Carboxyhexyldisulfanyl)heptansäure (3): 333 mg (2.06 mmol) von (2) wurden in Dichlormethan durch Ausschütteln bis zur Persistenz der Braunfärbung gegen eine Lösung von Iod (10 % w/v) und Kaliumiodid (20 % w/v) in Wasser zum Disulfid oxidiert. Anschließend wusch man die lipophile Phase dreimal mit einer wäßrigen Lösung von Natriumthiosulfat (1 M), um überschüssiges I2 zu entfernen, dann zweifach mit H2O und erhielt nach Trocknen 270 mg (0.79 mmol) von (3) (Ausbeute: 70 %) (vgl. Kobelt, 1988: 167-171). 1H-NMR (200 MHz, CDCl3): δ 11.68, s, breit; 2.32, t, 4H; 1.68-1.58, m, 8H; 1.37-1.34, m, 8H. 13 C-NMR (50 MHz, CDCl3): δ 180.31; 38.95; 33.97; 28.93; 28.57; 28.04; 24.46. δ in ppm. 7,7‘-Bis(succinimidoxyheptanoyl)disulfid (4): Man ließ 270 mg (0.79 mmol; 94 % rein) von (3) mit 189 mg (1.64 mmol) N-Hydroxysuccinimid in 5 mL 1,4-Dioxan unter N2 reagieren und rührte die Reaktionsmischung nach Zugabe von 325 mg (1.57 mmol) Dicyclohexylcarbodiimid bei Raumtemperatur über 16 h. Der ausgefallene Dicyclohexylharnstoff wurde durch Filtration entfernt und mit 1,4-Dioxan (3 × 10 mL) sowie nachfolgend mit 2-Propanol (2 × 10 mL) gewaschen. Die vereinigten Filtrate lieferten nach Trocknung ein gelbes Öl, welches säulenchromatographisch zu reinigen war: Kieselgel; Diethylether:n-Hexan [2:1] (v/v). Das getrocknete Eluat enthielt 295 mg von (4) als viskoses gelbliches Öl (Ausbeute: 68 %), welches bei −18 °C in den Festzustand überging (vgl. Kobelt, 1988: 167-171). 1H-NMR (200 MHz, CDCl3): δ 2.80, s, 4H; 2.57, t, 2H; 2.45, t, 2H; 2.05, s, 3H; 1.72-1.68, m, 2H; 1.60-1.54, m, 2H; 1.43-1.35, m, 4H. 13C-NMR (50 MHz, CDCl3): δ 169.2; 168.6; 33.9; 30.7; 28.7; 28.2; 28.1; 25.5 (2C); 24.3; 15.4. δ in ppm. 7,7‘-Bis(N-heptanoyl-O-phosphono-L-threonin)disulfid (5): Gemäß einer modifizierten Vorschrift von Kobelt (1988) wurden die Lösungen von 324 mg (1.63 mmol) OPhosphono-L-threonin und 558 µL (3.26 mmol) Diisopropylethylamin in 2 mL Wasser einerseits mit 295 mg (0.57 mmol) von (4) in 15 mL THF andererseits vereinigt. Nach Zusatz von 4 mL Acetonitril rührte man die homogene farblose Reaktionsmischung bei 20 °C unter Stickstoff für 18 h, löste im Anschluß daran den getrockneten Rückstand II Experimenteller Teil 196 in wenig H2O und extrahierte lipophile Verunreinigungen mit Dichlormethan. Weitere Aufreinigung über RP-HPLC in 9 Durchläufen und Entsalzung ergab 50 mg (0.073 mmol) von (5) (Ausbeute: 13 %). 1H-NMR (300 MHz, CD3OD): δ 4.95-4.85, m, 16H; 4.58, m, 2H; 2.68, t, 4H; 2.34, t, 4H; 1.73-1.60, m, 8H; 1.45-1.35, m, 8H; 1.36, d, 6H. 13C-NMR (75 MHz, CD3OD): δ 176.5; 172.3; 74.6; 57.9; 39.4; 36.4; 29.9; 29.6; 29.0; 26.6; 18.8. δ in ppm. N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin (6): Zur reduktiven Spaltung von (5) wurden 15 mg (0.022 mmol) des CoB-Homodisulfids zu einer Lösung von 24 mg (0.156 mmol) Dithiothreitol in 1.4 mL H2O zuzüglich 30 µL konzentrierter Ammoniaklösung gegeben und unter N2-Atmosphäre bei pH 8-9 und Raumtemperatur für 1 h gerührt. Zum Schutz vor Oxidation säuerte man die Reaktionsmischung dann mit 20 µL konzentrierter Salzsäure an und entfernte überschüssiges Reduktionsmittel durch mehrfaches Ausschütteln mit Dichlormethan sowie Entsalzen. Als Endprodukt mit teilweise öliger Konsistenz erhielt man 7 mg (0.010 mmol) von (6) (Ausbeute: 47 %). Eine wesentliche Verbesserung in Ausbeute und Reinheit ließ sich erzielen durch reduktive Spaltung des angefallenen Nebenproduktes N-7-Carboxyhexyldisulfanylheptanoyl-Ophosphono-L-threonin mit Dithiothreitol in der beschriebenen Weise, wobei das Produkt nach Entfernen des Lösungsmittels in möglichst wenig Methanol solubilisiert und dann wiederholt mit Diethylether ausgefällt wurde. Den feinkristallinen Niederschlag von (6) konnte man bequem abzentrifugieren und als wäßrige Lösung lyophilisieren. 1 H-NMR (300 MHz, CD3OD): δ 4.93-4.88, m, 8H; 4.60, m, 1H; 2.49, t, 2H; 2.33, t, 2H; 1.67-1.57, m, 4H; 1.45-1.33, m, 5H; 1.36, d, 3H. 13C-NMR (75 MHz, CD3OD): δ 176.2; 171.9; 74.7; 57.7; 36.3; 34.8; 29.4; 28.8 (2C); 26.6; 24.6; 18.7. δ in ppm. 4.2 Fraktionierungsfaktor für R−SH Für die HiResESI-ICR-Massenspektren wurden jeweils 5 mg (30.5 µmol) Natrium-2thioethansulfonat und 13.5 mg (91.5 µmol) Natrium-2-hydroxyethansulfonat durch dreimaliges Auflösen / Einrotieren in H2O-D2O-Mischungen mit 25 / 50 / 75 Mol% D äquilibriert, die Glasgeräte (Kolben / Injektionsspritze) entsprechend in CH3OH / CD3OD unter Ausschluß von Luftfeuchtigkeit vordeuteriert. Im Falle eines D-Gehaltes von 50 Mol% nahm man die insgesamt 18.5 mg vorbereitete Festsubstanz in einer Lösung II Experimenteller Teil 197 aus 200 µL H2O + 200 µL D2O + 200 µL CH3OH + 200 µL CD3OD + 15 µL NH3•H2O + 15 µL ND3•D2O auf, so daß die Ethansulfonat-Derivate in einer Endkonzentration von 37 mM (TES) beziehungsweise 111 mM (HES) vorlagen. Als Spüllösung für das Spektrometer diente eine vergleichbare Mischung, eingestellt auf 100 Mol% H. Ausgehend von etwa 24 mg (63.6 µmol) CoB-Diammoniumsalz, synthetisiert sowie entsalzt gemäß Abschnitt II 4.1 und vordeuteriert durch dreimaliges Auflösen / Einrotieren in CH3OH-CD3OD-Mischungen, wurden Lösungen von je 8 mg dieses Salzes in 700 µL TRIS-HCl/H2O (pH 7.6), 700 µL TRIS-d5-DCl/D2O (pD 7.6) und 700 µL von Mischungen aus beiden Solventien (40 / 60 / 75 Mol% D) in NMR-Röhrchen mit Kapillareinsatz bei 65 °C vermessen. Als Eichsubstanz zur Bestimmung der ∆ppm-Werte wurde jeweils 1 µL (≅ 94 µmol H) 1,4-Dioxan zugegeben. Bei allen Messungen enthielt die Kapillare 300 µL einer Lösung von 50 mM TRIS-d5-DCl in D2O (pD 7.6). Die PentaDeuterierung der Puffersubstanz erfolgte durch dreimaliges Auflösen / Einrotieren in D2O:CD3OD [50:50], und pH-Wert beziehungsweise pD-Wert der Pufferlösungen wurden nachträglich mit HCl oder NH3•H2O beziehungsweise mit DCl oder NaOD / D2O auf 7.6 eingestellt. Für wiederholte NMR-Analysen (500 MHz) bei verschiedenen Deuterium-Konzentrationen gelang es, das CoB-Salz mittels OASIS®-HLB-Kartuschen (20 ccm) von TRIS zu trennen: Auftragen in 0.1 M HClO4, Spülen mit einem Säulenvolumen H2O, Desorbieren mit MeOH, Neutralisieren des Eluates mit NH3•H2O. Je 10 ± 0.1 mg (26.5 µmol) CoB-Diammoniumsalz, synthetisiert und durch Umfällen aufgereinigt gemäß Kapitel II 4.1, wurden jeweils unter N2-Atmosphäre in 700 µL entgastem H2O:D2O [100:0 / 50:50 / 25:75 / 0:100] gelöst und in NMR-Röhrchen mit gasdichten Schraubkappen gefüllt. Die pL-Werte lagen bei 4.38 (0 Vol.% D2O → pH), 4.59 (50 Vol.% D2O → p(H+D)), 4.75 (75 Vol.% D2O → p(H+D)) und 4.91 (100 Vol.% D2O → pD). Als Eichsubstanz zur Bestimmung der ∆ppm-Werte diente jeweils 1 ‰ (v/v) 1,4-Dioxan pro Ansatz. Die NMR-Messungen für alle genannten D-Konzentrationen erfolgten bei 4.1 / 25 / 50 °C, abgelesen über ein internes Pt-Widerstandsthermometer. Zum Einsatz kam ein Bruker Avance-III-Spektrometer (600 / 150 MHz) mit DCH-Kryokopf, wobei die Spektren in 100 Vol.% H2O ohne Lock und mit Unterdrückung des Lösungsmittelsignals durch Excitation Sculpting aufgenommen wurden. Sämtliche chemischen Verschiebungen beziehen sich auf das Signal von 1,4-Dioxan (δ in ppm): δ (1H) = 3.75 (vgl. Pretsch et al., 2009: 203), δ (13C) = 69.30. 1H-NMR: Anzahl der Scans: 64; Aufnahme: 5 s; Verzögerung: 0.01 s. 13C-NMR: Anzahl der Scans: 128 (4.1 / 25 °C), II Experimenteller Teil 198 1024 (50 °C); Aufnahme: 2.105 s; Verzögerung: 0.3 s. Die Bestimmung von ΦSL am Natriumsalz von CoM erfolgte ähnlich, indem jeweils 10 mg (61 µmol) Natrium-2-thioethansulfonat bei 60 °C in H2O-D2O-Gemischen (0 / 50 / 80 Mol% D) vorbehandelt und anschließend in 700 µL Wasser mit demselben Mol%Gehalt an D unter Zugabe von 1 µL 1,4-Dioxan gelöst wurden. Man pipettierte die mit Argon gesättigte und filtrierte Lösung in NMR-Röhrchen mit Kapillareinsatz (100 % D2O) und startete die Messung nach Abkühlen auf 5.4 °C. Die NMR-Spektren wurden mit einem Bruker DRX Spektrometer bei 500 MHz aufgenommen und die chemischen Verschiebungen auf das Signal von 1,4-Dioxan referenziert (δ in ppm): δ (1H) = 3.75 (vgl. Pretsch et al., 2009: 203). Probenkopf: 5 mm BBI; Anzahl der Scans: 64; Aufnahme: 5 s; Verzögerung: 0.01 s. 1H-NMR: δ(H2C1) 3.1689, m; δ(H2C2) 2.8498, m; δ(HS−) 2.1704, s. 4.3 Isolierung und Aufreinigung von MCR I Der Stamm Methanothermobacter marburgensis (Methanobacterium thermoautotrophicum, Stamm Marburg) ist hinterlegt unter DSM 2133 bei der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig (D) (vgl. Wasserfallen et al., 2000). Methyl-Coenzym M wurde aus dem Coenzym-M-Natriumsalz (Natrium-2-thioethansulfonat; Merck) durch Methylierung mit Iodmethan (Fluka) synthetisiert (vgl. Mahlert et al., 2002; Gunsalus et al., 1978), Coenzym B (N-7-Thioheptanoyl-O-phosphono-L-threonin) aus seinem Homodisulfid durch Reduktion mit Natriumborhydrid (vgl. Kobelt et al., 1987; Ellermann et al., 1988). Die Anzucht von M. marburgensis erfolgte bei 65 °C in einem 13L-Fermenter mit 10 L Mineralsalz-haltigem Medium unter Rühren (1200 rpm) und Begasung (1200 mL min−1) mit 80 % H2 / 19.9 % CO2 / 0.1 % H2S (vgl. Mahlert et al., 2002). Nachdem eine Optische Dichte (578 nm) von 4.5 erreicht war, wurde die Begasung für 30 min auf 100 % H2 umgestellt, um die EPR-Signale MCRred1 und später MCRred2 in den Zellen zu induzieren. Mit einer Oxisorb-Säule gelang es, alle O2-Spuren aus dem WasserstoffStrom zu entfernen. Nach 30 min kühlte man die Zellen unter fortgesetzter Begasung innerhalb von 10 min auf 10 °C ab und erntete davon unter anaeroben Bedingungen schließlich 60-70 g (Naßgewicht) mittels einer Durchflußzentrifuge. Alle kommenden II Experimenteller Teil 199 Schritte erfolgten in einer Anaerobenkammer unter 95 % N2 / 5 % H2 (vgl. Mahlert et al., 2002). Es erwies sich als vorteilhaft, die nassen Zellen in Anwesenheit von 10 mM CoM zu resuspendieren in 100 mL TRIS-HCl/H2O (10 mM; pH 7.6). Ultraschallbehandlung (200 W) der eisgekühlten Zellsuspension über 35 min lieferte einen weitgehend zellfreien Extrakt, aus dem intakte Zellen, Zellfragmente und Membranen durch 20minütige Ultrazentrifugation bei 160000 g entfernt wurden. Zuletzt fällte man aus dem Überstand den Großteil des gesamten Zellproteins mit einer wäßrigen Lösung (60 % w/v) von Ammoniumsulfat und wiederholte die Fällung nach erneuter Ultrazentrifugation mit 100 % (w/v) (NH4)2SO4 in H2O. Der angefallene Rückstand wurde in 100 mL TRIS-HCl/H2O (10 mM; pH 7.6) + 10 mM CoM resuspendiert und dann auf eine High-Load-High-Performance-Säule (QSepharose; 3.58 cm2 × 15 cm) aufgetragen, äquilibriert mit TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.6) + 10 mM CoM. Alle Pufferlösungen bewahrte man unter streng anaeroben Bedingungen auf und filtrierte diese vor Gebrauch durch einen Membranfilter (0.45 µm; Pall Corporation). Das komplette chromatographische Prozedere fand bei Raumtemperatur statt, wobei die eluierten Proteine UV-spektroskopisch (280 nm) detektiert wurden. Die Elution der MCR gelang mit einem Stufengradienten von NaCl (360 / 400 / 440 / 480 / 520 / 600 mM) in TRIS-HCl/H2O/CoM-Puffer bei einer Flußrate von 4 mL min−1. MCR-Aktivität konnte schließlich in der 480mM-NaCl-Fraktion (70-100 mL) nachgewiesen werden, welche man in einer Mikrozelle (Amicon) mit Ausschluß von Molekülen > 100 kDa aufkonzentrierte und mit einer Mono-Q-HR-Säule (10/10; Pharmacia) weiter aufreinigte, äquilibriert in TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.6) + 0.3 M NaCl. Es gelang, MCRIred1 und MCRIIred1 in einem linearen Gradienten von 0.40-0.68 M NaCl getrennt aufzufangen, und zwar mit einer Spinkonzentration von je > 0.8 pro mol F430 (vgl. Rospert et al., 1990). Man bewahrte die aufgereinigten MCR-Isoenzyme in einer Anaerobenkammer bei Raumtemperatur auf, worin ihre Aktivität nach 3-7 Tagen signifikant abnahm. II Experimenteller Teil 4.4 200 Bestimmung der Protein-Konzentration Im verwendeten Mikroansatz (BioRad) führt die Proteinbindung an Coomassie Brillant Blau R250 in saurer Lösung zu einer bathochromen Verschiebung des Absorptionsmaximums von 465 nm nach 595 nm (vgl. Bradford, 1976). Die Eichung erfolgte mittels bovinen Serumalbumins (0-8 µg in 0.8 mL), während für die eigentliche Proteinmessung jeweils 0.8 mL der MCR-I-Präparationen mit 0.2 mL der Farbstoff-Lösung versetzt wurden und man nach 20 min die Absorptionswerte spektrophotometrisch gegen eine 20 %ige (v/v) Referenzlösung des Farbstoff-Reagenzes in Wasser bestimmte. 4.5 Aktivitätstest für MCR I Die Enzymaktivität der MCR I ließ sich durch gaschromatographische Analyse der Methanbildung bei 60 °C messen (vgl. Goubeaud et al., 1997; Bonacker et al., 1993). Für die 102.5µL-Ansätze dienten HPLC-Bördelflaschen mit 2 mL Innenvolumen und PTFE/ Gummi-Septum-Dichtung, versiegelt mit aufgepreßten Aluminiumkappen. Das wäßrige Reaktionsmedium (615 µL) bestand aus 120 µL 250 mM Methyl-Coenzym M, 120 µL 12.5 mM CoB-Homodisulfid, 120 µL 7.5 mM Hydroxocobalamin, 180 µL 434 mM Titan(III)citrat und 75 µL von 1.07 µg µL−1 MCR I in 1 mM TRIS-HCl/H2O (pH 7.6; + 1 mM CoM), hergestellt durch Verdünnen der MCR-I-Stammlösung (10.7 µg µL−1 MCR I in 10 mM TRIS-HCl/H2O (pH 7.6; + 10 mM CoM) mit D2O im Verhältnis 1:10. Zum Bereiten der verwendeten Ti(III)citrat-Lösung wurden 4.40 g Trinatriumcitrat und 4.27 g Natriumhydrogencarbonat einer Mischung aus 7.8 mL TRIS-HCl/H2O (50 mM; pH 7.6) und 10.2 mL 15 % TiCl3 in HCl (entsprechend 1.53 g TiCl3) zugefügt. Unabhängig von den Volumina der Testreihen (102.5 / 400 µL) lagen die aufgeführten Komponenten in folgenden Endkonzentrationen vor: 10 mM Methyl-CoM (Natriumsalz); 0.5 mM CoB-Homodisulfid (Tetraammoniumsalz); 0.3 mM Hydroxocobalamin-Hydrochlorid; 25 mM Ti(III)citrat; 0.156 g L−1 (520 nM) MCR I; 6.5 mM TRIS-HCl/H2O; 24 µM CoM. Dies entspricht einer Salinität von 9.7 ‰ (w/v) im Enzymansatz. II Experimenteller Teil 4.6 201 Ansatz in D2O Bis auf die MCR-I-Stammlösung wurden sämtliche Komponenten des Reaktionsmediums lyophilisiert und danach in 540 µL entgastem Deuteriumoxid zuzüglich der 75 µL an verdünnter Enzymlösung (90 Vol.% D) bei 0 °C wiederaufgenommen. Es erwies sich als vorteilhaft, in drei Parallelansätzen jeweils 20.5 µL des Reaktionsmediums inklusive MCR I mit 82 µL H2O zu versetzen, was einer D2O-Konzentration von 19.8 Vol.% entspricht. In Folge wurden 7 / 27 / 42 / 62 / 82 µL des H2O schrittweise durch identische Volumina an D2O ersetzt, so daß letztendlich 26.6 / 46.1 / 60.7 / 80.2 / 96.1 Vol.% Deuteriumoxid in der wäßrigen Phase vorlagen. Die Gasphase bestand stets aus 95 % N2 + 5 % H2, und die Enzymaktivierung für 12 min mit vollständigem Umsatz des Methyl-CoM erfolgte durch Temperaturerhöhung im Wasserbad von 20 °C auf 60 °C. Ferner wurde ein vierter Parallelansatz für alle D2O-Konzentrationen von 19.8-96.1 Vol.% gestartet, wobei die GC-Analyse der Gasphasen (5 µL pro Injektion) im Intervall von 3 min eine durchschnittliche spezifische MCR-I-Aktivität von 4.0-4.7 U mg−1 ergab. Für 400-µL-Ansätze zog man Serumflaschen mit 8 mL Innenvolumen heran, abgedichtet mit Stopfen aus Naturgummi. Bis auf eine Verdopplung der Enzymkonzentration und Abstoppen der Reaktion mit 5 µL H2O2 in einem Ansatz sowie die Verwendung von CoM anstelle von Methyl-CoM in einem anderen lagen alle übrigen Bestandteile des Reaktionsmediums in denselben Konzentrationen vor. Innerhalb von 24 h nach erfolgtem Umsatz trafen die Proben in Zürich ein, worauf zuerst die Flüssigphasen komplett (siehe Abschnitt II 4.8) und die Gasphasen teilweise (2mL-Bördelflaschen → 900 µL; 8mL-Serumflaschen → 1800 µL) unter N2-Atmosphäre mit einer gasdichten Glas-Teflon-Spritze Modell Luer Lock + Teflonhahn + Kanüle (0.50 mm × 40 mm) entnommen wurden. Um eine quantitative Entnahme zu garantieren, erfolgte der Druckausgleich durch passives Nachfließen von 900 / 1800 µL Wasser in die Reaktionsgefäße über einen Spritzenkolben (10 mL) mit aufgesetzter Kanüle (0.50 mm × 40 mm). Nach Ersetzen der Kanüle durch eine Stahlkapillare (0.30 mm × 200 mm) wurde das Methan möglichst langsam durch 700 µL CDCl3 in einem NMRRöhrchen (507-PP) geblasen und Letzteres rasch mit einer Gummikappe verschlossen. 1H-NMR (600 MHz, CDCl3): Spektrometer Bruker Avance-II; Probenkopf 5 mm BBI; Anzahl der Scans 160; Aufnahme 5 s; Verzögerung 5 s; Temperatur 300 K. Man II Experimenteller Teil 202 integrierte die Signale für CH4 (δ 0.2165, s, 4H), CH3D (δ 0.2014, t, 3H, 2JHD 1.928) und CH2D2 (δ 0.1864, quint, 2H, 2JHD 1.915) in CDCl3, wobei die angegebenen chemischen Verschiebungen auf CHCl3 (δ (1H) = 7.2600) bezogen sind (vgl. Pretsch et al., 2009: 239). δ in ppm, J in Hz. 4.7 Eichung von CH4-/CH3D-Mischungen Mehrere Injektionsflaschen mit 60 mL Innenvolumen und gasdichtem Verschluß aus Tellergummikappe / Aluminiumkapsel wurden evakuiert (≤ 0.1 Torr) und dann unter Atmosphärendruck mit reinem Stickstoff gefüllt, zwei davon jeweils mit reinem CH4 beziehungsweise CH3D (Deuterierungsgrad: 99 %). In drei parallelen Ansätzen injizierte man mit Hilfe von gasdichten Glas-Teflon-Spritzen Modell SampleLock + konischen Nadeln CH4 und/oder CH3D im Gesamtvolumen von 1.5 mL in die mit Stickstoff gefüllten Gefäße, so daß 450 µL der verdünnten Gasmischung insgesamt 0.5 µmol Methan mit 0 / 21.4 / 40 / 60 / 78.6 / 88 / 100 Vol.% CH3D enthielten. Diese 1.5 mL wurden letztlich mit gasdichten Glas-Teflon-Spritzen Modell Luer Lock + Teflonhahn + Kanüle (0.50 mm × 40 mm) entnommen, nach Austausch der Nadel gegen eine Stahlkapillare (0.30 mm × 200 mm) in einem NMR-Röhrchen (507-PP) durch 700 µL CDCl3 geblasen und das Röhrchen mit einer Gummikappe verschlossen. 1H-NMR (600 MHz, CDCl3): Spektrometer Bruker Avance-II; Probenkopf 5 mm BBI; Anzahl der Scans 160; Aufnahme 5 s; Verzögerung 5 s; Temperatur 300 K. Man integrierte die Signale für CH4 (δ 0.2165, s, 4H) und CH3D (δ 0.2014, t, 3H, 2JHD 1.928) in CDCl3, wobei die angegebenen chemischen Verschiebungen auf CHCl3 (δ (1H) = 7.2600) bezogen sind (vgl. Pretsch et al., 2009: 239). δ in ppm, J in Hz. 4.8 Analyse der wäßrigen Phasen Noch vor Gasentnahme und Injektion von Wasser zum Druckausgleich wurden die Flüssigmedien aus allen Probenfläschchen mit Einmalspritzen / Kanülen entnommen und in Reaktionsgefäßen (Polypropylen) aufbewahrt. Es erwies sich von Vorteil, die II Experimenteller Teil 203 Flüssigphasen einander entsprechender 400µL-Ansätze zu vereinigen und über Glaspipette / Cellulosefilter unmittelbar in NMR-Röhrchen (507-PP) zu überführen. Dasselbe Prozedere erfolgte mit den 102.5µL-Proben, welche man nach Volumensubstitution mit D2O ad 150 µL in Shigemi-Röhrchen (BMS) füllte. 1H-NMR (600 MHz, D2O): Spektrometer Bruker Avance-II; Probenkopf 5 mm BBI; Anzahl der Scans 320; Aufnahme 5 s; Verzögerung 0.01 s; Temperatur 300 K; δ in ppm. 4.9 Überprüfung des D2O-Gehaltes Zur Herstellung der Eichlösung wurden 17.3 µL von 10 % (v/v) Acetonitril in DMSO-d6 mit 700 µL DMSO-d6 auf ein Endvolumen von 717.3 µL verdünnt, worin insgesamt 33.0 µmol MeCN entsprechend 99.0 µmol H enthalten sind. Unter Berücksichtigung eines Korrekturfaktors für die H2O-Restmenge in dieser MeCN-DMSO-d6-Mischung fügte man jeweils 20 µL aus den wäßrigen Probenmedien hinzu und bestimmte deren Wassergehalt referenziert auf das MeCN-Signal (δ 1.98, 3H, s) als internen Standard (vgl. Pretsch et al., 2009: 242). 1H-NMR (600 MHz, DMSO-d6): Spektrometer Bruker Avance-II; Probenkopf 5 mm BBI; Anzahl der Scans 64; Aufnahme 5 s; Verzögerung 5 s; Temperatur 300 K; δ in ppm. 4.10 Simulationen Die Modellierungen zur Reaktionskinetik erfolgten mit Hilfe der Programme GEPASI Version 3 (vgl. Mendes, 1997; Mendes and Kell, 1998) und COPASI Version 4.4.28 (vgl. Hoops et al., 2006). Das Reaktionsnetzwerk wurde auf der Ebene chemisch reversibler und irreversibler Reaktionen unter Gültigkeit des Massenwirkungsgesetzes ausgeführt, wobei die im Modell eingestellten KS-Werte für EM (M = MeCoM) und EMB (B = CoB) näherungsweise die experimentell bestimmten apparenten KM-Werte wiedergeben (vgl. Bonacker et al., 1993). Für den Fraktionierungsfaktor von CoB−SH setzte man den im Experiment bestätigten Wert 0.42 ein. Es erwies sich als vorteilhaft, die Startkonzentrationen entsprechend den Bedingungen im Enzymansatz zur Bestim- II Experimenteller Teil 204 mung der Protoneninventar-Kurven zu wählen. Die relativen Methanbildungsraten und Produktverhältnisse (CH3D gegen CH4) wurden aus simulierten Zeitverläufen bei weniger als 10 % Umwandlung (angenäherte Startgeschwindigkeit) entnommen. Die korrekte Anwendung des Simulationssystems verifizierte man für 100 % H2O durch Reproduktion der KM-Wert-Bestimmung für MeCoM und CoB mittels doppelt-reziproker Auftragung der Startgeschwindigkeiten, erhalten durch Simulation mit einem geordneten Bisubstrat-System ohne internen oder externen Protonenaustausch, und durch Vergleich mit theoretischen Werten, berechnet aus KS und Geschwindigkeitskonstanten (vgl. Leskovac, 2003). Als Beispiel für das modellierte Reaktionsnetzwerk diente ein geordneter BisubstratMechanismus mit reversibler Isomerisierung des ternären Komplexes sowie reversibler Produktbildung. Das aktive Zentrum enthielt eine OH-Gruppe, und ein Thiol-Rest wurde postuliert als Quelle für das vierte H-Atom im Methan-Molekül. Tabellen II-3 und II-4 listen die einzelnen Metaboliten mit den zugehörigen Startkonzentrationen sowie die jeweiligen Reaktionen auf. Folgende algebraische Beziehungen zwischen den Gesamtmengen kamen zum Einsatz: bd_off = bd_on*KSbvar*eieKSb khcatb = khcatf*Kcath bh_off = bh_on*KSbvar khiosb = khisof*Kisoh d_iexb = h_iexb*phiSH Kcatd = Kcath/EIEcat d_iexx = h_iexx*phiXH Kisod = Kisoh/EIEiso HL0 Ksbvar = KSb*(1+coeff*[DL0]/110) = 110 − DL0 kdcatb = kdcatf*Kcatd m_off = m_on*KSm kdcatf = khcatf*KIEcat p_off = p_on*KSp kdisob = kdisof*Kisod sh_ex = h_ex*phiSH kdisof = khisof*KIEiso Die zugrundeliegenden Startwerte ergeben sich aus Tabelle II-5. Dieses allgemeine Simulationssystem eröffnete die Möglichkeit, den Effekt eines internen H/D-Austausches im ternären Komplex oder den freien Austausch dieses Komplexes mit dem Lösungsmittel zu untersuchen, indem die entsprechenden Geschwindigkeiten > 0 gesetzt wurden. Durch Variation von KS (CoB) als lineare Funktion von DL0 konnte ein allgemeiner Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf die Bindung von CoB modelliert werden. II Experimenteller Teil 205 Spezifische Isotopeneffekte bezüglich der Bindung von CoB−SH gegenüber CoB−SD waren zugänglich für eieKSb > 1. Tab. II-3. COPASI − Metaboliten und Startkonzentrationen. Abkürzung Spezies C0 [M] Abkürzung Spezies C0 [M] BD CoB−SD 0 EH Enzym−OH 10−6 BH CoB−SH 0.001 EHM Binärer Komplex 0 CH4 Methan 0 EHMBD Ternärer Komplex 0 CH3D Methan-d1 0 EHMBH Ternärer Komplex 0 DL Lösungsmittel−OD 0-110 EHXD Isomerer ternärer Komplex 0 ED Enzym−OD 0 EHXH Isomerer ternärer Komplex 0 EDM Binärer Komplex 0 EP Heterodisulfid-Komplex 0 EDMBD Ternärer Komplex 0 HL Lösungsmittel−OH 110-0 EDMBH Ternärer Komplex 0 M MethylCoenzym M 0.01 EDXD Isomerer ternärer Komplex 0 P Heterodisulfid 0 EDXH Isomerer ternärer Komplex 0 II Experimenteller Teil 206 Tab. II-4 a. COPASI − Reaktionen. Nummer Gleichung kHinreaktion kRückreaktion Bemerkungen R1 DL + EH = HL + ED h_ex h_ex Austausch Lösungsmittel − Enzym R2 EH + M = EHM m_on m_off CoM-Bindung R3 ED + M = EDM m_on m_off CoM-Bindung R4 EHM + BH = EHMBH bh_on bh_off CoB-Bindung R5 EHM + BD = EHMBD bd_on bd_off CoB-Bindung R6 EDM + BH = EDMBH bh_on bh_off CoB-Bindung R7 EDM + BD = EDMBD bd_on bd_off CoB-Bindung R8 EHMBH = EHXH khisof khisob Isomerisierung R9 EHMBD = EHXD kdisof kdisob Isomerisierung R10 EDMBH = EDXH khisof khisob Isomerisierung R11 EDMBD = EDXD kdisof kdisob Isomerisierung R12 EHXH = EP + CH4 khcatf khcatb Methan-Bildung R13 EDXH = EP + CH4 khcatf khcatb Methan-Bildung R14 EHXD = EP + CH3D kdcatf kdcatb Methan-Bildung R15 EDXD = EP + CH3D kdcatf kdcatb Methan-Bildung R16 EHMBD = EDMBH h_iexb d_iexb Interner Austausch R17 EHXD = EDXH h_iexx d_iexx Interner Austausch R18 EHMBH + DL = EDMBH + HL ho_eex ho_eex Externer Austausch R19 EHMBH + DL = EHMBD + HL ho_eex hs_eex Externer Austausch II Experimenteller Teil 207 Tab. II-4 b. COPASI − Reaktionen. Nummer Gleichung kHinreaktion kRückreaktion Bemerkungen R20 EHMBD + DL = EDMBD + HL ho_eex ho_eex Externer Austausch R21 EDMBH + DL = EDMBD + HL ho_eex hs_eex Externer Austausch R22 EHXH + DL = EDXH + HL ho_eex ho_eex Externer Austausch R23 EHXH + DL = EHXD + HL ho_eex hs_eex Externer Austausch R24 EHXD + DL = EDXD + HL ho_eex ho_eex Externer Austausch R25 EDXH + DL = EDXD + HL ho_eex hs_eex Externer Austausch R26 BH + DL = BD + HL h_ex hs_ex Austausch CoB - Lösungsmittel R27 EP = EH + P p_off p_on Freisetzung des Heterodisulfids R28 EP = ED + P p_off p_on Freisetzung des Heterodisulfids R29 P --> BH red - Reduktion des Heterodisulfids R30 P --> BD red - Reduktion des Heterodisulfids II Experimenteller Teil 208 Tab. II-5 a. COPASI − Startwerte für die Gesamtmengen. Parameter Wert Bemerkungen bd_off 50000 bd_on 5e+08 bh_off 50000 bh_on 5e+08 d_iexx 420000 eieKSb 1 Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf KS von CoB h_ex 1e+09 Geschwindigkeitskonstante für Austausch von freiem CoB im Lösungsmittel h_iexx 1e+06 interne Austauschgeschwindigkeit von EHXH kdcatf 500 khcatf 500 kcat (Hinreaktion) für H KIEcat 1 Kinetischer Isotopeneffekt auf kcat KSb 0.0001 KS für CoB KSm 0.001 KS für MeCoM KSp 0.0001 KS für Heterodisulfid m_off 100000 m_on 1e+08 p_off 10000 p_on 1e+08 Geschwindigkeitskonstante für Bindung des Heterodisulfids phiSH 0.42 Fraktionierungsfaktor von CoB−SH red 1e+08 Geschwindigkeitskonstante für Reduktion des Heterodisulfids sh_ex 2.38095e+09 Geschwindigkeitskonstante für Bindung von CoB an den binären Komplex Geschwindigkeitskonstante für Bindung von MeCoM II Experimenteller Teil 209 Tab. II-5 b. COPASI − Startwerte für die Gesamtmengen. Parameter Wert Bemerkungen coeff 3.4 d_iexb 4.2e−05 EIEcat 1 Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf kcat EIEiso 1.7 Gleichgewichts-Isotopeneffekt auf Isomerisierung h_iexb 0.0001 Geschwindigkeit für internen Austausch in EHMBH ho_eex 0.0001 Geschwindigkeit für externen Austausch des ternären Komplexes mit DL hs_eex 4.2e−05 HL 0 Kcatd 10000 Kcath 10000 kdcatr 0.05 kdisob 1700 kdisof 1000 khcatr 0.05 khisob 1000 khisof 1000 Geschwindigkeitskonstante für Isomerisierung in Hinreaktion KIEiso 1 Kinetischer Isotopeneffekt auf Isomerisierung Kisod 0.588235 Kisoh 1 Gleichgewichtskonstante für Isomerisierung im H-Fall Ksbvar 0.0001 KS von CoB für unspezifischen Gleichgewichts-Isotopeneffekt phiXH 0.42 Fraktionierungsfaktor von CoB−SH Protonenkonzentration im Lösungsmittel Gleichgewichtskonstante für Methan-Bildung II Experimenteller Teil 4.11 210 Labormaterial Chemikalien: Acetonitril (HPLC Gradient Grade; LAB-SCAN) ♦ Ammoniak-d3 26 WT% in D2O (99 Atom% D; ARMAR Chemicals) ♦ Ammoniaklösung 25 % (zur Analyse; Merck) ♦ Argon (4.8; PanGas) ♦ Chloroform-d (99.8 Atom% D; stabilisiert mit Ag; ARMAR Chemicals) ♦ Deuteriumchlorid 20 WT% in D2O (99.5 Atom% D; Dr. Glaser) ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ Deuteriumoxid (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals) Deuteronatronlauge 40 % in D2O (puriss.; > 99.5 Atom% D; Fluka) Dimethylsulfoxid-d6 (100 Atom% D; ARMAR Chemicals) 1,4-Dioxan (puriss., H2O ≤ 0.01 %, ≥ 99.5 % (GC); Fluka) 2-Hydroxyethansulfonsäure Natriumsalz (pro synthesi; Merck-Schuchardt) 2-Mercaptoethansulfonsäure Natriumsalz (BioChemika, ≥ 98 % (RT); Fluka) Methan (H. P.; Matheson®) Methan-d1 (Deuterierungsgrad: 99 %; Cambridge Isotope Laboratories) ♦ Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific) ♦ Methanol-d4 (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals) ♦ Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën) ♦ ♦ Salzsäure rauchend 37 % (puriss. p. a. ACS, ≥ 36.5 % (T); Fluka) ♦ Tris(hydroxymethyl)aminomethan (zur Analyse; Merck) ♦ Wasser NANOpure (R > 18 MΩ; SKAN / Barnstead) Geräte: ♦ EI-MS: WATERS Micromass Auto Spec - Ultima (70 eV) ♦ Einmalspritze Injekt® Luer (10 mL; B. Braun) ♦ Gastight® Syringes Luer Lock (1000 µL; Hamilton) + Teflonhahn für PTFE Luer Lock (Hamilton) → Probenentnahme ♦ Gastight® Syringes SampleLock (500 / 1000 / 2500 µL; Hamilton) + Nadeln (22/51/ pst5/top-)L (Hamilton)→ Eichung ♦ GC-Säule: GS-GasPro (60 m × 0.32 mm i. D.; J&W) ♦ GC/MS-Anlage: Trace GC (Thermo Finnigan Quest) + EI-MS (70 eV, Quadrupol; Thermo Finnigan Quest) + Auswertung (PC Xcalibur) II Experimenteller Teil ♦ 1 211 H-/13C-NMR: DRX500 (500 / 125 MHz + Pt-100 Widerstandsthermometer; Bruker) → Fraktionierungsfaktor Avance-III (600 / 150 MHz + DCH-Kryokopf (5 mm) + Pt-100-Widerstandsthermometer; Bruker) → Fraktionierungsfaktor Avance-II (600 / 150 MHz; Bruker) → Methan-Analytik ♦ HiResESI-ICR-MS: WATERS Zspray ESI-Quelle mit Varian 4.7 T FT-ICR-MS; Proben in Schraubdeckelgefäßen (Weißglas, 2 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO) ♦ HPLC Bördelflaschen (2 mL; Target Vials C4011-1; National Scientific) + Verschlußkappen (11 mm; Aluminiumrand, Gummi/PTFE-Septen; National Scientific) ♦ Injektionsflaschen (60 mL; Pewa) + Tellergummikappen (Naturgummi) + Aluminiumkapseln ♦ Injektionskanülen Sterican® Gr. 17/42 (0.50 mm × 40 mm; B. Braun) ♦ Injektionskanülen Luer/NSP (0.80 mm × 80 mm; ROSE) ♦ NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass) mit Koaxial-Einsatz (WGS-5BL; Wilmad/Lab Glass) ♦ NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass) + Precision Seal Rubber Septa (white; Aldrich) ♦ NMR-Röhrchen Screw-Cap (5 mm × 200 mm, 528-PP; Wilmad Lab Glass) + Closed Caps (gasdicht) ♦ OASIS® HLB Cartridge (20 ccm / 1 g; Waters Corporation) ♦ pH-Messung: pH-Meter 744 (Metrohm) + LL Biotrode pH 1-11 / 0-60 °C (Metrohm) ♦ Reaktionsgefäße (1.5 mL, PP; Brand) ♦ Serumflaschen (8 cm3) + Kautschuk-Stopfen ♦ Shigemi-NMR-Röhrchen (3 mm × 200 mm, BMS → spezifiziert für D2O) ♦ Stahlkapillare (0.30 mm × 200 mm, 2R2; unimed) 212 __________________________________ III Weitere Studien zur Wirkungsweise von F430 __________________________________ A Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 1 Grundlagen und Methodik 1.1 Charakteristika der MCR in Gegenwart von Polysulfanen Enzymatisch aktive MCR mit Ni(I)F430 bezeichnet man als MCRred1, welche mit O2 fast augenblicklich in die EPR-inaktive Ni(II)MCRred1-silent überführt wird, in Gegenwart von Coenzym B (Substrat) und Coenzym M (Inhibitor) hingegen zu MCRred1/2 mit sogenannter Halbseiten-Aktivität reagiert, das heißt ein aktives Zentrum im red1-Zustand und das andere in der red2-Form. Letztere zeigt im X-Band-EPR-Spektrum klar eine Koordination des Sulfanyl-Schwefels an das Ni(I)-Zentrum. Mit CoM−SH allein, das zum Schutz des Enzyms im Laufe der Präparation dient, entsteht hingegen ein als Ni(I)MCRred1c bezeichnetes Derivat (siehe auch Kapitel II 1.1). Die Spezies MCRox1, im Gegensatz zu MCRred1 relativ stabil gegenüber Oxidationsmitteln, läßt sich in vivo aus Methanothermobacter marburgensis gewinnen, sofern die Kultur nach Wachstum unter 80 % H2 / 20 % CO2 mit einer Mischung von 80 % N2 / 20 % CO2 begast wird. Dasselbe Resultat erhält man in vitro durch Zugabe von CoM− S−S−CoB oder Polysulfanen, wobei die entstehende Struktur mit sechsfach koordiniertem Ni-Zentrum (5 N / O und 1 S) am besten als Resonanz zwischen Ni(III)-Sulfanylat und High-Spin-Ni(II)-Sulfanyl-Radikal zu formulieren ist. Ti(III) wiederum reduziert III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 213 MCRox1 zu MCRred1. Unter oxischen wie anoxischen Bedingungen wandelt sich MCRox1 innerhalb von einigen Stunden langsam in Ni(II)MCRox1-silent um, was durch γ-Bestrahlung in gefrorener wäßriger Lösung teilweise revertiert wird (vgl. Jaun and Thauer, 2007: 335, 339 f., 341 f.). Im Vergleich mit MCRred1/2 reagiert MCRox1 auch wesentlich langsamer mit Trichlormethan, 2-Bromethansulfonat und 3-Brompropansulfonat (vgl. Goenrich et al., 2004: 700 f.). Unter diesen Voraussetzungen liegt es nahe, MCRred1/2 experimentell auch mit einem − im Gegensatz zu CoM−S−S−CoB − sterisch ungehinderten Disulfid wie S-Methylsulfanyl-CoM (siehe Abb. III-1) reagieren zu lassen, um auf diese Weise MCRox1 zu O O E S H3C S S D O Abb. III-1. Struktur von 2-Methyldisulfanylethansulfonat. erhalten. In Anwesenheit von CH4 oder auch CH3F können gleichzeitig wertvolle Erkenntnisse zur Reversibilität der Methanogenese beziehungsweise Methanaktivierung durch MCR gewonnen werden. EPR-Analysen bezüglich Spindichte und Koordinationssphäre des zentralen Ni-Ions von MCRred1/2 nach Zugabe von 2-Methyldisulfanylethansulfonat erlauben es, folgende Varianten zu unterscheiden: ♦ Greift Ni(I) in einer SN2-Reaktion die terminale Methylgruppe gemäß Mechanismus I an (siehe II 1.3), mit einem im Vergleich zum natürlichen CoM-Thiolat weniger nucleophilen Organodisulfanylat als Abgangsgruppe und Ni(III)-CH3 als Produkt? ♦ Erfolgt die primäre Wechselwirkung zwischen Ni(I) und dem Methyl-S mit CoM-Thiolat als Abgangsgruppe, unter elektrophiler Methylsulfanylierung zu Ni(III)-Methylthiolat und reversibler/irreversibler Enzymhemmung? ♦ Reagiert Ni(I) mit dem β-Methylen-S in einer SRN-Reaktion laut Mechanismus III (siehe II 1.3), mit Ni(II)-CoM-Thiyl-Radikal als Intermediat und einem Methylsulfanyl-Radikal als Abgangsgruppe, was schließlich Methanthiol anstelle von Methan frei- III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 214 setzen müßte? Unabhängig davon, ob dieser Zyklus radikalisch oder ionisch verläuft, wäre die Umsetzung über Sulfanyl-Radikal oder -Anion (pKa ≈ 10) verglichen mit den entsprechenden Methyl-Spezies (pKa ≈ 50) energetisch wesentlich bevorzugt und damit markant beschleunigt. 1.2 Herstellung von Diorganodisulfanen Für sogenannte S−S-Aufbaureaktionen durch Oxidation von Thiolen existiert eine Vielzahl bekannter Synthesemethoden, von denen die wichtigsten im Folgenden beschrieben werden (vgl. Gundermann und Hümke, 1985: 135-141): ♦ Mit Sauerstoff: Unter Katalyse von starken Basen, aliphatischen Aminen oder Fe(III)-/Cu(II)-Verbindungen leitet man Luftsauerstoff am besten durch das gelöste Thiol, wobei häufig wäßrig-ammoniakalische und alkoholisch-ammoniakalische Medien Verwendung finden: 2 RSH + O2 2 RSH + H2O2 RSSR + H2O2 RSSR + 2 H2O (Gl. III-1) (Gl. III-2). Allgemein nimmt die Oxidierbarkeit in folgender Reihe ab: Ar−SH > primäres Alkyl− SH > sekundäres Alkyl−SH > tertiäres Alkyl−SH > Thioharnstoff. ♦ Mit Dihydrogenperoxid: In Ethanol oder Aceton wird diese Methode oft für wasserunlösliche Thiole angewandt, häufig unter Katalyse durch Fe(II). ♦ Mit Sulfurylchlorid: In Natronauge oder etherischer Lösung führt dieses Oxidationsmittel auch für Alkali-Thiolate meist in hervorragenden Ausbeuten zu den entsprechenden Disulfanen: 2 RSH + SO2Cl2 ♦ RSSR + SO2 + 2 HCl (Gl. III-3). Mit Halogenen: Disulfan-Synthesen mit Iod in Essigsäure, Ethanol oder wäßriger KILösung laufen auch für Na-Thiolate stöchiometrisch ab: III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 2 RSH + I2 RSSR + 2 HI 215 (Gl. III-4). In Kohlenwasserstoffen unter H2O-Ausschluß unterbleibt die Disulfid-Bildung, da der entstehende Iodwasserstoff in undissoziierter Form als starkes Reduktionsmittel wirkt. Zum Abfangen desselben haben sich Pyridin und tertiäre Amine bewährt. Für tertiäre Thiole wiederum wird Iod in alkalischem Medium bevorzugt, da das entstehende Hypoiodit weitaus stärker oxidiert als freies Iod. ♦ Mit Eisen(III)-Verbindungen: FeCl3 in etherischer Lösung dient als gängige und schonende Synthesemethode, womit sich selbst sterisch stark gehinderte ArylThiole glatt oxidieren lassen. In essigsaurer, wäßriger oder alkoholischer Lösung verwendet man Fe(III)-chlorid im Überschuß: 2 RSH + 2 FeCl3 RSSR + 2 FeCl2 + 2 HCl (Gl. III-5). Speziell zur Herstellung unsymmetrischer Disulfane greift man häufig auf Sulfensäurechloride oder Sulfensäureester zurück, welche sich mit Thiolen und Thiolaten irreversibel zu Disulfanen umsetzen lassen, häufig in Gegenwart von tertiären Aminen als Säurefänger: RSCl + R‘SH RSSR‘ + HCl (Gl. III-6). Allerdings stößt die Darstellung aliphatischer Sulfenylhalogenide aus den entsprechenden Disulfiden auf große Schwierigkeiten, da beispielsweise Methansulfenylchlorid, entstanden aus Chlorolyse von Dimethydisulfid, schon bei 0 °C in der Methylgruppe chloriert wird (vgl. Brintzinger et al., 1950: 87, 89). Auch mit Sulfurylchlorid liefert Dimethydisulfid in Tetrachlorethan unterhalb von -15 °C Methansulfenylchlorid: H3CSSCH3 + SO2Cl2 2 H3CSCl + SO2 (Gl. III-7). Bei den meist orange gefärbten Sulfenylhalogeniden handelt es sich durchwegs um äußerst reaktionsfähige und aggressive Verbindungen, welche leicht hydrolysieren und disproportionieren. Allerdings sind bei der Umsetzung mit Thiolen auch Fälle bekannt, wo die oxidierende Wirkung der Sulfenylverbindung unerwünschterweise zu III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 216 symmetrischen Disulfanen führt. Zur Synthese von Heterodisulfiden eignen sich auch die wesentlich beständigeren Sulfenylthiocyanate, welche in etherischer Lösung aus dem entsprechenden Thiol und in situ gebildetem Dirhodan hergestellt werden (vgl. Schöberl und Wagner, 1955: 270 f., 275-277, 280 f.): RSH + (SCN)2 RSSCN + HSCN (Gl. III-8). Als Sulfanyl-Donoren sind auch symmetrische aliphatische Thiosulfonsäure-S-ester bestens geeignet, welche obendrein einfach über die Douglas-Forch-Reaktion synthetisiert werden können. Die Reaktion verläuft glatt mit primären, sekundären oder tertiären Alkyl-, Aryl- oder heterozyklischen Thiolen, selbst unterhalb von 0 °C. Durch AlkaliEinwirkung zersetzen sich Thiosulfonsäure-S-ester zu Disulfan und Sulfinsäure. Die Einwirkung von Thiolen auf Disulfane kann unter bestimmten Umständen zum Austausch der aliphatischen beziehungsweise aromatischen Reste führen: RSSR + R‘SH RSSR‘ + RSH (Gl. III-9). Diese Methode ist dann erfolgreich, wenn die Reaktionsbedingungen die Bildung oder Abtrennung des unsymmetrischen Disulfans ermöglichen (vgl. Gundermann und Hümke, 1985: 145-146). 1.3 Sulfan-Disulfan-Austauschreaktionen Der Sulfan-Disulfan- oder auch Thiol-Disulfid-Austausch erfolgt in wäßriger Lösung unter physiologischen Bedingungen rasch und reversibel, obwohl hierbei eine Kovalenz (mittlere Bindungsenthalpie ≈ 250 kJ mol−1) gespalten und wieder neu geknüpft werden muß: RSH + R‘SSR‘ RSSR‘ + HSR‘ (Gl. III-10). Die Geschwindigkeitskonstante für diese SN2-Reaktion beträgt bei pH 7 und Raumtemperatur ca. 10 M−1 min−1, wobei man quantitative Ausbeuten erzielt, sofern uner- III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 217 wünschte Nebenreaktionen wie die Thiol-Oxidation durch Luftsauerstoff oder die Disulfid-Spaltung bei hohem pH-Wert vermieden werden. Sulfanylat (RS−) stellt das aktive Nucleophil dar, so daß sich der Umsatz durch Ansäuern des Reaktionsmediums stoppen läßt. Je nach pH-Wert der Lösung und Acidität der beteiligten Alkyl-Thiole (pKa ≈ 10) oder Aryl-Thiole (pKa ≈ 7) spricht man von Sulfan-Disulfan- (Gl. III-10) oder Sulfanylat-Disulfan- (Gl. III-11) Austausch: RS− + R‘SSR‘ RSSR‘ + −SR‘ (Gl. III-11). Letztere Reaktion verläuft basenkatalysiert und beinhaltet einen nucleophilen Angriff des Thiolat-Ions rückseitig längs der S−S-Bindungsachse des Disulfids. Die zu beobachtende Umsatzgeschwindigkeit erreicht ihr Maximum, sobald der pH im Medium mit dem pKa-Wert des beteiligten Thiols übereinstimmt. Ferner erfolgt der Sulfanylat-Disulfan-Austausch in polar-aprotischen Lösungsmitteln (DMSO, DMF) etwa um den Faktor 103 rascher als in polar-protischen Solventien (MeOH, H2O), erreicht aber bei weitem nicht den Beschleunigungsfaktor von vergleichsweise 106-107 für Alkoxide. Da das Optimum für den C−S−S−C-Diederwinkel des Disulfids bei ca. 90°liegt, werden für den Sulfanylat-Disulfan-Austausch an gespannten zyklischen Disulfanen der Ringgröße 5 (Diederwinkel ca. 30°) in polar-aprotischen Lösungsmitteln Raten bis zu einem Wert von 108 M−1 s−1 beobachtet (vgl. Singh, 1993: 634 f., 655 f.). III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 2 218 Ergebnisse Bei der Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat ausgehend von Coenzym M sind einige Besonderheiten in den Eigenschaften der Edukte zu beachten, welche die an sich zahlreichen Herstellungsmöglichkeiten für Diorganodisulfane (siehe Abschnitt III A 1.2) in diesem speziellen Fall stark einschränken. Zum ersten löst sich Coenzym M, das heißt 2-Sulfanylethansulfonat, in Form seines handelsüblichen Na-Salzes praktisch nur in H2O sowie Na-Methoxid/Methanol leicht, während es in reinem MeOH wenig und in höheren Alkoholen sowie insbesondere in apolaren Solventien nahezu unlöslich ist. Auch die entsprechenden Salze mit lipophilen Gegenionen wie Ammonium, Pyridinium und sogar Hexadecyltrimethylammonium zeigen keinerlei Löslichkeit in Diethylether oder Dichlormethan, so daß sämtliche Synthesevorschriften mit hydrolyseempfindlichen Reagenzien wie Sulfenylderivaten von vornherein ausscheiden. Coenzym M als freie Sulfonsäure, welche sich aus dem NaSalz durch mehrfache Behandlung mit stark sauren Ionentauschern wie Amberlite® IR120 einfach herstellen läßt, kann zwar in lipophiler Phase eingesetzt werden, zersetzt sich aber als starke organische Säure autoprotolytisch unter H2S-Freisetzung und könnte indirekt über die Protonierung von Ethern sogar alkylierend wirken (vgl. Schramm et al., 1955: 6231-6233). Die Rückführung der freien Säure als stabiles Natriumsalz in die hydrophile Phase wäre hingegen leicht möglich mit Hilfe lipophiler Na-Verbindungen, beispielsweise Natrium-bis(2-ethylhexyl)-sulfosuccinat (DocusatNatrium) oder Natriumtetrakis[3,5-bis(trifluormethyl)phenyl]borat(III). Zum zweiten muß man beachten, daß Methanthiol, Dimethyldisulfid und Methanthiosulfonsäure-S-methylester als geeignete Reagenzien für die elektrophile Methylsulfanylierung allesamt in H2O schwer- bis unlöslich sind, so daß reines Wasser als Reaktionsmedium ausscheidet. Ferner siedet Methanthiol unter Normaldruck bereits bei 6 °C und kann nur unter Kühlen in Trockeneis/Aceton bei −80 °C sicher gehandhabt werden. Eine oxidative Disulfid-Kopplung mit überschüssigem Methanthiol durch O2 oder gelöstes I2 bei Raumtemperatur scheint somit nicht praktikabel (vgl. Bobik and Wolfe, 1988: 61). Denkbar wäre höchstens die Verwendung von Natrium-Methanthiolat, sehr leicht löslich in Wasser und Ethanol beim Erwärmen, allerdings unlöslich in Ether (vgl. Beilstein E III 1, 1958: 1213). III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 219 Zum dritten hat sich klar ergeben, daß man in alkalischem Medium infolge von raschem Thiolat-Disulfid-Austausch (siehe Punkt III A 1.3) unabhängig vom Methylsulfenium-Donor praktisch ausschließlich das thermodynamisch bevorzugte CoM-Homodisulfid erhält. Ein Reaktionsansatz gemäß H3CSSCH3 + HS(CH2)2SO3−Na+ H3CSS(CH2)2SO3−Na+ + H3CSH (Gl. III-12) in Methanol liefert nie das erwünschte Heterodisulfid, da man in alkalischem Medium (Methanol/Methoxid) arbeiten muß, um das Na-Salz von Coenzym M in Lösung zu bringen. Auch kann Methanthiolat im Gegensatz zu Methanthiol nicht durch Evaporieren entfernt werden. Zum Erfolg führte letztendlich die Umsetzung von Natrium-2-sulfanylethansulfonat mit 10-fach molarem Überschuß an Methanthiosulfonsäure-S-methylester (MMTS) in wäßrigem Methanol bei erhöhter Temperatur. Das Produktgemisch bestand im wesentlichen aus 90 Mol% CoM−S−S−CH3 + 10 Mol% CoM−S−S−CoM und ließ sich mittels HPLC an Hypercarb® durch einen HClO4-/Acetonitril-Gradienten bequem auftrennen. Allerdings zersetzt sich CoM−S−S−CH3 auch in saurem wäßrigem Medium bei Raumtemperatur bereits merklich zu Dimethyldisulfid und CoM−S−S−CoM, besonders in Gegenwart von weichen Nucleophilen wie Iodid, und muß deshalb in gefrorener Lösung oder in trockenem Zustand aufbewahrt werden. HiResMALDI-ICR-ESI-Spektren zeigten im negativen Modus für das doppelt negativ geladene Homodisulfid keinen Molekülpeak, aber ein markantes Signal bei m/z 138.9529 für das monomere Sulfanyl-Radikal abzüglich 1 H-Atom. Diese Art der Fragmentierung läßt sich bei Diorganodisulfanen häufig beobachten (vgl. Pretsch et al., 2009: 373). Das einfach negativ geladene Heterodisulfid ist hingegen gekennzeichnet durch einen Molekülpeak bei m/z 186.9563, ein schwaches Signal bei m/z 140.9486 für das CoM-Anion sowie bei m/z 138.9529 wiederum durch ein Sulfanyl-Radikal minus 1 H. Zur Unterscheidung und Verhältnisbestimmung der entstandenen Disulfide zieht man idealerweise die 13 C-NMR-Spektren heran, wobei im erwünschten CoM−S−S− CH3 relativ zum CoM−S−S−CoM das Methylen-C in β-Position (siehe Abb. III-1) um 0.727 ppm hochfeldverschoben, dasjenige in α-Position dagegen um 0.068 ppm tieffeldverschoben erscheint. III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 3 220 Diskussion und Ausblick In Anlehnung an Gleichung III-12 liegt nahe, 2-Methyldisulfanylethansulfonat versuchsweise auch aus Coenzym-M-Natriumsalz und Dimethyldisulfid in MeOH:H2O [25:75] zu synthetisieren, wobei der pH-Wert mit Hilfe einer Pufferlösung auf ≤ 7 zu stabilisieren ist, um zum einen den Thiolat-Disulfid-Austausch zu unterdrücken, zum anderen um das entstehende Methanthiol fortwährend abzuziehen und damit die Reaktion irreversibel zu machen (vgl. Bobik and Wolfe, 1988: 60 f.). Der gewählte, kinetisch kontrollierte Ansatz über MMTS mit Methansulfinat als − im Vergleich zu Thiolat − wenig nucleophiler Abgangsgruppe ließe sich noch hinsichtlich Reaktionstemperatur und -dauer optimieren, um möglichst reines CoM−S−S−CH3 zu erhalten und die nachfolgenden Reinigungsschritte zu ersparen. Bei Interpretation der ∆ppm-Werte zwischen Homo- und Heterodisulfid ist eine Vielzahl von ent- und abschirmenden Effekten in Betracht zu ziehen, verursacht durch Shaltige funktionelle Gruppen an beiden Enden der Ethylenbrücke. Sulfonat-Gruppen führen aufgrund ihrer Elektronegativität relativ zu Thiolat-Resten zu einer Entschirmung am α-C-Atom, aufgrund vergrößertem Bindungswinkel und damit sterischer Kompression relativ zu Sulfinat-Gruppen jedoch zu einer Abschirmung an genannter Stelle. Ferner werden abschirmende Effekte über Thioether- und auch Disulfid-Brükken übertragen, wie im vorliegenden Fall die Methylsulfanyl-Gruppierung das β-CAtom wesentlich stärker ins Hochfeld verschiebt als ein CoM-Rest mit längerer Alkylkette, aber dafür terminaler Sulfonat-Gruppe (vgl. Freeman and Angeletakis, 1983: 86, 90 f.). Zum Schutz aktiver MCRred1 vor Oxidation, zur Rekonversion von MCRox1 zu MCRred1 und für den Elektronentransfer von Co(II)Hydroxocobalamin zum Coenzym-B-Homodisulfid wird in den Enzympräparationen 25 mM Ti(III)citrat eingesetzt, welches allerdings auch CoM−S−S−CH3 sofort reduktiv spalten würde. Somit muß man die Ansätze für diese Testreihe derart gestalten, daß auch bei höherem Redoxpotential noch eine hinreichende Enzymaktivität für die nachfolgenden EPR-Analysen garantiert ist. III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat 4 221 Experimenteller Teil 0,5 mmol (82.1 mg) Natrium-2-thioethansulfonat wurden gelöst in einer Mischung von 1 mL MeOH (über Mg destilliert), 300 µL H2O und 5 mmol (472 µL) Methanthiosulfonsäure-S-methylester und in eine zylindrische Glasampulle (Innenmaße: 150 mm × 8 mm) mit Young-Teflonhahn gefüllt. Nach dreimaligem Einfrieren bei −196 °C und Entgasen bei ≤ 0.5 Torr erfolgte der Umsatz unter Rühren für 3 h bei 50 °C im Wasserbad. Man entfernte den Großteil des MeOH-H2O-Gemisches am Rotationsverdampfer und wusch den weißen Rückstand in einer Glasfritte (G2) mit 2-Propanol, bis der Geruch nach MMTS verschwunden war. Nach Aufnehmen mit reinem MeOH und Einrotieren im Spitzkolben wurde das Substanzgemisch aus ca. 90 Mol% CoM−S−S−CH3 und 10 Mol% CoM−S−S−CoM in H2O gelöst (55 mg mL−1; 238 mM) und mittels HPLC über Hypercarb® 5 µm + Vorsäule aufgetrennt. Injektionsvolumen: 20 µL; mobile Phase A: HClO4 in H2O (pH 1.0); mobile Phase B: Acetonitril; Flußrate: 1 mL min−1; Gradient: 0 % B → 90 % B in 90 min; tR (CoM−S−S−CH3) ≈ 25 min; tR (CoM−S−S−CoM) ≈ 30 min; Detektion bei 250 nm (vgl. Pretsch et al., 2009: 402, 418). Die stark sauren Eluate engte man großenteils am Rotationsverdampfer ein, fällte und wusch die Reinkomponenten mit Aceton und trocknete diese an der Vakuumlinie (Ausbeute: 85 % (w/w)). Substanzdaten: Schmelzpunkt > 200 °C (Zersetzung). 1H-NMR (300 MHz, D2O): δ(H2C1) 3.29, m; δ(H2C2) 3.06, m; δ(CH3S−) 2.45, s. 13C-NMR (75 MHz, D2O): δ(C-1) 53.28; δ(C-2) 32.82; δ(CH3S−) 24.93. Alle Verschiebungswerte beziehen sich auf die Signale von Dioxan (δ (1H) = 3.75; δ (13C) = 69.30) mit δ in ppm (vgl. Pretsch et al., 2009: 203). HiResESI-ICR-MS in MeOH:H2O [50:50], negativer Modus: m/z 186.9563 (65.3 %), 140.9486 (8.1 %), 138.9529 (100 %). Labormaterial − Chemikalien: Aceton (ACS; Fluka) ♦ Acetonitril (HPLC Gradient Grade; Lab-Scan) ♦ Amberlite IR-120 H+-Form (16-45 mesh; Fluka) ♦ Ammoniaklösung 25 % (zur Analyse; Merck) ♦ Deuteriumoxid (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals) ♦ Dichlormethan (HPLC Grade; Fisher Scientific) ♦ Dimethyldisulfid (pract. ≥ 98 % (GC); Fluka) ♦ ♦ 1,4-Dioxan (puriss., H2O ≤ 0.01 %, ≥ 99.5 % (GC); Fluka) III Synthese von 2-Methyldisulfanylethansulfonat ♦ 222 Hexadecyltrimethylammoniumhydroxid 10 % in H2O (p. a.; TCI) Iod (purum p. a.; Fluka) ♦ Magnesium (purum) ♦ 2-Mercaptoethansulfonsäure Natriumsalz (BioChemika, ≥ 98 % (RT); Fluka) ♦ Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific) ♦ Methanthiol (purum; Fluka) ♦ Methanthiosulfonsäure-S-methylester (purum, ≥ 98.0 % (GC); Fluka) ♦ Natriumiodid (puriss. p. a.; Fluka) ♦ Natriummethoxid-Lösung 0.5 M in Methanol (ACS Reagenz; Fluka) ♦ Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën) ♦ 2-Propanol (‘Baker Analyzed‘; Baker) ♦ Pyridin (ACS; Baker) ♦ Wasser NANOpure (R > 18 MΩ; SKAN / Barnstead) ♦ Labormaterial − Geräte: ♦ ♦ ♦ Evakuieren: Drehschieberpumpe 2012A (CIT-Alcatel) 1 H-/13C-NMR: ARX300 (300 / 75 MHz; Bruker) HiResESI-ICR-MS: WATERS Zspray ESI-Quelle mit Varian 4.7 T FT-ICR-MS; Proben in Schraubdeckelgefäßen (Weißglas, 2 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO) ♦ HPLC-Anlage: Entgasungseinheit (Knauer) + Gradientenmischer FCV-10AL (Shimadzu) + Gradientenpumpe LC-10AD (Shimadzu) + Hochdruckmischkammer (Knauer) + Injektionsventil (Rheodyne) + Edelstahl-Loop (20 µL) + UV/VIS-Absorptions-Detektor 757 (Applied Biosystems) + Integrator D-7500 (Merck Hitachi); Probeninjektion mit Kunststoffspritze (2 mL; ONCE®) + Nadel (22/51/pst3/tapN) (Hamilton) ♦ HPLC-Säule: Hypercarb® 5 µm (100 mm × 4.6 mm; Thermo ELECTRON CORPORATION) ♦ NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass) ♦ Schmelzpunktapparatur 510 nach Thiele (Büchi): 20 °C → 300 °C mit 1 °C min−1 ♦ Trocknen: Drehschieber-Vakuumpumpe RZ 5 (Vacuubrand) + Druckanzeige PIRANI 12 (Edwards) 223 B Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 1 Grundlagen und Methodik 1.1 Biochemische Eigenschaften von Coenzym M Die systematisch als 2-Thioethansulfonsäure benannte Verbindung Coenzym M spielt als kleinstes in der Natur bekanntes Coenzym mit Alkylkette eine Schlüsselrolle bei der Methanogenese durch anaerobe Archaea (vgl. Thauer, 1998) und bei der Alken-Oxidation durch Gram-negative wie Gram-positive Bacteria (vgl. Allen et al., 1999). Medizinisch wird das entsprechende Na-Salz (Mesna) als Mukolytikum eingesetzt und dient ferner zur Prophylaxe von hämorrhagischen Cystitiden im Zuge von Chemotherapien mit Oxazaphosphorinen (vgl. Bruchhausen et al., 1993: 891). Während die Biosynthese von Coenzym M mit der Sulfitierung von Phosphoenolpyruvat startet (vgl. Graham et al., 2002), beginnt die Synthese im Labor mit 2-Bromethansulfonat und Thioharnstoff in ammoniakalischer Lösung (vgl. Bruchhausen, 1993: 890). Bei Raumtemperatur zersetzt sich die viskose 2-Sulfanylethansulfonsäure autoprotolytisch unter H2S-Freisetzung und kommt daher als stabiles Natrium- oder Ammoniumsalz in den Handel (vgl. Schramm, 1955: 6233). 1.2 Kristallisationstechniken Für die Röntgenstrukturanalyse benötigt man qualitativ möglichst hochwertige Einkristalle, deren Größe in zumindest zwei von drei Dimensionen optimal bei 0.2-0.4 mm liegt. Folgende Kriterien spielen dabei eine Schlüsselrolle (vgl. Boyle, 2007): ♦ Lösungsmittel: Die Wahl sollte auf Solventien oder Gemische aus denselben fallen, in denen die jeweilige Substanz nur mäßig löslich ist. Zu hohes Lösungsvermögen und insbesondere übersättigte Lösungen führen zu unterdimensionierten Kristallen. III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat ♦ 224 Kristallisationskeime: Umso weniger davon vorhanden sind, umso größer fallen die Einzelkristalle aus und liegen somit häufiger in den gewünschten Dimensionen. Folglich müssen Staub und andere externe Verunreinigungen aus dem Kristallisationsansatz möglichst ferngehalten werden. ♦ Mechanische Einflüsse: Kristallisationsansätze sind möglichst erschütterungsfrei aufzubewahren und mindestens mit einwöchigem Abstand zu kontrollieren. ♦ Zeit: Das Wachstum geeigneter Kristalle erfordert Wochen bis Monate, so daß idealerweise mehrere Parallelansätze gleichzeitig gestartet werden. Die im Folgenden beschriebenen Kristallisationstechniken bieten nur einen groben Überblick und müssen anhand der jeweiligen Substanzeigenschaften (luftempfindlich, feuchtigkeitsempfindlich, hygroskopisch etc.) modifiziert werden, wobei eine Vorreinigung über Umkristallisieren sehr zu empfehlen ist (vgl. Boyle, 2007): ♦ Langsames Verdunsten: Gesättigte oder nahezu gesättigte Lösungen; im Fall von binären oder ternären Gemischen nur möglich, sofern die Substanz in der flüchtigeren Komponente besser löslich ist. ♦ Langsames Abkühlen: Geeignet für wenig lösliche Substanzen in Solventien, welche unterhalb von 100 °C sieden; Durchführung üblicherweise in Dewar-Gefäßen oder Thermostaten. ♦ Dampfdiffusion: Anwendung vor allem für geringe Mengen von Probenmaterial; die Substanz wird in Solvens A gelöst und dem Dampf des flüchtigeren Solvens B mit geringerem Lösungsvermögen ausgesetzt. ♦ Lösungsmittel-Diffusion: Vor allem für luft- und feuchtigkeitsempfindliche Substanzen in Milligramm-Mengen; Substanz wird in Solvens A gelöst und in einem schmalen, zylindrischen Gefäß mit einem spezifisch leichteren Solvens B überschichtet, worin die Substanz nicht oder kaum löslich ist. ♦ Reaktanden-Diffusion: Lösungen mit Edukten diffundieren ineinander; das unlösliche Produkt kristallisiert im Bereich der Mischungszone. ♦ Sublimation: Für flüchtige, luftempfindliche Substanzen; größere Kristalle wachsen unter Vakuum bei erhöhter Temperatur auf Kosten kleinerer. ♦ Konvektion: Lokales Erhitzen und/oder lokales Kühlen seitlich diametral am Kristallisationsgefäß bewirken Auflösung der Substanz in der Wärme und entsprechend III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 225 Ausscheidung/Kristallisation bei verringerter Temperatur; der Gradient darf nicht zu groß sein, da eine zu rasche Konvektion das Kristallwachstum inhibiert. ♦ Co-Kristallisation: Beispielsweise Triphenylphosphinoxid als geeignetes Reagenz für organische Säuren; Durchführung analog zu „Langsamem Verdunsten“. ♦ Gegenionen: Metathetischer Austausch vorhandener Gegenionen gegen entsprechende inerte Spezies, deren Ionenradius demjenigen der interessierenden Substanz näherkommt; sterisch anspruchsvolle, konformationell flexible Ionen (z. B. Tetrabutylammonium) sind zu vermeiden. ♦ Ionisierung neutraler Moleküle: Protonierung oder Deprotonierung von funktionellen Gruppen, welche im Neutralbereich ungeladen sind; entstehende Wasserstoffbrükken können die Kristallisationseigenschaften verbessern. III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 2 226 Ergebnisse Gibt man Ethanol zu einer stark sauren, wäßrigen Lösung von Natrium-2-thioethansulfonat nach Na+/H+-Austausch, so scheidet sich eine weiße, kristalline Masse ab. Die Mikroelementaranalyse des im Vakuum getrockneten Rückstands auf der Basis der Summenformel (C2H8O4S2) für die hydratisierte Säure (HS−CoM−H3O+) ergab massive Unterbestimmungen für C (1.49 %) und H (1.69 %). Zudem waren im 1H- und 13C-NMRSpektrum des Präzipitates in D2O keine organischen Verunreinigungen zu erkennen. Dessen Analyse mittels LA-ICP-SF-Massenspektrometrie wiederum zeigte klar die Anwesenheit von Natrium in hyperstöchiometrischen Mengen: (Na-23)/(S-32) = 1.34 (RSD: 8.5 %; n = 9) (vgl. Günther and Hattendorf, 2005; Latkoczy and Günther, 2002). Auf der Basis dieser Resultate wurde eine dreimolare Lösung von Natrium-2-sulfanylethansulfonat in H2O nach unvollständigem Na+/H+-Austausch über Amberlite IR120 in einer gasdichten Vorrichtung mit Ethanoldampf in Kontakt gebracht. Die Anwendung dieser Dampfdiffusions-Methode war erfolgreich und lieferte nach ca. 10 Tagen an der Oberfläche der wäßrigen Lösung zwei Sorten von Kristallen, Nadeln und dünne Plättchen, von denen Erstere ausreichende Beugungseigenschaften aufwiesen. Einen Überblick zur berechneten Molekülstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat als Monohydrat bietet Abbildung III-2 a, b. Im Ausschnitt sind dabei sechs O-Atome in Form eines verzerrten Oktaeders um ein Na-Atom angeordnet, und zwar in Abständen von 2.312-2.517 Å (siehe Abb. III-2 c). Genauer betrachtet besteht die Koordinationssphäre eines Na-Ions aus zwei O-Atomen einer Sulfonat-Gruppe sowie je einem O-Atom aus drei weiteren −SO3−-Gruppen zuzüglich eines Wasser-O-Atoms (siehe Abb. III-2 c). Dies führt zur Ausbildung von Na−O−Na-Schichten parallel zur Ebene (100) im Kristall (siehe Abb. III-2 d) (vgl. Mayr et al., 2008b). Die Molekülstruktur der unhydratisierten Form von Natrium-2-sulfanylethansulfonat zeit eine ähnliche sechsfache Koordination des Na-Atoms, mit Ersatz des Wasser-OAtoms durch einen Sulfonat-Sauerstoff (vgl. Bambagiotti-Alberti et al., 2007). Auffälligerweise sind die beiden terminalen Schwefel-Atome hier synclinal angeordnet, in der von uns untersuchten hydratisierten Spezies hingegen antiperiplanar. In den Tabellen III-1, III-2 und III-3 a-c sind die fraktionalen Atomkoordinaten, atomaren Verschiebungsparameter und geometrischen Parameter aufgeführt. Bei Verfeinerung der Röntgenstruktur wurden die Positionen der H-Atome in den Methylen- III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 227 a b Abb. III-2. Molekülstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat. – a) Elementarzelle; b) Kristallverbund. Gruppierungen für einen festen Abstand von 1.08 Å berechnet, die H-Atome des H2OMoleküls und der Sulfanyl-Gruppe hingegen aus einer Differenzkarte entnommen und anhand der aufgefundenen Positionen in die Verfeinerung integriert. III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 228 c d Abb. III-2. Molekülstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat. – c) Verschiebungsellipsoide (50 % Wahrscheinlichkeit) mit Koordinationssphäre des Na (ohne H-Atome); d) Kristall längs der Diagonale der a-b-Achse mit Schichtaufbau der Na–O-Cluster (Symmetrieoperationen: a = x, −1+y, z; b = x, 1+y, z; c = 1/2−x, −1/2+y, −1/2+z; d = 1/2−x, −1/2+y, 1/2+z; e = 1/2−x, 1/2+y, −1/2+z; f = 1/2−x, 1/2+y, 1/2+z). III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 229 Tab. III-1. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Fraktionale Atomkoordinaten und isotropische oder äquivalent-isotropische Verschiebungsparameter (Å2). Atom x y z Uiso*/Ueq S3 H3 S4 Na9 O5 O6 O7 H1 H2 O8 C1 H1A H1B C2 H2A H2B −0.00830 (4) −0.0154 0.17410 (3) 0.26442 (4) 0.19813 (10) 0.18238 (8) 0.33586 (10) 0.3259 0.3374 0.19475 (10) 0.06798 (17) 0.0756 0.0846 0.09943 (14) 0.0829 0.0920 0.7465 (2) 0.8542 0.75424 (11) 0.3309 (2) 0.6264 (6) 1.0402 (4) 0.6737 (5) 0.8098 0.7465 0.6245 (6) 0.8051 (9) 1.0166 0.7169 0.6946 (6) 0.7827 0.4830 0.8298 (4) 0.6813 0.66676 (19) 0.6658 (4) 0.4720 (5) 0.6710 (8) 0.6717 (8) 0.7595 0.5332 0.8649 (5) 0.8424 (9) 0.8509 0.9900 0.6517 (10) 0.5039 0.6431 0.0483 (4) 0.058* 0.0185 (2) 0.0238 (3) 0.0239 (7) 0.0286 (5) 0.0338 (5) 0.023 (11)* 0.047 (16)* 0.0257 (7) 0.0464 (11) 0.056* 0.056* 0.0279 (8) 0.033* 0.033* Tab. III-2. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Atomare Verschiebungsparameter (Å2). Atom S3 S4 Na9 O5 O6 O7 O8 C1 C2 U11 0.0235 (5) 0.0182 (4) 0.0267 (6) 0.0302 (16) 0.0325 (10) 0.0398 (13) 0.0301 (16) 0.0228 (17) 0.0182 (14) U22 0.0688 (8) 0.0178 (4) 0.0228 (6) 0.0223 (15) 0.0188 (10) 0.0345 (11) 0.0271 (17) 0.063 (3) 0.0364 (16) U33 0.0526 (8) 0.0194 (4) 0.0219 (6) 0.0191 (18) 0.0344 (12) 0.0271 (13) 0.0197 (18) 0.053 (3) 0.029 (2) U12 U13 −0.0031 (4) 0.0074 (6) −0.00146 (19) 0.0008 (4) 0.0034 (4) −0.0009 (9) −0.0013 (11) 0.0050 (14) −0.0029 (8) 0.0011 (17) 0.0012 (10) 0.004 (2) 0.0020 (12) −0.0011 (13) −0.0050 (17) 0.010 (2) −0.0033 (12) −0.001 (2) U23 0.0024 (6) 0.0002 (7) −0.0004 (10) −0.0031 (12) −0.003 (2) −0.005 (2) −0.0027 (14) −0.013 (3) −0.008 (2) III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 230 Tab. III-3 a. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Geometrische Parameter (Å, °). Symmetriecodes: (i) = −x+1/2, y−1/2, z+1/2; (ii) = −x+1/2, y−1/2, z−1/2; (iii) = x, y−1, z; (iv) = −x+1/2, y+1/2, z+1/2; (v) = −x+1/2, y+1/2, z−1/2; (vi) = x, y+1, z. S3—C1 S3—H3 S4—O6 S4—O8 S4—O5 S4—C2 S4—Na9 Na9—O5i Na9—O8ii Na9—O7 Na9—O6iii Na9—O5 Na9—O8 Na9—Na9iv C1—S3—H3 O6—S4—O8 O6—S4—O5 O8—S4—O5 O6—S4—C2 O8—S4—C2 O5—S4—C2 O6—S4—Na9 O8—S4—Na9 O5—S4—Na9 C2—S4—Na9 O5i—Na9—O8ii O5i—Na9—O7 O8ii—Na9—O7 O5i—Na9—O6iii O8ii—Na9—O6iii O7—Na9—O6iii O5i—Na9—O5 O8ii—Na9—O5 O7—Na9—O5 O6iii—Na9—O5 O5i—Na9—O8 O8ii—Na9—O8 O7—Na9—O8 O6iii—Na9—O8 O5—Na9—O8 O5i—Na9—S4 O8ii—Na9—S4 O7—Na9—S4 O6iii—Na9—S4 O5—Na9—S4 O8—Na9—S4 O5i—Na9—Na9iv 1.813 (4) 1.0714 1.4522 (19) 1.460 (4) 1.468 (3) 1.778 (3) 3.0028 (13) 2.312 (4) 2.322 (4) 2.404 (3) 2.416 (2) 2.456 (3) 2.517 (3) 4.0207 (5) 96.1 112.6 (2) 113.4 (2) 110.64 (11) 107.43 (13) 107.1 (2) 105.2 (2) 127.52 (9) 56.70 (12) 54.35 (12) 125.01 (11) 106.77 (8) 92.45 (14) 92.65 (14) 91.25 (13) 93.87 (12) 171.25 (9) 154.34 (14) 98.49 (14) 90.75 (11) 82.52 (10) 96.56 (14) 156.12 (14) 91.32 (12) 80.38 (10) 57.90 (7) 125.55 (10) 127.54 (10) 88.94 (7) 82.46 (6) 29.05 (8) 29.01 (8) 74.00 (8) Na9—Na9i Na9—Na9ii Na9—Na9v O5—Na9v O6—Na9vi O7—H1 O7—H2 O8—Na9iv C1—C2 C1—H1A C1—H1B C2—H2A C2—H2B 4.0207 (5) 4.0207 (5) 4.0207 (5) 2.312 (4) 2.416 (2) 0.9012 0.9247 2.322 (4) 1.489 (6) 1.0800 1.0800 1.0800 1.0800 O8—Na9—Na9i S4—Na9—Na9i Na9iv—Na9—Na9i O5i—Na9—Na9ii O8ii—Na9—Na9ii O7—Na9—Na9ii O6iii—Na9—Na9ii O5—Na9—Na9ii O8—Na9—Na9ii S4—Na9—Na9ii Na9iv—Na9—Na9ii Na9i—Na9—Na9ii O5i—Na9—Na9v O8ii—Na9—Na9v O7—Na9—Na9v O6iii—Na9—Na9v O5—Na9—Na9v O8—Na9—Na9v S4—Na9—Na9v Na9iv—Na9—Na9v Na9i—Na9—Na9v Na9ii—Na9—Na9v S4—O5—Na9v S4—O5—Na9 Na9v—O5—Na9 S4—O6—Na9vi Na9—O7—H1 Na9—O7—H2 H1—O7—H2 S4—O8—Na9iv S4—O8—Na9 Na9iv—O8—Na9 C2—C1—S3 83.64 (8) 108.91 (6) 77.477 (11) 113.78 (8) 35.38 (7) 125.28 (13) 59.83 (11) 84.52 (8) 128.86 (8) 109.09 (5) 160.65 (6) 99.226 (14) 163.76 (8) 75.20 (9) 71.31 (12) 104.78 (10) 31.43 (7) 83.84 (8) 55.88 (5) 99.226 (14) 160.65 (6) 77.476 (11) 127.60 (18) 96.60 (16) 114.93 (10) 134.91 (12) 112.0 107.3 104.9 126.59 (19) 94.29 (16) 112.33 (10) 113.2 (3) III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 231 Tab. III-3 b. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Geometrische Parameter (Å, °). Symmetriecodes: (i) = −x+1/2, y−1/2, z+1/2; (ii) = −x+1/2, y−1/2, z−1/2; (iii) = x, y−1, z; (iv) = −x+1/2, y+1/2, z+1/2; (v) = −x+1/2, y+1/2, z−1/2; (vi) = x, y+1, z. O8ii—Na9—Na9iv O7—Na9—Na9iv O6iii—Na9—Na9iv O5—Na9—Na9iv O8—Na9—Na9iv S4—Na9—Na9iv O5i—Na9—Na9i O8ii—Na9—Na9i O7—Na9—Na9i O6iii—Na9—Na9i O5—Na9—Na9i O6—S4—Na9—O5i O8—S4—Na9—O5i O5—S4—Na9—O5i C2—S4—Na9—O5i O6—S4—Na9—O8ii O8—S4—Na9—O8ii O5—S4—Na9—O8ii C2—S4—Na9—O8ii O6—S4—Na9—O7 O8—S4—Na9—O7 O5—S4—Na9—O7 C2—S4—Na9—O7 O6—S4—Na9—O6iii O8—S4—Na9—O6iii O5—S4—Na9—O6iii C2—S4—Na9—O6iii O6—S4—Na9—O5 O8—S4—Na9—O5 C2—S4—Na9—O5 O6—S4—Na9—O8 O5—S4—Na9—O8 C2—S4—Na9—O8 O6—S4—Na9—Na9iv O8—S4—Na9—Na9iv O5—S4—Na9—Na9iv C2—S4—Na9—Na9iv O6—S4—Na9—Na9i O8—S4—Na9—Na9i O5—S4—Na9—Na9i C2—S4—Na9—Na9i O6—S4—Na9—Na9ii O8—S4—Na9—Na9ii O5—S4—Na9—Na9ii C2—S4—Na9—Na9ii 162.52 (8) 69.91 (11) 103.59 (10) 83.28 (8) 32.29 (7) 55.67 (5) 33.64 (7) 113.20 (9) 123.68 (13) 58.49 (11) 129.85 (9) 91.9 (3) −2.37 (19) −174.30 (19) −90.6 (3) −92.9 (3) 172.8 (2) 0.92 (18) 84.6 (3) −0.3 (3) −94.6 (2) 93.4 (2) 177.2 (2) 178.0 (4) 83.75 (18) −88.17 (17) −4.5 (3) −93.8 (3) 171.92 (14) 83.7 (3) 94.3 (3) −171.92 (14) −88.2 (3) 65.9 (3) −28.43 (14) 159.65 (14) −116.6 (2) 125.1 (3) 30.82 (14) −141.11 (14) −57.4 (2) −127.6 (3) 138.14 (14) −33.78 (14) 49.9 (2) C2—C1—H1A S3—C1—H1A C2—C1—H1B S3—C1—H1B H1A—C1—H1B C1—C2—S4 C1—C2—H2A S4—C2—H2A C1—C2—H2B S4—C2—H2B H2A—C2—H2B O8—Na9—O5—S4 Na9iv—Na9—O5—S4 Na9i—Na9—O5—S4 Na9ii—Na9—O5—S4 Na9v—Na9—O5—S4 O5i—Na9—O5—Na9v O8ii—Na9—O5—Na9v O7—Na9—O5—Na9v O6iii—Na9—O5—Na9v O8—Na9—O5—Na9v S4—Na9—O5—Na9v Na9iv—Na9—O5—Na9v Na9i—Na9—O5—Na9v Na9ii—Na9—O5—Na9v O8—S4—O6—Na9vi O5—S4—O6—Na9vi C2—S4—O6—Na9vi Na9—S4—O6—Na9vi O6—S4—O8—Na9iv O5—S4—O8—Na9iv C2—S4—O8—Na9iv Na9—S4—O8—Na9iv O6—S4—O8—Na9 O5—S4—O8—Na9 C2—S4—O8—Na9 O5i—Na9—O8—S4 O8ii—Na9—O8—S4 O7—Na9—O8—S4 O6iii—Na9—O8—S4 O5—Na9—O8—S4 Na9iv—Na9—O8—S4 Na9i—Na9—O8—S4 Na9ii—Na9—O8—S4 Na9v—Na9—O8—S4 108.9 108.9 108.9 108.9 107.8 112.5 (3) 109.1 109.1 109.1 109.1 107.8 4.61 (8) −16.81 (12) 50.69 (17) 148.14 (13) −137.0 (2) 147.7 (2) −42.28 (14) 50.50 (18) −135.11 (15) 141.6 (2) 137.0 (2) 120.17 (13) −172.34 (6) −74.88 (13) 67.2 (4) −59.3 (4) −175.1 (4) 2.7 (5) 1.0 (3) 129.03 (19) −116.9 (2) 122.0 (2) −121.06 (16) 7.01 (12) 121.08 (15) 178.06 (16) −14.1 (4) 85.44 (17) −91.78 (16) −4.62 (8) 132.6 (2) −150.81 (13) −54.07 (17) 14.40 (12) III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 232 Tab. III-3 c. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Geometrische Parameter (Å, °). Symmetriecodes: (i) = −x+1/2, y−1/2, z+1/2; (ii) = −x+1/2, y−1/2, z−1/2; (iii) = x, y−1, z; (iv) = −x+1/2, y+1/2, z+1/2; (v) = −x+1/2, y+1/2, z−1/2; (vi) = x, y+1, z. O6—S4—Na9—Na9v O8—S4—Na9—Na9v O5—S4—Na9—Na9v C2—S4—Na9—Na9v O6—S4—O5—Na9v O8—S4—O5—Na9v C2—S4—O5—Na9v Na9—S4—O5—Na9v O6—S4—O5—Na9 O8—S4—O5—Na9 C2—S4—O5—Na9 O5i—Na9—O5—S4 O8ii—Na9—O5—S4 O7—Na9—O5—S4 O6iii—Na9—O5—S4 −68.3 (3) −162.63 (14) 25.45 (14) 109.2 (2) −8.3 (3) −135.9 (2) 108.8 (2) −128.7 (2) 120.40 (17) −7.21 (12) −122.50 (16) 10.8 (4) −179.26 (15) −86.47 (18) 87.92 (15) O5i—Na9—O8—Na9iv O8ii—Na9—O8—Na9iv O7—Na9—O8—Na9iv O6iii—Na9—O8—Na9iv O5—Na9—O8—Na9iv S4—Na9—O8—Na9iv Na9i—Na9—O8—Na9iv Na9ii—Na9—O8—Na9iv Na9v—Na9—O8—Na9iv S3—C1—C2—S4 O6—S4—C2—C1 O8—S4—C2—C1 O5—S4—C2—C1 Na9—S4—C2—C1 45.45 (13) −146.7 (2) −47.17 (17) 135.61 (15) −137.2 (2) −132.6 (2) 76.58 (13) 173.32 (6) −118.21 (13) 179.9 (2) −60.6 (4) 60.6 (4) 178.3 (3) 121.5 (3) III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 3 233 Diskussion und Ausblick Wie in Kapitel III B 2 erwähnt, wurden neben den untersuchten Kristallnadeln auch dünne Plättchen entdeckt, deren Abmessungen jedoch für eine Röntgenstrukturanalyse nicht ausreichten. Somit liegt nahe, unter Variation der experimentellen Bedingungen (Alkohole, Temperatur, pH-Wert) oder gänzlich durch Anwendung anderer Kristallisationstechniken (siehe Abschnitt III B 1.2) dickere Einkristalle zu züchten. Obgleich die Röntgenstruktur verschiedener Redoxzustände von MCR I inklusive Edukten und Produkten bekannt ist (siehe Kapitel II 1.1), wäre es zweifellos von Interesse, auch entsprechende Kristallisationsansätze für Methyl-CoM, CoB, CoB-Homodisulfid sowie CoM-CoB-Heterodisulfid zu entwerfen. III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 4 234 Experimenteller Teil Eine Lösung von 2-Thioethansulfonsäure/Natrium-2-thioethansulfonat in 1 mL H2O (3 M) wurde in einen Spitzkolben (V: 5 mL) überführt und über eine gasdichte Glasbrücke mit einem Spitzkolben gleicher Größe verbunden, Letzterer gefüllt mit 3 mL reinem EtOH. Mittels Vakuumpumpe reduzierte man den Druck in der Apparatur auf ≈ 30 mbar, bis sich der Ethanol stark abkühlte, und ließ den Kristallisationsansatz über ca. 10 Tage bei Raumtemperatur stehen, bis am oberen Rand der wäßrigen Lösung Kristalle erschienen. Nach Abziehen der Flüssigphase wurden die Kristallnadeln entnommen und für die Diffraktionsmessung vorbereitet, deren technische Details aus Tabelle III-4 ersichtlich sind. Labormaterial − Chemikalien: ♦ Amberlite IR-120 H+-Form (16-45 mesh; Fluka) ♦ Deuteriumoxid (99.8 Atom% D; ARMAR Chemicals) ♦ Ethanol absolut (Analytical Grade, ACS; Scharlau) ♦ 2-Mercaptoethansulfonsäure-Lösung 3 M in Wasser (BioChemica; Fluka) Labormaterial − Geräte: ♦ ♦ Evakuieren: Membranpumpe Vac® V-500 (Büchi) + Vacuum Controller V-799 (Büchi) 1 H-/13C-NMR: ARX300 (300 / 75 MHz; Bruker) ♦ Diffraktometer + Programme zur Datenauswertung siehe Tab. III-4 ♦ LA-ICP-SF-MS: Excimer-Laser-Ablations-System (GeoLasM; Coherent Lambda Physics) + Sektorfeld-ICP-MS (Thermo Fisher) + Standard (NIST SRM 610 / Scapolith R1) ♦ Mikroelementaranalyse: Verbrennung + Bestimmung von CO2 und H2O IR-spektroskopisch (LECO) ♦ NMR-Röhrchen (5 mm × 200 mm, 507-PP; Wilmad Lab Glass) III Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat 235 Tab. III-4. Kristallstruktur von Natrium-2-sulfanylethansulfonat-Monohydrat: Technische Details der Diffraktionsmessung. Kristallparameter C2H5O3S2 •Na+•H2O Mr = 182.19 Kristallsystem: orthorhombisch, Pna21 Raumgruppe: Hall-Symbol P 2c-2n Zellendimensionen: a = 23.4301 (8) Å b = 5.0324 (2) Å c = 6.1254 (2) Å D = 90.00° E = 90.00° J = 90.00° Zellenvolumen: V = 722.24 (4) Å3 Formeleinheiten pro Zelle: Z = 4 F000 = 376.0 Dichte: Dx = 1.676 Mg m3 Schmelzpunkt: 473 K Mo KD Strahlung: O = 0.71073 Å Zellenparameter: aus 5975 Reflexen Beugungsbereich für gemessene Reflexe: T = 2.3-27.5° Absorptionskoeffizient: P = 0.74 mm1 Messtemperatur: T = 223 K Messobjekt: Plättchen, farblos 0.26 mm u 0.2 mm u 0.01 mm Datensammlung KappaCCD Diffraktometer T = 223 K CCD Scans Absorptionskorrektur: keine 1647 gemessene Reflexe 1534 unabhängige Reflexe 1263 Reflexe mit I > 2V(I) Rint = 0.065 Tmax = 27.5° Tmin = 3.4° h = 29 o30 k = 6 o6 l = 7 o7 Verfeinerung Verfeinerung auf F2 Matrix kleinster Fehlerquadrate: vollständig R[F2 > 2V(F2)] = 0.038 wR(F2) = 0.131 S = 0.95 1534 Reflexe 88 Parameter 1 Schwerpunkt Primäre Atom-Positionsbestimmung: Struktur-invariante, direkte Methoden Sekundäre Atom-Positionsbestimmung: Fourier-Differenzschema Verknüpfung: w = 1/[V2(F02) + (0.1P)2] mit P = (F02 + 2Fc2)/3 ('/V)max < 0.001 'Umax = 0.25 e Å3 'Umin = 0.37 e Å3 Extinktionskorrektur: keine Absolute Struktur: vgl. Flack, 1983: 876881 Flack-Parameter: 0.13 (18) Auswertung Datensammlung: KappaCCD Zellenverfeinerung: HKL SCALEPACK (vgl. Otwinowski and Minor, 1997: 307-326) Datenreduktion: DENZO und SCALEPACK (vgl. Otwinowski and Minor, 1997: 307-326) Programm zur Strukturaufklärung: SIR97 (vgl. Altomare et al., 1999: 115-119) Programm zur Strukturverfeinerung: SHELXL97 (vgl. Sheldrick, 1997) Molekülgraphiken: PLATON (vgl. Spek, 2003: 7-13) Publikationssoftware: maXus (vgl. Mackay et al., 1999: 7-13) 236 C Versuche zur De-/Transmetallierung von F430Pentamethylester 1 Grundlagen und Methodik 1.1 Dekomplexierung von makrozyklischen Tetrapyrrolen Im Gegensatz zu den Übergangsmetall-Porphyrinoiden wie Häm (FeII), Vitamin B12 (CoIII), Sirohäm (FeII) und Cofaktor F430 (NiII) kann in den Chlorophyllen das zentrale MgII relativ leicht durch Cu2+, Ni2+, (V=O)2+ oder Zn2+ ersetzt werden, so daß diese im Spurenelementbereich essentiellen Schwermetalle bei höheren Konzentrationen auf pflanzliche und sonstige photosynthetisch aktive Organismen stark toxisch wirken. Dabei stehen vor allem eine gestörte Übertragung von Resonanzenergie zu den Reaktionszentren in den Thylakoiden sowie eine verringerte Toleranz gegenüber SingulettSauerstoff im Vordergrund. Acidophile phototrophe Bakterien der Gattung Acidiphilium, welche in stark saurem Milieu (pH ≈ 1.5) und unter hohen Schwermetall-Belastungen wachsen, verfügen über photosynthetisch aktives Zn-Bakteriochlorophyll a in merklichen Mengen. Obwohl dessen photosynthetische Quantenausbeute gemessen an Mg-Bakteriochlorophyllen um etwa 75 % reduziert ist, stattet dieses Zn-Derivat die genannten Bakterien mit einer extremen Toleranz gegenüber Cd2+, Cu2+ und Ni2+ aus. Auch über Lanthanoid-Chlorophylle in Farnen und höheren Pflanzen wurde berichtet, wenngleich die In-vivo-Funktion dieser exotischen Derivate zur Zeit noch unklar erscheint (vgl. Küpper et al., 2006: 68-72). Natürlich auftretende, Ni-haltige Chlorophyll-Derivate kennt man in Form der Tunichlorine, welche aus marinen Organismen isoliert wurden (siehe Kapitel I 1.2.1), während Cofaktor F430 aus methanogenen Archaea ein Ni-Corphinoid darstellt (siehe Kapitel I 1.2.2). Wahrscheinlich leitet sich die Struktur des Tunichlorins von AlgenChlorophyllen ab, welche im tierischen Organismus einem teilweisen Abbau mit nachfolgender Transmetallierung unterliegen. Die Semisynthese von Demetallotunichlorinmethylester in konzentrierter Schwefelsäure mit anschließender Remetallierung zu III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 237 Methyl-Ni(II)- und Transmetallierung zu Methyl-Cu(II)Tunichlorin-methylester findet man in Bible et al. (1988), 4583. Besonders rasch erfolgt die Bildung von Schwermetall-Chlorophyllen in alkoholischer Lösung. Soweit gegenwärtig bekannt, können diese Spezies in vivo nur durch Degradation unschädlich gemacht werden, gefolgt von Neusynthese der physiologisch aktiven Mg-Chlorophylle (vgl. Küpper et al., 2006: 72-75). Eine Vielzahl von Studien behandelt die Demetallierung von Metalloporphyrinen im analytischen wie präparativen Maßstab. So kann Cu2+ aus Cu(II)Tetraphenylmesoporphyrin und Cu(II)Etioporphyrin I am besten mit Methansulfonsäure freigesetzt werden (vgl. Don and Yen, 1975). Zur Demetallierung von Fe(III)Porphyrinen setzt man vorzugsweise Fe(II) als Katalysator in HCl/HAc ein, wobei HCl dem Reduktionsprodukt Fe(II)Porphyrin schließlich Fe2+ entzieht (vgl. Espenson and Christensen, 1977). Die reduktive Demetallierung der Vanadylkomplexe von Tetraphenyl- sowie Octaethylporphyrin in Dichlormethan wird ermöglicht mittels homogener Katalyse durch RhCl(PPh3)3, Co2(CO)8 und RuHCl(CO)(PPh3)3 (vgl. De Bencosme and Labady, 1986). Ohne Katalysatoren hingegen verläuft die Hydrodemetallierung von Nickel- und Vanadyl-Octaethylporphyrinen bei 613-653 K und 9 MPa H2 (vgl. Xu et al., 2002). Hierbei startet nach Reduktion des Porphyrins zum Metallochlorin dessen Hydrogenolyse unter Ringfragmentierung und Metallfreisetzung. Auch sind umfassende Versuche unternommen worden, Übergangsmetall-Corphine und -Corrine ohne Zerstörung des Tetrapyrrol-Zyklus zu dekomplexieren (vgl. Fässler, 1985: 44 f., 87-89, 91-93). Lange Zeit führte der Zugang zu metallfreien Corphinen nur über acidolytisch leicht demetallierbare Zn(II)- oder Cd(II)-Komplexe. Inzwischen ist bekannt, daß Ni(II)tetrahydrocorphinperchlorate mit 1,3-Propandithiol in konzentrierter Salzsäure bei Raumtemperatur Ni2+ verlieren, während man für Ni(II)hexahydrocorphine nicht-oxidierende Chlorid-Komplexe benötigt, welche mit 1-Propanthiol wiederum in konzentrierter Salzsäure bei 65 °C die gewünschten Produkte liefern. Cobalt-freie Corrinoide aus phototrophen Bakterien sind bereits um 1965 isoliert worden. Allerdings war es lange Zeit unmöglich, sowohl bei biogenen als auch synthetischen Co(III)Corrinen das Zentralion ohne Fragmentierung des Ligandenzyklus zu entfernen, und zu metallfreien Corrinen führte der Weg nur über acidolytisch leicht dekomplexierbare Cd(II)-, Mg(II)- oder Zn(II)-Derivate. Interessanterweise können auch Co(III)Corrine mit 1,3-Propandithiol in konzentrierter HCl bei 65 °C demetalliert werden, wohingegen die Ni(II)Corrine hierbei kein Ni2+ freisetzen, da diese Versuchsbedingun- III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 238 gen nur die Reduktion von Co(III) zu Co(II), nicht aber von Ni(II) zu Ni(I) erlauben. Ferner liegt nahe, daß der im Vergleich zum Polyhydrocorphin-Ring zentral engere Koordinationsraum im Corrin-Tetrapyrrol-Gerüst für Ni(II) das bessere Ligandsystem darstellt (siehe Kapitel I 1.2.3). Im Zuge detaillierter Untersuchungen zur Biosynthese von Cofaktor F430 bestätigte sich die hohe Komplexbildungskonstante des Tetrahydrocorphin-Gerüstes für Ni(II), da selbst bei Inkubation in 6 N HCl kein Einbau von radioaktivem 63 Ni2+ (β−; 0.07 MeV; 100 a) zu verzeichnen war, ähnlich entsprechenden Versuchen mit Cobalt-Corrinoiden (vgl. Diekert et al., 1980). Für den Ersatz des zentralen Ni(II) (Koordinationszahl: 4; Koordinationsgeometrie: quadratisch-planar; Ionenradius: 0.49 Å) durch Metallionen derselben Oxidationsstufe und von ähnlichem Ionenradius kommen folgende Spezies in Frage: Co(II), Cu(II), Mg(II), Zn(II) (vgl. Lide, 2006: 12-11 f.; Kaim und Schwederski, 1991: 30). 1.2 Fällung und Komplexierung von Nickelionen Aufgrund der hohen Affinität tetrapyrrolischer Ligandsysteme für Übergangsmetall-Ionen müssen diese unmittelbar nach erfolgter Demetallierung durch geeignete Komplexbildner abgefangen werden, um eine Remetallierung des Porphyrinoids zu vermeiden. In bezug auf Ni2+ eignet sich unter anderem Dimethylglyoxim in alkoholischer beziehungsweise dessen Alkalisalz in wäßriger Lösung, wobei der rote Niederschlag noch in einer Verdünnung von 1:106 wahrgenommen wird. Aus ammoniakalischer Lösung fällt dieses Reagenz nur Fe2+, Ni2+, Pd2+, und Pt2+ aus. Das ausschließlich in Lösung mit H2O beständige Ammoniumsulfid scheidet vorzugsweise aus schwach alkalischer Lösung Ni2+ in Form von NiS, welches in nicht-oxidierenden starken Säuren praktisch unlöslich ist (vgl. Erdey, 1964: 393-404). Ethylendiamintetraacetat (EDTA), welches oftmals als in Wasser leicht lösliches Tetranatriumsalz zur Anwendung kommt, stellt eine vierbasige Säure dar (pKa1 = 2.00; pKa2 = 2.76; pKa3 = 6.16; pKa4 = 10.26) und bildet mit einer Vielzahl von Metallionen oktaedrische Komplexe, welche für viele Übergangsmetalle ausgesprochen tiefe Dissoziationskonstanten aufweisen, so beispielsweise 10−18.62 für Ni(II)EDTA2− (vgl. Pribil, 1961: 43-47). Überdies lassen sich EDTAMetall-Koordinationsverbindungen mit Methyltrioctylammonium als Gegenion quanti- III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 239 tativ unter Verwendung von Methylisobutylketon in die organische Phase überführen und somit aus der wäßrigen Lösung abtrennen (vgl. Rahn, 1983). 1.3 Neutronenaktivierung von Nickel-haltigen Verbindungen Der sogenannte Szilard-Chalmers-Effekt beschreibt einen Vorgang, in dessen Verlauf stabile Nuklide durch Neutroneneinfangs- beziehungsweise (n,γ)-Prozesse in Radionuklide umgewandelt werden, wobei ein Teil des freiwerdenden Energiebetrags als Rückstoßenergie das heiße Radionuklid-Atom aus dem Molekülverband löst und in Folge dessen chemische Abtrennung ermöglicht. Für die Praxis höchst relevant lassen sich auf diese Weise Radionuklide mit hoher spezifischer Aktivität gewinnen und andererseits durch den Rückstoß bedingte Substitutionsreaktionen zur Markierung von Verbindungen ausnützen (vgl. Deckwer et al., 2008). Die Wahrscheinlichkeit für diese Art von Kernreaktionen hängt stark vom Wirkungsquerschnitt des exponierten Nuklids ab. Der entsprechende Bereich für σn,γ erstreckt sich dabei zwischen 2 • 10−5 b (für 15N) und 2.65 • 106 b (für 135 Xe). Beispielsweise liefert 1 g Lithium als natürliches Isotopenge- misch mit 7.5 % 6Li (σn,γ = 940 b) bei Bestrahlung mit einem Neutronenfluß von 1015 cm−2 s−1 über 1 Jahr in einer 6Li(n,α)T-Reaktion 0.095 mg Tritium (≅ 34 GBq) (vgl. Keller, 1993: 111, 219). Elementarer Nickel stellt ein Gemisch aus 5 natürlichen Isotopen dar: 58Ni (68.27 %), 60 Ni (26.10 %), 61Ni (1.13 %), 62Ni (3.59 %), 64Ni (0.91 %). Daneben sind noch 7 künst- liche Isotope (56Ni, 57Ni, 59Ni (ε, β+; 7.5 • 104 a), 63Ni, 65Ni (β−; 2.1 MeV; 2.52 h), 66Ni, 67Ni) mit Halbwertszeiten zwischen 50 s und 80000 a bekannt (vgl. Deckwer et al., 2008; Pfennig et al., 1998). Bei Neutronenbestrahlung von Bis(dimethylglyoximato)-nickel(II) in wäßriger Suspension tritt 65Ni zu etwa 10 % als Ni2+ auf. Aus dem entsprechenden Ni(II)-Komplex mit 8-Hydroxychinolin, gelöst in Kohlenwasserstoffen, konnte 65 Ni mit einer Ausbeute von bis zu 80 % bei einem Anreicherungsfaktor von 105 in die wäßrige Phase überführt werden (vgl. Majer, 1982: 312). Bestrahlungsexperimente an Bis(acetylacetonato)ethylendiimin-nickel(II) zeigten klar, daß die 65Ni-Retention nicht von der Konzentration in Lösung abhängt, wohl aber im Medium durch Wasser und Ammoniak (Koordinierung von 65Ni) oder Co(II)-/Fe(II)-Salze (Absättigung freigewordener Liganden) merklich verringert wird (vgl. Tominaga and Tachikawa, 1981: 95 f.). Die Ein- III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 240 fangsquerschnitte sämtlicher oben angeführter Nickel-Isotope bezogen auf thermische Neutronen liegen im Bereich von 1.6 bis 77.7 b (vgl. Lide, 2006: 11-207), für das natürliche Isotopen-Gemisch bei 4.6 ± 0.1 b (vgl. Kapchigashev and Popov, 1963: 808 f.). Nähere Angaben zur primären und sekundären γ-Strahlung, um die Absorption thermischer Neutronen durch 58 Ni, 59 Ni und 60 Ni nachzuweisen, finden sich in Raman et al. (2004). Szilard-Chalmers-Reaktionen an Tetraphenylporphyrin-Komplexen von Co, Cu, Ni, Pd und Pt, jeweils acidolytisch aus dem Zn(II)-Derivat durch Transmetallierung synthetisiert, spiegeln anhand der erhaltenen Retentionswerte deutlich die Stabilität der M(II)-Chelate wider: Pt > Pd > Cu > Ni > Co > Zn. 65Ni weist dabei eine durchschnittliche Rückstoß-Energie von 210 eV auf, wobei Porphyrine neben Phthalocyaninen generell eine für organische Verbindungen hohe Strukturresistenz gegenüber Neutronenstrahlung zeigen (vgl. Rosenberg and Sugihara, 1965). Bei der Untersuchung von 64 Ni(n,γ)65Ni-Reaktionen an mehreren Ni(II)-Chelaten, unter anderem auch an Ni(II)Hä- matoporphyrin-dimethylester, ergaben sich primäre Retentionsraten von 4-7 % in Abhängigkeit von verwendetem Lösungsmittel, Bestrahlungszeit, Konzentration und der Anwesenheit weiterer Komplexbildner (vgl. Ndiokwere and Elias, 1973). III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 2 241 Ergebnisse Basierend auf den Ausführungen in Abschnitt III C 1.2 wurden Versuche unternommen, jeweils 0.5 millimolare Ansätze von Ni(II)F430 mit gesättigten wäßrigen Lösungen von Ammoniumsulfid, Dinatrium-dimethylglyoximat oder Tetranatrium-ethylendiaminotetraacetat unter Hochvakuum zu demetallieren. Entsprechende Experimente erfolgten auch für Ni(II)F430Me5 mit 2 M Cyclopentadienyl-Natrium in THF. Nach Aufarbeitung gelang es jedoch weder, die für den demetallierten Tetrahydrocorphin-Chromophor charakteristische gelbgrüne Fluoreszenz (vgl. Fässler, 1985: 45, 163) photometrisch nachzuweisen, noch im Massenspektrum die Signale für den metallfreien Makrozyklus (m/z 849) oder für Nickelocen (m/z 188) zu detektieren. Ursprünglich war ebenso geplant, Ni(II)F430-trifluoracetat in D2O oder Methanol-d4 beziehungsweise Ni(II)F430Me5-trifluoracetat in Methanol-d4 oder THF-d8 mit Spallationsneutronen zu bestrahlen, wobei Gegenion sowie Lösungsmittel aus Atomen mit möglichst niedrigem Wirkungsquerschnitt bestehen würden. Das freigesetzte Ni2+ wäre dann mit Tetrakis(methyltrioctylammonium)-EDTA abzufangen und der entstehende lipophile Komplex mit Trichlormethan zu extrahieren. Als vorteilhaft ist auch anzumerken, daß 59Co, 63Cu und 65Cu als Zerfallsprodukte von 59Ni, 63Ni und 65Ni allesamt stabile Nuklide darstellen (vgl. Pfennig et al., 1998). Allerdings erwies es sich nach Beratungen mit Spezialisten am PSI empfehlenswert, von dieser Idee wieder abzurücken, da der durchschnittliche Wirkungsquerschnitt von Nickel demjenigen der Mehrzahl aller Elemente entspricht (1-10 b), so daß eine Zerstörung des F430-Chromophors wahrscheinlicher eintritt als die gewünschte Demetallierung. Außerdem führt selbst bei starken Neutronenabsorbern wie 6Li eine intensive Bestrahlung über längere Zeiträume nur zu unwägbar kleinen Nuklidtransformationen (siehe Abschnitt III C 1.3). Ni(II)F430Me5 in Acetonitril sowie Ni(II)F430 in Wasser können bequem elektrochemisch bei E0‘ ≈ −600 mV (bezogen auf Normalwasserstoffelektrode) zur Ni(I)-Spezies reduziert werden, deren UV/VIS-Spektrum eine intensive Absorptionsbande bei 383 nm und eine schwächere bei 760 nm aufweist. Während die 3d-Orbitale des Nikkels in der stabilen Ni(II)-Form energetisch zu niedrig liegen, um die π → π*-Übergänge in den Molekülorbitalen des Makrozyklus entscheidend zu beeinflussen, bewirkt die Einelektronen-Reduktion zu Ni(I) eine hypsochrome Verschiebung der 430-nm-Absorptionsbande, ergänzt durch zahlreiche Ni-3d → Hydrocorphin-π*-Charge-Transfer- III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 242 Prozesse im langwelligen Spektralbereich. Ni(II)F430Me5 in THF kann mit starken Reduktionsmitteln unterhalb von −1.6 V über die Ni(I)-Stufe hinaus zu einer Spezies reduziert werden, welche man als Ni(I)F430Me5−• bezeichnet (vgl. Jaun and Thauer, 2007: 330 f.). Auf dieser Grundlage wurde die Idee geäußert, besagte überreduzierte Form mit einem starken π-Akzeptor wie Kohlenstoffmonoxid umzusetzen, damit einerseits das Tetrapyrrol-System seinen Elektronenüberschuß durch Freisetzen von Ni(0) abbauen kann und andererseits in einer konzertierten Aktion Ni(0) sogleich als stabiler, tetraedrisch-koordinierter 18-Elektronen-Komplex Ni(CO)4 gebunden und aus dem Demetallierungs-Remetallierungs-Gleichgewicht entfernt wird. Abbildung III-3 zeigt die Versuchsanordnung, worin nach Entgasen am Hochvakuum und Abschmelzen pTLCreines Ni(II)F430Me5 (hellgelb) in THF bei Raumtemperatur mit flüssigem Natriumamalgam schrittweise unter UV/VIS-Kontrolle zur Ni(I)-Verbindung (moosgrün) reduziert (siehe Abb. III-4 a, A-D) und dann weiter zur Ni(I)−•-Spezies (braungrün) umgesetzt wurde (siehe Abb. III-4 b, E-K). Anschließend führte unter leichtem Überdruck (0.1 bar) eingeleitetes CO nach 20 min Rühren zu einem Farbumschlag der THFLösung von tiefbraun nach gelb, ohne Rückbildung der Ni(II)- oder Ni(I)-Absorptionsbanden bei 438 / 266 nm beziehungsweise bei 745 / 377 / 266 nm (siehe Abb. III-4 b, L-M). Im Zuge der zunehmenden ÜberCO HV reduktion zu Ni(I)F430Me5−• erkennt man vor und nach CO-Einleitung klar die Ent- HV 3 stehung von zwei neuen Banden bei 320 / 291 nm, deren unregelmäßige Zu- und 4 B Abnahme während der Reaktion besonders für Graph J ins Auge fällt. Nach EntA fernen des Dreiwegehahns wurde letztendlich Zinkperchlorat-Hexahydrat in 2 1 Methanol zugefügt, worauf reichlich H2 ausperlte und sämtliche Absorptionsbanden der überreduzierten Spezies verschwanden, hingegen bei 416 nm ein Abb. III-3. Pyrex®-Glasapparatur mit Rührstab (1), Glasfritte (2), Dreiwegehahn (3), UV/VISZelle (4), Abschmelzzonen (A, B), Hochvakuum-(HV)-/Begasungsanschlüssen (CO). flacher Gipfel zu erkennen war (siehe Abb. III-4 b, N). Die isosbestischen Punkte III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester a 243 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 F430Me5 in THF F430Me5 in THF + NaxHgy (A) F430Me5 in THF + NaxHgy (B) F430Me5 in THF + NaxHgy (C) F430Me5 in THF + NaxHgy (D) A 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 250 350 450 550 650 750 850 O/nm b 1.2 1.1 1.0 0.9 F430Me5 in THF + NaxHgy (E) F430Me5 in THF + NaxHgy (F) F430Me5 in THF + NaxHgy (G) F430Me5 in THF + NaxHgy (H) F430Me5 in THF + NaxHgy (I) F430Me5 in THF + NaxHgy (J) F430Me5 in THF + NaxHgy (K) F430Me5 in THF + NaxHgy (L) F430Me5 in THF + NaxHgy (M) F430Me5 in THF + NaxHgy (N) 0.8 A 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0 250 350 450 550 650 750 850 O/nm Abb. III-4. Reduktion mit Natriumamalgam: a) von Ni(II)F430- zu Ni(I)F430-Pentamethylester; b) von Ni(I)F430- zu Ni(I)−•-Pentamethylester. bei 464 / 405 / 297 nm werden nicht von allen Absorptionskurven geschnitten, da die exakte Positionierung der sperrigen Demetallierungs-Apparatur im Strahlengang des UV/VIS-Spektrometers nur innerhalb eines bestimmten Toleranzbereiches möglich war. III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 244 Die Reaktionslösung versetzte man mit 0.1 M Natriumperchlorat in wäßriger Perchlorsäure (pH 2.3) und extrahierte einen Großteil des Chromophors mit Dichlormethan. Im UV/VIS-Spektrum zeigte die lipophile Phase die charakteristischen Signale für F430Me5 neben einem kleinen Anteil von F560Me5 und F340Me5, wobei vom ursprünglich eingesetzten F430-Chromophor etwa nur noch 25 % erhalten waren. Das MALDITOF-MS der gelben DCM-Phase ließ im wesentlichen vier Hauptsignale erkennen, und zwar m/z 961 / 963 und m/z 975 / 977 für F430Me4 und F430Me5 sowie deren Dihydro-Derivate neben m/z 991 und m/z 1005 für die jeweiligen MonocarbonylierungsProdukte der dihydrierten F430-Tetra- und Pentamethylester. Für die rötliche H2OPhase zeigte das MALDI-TOF-MS keine Carbonyl-Derivate an, dafür aber den Mono(m/z 921), Di- (m/z 935), Tri- (m/z 949), Tetra- (m/z 963) und Pentamethylester (m/z 977) von F430, sämtlich in dihydrierter Form, begleitet von Nebensignalen für die jeweils unhydrierten Spezies. Das erwünschte Transmetallierungs-Produkt Zn(II)F430 Me5 (m/z 981) oder dessen Derivate, erkennbar am charakteristischen MS-Zink-Isotopie-Muster, konnten nirgendwo detektiert werden. III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 3 245 Diskussion und Ausblick Frühere Versuche, in deren Verlauf für spektroskopische Fragestellungen die Reduktion von Ni(II)F430Me5 unmittelbar nach Erreichen der Ni(I)-Stufe gestoppt wurde, erlaubten es ohne Schwierigkeit, mehr als 66 % des ursprünglich eingesetzten F430Chromophors zu regenerieren. Auch zeigte das MALDI-TOF-Massenspektrum in diesem Fall praktisch reinen Pentamethylester (m/z 975) an, ohne Hydrierungs- oder Carbonylierungs-Produkte nach Aufarbeitung in saurer Lösung. Bei der hier beabsichtigten Überreduktion hingegen wurde ein Großteil des F430-Chromophors zu unbekannten Abbauprodukten umgewandelt. Starke Schwankungen für die Absorptionsbanden im Bereich von 320-291 nm sprechen für die Kurzlebigkeit von Ni(I)F430Me5−•, welches schon durch geringste Spuren protischer Verbindungen rasch zu Ni(I)F430Me5 reoxidiert wird. Auch ist denkbar, daß die Reduktionskraft des eingesetzten Nariumamalgams gegen Versuchsende bereits weitgehend erschöpft war. Die enorme redoxchemische Barriere, welche einer Reduktion von hydrocorphinoid-gebundenem und quadratisch-planar koordiniertem Ni(II) zu Ni(0) entgegensteht, wird nicht zuletzt daraus ersichtlich, daß das entsprechende Reduktionspotential im Falle von unkomplexiertem Ni2+ nur 257 mV unterhalb des Referenzwertes für die Normalwasserstoffelektrode liegt (vgl. Lide, 2006: 8-23). Die Position der Monocarbonylierung erscheint rätselhaft, zumal für die nucleophile Insertion von CO als Keto-Gruppe in α-Position zu π-Systemen üblicherweise katalytische Mengen von Pd nötig sind. Bei künftigen Experimenten in dieser Richtung sollte unter permanenter photometrischer Kontrolle der gesamte Reduktionsprozeß unter CO-Atmosphäre stattfinden, um eine Reoxidation noch vor Gaseinleitung zu umgehen. Ferner ist der Na-Gehalt des Amalgams um 50-100 % zu erhöhen, damit in jedem Fall ausreichend Reduktionskraft zur Verfügung steht. Für die Transmetallierung müssen völlig wasserfreie, gesättigte Lösungen von Kupfer(II)-trifluormethylsulfonat, Magnesium(II)-perchlorat und Zink(II)trifluormethylsulfonat in Acetonitril bereitstehen, und zwar in der Kombination „Mg(ClO4)2 + Zn(triflat)2“ und „Mg(ClO4)2 + Cu(triflat)2“, da die MS-Signale von simultan gebildetem Cu(II)F430 und Zn(II)F430 überlappen würden. Für restliches Ni(II)F430 hingegen sind weder mit Cu(II)- noch mit Mg(II)- oder Zn(II)-Komplexen Probleme zu erwarten. Auch ist unbedingt darauf zu achten, daß die Lösung mit Demetallo-F430Me5 in THF vor Zugabe alternativer 3d-Metallionen nur mit Geräten aus Glas oder Teflon in III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 246 Kontakt kommt. Besonders reizvoll wäre die Überlegung, transmetallierten Cofaktor F430 wieder in das zugehörende Enzym MCR einzubauen, was allerdings auch für das biogene Hydrocorphin noch nie reproduzierbar gelang (vgl. Thauer, 1998: 2387). Parallel zu diesem reduktiven Ansatz könnte man auch den Versuch unternehmen, in Analogie zu den Experimenten an Tunichlorin (siehe Abschnitt III C 1.1) Ni(II)F430 in konzentrierter Schwefel- oder Perchlorsäure zu demetallieren und die freiwerdenden Nickelionen nach Neutralisation mit überschüssigem EDTA abzufangen. III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 4 247 Experimenteller Teil Y-förmige Apparaturen aus Pyrex®-Glas mit Kegelschliff an der Spitze dienten zur Umsetzung von Cofaktor F430 mit komplexierenden Agenzien. Der eine Arm wurde jeweils mit 0.5 µmol Ni(II)F430 beziehungsweise mit dessen Pentamethylester in 500 µL 2,2,2-TFE gefüllt und das Lösungsmittel durch Evakuieren entfernt. Mit Hilfe gasdichter Glas-Teflon-Spritzen und angeschlossenem Teflonschlauch ließ sich der andere Arm mit jeweils 1 mL 2 M Cyclopentadienyl-Natrium in THF (für F430Me5) beziehungsweise mit 21 % (NH4)2S in H2O (3.1 M; pH 9.7), 25 % Na4EDTA in H2O (0.69 M, pH 11.5) oder Na2DMG in H2O (0.32 M, pH 12.7) (für F430) füllen. Nach drei aufeinanderfolgenden Zyklen von Einfrieren (−196 °C) und Entgasen am Hochvakuum (≤ 10−6 bar) wurden diese Lösungen mit F430 beziehungsweise mit dessen Pentamethylester in den abgeschmolzenen Apparaturen für etwa 2 Wochen bei Raumtemperatur in Kontakt gebracht. Dem Öffnen unter N2-Atmosphäre folgte im Fall der wäßrigen Ansätze sofort die Zugabe von 0.1 M HClO4 auf pH 2-3, während der THF-Ansatz unmittelbar einrotiert wurde. Für die wäßrigen Lösungen erwies es sich als vorteilhaft, in Quarzglas-Küvetten (d = 1.000 cm) UV/VIS-Spektren im Bereich von 190-800 nm aufzunehmen und die entsprechenden MALDI-TOF-MS-Proben aus 100-200 µL Wasserphase zu bereiten, versetzt mit demselben Volumen einer gesättigten Lösung (mit Bodensatz) von 4CCA in MeOH. Für die MS-Analyse wurde der Rückstand aus THF in 200 µL einer verdünnten Lösung von DCTB/Dichlormethan aufgenommen. Der Versuch zur reduktiven Demetallierung von Ni(II)F430Me5 erfolgte in der auf Seite 29 gezeigten Apparatur aus Pyrex®-Glas, zuvor ausgiebig mit Königswasser gereinigt. Zum Entfernen letzter Rückstände von Dichlormethan wurden 0.5 µmol pTLCreiner F430-Pentamethylester (vgl. Kapitel I 4.1) (≤ 1 % F340Me5; ≤ 0.3 % F560Me5) dreimal aus THF:Toluen [1:1] einrotiert und das beigefarbene Pulver als Lösung mit 2,2,2-TFE in Arm 1 eingefüllt. Der Alkohol wurde an der Vakuumlinie abgezogen und durch 1 ml THF (frisch über metallischem Kalium destilliert) ersetzt, worin sich F430Me5 sofort löste. 400 µL frisch bereitetes Natriumamalgam (0.05 % (w/w)) in Teil 2 diente schließlich dazu, nach Abschmelzen der Anschlüsse A und B sowie dreimaligem Einfrieren (−196 °C) und Entgasen (≤ 10−6 bar) der F430Me5-Lösung über den Dreiwegehahn das Ni(II)Hydrocorphin schrittweise zu reduzieren, indem dieses über die Glasfritte (G2) in 2 immer wieder mit dem flüssigen Amalgam in Kontakt gebracht III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester 248 und der ganze Vorgang mit Hilfe der UV/VIS-Zelle in 4 (d = 0.100 cm) kontrolliert wurde. Sobald der überreduzierte Zustand erreicht war, leitete man über 3 hochreines CO bis zu einem Überdruck von 0.1 bar in die Apparatur und rührte die Lösung in 1 für 20 min bei Raumtemperatur. Nach Entfernen des Dreiwegehahn wurden 100 µL einer gesättigten Lösung von Zink(II)perchlorat-Hexahydrat in MeOH hinzupipettiert, das gesamte Volumen in 1 mit Hamilton-Spritze/Nadel/Teflonschlauch entnommen und sofort mit 1 mL 0.1 M NaClO4 in HClO4/H2O (pH 2.3) versetzt. Der Großteil des verbliebenen F430-Chromophors ließ sich mit Dichlormethan ausschütteln, und nachfolgend gelang es, sowohl die wäßrige Phase als auch den lipophilen Extrakt photometrisch (190800 nm; d = 0.100 cm) sowie mittels MALDI-TOF-MS (4-CCA + MeOH:H2O [50:50]; DCTB + CH2Cl2) wie im ersten Absatz dieses Kapitels beschrieben zu untersuchen. Labormaterial − Chemikalien: ♦ Acetonitril (HPLC Gradient Grade; LAB-SCAN) ♦ Ammoniumsulfid-Lösung ~ 21 % in Wasser (purum; Fluka) ♦ trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2-propenyliden]-malonsäuredinitril (puriss. p. a., ≥ 99.0 % (HPLC); Fluka) ♦ Calciumhydrid (93 %; Acros) ♦ α-Cyano-4-hydroxyzimtsäure (97 %; Aldrich) ♦ Cyclopentadienyl-Natrium 2 M in THF (p. a.; Aldrich) ♦ Dichlormethan (HPLC Grade; Fisher Scientific) ♦ Dimethylglyoxim Dinatriumsalz Octahydrat (purum p. a., ≥ 97.0 % (NT); Fluka) ♦ Ethylendiamintetraessigsäure Tetranatriumsalz Tetrahydrat (BioChemika Ultra, ≥ 99.0 % (KT); Fluka) ♦ Kalium (purum) ♦ Kohlenstoffmonoxid (4.7; Union Carbide) + CONCOA-Druckreduzierventil ♦ Methanol (HPLC Grade; Fisher Scientific) ♦ Natrium (purum) ♦ Natriumperchlorat Monohydrat (puriss. p. a. ACS, ≥ 98.0 % (T); Fluka) ♦ Perchlorsäure 70 % (für Analyse; Riedel-de Haën) ♦ Quecksilber (p. a.; Merck) ♦ Salpetersäure 65 % (zur Analyse; Merck) ♦ Salzsäure rauchend 37 % (puriss. p. a. ACS, ≥ 36.5 % (T); Fluka) III Versuche zur De-/Transmetallierung von F430-Pentamethylester ♦ Schliffett für Hochvakuum: Krytox® (Du Pont) ♦ Tetrahydrofuran (LiChrosolv®; Merck) ♦ Toluen (p. a.; Fluka) → über CaH2 destilliert ♦ 2,2,2-Trifluorethanol (puriss., ≥ 99.0 % (GC); Fluka) ♦ Zinkperchlorat Hexahydrat (99 %; ABCR) 249 Labormaterial − Geräte: ♦ Evakuieren: Drehschieber-Vakuumpumpe TRIVAC D4B (Leybold) + Turbomolekularpumpe TURBOVAC 151 (Leybold) + Druckmessung COMBIVAC CM B1 (Leybold) ♦ Gastight® Syringe Luer Lock (1000 µL; Hamilton) + Nadel (22/51/pst3/tapN) (Hamilton) ♦ pH-Messung: pH-Meter 744 (Metrohm) + LL Unitrode pH 0-14 / 0-100 °C (Metrohm) ♦ MALDI-TOF-MS: Ultraflex II (25 kV, Reflotron; Bruker); Proben in Schraubdeckelgefäßen (Weißglas, 2 mL, Verschlüsse mit PTFE-Einlage; SUPELCO) ♦ Präzisionsküvetten (0.100 / 1.000 cm) aus Quarzglas SUPRASIL® (Hellma®) ♦ UV/VIS-Spektroskopie: Zweikanal-Lambda-20-Spektrometer (Perkin-Elmer) + UVWINLAB-Software Version 2.85.04 (Perkin-Elmer). Einstellungen: Scan 800.0 nm → 190.0 nm; Data Interval 0.50 nm; Number of Cycles 1; Cycle Time 0.10 s; Scan Speed 960; Smooths Points 2. 250 __________________________________ IV Literaturverzeichnis __________________________________ Allen, J. R., Clark, D. D., Krum, J. G. and S. A. Ensign. A role for coenzyme M (2-mercaptoethanesulfonic acid) in a bacterial pathway of aliphatic epoxide carboxylation. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 1999; 96.15: 8432-8437. Altomare, A., Burla, M. C., Camalli, M., Cascarano, G. L., Giacovazzo, C., Guagliardi, A., Moliterni, A. G. G., Polidori, G. and R. Spagna. SIR97: a new tool for crystal structure determination and refinement. J. Appl. Cryst. 1999; 32: 115-119. Arnett, E. M. Quantitative Comparisons of Weak Organic Bases. In: S. G. Cohen, A. Streitwieser, JR. and R. W. Taft, eds. Progress in Physical Organic Chemistry. Volume 1. New York; London: Interscience Publishers, 1963: 324 f. Bacsik, Z., Canongia Lopes, J. N., Costa Gomes, M. 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Alle übrigen Abbildungen und Graphiken wurden vom Verfasser der vorliegenden Dissertation selbst angefertigt oder stammen aus den jeweils angegebenen Veröffentlichungen beziehungsweise aus Vorträgen innerhalb der Arbeitsgruppe Jaun. V Anhang B 275 Abkürzungen und Symbole α Selektivitäts-/Trennfaktor [ α ]D23 spezifische Drehung (bei 23 °C und 589 nm) A Steigung AMD Automated Multiple Development ANME Anaerobic Methane-Oxidizing Archaea AOM Anaerobic Oxidation of Methane b barn (= 10−28 m2) B y-Achsenabschnitt Bq Becquerel BuOH Butanol c molare Konzentration C Commitment CA Chemical Abstracts 3-/4-CCA α-Cyano-3/4-hydroxycinnamic Acid CCD Charged Coupled Device CD Circulardichroismus cm Massenkonzentration CIP Cahn-Ingold-Prelog CoB Coenzym B CoM Coenzym M COSY Correlated Spectroscopy Cp Cyclopentadienyl δ Chemische Verschiebung (bezogen auf einen Standard) d Dublett DC Dünnschichtchromatographie D-CHAB Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften (ETH Zürich) DCTB trans-2-[3-(4-tert.-Butylphenyl)-2-methyl-2-propenyliden]-malonsäuredinitril DEPT Distortionless Enhancement by Polarization Transfer V Anhang 276 DFT Density Functional Theory DMF Dimethylformamid DMG Dimethylglyoximat DMSO Dimethylsulfoxid DNP Direct Nuclear Polarization DQF Double Quantum Filtered ελ molarer Extinktionskoeffizient E0‘ Standard-Reduktionspotential bezogen auf pH 7.0 EDTA Ethylendiamintetraacetat EPR Elektronenparamagnetische Resonanz ES Enzym-Substrat-Komplex EtOH Ethanol FID Free Induction Decay FISH Fluorescence-In-Situ Hybridization FT Fourier Transform γ gyromagnetisches Verhältnis HAc Essigsäure HES 2-Hydroxyethansulfonsäure HILIC Hydrophilic Interaction Liquid Chromatography HiRes High Resolution HLB Hydrophilic-Lipophilic Balance H4MPT Tetrahydromethanopterin H4SPT Tetrahydrosarcinapterin HMBC Heteronuclear Multiple Bond Correlation HPLC High Performance Liquid Chromatography HPTLC High Performance Thin Layer Chromatography HSQC Heteronuclear Single Quantum Coherence Hz Hertz ICP Inductively Coupled Plasma ICR Ion Cyclotron Resonance I. D. Innerer Durchmesser IPW Institut für Pharmazeutische Wissenschaften (ETH Zürich) IR Infrarot V Anhang 277 IUPAC International Union of Pure and Applied Chemistry J Kopplungskonstante λ Wellenlänge k Geschwindigkeitskonstante kcat Wechsel-/Umsatzzahl des Enzyms k' Kapazitäts-/Retentionsfaktor K Gleichgewichtskonstante KIE Kinetischer Isotopeneffekt KM Michaelis-Konstante KS Dissoziationskonstante L Lyonium (hier: Protium oder Deuterium) LA Laser Ablation LAC Laboratorium für Anorganische Chemie (ETH Zürich) LOC Laboratorium für Organische Chemie (ETH Zürich) LPC Laboratorium für Physikalische Chemie (ETH Zürich) m Masse; Multiplett m/z Masse pro Ladung M Metall; molar (mol L−1) M Molekül MALDI Matrix Assisted Laser Desorption/Ionization MCR Methyl-Coenzym-M-Reductase ME Exaktes Molekulargewicht MeCN Acetonitril MEd Multiplicity-Edited MeOH Methanol MeS Methylsulfanyl MFR Methanofuran MMTS Methanthiosulfonsäure-S-methylester MPI Max-Planck-Institut MR Relatives Molekulargewicht MS Mass Spectrometry MSA Methansulfonsäure MW Molecular Weight V Anhang 278 N Trennstufenzahl NMR Nuclear Magnetic Resonance NOE Nuclear Overhauser Effect NOESY Nuclear Overhauser Enhancement and Exchange Spectroscopy OCC Open Column Chromatography OES Optical Emission Spectrometry ORD Optische Rotationsdispersion p preparative P Produkt p. a. pro analysi PDB ID Protein Data Bank Identity PGC Porous Graphitized Carbon PVC Polyvinylchlorid Φ Fraktionierungsfaktor ppb parts per billion (= 1 · 10-9) ppm parts per million (= 1 · 10-6) q Quartett quint Quintett r Korrelationskoeffizient rpm revolutions per minute R Auflösung Rf Retentionsfaktor ROESY Rotating Frame Nuclear Overhauser Effect Spectroscopy RP/WAX Reversed Phase/Weak Anion Exchange Rs chromatographische Auflösung RSD Relative Standard Deviation s Singulett S Substrat SES 2-Sulfanylethansulfonsäure SF Sector Field Si Lösungsmittelstärke SIMS Secondary Ion Mass Spectrometry SNG Synthetic Natural Gas V Anhang 279 SPE Solid Phase Extraction SRB Sulphate-Reducing Bacteria SRN radikalisch-nucleophile Substitution t Triplett tR Gesamtretentionszeit T Übergangszustand TFA Trifluoressigsäure TFE 2,2,2-Trifluorethanol THF Tetrahydrofuran TLC Thin Layer Chromatography TOCSY Total Correlation Spectroscopy TOF Time Of Flight TRIS Tris(hydroxymethyl)-methylamin (= 2-Amino-2-(hydroxymethyl)-1,3-propandiol) TROSY Transverse Relaxation Optimized Spectroscopy U Unit (= 1 µmol min−1) ÜZ Übergangszustand UV/VIS Ultraviolet/Visible Vmax Maximalgeschwindigkeit des Enzyms bei Substratsättigung VPDB Vienna PeeDee Belemnite v/v volume per volume (Volumenprozent) w/v weight per volume w/w weight per weight (Massenprozent) WAX Weak Anion Exchange x Molenbruch ZP Zwischenprodukt V Anhang C 280 Elektronische Datenverarbeitung Diese Dissertation wurde mit Hilfe von Adobe® FrameMaker® 7.2 erstellt, unterstützt in erster Linie durch folgende Spezialprogramme: ♦ Adobe® Acrobat® 7.0 Standard ♦ Adobe® Illustrator® CS2 ♦ Adobe® Photoshop® CS2 ♦ CS ChemDraw Pro® 5.0 ♦ GEPASI v3.30 ♦ maXus ♦ Microsoft Office XP Professional ♦ PLATON ♦ SPARKY v3.112 ♦ TOPSPIN v1.3 V Anhang D 281 Publikationen Artikel in Fachjournalen: ♦ Hinderberger, D., Ebner, S., Mayr, S., Jaun, B., Reiher, M., Goenrich, M., Thauer, R. K. and J. Harmer. Coordination and binding geometry of methyl-coenzyme M in the red1m state of methyl-coenzyme M reductase. J. Biol. Inorg. Chem. 2008; 13: 1275-1289. ♦ Mayr, S., Günther, D., Jaun, B. and W. B. Schweizer. Sodium 2-mercaptoethanesulfonate monohydrate (coenzyme M sodium salt monohydrate). Acta Cryst. 2008; E64: m1476-m1477. ♦ Mayr, S., Latkoczy, C., Krüger, M., Günther, D., Shima, S., Thauer, R. K., Widdel, F. and B. Jaun. Structure of an F430 Variant from Archaea Associated with Anaerobic Oxidation of Methane. J. Am. Chem. Soc. 2008; 130.32: 10758-10767. V Anhang 282 Poster, Vorträge: ♦ Mayr, S. Progress in the Structure Elucidation of F430X. Short lecture for the Seminar RG Thauer. July 10th-15th. Hirschegg: 2005. ♦ Mayr, S., Krüger, M., Shima, S., Thauer, R. K., Widdel, F. and B. Jaun. 172-MeSF430: A Modified Ni Corphinoid Associated with Anaerobic Oxidation of Methane. Poster for the Gordon Research Conference "Vitamin B12 & Corphins". September 18th-23rd. Oxford: The Queen‘s College, 2005. ♦ Finazzo, C., Hinderberger, D., Harmer, J., Schweiger, A., Piskorski, R., Mayr, S. and B. Jaun. Mikroorganismen stellen Methan her − was können wir von ihnen lernen? / EPR-Spektroskopische Untersuchungen zur Katalyse der Methanherstellung, Teil 1 + 2. Posters for the 150th Anniversary of ETH Zurich. November 14th-19th. Zurich: ETH Zurich, 2005. ♦ Mayr, S. and B. Jaun. On the Structure of F430X: Chromatographic Challenges and Proof of Sulfur Content by ICP-MS. Short lecture for the Seminar RG Thauer. September 10th-15th. Hirschegg: 2006.