Rheumatologenkongress 2017

Werbung
Current congress | Wissenschaftliches Programm
45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
27. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)
Current congress
ICS Internationales Congresscenter Stuttgart
06.–09. September 2017
6 Therapieabbau bei
anhaltender Remission
Viele Rheumapatienten äußern nach
einer längeren Phase der Beschwerde­
freiheit unter laufender Therapie den
Wunsch, diese zu reduzieren oder gar
zu beenden. Doch wie sinnvoll oder ge­
fährlich kann ein solcher Therapieabbau
sein?
8
Moderne Endoprothetik
Wenn die Implantation einer Endopro­
these erforderlich wird, gilt es einige Be­
sonderheiten zu beachten. Für ein gutes
Operationsergebnis ist unbestritten die
korrekte Indikation von herausragender
Bedeutung. Speziell bei „Rheumapatien­
ten“ stellt sich zudem die Frage, wie peri­
operativ mit immunsuppressiven Medi­
kamenten umgegangen werden soll.
22 Juvenile
idiopathische Arthritis
Die aktuelle Situation der Therapie der
juvenilen idiopathischen Arthritis ist
durch eine zunehmende Zahl von The­
rapieoptionen insbesondere mit neu
verfügbaren Biologika gekennzeichnet.
Auf dem Kongress werden aktuelle The­
rapiekonzepte vorgestellt.
Bilder: Fotolia, S. Kaulitzki und Studio Nordbahnhof
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ganz herzlich möchten wir Sie zum gemeinsamen Jahreskongress der
Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) in Stuttgart begrüßen.
Der Kongress findet zum ersten Mal in seiner Geschichte in Stuttgart
statt. In Deutschlands ungekrönter Autohauptstadt spielt das Thema Mobilität nicht nur in Bezug auf den Straßenverkehr eine tragende Rolle,
sodass unser Anliegen die Beweglichkeit von Menschen mit Rheuma zu
verbessern hier auf großes Interesse stoßen sollte. Um auch den Geist der
Teilnehmer in Bewegung zu bringen, haben wir gemeinsam mit dem
Programmkomitee ein facettenreiches Programm zusammengestellt.
Mit der in 2017 zu erwartenden Einführung der ambulanten spezialärztlichen Versorgung für entzündlich-rheumatische Erkrankungen kommt
der interdisziplinären Bearbeitung komplexer Fragestellungen zukünftig
eine noch größere Bedeutung zu. Das Thema „interdisziplinäre Rheumatologie“ soll daher einer der thematischen Schwerpunkte des Kongresses
sein. Der Kongress soll den Rahmen für den Austausch mit angrenzenden
Fachgebieten bilden und die Rolle des Rheumatologen als „Dirigent“ in
den interdisziplinären Netzwerken beleuchten. Auch inhaltlich sollen
Themen intensiver beleuchtet werden, die einen hohen Grad an interdisziplinärem Arbeiten erfordern, wie zum Beispiel die systemischen Vaskulitiden und die Autoinflammationserkrankungen sowie Infektionen.
Daneben sollen aktuelle Themen wie neue Erkenntnisse zur Pathogenese
sowie innovative Diagnose- und Therapieverfahren in der Rheumatologie diskutiert werden. Wir hoffen, wie schon in den vergangenen Jahren
eine gelungene Mischung aus evidenzbasierter Medizin, Innovation,
V­ision und Diskussion gefunden zu haben.
Wie bereits in den vergangenen 2 Jahren soll im Rahmen der Gastland­
session der Austausch mit unseren europäischen Kollegen, in diesem
Jahr mit Großbritannien, gefördert werden. Da sich unser Fachgebiet
ständig erneuert und weiterentwickelt möchten wir insbesondere junge
Kollegen und Medizinstudenten einladen, unseren Kongress zu besuchen und an unserem speziellen Studentenprogramm teilzunehmen.
Auch für die Rheumatologischen Fachassistentinnen wird es wieder ein
eigenes Programmangebot geben.
Neben dem wissenschaftlichen Programm sollten die kurzen Wege im
Internationalen Kongresscenter Stuttgart einen intensiven Austausch
zwischen Kollegen und Freunden ermöglichen. Auch die Landeshauptstadt und Weinregion Stuttgart bietet Ihnen hierzu eine Fülle von Angeboten.
Wir heißen Sie in Stuttgart herzlich willkommen und freuen uns auf
e­inen intensiven interdisziplinären Austausch mit Ihnen.
Herzliche Grüße
Ihre
Tagungspräsidenten
Prof. Dr. med.
Bernhard Hellmich
(DGRh)
Dr. med.
Ludwig Bause
(DGORh)
Dr. med.
Anton Hospach
(GKJR)
1
Current congress | Wissenschaftliches Programm
Stand bei Drucklegung
Mittwoch, 06.09.2017
von
bis
C1.1.2
C6.1
C5.3
C4.1
EG
1. OG
1. OG
1. OG
Mittwoch, 06. September 2017
Mittwoch, 06.09.2017
von
bis
12.00
13.00
C1.1.2
C6.1
C5.3
C4.1
EG
1. OG
1. OG
1. OG
12.00
13.00
GKJR
GKJR
Gelenksonographie bei
Kindern
13.00
14.30
Hands on Workshop für
Anfänger und
Fortgeschrittene
15.00
17.00
GKJR
Gelenksonographie bei
Kindern
Hands on Workshop für
Anfänger und
Fortgeschrittene
13.00
14.30
16. Fortbildungstreffen
der rheumatologischen
Studien- und
Fachassistentinnen
Forschungsmeeting
GKJR
Study Nurse
GKJR
15.00
17.00
16. Fortbildungstreffen
der rheumatologischen
Studien- und
Fachassistentinnen
Forschungsmeeting
GKJR
WIN-Session Vaskulitiden
17.00
18.00
43
Study Nurse
17.00
18.00
WIN-Session Vaskulitiden
18.00
20.00
Eröffnungsveranstaltung
20.00
DGRh22.00
Studentenprogramm
Get Together
DGRhStudentenprogramm
43
Eröffnungsveranstaltung
18.00
20.00
Plenarsitzung
20.00
22.00
Zusatzveranstaltung
Get Together
Rahmenprogramm
18.07.20
Plenarsitzung
Donnerstag, 07. September 2017
Zusatzveranstaltung
Donnerstag, 07.09.2017
Rahmenprogramm
von
bis
C1.1.2
C1.1.1
C1.2.1
C1.2.2
C7.1+C7.2
C7.3
C6.1
EG
EG
EG
EG
1. OG
1. OG
1. OG
07:00
08:15
08.30
10.00
18.07.2017
C6.2
C5.1+C5.2
C5.3
C4.3+C4.2
C4.1
1. OG
1. OG
1. OG
1. OG
1. OG
Frühstücksgespräch:
Rheuma und Schmerz
Frühstücksgespräch:
Uveitis
Frühstücksgespräch:
Neues aus der Gicht
Frühstücksgespräch:
Osteologie
Frühstücksgespräch:
Klinische Untersuchungstechniken
in der Orthopädie
F7
F5
F6
F4
F8
Gastland-Session 2017:
Autoinflammation
Treatment of rheumatic disease
in the 2020’s: a glimpse to the
future
45
DGRh-Studentenprogramm
44
Rheumatische Symptome in der
Onkologie
Interdisziplinäre
Falldemonstration mit
differenzialdiagnostischer
Aufarbeitung
Immunologisch/ätiologische
Rheuma & Familienplanung
Aspekte kinderrheumatologischer
Erkrankungen
Effektor T-Zellen
10
14
38
30
Tofacitinib – Eine neue und
bewährte Therapieoption in der
rheumatoiden Arthritis
JAK-Inhibition – The next „big
thing“?
Therapiealternative „IL-17ASchwierige Fälle im
Neutralisation“: Langzeitdaten &
rheumatologischen Alltag –
zukünftige klinische Entwicklungen wie würden Sie entscheiden?
bei SpA
Primäre und sekundäre
Immundefekte Herausforderungen in Diagnose
und Therapie
Pfizer
Lilly Deutschland
Novartis Pharma GmbH
MSD
Shire/Baxalta Deutschland GmbH UCB
Die abakterielle Osteomyelitis
Wie würde ich mich selbst
behandeln? - Schwierige
Therapieentscheidungen in der
Rheumatologie.
Transition - Generation im
Umbruch
Zelltod und Autoimmunität
Immundeffekte und Autoimmunität Abstract II
Kontroversen in der modernen
Endoprothetik
15
3
22
27
29
33
10.30
12.00
5
Abstract I
Therapeutische Fenster in der
orthopädischen Rheumatologie
Entzündliche Systemerkrankungen
im Grenzgebiet zur Rheumatologie
34
7
16. Fortbildungstreffen
der rheumatologischen
Studien- und
Fachassistentinnen
12.00
13.00
13.00
14.30
14.45
16.15
Behandlung der frühen RA –
welche Rolle spielen
Autoantikörper?
Deep Dive PDE-4-Inhibition
BMS
Celgene
Biosimilars im Praxis-Alltag:
Benefit für Arzt und Patient?
Delegation - koordinierte
Patientenlenkung - Telemedizin
Innovative Modelle für einen
verbesserten Patientenzugang zur
rheumatologischen Versorgung
Optimierte Basistherapie –
Methotrexat-Potenzial voll
ausgeschöpft?
„Biosimilars – therapeutische und
praktische Herausforderung in der
Rheumatologie“
Systematische Sklerose Management der vaskulären
Manifestationen
Biogen
AbbVie
medac
Mundipharma
Actelion
16.45
18.15
18.30
20.00
Familienplanung bei Rheumatischen
Erkrankungen
Mitglieder-versammlung
DGRh
Plenarsitzung
Zusatzveranstaltung
AGRZ
Versorgung
Experimentell
Interdisziplinär
Klinisch
Abstract
Kinder
Orthopädie
Industrie
Administrative Situngen
MG-Versammlungen
Sonstige
Akademieprogramm
Frühstücksgesprävh
18.07.2017
Bild: Landesmesse Stuttgart GmbH
2
Current congress | Highlights
3
Current congress | Wissenschaftliches Programm
Stand bei Drucklegung
Freitag, 08. September 2017
Freitag, 08.09.2017
von
bis
C1.1.2
C1.1.1
C1.2.1
C1.2.2
C7.1+C7.2
C7.3
C6.1
C6.2
C5.1+C5.2
C4.3+C4.2
C4.1
EG
EG
EG
EG
1. OG
1. OG
1. OG
1. OG
1. OG
1. OG
1. OG
07:00
08:15
Autoinflammation im
Kindes‑ & Erwachsenenalter –
Neues und Bewährtes
DGRh – Leitlinie zur
Rheumatoide Arthritis –
Symptomatische Hyperurikämie Was zählt für den
(Gicht)
Patienten, was für den Arzt?
Novartis Pharma GmbH
BERLIN-CHEMIE AG
Lilly Deutschland
WIN-Session RA
Entzündung und Fibrose
Juvenile idiopathische Arthritis Was gibt es neues?
42
9
37
Verlegenheitsdiagnose
„seronegative Arthritis“ Verlegenheitsdiagnose „Rheuma“
Komplikationen der im Kindesalter WIN- Year in Review für SpA/PsA Der Patient im Mittelpunkt
beginnenden Kollagenosen
Mikrobiome, Environment,
Chronic Inflammation and
Arthritis
2
39
12
25
Die Rheumatologie im aktuellen
Spannungsfeld zwischen
medizinischer Notwendigkeit und
wirtschaftlichem Zwang
Biosimilars 2.0 in der
Rheumatologie: Ein Update –
status quo, quo vadis?
Zwei Stühle, eine Meinung Update zur Therapie der
Therapieziele bei AS:
Riesenzellarteriitis und RA
Symptomkontrolle, Beeinflussung
der Verknöcherung oder beides?
T-Zell-Modulation – eine
Rheumatoide Arthritis neu
neue Therapieoption für die entdecken
Behandlung der PsA
Ein DMART das bewegt – Erweiterte Optionen im
Wir arbeiten dran!
Management der RA: IL-6Rezeptor Blockade als
Therapiestrategie
Pfizer
Hexal AG
Novartis Pharma GmbH
BMS
Janssen-Cilag
AbbVie
WIN-Session Kollagenosen
Die rheumatologische
Blickdiagnose
Gemeinsamkeiten und
Risikostratifikation im klinischen
Unterschiede zwischen kindlichen Alltag
und erwachsenen
Rheumaerkrankungen
Funktionelle Autoantikörper
Abstract IV
Konservative orthopädische
Rheumatologie
Interdisziplinäre
Versorgungsmodelle
1
18
13
26
35
47
Das septische Gelenk
Das Vaskulitis-Zentrum
Süd stellt sich vor
36
48
08.30
10.00
10.30
12.00
DGRh-Studentenprogramm
21
Abstract III
Rheumadocs - Im Focus der
jungen Rheumatologen
Der Rheumatologe im
Zwiespalt zwischen
Praktikabilität und Gericht
19
4
12.00
13.00
13.00
14.30
14.45
16.15
Roche/Chugai
23
Der Rheumapatient auf der
Intensivstation
Komorbiditäten in der
Pädiatrischen Rheumatologie
Rundtisch-Gespräch:
Mechanismen der Toleranz
ASV 2017 – Weiterentwicklung der
rheumatologischen
Patientenversorgung über die
Behandlungssektoren hinaus
6
41
20
16.45
18.15
Mitgliederversammlung
GKJR
18.30
20.00
Abstract V
28
Sanofi-Aventis Deutschland
GmbH
Mitgliederversammlung
DGORh
Mitgliederversammlung
BDRh
Gesellschaftsabend
Plenarsitzung
Experimentell
AGRZ
Zusatzveranstaltung
Versorgung
Abstract
Klinisch
Interdisziplinär
Orthopädie
Kinder
MG-Versammlungen
Industrie
Sonstige
Administrative Situngen
Akademieprogramm
Frühstücksgesprävh
Samstag, 09. September 2017
Samstag, 09.09.2017
von
bis
C1.1.2
C1.1.1
C1.2.1
C1.2.2
EG
EG
EG
EG
C7.1+C7.2
C7.3
C6.1
C6.2
1. OG
Frühstücksgespräch:
Neues im Labor
1. OG
1. OG
1. OG
07:00
08:15
F1
DGRh
Rheumapreis
08.30
10.00
Patiententag
Hypereosinophilie –
differentialdiagnostische
Überlegungen
Bildgebung bei der juvenilen
idiopatischen Arthritis
Innate
Immunmechanismen
8
40
32
Fieber und
Gelenkbeschwerden
ILD bei rheumatischen
Erkrankungen
Immunmetabolismus
17
11
31
C5.1+C5.2
C5.3
C4.1
1. OG
Frühstücksgespräch:
Praktische Anwendung der
Sonographie bei
Großgefäßvaskulitiden
1. OG
Frühstücksgespräch:Ger
onto-Pharmakologie
1. OG
F3
F2
18
Life Style und Rheuma
Workshop
Workshop
Osteologie
Medizinische
Begutachtung
Teil I
24
Rheumatologie zum
Kennenlernen
DGRh-Studentenprogramm
Abstract VI
10.30
12.00
12.00
13.00
13.00
14.30
Infektionen in der
Rheumatologie
Posterpreisverleihung zu
Beginn der Sitzung
46
14.45
16.15
16.45
18.15
Plenarsitzung
Zusatzveranstaltung
AGRZ
Versorgung
Experimentell
Interdisziplinär
Klinisch
Kinder
Abstract
Orthopädie
Industrie
Administrative Situngen
MG-Versammlungen
Sonstige
Akademieprogramm
Frühstücksgesprävh
Bild: Landesmesse Stuttgart GmbH
4
18.07.2017
6
Current congress | Highlights
Therapieabbau bei anhaltender Remission
Sinnvoll oder gefährlich?
Als Voraussetzung für einen solchen
Therapieabbau gilt grundsätzlich –
neben dem Einverständnis des Patienten –, dass mindestens über 6
Monate eine stabile Remission vorliegt. Eine weitere Voraussetzung
sollte eine zuverlässige Überwachung sein, um Verschlechterung
nach der Reduzierung sofort zu erkennen. Unter dieser Vorgabe haben
die durchgeführten Studien trotz
unterschiedlichen Designs und unterschiedlicher eingesetzter Substanzen eine Reihe gemeinsamer Erkenntnisse geliefert:
Die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Therapieabbaus ist
umso höher, je kürzer die Krankheitsdauer ist und je schneller es
gelingt, unter Therapie eine Remission zu erreichen.
Hohe Aktivität zu Beginn der Erkrankung und (bei RA) ACPA-Positivität sind mit geringerer Erfolgsaussicht verbunden (ACPA: antizitrullinierte Protein/Peptid-Antikörper).
Eine Dosisreduzierung (bei Biolo-
gika z. B. durch Verlängerung der
Applikationsintervalle) ist wesentlich erfolgsversprechender als komplettes Absetzen der Therapie, welches sehr häufig einen „Flare“ in relativ kurzer Zeit nach sich zieht.
In fast allen Studien konnte gezeigt
werden, dass im Falle eines „Flare“
der Wiederbeginn der vorher erfolgreichen Therapie beziehungsweise erneute Volldosierung rasch
wieder zu einer stabilen Einstellung führt.
Vermutlich wurde deshalb bisher
in keiner Studie belegt, dass Reduzierungsversuche zu einem verschlechterten Langzeit-Outcome
für den Patienten führen können –
allerdings liegen Langzeitbeobachtungen nach Therapieabbaustudien bisher nur ganz vereinzelt vor.
RETRO-Studie bestätigt
Erkenntnisse
Einige dieser Erkenntnisse wurden
in der deutschen RETRO-Studie
(Reduction of therapy in patients
with rheumatoid arthritis in ongoing remission) erarbeitet beziehungsweise bestätigt. In 3 Gruppen wurden hier randomisiert
Fortsetzung, Halbierung und Absetzen der laufenden Therapie mit
krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) verglichen:
Ein „Flare“ trat innerhalb eines
Jahres bei 15,8 versus 38,9 versus
51,9 % der Patienten auf; bei ACPApositiven Patienten in rund 40 %
und damit rund doppelt so häufig
wie bei ACPA-negativen. Wiederbeginn der Therapie war mit erneut ausgezeichnetem Ansprechen verbunden.
Eine erhöhte Erfolgsaussicht für
Therapiereduzierung konnte darüber hinaus in einer Reihe von Studien dann gezeigt werden, wenn
eine komplette und anhaltende Re-
mission nicht nur durch den DAS28
ermittelt war, sondern durch einen
blanden bildgebenden Befund (z. B.
mittels Power-Doppler-Sonografie)
bestätigt wurde.
Ausschleichen der Glukokortikoidtherapie zu Beginn
In der Regel steht am Beginn des
Therapieabbaus das Ausschleichen
der Glukokortikoidtherapie. In
modernen Leitlinien wie zum Beispiel den kürzlich veröffentlichten
aktualisierten Empfehlungen der
European League Against Rheumatism (EULAR) wird gefordert, Kortikoide (die initial obligatorisch
zum Behandlungsplan gehören)
möglichst nach 3–6 Monaten abzusetzen. Für die weitere Reihenfolge des Abbaus gibt es keine
wirklich evidenzbasierten Regeln.
Leitlinien wie die EULAR-Empfehlungen geben aus ökonomischen
Gründen vor, zunächst das Biologi-
kum zu reduzieren, erst dann konventionelle DMARDs wie Metho­
trexat. Patienten haben jedoch
sehr oft die umgekehrte Präferenz:
Sie möchten zuerst Methotrexat
reduzieren und möglichst beenden. Die Entscheidung über die
Reihenfolge muss somit individuell getroffen werden.
brieflich zu veranlassen, einen
Therapieabbau
vorzunehmen.
Eine solche Einflussnahme von außen ist strikt abzulehnen – die
Entscheidung zum Therapieabbau
muss individuell gemeinsam von
Arzt und Patient besprochen und
gegebenenfalls in die Tat umgesetzt werden.
Therapiereduzierung
bedeutet Off-Label-Therapie
Prof. Dr. med. Klaus Krüger
Praxiszentrum St. Bonifatius, München
De facto bedeutet eine Therapiereduzierung zumindest bei Biologikagabe ein Abweichen von der im
Label festgelegten Dosierung und
damit eine Off-Label-Therapie. In
Anbetracht der wirtschaftlichen
Aspekte ist sicher kaum zu erwarten, dass bei diesem Vorgehen eine
Sanktionierung in Form eines Regresses durch die Kostenträger erfolgt. Im Gegenteil versuchen jedoch einzelne Kassen immer wieder, den Verschreiber zum Beispiel
Freitag, 08. September 2017
WIN-Session Rheumatoide Arthritis
08:30–10:00 Uhr, C1.1.2
(09:10–09:30 Uhr: Therapieabbau bei
anhaltender Remission – sinnvoll oder
gefährlich?)
Bild: Fotolia_psdesign1
Viele Rheumapatienten äußern nach
einer längeren Phase der Beschwerdefreiheit unter
laufender Therapie
den Wunsch,
diese Therapie zu
reduzieren oder
gar zu beenden.
Dieser Wunsch wie
K. Krüger
auch die Option,
gerade im Fall der Biologikatherapie durch Reduktion Kosten
einzusparen, hat in den letzten
Jahren vermehrt dazu geführt,
dass dieses Vorgehen in Studien
untersucht wurde. Prof. Klaus
Krüger, München, erläutert hier,
wie sinnvoll oder gefährlich ein
solcher Therapieabbau sein kann.
Forum der Industrie
Bei systemischer Sklerose regelmäßig auf pulmonal
arterielle Hypertonie screenen
Bis zu 12 % der Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) entwickeln
im Verlauf eine pulmonal arterielle Hypertonie (PAH-SSc) [1]. Mit
einem mehr als 3-fach gesteigerten Mortalitätsrisiko im Vergleich
zu SSc-Patienten ohne PAH hat
diese Gruppe damit eine sehr
schlechte Prognose [2]. Durch
Screeningprogramme lässt sich
eine PAH-SSc früh erkennen und
nachfolgend adäquat behandeln.
Dazu stehen evidenzbasierte Therapiemöglichkeiten wie zum Beispiel der orale, duale EndothelinRezeptor-Antagonist Macitentan
(Opsumit®) und zur Therapieeskalation Selexipag (Uptravi®), ein
oraler Prostacyclin-Rezeptor-Agonist, zur Verfügung.
Screeninguntersuchungen auf PAH
bei SSc-Patienten bringen einen
deutlichen
Überlebensvorteil:
Beim Vergleich gescreenter PAHSSc-Patienten mit in Routinepraxis
gefundener PAH-SSc-Patienten lebten nach 8 Jahren noch 64 % aus der
Screeninggruppe im Gegensatz zu
17 % aus der Kontrollgruppe [3]. Zur
regelmäßigen Testung bietet sich
die Nutzung eines standardisierten
Programms wie der „DETECT-Algorithmus“ bei Patienten mit systemischer Sklerose an [4]. Hierbei
wird zunächst mit einfach zu bestimmenden Parametern wie Blutwerte, Lungenfunktion und EKG
ein Risikoindex ermittelt. Die Höhe
dieses Punktwertes entscheidet
über die Durchführung eines Echokardiogramms und dessen Ergebnis wiederum über die final diagnostische Rechtsherzkatheteruntersuchung (RHK).
Therapieoptionen mit Evidenz
Ist die Diagnose in Zusammen­
arbeit mit einem PH-Zentrum
durch eine RHK bestätigt, sollten
die Patienten schnellstmöglich behandelt werden. Denn im Vergleich
zu PAH-Formen anderer Ätiologien
ist die PAH-SSc prognostisch weitaus schlechter einzustufen. Mit
Macitentan bietet sich auch für
diese schwer zu behandelnde Patientengruppe eine Therapieoption
an. In der zulassungsrelevanten
Langzeit-Studie SERAPHIN konnte
durch die Behandlung mit Maciten­
tan das relative Risiko für den Eintritt des primären kombinierten
Endpunkts aus Mortalitäts- und
Morbiditätsereignissen um 45 %
gegenüber Placebo gesenkt werden (Mortalität für sich allein betrachtet war nicht signifikant) [5].
Dabei waren Patienten mit PAH,
die mit einer Bindegewebserkrankung wie zum Beispiel SSc assoziiert war, mit einem relativ großen
Anteil von 31 % am Gesamtstudienkollektiv (n = 742) vertreten.
Kommt es bei dualer Therapie zu
keinem befriedigenden Resultat,
das heißt die Patienten sind im
i­ntermediären Bereich der Risiko­
stratifizierung, sollte rasch kombiniert werden. Evidenzbasiert kann
das mit Selexipag erfolgen, wie
eine Subgruppenanalyase der
Langzeit-Zulassungsstudie
GRIPHON zeigt [6]: 334 der 1156 in
die Studie eingeschlossenen Patienten hatten eine Kollagenose
a­
ssoziierte PAH. Bei dieser Subgruppe reduzierte Selexipag das
relative Risiko für den Eintritt des
primären
kombinierten
End-
punkts aus Mortalitäts- und Morbiditätsereignissen um 41 % gegenüber Placebo (Mortalität für
sich allein betrachtet war nicht
s­ignifikant).
Literatur
1
2
3
4
5
6
Mukerjee D et al. Ann Rheum Dis
2003; 62: 1088–1093
Hesselstrand R et al. Scand J Rheumatol 2011; 40: 127–132
Humbert M et al. Arthritis Rheum
2011; 63: 3522–3530
Coghlan JG et al. Ann Rheum Dis
2014; 73: 1340–1349
Pulido T et al. N Engl J Med 2013;
369: 809–818
Gaine S et al. Am J Respir Crit Care
2016; 193: A6466
Quelle: nach Informationen der
Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH, Freiburg i. Br.
8
Current congress | Highlights
Kontroversen in der modernen Endoprothetik
Mit Implantationszahlen von
circa 170 000 Knieendoprothesen und circa 220 000 Hüftendoprothesen pro Jahr zählen
diese Operationen zu den am
häufigsten durchgeführten
Operationen in Deutschland.
Hinzu kommen Versorgungen
mit künstlichen Gelenken an
Regionen wie Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenken,
S. Rehart
M. Henniger
oberen Sprunggelenken sowie
Groß­zehengrundgelenken. Unbestritten ist für ein gutes Operationsergebnis die korrekte Indikation von herausragender Bedeutung.
Kontroversen gibt es ansonsten jedoch mannigfaltig, was bei einer so
standardisiert operativ zu versorgenden Intervention kaum vorstellbar erscheint, berichten Prof. Stefan Rehart und Dr. Martina Henniger,
Frankfurt am Main.
So besteht unter anderem bezüglich der verschiedenen Zugangswege, den Prothesenmaterialien,
den Gleitpaarungen, der Frage der
Verankerung im Knochen, dem
Umgang mit Metallallergien und
neuerdings auch über Vor- und
Nachteile von Individualversorgungen alles andere als uneingeschränkte Einigkeit. Speziell bei
„Rheumapatienten“ stellt sich zudem die Frage, wie perioperativ
mit den immunsuppressiven Medikamenten umgegangen werden
soll.
Zugangswege
Der Nutzen von minimalinvasiven
Zugängen in der Endoprothetik
unterschiedlicher Gelenke wird
kontrovers diskutiert. Vorteile
kleiner Schnittführungen sind das
geringere Weichteiltrauma und
die dadurch (meist) etwas zügigere postoperative Rehabilitation.
Negative Aspekte sind die dabei
oft benötigten (teuren) Spezialinstrumente sowie höhere Komplikationsraten für potenzielle Nervenschäden,
Fehlpositionierungen
von Implantaten oder erschwerte
Revisionsvorgehen.
Gleitpaarungen
Übliche, jahrzehntelang erprobte
Gleitpaarungen an der Hüfte sind
Keramik oder Metall mit ultrahochmolekularem
Polyethylen
(PE). Alternativen sind die sogenannten Hartgleitpaarungen Metall-Metall beziehungsweise Keramik-Keramik. Metall-Metall-Gleitpaarungen weisen eine vermeintlich höhere Stabilität und weniger
haltsstoffe (z. B. Benzoylperoxid,
Gentamicinsulfat) zu postoperativen Komplikationen wie Wundheilungsstörungen,
Ekzemen,
Schmerzen, Gelenkschwellungen
oder sogar Prothesenlockerungen
führen können, ist nicht abschließend geklärt. Problematisch ist
dabei, dass nicht jeder Patient mit
nachgewiesener Kontakt­allergie
diese Symptome zeigt und dass
auch eine negative Testung eine
solche Reaktion nicht sicher ausschließt.
Materialabrieb auf und wurden
deshalb eher bei jüngeren Patienten eingesetzt. Nachdem dabei jedoch erhöhte Metallionenkonzen­
trationen im Serum nachgewiesen
wurden, die möglicherweise sowohl mit einem erhöhten lokalen
Komplikationsrisiko als auch mit
einer systemischen Toxizität einhergehen können, sind diese heute
weitgehend wieder verlassen worden. Keramik-Keramik-Gleitpaarungen haben praktisch keinen
Abrieb, sind biologisch neutral, das
Material ist jedoch sehr spröde und
nicht elastisch. Störend können
quietschende Geräusche auftreten,
bei starker Belastung kann es zum
Bruch der Keramikanteile kommen.
suppressiven Medikamenten auch
heute noch nicht final geklärt.
Während die „konventionellen“
krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) in der Regel
perioperativ nicht abgesetzt werden müssen, wird ein Pausieren
der Biologika vor „großen“ operativen Eingriffen wie einer Endoprothesenimplantation weiterhin
empfohlen. In letzter Zeit gibt es
Hinweise, dass eine individualisierte Vorgehensweise für einen
gegebenen Betroffenen – auf der
Grundlage einer fundierten Risikoabschätzung – für postoperative
Komplikationen am besten geeignet sein könnte.
Individualendoprothetik
Seit wenigen Jahren werden vor allem in der Knieendoprothetik sogenannte „maßgefertigte“ Implantate propagiert. Diese könnten zum
Beispiel bei Patienten mit juveniler
Arthritis, die nicht selten aufgrund
der Glukokortikoideinnahme im
Wachstumsalter Wachstumsstörungen mit schwierigen anatomischen Verhältnissen aufweisen,
hilfreich sein. Ob damit bessere
Ergebnisse erreicht werden können, müssen Langzeituntersuchungen zeigen. Nachteile sind die
deutlich höheren Kosten, die längere Vorlaufzeit für Planung und
Produktion, die höhere Strahlenbelastung (präoperative CT), die
Planung der Prothese durch einen
Ingenieur und die fehlende intraoperative Ausweichmöglichkeit.
Verankerung
Es werden zementierte, zementfreie sowie Hybridversorgungen
(ein Teil zementiert/ein Teil zementfrei) unterschieden. Das am
besten geeignete Verfahren legt
der Operateur individuell, in der
Regel in Abhängigkeit von dem gegebenen Gelenk, Patientenalter
und der Knochenqualität, fest. Dabei kommen je nach persönlichen
Präferenzen erhebliche Unterschiede zum Tragen.
Metallallergien
Endoprothesen bestehen üblicherweise aus Titan oder Chrom-Kobalt-Nickel-Molybdän-Legierungen. Inwieweit Kontaktallergien
gegen diese Bestandteile beziehungsweise
Knochenzementin-
Prof. Dr. med. Stefan Rehart und
Dr. med. Martina Henniger
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Agaplesion Markus Krankenhaus,
Frankfurt a. M.
Donnerstag, 07. September 2017
Rheumamedikation
und Endoprothetik
Kontroversen in der modernen Endo­
prothetik
Bei „Rheumapatienten“ ist der perioperative Umgang mit immun-
14:45–16:15 Uhr, C6.2
Rheumapatienten auf der Intensivstation
Epidemiologie und Outcome
G. Keyßer
Über das Outcome von Patienten mit entzündlichrheumatischen Erkrankungen im intensivmedizinischen
Bereich ist wenig bekannt. Daher wurde am Universitätsklinikum Halle (UKH) eine retrospektive Datenauswertung durchgeführt, um die Ergebnisse der intensivmedizinischen Behandlung von Patienten mit rheumatischen
Krankheitsbildern zu überprüfen. Prof. Gernot Keyßer,
Halle, stellt die Ergebnisse hier vor. Darüber hinaus sollte
untersucht werden, wie zuverlässig die in der Intensivmedizin üblichen Scoring-Systeme die Überlebenswahrscheinlichkeit in diesem Krankengut einschätzen können.
tion (IST; 28 % vs. 14 % in der Kontrollgruppe, p = 0,04). Interessanterweise wurde bei 5 von 9 Patienten mit einer Vaskulitis sowie bei
4 von 10 Patienten mit einer Kollagenose diese Systemerkrankung
während des Aufenthalts auf der
gruppe war mit 15 Tagen im Vergleich zu 7 Tagen in der Kontrollgruppe länger (p = 0,001). Patienten
mit rheumatischen Erkrankungen
wurden außerdem signifikant häufiger beatmet (66 % vs. 35 %;
p = 0,001). Zudem dauerte die Beat-
Intensivstation (ITS) erstmalig diagnostiziert.
Dauer der intensivmedizinischen Behandlung
Die Dauer der intensivmedizinischen Behandlung in der Fall-
60
50
20
█ Fallgruppe
█ Kontrollgruppe
10
0
Art der Infektion
io
io
io
In
n
n
fe
Ha
io
Na
ls/
n
se
O
n/
hr
n
en
il e
e
n
io
eg
te
w
io
kt
kt
fe
rn
fe
In
ch
In
e
ne
e
al
ei
/W
a
/H
en
ut
er
kt
Ha
Ni
al
on
in
m
st
ul
te
n
in
op
re
kt
kt
kt
ro
ch
de
fe
fe
fe
st
on
An
In
In
In
Ga
Br
is
Die häufigste Indikation für die intensivmedizinische
Behandlung
war in der Fallgruppe eine schwere
pulmonale Erkrankung, während
in der Kontrollgruppe kardiale Ereignisse die Hauptindikation bildeten. Bei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen führte
eine Sepsis signifikant häufiger zur
Behandlung auf der Intensivsta-
30
ps
Aus Patientendaten der Jahre 2001–
2010 wurde eine Fallgruppe aus 50
Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen generiert. 26
von ihnen litten an einer rheumatoiden Arthritis (RA), 10 an einer Kollagenose, 9 an einer systemischen
Vaskulitis, 5 an einer Spondyloarth-
Indikationen für die intensivmedizinische Behandlung
40
Se
Fallgruppe aus 50 Patienten
ritis. Die Daten wurden mit einer
Kontrollgruppe aus 72 Patienten
mit nicht entzündlichen Gelenkerkrankungen und intensivstationärem Aufenthalt verglichen.
Häufigkeit in %
Die am häufigsten eingesetzten
Risiko-Scores sind der APACHEScore (Acute Physiology And Chronic Health Evaluation) und der
SAPS-Score (Simplified Acute Physiology Score), die auch für die
vorliegende Untersuchung herangezogen wurden.
Abb. 1 Häufigkeit von Infektionen im Verlauf des Aufenthalts auf der Intensivstation.
Quelle: Prof. Dr. med. Gernot Keyßer, Halle
Bild: istockphoto
Welche Frage stellt sich bei „Rheumapatienten“?
Current congress | Highlights
mung rheumatologischer Patienten
mit 14,33 Tagen zu 9,84 Tagen tendenziell länger (p = 0,243).
In der Fallgruppe fand sich eine erhöhte Rate an Infektionen im Verlauf (74 % vs. 40,3 %; s. Abb. 1). Darüber hinaus entwickelten Patienten mit rheumatischen Erkrankungen mehr respiratorische, nephrogene und kardiovaskuläre
Komplikationen als Kontrollpatienten. Das Auftreten von pulmonalen und nephrogenen Komplikationen war in der Fallgruppe hochsignifikant mit der Mortalität assoziiert. Ein Zusammenhang des
Outcomes mit einer immunsup-
pressiven Therapie konnte bei geringen Stichprobengrößen nicht
nachgewiesen werden.
Erhöhte Mortalitätsrate
in der Fallgruppe
Im Vergleich zur Kontrollgruppe
wies die Fallgruppe eine erhöhte
Mortalitätsrate auf (38 % vs.
20,8 %), obwohl diese Patienten
deutlich jünger waren als die Patienten der Kontrollgruppe (56 vs.
75 Jahre). Patienten mit einer RA
hatten mit 31 % die geringste, Kollagenosepatienten mit 50 % die
höchste Mortalitätsrate (Unterschiede nicht signifikant).
APACHE-II-Score zeigte
annähernd richtiges
prognostisches Ergebnis
Während der SAPS-II-Score zur
prognostischen Einschätzung von
Patienten mit entzündlich-rheumatischer Erkrankung in der Gesamtheit nicht hilfreich war, zeigte
der APACHE-II-Score ein annähernd richtiges prognostisches Ergebnis Bei den tatsächlich verstorbenen Patienten hielten sich beide
Score-Systeme die Waage. Das bessere Abschneiden des APACHE-IIScores könnte darin begründet
sein, dass er im Gegensatz zum
SAPS-Score die Anwendung einer
immunsuppressiven Therapie sowie die Anwesenheit von Lungenund Herzerkrankungen berücksichtig.
Fazit
Unsere Studie legt nahe, dass Patienten mit rheumatischen Erkrankungen ein schlechteres Outcome
haben als ITS-Patienten ohne diese
Krankheiten. Neben einer erhöhten Rate an Komplikationen finden
sich häufigere und längere Beatmungszeiten und eine höhere
Mortalitätsrate. Ein signifikanter
Anteil von Patienten mit Kollagenosen und systemischen Vaskuliti-
den manifestierte sich initial als
intensivpflichtige Organmanifestation.
Prof. Dr. med. Gernot Keyßer
Arbeitsbereich Rheumatologie, Universitätsklinikum Halle
Freitag, 08. September 2017
Der Rheumapatient auf der Intensiv­
station
16:45–18:15 Uhr, C1.1.2
(16:45–17:05 Uhr: Epidemiologie und
Outcome von Rheumapatienten auf
der Intensivstation)
Labordiagnostik bei Vaskulitiden
Aktualisierte Empfehlungen
Antineutrophile
zytoplasmatische
Antikörper (ANCA)
sind wertvolle
Laborparameter
für die Diagnosestellung bestimmter Entitäten von
Vaskulitiden,
den sogenanten
E. Csernok
ANCA-assoziierten
Vaskulitiden (AAV:
Granulomatose
mit Polyangiitis,
mikroskopische Polyangiitis und
eosinophile Granulomatose mit
Polyangiitis). Hier präsentiert Dr.
Elena Csernok, Kirchheim unter
Teck, die dieses Jahr erarbeiteten
neuen Leitlinien bezüglich der
ANCA-Testung und Interpretation
in AAV.
Die Diagnose der AAV basiert auf
dem klinischen Bild, auf laborchemischen Untersuchungsbefunden
mit der Gewebebiopsie als Goldstandard sowie auf der ANCA-Testung. Der Nachweis dieser Autoantikörper unterstützt die Diagnose­
sicherung oder den Diagnoseausschluss, die Subspezifizierung der
Erkrankungsentitäten, die Prognose
sowie die Verlaufsbeobachtung.
Aktuelle Entwicklungen
in der ANCA-Diagnostik
Die internationalen Konsensusleitlinien empfehlen das Screening auf
ANCA mittels der indirekten Immunfluoreszenz (IIF) auf ethanol­
fixierten Neutrophilen. Positive
Befunde sollten im Anschluss mittels eines für Proteinase 3 (PR3)
und Myeloperoxidase (MPO)–
ANCA
spezifischen
„Enzymelinked Immunosorbent Assay“
(ELISA) bestätigt werden [1]. Die
Methodik zur Bestimmung von
ANCA wurde weiterentwickelt. Neben dem ursprünglichen PR3- und
MPO-ANCA-ELISA wurden neue
Technologien wie zum Beispiel der
„Adressable Laser Bead Immunoassay“ (ALBIA), der „Chemiluminoscent Immunoassay“ (CLIA), der
„Fluorescent-Enzyme Immunoassay“ (FEIA) sowie die automatisierten IIF-Assays entwickelt [2].
Die Verfügbarkeit zuverlässiger
antigenspezifischer
Immunoassays ließ Zweifel bezüglich der
2-stufigen diagnostischen Strategie aufkommen, die derzeit zur
ANCA-Detektion empfohlen wird.
In vielen klinischen Laboren
wurde die ANCA-IIF entgegen der
bis dato noch gültigen Empfehlungen bereits vollständig abgeschafft, wobei Studiendaten als
Beleg für diese Ein-Schritt-Diagnostik bislang noch fehlten.
ANCA in CED, AH
PR3-ANCA und MPO-ANCA
IIF
EUVAS-Studie
In einer aktuellen multizentrischen Studie bewerteten wir im
Rahmen der European Vasculitis
Study Group (EUVAS) die diagnostische Genauigkeit eines breiten
Spektrums heutzutage erhältlicher
neuer Technologien zur Detektion
von MPO- und PR3-ANCA. Für
diese Studie wurden Patienten mit
AAV und auch von Patienten mit
letztlich unbestätigtem Verdacht
auf AAV untersucht. Die ­Ergebnisse
wurden mit 2 „Goldstandard“-IIFVerfahren verglichen. Der Vergleich verschiedener ANCA-Detektionsmethoden erbrachte große
Schwankungen zwischen den getesteten IIF-Methoden sowie eine
hohe diagnostische Wertigkeit für
PR3- und MPO-ANCA-Immunoassays zur Unterscheidung bei der
AAV von gesunden Kontrollen
(Abb. 1) [3, 4].
Rationaler Einsatz
der ANCA-Testung
Aufgrund der ausgesprochenen
Seltenheit der AAV spielt die Vortestwahrscheinlichkeit bei der
ANCA-Diagnostik eine besonders
große Rolle. Obwohl dieser Zusammenhang an sich jedem Kliniker bekannt sein dürfte, werden
diese Tests sehr häufig im Sinne
einer breiten „Schrotschuss-Diagnostik“ angefordert. Somit stellt
sich nicht selten die Frage, wie ein
positiver Befund bei nicht passender Klinik zu bewerten ist. ANCA
sollten demnach nur bei einer
mindestens mittleren Vortestwahrscheinlichkeit
eingesetzt
werden, das heißt zu dem Zeitpunkt, wenn ein klinisch begründeter Verdacht auf das Vorliegen
einer Vaskulitis besteht.
Die präzise Identifizierung aller
Patienten mit aktiver AAV und das
Vermeiden von Fehldiagnosen
werden bestmöglich durch die
Nutzung antigenspezifischer Assays erreicht.
Neue Konsensempfehlungen
zur ANCA-Diagnostik
Abb. 1 Receiver-Operating-Characteristics-Kurve (ROC) für die antigenspezifischen
Immunoassays und IIF-Methoden [Copenhagen (C, 9) and Bad Bramstedt (BB, 10)]
für die ANCA Detektion. Inova [QuantaLite (1) and QuantaFlash (2)], Thermo-Fisher
(EliA) (3), Bio-Rad (BioPlex 2200) (4), Euro-Diagnostica (5), Orgentec (6), Euroim­
mun (7) and Medipan (CytoBead assay) (8). Quelle: [4]
ANCA in Vasculitis
Die neue internationale Konsensusempfehlung wurde 2016–2017
erarbeitet. Sie legt fest, dass antigenspezifische Immunoassays für
die korrekte Diagnosestellung
1: Detektion
2. Berichte
PR3-ANCA
MPO-ANCA
C-/P-/A-ANCA
Abb. 2 ANCA-Detektions-Algorithmus.
(AH = autoimmune Hepatitis, ANCA = antineutrophile zytoplasmatische Antikörper, CED =
chronisch entzündliche Darmerkrankungen, IIF = indirekte Immunfluoreszenz, MPO = Myelo­
peroxidase, PR3 = Proteinase 3)
Quelle: Dr. med. Elena Csernok, Kirchheim unter Teck
ohne die Notwendigkeit einer zusätzlichen IIF benutzt werden können (Abb. 2) [5].
Die folgenden internationalen
Empfehlungen sollten für die
ANCA-Testung bei Kleingefäßvaskulitiden berücksichtigt werden:
•
Ein Steuerungsverfahren bei
der Anforderung eines ANCATests mit Beschränkung auf
Patienten mit einer mit AAV
vereinbaren klinischen Manifestationen ist notwendig und
das Beachten der klinischen
Anforderungsleitlinien
zur
ANCA-Testung ist unabdingbar.
•
Die ANCA-Testung kann mittels alleinigem antigenspezifischen Immunoassay für PR3und MPO-ANCA durchgeführt
werden.
•
Wenn PR3- und MPO-ANCA
negativ sind und der Verdacht
auf einer Kleingefäßvaskulitis
besteht, wird ein anderer Immunoassay und/oder IIF empfohlen.
•
Eine AAV-Diagnose kann
nicht ausgeschlossen werden,
wenn beide PR3- und MPOANCA-negativ sind.
•
Der Befund der ANCA-Bestimmung sollte eine Warnung
enthalten, dass Therapieentscheidungen nicht auf alleiniger Basis des ANCA-Tests getroffen werden sollten.
Diese aktuellen Konsensus-Empfehlungen beziehen sich auf die
ANCA-Testung zur Diagnosefindung einer Vaskulitis, jedoch nicht
auf die Diagnostik bezüglich einer
chronisch-entzündlichen Darmer-
krankung, Autoimmunhepatopathie oder einer drogen- oder medikamenteninduzierten Autoimmunität.
Dr. med. Elena Csernok
Abteilung für Innere Medizin – Rheumatologie, Kreiskliniken Esslingen GmbH,
Klinik Kirchheim, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Tübingen,
Kirchheim unter Teck
Literatur
1
2
3
4
5
Savige J, Gillis D, Benson E et al. International Consensus Statement
on testing and reporting of antineutrophil cytoplasmic antibodies
(ANCA). Am J Clin Pathol 1999; 111:
507–513
Csernok E, Moosig F. Current and
emerging techniques for ANCA detection in vasculitis. Nat Rev Rheumatol 2014; 10: 494–501
Csernok E, Damoiseaux J, Rasmussen N et al. Evaluation of automated
multi-parametric indirect immunofluorescence assays to detect
antineutrophil cytoplasmic antibodies (ANCA) in granulomatosis with
polyangiitis (GPA) and microscopic
polyangiitis (MPA). Autoimmunity
Reviews 2016; 15: 736–741
Damoiseaux J, Csernok E, Rasmussen N et al. Detection of antineutrophil cytoplasmic antibodies
(ANCAs): a multicentre European
Vasculitis Study Group (EUVAS)
evaluation of the value of indirect
immunofluorescence (IIF) versus antigen-specific immunoassays. Ann
Rheum Dis 2016; 76: 647–653
Bossuyt X, Cohen Tervaert JW, Arimura Y et al. Revised international
consensus statement on testing of
anti-neutrophil cytoplasm antibodies
in small vessel vasculitis. Nature Rev
Rheumatology 2017; [in revision]
Mittwoch, 06. September 2017
WIN: Vaskulitiden
(Erste Plenarsitzung)
17:00–18:00 Uhr, C1.1.2
(17:45–18:00 Uhr: Aktualisierte Emp­
fehlungen zur Labordiagnostik bei
Vaskulitiden)
9
10
Current congress | Highlights
Autoinflammatorische Erkrankungen
Was wird zur Therapie empfohlen?
Autoinflammatorische Erkrankungen (AID) umfassen
eine heterogene Gruppe von seltenen genetischen
Krankheiten, die durch periodische Fieberschübe und
zusätzliche Organmanifestationen gekennzeichnet sind.
Beim Management der AID fehlt es an evidenzbasierten
Leitlinien. Vor diesem Hintergrund hat die Gesellschaft
für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) eine Kommission „Projekte zur Klassifikation, Überwachung und
Therapie in der Kinderrheumatologie“ (PRO-KIND) mit
verschiedenen Arbeitsgruppen berufen, berichtet Prof.
J. Kümmerle-Deschner
Jasmin Kümmerle-Deschner, Tübingen. Hier werden
Behandlungsempfehlungen zu den Erkrankungen Cryopyrin assoziierte periodische Syndrome (CAPS), TumornekrosefaktorRezeptor assoziiertes Syndrom (TRAPS), Hyper-IgD-Syndrom (HIDS)
sowie zum familiären Mittelmeerfieber (FMF) vorgestellt.
Es liegen bisher für FMF und CAPS
Diagnosekriterien [1, 2], ansonsten
Klassifikationskriterien vor [3].
Grundlage der Diagnose bei AID
sind die Anamnese/Familienanamnese, die Beurteilung der Krankheitsaktivität anhand eines Fiebertagebuchs/Beschwerdetagebuchs
(„auto-inflammatory diseases activity index“, AIDAI), körperliche
Untersuchung sowie Laboruntersuchungen (Entzündungsparameter CRP, SAA, BSG). Dazu kommen
HNO/Audiogramme bei CAPS, die
augenärztliche Untersuchung, die
Liquorpunktion und MRT des zentralen Nervensystems bei neurologischer Symptomatik sowie die genetische Diagnostik.
Krankheitsaktivität/
Therapiemonitoring
Bei AID können Befindlichkeitsstörungen sowohl krankheitsbedingt
sein, als auch durch die medikamentöse Therapie verursacht werden und stark variieren. Eine
Dosis­
anpassung kann notwendig
werden, um eine vollständige Remission zu erzielen („Treat-totarget“-Strategie). Daher wird
empfohlen, die Krankheitsaktivität jedes Patienten mit Krank-
heitsaktivitätsscores wie AIDAI
oder visuelle Analogskala (VAS)
Arzt/Patient zu überwachen.
Das Management
von Patienten mit
AID ist komplex
Tab. 1
Therapieprinzip allgemein: Empfehlungen von PRO-KIND, basierend auf den europäischen Empfehlungen (SHARE).
Allgemeines Prinzip
L
S
Zustimmung
SHARE
Zustimmung
PRO-KIND
Das Management von AID-Patienten sollte idealerweise durch ein multidisziplinäres Team in einem spezialisierten Zentrum mit Erfahrung in AID erfolgen, das
auch Zugang zu genetischer Beratung hat.
4
D
100 %
91,11 %
Bei Patienten mit AID sollten patienten- sowie familienzentrierte Entscheidungen durch ein multidisziplinäres Team getroffen werden.
4
D
100 %
81,40 %
Ziel der Behandlung von AID sollten sein
•
frühe und schnelle Kontrolle der Krankheitsaktivität
•
Verhinderung von krankheits- und behandlungsbedingten Folge­
schäden
•
Ermöglichung der Teilnahme der Patienten am täglichen Leben
•
Verbesserung der Lebensqualität
4
D
100 %
100 %
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankungen werden die Symptome und deren
Auswirkungen häufig nicht adäquat eingeschätzt, wodurch die Lebensqualität der Patienten stark eingeschränkt wird. Bei der Behandlung ist daher eine
psychosoziale Versorgungsstruktur notwendig, da die Erkrankungen erhebliche
Auswirkungen auf alle Lebensbereiche der Patienten haben können.
4
D
100 %
89,67 %
AID: autoinflammatorische Erkrankungen, L: Evidenzlevel, 4: Expertenmeinung; S: Stärke der Empfehlung, D: basiert auf Evidenzlevel 4, Zu­
stimmung SHARE: Prozentsatz der SHARE-Experten, die dieser Empfehlung in der letzten Runde zugestimmt haben; Zustimmung PRO-KIND:
Prozentsatz der PRO-KIND-Experten, die der Empfehlung zugestimmt haben
CAPS
Das Management von Patienten
mit AID ist komplex und erfordert
die Zusammenarbeit eines interdisziplinären Teams mit pädiatrischen und/oder internistischen
Rheumatologen, Ophthalmologen,
Hals-Nasen-Ohren-Ärzten
und
Nephrologen sowie Vertretern
medizinischer Heilberufe wie Physiotherapeuten und gegebenenfalls Ergotherapeuten. Der Zugang
zu genetischer Diagnostik mit Expertise in AID ist wichtig, da die
Interpretation der Untersuchungsbefunde und die Beratung von Familienmitgliedern sehr herausfordernd sein können [4].
Bei den AID handelt es sich um lebenslange Erkrankungen mit zum
Teil ausgeprägten Einschränkungen im Leben der Patienten und
ihrer Familien. Deswegen sollte
den Betroffenen eine umfassende
Betreuung durch psychosoziales
Fachpersonal zur Verfügung stehen (Tab. 1).
Für CAPS sind die 3 Interleukin
(IL)-1-Inhibitoren Anakinra, Canakinumab und Rilonacept verfügbar; in Deutschland sind Anakinra
und Canakinumab zugelassen
(Abb. 1). Für CAPS konnte keine
Wirksamkeit anderer Antirheumatika belegt werden. Manche Patienten profitieren von nicht steroidalen antiinflammatorischen
Medikamenten (NSAID) oder Kortikosteroiden, die symptomlindernd neben der Behandlung mit
IL-1-Blockern eingesetzt werden
können.
TRAPS
Da eine andauernde Krankheitsaktivität mit einer AA-Amyloidose
einhergehen und ein langer Einsatz von Kortikosteroiden viele
Nebenwirkungen haben kann,
wird eine Erhaltungstherapie mit
IL-1-Inhibitoren
(Canakinumab
mittlerweile für die Behandlung
von TRAPS zugelassen) oder Etanercept bei Patienten mit häufigen
Schüben und/oder andauernder
Definition Therapieziel: komplette Remission
Definition der Remission: kein Nachweis klinischer Krankheitsaktivität + normale CRP/SAA-Werte
Beurteilung der Erkrankungsaktivität: Patienten: AIDAI + VAS - ärztlich: CAPS-Symptome + VAS
Phänotyp-Stratifizierung:
CINCA/NOMIDFCAS/MWS
Therapie: IL-1-Inhibition
Anakinra 2 mg/kg/Tag oder
Canakinumab 4 mg/kg/8 Wochen
Therapie: IL-1-Inhibition
Anakinra 2 mg/kg/Tag oder
Canakinumab 2 mg/kg/8 Wochen
Evaluation der Erkrankungsaktivität
nach einem Monat
Therapieziel erreicht?
Verlaufskontrollen
• Erkrankungsaktivität:
alle 3 Monate (s.o.)
• Damage:
alle 6 Monate
(HNO/Augen/Niere)
ADDI-Damage-Score
Ja
Fortsetzung der Therpie in
gewählter Dosierung
Nein
Dosisanpassung:
• Anakinra 4 mg/kg dann switch
• Canakinumab 4 mg/kg/
8 Wochen,
dann 4 mg/kg/4 Wochen
Abb. 1 Therapieprinzip CAPS, „Treat-to-target“-Strategie.
(ADDI = „autoinflammatory disease damage index“, AIDAI = „auto-inflammatory diseases activity index“, CAPS = Cryopyrin assoziierte
periodische Syndrome, CINCA = chronisches infantiles neuro-kutaneo-artikuläres Syndrom, CRP = C-reaktives Protein, FCAS = familiäres
kälteinduziertes autoinflammatorisches Syndrom, IL = Interleukin, MWS = Muckle-Wells-Syndrom, NOMID = „neonatal onset multisystem
inflammatory disease“, SAA = Serum-Amyloid-A, VAS = visuelle Analogskala) Quelle: Prof. Dr. Jasmin Kümmerle-Deschner, Tübingen
klinischer Inflammation empfohlen [5].
HIDS
Haben Patienten häufige Schübe
oder weisen auch zwischen den
Schüben permanente subklinische
Krankheitsaktivität auf, wird eine
Behandlung mit IL-1-Inhibitoren
oder Tumornekrosefaktor (TNF)Blockern empfohlen. Eine spezifischere Empfehlung zu einem der
jeweiligen Therapeutika lässt sich
aufgrund der zu schwachen Datenlage nicht aussprechen.
In Einzelfällen mit schwerem
Krankheitsverlauf und geringer
Lebensqualität kann eine allogene
hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) indiziert sein.
FMF
Für FMF liegen von der Europan
League against Rheumatism (EULAR) veröffentlichte Empfehlungen zum Management vor [6]. Diesen entsprechend ist das Ziel der
Behandlung die vollständige Vermeidung von Anfällen sowie der
subklinischen Krankheitsaktivität
zwischen Anfällen. Eine Behandlung mit Colchizin sollte so früh
wie möglich begonnen werden.
Bei Patienten, die Colchizin nicht
tolerieren oder keine Wirkung auf
die Maximaldosis zeigen, ist die
Behandlung mit IL-1-Inhibitoren
oder TNF-Inhibitoren indiziert. Bei
Patienten mit AA-Amyloidose
wird zusätzlich die Behandlung
mit Biologika empfohlen. Behandlungserfolg, Medikamententoxizität sowie Compliance sollten alle 6
Monate überprüft werden.
Prof. Dr. med. Jasmin Kümmerle-­
Deschner
Universitätsklinik für Kinder- und
Jugendmedizin Tübingen
Literatur
1
2
3
4
5
6
Kuemmerle-Deschner JB, Ozen S,
Tyrrell PN et al. Diagnostic criteria
for cryopyrin-associated periodic
syndrome (CAPS). Ann Rheum Dis
2017; 76: 942–947
Giancane G, Ter Haar NM, Wulffraat
N et al. Evidence-based recommendations for genetic diagnosis of familial Mediterranean fever. Ann Rheum Dis 2015; 74: 635–641
Federici S, Sormani MP, Ozen S et
al. Evidence-based provisional clinical classification criteria for autoinflammatory periodic fevers. Ann
Rheum Dis 2015; 74: 799–805
Ter Haar NM, Oswald M, Jeyaratnam
J et al. Recommendations for the
management of autoinflammatory
diseases. Ann Rheum Dis 2015; 74:
1636–1644
Ter Haar N, Lachmann H, Ozen S et
al. Treatment of autoinflammatory
diseases: results from the Eurofever
Registry and a literature review. Ann
Rheum Dis 2013; 72: 678–685
Ozen S, Demirkaya E, Erer B et al.
EULAR recommendations for the
management of familial Mediterranean fever. Ann Rheum Dis 2016;
75: 644–651
Donnerstag, 07. September 2017
Autoinflammation
08:30–10:00 Uhr, C1.1.1
(09:30–09:50 Uhr: Therapieempfeh­
lungen bei autoinflammatorischen
Syndromen)
Impressum
Redaktion
Simone Müller (V.i.S.d.P.)
Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart
Tel. 0711/8931-416, Fax: 0711/8931-322
[email protected]
Herstellung & Layout
Karl-Heinz Zobel
Druck
Grafisches Centrum Cuno, Calbe
Verantwortlich
für den Anzeigenteil
Thieme Media
Pharmedia Anzeigen- und
Verlagsservice GmbH
Conny Winter
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart
Tel.: 0711/8931-509, Fax: 0711/8931470
[email protected]
Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 15,
gültig seit 1.1.2017
Verlag
Karl Demeter Verlag im Georg Thieme
Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart
Hinweis
Gezeichnete Beiträge geben nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion
wieder. Eine Haftung für die Richtigkeit
der Veröffentlichung können Verlag und
Redaktion trotz sorgfältiger Überprüfung nicht übernehmen. Anzeigen
und Fremdbeilagen stellen allein die
Meinung der dort erkennbaren Auftraggeber dar.
Für Angaben über Dosierungsanweisungen, Applikationsformen und
Laborwerte kann vom Verlag keine
Gewähr übernommen werden.
Die Beiträge unter der Rubrik „Forum
der Industrie“ stehen nicht in Zusammenhang mit den wissenschaftlichen
Inhalten der Kongress­zeitung. Die
Rubrik „Forum der Indus­trie“ enthält
Beiträge, die auf Unternehmens­
informationen basieren und erscheint
außerhalb der Verantwortung des
Kongresspräsidiums. Einzelne Beiträge
sind ganz oder teilweise von einem
Unternehmen gesponsert und separat
gekennzeichnet.
12
Current congress | Highlights
Forum der Industrie
EULAR 2017: Aktuelle Daten zu Abatacept zur Behandlung der RA
Bristol-Myers Squibb hat kürzlich
auf dem 18. Jahreskongress der European League Against Rheumatism (EULAR) in Madrid neue Daten zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) mit Abatacept
(Orencia®) vorgestellt. Darunter
war auch eine Post-hoc-Analyse
der 2-Jahres-Daten aus der AMP­
LE-Studie, die das Therapieansprechen von Patienten mit prognostisch ungünstigen Faktoren untersuchte. Laut dieser Analyse scheinen seropositive Patienten mit
früher, erosiver RA (mit Antikörpern gegen zyklisch zitrullinierte
Peptide [ACPA] oder den Rheumafaktor [RF] sowie einer kurzen
Krankheitsdauer und bestehenden Gelenkschädigungen) besonders von der Behandlung mit dem
T-Zell-Kostimulationsmodulator
Abatacept im Vergleich zum Tumornekrosefaktor (TNF)-Inhibitor
Adalimumab zu profitieren [1]. Ein
ähnlicher Trend zeigte sich auch in
einer Datenerhebung, die auf einer
Analyse elektronisch erfasster Behandlungsdaten basiert. In dieser
retrospektiven Erhebung wurden
Daten von Patienten mit RA und
prognostisch ungünstigen Faktoren ausgewertet, die mit Abatacept oder einem TNF-Inhibitor
therapiert wurden. Dabei zeigten
seropositive Patienten (ACPA/RF)
mit RA und Erosionen in der mit
Abatacept behandelten Gruppe
eine verstärkte Abnahme der
Krankheitsaktivität [2].
Die Head-to-Head-Studie AMPLE
zeigte bei Biologika naiven Patienten eine vergleichbare Wirksamkeit von Abatacept plus Methotrexat (MTX) und Adalimumab plus
MTX, sowohl bezogen auf den primären Endpunkt nach 12 Monaten
(Nichtunterlegenheit
für
ACR20) als auch nach 24 Monaten
[3, 4]. In einer neuen, auf dem EULAR 2017 präsentierten Post-hocAnalyse dieser Studie wurde nun
das Ansprechen von Abatacept im
Vergleich zu Adalimumab in Abhängigkeit von prognostisch ungünstigen Faktoren bei Patienten
mit einer frühen, erosiven RA untersucht. Bei einfach ACPA+- oder
RF+-Patienten mit einer kurzen
Krankheitsdauer (≤ 6 Monate) und
bestehenden Gelenkschädigungen
(> 1 Erosion; Kohorte 1) wurde
über die Studiendauer von 24 Monaten eine numerisch größere Reduktion der Krankheitsaktivität
für Abatacept im Vergleich zu Adalimumab
beobachtet
(DAS28
[CRP] -2,18 vs. -1,56 nach 26 Wochen, -2,58 vs. -1,68 nach 52 Wochen und -2,50 vs. -2,0 nach 104
Wochen). Im Gegensatz dazu wurden keine Unterschiede zwischen
Abatacept und Adalimumab bei
Patienten festgestellt, bei denen
mindestens ein prognostisch ungünstiger Faktor (Krankheitsdauer
≤ 6 Monate, ACPA+ oder RF+, > 1
Erosion) fehlte (Kohorte 2) [1].
Aufgrund der relativ geringen Patientenzahlen in den Behandlungsgruppen (Kohorte 1: n = 83; Kohorte 2: n = 563) sind jedoch weitere präspezifizierte, randomisierte Studien erforderlich, um
Unterschiede zwischen Biologika
mit verschiedenen Wirkmechanismen bei Patienten mit früher, progressiver RA nachzuweisen.
Gestützt werden diese Ergebnisse
durch die Analyse von Real-World-
Daten, die auf einer retrospektiven
Erhebung elektronisch erfasster
Behandlungsdaten von über 6500
US-amerikanischen Patienten mit
RA basiert (JointMan Database®)
[2]. Der im Rahmen der Studie bewertete primäre Endpunkt bestand in der durchschnittlichen
Änderung des Clinical Disease Activity Index (CDAI) gegenüber
Baseline nach 6 Monaten. Mit Abatacept behandelte, ACPA/RF seropositive Patienten (ACPA+ oder
RF+ oder beides) mit Erosionen
sprachen im Vergleich zu allen anderen mit Abatacept therapierten
Patienten geringfügig besser auf
die Behandlung an (CDAI -9,7
vs. -7,5). Auch bei der Follow-upAnalyse zeigte sich, dass mit Abatacept behandelte Patienten mit
prognostisch ungünstigen Faktoren häufiger eine geringe Krankheitsaktivität oder Remission erreichten als Patienten ohne prognostisch ungünstige Faktoren
(34 % im Vergleich zu 25 %). Für
seropositive Patienten mit Erosionen, die einen TNF-Inhibitor erhalten hatten, wurde ein ähnlicher
Trend nicht beobachtet (LDA 45 %
im Vergleich zu 42 %) [2].
Prognostisch ungünstige Faktoren
bei RA-Patienten sind mit einer
erhöhten Funktionseinschränkung
und Mortalität assoziiert [5, 6].
Die Ergebnisse der beiden auf dem
EULAR 2017 präsentierten Analysen weisen darauf hin, dass besonders Patienten mit früher, prognostisch ungünstiger RA von Abatacept profitieren können.
Literatur
1
Fleischmann R et al. Annual European Congress of Rheumatology
der(EULAR 2017; Abstract SAT0041
2 Alemao E et al. Annual European
Congress of EULAR 2017; Abstract
FRI0232
3 Weinblatt ME et al. Arthritis Rheum
2013; 65: 28–38
4 Schiff M et al. Ann Rheum Dis 2014;
73: 86–94
5 Humphreys JH et al. Arthritis Res
Ther 2014; 16: 483
6 Quinn MA et al. Rheumatology
2006; 45: 478–480
Quelle: nach einer Pressemitteilung
der Bristol-Myers Squibb GmbH &
Co. KGaA, München
Therapeutische Fenster in der orthopädischen Rheumatologie
Gelenkdestruktion bleibt unter moderner medikamentöser Therapie häufig unentdeckt
Dieser Rückgang gelenkerhaltender Eingriffe dient immer wieder
als Argument für die Wirksamkeit
der Immuntherapie. Auf der anderen Seite sehen wir seit einigen
Jahren – 17 Jahre nach der Einführung der Biologika – zunehmend
sekundäre, postarthritische Arthrosen, die dann nur noch endoprothetisch oder durch Arthrodesen
und Resektionsarthroplastiken zu
behandeln sind, da sich das therapeutische Fenster für gelenkerhaltende Eingriffe bereits geschlossen
hat. Diese Patienten berichten
über fehlende oder nur leichte Beschwerden, wie eine Morgensteifigkeit von weniger als 30 min, die
als Kriterium für eine gute medikamentöse Einstellung gilt. Es darf
also davon ausgegangen werden,
dass auch die gedämpfte Entzündung zu Gelenkschäden führt.
Schmerzen treten
häufig erst spät auf
Aufgrund dieser geringen Progredienz treten Schmerzen aber häufig erst auf, wenn das Gelenk bereits instabil und/oder zerstört ist.
Eine alleinige anamnestische Verlaufskontrolle ist daher heutzutage nicht mehr geeignet, alle therapeutischen Optionen zu nutzen.
Grundsätzlich werden sekundäre
Arthrosen an den unbelasteten Gelenken der oberen Extremitäten
besser toleriert als an den belasteten Gelenken der unteren. Am
Knie schließt sich, nach dem 1.
therapeutischen Fenster des Ge-
lenkerhaltes, das 2. therapeutische
Fenster für einen ungekoppelten
Oberflächenersatz als knochensparendste Kniegelenkendoprothese bei großen knöchernen Defekten durch Arrosionen am
Schienbeinkopf oder den Femurkondylen und bei einer Destruktion der Kollateralbänder durch
den synovialitischen Pannus.
kann sich nicht nur das therapeutische Fenster für gelenkerhaltende Operationen schließen, es
kann auch zur septischen Streuung
mit Todesfolge kommen. Diese
schwere Komplikation tritt vor allem bei einer Koinzidenz einer immunsupprimierten
rheumatischen Erkrankung mit einem Diabetes mellitus auf.
Tenosynovialitiden,
septische Gelenke und
Sehnenscheidenphlegmone
Starker Schmerz ist
kein zuverlässiges
Leitsymptom mehr
Neben den relativ lange offenen
Fenstern im Verlauf der prolongierten Gelenkdestuktion können
die häufig schmerzlosen Tenosynovialitiden, welche auf die immunsuppressive Therapie häufig weniger gut ansprechen als die Gelenke,
in relativ kurzer Zeit zu einer synovialitischen Durchwanderung der
Sehnen mit nur aufwendig zu rekonstruierenden Defektrupturen
führen. Auch septische Gelenke
und Sehnenscheidenphlegmone
zeigen unter der Immunsuppression häufig keine oder nur sehr geringe
Entzündungsreaktionen.
Durch eine Fehlinterpretation eines Gelenkempyems als „rebellisches Gelenk“ kann wertvolle Zeit
verstreichen.
Währenddessen
Durch die wirksame Unterdrückung von Entzündungsreaktionen ist der früher in den meisten
Fällen vorhandene starke Schmerz
kein zuverlässiges Leitsymptom
mehr. Sollen künftig wieder alle
Therapieoptionen genutzt werden, so ist eine sehr viel wachsamere Überwachung der Patienten
angezeigt.
Gelenkschwellungen
sollten klinisch und sonografisch
beurteilt werden, um gegebenenfalls Synovialektomien rechtzeitig
durchführen zu können. Alle unter
wirksamer
Immunsuppression
neu auftretenden Ergüsse an Gelenken und Sehnenscheiden sollten sofort punktiert werden, um
eine Infektion auszuschließen, die
unmittelbares operatives Handeln
erfordert. Um schleichende Veränderungen rechtzeitig zu erkennen,
muss der immunsupprimierte Patient geschult werden, sich beim
Auftreten dieser Symptome unmittelbar rheumatologisch zur Beurteilung, weiteren Diagnostik
und gegebenenfalls Therapie vorzustellen. Die enge Zusammenarbeit von internistischen und orthopädischen Rheumatologen ist
weiterhin essenziell, um keine
Therapieoptionen leichtfertig zu
vergeben. Eine Vorstellung dieser
Patienten alle 6–12 Monate bei einem Rheumaorthopäden würde
einen wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung dieser Patienten
leisten.
Prof. Dr. med. Ralph Gaulke
Klinik für Unfallchirurgie, Medizinische
Hochschule Hannover (MHH)
Donnerstag, 07. September 2017
Therapeutische Fenster in der ortho­
pädischen Rheumatologie
10:30–12:00 Uhr, C6.2
(10:30–11:15 Uhr: Obere Extremität
– richtiger Operationszeitpunkt für
gelenkerhaltende Eingriffe)
Bild: CD04 Medicine today
Durch die moderne medikamentöse Therapie
entzündlich
rheumatischer
Erkrankungen
können diese in
ihrer Aktivität
besser gedämpft
werden als vor der
Ära der Biologika.
R. Gaulke
Dies hat zu einer
sprunghaften und
äußerst erfreulichen Verbesserung der Lebensqualität dieser
Patienten geführt, berichtet Prof.
Ralph Gaulke, Hannover. Die
früher in hoher Anzahl durchgeführten Synovialektomien zum
Gelenkerhalt werden heute nur
noch vergleichsweise selten,
bei fehlender Wirksamkeit der
immunsuppressiven Behandlung
oder bei „rebellischen Gelenken“
angewendet.
Current congress | Highlights
13
14
Current congress | Highlights
Axiale Spondyloarthritis
Prognostische Faktoren für das Therapieansprechen
J. Braun
Infrage kommt bei Patienten mit
axSpA – wie bei vielen anderen
entzündlich rheumatischen Erkrankungen – zunächst die im
Sinne des „Treat-to-target“-Prinzips meist im Vordergrund stehende Krankheitsaktivität. Diese
wird als (Rücken-)Schmerz auf einer numerischen Rating-Skala
(NRS) sowie als (Morgen-)Steifigkeit und zum Teil mit zusätzlichen
Laborparametern wie C-reaktives
Protein (CRP) oder Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) zu einem
bestimmten Zeitpunkt oder im
Verlauf über Monate oder Jahre
gemessen, Beispiele sind Ankylosing Spondylitis Disease Activity
Score (ASDAS) und Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity
Index (BASDAI).
Anhaltspunkte für die
aktuelle Krankheitsaktivität
Als Anhaltspunkte für die aktuelle
Krankheitsaktivität werden auch
magnetresonanztomografische
(MRT) Untersuchungsergebnisse
verwendet. Hierfür stehen verschiedene Scoringmethoden (ASspiMRI-a, SPARCC) zur Verfügung.
Während der ASDAS in Evaluationen besser abschneidet und datenbasiert entwickelt wurde, hat der
BASDAI den Vorteil eines reinen
„patient related outcome“, dessen
Ergebnis dem Untersucher unmit-
telbar zur Verfügung steht. Das
trifft auch auf Bath Ankylosing
Spondylitis
Functional
Index
(BASFI) und Funktionsfragebogen
Hannover (FFbH) zu, mit denen
der Erhalt beziehungsweise die
Verbesserung von Funktionen allgemein, gezielt oder konkret auf
den Alltag bezogen gemessen
wird. Dies beinhaltet auch die Mobilität des Achsenskeletts, die im
Rahmen einer körperlichen Untersuchung objektiv vermessen werden kann. Hierbei geht es um die
Vorwärts- und Seitwärtsbewegung der Wirbelsäule, um die zervikale Rotation und Fixierung sowie um die Beweglichkeit der
Hüftgelenke (BASMI). Zusätzlich
kann die Thoraxexkursion gemessen werden.
In den Niederlanden wurden kürzlich auch objektive Parameter zur
Messung von Funktionen wie etwa
ein Gehtest erprobt. Aktivität und
Partizipation der Patienten sind
ebenfalls wichtig. Dies beinhaltet
neben dem Beruf auch Sozialstrukturen wie die Familie und die
Ausübung von Hobbies, Sport etc.
All dies beeinflusst die Lebensqualität (AS-QoL) sowie den Gesamtgesundheitszustand (ASAS-HI). Im
Zusammenhang mit der Berufsausübung sind auch Produktivität,
„absentesism“ und „presenteeism“
von Interesse.
Strukturelle Veränderungen
am Achsenskelett
Zu guter Letzt geht es bei der axSpA
um strukturelle Veränderungen im
Achsenskelett, das heißt in den Sakroiliakalgelenken und der Wirbelsäule. Hierbei geht es zum Teil um
Anzeichen von Destruktion (Erosionen), vor allem aber um Knochenneubildung (Syndesmophyten, Ankylose). Bei der Ausbildung von
Kastenwirbelkörpern sind beide
Pathomechanismen involviert. Die
zurzeit für die Messung von strukturellen Veränderungen am besten
evaluierte Methode ist der Modified Stoke Ankylosing Spondylitis
Spinal Score (mSASSS).
Grundsätzlich kann man sagen,
dass der Effekt oder auch die Effizienz von medikamentösen und auch
nicht medikamentösen Interventionen wie etwa mit physikalischen
Therapiemaßnahmen auf die verschiedenen Outcome-Parameter in
aller Regel gleichsinnig ist. Wenn
sich Schmerz und Krankheitsaktivität verbessern, steigt in der Regel
auch die Lebensqualität. Es kann
allerdings auch nicht unerhebliche
Unterschiede geben – zum Beispiel
kann eine Funktionsverbesserung
ausbleiben, weil bereits Ankylosierungen vorliegen.
Die Datenlage hinsichtlich der prognostischen Aussagekraft von etablierten
Response-Definitionen
wie ASAS20, ASAS40 und ASAS
partial remission beinhaltet unter
anderem, dass das Erreichen einer
Remission in den ersten Wochen
vorhersagt, ob eine Remission
auch noch nach Jahren besteht.
Ergebnisse von
Therapiestudien
Was bei Therapiestudien mit der
Klassifikation der nicht röntgenologischen axSpA meist heraus-
Bild: Fotolia, S. Kaulitzki
Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) ist eine chronisch
entzündlich rheumatische Erkrankung, die bei den
betroffenen Patienten durch Entzündung und Knochenneubildung pathologische Veränderungen vor allem
im Achsenskelett bewirkt. Wenn man prognostische
Faktoren untersucht, muss man sich grundsätzlich als
Erstes darauf einigen, um welche Outcomeparameter
es dabei gehen soll und ob es um kurz-, mittel- oder
langfristige Verläufe geht, rät Prof. Jürgen Braun,
Herne.
kommt, ist ein wesentlicher Einfluss der Krankheitsdauer, des Alters und der Entzündungsaktivität, gemessen mit CRP und/oder
MRT. Dies hat zu einer Einschränkung der Zulassung von Tumor­
nekrosefaktor (TNF-)Blockern bei
dieser Indikation geführt. Nichtsdestoweniger wurde nachgewiesen, dass auch Patienten mit weitgehender Ankylosierung von einer
Anti-TNF-Therapie klinisch relevant profitieren können.
Einfluss von Medikamenten
auf die Knochenneubildung
Neben den etablierten Faktoren,
die das Auftreten von Syndesmophyten begünstigen, wie männliches Geschlecht oder unter anderem Entzündungsaktivität, gibt es
Anhaltspunkte für einen Einfluss
von Medikamenten auf die Knochenneubildung: Im Bereich der
nicht steroidalen Antiphlogistika
(NSAR) gilt das für die kontinuierliche Gabe des Coxibs Celecoxib,
was einer „On-demand“-Verabreichung überlegen war, nicht aber
für Diclo­fenac. TNF-Blocker müssen offenbar mehrere Jahre beziehungsweise sehr früh eingesetzt
werden, um einen Effekt zu erzielen. Ob der Interleukin-17-Antagonist Sekukinumab die Ankylosierung verzögert, ist noch unklar;
die mSASSS-Progression war in einer Studie sehr niedrig. Die klinische Bedeutung der Röntgenprogression im Vergleich zu Schmerz,
Funktion und Mobilität ist in den
ersten 10 Jahren aber möglicherweise gering.
Prof. Dr. med. Jürgen Braun
Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne;
Ruhr Universität Bochum
Freitag, 08. September 2017
Risikostratifikation im klinischen
Alltag
14:45–16:15 Uhr, C1.2.2
(15:25–15:45 Uhr: Prognostische
Faktoren des Therapieansprechens
bei AS)
Mastzellerkrankungen als Differenzialdiagnose im rheumatologischen Alltag
Rheumatische Symptome durch Mediatorfreisetzung
Traditionell wurden Mastzellerkrankungen vor allem
über die Hämatologie und Dermatologie diagnostiziert. Durch dysfunktionale Mastzellen und ihre
erhöhte Freisetzung verschiedener Mediatoren kann es
zu variablen, multisystemischen Symptomen kommen.
Je nach individueller Ausprägung ergibt dies Anlass
zur Vorstellung in der Rheumatologie, was in der
praktischen Versorgung aufgrund der teils erheblichen
phänotypischen Ähnlichkeit zu verschiedenen rheumatologischen Erkrankungen eine Grundkenntnis zur
B. Walz
Pathogenese, zur Diagnostik und zu Therapieansätzen
erfordert. Ähnlich wie bei den inflammatorischen
Autoimmunopathien sind mehr Frauen betroffen und es besteht
offenbar eine wesentliche genetische/epigenetische Komponente,
berichtet Dr. Bastian Walz, Kirchheim unter Teck.
Mastzellen funktionieren als ortsständige Effektoren unter anderem
von allergischen Reaktionen, Infektionen, Hormoneinflüssen, physikalischen oder chemischen Reizen.
Analog ihrer Funktion findet sich
die höchste Mastzelldichte typi-
scherweise an den Schleimhaut-/
Haut-Grenzen zur Umwelt, sie können aber in praktisch jedem Organ
nachgewiesen werden. Gewebsmastzellen enthalten hunderte Vesikel, deren Inhalt stark gewebeabhängig variiert. Dabei wurden be-
reits über 200 meist proinflamma­
torische Mediatoren identifiziert,
die jeweils eigenständige Symptome oder Zellinteraktionen verursachen (Tab. 1). Eine beschleunigte
Differenzierung, eine Akkumulation in verschiedenen Organen und
eine gestörte Apoptose verursachen dabei die Beschwerden der
sogenannten
Mastzellaktivitätssyndrome (MCAS).
Definition und
Klassifikation der MCAS
Im Jahr 2011 und 2012 wurden
Leitlinien beziehungsweise Konsensusempfehlungen zur Definition und Klassifikation der MCAS
gefasst [1, 2]. Dabei werden je nach
potenzieller Assoziation des MCAS
zu anderen Erkrankungen primäre
MCAS, sekundäre MCAS und idiopathische MCAS unterschieden.
Insbesondere ermöglicht dabei die
Abgrenzung der seltenen (mono-)
klonalen systemischen Mastozytose von den deutlich häufigeren
nicht klonalen Formen eine Subklassifizierung der Mastzellaktivitätserkrankungen.
In unterschiedlichem Ausmaß bestehen dabei auch (Pseudo-)Allergien, die überdurchschnittlich
häufig auch zu Medikamentenunverträglichkeiten führen. Die unkontrolliert freigesetzten Mediatoren aus den aktivierten Mastzellen verursachen gewebetypische Veränderungen und lokale
Symptome, unter anderem Diarrhöen, abdominelle Schmerzen,
Meteorismus, Urtikaria und andere Hauteffloreszenzen, Pruritus, Husten, Dyspnoe oder Flushsymptome. Auch muskuloskeletale Symptome wurden berichtet;
die Art und Häufigkeit von Symptomen und Manifestationen des
MCAS am Bewegungsapparat war
bis dato wenig bekannt.
Aktuelle Daten auf
Kongress vorgestellt
Erste auf diesem Kongress vorgestellte Daten einer in unserem Zentrum untersuchten Kohorte von
150 Patienten zeigt, dass MCASPatienten mit koinzidenter entzündlich-rheumatischer
Erkrankung signifikant häufiger Arthralgien (89,2 % vs. 46,9 %) beziehungsweise Myalgien (56,8 % vs. 46 %)
aufweisen als reine MCAS-Patienten [3]. Auch MCAS-assoziierte
Hautveränderungen, orale Aphthen, Xerophthalmie, Übelkeit und
neuropathische Schmerzen fanden
sich bei Patienten mit MCAD und
entzündlich-rheumatischer
Erkrankung ebenfalls gehäuft. Interessanterweise waren die Arthromyalgien bei MCAS-Patienten mit
Current congress | Highlights
Tab. 1
Proinflammatorische Mediatoren.
Effekt durch Degranulation von Mastzellvesikeln
Beispiele auslösender Mediatoren
Schmerz
u. a. Substanz P, Leukotrien C4, Serotonin, VIP, Prostaglandin D2, Histamin,
Chymase, Tryptasen
Bronchokonstriktion
„plateled activating factor”, Leukotrien C4, Histamin
Vasodilatation
Histamin, Kinine, Prostaglandin D2, NO, VIP
Diarrhö, Darmkrämpfe
Serotonin, Histamin, Leukotrien C4
Gerinnungsstörungen
Heparin, tPA, Tryptasen
Osteolyse bzw. Osteoporose
Tryptasen, Heparin
Leukozyten-Chemotaxis, Kachexie, Schmerz etc.
TNF-α, IFN-γ, IL-1. -6, -10, -13, GM-CSF
Gewebeschädigung
Tryptasen, Chymase
(GM-CSF = „granulocyte macrophage colony-stimulating factor“, IFN = Interferon, IL = Interleukin, NO = Stickstoffmonoxid, TNF = Tumorne­
krosefaktor, tPA = „tissue plasminogen activator“, VIP = vasoaktives intestinales Peptid)
rheumatischen Erkrankungen zum
Zeitpunkt der MCAS-Erstdiagnose
allerdings in der bildgebenden Diagnostik nicht mit einer floriden Arthritis oder Myositis korreliert und
rein klinisch sehr schlecht von diesen abgrenzbar.
cherweise autoimmun-entzündliche Diagnosen. Die differenzialdiagnostische Aufarbeitung der Patienten ist sehr aufwendig und erfordert je nach Phänotyp einen
hohen Einsatz an Labor, Bildgebung, Histologie und Genetik.
Fälschlicherweise
gestellte autoimmunentzündliche Diagnosen
Prävalenz des
idiopathischen MCAS
In der rheumatologischen Patientenpopulation erhalten Patienten
mit MCAS leider auch teilweise
aufgrund ihres guten therapeutischen Ansprechens auf ausreichend hohe Steroiddosen fälschli-
Die Prävalenz der seltenen systemischen Mastozytose wurde für Europa mit 1:364 000 berechnet, während die des idiopathischen MCAS
in Deutschland wesentlich höher zu
sein scheint. Neben der bekannten
somatischen cKIT-Mutation D816V
wurden inzwischen multiple weitere Mutationen unter anderem in
den KIT-Isoformen identifiziert [4].
Erste Studien an betroffenen Familien gaben Hinweis auf eine Vererbungswahrscheinlichkeit von knapp
50 %, weshalb aktuelle Ansätze der
Forschung unter anderem eine genomweite Assoziationsstudie und
Entwicklung spezifischerer und
breit verfügbarer Serummarker beinhaltet.
zipien im Wesentlichen im Identifizieren und Vermeiden von Triggern sowie der symptomorientierten, medikamentösen Blockade
einzelner Botenstoffe [5]. Primäre
Therapieziele sind hiermit eine
bessere Lebensqualität, die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und die
Vermeidung von psychischen Folgeerkrankungen.
Dr. med. Bastian Walz
Innere Medizin, Rheumatologie und Immunologie und Vaskulitis Zentrum Süd,
medius Klinik Kirchheim,
Kirchheim unter Teck
Literatur
1
2
3
Therapieprinzipien nach
erfolgter Diagnose
Nach erfolgter Diagnose eines
MCAS bestehen die Therapieprin-
5
mast cell activation disease – looking through a glass darkly. Crit Rev
Oncol Hematol 2015; 93: 75–89
Theoharides TC, Valent P, Akin C.
Mast cells, mastocytosis and relates
disorders. N Engl J Med 2015; 373:
163–172
4
Valent P, Akin C, Arock M et al. Definitions, criteria and global classification of mast cell disorders with special reference to mast cell activation
syndromes: a consensus proposal.
Int Arch Allergy Immunol 2012; 157:
215–225
Molderings GJ, Brettner S, Homann
J et al. Mast cell activation disease:
a concise practical guide for dia­
gnostic workup and therapeutic options. J Hematol Oncol 2011; 4: 10
Bauzhadze K, Hellmich B, Walz B.
Muskuloskeletale Symptome des
Mastzellaktivierungssyndroms: retrospektive Analyse einer Kohorte
eines rheumatologischen Zentrums.
Abstract DGRh-Kongress 2017
Molderings GJ. The genetic basis of
Freitag, 08. September 2017
Verlegenheitsdiagnose „Rheuma“
10:30–12:00 Uhr, C1.1.1
(11:00–11:25 Uhr: Mastzellerkran­
kungen als Differenzialdiagnostik im
rheumatologischen Alltag)
Forum der Industrie
Aktuelle Daten bestätigen: Tocilizumab vermindert Folgeerkrankungen
In der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis (RA) spielt Interleukin-6 (IL-6) eine zentrale Rolle. Das
proinflammatorische Zytokin hat
vielfältige systemische Effekte und
ist entscheidend daran beteiligt,
dass sich RA-assoziierte Folgeerkrankungen wie Anämie, Fatigue,
Depression, kardiovaskuläre Schäden, Diabetes mellitus und Osteoporose entwickeln [1, 2]. Diese Folgeerkrankungen schränken bei RAPatienten die Lebensqualität noch
weiter ein. Daher ist es erforderlich,
die entzündliche Aktivität bei RA
effektiv und nachhaltig einzudämmen. Eine frühzeitig und konsequent angewendete Therapie mit
Tocilizumab (TCZ, RoACTEMRA®),
dem ersten zugelassenen IL-6-Rezeptoragonisten, kann bei Patienten
mit moderater bis schwerer, aktiver
RA eine schnelle und anhaltende
Krankheitsremission erzielen und
dazu beitragen, Folgeerkrankungen
zu vermeiden. Dies wird unter anderem durch aktuelle Studiendaten
von der Jahrestagung der European
League Against Rheumatism (EULAR) 2017 untermauert.
anämische Patienten
nicht-anämische Patienten
alle Patienten
60
50
40
30
20
10
0
4
12
24
36
52 64
Woche
76
88 104
Intensität der Schmerzen (VAS 100 mm)
Fatigue (Median)
70
Fatigue (VAS 100 mm)
Besserung der Anämie
Die häufigste Folgeerkrankung der
RA ist die Anämie: Sie tritt bei
etwa 30–60 % der Patienten auf [3].
Einer der Gründe ist die Hochregulierung von Hepcidin durch IL-6,
dadurch wird die Eisenresorption
gehemmt. Die Anämie kann Patienten durch Müdigkeit und Dyspnoe zusätzlich belasten und die
Lebensqualität mindern.
Die Häufigkeit einer solchen Inflammationsanämie und deren Beeinflussung durch TCZ wurden in
der 6. Interimsanalyse der nichtinterventionellen ICHIBAN-Studie
untersucht. Die 2-Jahres-Daten der
ausgewerteten 902 Patienten zeigten bei 21,4 % der eingeschlossenen Männer und 22 % der Frauen
eine Anämie. Dieser Anteil war bereits nach 4-wöchiger TCZ-Behandlung auf 12,1 % bzw. 12,7 %
reduziert und lag in Woche 104
nur noch bei 7,4 % bzw. 8,4 %. Der
mediane Hämoglobin (Hb)-Wert
stieg von 12,2 auf 13,8 g/dl (Männer) bzw. von 11,1 auf 12,7 g/dl
(Frauen) [4].
Die Analyse zeigt einen vergleich-
bar günstigen Therapieeffekt von
TCZ sowohl bei anämischen Patienten als auch bei Patienten ohne
Anämie. So sank der mittlere Disease Activity Index für 28 Gelenke (DAS28) bei Männern und
Frauen im 2-jährigen Therapieverlauf um 3,1 bzw. 2,9 Punkte, wenn
sie bei Einschluss eine Anämie
hatten, und um 2,8 bzw. 2,7
Punkte, wenn sie keine Anämie
aufwiesen [4].
Wie RA-Patienten mit entzündlicher Anämie von einer TCZ-Therapie ganz konkret profitieren, zeigt
die Auswertung der visuellen Analogskala (VAS): Im Beobachtungszeitraum reduzierte sich sowohl
der Schmerz (> 50 %) als auch die
Fatigue (> 45 %). Auch diese Therapieerfolge wurden bei Patienten
mit und ohne Anämie in ähnlichem Ausmaß beobachtet (Abb. 1)
[4].
Früher Therapiebeginn –
anhaltende Remission
Die Verbesserungen der patientenbezogenen Parameter stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit
Schmerzintensität (Median)
75
anämische Patienten
nicht-anämische Patienten
alle Patienten
65
55
45
35
25
15
5
0
4
12
24
36
52 64
Woche
76
88 104
Abb. 1 Unter TCZ verbesserten sich patientenbezogene Parameter, wie Schmerz und Fatigue, bereits nach 12 Wochen deutlich,
was über den Studienzeitraum von 104 Wochen anhielt.
Quelle: [4]
den klinischen Verbesserungen unter TCZ. Ein beachtlicher Teil der
Patienten erzielt unter dem IL6-Rezeptoragonist schon frühzeitig
eine vollständige Krankheitsremission, wie beispielsweise in der MIRAI-Studie deutlich wurde: 42,8 %
der Teilnehmer, die TCZ plus
Metho­trexat (MTX) erhielten, erreichten diesen Therapieerfolg bereits nach 16 Wochen. Von den Patienten, die weiterhin mit TCZ behandelt wurden, erlangten mehr
als die Hälfte eine DAS28-Remission (51,2 % nach 24 Wochen bzw.
54,9 % nach 32 Wochen) [5].
Dass der frühe Therapiebeginn mit
TCZ zu einem lang anhaltenden
Therapieerfolg führt, wurde in der
multizentrischen, doppelblinden,
randomisierten U-ACT-EARLY-Studie nachgewiesen. Innerhalb von 2
Jahren erreichten 86 % der Patienten unter TCZ/MTX, 84 % unter TCZ
allein, aber nur 44 % unter MTX allein eine mindestens 24 Wochen
anhaltende Remission, ohne dass
die Therapie angepasst werden
musste [6].
Langzeitsicherheit bestätigt
Darüber hinaus zeichnet sich TCZ
durch eine gute und stabile Langzeitsicherheit aus. Dies bestätigen
die beim diesjährigen EULAR-Kongress vorgestellten Patientendaten
aus 12 randomisiert-kontrollierten
klinischen Studien und deren Extensionsstudien; sie umfassen bislang 22 394 Patientenjahre. Zusätzlich wurden die Daten von mehr als
600 000 Patienten aus der täglichen
Praxis einbezogen. Unerwünschte
Ereignisse wie etwa schwerwiegende Infektionen waren unter TCZ
selten, sie kamen in den beiden Kollektiven mit einer Häufigkeit von
4,29 bzw. 2,86 pro 100 Patientenjahre vor. Es wurden keine neuen
Sicherheitssignale gesehen [7].
Die gute langfristige Therapie­
sicherheit von TCZ spiegelt sich
auch in der hohen Persistenz wider: Eine Behandlung mit TCZ setzen 7 von 10 Patienten auch nach 4
Jahren fort; aufwendige Therapieumstellungen sind somit nur selten notwendig [8].
Fazit: TCZ bessert RA,
Folgeerkrankungen
und Lebensqualität
Die auf dem EULAR 2017 neu vorgestellten Daten sowie frühere Daten unterstreichen, dass RA-Patienten mit dem frühzeitigen Einsatz von TCZ langfristig vor den
beeinträchtigenden Folgen der RA
bewahrt werden können. Arzt und
Patient können somit auf eine lang
anhaltend wirksame, stabile Therapie vertrauen.
Simone Reisdorf, Erfurt
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
Choy E. Rheum Dis Clin North Am
2004; 30: 405–415
Srirangan S et al. Ther Adv Musculoskelet Dis 2010; 2: 247–256
Wahle M. Z Rheumatol 2012; 71:
864–868
Specker et al. EULAR 2017; Poster
SAT0193
Dörner T et al. ACR 2014; Abstract
467
Bijlsma JW et al. Lancet 2016; 388:
343–355
Mohan S et al. EULAR 2017; Abstract
OP0105
Genovese MC et al. J Rheumatol
2013; 40: 768–780
Der Text entstand mit freundlicher
Unterstützung durch die Roche
Pharma AG, Grenzach-Wyhlen,
und Chugai Pharma Europe Ltd.,
Frankfurt.
15
Current congress | Highlights
16
Schwierigkeiten in der Diagnostik
von Gelenkinfekten
Stellenwert der histopathologischen Diagnostik
Infektionspathologisches
Substrat: indirekte Form
der Infektionsdiagnostik
Leukozytendetektion
Die histopathologische Infektionsdiagnostik, insbesondere die Dia­
gnostik von infektiösen nicht spezifischen bakteriellen Infektionen
basiert auf der Neutrophile-Granulozyten-Detektion mittels der
Hämatoxylin-Eosin-Färbung, der
Periodsäure-Schiff-Reaktion (PAS),
der Chlorazetatesterase-Färbung
sowie der immunhistochemischen
CD15- und CD68-Detektion [3].
Eine immunhistochemische Detektion von CD68 kann bei Fragestellungen und Differenzialdia­
gnose von granulomatösen Epitheloidzellreaktionen, insbesondere
bei der kleinherdigen Epitheloidzellreaktion, erforderlich sein. Ursächlich umfasst die granulomatöse Reaktion kristall-/partikel­
induzierte Granulome, fibrinoide
Nekrosen, mykobakteriellen Infektionen, die Sarkoidose, die Bruzellose, die Mykosen und in seltenen
Fällen auch Parasitosen [1].
Die histopathologische Infektionsdiagnostik basiert auf der Beurteilung des erregerverursachten geweblichen Reaktionsmusters, das
sogenannte Infektionspathologische Substrat, und stellt somit
eine indirekte Form der Infektionsdiagnostik dar [2]. Im Vordergrund stehen die Beurteilung der
neutrophilen Infiltration sowie
die Veränderungen des Bindeund Knochengewebes [2, 5]. Da
fokale granulozytäre Infiltrationsmuster, insbesondere umschriebene Ansammlungen von Granulozyten, nicht notwendigerweise
durch eine bakterielle Infektion
bedingt
sind
(z. B.
kristall­
induzierte Granulozytosen, „Highgrade“-Synovialitis, Detritus-Synovialitis), sollten nicht eindeutige
Befunde auch in einem klinischen
und mikrobiologischen Kontext
bewertet werden [3]. Diese wichtigen Differenzialdiagnosen sind
im erweiterten Gelenk-Pathologie-Algorithmus [1] und in der
Osteomyelitis-Systematik berücksichtigt (Abb. 1 und Abb. 2). Eine
direkte Keimtypisierung ist durch
histochemische Färbungen insbesondere in der Rheumapathologie
und orthopädischen Pathologie
bei bestimmten Infektionen (z. B.
TBC) möglich.
aufgrund partieller Degradation
der DNA negativ beeinflusst. Nativmaterial ist mit höherer Sensitivität und Spezifität der infektionspathologischen Diagnose verbunden. Es existieren allerdings neue
methodische Ansätze, die auch
eine optimale molekulare Aufarbeitung von formalinfixierten und
paraffineingebetteten
Proben
(FFPE) ermöglichen [4].
Spezifische Infektionen,
granulomatöse
Epitheloidzellreaktionen
Histopathologisch ist eine granulomatöse Epitheloidzellreaktion
mit variabel ausgebildeten Nekrosen (Granulom vom Tuberkulosetyp) charakteristisch. Periimplantäre abriebinduzierte Nekrosen
(sog. aseptische Nekrosen) können
histopathologisch die Differenzialdiagnose einer mykobakteriellen Infektion darstellen [1, 4].
Die ­
Tuberkulose erfährt auch in
der Rheumatologie insbesondere
durch multiresistente Mykobakterien, durch die Migration aus
Ländern mit hoher Tuberkuloseprävalenz und durch immunmodulierende Therapeutika eine erneute Bedeutung. Die Brucellose
und Pilzinfektionen sind ebenfalls
durch Nekrosen, Riesenzellen und
granulomatöse Epitheloidzellreaktionen gekennzeichnet (z.B. Aspergillose, Candidose).
Die histopathologische Diagnostik
der bakteriellen Arthritis folgt dePCR-basierte Methoden
finierten Kriterien in der SynoviaPCR-basierte Methoden vervoll- lis und beinhaltet ein granulozyständigen das methodische Reper- tenreiches, entzündliches Infiltrat
toire der histopathologischen In- mit sogenannten degenerierten
fektionsdiagnostik (PCR: Polyme- neutrophilen Granulozyten (Grarasekettenreaktion) [4]. Diese Me- nulozyten-Apoptosen und NEthoden ermöglichen eine direkte Tose), Mikroabszessausbildung soKeimspezifizierung (Genotypisie- wie Deckzellschichtulzerationen
rung). Die Sensitivität von PCR-­ mit Fibrinauflagerungen/Fibrininbasierten geweblichen Analysen sudationen [2]. Wenngleich die
ist durch die Formalinfixierung mikrobiologische Diagnostik die
PVNS
Lipom
Hämangiom/Angiodysplasie
Synoviale Chondromatose
Infektionen
Mykobakterien
Mykosen, Brucellose
Seltene Infektionen
Entzündlich
Synovialsarkom
Ewing-Sarkom
Granulomatös
makrophagenreich
Immunologisch/Metabolisch
Sarkoidose
Speichererkrankungen
Makrophagen/Granulomtöse
Reaktionen
Infektion/Eitererreger
Low-grade-Infektion bei
Immunmodulation
Nicht granulomatös
Fremdkörperreaktion
(Z.n. Injektion)
Synovialitis-Score ≤ 4
Low-grade-Synovialitis
arthroseassoziierte Synovialitis
• Lymphoplasmazellulär
• Detritus
Posttraumatische Synovialitis
Meniskopathie-Synovialitits
Hämochromatose
Gicht
Akute Arthritis
chronischtophös
kristallinduziert
CPPA
Sonderformen der
Osteomyelitis
Chronische
Osteomyelitis
Kalkartige
Depositionen
Kalziumphosphat
Kalziumkarbonat
Synovialitis-Score ≥ 5
High-grade-Synovialitis
Rheumatoide Arthritis
Lyme-Arthritis (Borreliose)
Reaktive Arthritis
Psoriasis Arthritis
Spezifische Osteomyelitis
TBC, MOTT, Mykosen, Bruzellose, Parasitosen
Nicht infektiöse
osteomyelitisähnliche Reaktionsmuster
„ossäre Randbereich-Reaktionen“bei:
Arthrose, Rheumatoide Arthritis
Malignen Tumoren
Aseptischer Knochennekrose
Charcot-Arthropathie
Abb. 1 Gelenk-Pathologie-Algorithmus. Blaue Schrift: nicht entzündliche Erkrankungen, schwarze Schrift: entzündliche Erkran­
kungen, rote Schrift: infektiöse Erkrankungen.
Quelle: [1]
Quelle: [3]
Abb. 2 Osteomyelitis-Systematik.
Domäne der Bakterienspezifizierung und Antibiotikaresistenz­
bestimmung ist, so ist es auch
möglich, mittels geweblicher PCRbasierter Verfahren bakterielle Infektionen mit Keimspezifizierung
zeitnah zu diagnostizieren [4].
In einer aktuellen, klinisch mikrobiologisch histopathologisch korrelativen Studie wurde ein Bewertungsmodus – der histopathologische Osteomyelitis Evaluations
Score (HOES) – vorgeschlagen [5].
Dieser ist durch definierte histopathologische Kriterien der akuten
Osteomyelitis und der chronischen
bakteriellen Osteomyelitis festgelegt und ermöglicht eine graduelle
diagnostische Bewertung der bakteriellen Infektion [5]. Histopathologisch ist die Differenzialdiagnose
umfangreich und kann insbesondere bei klinisch unklaren ossären
Herdbefunden neben einer infektiösen Genese auch nicht infektiöse
Genesen beinhalten (Abb. 2).
Literatur
1
2
3
4
5
Krenn V, Morawietz L, König A et al.
Differential diagnosis of chronic synovitis. Pathologe 2006; 27: 402–408
Illgner U, Krenn V, Osada N et al.
Histopathology and microbiology
of joint infections: extension of diagnostic safety in patients with chronic polyarthritis. Z Rheumatol 2013;
72: 709–713
Krenn VT, Liebisch M, Kölbel B et al.
CD15 focus score: Infection diagnosis and stratification into low-virulence and high-virulence microbial
pathogens in periprosthetic joint infection. Pathol Res Pract 2017; 213:
541–547
Kriegsmann J, Hopf T, Jacobs D,
Arens N et al. Applications of molecular pathology in the diagnosis of
joint infections. Orthopade 2009;
38: 531–538
Tiemann A, Hofmann GO, Krukemeyer MG et al. Histopathologischer
Osteomyelitis-Evaluationsscore
(HOES) – ein innovativer Ansatz
zur histopathologischen Diagnostik
und Kartierung der Osteomyelitis.
GMS Interdiscip Plast Reconstr Surg
DGPW 2014; 3: Doc08
Freitag, 08. September 2017
Prof. Dr. med. Veit Krenn1, Dr. med. Sarah Müller1 und Dr. med. Monika Huber2
Das septische Gelenk
MVZ-Zentrum für Histologie, Zytologie
und Molekulare Diagnostik, Trier
2
Pathologisch-bakteriologisches Institut, Otto Wagner Spital, Wien
(17:45–18:00 Uhr: Schwierigkeiten in
der Diagnostik von Gelenkinfekten:
Wobei kann die Pathologie helfen?)
1
Arthritis bei Morbus Bechterew
SAPHO Syndrom; Synovialitis,
Akne, Pustolosis, Hyperostose,
Osteitis
Sklerosierende Osteomyelitis
Garré
Plasmazelluläre Osteomyelitis
CRMO Chronische Rekurrente
Multifokale Osteomyelitis
Brodie-Abszess
Osteomyelitis
Nicht entzündlich
Maligne Tumoren
Osteomyelitis-Systematik
Akute
Osteomyelitis
Nicht spezifische Infektionen
Gelenk-Pathologie Algorithmus
Benigne Tumoren
Bild: Fotolia, Fotograf/Grafiker: Sentello
V. Krenn
Die diagnostische Schwierigkeit von Gelenkinfekten ist
durch vielfältige Differenzialdiagnosen verständlich,
die durch eine heterogene Erkrankungsgruppe von
nicht infektiös und infektiös induzierten Entzündungen
bedingt ist. Eine histopathologische Diagnostik von
Infektionen ist generell als eine zur mikrobiologischen
Diagnostik ergänzende und auch erweiternde Diagnostik anzusehen [1–5] und erfolgt im Vergleich zur
klinischen und mikrobiologischen Diagnostik in einem
umfassenderen differenzialdiagnostischen Kontext.
Dieser ist im Gelenk-Pathologie-Algorithmus und in der
Osteomyelitis-Systematik zusammengefasst, worauf
Prof. Veit Krenn, Trier, im Folgenden näher eingeht.
16:45–18:15 Uhr, C6.2
18
Current congress | Highlights
Outcome bei juveniler idiopathischer Arthritis
Langfristige Betreuung trotz aller therapeutischer Neuerungen notwendig
Die juvenile idiopathische Arthritis
(JIA) ist eine chronisch-entzündliche
Erkrankung des
Kindesalters, die
bei persistierender
Krankheitsaktivität
zu strukturellen
Gelenkschäden
C. Sengler
und Funktionseinschränkungen
führen kann. Komorbiditäten wie
die JIA-assoziierte Uveitis können
die Lebensqualität der betroffenen Kinder weiter beeinträchtigen. Dr. Claudia Sengler, Berlin,
berichtet hier über das Outcome
der JIA anhand von Daten aus
prospektiven Kohortenstudien.
Die Prognose wird entscheidend
davon beeinflusst, wie frühzeitig
im Krankheitsverlauf die Diagnosestellung (und daraus resultierend die Therapieeinleitung) erfolgt: Die Zeitspanne vom Symptombeginn bis zur Diagnose war in
der Inzeptionskohorte für neu dia-
gnostizierte Patienten mit JIA
(ICON) ein signifikanter Prädiktor
für das Erreichen einer inaktiven
Erkrankung. Bis zur Diagnosestellung der JIA dauert es in ICON im
Durchschnitt 3 Monate; vergleichbare Kohortenstudien aus Großbritannien und Kanada geben die
Zeit vom Symptombeginn bis zur
Diagnose mit 5,6 beziehungsweise
4,3 Monaten an [1–3]. Innerhalb
des ersten Jahres in spezialisierter
kinderrheumatologischer Betreuung hatten 3/4 der Patienten in
ICON nach den Wallace-Kriterien
[4] zumindest bei einer Visite eine
inaktive Erkrankung erreicht.
Clinical Juvenile Arthritis
Disease Activity Score-10
Der clinical Juvenile Arthritis Disease Activity Score-10 (cJADAS-10) umfasst das Patientenurteil zum Gesundheitszustand (0–
10, 0 = sehr gut), das Arzturteil zur
Krankeitsaktivität (0–10, 0 = keine
Aktivität) sowie die Anzahl der aktiven Gelenke (0 bis max. 10) und
ist mittlerweile ein Standardins­
trument zur Beurteilung der
Tab. 1
Zusammenstellung von Studien zum Follow-up erwachsener Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis.
Alter zum Follow-up,
mean (in Jahren)
Patienten in therapiefreier
Remission (in %)
Minden (2002)
215
23
40
Flato (2003, Norwegen)
254
22
56
Arkela-Kautiainen (2005, Finnland)
123
23
35
Bertilsson (Schweden, 2013)
86
25
40
Selvaag (Norwegen, 2014)
176
39
59
Krankheitsaktivität bei JIA (range
0–30, 0 bester Wert). Einen cJADAS-10 von ≤ 1, der nach Consolaro et al. [5] eine inaktive Erkrankung definiert, wiesen nach 3 Jahren in ICON rund 50 % der Patienten auf, bei den Patienten mit systemischer JIA sogar knapp 80 %.
Therapeutische Ziele
Therapeutische Ziele aus ärztlicher Perspektive sind neben dem
Erreichen einer inaktiven Erkrankung die Vermeidung von Folgeschäden und damit einhergehend
die Erhaltung einer guten Funktion sowie die Sicherstellung einer
normalen altersgerechten Entwicklung. Die Lebensqualität der
JIA-Patienten in ICON, gemessen
mittels Paediatric Quality of Life
Inventory (0–100, bester Wert
100), glich sich in den ersten 3 Jahren im Bereich der psychosozialen
Gesundheit weitgehend an. Bei der
körperlichen Gesundheit blieb ein
kleiner Unterschied von circa 10
Punkten zum 1-Jahres-Follow-up,
der sich zum 3-Jahres-Follow-up
weiter verringerte (Abb. 1).
Neu hinzugekommene
Therapiemöglichkeiten
Abb. 1 Erfassung der Lebensqualität von JIA-Patienten und Kontrollpersonen in
den ersten 3 Jahren in ICON (Inzeptionskohorte für neu diagnostizierte Patienten
mit JIA) mittels PedsQL (Pediatric Quality of Life Inventory).
Quelle: Dr. Claudia Sengler, Berlin
N
Diese insgesamt guten Ergebnisse
sind sicherlich nicht zuletzt auf die
in den letzten 15 Jahren neu hinzugekommenen Therapiemöglichkeiten zurückzuführen: Neben dem
seit Langem bewährten Methotrexat (MTX) als Basistherapeutikum
(„disease modifying antirheumatic
drug“ [DMARD]) spielen zunehmend Biologika wie zum Beispiel
Tumornekrosefaktor-α-Antago­
nisten oder Antikörper gegen den
Interleukin-6-Rezeptor eine Rolle
bei der Therapie der JIA. Zwischen
47 und 65 % der JIA-Patienten der
oben erwähnten Kohorten erhielten bereits im ersten Behandlungsjahr ein DMARD, überwiegend
MTX; der Anteil der Biologika in
ICON war nach 3 Jahren Beobachtungszeit von initial 5 auf 24 % angestiegen. Die Wirkung einer Basistherapie geht über die Senkung der
arthritischen Krankheitsaktivität
hinaus: Kürzlich konnte gezeigt
werden, dass der frühzeitige Einsatz von MTX bei JIA-Patienten das
Risiko für die Entwicklung einer
Uveitis senkt [6].
Literatur
1
2
3
4
Stabile Remission ohne
Medikamenteneinnahme?
Leider wird immer noch bei vielen
JIA-Patienten keine stabile Remission ohne Medikamenteneinnahme erreicht. Untersuchungen
von erwachsenen JIA-Patienten
mit einem durchschnittlichen Alter zwischen 23 und 39 Jahren geben die Rate von Patienten in therapiefreier Remission zwischen 35
und 59 % an (Tab. 1). Trotz aller
therapeutischer Neuerungen und
damit erzielter klinischer Erfolge
bleibt die JIA eine bis ins Erwachsenenalter hinein überwiegend
chronisch verlaufende Systemerkrankung, die einer langfristigen
spezialisierten Betreuung bedarf.
Dr. med. Claudia Sengler
Kinder- und Jugendrheumatologie,
Deutsches Rheuma-Forschungszentrum
Berlin
5
6
McErlane F, Foster HE, Carrasco R et
al. Trends in paediatric rheumatology referral times and disease activity indices over a ten-year period
among children and young people
with juvenile idiopathic arthritis:
results from the childhood arthritis
prospective Study. Rheumatology
(Oxford) 2016; 55: 1225–1234
Guzman J, Oen K, Tucker LB et al.
The outcomes of juvenile idiopathic
arthritis in children managed with
contemporary treatments: results
from the ReACCh-Out cohort. Ann
Rheum Dis 2015; 74: 1854–1860
Sengler C, Klotsche J, Niewerth M et
al. The majority of newly diagnosed
patients with juvenile idiopathic
arthritis reach an inactive disease
state within the first year of specialised care: data from a German
inception cohort. RMD Open 2015;
1: e000074
Wallace CA, Giannini EH, Huang B et
al. American College of Rheumatology provisional criteria for defining
clinical inactive disease in select
categories of juvenile idiopathic arthritis. Arthritis Care Res (Hoboken)
2011; 63: 929–936
Consolaro A, Bracciolini G, Ruperto
N et al. Remission, minimal disease
activity, and acceptable symptom
state in juvenile idiopathic arthritis:
defining criteria based on the juvenile arthritis disease activity score. Arthritis Rheum 2012; 64: 2366–2374
Tappeiner C, Schenck S, Niewerth
M et al. Impact of antiinflammatory
treatment on the onset of uveitis in
juvenile idiopathic arthritis: longitudinal analysis from a nationwide
pediatric rheumatology database.
Arthritis Care Res (Hoboken) 2016;
68: 46–54
Freitag, 08. September 2017
Juvenile idiopathische Arthritis –
Was gibt es Neues?
08:30–10:00 Uhr, C1.2.1
(09:00–09:30 Uhr: Outcome bei der JIA)
Arthritis bei juveniler idiopathischer Arthritis
Kriterien zur sonografischen Graduierung
J. Roth
Die Gelenksonografie stellt angesichts der Verfügbarkeit von effizienten Therapeutika ein wichtiges
Messinstrument zur präzisen Therapiesteuerung dar.
Die notwendige wissenschaftliche Basis fehlte bis in
die jüngere Vergangenheit, doch mittlerweile liegen
ausreichend Daten vor, die eine evidenzbasierte Anwendung im Kindesalter erlauben. Das schließt auch
die objektive Befunderfassung mittels sonografischer
Scores zur Graduierung ein. In diesem Bereich sind
allerdings noch weitere Schritte zur endgültigen Validierung nötig, konstatiert Prof. Johannes Roth, Ottawa,
Ontario.
Die Gelenksonografie ist, insbesondere in Deutschland, seit Langem im klinischen Routineeinsatz.
Im Gegensatz zur Situation in der
Erwachsenen-Rheumatologie fehlt
die wissenschaftliche Basis zu ihrer Anwendung bei der inflamma­
torischen Arthritis des Kindesalters allerdings weitestgehend [1].
Erst in den letzten Jahren haben
sich die Anstrengungen diesbezüglich sowohl auf internationaler
[2, 3] als auch nationaler Ebene [4]
intensiviert.
Die Frage der sonografischen
Graduierung ist
entscheidend
Neben der Frage, wie eigentlich
eine kindliche Arthritis im Ultraschall definiert werden sollte, ist
hier insbesondere auch die Frage
der sonografischen Graduierung
entscheidend. Nur so ist eine objektivierte klinische Verlaufsbeobachtung und die Nutzung der Sonografie als Messgröße zur Beurteilung der Krankheitsaktivität im
wissenschaftlichen
Zusammenhang möglich.
Validierte objektive
Parameter fehlen
weitgehend
Das weitgehende Fehlen validierter objektiver Parameter der
Krankheitsaktivität ist insbesondere im Zeitalter wirksamer medikamentöser
Therapieoptionen
problematisch. Im Bereich serologischer Marker erscheinen zum
Beispiel die S100-Proteine vielversprechend. Bei der Bildgebung ist
der Gelenkultraschall angesichts
seiner guten Verträglichkeit, des
günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses und der relativ einfachen
Anwendbarkeit auch bei sehr jungen Kindern die vielversprechendste Methode.
Sonografische
Graduierung – Scores
Die 2 hauptsächlich verwendeten
Ultraschallmethoden sind der BMode und die Dopplersonografie.
Im Bereich der Erwachsenen-
Rheumatologie wurden in den
letzten 2 Jahrzehnten entscheidende Fortschritte in der Validierung gemacht und entsprechende
Scores sind mittlerweile auch im
Rahmen von internationalen pharmazeutischen Studien im Einsatz
[5, 6].
Gleichwohl zeigen vergleichende
Arbeiten, dass eine weitere Optimierung immer noch möglich ist
[7]. Zum jetzigen Zeitpunkt sind ein
7- oder 12-Gelenkscore am objektivsten und auch in der praktischen
Anwendung realistisch. Allerdings
ist eine Anwendung an beiden oberen und unteren Extremitäten (im
Falle des 7-Gelenk­scores also die
Untersuchung von insgesamt 14
Gelenken) sowie die Einbeziehung
großer Gelenke präziser [7].
4
5
6
b
a
Abb. 1 Physiologische und pathologische Befunde am Handgelenk. In Abbildung 1a ist schematisch an einem Längsschnitt des
Handgelenks die anatomische Lage der synovialen Kompartimente des Handgelenks des Gesunden und im Falle einer Synovitis
aufgezeigt. In Abbildung 1b werden verschiedene Beispiele für den intraartikulären aber extrasynovialen Blutfluss des Gesunden
(oberes Bild) im Gegensatz zum intrasynovialen Blutfluss im Rahmen einer Synovitis gezeigt (untere 2 Bilder). Dazwischen ist
noch eine Abbildung mit physiologischen Vasa nutricia.
Quelle: Prof. Johannes Roth, Ottawa (ON)
Sonografische Graduierung
im Kindesalter
Auch im Kindesalter ist die sonografische Gradierung sowohl im
B-Mode als auch im DopplerMode prinzipiell gut möglich. Eine
wesentliche Voraussetzung ist allerdings die Kenntnis der kindlichen Gelenkanatomie, insbesondere was die Knochenreifung anbelangt, und die sorgfältige Interpretation der Dopplersignale. Das
stoffwechselintensive
kindliche
Gelenk zeigt in der Sonografie
häufig physiologischen intra- und
periartikularen Blutfluss, der nicht
als Synovitis fehlinterpretiert werden sollte. Lediglich Blutgefäße,
die sich intrasynovial in einem pathologisch erweiterten Gelenkspalt befinden, sollten in der Dia­
gnose und Graduierung in Betracht
gezogen werden (Abb. 1).
Unverzichtbar sind klare,
validierte Definitionen
Klare, validierte Definitionen der
Standardschnitte und Scores für
jedes Gelenk sind unverzichtbar.
Ein allgemeiner Score für alle Gelenke, wie im Moment teilweise in
der Literatur vorgeschlagen, kann
den Anforderungen an eine zuverlässige, objektive Beurteilung nicht
gerecht werden. Vielmehr muss
dieser für jedes Gelenk genau definiert werden. Entsprechende Initiativen sind sowohl im Rahmen der
Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) als
auch OMERACT und anderer internationaler Organisationen wie
PANLAR (Panamerican League of
Associations for Rheumatology)
und CARRA (Childhood Arthritis
and Rheumatology Research Alliance) im Gange.
Erste Ergebnisse
von Initiativen
Erste Ergebnisse liegen bereits vor.
Dieses scheinbar komplexere Vorgehen muss allerdings in der Praxis nicht zu einem hohen Zeitaufwand führen, vielmehr ermöglicht
die initiale Investition in eine solide wissenschaftliche Basis eine
zuverlässige und durchaus zeitsparende Anwendung im weiteren
Verlauf. Manche der Erkenntnisse
könnten dann sogar eine Anregung
für die weitere Entwicklung der
Scores im Bereich der Erwachsenen-Rheumatologie sein.
Johannes Roth, MD PhD FRCPC RhMSUS,
Professor of Pediatrics
University of Ottawa, Chief Division of
Pediatric Dermatology & Rheumatology,
Children‘s Hospital of Eastern Ontario,
Ottawa (ON)
Literatur
1
Collado P, Jousse-Joulin S, Alcalde
M et al. Is ultrasound a validated
imaging tool for the diagnosis and
management of synovitis in juvenile idiopathic arthritis? A systematic
literature review. Arthritis Care Res
(Hoboken) 2012; 64: 1011–1019
2
3
Roth J, Jousse-Joulin S, Magni-Manzoni S et al. OMERACT definitions
for the sonographic features of the
normal pediatric joint. Arthritis Care
Res (Hoboken) 2015; 67: 136–142
Roth J, Ravagnani V, Backhaus M et
al. Preliminary definitions for the
sonographic features of synovitis in
7
children. Arthritis Care Res (Hoboken) 2016; [Epub ahead of print]
Windschall D, Trauzeddel R, Haller M
et al. Pediatric musculoskeletal ultrasound: age- and sex-related normal
B-mode findings of the knee. Rheumatol Int 2016; 36: 1569–1577
Kaeley GS, Nishio MJ, Goyal JR et al.
Changes in ultrasonographic vascularity upon initiation of Adalimumab
combination therapy in rheumatoid
arthritis patients with an inadequate
response to Methotrexate. Arthritis
Rheumatol 2016; 68: 2584–2592
D‘Agostino MA, Wakefield RJ, Berner-Hammer H et al. Value of ultrasonography as a marker of early response to abatacept in patients with
rheumatoid arthritis and an inadequate response to methotrexate: results from the APPRAISE study. Ann
Rheum Dis 2016; 75: 1763–1769
Mandl P, Naredo E, Wakefield RJ et
al. A systematic literature review
analysis of ultrasound joint count
and scoring systems to assess synovitis in rheumatoid arthritis according to the OMERACT filter. J Rheumatol 2011; 38: 2055–2062
Mittwoch, 06. September 2017
Ultraschallkurs
12:00–14:30 Uhr, C6.1
Samstag, 09. September 2017
Bildgebung bei der juvenilen idiopati­
schen Arthritis
08:30–10:00 Uhr, C7.1+C7.2
(09:40–10:00 Uhr: Kriterien zur sono­
grafischen Graduierung der Arthritis
im Kindes- und Jugendalter)
19
Bild: iStockphoto, Fotograf/Grafiker: Judith Glick
Current congress | Highlights
21
Der periprothetische Frühinfekt
Was hat sich bewährt, was gibt es Neues?
Der periprothetische Infekt von
Hüft- und Knietotal­
endoprothesen ist
mit einer Inzidenz
von circa 1 % eine
seltene, aber ernste
Komplikation nach
Implantation von
TotalendoprotheB. Fink
sen. Was sich bei
der Behandlung
von akuten periprothetischen
Frühinfekten bewährt hat
und was es hierzu Neues gibt,
berichtet Prof. Bernd Fink,
Markgröningen.
Entsprechend der Unterteilung
von Estrada und Tsukayama unterscheidet man allgemein zwischen
akuten Früh- und chronischen
Spätinfekten, wobei die Grenze bei
4 Wochen nach der Operation angegeben wird. Andere Autoren
zählen allerdings zum Frühinfekt
noch Infektionen bis 3 Monate
postoperativ. Akute periprothetische Infekte, die nach problemlosem langjährigen Verlauf mit dem
Implantat nach einem Infektgeschehen anderer Lokalität auftre-
ten, werden als akute hämatogene
Infekte bezeichnet und wie akute
Frühinfekte behandelt.
Behandlung von akuten
periprothetischen
Frühinfekten
Bei der Behandlung von akuten
periprothetischen
Frühinfekten
und hämatogenen Infekten wird
ein radikales Debridement des periprothetischen Gewebes sowie
eine radikale Synovektomie durchgeführt, gefolgt von ausgiebigen
Spülungen (zum Teil mit antiseptischen Lösungen). Dies wird in der
Regel offen durchgeführt und hierbei das Inlay der Prothese gewechselt. In der Literatur werden die
einzelnen Bestandteile der Behandlung zwischen den Studien,
aber auch zum Teil innerhalb einer
Studie sehr unterschiedlich gehandhabt, sodass arthroskopische
und offene Spülungen gemeinsam
untersucht werden. Darüber hinaus sind die verwendeten kalkulierten Antibiotikatherapien bei
diesen Infektionen, bei denen zum
Zeitpunkt des Therapiebeginns die
auslösenden Bakterien in der Regel nicht bekannt sind, sehr unterschiedlich. Zimmerli et al. und
Aufgrund der uneinheitlichen
Therapieregime in den zumeist retrospektiven Studien und der kleinen Fallzahlen in diesen Studien
bleiben viele Fragen hinsichtlich
der Erfolgsaussichten und Einflussfaktoren für einen Prothesenerhalt, wie auch die zeitliche
Grenze zwischen Frühinfekt mit
dem Erhalt der Prothese und Spätinfekt mit der Notwendigkeit des
Entfernens ungeklärt, und bisherige Festlegungen sind eher empirisch. In den bisherigen Studien
konnten durchschnittlich Erfolgsraten von circa 50 % verzeichnet
werden.
lungsregime aus chirurgischer Revision und antibiotischer Kombinationstherapie mit anfänglich
Vancomycin und Rifampicin. Anhand einer größeren Patientengruppe sollte in der vorliegenden
Studie geklärt werden, wie hoch
die Erfolgsrate eines einheitlichen
Behandlungskonzeptes ist und
welche Einflussfaktoren für die Erfolgsaussicht dieses Konzeptes
eine Rolle spielen.
39 Patienten mit periprothetischem Frühinfekt und 28 Patienten mit akutem hämatogenen Infekt wurden prospektiv mit einem
Follow-up von durchschnittlich
41,8 ± 33,1 Monaten (24–132 Monate) verfolgt. Alle erhielten ein
offenes Debridement sowie einen
Wechsel aller mobilen Komponenten und wurden bis zum Nachweis
des die Infektion auslösenden Mikroorganismus mit Vancomycin in
Kombination mit Rifampicin systemisch antibiotisch behandelt.
Vorgehen der
Orthopädischen Klinik
Markgröningen
Hohe Erfolgsrate
durch einheitliches
Behandlungsregime
Trampuz et al. geben Rifampicin
eine große Bedeutung in der Therapie des Prothesenerhaltes, da es
in der Lage ist, auf nicht resistente
Bakterien im frühen Biofilm zu
wirken.
Viele Fragen bleiben
ungeklärt
In unserer Klinik erfolgt bei Frühinfekten und hämatogenen Infekten ein standardisiertes Behand-
Dieses einheitliche Behandlungsregime ergab eine Erfolgsrate generell von 71,6 %, bei Frühinfekten
von 82,1 % und bei akuten hämatogenen Infekten von 57,1 %. Als Einflussfaktoren für das Auftreten eines Reinfekts zeigten sich der zeitliche Abstand der Revision zum
Symptombeginn (< 2 Tage), die
Anzahl der Voroperationen, die
ASA-Klassifikation (American Society of Anesthesiologists) sowie
das Rauchen.
Für einen Erhaltungsversuch einer
Prothese zeigt sich bei konsequenter schneller operativer Intervention innerhalb von 2 Tagen nach
Symptombeginn sowie durch den
Antibiotikaeinsatz von Rifampicin
in Kombination mit Vancomycin
eine reproduzierbar hohe Erfolgsrate.
Prof. Dr. med. Bernd Fink
Klinik für Endoprothetik, Allgemeine
und Rheumaorthopädie, Orthopädische
Klinik Markgröningen
Freitag, 08. September 2017
Das septische Gelenk
16:45–18:15 Uhr, C6.2
(17:15–17:30 Uhr: Der periprotheti­
sche Frühinfekt: Was hat sich bewährt,
was gibt es Neues?)
Transition bei Kindern und Jugendlichen
Umsetzung im klinischen Alltag steht vor großen Herausforderungen
Erkrankungen des
rheumatischen Formenkreises werden
nicht selten bereits
im Kindesalter
diagnostiziert, eins
von 1000 Kindern
ist hierzulande
betroffen. Heutzutage meist früh
K. Minden
erkannt werden
die Patienten nicht
selten von klein auf
in den etwa 80 kinder- und jugendrheumatologischen Einrichtungen bundesweit spezialisiert
behandelt. Zu Problemen kommt
es allerdings häufig, wenn mit
dem Eintritt ins Erwachsenenalter auch der Übergang in
andere Versorgungssysteme und
Behandlungsformen ansteht,
berichtet Prof. Kirsten Minden,
Berlin.
Das belegt eine aktuelle Untersuchung, die im Rahmen des vom
Bundesministerium für Forschung
geförderten Projektes Proclair anhand von Daten der Barmer GEK
durchgeführt wurde. Von den Versicherten mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA), die vom 16.–
20. Lebensjahr kontinuierlich erfasst und vor Verlassen der pädia­
trischen Versorgung mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika
(DMARD)
behandelt
wurden, befand sich im Alter von
20 Jahren nur jeder zweite in internistisch
rheumatologischer
Versorgung. Jeder 3. wurde nur
hausärztlich betreut und knapp
20 % hatten überhaupt keine Versorgung aufgrund der JIA mehr in
Anspruch genommen. Die fehlende spezialisierte Betreuung
führte in 73 % zu Abbrüchen der
medikamentösen Behandlung.
Transition gelingt auch
schwerer Betroffenen
nicht immer
Auch schwerer betroffenen, mit
Biologika behandelten jungen
Rheumapatienten gelingt der
Wechsel in die Erwachsenenmedizin nicht immer. Daten der JIABiologikaregister
BiKeR
und
JuMBO führen das vor Augen. Fast
40 % der jungen Erwachsenen mit
JIA suchen zumindest vorübergehend nach Verlassen der Kinder­
rheumatologie die fachspezifische
Versorgung nicht mehr regelmäßig
oder gar nicht mehr auf. Ihre gesundheitliche
Situation
verschlechtert sich, das Risiko für Folgekomplikationen nimmt zu.
Ziel der Transitionsmedizin
Hier setzt die Transitionsmedizin
an: Sie will den Übergang von einem Versorgungssystem in ein anderes geplant gestalten, damit
Fehl- und Unterversorgungen vermieden und junge Menschen mit
chronischen Erkrankungen in der
spezialisierten Betreuung gehalten
werden. Transition rückt die speziellen Bedürfnisse der Betroffenen
in den Fokus, die sich in einer vulnerablen und mit besonderen Risiken einhergehenden Lebensphase
befinden. Von jungen Erwachse-
nen im Alter zwischen 18–24 Jahren wird erwartet, dass sie ihre
Krankheit selbst managen und sich
eigenverantwortlich um ihre gesundheitlichen Bedürfnisse kümmern. Ihre Hirnreifung zum Vorteil der Verhaltenskontrolle und
des vorausschauenden Handels ist
in diesem Zeitraum noch nicht abgeschlossen. Daher gefährden sich
diese Patienten durch Eingehen
gesundheitlicher Risiken. Dieser
Aspekt wird sowohl in der Betreuung als auch in den Versorgungsstrukturen meist nicht berücksichtigt. Ein geschärftes Bewusstsein dafür fehlt, dass der Gesundheitszustand junger Erwachsener
schlechter als der Jugendlicher
oder Erwachsener zwischen 26
und 34 Jahren ist und bereits über
die Hälfte junger Rheumatiker im
Durchschnitt 2 Komorbiditäten
aufweist.
12 Empfehlungen
für die Versorgung
junger Rheumatiker
Um speziell in der Rheumatologie
die Transition zu verbessern, hat
eine Expertengruppe der European League Against Rheumatism
(EULAR) jetzt 12 Empfehlungen
für die Versorgung junger Rheumatiker formuliert [1]. Hierin geforderte Mindeststandards sind
auszugsweise in Tabelle 1 dargestellt. Sie sollen helfen, neue Versorgungsangebote zu entwickeln
und die Qualität der vorhandenen
zu überprüfen.
Transition ist ressourcenaufwendig und wird in der Regelversor-
Tab. 1
Ausgewählte Mindeststandards bei der Transition.
1
Zugangsmöglichkeit zu koordinierter ganzheitlicher Versorgung für junge Rheumatiker im Alter zwischen 10 und 24 Jahren
2
Frühzeitiger Beginn mit Transition
3
Direkte Kommunikation zwischen Vor- und Weiterbehandler unter Einbeziehung
des Patienten und dessen Familie
4
Abgestimmtes schriftlich geregeltes Vorgehen bei der Transition
5
Geregelte Zuständigkeiten innerhalb der Betreuungsteams, inklusive der Benennung eines Transitionskoordinators
6
Zusammenfassender Übergabebericht
7
In Adoleszentenmedizin und pädiatrischer Rheumatologie geschulte Betreuungsteams
8
Gesicherte Finanzierung der Transitionsangebote
gung bisher nicht finanziert. Das
stellt ihre Umsetzung im klinischen Alltag vor immense Herausforderungen. Deshalb wurden vom
Arbeitskreis Transition der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und von der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) sowie von
der Deutschen Rheuma-Liga zahlreiche
Unterstützungsangebote
entwickelt.
Angebote der DGRh, der
GKJR und der Deutschen
Rheuma-Liga
Die Untersützungsangebote schließen Transitionscamps, ein Fortbildungsmodul zur Transition der
Rheumatologischen Fortbildungsakademie und Unterlagen ein (z. B.
ein Transitionspass, eine Checkliste, Patientenfragebögen zum
Eruieren des „Bereitseins“ für den
Betreuungswechsel). Die Deutsche
Rheuma-Liga hat im Rahmen des
vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Vorhabens
„Transition – Stärkung für den
Übergang in eine Erwachsenenversorgung für junge Rheumatiker“ weitere Angebote entwickelt.
Diese werden in der Session „Generation im Umbruch“ vorgestellt.
Das Thema Transition wird auch in
der interdisziplinären Sitzung „Gemeinsamkeiten und Unterschiede
zwischen kindlichen und erwachsenen Rheumaerkrankungen“ in
den Blick genommen.
Prof. Dr. med. Kirsten Minden
Kinder- und Jugendrheumatologie,
Deutsches Rheuma-Forschungszentrum
Berlin
Literatur
1
Foster HE, Minden K, Clemente D
et al. EULAR/PReS standards and recommendations for the transitional
care of young people with juvenileonset rheumatic diseases. Ann Rheum Dis 2016; 76: 639–646
Donnerstag, 07. September 2017
Transition – Generation im Umbruch
14:45–16:15 Uhr, C1.2.2
(14:45–16:10 Uhr: Neue Standards in
der Transition)
22
Current congress | Highlights
Juvenile idiopathische Arthritis
Aktuelle Therapie
Bei den Biologika folgten dem seit
Februar 2000 zur Behandlung der
polyartikulären JIA ab einem Alter
von 2 Jahren zugelassenen Etanercept, Adalimumab, Tocilizumab
und schließlich in 2016 auch Golimumab, für das aus technischen
Gründen noch eine Beschränkung
auf ein Gewicht von > 40 kg besteht. Abatacept kann bei der polyartikulären JIA nach Versagen einer Therapie mit einem Tumornekrosefaktor (TNF)-Hemmer ab einem Alter von 6 Jahren eingesetzt
werden.
Für Golimumab und Abatacept ist
nach Zulassung eine Kombination
mit Methotrexat erforderlich.
Auch für andere JIA-Kategorien
stehen bereits geprüft wirksame
und zugelassene Biologika zur Ver-
fügung, so Adalimumab bei der
enthesitisassoziierten JIA (ERA) ab
einem Alter von 6 Jahren und Etanercept bei der ERA und Psoriasisarthritis ab einem Alter von 12
Jahren. Für die systemische JIA
(Still-Syndrom) sind sowohl Canakinumab als auch Toclizumab ab
einem Alter von 2 Jahren verfügbar.
Rasche Kontrolle der
Entzündung erfordert
Standardisierung
Die rasche Kontrolle der Entzündung und aller klinischen Symptome sowie die Verbesserung der
langfristigen Prognose erfordern
Therapiestandardisierung und Penetration von Therapieleitlinien
und Empfehlungen in die klinische
Praxis. Insbesondere die rasche
Kontrolle bereits im ersten Erkrankungsjahr ist für die langfristige
Prognose von großer Bedeutung
[1]. Insofern ist die nach Daten aus
der klinischen Praxis immer noch
zu lange Krankheitsdauer bis zum
Einsatz effektiver Medikamente
von im Median > 2 Jahren nicht akzeptierbar.
Innovative Konzepte
der Therapie der JIA
Zu den innovativen Konzepten der
Therapie der JIA gehört deshalb
ein „Treat-to-target“-Ansatz, der
die standardisierte Messung der
Moderate und hohe Krankheitsaktivität
(JADAS 10 > 5,4)
Monat 3: Ansprechen JADAS-Minimal-Ansprechen
(Definition Baseline JADAS 5–15 = Besserung ≥ 4,
JADAS > 15–25 = Besserung ≥ 10
JADAS > 25 = Besserung ≥ 17)
Monat 6: Ansprechen JADAS-Acceptable Disease Activity
(Definition JADAS ≤ 5,4)
Monat 9: Ansprechen JADAS-Minimal Disease Activity
(Definition JADAS ≤ 3,8)
Monat 12: Ansprechen JADAS-Remission
(Definition JADAS ≤ 1,0)
Abb. 1 Laufende Konzeptstudie T2T bei polyartikulärer JIA unter Einsatz zugelasse­
ner Arzneimittel für das 1. Behandlungsjahr.
Quelle: Prof. Dr. med. Gerd Horneff, Sankt Augustin
Krankheitsaktivität (z. B. mit dem
JADAS) sowie einen aktivitätsgesteuerten
Therapiealgorithmus
beinhaltet, mit dem Ziel einer JADAS-Remission nicht später als
nach dem 1. Erkrankungsjahr für
oligo- und polyartikuläre JIA-Formen zu erreichen [2].
Systemische JIA nimmt eine
besondere Position ein
Die systemische JIA (Still-Syndrom) nimmt eine besondere Position ein. Das Ansprechen auf Methotrexat und andere konventionelle Basistherapeutika sowie auf
TNF-Hemmer ist unzureichend.
Krankheitskomplikationen, zu denen Wachstumsstörungen und
auch Osteopenie/-porose gehören,
limitieren den Einsatz von Kortikosteroiden, sodass besonders
früh und häufig eine Biologikatherapie mit Interleukin (IL)-1- und
IL-6-Hemmern notwendig erscheint [2]. Das moderne pathogenesegeleitete Konzept sieht die
steroidfreie Ersttherapie mit IL1-Hemmern entsprechend den
Empfehlungen des American Colleague of Rheumatology (ACR) vor,
bei der eine unmittelbare Entzündungskontrolle erfolgt und gleichzeitig eine Rekonstitution der gestörten Funktion zytotoxischer
Zellen ermöglicht wird [3–5].
Beendigung einer
erfolgreichen Therapie
kann sinnvoll sein
Auch die Beendigung einer erfolgreichen Therapie oder ein schrittweiser Therapierückzug kann
sinnvoll sein, um therapieassoziierte Risiken und unnötige Medikamentenexposition zu vermeiden und die Krankheitslast, Injektionen, Infusionen, Arztbesuche
sowie
Krankenhausaufenthalte
und letztlich auch die Therapiekosten zu reduzieren. Nach aktuellen Daten ist die Rezidivrate von
insgesamt 60–70 % nach Beendigung einer erfolgreichen Biologikatherapie abhängig von der JIAKategorie, dem Vorliegen von
Rheumafaktoren und antinukleären Antikörpern, der Krankheitsdauer und der Dauer einer Remission unter Therapie sowie der
Dauer, bis sich der Therapieerfolg
mit Remission einstellt. Zwar verhindert eine langsame Therapierückführung nach Studien ein ra-
Tab. 1
Zulassungssituation für Biologika bei der JIA.
Freiname
Applikation
Zulassung
Etanercept*
s.c.
Poly-JIA#, eoJIA, ERA, PSA
Adalimumab
s.c.
Poly-JIA, ERA
Golimumab
s.c.
Poly-JIA
Certolizumab
s.c.
keine Zulassung
Infliximab
i.v.
keine Zulassung
Tocilizumab
Sarilumab
i.v.
s.c.
s.c.
Poly-JIA, sJIA
keine Zulassung
keine Zulassung
Canakinumab
s.c.
sJIA
Anakinra
s.c.
keine Zulassung
T-Zell-Kostimulation
Abatacept
i.v.
s.c.
Poly-JIA, nach TNF-Versagen
keine Zulassung
B-Zellen
Rituximab
i.v.
keine Zulassung
IL-17- und
-12/23-Inhibitoren
Secukinumab
Ustekinumab
s.c.
keine Zulassung
TNF-Inhibitoren
IL-6-Inhibitoren
IL-1-Inhibitoren
*Für Etanercept steht neben Enbrel® (Pfizer) auch ein Biosimilar zur Verfügung, das
aber nicht für Kinder/Jugendliche < 18 Jahre zugelassen ist.
#
Bezüglich der Zulassungssituation kann Poly-JIA als Synonym für jede polyartikluläre
JIA aufgefasst werden, das schließt alle Fälle ein, bei denen es im Verlauf zur Arthritis
an zumindest 5 Gelenken kam.
(eoJIA = extended Oligoarthritis, polyJIA = Polyarthritis, PSA = Psoriasisarthritis, ERA =
enthesitisassoziierte Arthritis, sJIA = systemische Arthritis [Still-Syndrom])
sches Rezidiv, ein vollständiger
Therapieverzicht kann aber nicht
häufiger erreicht werden. Insofern
sind Studien zur Therapiesteuerung mit Biomarkern wie zum Beispiel den S100-Calprotektinen
willkommen [6].
3
Weitere Innovationen
sind zu erwarten
Weitere Innovationen bei der Therapie der JIA sind zu erwarten –
einmal durch die Verfügbarkeit
neuer weiterer Biologika, zum Beispiel alternativer IL-6-Hemmer
wie Sarilumab oder IL-17-Hemmer wie Secukinumab und auch
oral verabreichter Substanzen wie
zum Beispiel Baricitinib und Tofacitinib, die sich derzeit in der klinischen Prüfung befinden, sowie
durch Biosimilars, die eine breitere, weil kostengünstigere Anwendung in Aussicht stellen.
Prof. Dr. med. Gerd Horneff
Zentrum für Allgemeine Pädiatrie und
Neonatologie, Kinderrheumazentrum
Sankt Augustin, Asklepios Klinik Sankt
Augustin
4
5
6
logie (PRO-KIND): Polyartikuläre
juvenile idiopathische Arthritis.
Ergebnisse der Arbeitsgruppe Polyarthritis in der GKJR-Kommission
PRO-KIND. Arthritis Rheuma 2017;
32: 126–135
Ringold S, Weiss PF, Beukelman
T et al. 2013 update of the 2011
American College of Rheumatology recommendations for the treatment of juvenile idiopathic arthritis:
recommendations for the medical
therapy of children with systemic juvenile idiopathic arthritis and tuberculosis screening among children
receiving biologic medications. Arthritis Rheum 2013; 65: 2499–2512
Vastert SJ, de Jager W, Noordman
BJ et al. Effectiveness of first-line
treatment with recombinant interleukin-1 receptor antagonist in steroid-naive patients with new-onset
systemic juvenile idiopathic arthritis: results of a prospective cohort
study. Arthritis Rheumatol 2014; 66:
1034–1043
Horneff G, Peitz J, Kekow J et al. Canakinumab for first line steroid-free
treatment in a child with systemiconset juvenile idiopathic arthritis.
Scand J Rheumatol 2017: [Epub
ahead of print]
Anink J, Van Suijlekom-Smit LW, Otten MH et al. MRP8/14 serum levels
as a predictor of response to starting and stopping anti-TNF treatment in juvenile idiopathic arthritis.
Arthritis Research & Therapy 2015;
17: 200
Literatur
1
2
Sengler C, Klotsche J, Niewerth M et
al. The majority of newly diagnosed
patients with juvenile idiopathic
arthritis reach an inactive disease
state within the first year of specialised care: data from a German
inception cohort. RMD Open 2015;
1: e000074
Weller-Heinemann F, Ganser G,
Sailer-Höck M et al. Protokolle zur
Klassifikation, Überwachung und
Therapie in der Kinderrheumato-
Freitag, 08. September 2017
Juvenile idiopathische Arthritis –
Was gibt es Neues?
08:30–10:00 Uhr, C1.2.1
(09:30–10:00 Uhr: Aktuelle Therapie
der JIA)
Bild: Thieme Verlagsgruppe, Studio Nordbahnhof
Die aktuelle Situation der Therapie der
juvenilen idiopathischen Arthritis
(JIA) ist durch eine
zunehmende Zahl
von Therapieoptionen insbesondere
mit neu verfügbaren Biologika
gekennzeichnet.
G. Horneff
Prof. Gerd Horneff,
Sankt Augustin, fasst hier zusammen, welche Therapiekonzepte
aktuell zur Verfügung stehen.
Current congress | Highlights
Morbus Still bei Kindern und Jugendlichen
Nach wie vor eine Herausforderung
Die Gesellschaft für Kinder- und
Jugendrheumatologie (GKJR) hat
im vergangenen Jahr die PROKIND-Initiative ins Leben gerufen,
weil Kinder mit pädiatrischen
rheumatischen Erkrankungen in
Deutschland weiterhin entweder
zu spät oder unzureichend behandelt werden. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, soll die
PRO-KIND-Initiative die Anwendung harmonisierter standardisierter diagnostischer und therapeutischer Protokolle mit definierten Zielen fördern. Für die SJIA besteht eine Notwendigkeit für eine
verbesserte Früherkennung, damit
eine wirksame Behandlung früh
eingeleitet werden kann.
Behandlungsergebnisse
haben sich deutlich
verbessert
In der Vergangenheit wurden Patienten mit SJIA vor allem mit Glukokortikoiden behandelt, jedoch
auf Kosten erheblicher nachteiliger
Wirkungen. Die Ergebnisse der Patienten mit SJIA haben sich aufgrund der Verfügbarkeit von wirksameren antirheumatischen Therapien und verbesserten Behandlungsstrategien deutlich verbessert. Evidenzbasierte Leitlinien für
die Behandlung von SJIA existieren
in Deutschland, ihre Anwendung
in Deutschland ist allerdings variabel. Es wurde die Hypothese entwickelt, dass eine frühzeitige effektive Behandlung der SJIA das
langfristige Outcome grundlegend
verändern und insbesondere das
Risiko eines polyartikulären Verlaufs mit chronisch-destruktiver
Arthritis verringern kann („Window of Opportunity“).
Anwendung effektiver
Therapieoptionen ist in
Deutschland sehr heterogen
Innerhalb der PRO-KIND-SJIA-Projektgruppe konnten nun 11 erfahrene pädiatrische Rheumatologen
zusammen mit anderen Experten
mittels Register- und Studiendaten bestätigen, dass die Anwendung effektiver Therapieoptionen
(v. a. Biologika) in Deutschland
sehr heterogen ist. Außerdem bestätigte sich, dass viele Patienten,
die mit einer SJIA-Diagnose behandelt werden, die ILAR-Klassifikationskriterien nicht erfüllen. Nur
59,9 % beziehungsweise 57,1 % der
Patienten, die mit SJIA im Register
für autoinflammatorische Erkrankungen
(AID-Register)
beziehungsweise in der ICON-JIA-Kohorte (Inception Cohort of Newly
Diagnosed Patients with Juvenile
Idiopathic Arthritis) diagnostiziert
wurden, hatten jemals eine Arth-
ritis. Gerade initial zeigen viele betroffene Kinder typische Symptome einer SJIA, allerdings ohne
Arthritis, und werden dennoch als
SJIA diagnostiziert. Diese Patienten ähneln eher einer systemischen Autoinflammationskrankheit als einer Form von JIA. Unsere
Daten aus der klinischen Praxis,
die Evidenz aus der Literatur sowie
die konsentierte Expertenmeinung unterstützen die Verwendung des Begriffs „wahrscheinliche SJIA“ für diese Patienten. Es ist
wichtig zu beachten, dass wichtige
Differenzialdiagnosen für Patienten mit vermuteter SJIA existieren,
einschließlich infektiöser, maligner oder hereditärer Erkrankungen.
Entwicklung von
harmonisierten KonsensusTherapie-Protokollen
Die
SJIA-Projektgruppe
hat
schließlich konsens- und evidenzbasierte Aussagen für die Diagnosestellung und Initialbehandlung
der SJIA in Deutschland entwickelt, die eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von harmonisierten Konsensus-TherapieProtokollen (CTPs) darstellen. Es
besteht deutlicher Konsens in
Deutschland, dass Patienten mit
wahrscheinlicher SJIA (noch vor
Auftreten einer chronischen Arthritis) mit CTPs für SJIA behandelt
werden können. Das explizite Konsensziel ist es, innerhalb von 6–12
Monaten nach Beginn der Behandlung eine glukokortikoidfreie klinisch inaktive Erkrankung (CID) zu
erreichen (Abb. 1). Die PRO-KINDProjektgruppe hat CTPs entwickelt, die für das Management von
Patienten mit wahrscheinlicher
oder definitiver Diagnose einer
SJIA angewendet werden können.
Die detaillierten Ergebnisse inklu-
Abb. 1 Ziele in der Behandlung der systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis
(SJIA). Ein wichtiges Ziel der Behandlung der SJIA ist die rasche Einleitung einer
effektiven Therapie. Jüngere Daten legen nahe, dass bei früher Therapie ein Verlauf
mit chronisch-destruktiver Arthritis gegebenenfalls abgewendet werden kann
(„Window of Opportunity“). Obwohl viele Patienten initial das ILAR-Kriterium der
Arthritis noch nicht erfüllen, werden sie auch aktuell bereits wie eine SJIA behandelt,
allerdings bei variablem Einsatz effektiver Therapieoptionen (ILAR: International
League of Associations for Rheumatology). In Zukunft sollten alle Patienten mit
dem Ziel behandelt werden, eine inaktive Erkrankung ohne Glukokortikoide und
schließlich eine stabile Remission zu erreichen.
Quelle: Univ.-Prof. Dr. med. Dirk Föll, Münster
sive der CTPs sind aktuell zur Veröffentlichung eingereicht und
werden zeitnah vorliegen.
Univ.-Prof. Dr. med. Dirk Föll
Pädiatrische Rheumatologie und Immunologie, Universitätsklinikum Münster
Freitag, 08. September 2017
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
zwischen kindlichen und erwachsenen
Rheumaerkrankungen
14:45–16:15 Uhr, C1.2.1
(14:45–16:00 Uhr: M. Still bei Kindern
und Jugendlichen)
Bild: Fotolia
D. Föll
Die systemische juvenile idiopathische Arthritis (SJIA,
Morbus Still) ist eine seltene und schwerwiegende entzündliche Erkrankung im Kindes- und Jugendalter, die
durch eine systemische Entzündung gekennzeichnet ist
(hektisches Fieber, typischer Hautausschlag, Serositis,
Hepatosplenomegalie, Lymphadenopathie, humorale
Akutphasenreaktion), in variabler Form begleitet oder
gefolgt von chronischer Arthritis. Die bestehenden
Klassifikationskriterien der International League of
Associations for Rheumatology (ILAR) wurden speziell
für die Kategorie der SJIA kritisiert, worüber Prof. Dirk
Föll, Münster, hier näher berichtet.
Forum der Industrie
Umfassender Therapieansatz erforderlich – die RA neu entdecken
Es ist bekannt, dass die chronischentzündliche rheumatoide Arthritis (RA) nicht nur in den Gelenken
zu strukturellen Veränderungen
der Knochen und des Knorpels führen und irreversiblen Schaden verursachen kann [1]. Darüber hinaus
kann sie auch weitere Aspekte im
Leben eines Patienten beeinträchtigen, wie das seelische Wohlbefinden und die soziale Teilhabe [2].
An der Pathophysiologie der RA
sind verschiedene intrazelluläre
Signalwege beteiligt
Die wichtigsten intrazellulären Signalwege bei der RA sind der mitogenaktivierte
Proteinkinase
(MAPK)-, Nuclear factor-kappa B
(NF-κB)- und der Januskinase
(JAK/STAT)-Signalweg [3]. Die Aktivierung dieser Signalwege stimuliert die Regulation von Entzündungsreaktionen sowie Prolifera-
tion, Differenzierung, Überleben,
Wachstum und den Tod von Zellen
(Apoptose) [4–6]. Besonders der
JAK/STAT-Signalweg ist ein wesentlicher Signalweg für eine Vielzahl von Zytokinen [5].
Eine deregulierte Aktivierung des
JAK/STAT-Signalweges sowie dessen Zusammenspiel mit dem
MAPK-Signalweg sind von wesentlicher Bedeutung bei der RA [7]. TZellen, die das Synovium infiltrieren, können Makrophagen und synoviale Fibroblasten sowohl über direkten Zell-Zell-Kontakt als auch
über Zytokine aktivieren, wie zum
Beispiel TNF-α, Interferon-γ (IFN-γ)
und Interleukin 17 (IL-17) Monozyten [3]. Diese Zellen produzieren
wiederum
proinflammatorische
Zytokine (TNF-α, IL-1 und IL-6) [3].
Durch eine dauerhafte Aktivierung
zytokinvermittelter Signalwege bei
der RA wird die Produktion von
Matrixmetalloproteasen induziert,
die Knorpel und Knochen irreversibel schädigen [3]. Zusätzlich aktivieren die proinflammatorischen
Zytokine TNF-α, IL-1 und IL-6 im
Synovium Osteoklastenvorläuferzellen, die schließlich zu Osteoklasten differenzieren und die Osteoklastogenese und die Knochendes­
truktion vorantreiben [8].
Es lässt sich zusammenfassen, dass
bei der Pathogenese und Progression der RA deregulierte intrazelluläre Signalwege durch proinflammatorische Zytokine eine entscheidende Rolle spielen [7].
IL-6: Rolle in der
Pathophysiologie bei
Komorbiditäten der RA
Zwei der häufiger auftretenden
Komorbiditäten, die von Patienten
mit RA erlebt werden, sind Anämie und depressive Verstimmun-
gen. Eine gemeinsame Ursache
liegt im IL-6. IL-6 steigert die Produktion von Hepcidin, dies hemmt
wiederum die Eisenaufnahme,
was zu einer Anämie führen kann:
Sie tritt bei 31,5 % der Patienten
mit RA auf und erhöht Schweregrad und Dauer der Erkrankung
[9]. Es konnte gezeigt werden, dass
IL-6 in der Lage ist, direkt die Bluthirnschranke zu durchqueren und
dass die Anwesenheit des Zytokins
mit pathologischen Zuständen im
Gehirn korreliert [10, 11].
Auf diese und weitere Details zur
Bedeutung der verschiedenen
durch Zytokine aktivierten Signalwege für die Pathophysiologie der
RA wird im Mittagssymposium
von Janssen am Freitag, 08.09. von
13:00–14:30 Uhr eingegangen.
Weitere Infos erhalten Sie auch am
Janssen-Stand (2D20) und unter
www.entdeckeRAneu.de.
Literatur
1
Schett G et al. Arthritis Res Ther
2011; 13: 4
2 Margaretten M et al. Int J Clin
Rheumtol 2011; 6: 617–623
3 Westra J et al. Im Internet: http://
citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/do
wnload?doi=10.1.1.328.2735&re
p=rep1&type=pdf (letzter Stand:
03.07.2017)
4 Pearson G. et al. Endocr Rev 2001;
22: 153–183
5 Rawlings JS et al. J Cell Sci 2004;
117(Pt 8): 1281–1283
6 Barkett M et al. Oncogene 1999; 18:
6910–6924
7 Malemud CJ. J Clin Cell Immunol
2013; 4: 160
8 Takayanagi H. Nat Rev Immunol
2007; 7: 292–304
9 Raj DSC. Semin Arthritis Rheum
2009; 38: 382–388
10 Zhou AJ et al. Adv Ther 2017; 34:
78–90
11 Yarlagadda A et al. Psychiatry (Edgemont) 2009; 6: 18–22
Quelle: nach Informationen der
Janssen-Cilag GmbH, Neuss
23
Herunterladen