Einführung in das Praktikum Anorganische Chemie

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Einführung in das Praktikum
Anorganische Chemie
© W. R. Thiel
Quantitative Analyse anorganischer Stoffe
Durch eine quantitative Analyse erhält man Informationen über die Menge einer bestimmten Spezies in einer Probe.
Bei manuell durchgeführten Analysen kann in der
Regel nur ein Element quantitativ bestimmt werden.
Automatisierte Analyseverfahren ermöglichen die
parallele Bestimmung einer Vielzahl von Elementen.
Darüber hinaus können Analyseverfahren in der anorganischen Chemie nicht nur elementspezifisch
durchgeführt werden sondern man kann auch
speziesselektiv analysieren, z. B. Fe2+ neben Fe3+
nachweisen oder Isotopenverteilungen erfassen
(z. B. für Herkunftsnachweise).
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen chemischer Reaktionen
1.1. Chemische Zeichensprache
1.2. Stöchiometrisches Rechnen
1.3. Die Thermodynamik chemischer Reaktionen
1.4. Die Kinetik chemischer Reaktionen
1.5 Das chemische Gleichgewicht
………
Chemische Formeln
Notation für die Beschreibung chemischer Reaktionen
- das Zeichen eines chemischen Elements (aus dem Periodensystem der Elemente)
in einer chemischen Formel belegt seine Anwesenheit in einer Verbindung
- tiefgestellte Zahlen stehen für die Anzahl der Atome eines Elements in einem Molekül
Beispiel: Ethanol,
C2H6O
H H
H
C
H
C
O
H H
OH
H
Beispiel: Aspirin,
Acetylsalicylsäure,
C9H8O4
O
O
O
O
1. Chem. Reaktionen / 1.1. Zeichenspr.
Chemische Formeln
Festkörper
- sind nicht aus diskreten (einzelnen) Molekülen aufgebaut
- die chemische Formel gibt die Atomanteile wieder
Beispiel: Eisenoxid Fe2O3, Hämatit, Roteisenerz
enthält 40% Fe-Atome und 60 % O-Atome
1. Chem. Reaktionen / 1.1. Zeichenspr.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen chemischer Reaktionen
1.1. Chemische Zeichensprache
1.2. Stöchiometrisches Rechnen
1.3. Die Thermodynamik chemischer Reaktionen
1.4. Die Kinetik chemischer Reaktionen
1.5 Das chemische Gleichgewicht
………
Stöchiometrisches Rechnen
Stöchiometrie: Lehre von der Zusammensetzung der chemischen Stoffe
(gr.: στοιχειον" = Grundstoff und "µετρειν" = messen)
Standard für Atom-/Molekülmasse
alle Atom-/Molekülmassen sind auf die Masse des Kohlenstoffisotops 126C bezogen
1 a.m.u. (1 u) = 1/12 der Masse von 126C = 1.66⋅10-27kg.
Standard für Stoffmenge
das Mol (eine SI-Einheit): ein Mol ist diejenige Menge von Atomen, deren Masse in
Gramm gleich der relativen Atommasse ist.
d. h. ein Mol des Kohlenstoffisotops 126C hat die Masse 12.0000 g
Es gilt: ein Mol entspricht 12 g·(1/12)/1.66⋅10-27kg = 6.023·1023 126C Atomen
Dieser Wert gilt für alle Teilchen, nicht nur für 126C Isotope !
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Rechenbeispiele
gegeben ist eine Verbindung mit
• 33.26 Gew.-% C
• 4.88 Gew.-% H
• 22.15 Gew.-% O
• 19.39 Gew.-% N
• 20.31 Gew.-% Ni
Man dividiert durch die Atommassen
und teilt alle Werte durch den kleinsten Wert
33.26/12.011 = 2.77
2.77/0.346 = 8.00 = 8
4.88/1.008 = 4.84
4.84/0.346 = 13.99 = 14
22.15/16.000 = 1.38
1.38/0.346 = 3.99 = 4
19.39/14.007 = 1.38
1.38/0.346 = 3.99 = 4
20.31/58.69 = 0.346
0.346/0.346 = 1.00 = 1
Damit erhält man das Atomverhältnis 8C/14H/4O/4N/1Ni und daraus die
minimale Summen-formel C8H14O4N4Ni1. Es könnte sich aber auch
um jedes ganzzahlige Vielfache dieser Zusammensetzung handeln.
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Rechenbeispiele
Für die Eisenverhüttung ist es wichtig, zu wissen, wieviel Eisen (Gew.-%)
ein Eisenerz, z.B. Fe2O3, enthält.
Ansatz:
Atommassen: Fe 55.85 g/mol, O 16.00 g/mol
(erhältlich aus dem Periodensystem der Elemente oder einer Atommassentabelle)
1 mol Fe = 6.023·1023 Fe-Atome hat die Masse 55.85 g,
1 mol O = 6.023·1023 O-Atome hat die Masse 16.00 g,
1 mol Fe2O3 hat die Masse 2⋅55.85 + 3⋅16.00 = 159.70 g.
Eisenanteil : (2⋅55.85 g)/159.70 g = 69.9 Gew.-%.
1 to Fe2O3 enthält also 699 kg Fe !!
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Rechenbeispiele
Mit Hilfe stöchiometrischer Rechnungen kann man Stoffmengen bei chemischen
Reaktionen exakt berechnen.
H
Beispiel:
H3C
Wieviel Nickelacetat (g) werden benötigt, um 10 g des
O
O
N
N
C
Dimethylglyoxim-Komplexes zu synthetisieren ?
CH3
C
Ni
C
H3C
Reaktionsgleichung:
C
N
N
O
CH3
O
H
Ni(OOCCH3)2 + 2 C4H8O2N2 -> C8H14O4N4Ni1 + 2 HOOCCH3
C8H14O4N4Ni1: Molmasse = 288.91 g/mol, 10 g entsprechen 34.61 mmol
Ni(OOCCH3)2: Molmasse = 176.80 g/mol
für 34.61 mmol Komplex benötigt man 34.61 mmol Ni(OOCCH3)2 = 6.12 g
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Rechenbeispiele
Berechnung der Summenformel einer Verbindung, bei der nur ein Teil der analytischen
Daten vorliegt.
Eine Verbindung enthält C, H, O, und Si, 1.00 g davon werden vollständig verbrannt.
Man findet:
46.12 Massen-% Kohlenstoff und 9.68 Massen-% Wasserstoff
sowie 0.2884 g SiO2 als festen Rückstand
Molmasse SiO2: 60.086 g/mol; man berechnet zunächst den Si-Anteil in 0.2884 g SiO2:
(0.2884)(28.086)/60.086 = 0.1348 g entspr. 13.48 %,
danach den O-Anteil in der Verbindung über 100 % - (46.12+9.68+13.48 %)
= 30.72 %, dividiert die Werte durch die Atommassen und erhält:
C: 3.840, H: 9.603, O: 1.920, Si: 0.480
Das ergibt: C8H20O4Si
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Rechenbeispiele
Berechnung der benötigten Stoffmengen bei chemischen Reaktionen
Beispiel: wieviel Sauerstoff (g) werden benötigt um 10 ml Ethanol (Dichte, d = 0.8 g/ml)
zu verbrennen ?
Reaktionsgleichung:
C2H5OH + 3 O2
2 CO2 + 3 H2O
Lösung: Aus der Gleichung ergibt sich, daß für 1 mol EtOH
3 mol Sauerstoff benötigt werden
Molekularmassen: Ethanol 46.07 g/mol, O2 32.00 g/mol
10.00 ml Ethanol enthalten 8.00 g dieses Stoffes (Dichte !!)
8.00 g Ethanol entsprechen 8.00/46.07 mol = 173.60 mmol
d. h. man benötigt 3⋅173.60 mmol = 520.90 mmol O2
= 32.00 g/mol · 0.52mol = 16.67 g.
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Rechenbeispiele
Berechnung von Gasmengen:
Gasmengen kann man Hilfe des Molvolumens (22.414 l/mol)
in Mol umrechnen.
Voraussetzungen: ideales Gas und Norm(al)bedingungen (T = 273.15 K (0°C),
P = 101325 Pa = 1013,25 mbar)
Umrechnungen auf Nichtstandardbedingungen erfolgen über das allgemeine Gasgesetz
p·V = n·R·T
p = Druck, V = Volumen, n = Molzahl, R = allg. Gaskonstante = 8.314 J/K·mol,
T = Temperatur (K)
Beispiel: Welche Gasmenge (in l) wird bei der Verbrennung von 10 ml EtOH freigesetzt
oder verbraucht (bei Normbedingungen: 273.15 K; 1013,25 mbar) ?
Lösung: zur Verbrennung von 1 mol EtOH werden 3 mol O2 benötigt, es werden
2 mol CO2 freigesetzt (Wasser ist flüssig !!); Differenz: -1 mol Gas,
hier: -173.60 mmol Gas entspricht 22.414 l/mol · (-0.1736 mol) = -3.89 l
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Konzentration
Es existieren verschiedene Begriffe, die den Anteil eines Stoffes in einem
Stoffgemisch definieren
• Stoffmengenanteil (Molenbruch) χ in Mol/Mol (wichtig: Partialdruck P/Pges)
• Masse pro Volumeneinheit: g/l (Massenkonzentration)
• Volumen pro Volumeneinheit: ml / 100 ml = % (Volumenprozent,
Volumenanteil, Volumenkonzentration)
• Masse pro Masseneinheit: 10 g/kg, g/100 g = % (Massenprozent, Massenanteil)
• Mol pro Masseneinheit des Lösemittels: mol/kg (Molalität)
• Mol pro Volumen: mol/l oder kurz "M" (Molarität)
(Val = Wirkäquivalente pro Volumeneinheit: val/l oder kurz n (Normalität))
Def.: werden Stoffe in eckige Klammern gesetzt, so werden deren molare
Konzentrationen angegeben, z. B. [Na+] in M bzw. mol/l.
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Konzentration
Beispiel:
50 g Kochsalz (NaCl) werden in 1 l Wasser gelöst,
wie groß ist die NaCl-Konzentration dieser Lösung ?
Ansatz:
Molmasse NaCl: 58.44 g/mol (22.99 + 35.45);
d. h. 50 g NaCl entsprechen 0.855 mol;
die Lösung hat eine Konzentration von 0.855 mol/l, sie ist 0.855 molar.
Beispiel:
10 ml Schwefelsäure (H2SO4, Dichte: d = 1.84 g/ml) werden in 200 ml Wasser
gelöst, wie groß ist die dadurch entstehende Protonenkonzentration ?
Reaktionsgleichung:
H2SO4
2 H+(aq) + SO42-(aq)
Ansatz: Molmasse H2SO4: 98.08 g/mol, 10 ml = 18.40 g =
18.40 g / 98.08 g/mol = 0.188 mol H2SO4,
[H2SO4] = 0.188 mol / 0.20 l = 0.938 mol/l, [H+] = 1.876 mol/l
1. Chem. Reaktionen / 1.2. Stöchiometrie
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen chemischer Reaktionen
1.1. Chemische Zeichensprache
1.2. Stöchiometrisches Rechnen
1.3. Die Thermodynamik chemischer Reaktionen
1.4. Die Kinetik chemischer Reaktionen
1.5 Das chemische Gleichgewicht
………
Energiebilanzen
Chemische Reaktionen sind immer mit der Freisetzung oder dem Verbrauch
von Energie (Wärme, Licht, el. Energie, Druck, Schall, etc.) verbunden.
Definitionen:
Eine exotherme Reaktion gibt bei Wärme an die Umgebung ab (P = const.), eine
endotherme Reaktion nimmt Wärme aus der Umgebung auf (P = const)
Reaktionsenthalpie ∆H: exotherme Reaktion ∆H < 0; endotherme Reaktion ∆H > 0.
Chemische Gleichgewichte (A
B):
Berechnung der Lage des Gleichgewichtes mit dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik
∆G = ∆H - T∆S = freie Reaktionsenthalpie, T = Temperatur in Kelvin, ∆S = Entropie
für ∆G < 0 läuft die Reaktion von A nach B, sie ist exergonisch,
für ∆G > 0 läuft die Reaktion von B nach A, sie ist endergonisch
Beispiel: C2H5OH + 3 O2
2 CO2 + 3 H2O
∆H = -1368 kJ/mol (exoth. Reaktion)
10 ml (173.6 mmol) EtOH setzen 237.5 kJ frei
1. Chem. Reaktionen / 1.3. Thermodynamik
Energiespeicherung
Stoffe können Energie auf verschiedene Arten speichern
fluide Stoffe (Gase und Flüssigkeiten):
• Translationsenergie (Fortbewegung),
• Rotationsenergie,
• innermolekulare Schwingungen
feste Stoffe:
• Schwingungen der Atome um ihre Gleichgewichtslagen
im Feststoffverband (Kristallgitter).
1. Chem. Reaktionen / 1.3. Thermodynamik
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen chemischer Reaktionen
1.1. Chemische Zeichensprache
1.2. Stöchiometrisches Rechnen
1.3. Die Thermodynamik chemischer Reaktionen
1.4. Die Kinetik chemischer Reaktionen
1.5 Das chemische Gleichgewicht
………
Reaktionsgeschwindigkeit
Die Thermodynamik beschreibt in welche Richtung eine Reaktion läuft,
die Kinetik beschreibt wie schnell eine Reaktion verläuft.
Stoßmodell:
Moleküle müssen in Wechselwirkung treten,
+
+
wenn eine Reaktion stattfinden soll
Übergangszustand
Reaktionsgeschwindigkeit:
r ist proportional zur Wahrscheinlichkeit eines effizienten Stoßes, d. h. von der
Konzentration der Reaktionspartner (in der Gasphase vom Druck) und der Energie
der aufeinander treffenden Teilchen (r = f(T))
allgemeine Formel :
bzw.
r = -d[A]/dt = k(T)⋅[A]⋅[B]
r = -dpA/dt = k(T)⋅pA⋅pB
k(T): Geschwindigkeitskonstante (typisch für jede Reaktion)
1. Chem. Reaktionen / 1.4. Kinetik
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
Jede Reaktion besitzt eine individuelle Geschwindigkeitskonstante k(T)
Berechnung:
Arrhenius-Gleichung
k(T) = A⋅e-Ea/RT
A = Stoßzahl (exp. zu bestimmen), Ea = Aktivierungsenergie,
R = allg. Gaskonstante = 8.314 J/K·mol, T = Temperatur in K
Konsequenz der Arrhenius-Gleichung:
nicht alle Stöße führen zu einer Reaktion,
Bildungsenergie der
Startverbindungen
E
sondern nur die, bei denen die Teilchen
genügend Energie besitzen um einen
Ea
Aktivierungsberg zu überwinden.
DG
Energieverlauf einer exothermen Reaktion
Bildungsenergie
der Produkte
Reaktionsverlauf
1. Chem. Reaktionen / 1.4. Kinetik
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen chemischer Reaktionen
1.1. Chemische Zeichensprache
1.2. Stöchiometrisches Rechnen
1.3. Die Thermodynamik chemischer Reaktionen
1.4. Die Kinetik chemischer Reaktionen
1.5 Das chemische Gleichgewicht
………
Chemisches Gleichgewicht
Prinzipiell verlaufen Reaktionen nur dann absolut in Richtung der Produkte
wenn DH unendlich negativ wird. In den meisten chemischen Reaktionen,
die nicht mit sehr großer Energiefreisetzung verbunden sind, liegt deshalb
ein Gleichgewicht zwischen den Ausgangsstoffen (Edukte) und den
Produkten vor. Im Gleichgewicht ändern sich die Stoffkonzentrationen nicht,
es finden aber weiterhin Stoffumsetzungen statt.
Einfachstes Beispiel:
Gleichgewichtsreaktion zwischen zwei Stoffen A
Notation: Gleichgewichtspfeil
B
im Gegensatz zu
„normalem“ Reaktionspfeil
Fließgleichgewicht:
Einstellung eines Gleichgewichtszustandes durch permanente konstante Zufuhr der
Edukte und Abfuhr der Produkte (z. Lebewesen)
1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht
Gleichgewichtkonstante
Beispiel: Gleichgewichtsreaktion zwischen zwei Stoffen A
Hinreaktion: - d[A] = k[A]
Rückreaktion:
dt
im Gleichgewicht:
-
d[B]
d[A]
=dt
dt
d. h.
-
B
d[B]
= k[B]
dt
k[A] = k[B]
d. h. K = k
k
=
[B]
[A]
Gleichgewichtskonstante K: Verhältnis der Konzentrationen [B] und [A]:
K = [B]/[A]
für K > 1 liegt das Gleichgewicht auf der Seite der Produkte,
für K < 1 auf der Seite der Edukte.
Bei den meisten Reaktionen ist K eine Funktion der Temperatur.
1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht
Massenwirkungsgesetz
Aus der allgemeinen Reaktionsgleichung einer Gleichgewichtsreaktion
aA + bB + ....
cC + dD + ....
ergibt sich das Massenwirkungsgesetz:
[C]c.[D]d......
K=
[A]a.[B]b......
Bei Gasreaktionen rechnet man nicht mit den Konzentrationen sondern mit den
Partialdrücken (Druckanteile pA, pB, usw. am Gesamtdruck) der beteiligten Stoffe.
Das Massenwirkungsgesetz steht in Beziehung zu ∆G (freie Reaktionsenthalpie) :
∆G = - R·T·lnK bzw. K = e(-∆G/R·T)
1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht
Prinzip von LeChatelier
Steuerung von Gleichgewichtsreaktionen:
Übt man auf ein im Gleichgewicht befindliches System einen
äußeren Zwang aus, so wird das System versuchen diesem
Zwang auszuweichen. Eine mögliche Einflußnahme kann über die
Änderung von Konzentration, Druck oder Temperatur erfolgen.
Beispiel: Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniaksynthese
N2 + 3 H2
2 NH3
∆H = -92 kJ/mol
Fritz Haber (1868–1934)
Carl Bosch (1874–1940)
1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht
Haber-Bosch-Verfahren
Eine möglichst hohe Ammoniakausbeute, die
sowohl ökonomisch als auch ökologisch wichtig
ist, kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
• durch Druckerhöhung: aus 4 mol Gas entstehen 2 mol Gas. Nach Le Chatelier erhöht
sich die Ammoniakausbeute bei hohem Druck, weil das System dem hohen Druck
auszuweichen versucht.
• durch Abführung der Reaktionswärme (es handelt sich um eine exotherme Reaktion,
man muss bei möglichst niedriger Temperatur arbeiten). Dabei entsteht folgendes
Problem: es existiert eine Aktivierungsbarriere von ca. 230 kJ/mol, die bei niedrigen
Temperaturen einen ausreichenden Stoffumsatz verhindert. Man muss einen
Kompromiss finden und betreibt die Reaktion bei einer Temperatur von 500 °C.
• durch Verwendung eines Katalysators: α-Fe
(entsteht aus Fe2O3 unter Einwirkung von H2) auf Kaliumcarbonat.
1. Chem. Reaktionen / 1.5. Gleichgewicht
Inhaltsverzeichnis
2. Chemische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
2.1. Grundsätzliches
2.2. Neutralisationstitration
2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie
2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration
2.3. Redoxtitrationen
2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie
2.3.2. Verfahren der Redoxtitration
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
………
Grundsätzliches
Urtiterproblem: will man die Menge einer Substanz mithilfe eines Reagens bestimmen,
so muss man dessen Konzentration genau kennen.
Welche Reagenzien lassen sich genau in ihrer Menge abmessen (Urtiter)?
Nicht geeignet sind:
• zersetzliche Verbindungen (z. B. Iodid-Lösungen, Fe2+-Lösungen),
• gasförmige oder flüchtige Verbindungen (z. B. HCl, HAc)
• Flüssigkeiten (z. B. H2SO4, H3PO4)
• Verbindungen mit nicht definierter Zusammensetzung
hygroskopische Salze
Verbindungen mit schwachgebundenem Kristallwasser
nichtstöchiometrische Verbindungen
Solche Stoffe kann man sehr wohl als Maßlösungen (Lösungen bekannter Konzentration) einsetzen, ihr Gehalt muss aber an einem Urtiter bestimmt werden.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.1. Grundsätzliches
Inhaltsverzeichnis
2. Chemische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
2.1. Grundsätzliches
2.2. Neutralisationstitration
2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie
2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration
2.3. Redoxtitrationen
2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie
2.3.2. Verfahren der Redoxtitration
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
………
Brønsted-Säure- / Basechemie
Das Verständnis von Säuren und Basen wandelte sich im Verlauf der Jahrhunderte.
• älteste Definition (Antike): Säuren schmecken sauer
(Basen waren damals noch nicht bekannt)
• danach: Säuren enthalten Sauerstoff (stimmt nicht ganz)
• Arrhenius: Säuren bilden in wässriger Lösung
H+-Ionen (Protonen), Basen bilden OH--Ionen.
Anhand dieser Feststellung lassen sich Säurebzw. Basenstärken als [H+] bzw. [OH-] in Wasser
definieren. Problematisch ist die Beschränkung
auf wässrige Lösungen.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Brønsted-Säure- / Basechemie
Brønsted: Eine Säure gibt Protonen ab, eine
Base nimmt Protonen auf. Diese Definition
(Konzept der korrespondierenden Säuren und
Basen) ist nicht mehr beschränkt auf wässrige
Lösungen.
HA
H+ + A -
B + H+
HB+
Definition:
Ampholyte sind Verbindungen, die sowohl als Säure als auch als Base wirken können.
Ein einfaches Beispiel ist Wasser.
Allgemein gilt, dass die meisten Elemente und Verbindungen protoniert werden können
und die meisten wasserstoffhaltigen Verbindungen deprotoniert werden können.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Säure- / Basechemie
Lewis: Säuren sind Elektronenpaarakzeptoren, Basen sind Elektronenpaardonoren.
Beispiele: BF3 und F-; BF3 und H2O (Protonenabspaltung);
Ca2+ in Wasser
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Brønsted-Säuren und -Basen
Brønsted-Säuren und –Basen verhalten sich in Wasser wie folgt:*
HA
H+ + A-
[H+].[A-]
KS =
HB+ + OH-
B + H2O
[HB+].[OH-]
KB =
[HA]
[B]
[H2O] = const. = 55.55 mol/l
wird in KB eingerechnet
* Anm: in vielen Lehrbüchern findet man H3O+ anstelle von H+.
Beides ist nicht korrekt, da Protonen (extrem hohes Verhältnis
Ladung/Radius) sehr attraktiv auf Wassermoleküle wirken. H3O+
bindet selbst sehr stark weitere Wassermoleküle. Auch die anderen
Ionen in den obenstehenden Gleichungen sind in wässriger Lösung
entsprechend solvatisiert (aquotisiert). Das Skript verzichtet aus
Gründen der Übersichtlichkeit auf deren explizite Erwähnung, es
sollte jedoch allen bewusst sein, dass gelöste Ionen in Wasser in
jedem Fall solvatisiert vorliegen.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Stärke von Brønsted-Säuren und -Basen
Die Stärke einer Brønsted-Säure bzw. -Base definiert sich durch deren
Bestreben in einem Medium Protonen abzugeben bzw. aufzunehmen.
HA
H+ + A-
B + H2O
[H+].[A-]
KS =
HB+ + OH-
[HB+].[OH-]
KB =
[HA]
[B]
Starke Säuren/Basen besitzen große KS- und KB-Werte
KS und KB sind i. d. R. unhandliche Zahlen, deshalb geht man zur logarithmischen
Schreibweise über:
pKS = -log(KS)
pKB = -log(KB)
Starke Säuren/Basen besitzen kleine pKS und pKB-Werte
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Korrespondierende Säuren und Basen
Zu jeder Säure HA existiert eine korrespondierende Base A- (die ein Proton
aufnimmt und wieder HA ergibt), zu jeder Base B existiert eine korrespondierende Säure HB+ (die ein Proton abgibt kann und wieder B ergibt).
Man kann für diese Paare die Massenwirkungsgesetze aufstellen.
[H+].[A-]
KS =
[HA]
und KB =
[HA].[OH-]
[A-].[H
2O]
.
es gilt: KS KB =
für [H2O] = konstant in H2O = 55.55 mol/l gilt:
[H+].[A-].[HA].[OH-]
[HA].[A-].[H2O]
KW = [H+]·[OH-] = 10-14 mol2/l2
in neutralen Lösungen: [H+] = [OH-] = 10-7 mol/l.
Def.: pH = -log[H+]; pOH = -log[OH-]
für neutrale Lösungen gilt:
pH = pOH = 7
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Acidität/Basizität wäßriger Lösungen
starke Säuren/Basen: vollständige Dissoziation, pKS- bzw. pKB-Wert ist klein
HA
es gilt:
[H+] = C0
H+ + A-
(eingesetzte Menge an Säure) bzw.
[OH-] = C0 (eingesetzte Menge an Base)
Beispiele:
1.0 molare HCl:
pH = 0
0.001 molare HCl:
pH = 3, usw.
0.01 molare NaOH:
pOH = 2 und pH = 12
Mehrprotonige Säuren z. B. Schwefelsäure, liefern entsprechend größere Protonenmengen, vorausgesetzt, der pKS-Wert der zweiten Deprotonierungsstufe ist ebenfalls klein.
Def.: Normalität einer Säure- bzw. Baselösung
Normalität = Molarität (mol/l) geteilt durch die Zahl der H+- bzw. OH--Ionen, die pro
Säure- bzw. Basemolekül abgegeben werden
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Acidität/Basizität wäßriger Lösungen
schwache Säuren/Basen: unvollständige Dissoziation, pKS- bzw. pKB-Wert ist
groß
H+ + A-
HA
[H+].[A-]
es gilt (Beispiel Säure):
KS =
pKS = -log(KS)
[HA]
Problem: drei unbekannte Größen [HA], [H+], [A-], die aber miteinander verknüpft sind
[H+].[A-]
die Gesamtmenge der Säure berechnet sich wie
folgt: C0 = [HA] +
[A-]
= [HA] +
[H+];
d.h. [HA] = C0 -
[H+]
KS =
C0 - [H+]
=
[H+]2
C0 - [H+]
wenn man das Autoprotolysegleichgewicht des Wassers mit berücksichtigt dann
gilt [H+] ≈ [A-] + 10-7, d.h. [A-] = [H+] - 10-7 und damit:
[H+].([H+] - 10-7)
KS =
C0 - [H+]
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Acidität/Basizität wäßriger Lösungen
Für eine einfache Berechnung des pH-Wertes einer schwachen Säure/Base
macht man zwei Vereinfachungen:
1. wegen der geringen Dissoziation der Säure gilt: C0 ≈ [HA].
2. die Autoprotolyse des Wassers wird vernachlässigt, deshalb gilt: [H+] ≈ [A-]
Mit den Vereinfachungen ergibt sich ein neuer Ansatz für KS:
Daraus ergibt sich:
[H+] = (KS·C0)1/2
pH = -log(KS·C0)1/2 = -0.5log(KS·C0) = 0.5pKS – 0.5log(C0)
Beispiel: 0.1 molare Essigsäure (KS = 1.78·10-5, pKS = 4.75), pH = 2.37 + 0.50 = 2.87
Wichtig: starke Säuren/Basen vertreiben schwache Säuren/Basen aus den Salzen
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Acidität/Basizität wäßriger Lösungen
Analog: Berechnung des pH-Wertes einer schwach dissoziierenden Base
Aus
B + H 2O
BH + + OH -
folgt
Mit den Vereinfachungen (C0 ≈ [B], [BH+] ≈ [OH-])
ergibt sich ein neuer Ansatz für KB:
Daraus ergibt sich:
[BH+].[OH-]
KB =
KB =
[B]
[OH-]2
C0
[OH-] = (KB·C0)1/2
pOH = -log(KB·C0)1/2 = -0.5log(KB·C0)
pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0)
Der pH-Wert kann wie folgt berechnet werden: pH = 14 - pOH
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Säure- und Basenstärke
KS [mol/l]
pKS
Säure
Base
pKB
≈ 1010
≈ -10
HClO4
ClO4-
≈ 24
≈ 106
≈ -6
HCl
Cl-
≈ 20
≈ 103
≈ -3
H2SO4
HSO4-
≈ 17
20.9
-1.32
HNO3
NO3-
15.32
Säurestärken von HF,
1.2·10-2
1.92
HSO4-
SO42-
12.08
HCl, HBr und HI, von
1.1·10-2
1.96
H3PO4
H2PO4-
12.04
H3PO4, H2SO4 und
7.24·10-4
3.14
HF
F-
10.86
HClO4, von Ameisen-
10.30
und Essigsäure sowie
pKS + pKB = 14
Vergleiche:
2.0·10-4
3.70
HCOOH
HCOO-
1.78·10-5
4.75
CH3COOH
CH3COO-
9.25
3.02·10-7
6.52
H2CO3
HCO3-
7.48
1.2·10-7
6.92
H2S
HS-
7.08
Phosphorsäure und
7.59·10-8
7.12
H2PO4-
HPO42-
6.88
ihren Salzen.
5.62·10-10
9.25
NH4+
NH3
4.75
3.98·10-11
10.40
HCO3-
CO22-
3.60
4.79·10-13
12.32
HPO42-
PO43-
1.68
1.26·10-13
12.90
HS-
S2-
1.10
die Säurestärke von
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Pufferlösungen
Einen Puffer erhält man durch Kombination einer schwachen Säure (z. B.
HAc) bzw. Base (z. B. NH3) mit ihrem Salz (z. B. NaAc bzw. NH4Cl).
Säure: Hydroxidionenfänger
Base: Protonenfänger
Aus dem Massenwirkungsgesetz erhält man:
für schwache Säuren gilt:
[H+] =
KS.[HA]
[A-]
[HA] ≈ [HA0] bzw. [A-] ≈ [A-0]
Daraus folgt: pH = pKS – log([HA0]/[A-0])
Henderson-Hasselbach-Gleichung
Für ein 1:1 Gemisch von Säure und Salz gilt: [HA0] = [A-0]; pH = pKS
Pufferlösungen halten ihren pH-Wert bis zu einem bestimmten Punkt konstant; wichtig
für Biochemie und Physiologie, aber auch bei chemischen Anwendungen (Haut; Blut;
Gerinnung von Milch; Sulfidfällung).
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Säure-/Base-Indikatoren
Säure-Base-Indikatoren sind schwache Säuren oder
Basen. Sie ändern beim Protonieren oder Deprotonieren
ihre chemische Struktur und damit ihre Farbe.
Beispiel: Paranitrophenol
O
O
O
N+
OH
Base
N+
N+
OO
O
O
farblos
O
gelb
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Inhaltsverzeichnis
2. Chemische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
2.1. Grundsätzliches
2.2. Neutralisationstitration
2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie
2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration
2.3. Redoxtitrationen
2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie
2.3.2. Verfahren der Redoxtitration
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
………
Verfahren der Neutralisationstitration
Bestimmung des Gehalts an Säure oder Base
durch Zugabe einer Äquivalentmenge an Base
oder Säure.
Funktioniert weil am Äquivalenzpunkt i.a. eine
rasche Änderung des pH-Werts stattfindet (außer
bei extremer Lage des pH-Werts,
z.B. HPO42-/PO43-)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Neutralisationsreaktionen
Säure/Base-Titration: Bestimmung der Menge Säure/Base in einer Probe
durch Zugabe einer Base/Säure bekannter Konzentration unter Verfolgung
des pH-Wertes
pH
14
Beispiel: starke Säure mit
12
starker Base
10
Titration von
8
100 ml 0.1 M HCl
Äquivalenzpunkt bei pH = 7
6
mit 0.1 M NaOH
Titration von
4
100 ml 0.001 M HCl
2
mit 0.001 M NaOH
0
ml NaOH
0
50
100
150
200
für online-Simulation von Neutralisationstitrationen siehe
http://ac16.uni-paderborn.de/lehrveranstaltungen/_aac/prakt/titrat/titrat.html
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Neutralisationsreaktionen
Beispiel: schwache Säure mit starker Base
Titration von 100 ml 0.1 M HAc
14
(pKS = 4.75) mit 0.1 m NaOH
12
pH
- Startpunkt (reine HAc):
10
pH = 2.37 + 0.50 = 2.87
- Pufferpunkt (nach 50 ml NaOH):
pH = pKS = 4.75
8
Äquivalenzpunkt bei pH = 8,72
6
- Äquivalenzpunkt: es liegt eine
Lösung von 0.1 mol NaAc
4
2
(schwache Base) in 200 ml
ml NaOH
0
Wasser vor
0
50
100
150
200
pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0);
pKB = 9.25; C0 = 0.05 M; pOH = 4.625 + 0.651 = 5.276; pH = 14 – pOH = 8.724
- Endpunkt der Titration: es liegt eine Lösung von 0.1 mol NaOH (starke Base) in 300 ml
Wasser vor; pOH = -log(0.1/3) = 1.48; pH = 14 – 1.48 = 12.52
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Indikatoren
Der Umschlagspunkt
pKS-Wert des Indikators
muß auf den Äquivalenzpunkt der Titration
angepaßt sein
pH
14
pH
14
12
12
10
10
8
8
6
6
Lackmus
Bromthymolblau
4
Thymolblau
Phenolphthalein
4
2
2
ml NaOH
0
0
50
100
150
200
ml NaOH
0
0
50
100
150
200
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
mehrprotonige Säuren
14
Beispiel: Phosphorsäure
pH
12
10
Titration von 100 ml 0.1 M H3PO4
mit 1.0 M NaOH
8
6
H3PO4 ↔ H2PO4- + H+; pKS1 = 1.96
4
H2PO4- ↔ HPO42- + H+; pKS2 = 7.12
2
HPO42- ↔ PO43- + H+; pKS3 = 12.32
0
Pufferbereiche
ml NaOH
0
5
10
15
20
25
30
35
- Anfangspunkt: die zweite Deprotonierung spielt in wässriger H3PO4 (KS1/KS2 ca. 105)
keine Rolle pH = -log[H3PO4] = 1 (starke Säure)
oder pH = 0.5pKS – 0.5log(C0) = 0.88 + 0.5 = 1.38 (schwache Säure)
- Pufferbereiche: bei 5, 15 und 25 ml; nahezu wagrechter Kurvenverlauf
- Äquivalenzpunkte: bei 10, 20 und 30 ml, wobei man für eine Titration den Äquivalenzpunkt bei 30 ml nicht verwenden kann
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
40
14
mehrprotonige Säuren
pH
12
Thymolphthalein
10
Titration von 100 ml 0.1 M H3PO4
mit 1.0 M NaOH
8
6
Bromkresolgrün
Methylorange
4
Berechnung der Äquivalenzpunkte:
Äquivalenzpunkte
2
- ÄP1: 110 ml NaH2PO4-Lösung; d. h.
[H2PO4-] = 0.1·0.1/0.11 = 0.091 M;
A. H2PO4-
ml NaOH
0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
HPO42- + H+; pKS = 7.12
B. H2PO4- + H2O
H3PO4 + OH-; pKB = 14 - 1.96 = 12.04
A liefert ca. 105 mal mehr H+-Ionen als B OH--Ionen, die Lösung reagiert sauer:
pH = 0.5pKS – 0.5log(C0) = 3.56 - 0.5log(0.091) = 4.08
- ÄP2: 120 ml Na2HPO4-Lösung; d. h. [HPO42-] = 0.1·0.1/0.12 = 0.083 M;
C. HPO42-
PO43- + H+; pKS = 12.32
D. HPO42- + H2O
H2PO4- + OH-; pKB = 14 - 7.12 = 6.88
D hat einen um ca 5·105 kleineren pK-Wert als C, D bestimmt das Verhalten von HPO42pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0) = 3.44 - 0.5log(0.083) = 3.98; pH = 14 - 3.98 = 10.02
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
14
mehrprotonige Säuren
pH
12
Thymolphthalein
10
Titration von 100 ml 0.1 M H3PO4
mit 1.0 m NaOH
8
6
Bromkresolgrün
Methylorange
4
Berechnung der Äquivalenzpunkte:
Äquivalenzpunkte
2
ml NaOH
- ÄP3: 130 ml Na3PO4-Lösung; d. h.
0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
[PO43-] = 0.1·0.1/0.13 = 0.077 M
PO43- + H2O ↔ HPO42- + OH-; pKB = 14 - 12.32 = 1.68,
Phosphat als starke Base: pOH = -log(C0) = 1.11; pH = 12.89
als schwache Base: pOH = 0.5pKB – 0.5log(C0) = 0.84 - 0.5log(0.077) = 1.40; pH = 12.60
diesen ÄP kann man nicht titrieren, er liegt zu nahe am dritten Pufferbereich und am
Endpunkt der Titration
Endpunkt: 40 ml NaOH, 140 ml eines 1:1 Gemisches NaOH und Na3PO4 (2 starke Basen)
[OH-] = [PO43-] = 0.1·0.1/0.14 = 0.071 M, d. h. [OH-] = 2·0.071 = 0.143 M;
pOH = log(C0) = log(0.143) = 0.85; pH = 13.15
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Gleichgewichtskonzentrationen
Aus der Auftragung des pH-Wertes gegen die zugegebene Menge Titrationsmittel kann man nicht direkt die Konzentrationen der verschiedenen Spezies
im Gleichgewicht erkennen. Ausweg: doppelt logarithmische Auftragung
+
für eine Säure gilt: HA
H + A
Basengleichung:
[A-] =
KS.[HA]
[H+]
=
-
[A ] =
+
KS.(C0-[A-])
KS+[H ]
C0
+
1+
KS =
[HA]
[HA] =
[H+]
=
[H+].[A-]
C0 = [HA] + [H+] = [HA] + [A-]
Säuregleichung:
[A-][H+] + KS[A-] = KSC0
KS.C0
-
[H ]
[A-].[H+]
KS
=
(C0-[HA]).[H+]
KS
KS[HA] + [HA][H+] = C0[H+]
=
C0
1+10pKs-pH
KS
log[A-] = logC0 - log(1+ 10pKs-pH)
[HA] =
C0.[H+]
KS+[H+]
=
C0
KS
1+ +
[H ]
=
C0
1+10pH-pKs
log[HA] = logC0 - log(1 + 10pH-pKs)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Gleichgewichtskonzentrationen
aus der Basengleichung
aus der Säuregleichung
log[A-] = logC0 - log(1+ 10pKs-pH)
log[HA] = logC0 - log(1 + 10pH-pKs)
folgt:
folgt:
für pH < pKS ist 10pKs-pH >> 1
für pH > pKS ist 10pH-pKs >> 1
d. h. log[A-] = logC0 - (pKS - pH)
d. h. log[HA] = logC0 - (pH - pKS)
d. h. Auftragung von log[A-]
d. h. Auftragung von log[HA]
gegen pH ergibt eine
gegen pH ergibt eine
Gerade mit Steigung +1
Gerade mit Steigung -1
für pH > pKs ist 10pKS-pH << 1
für pH < pKs ist 10pH-pKS << 1
d. h. log[A-] = logC0;
d. h. log[HA] = logC0
d. h. log[A-] ist unabhängig
d. h. log[HA] ist unabhängig
vom pH-Wert
vom pH-Wert
Gerade mit Steigung 0
Gerade mit Steigung 0
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Gleichgewichtskonzentrationen
Beispiel: Titration von 0.1 M HAc mit 0.1 M NaOH
pKS = 4.75
log[H+]
log[OH-]
0
-2
-4
-6
-8
-10
-12
pH -14
0
(grüne Kurve)
-2
-4
(rote Kurve)
-6
Base: log[Ac-] (orangefarbene Kurve)
pH < 4.75: Gerade mit Steigung +1
pH > 4.75: Gerade mit Steigung 0
-8
-10
-12
logC
Säure: log[HAc] (blaue Kurve)
-14
pH > 4.75: Gerade mit Steigung -1
pH < 4.75: Gerade mit Steigung 0
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Praxis
Urtiter:
• Oxalsäure (C2H2O4), Feststoff mit und ohne
HO
O
Kristallwasser, starke ein- bis zweiprotonige
O
Säure (je nach Titrationsgrad)
OH
COO +K -
• Monokaliumphthalat (schwache einprotonige
Säure, pKS = 5.40)
COOH
• trockenes Natriumcarbonat
Sodalith: Na2CO3·(H2O)10
Erkennung des Äquivalenzpunktes durch Verwendung eines
Säure-/Baseindikators:
• schwache Base oder Säure
• muss im Bereich des Äquivalenzpunktes der Probe protoniert oder deprotoniert werden
• ändert dabei seine Farbe
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Säure-Base-Indikatoren
Methylorange
(um pH = 4, Titration schwacher Säuren, Titration der 1. Deprotonierungsstufe von H3PO4)
-
O3 S
+ H+
N
N
N
-
O3 S
NH
N
- H+
N
rot
orange
Problem: Erkennung des Umschlagpunktes bei sehr ähnlichen Farben,
Blindprobe daneben stellen
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Säure-Base-Indikatoren
Lackmus, Bromthymolblau (um pH = 7, Titration starker Säuren und Basen)
OH
Br
Br
O
HO
Br
Br
+
+H
- H+
HO
O
SO3-
O
S
O
blau
gelb
Problem: Lackmus ist ein Naturstoff und enthält mehrere
Farbstoffe, d.h. es besitzt einen etwas breiteren Umschlagsbereich (pH = 5 - 9), größerer Titrationsfehler, besonders
bei verdünnten Lösungen
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Säure-Base-Indikatoren
Phenolphthalein
(um pH = 9, Titration schwacher Säuren)
OH
HO
O
+ H+
COO-
- H+
HO
O
O
pink
farblos
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Säure-Base-Indikatoren
Mischindikatoren: bessere Erkennbarkeit
• Mischungen von zwei Indikatoren
• zeigen am Umschlagspunkt jeweils komplementäre Farben
• Farbwechsel von Farbe1 nach Grau nach Farbe 2
Universalindikator: Mischung mehrerer Indikatoren,
zeigt Farbpalette entsprechend der pH-Abstufung an,
für Titrationen nicht geeignet
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Fehlermöglichkeiten
• ungenaue Verdünnung: zu hoher oder zu niedriger Analysenwert
• unhomogene Probe (nicht gut gemischt): mehrere (stark) unterschiedliche
Titrationsergebnisse
• zu schnelles Titrieren (Übertitration): zu hoher Analysenwert
• schmutzige (ölige) Bürette: es bleiben Tropfen des Titranden in der Bürette, zu
hoher Analysenwert
• nicht getrocknete Bürette (Restwasser im Hahn): erste Titration liefert höheren
Wert als die folgenden Titrationen
• falscher Indikator: zu hoher oder zu niedriger Analysenwert
• basische Proben:
Verfälschung des Ergebnisses bei längerem Stehen lassen von basischen Analyse
an der Luft durch Aufnahme von Kohlendioxid, zu niedriger Analysenwert; Abhilfe:
rasche Titration, Verschließen des Kolbens
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Titration sehr schwacher Säuren und Basen
z.B. Borsäure und Ammoniumsalze
OH
HO
B
OH
+ H 2O
B
HO
OH
+ H+
OH
OH
NH3 + H+
NH4+
Verlagerung des Gleichgewichts nach rechts (= Erhöhung der Säurestärke) durch
Abfangen der Produkte mit Mannit (Ethylenglycol) oder Formaldehyd:
O
OH
B
HO
OH
OH
+ 2
HO
B
OH
O
O
O
+ 4 H2O
N
4 NH3 + 6 H2C
O
N
N
N
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Titration von Carbonat und Hydrogencarbonat
zweistufige Titration
1. Titration der Gesamtmenge (z) von Carbonat (x) und Hydrogencarbonat (y) mit HCl
und Methylorange
xCO 3 2- + yHCO 3 -
zCO 2
2. Zugabe einer definierten Menge (a) von NaOH erzeugt Carbonat (y) aus Hydrogencarbonat (y), Titration der verbleibenden NaOH (a-y) mit Oxalsäure und Phenolphthalein, evtl. Ausfällen des Carbonats als BaCO3.
aOH - + yHCO 3 -
yCO 3 2- + (a-y)OH -
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Neutralisationstitration von (Alkali)metallionen
Ionenaustauscher (Polymere mit hoher innerer Oberfläche und einer
hohen Anzahl von Funktionen):
•
sauer: sulfonierte Harze
•
basisch: Harze mit quartären
Ammoniumgruppen
SO 3 - H +
Coulomb-WW: F ≈ (q1⋅q2/r2)
•
Laden durch Überspülen mit HCl (saure Harze) bzw. NaOH (basische Harze)
•
Ausspülen der nicht gebundenen Säure/Base durch dest. Wasser
•
Kationen bzw. Anionen werden ausgetauscht und setzen H+ bzw. OH- frei
•
nachfolgend: Titration starker Säuren bzw. Basen
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.2. Neutralisationstitration
Inhaltsverzeichnis
2. Chemische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
2.1. Grundsätzliches
2.2. Neutralisationstitration
2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie
2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration
2.3. Redoxtitrationen
2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie
2.3.2. Verfahren der Redoxtitration
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
………
Grundlagen
Redoxreaktionen sind chemische Reaktionen bei denen einzelne Elektronen
übertragen werden.
Oxidation und Reduktion stellen zusammen mit Lewis-Säure/-Base-Reaktionen
(Elektronenpaarbindung) die beiden grundlegenden Reaktionstypen der Chemie dar.
Oxidation: Eine Substanz wird oxidiert, wenn
sie Elektronen abgibt
Reduktion: Eine Substanz wird reduziert, wenn
sie Elektronen aufnimmt
Oxidationsmittel: nimmt Elektronen auf
Reduktionsmittel: gibt Elektronen ab
Reduktion und Oxidation treten niemals allein,
A ox + z eB red
A ox + B red
A red
B ox + z eB ox + A red
sondern immer aneinander gekoppelt auf.
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Oxidationszahlen
Regeln für die Ermittlung von Oxidationszahlen:
- Elemente (z. B. O2, O3, H2, etc.): alle Atome besitzen die Oxidationsstufe 0
- Festsetzungen für Verbindungen:
F = -1
O = -2 (Ausnahme: Peroxide, Superoxide)
H: +1 (Ausnahme: Hydride -1)
andere Halogene: -1 (Ausnahme: Verbindungen mit Sauerstoff und Halogenen)
- Metallionen, einatomige Anionen: Oxidationsstufe = Ionenladung (z. B. Zn2+, Cl-)
- komplexe Moleküle: man nimmt das elektronegativste Element und versieht es mit
der maximalen Ladung, zusammen mit der Molekülladung ergibt sich die Oxidationsstufe der anderen Atome im Molekül (formale Oxidationsstufe).
Die Oxidationsstufe kann in lateinischen Zahlen über die Atome geschrieben werden.
Allgemeine Regel: es werden bevorzugt Oxidationsstufen eingenommen, die zu
Edelgasschalen führen (gilt für die meisten Hauptgruppenelemente).
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Spezialfälle
Komproportionierung, Synproportionierung:
Aus zwei Verbindungen eines Elements mit hoher und niedriger Oxidationsstufe ergibt
sich eine Verbindung mit mittlerer Oxidationsstufe
Beispiel:
-I
+V
BrO3- + 5 Br- + 6 H+
0
3 Br2 + 3 H2O
Disproportionierung:
Aus einer Verbindung mit mittlerer Oxidationsstufe eines Elements ergeben sich zwei
Verbindungen mit hoher und niedriger Oxidationsstufe
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Aufstellen von Redoxgleichungen
Formalismus für die Aufstellung von Redoxgleichungen:
1. Oxidationsmittel und reduziertes Produkt
Mn2+
MnO4-
mit Reaktionspfeil anschreiben
+VII
2. Oxidationsstufen über die Formeln schreiben
MnO4
3. Differenz der Oxidationsstufen mit Elektronen
+II
Mn2+
-
+VII
ausgleichen
+II
-
-
-
-
-
-
MnO4 + 5 e
4. Ladungen mit H+ / OH- / O2- ausgleichen,
(im Sauren / im Alkalischen / Schmelze)
+VII
8H
+
Wasser / Carbonat ausgleichen
8H
+
+II
+ MnO4 + 5 e
5. Wasserstoff und Sauerstoff durch
Mn2+
+VII
Mn2+
+II
+ MnO4 + 5 e
Mn2+ + 4 H2O
+III
6. 1 - 5 für das Reduktionsmittel wiederholen
7. Elektronenzahl angleichen,
Teilgleichungen addieren
C 2O 4
16 H + + 2 MnO 4- + 10 e 5 C 2O 42-
16 H + + 2 MnO 4- + 5 C 2O 42-
+IV
2-
2 CO 2 + 2 e-
2 Mn 2+ + 8 H 2O
10 CO 2 + 10 e2 Mn2+ + 8 H 2O + 10 CO 2
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Stärke von Oxidations-/Reduktionsmitteln
Über die Stärke von Oxidations-und Reduktionsmitteln ist es möglich, den
Ablauf von Redoxreaktionen vorherzusagen.
Elektrochemie: Definition einer Standardelektrode
mit Standardpotential E0 = 0.000 V
Normalwasserstoffelektrode:
(Pt-Blech (1), umspült von H2 bei 1013 mbar (2),
in 1 M HCl (3) , T = 298 K, Auschluss von O2 (4)).
E
Salzbrücke
Daran können die Potentiale
aller anderen Elemente
gemessen werden, z. B.
das des Elements Zink.
1 m Zn2+
Zn-Blech
Pt-Blech
H2, 1013 mbar
1m HCl
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Elektrochemisches Potential / freie Energie
Die über eine galvanische Zelle erhältliche
Energie (Arbeit) kann berechnet werden.
E
Salzbrücke
Umrechnung von Spannung in freie Energie:
∆G0 = -n·F·E0
1 m Zn2+
mit n = Zahl der fließenden Elektronen,
Zn-Blech
Pt-Blech
F = Faraday Konstante = e·Na = 96487 Cmol-1,
H2, 1013 mbar
e = Elementarladung des Elektrons = 1.6021·10-19 C
1m HCl
H2
Beispiel : H2/H+//Zn/Zn2+
Zn2+ + H2
Zn2+ + 2 e-
2 H+ + 2 e- E0 = 0 V d. h. ∆G = 0 kJ/mol
Zn + 2 H+
E0 = -0.76 V d. h. ∆G = +142 kJ/mol
Zn; E0 = -0.76 V d. h. ∆G = +142 kJ/mol
gemessenes Potenzial der Zelle
daraus berechnetes Potenzial des Zn2+/Zn-Elements
Hier: endergonische Reaktion, läuft von rechts nach links
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Standardpotentiale, elektrochemische Reihe
Def.: Potentiale bezogen auf Reduktionsgleichung: Ox + z e- -> Red
Redox-Paar
E0 [V]
F2 + 2e -> 2 F-
+ 2.87
Ce4+ + e- -> Ce3+
+ 1.72
Die stärksten Oxidationsmittel haben die
Pt2+
+ 1.60
positivsten Standardpotentiale, die stärksten
+ 2e -> Pt
MnO4- + 8H+ + 5e -> Mn2+ + 4H2O
+1.51
Au3+ + 3e -> Au
+ 1.50
Cl2 + 2e -> 2 Cl-
+ 1.36
Hg2+
+0.85
+ 2e -> Hg
Reduktionsmittel die negativsten.
Für die Umrechnung in Nichtstandardbedin-
Ag+ + e -> Ag
+ 0.80
Cu+ + e -> Cu
+0.34
gungen verwendet man die
2 H+ + 2e -> H2
0.0
Nernst’sche Gleichung:
Pb2+
+ 2e -> Pb
-0.13
Fe2+ + 2e -> Fe
-0.44
Cr3+ + 2e -> Cr
-0.74
∆G = ∆G0 + RTln([Red]/[Ox])
Zn2+ + 2e -> Zn
-0.76
mit ∆G = -nFE und
Al3+ + 3e -> Al
-1.66
Mg2+ + 2e -> Mg
-2.36
∆G0 = -nFE0 gilt:
Na+ + e -> Na
-2.71
Ca2+ + 2e ->Ca
-2.87
Li+ + e -> Li
-3.05
E = E0 – (RT/nF)ln([Red]/[Ox]) =
E = E0 – (0.059/n)log([Red]/[Ox]) (bei 25°C).
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Batterien
Kombination zweier galvanischer Elemente
Beispiel: Zn2+/Zn//Cu2+/Cu mit Zn2+/Zn
mit (E0 = -0.76 V) und Cu2+/Cu (E0 = +0.34 V)
Elektronen fließen vom Zink zum Kupfer
DE0 = 1.10 V
Wenn die Batterie entladen ist (alles Zn aufgelöst oder alles Cu abgeschieden) muss
gelten: E(Zn2+/Zn) = E(Cu2+/Cu)
Aufstellung der Nernstgleichungen:
E0(Zn2+/Zn) – (0.059/2)·log(1/[Zn2+]) = E0(Cu2+/Cu) – (0.059/2)·log(1/[Cu2+])
E0(Zn2+/Zn) + (0.059/2)·log[Zn2+] = E0(Cu2+/Cu) + (0.059/2)·log[Cu2+]
E0(Zn2+/Zn) - E0(Cu2+/Cu) = -1.10 V = (0.059/2)·log[Cu2+] - (0.059/2)·log[Zn2+]
1.10 V = 0.0295·(log[Zn2+] – log[Cu2+]) = 0.0295·log([Zn2+]/[Cu2+])
37.29 = log([Zn2+]/[Cu2+])
d. h.
Zn + Cu2+
Zn2+ + Cu
K = 1037.28
1. Chem. Reaktionen / 1.9. Redox
Inhaltsverzeichnis
1. Chemische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
2.1. Grundsätzliches
2.2. Neutralisationstitration
2.2.1. Grundlagen der Brønsted-Säure- / -Basechemie
2.2.2. Verfahren der Neutralisationstitration
2.3. Redoxtitrationen
2.3.1. Grundlagen der Redoxchemie
2.3.2. Verfahren der Redoxtitration
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
………
Verfahren der Redoxtitration
Bestimmung des Gehalts eines Oxidations- oder Reduktionsmittels durch
Umsetzung der Probe mit einem Reduktions- oder Oxidationsmittel.
Detektion des Äquivalenzpunktes:
• direkt über die unterschiedlichen Farben der Reagentien
• mithilfe eines Redoxindikators (z. B. Diphenylamin, E0 = 0.76 V;
Ferroin (Rot ↔ Blau) = [Fe(phen)3]+2/3; E0 = 1.06 V) ,
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Verfahren der Redoxtitration
Urtiter:
• Oxalsäure (H2C2O4), zur Kalibrierung von Permanganat
• Kaliumbromat (KBrO3)
• Iod (I2)
• As2O3
Na3AsO3, Na3AsO4
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Manganometrie
Redoxpaare: MnO4-/Mn2+ (violett/rosa) bzw. MnO4-/MnO2 (violett/schwarz)
Bestimmung von Fe3+ nach Reinhard-Zimmermann in salzsaurer
Lösung mit einem leichten Überschuss an Sn2+
2 Fe3+ + Sn2+ -> 2 Fe2+ + "Sn4+„
Der Überschuss Sn2+ wird mit Hg2+ entfernt: 2 Hg2+ + Sn2+ -> "Sn4+ + Hg22+
das unlösliche Hg2Cl2 wird von MnO4- nur sehr langsam oxidiert
Zugabe von Reinhard-Zimmermann-Lösung (Mn2+, H3PO4, H2SO4) verhindert die
Oxidation von Cl- zu Cl2
Gesamtgleichung: MnO4- + 5 Fe2+ + 8 H+ -> Mn2+ + 5 Fe3+ + 4 H2O
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Manganometrie
Konstruktion der Titrationskurve
Beispiel: 100 ml 0.1 M Fe2+-Lösung mit 0.02 M MnO4--Lösung in 0.05 M H2SO4
• Anfangspunkt: reine Fe2+-Lösung
(z. B. [Fe2+]/[Fe3+] ca. 1023, ca. ein Fe3+-Ion pro Mol Fe2+)
E = E0 – (0.059)log([Red]/[Ox]) = 0.771 V - (0.059 V)log(1023) = -0.59 V
(Phantasiewert)
• nach 50 ml: [Fe2+]/[Fe3+] = 1; d. h. E = E0 – (0.059 V)log(1) = 0.771 V
• Äquivalenzpunkt:
allg. Beschreibung der Konzentrationen:
MnO4- + 5 Fe2+ + 8 H+ -> Mn2+ + 5 Fe3+ + 4 H2O
x/5
x
C/5 -x/5
C–x
am ÄP: C = [Fe3+] = [Fe2+]0 = 0.1 M, x ist vernachlässigbar klein im Vergleich zu C,
d. h. [Mn2+] = C/5 = 0.02 M
Es fehlt also für jede Halbzelle die Information über eine Konzentration, aber es ist
bekannt, dass beide Redoxpotentiale gleich groß sein müssen, daraus ergibt sich:
E(Mn) = E(Fe)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Manganometrie
Mit E(Mn) = E(Fe) folgt:
1.510 V - (0.059/5 V)log([Mn2+]/[MnO4-][H+]8) = 0.771 V - (0.059 V)log([Fe2+]/[Fe3+])
1.510 V - (0.012 V)log(0.02/((x/5)·0.18)) = 0.771 V - (0.059 V)log(x/0.1)
1.510 V - (0.012 V)log(0.02) - (0.012 V)log(1/0.18) - (0.012 V)log(5/x)
= 0.771 V - (0.059 V)log(x) - (0.059 V)log(1/0.1)
1.510 V - 0.020 V - 0.012·8 V - (0.012 V)log(5) + (0.012 V)log(x)
= 0.771 V - (0.059 V)log(x) - 0.059 V
1.386 V + (0.059 V)log(x1/5) = 0.712 V - (0.059 V)log(x)
0.614 V = - (0.059 V)log(x) - (0.059 V)log(x1/5) = - (0.059 V)(log(x1) + log(x0.2))
10.42 = -log(x1.2) ; 8,68 = -log(x)
x = 2.09·10-9, d. h. die Restkonzentrationen MnO4- und Fe2+ sind klein aber nicht gleich 0 !!
eingesetzt in eine der Nernst-Gleichungen (hier für Eisen):
E = 0.771 V - (0.059 V)log(2.09·10-9/0.1) = 0.771 V - (0.059 V)log(2.09·10-8) =
0.771 V + 0.472 - (0.059 V)log(2.09) = 1.342 V
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Manganometrie
1,6
1,4
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Die Kurve ist unsymmetrisch, da bei MnO4- 5 und bei Fe2+ nur 1 Elektron(en) fließen
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Manganometrie
• Bestimmung von Calcium durch Fällen mit Oxalat, kann zur Abtrennung von anderen
Bestandteilen (z.B. bei Wasseranalytik) verwendet werden
• Bestimmung von H2O2 (Oxidation zu O2)
• Bestimmung von Nitrit (Oxidation zu Nitrat)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Iodometrie
Titration mit Iodid oder Iod, Rücktitration von überschüssigem Iod mit S2O32Indikator: Iod-Stärke-Komplex (blau)
• Bestimmung von Thiosulfat: 2 S2O32-+ I2 → S4O62- + 2 I• Titration von Chromat und Permanganat, Wasserstoffperoxid
• Titration von Arsentit (Urtiter) mit Iod
• Bestimmung von Kupfer (de Haën-Low)
2 Cu2+ + 4 I- ↔ 2 CuI + I2
funktioniert wegen der Schwerlöslichkeit von CuI (Löslichkeitsprodukt: 10-11.3 mol2/l2),
die Redoxpotentiale sprechen gegen diese Reaktion:
das Potential von Cu2+/Cu+ (+0.167 V) ist negativer als das von I2/I- (+0.535 V),
d. h. Iod würde Cu+ zu Cu2+ oxidieren, aber:
KL = [Cu+][I-]; => [Cu+] = KL/[I-];
E = E0 - 0.059*log([Cu+]/[Cu2+]) = 0.168 - 0.059*log(KL/[I-][Cu2+]) = 0.168 + 0.059*11.3
= 0.835 V > 0.535 V
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.3. Redoxtitration
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Fällung
Fällung einer schwerlöslichen Verbindung aus dem zu bestimmenden Ion und einem
Fällungsreagens, Erkennung des Umschlagspunktes entweder durch des Verschwinden
einer Färbung (die vom zu bestimmenden Stoff herrührt) oder durch das Auftreten einer
Färbung (über das Fällungsreagens)
Ni2+
Pb2+
Ag+
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Löslichkeit von Salz in H2O
Salze dissoziieren beim Auflösen in Wasser in Kationen und Anionen.
Die Löslichkeit beschreibt wie viel g/l eines Salzes sich in Wasser lösen.
Beispiel:
In einer gesättigten Lösung von CaF2 in Wasser liegen aquatisierte (an Wasser
gebundene) Ca2+ und F--Ionen vor. Man kann für den Lösungsvorgang folgende
Gleichgewichtsreaktion ansetzen:
CaF2(fest)
CaF2(aq)
Ca2+aq + 2 F-aq
und daraus die Gleichgewichtskonstante ableiten:
K = [Ca2+]⋅[F-]2/[CaF2(aq.)]
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Löslichkeit von Salz in H2O
Solange festes CaF2 als Bodensatz vorhanden ist, bleibt die Menge des im Wasser
gelösten aber undissoziierten CaF2(aq.) konstant. Man kann deshalb CaF2(aq.) in K
verrechnen und erhält eine neue Konstante KL, die Löslichkeitsprodukt genannt wird.
KL = K⋅[CaF2(aq.)] = [Ca2+]⋅[F-]2 = Löslichkeitsprodukt
Man kann wie für K auch für KL eine allgemeine Form aufstellen:
Am B n
m An+ + n Bm-
KL = [An+]m⋅[Bm-]n
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Löslichkeit von Salz in H2O
Die Dimension von KL hängt von den Koeffizienten m und n ab !
Damit beschreibt KL nicht (!) die Menge eines Salzes (mol oder g) die sich in einer
bestimmten Wassermenge löst. Man kann dies aber mithilfe von KL berechnen.
Die Löslichkeit L (gelöste Menge [mol/l]) eines Salzes des Typs AB berechnet sich wie folgt
(Vernachlässigung der nicht dissoziierten Spezies AB):
AB
A+ + B-
KL = [A+]⋅[B-]
Damit ist [A+] gleich [B-] und ebenfalls gleich der in Lösung gegangenen Menge AB.
Man kann also ansetzen: KL = [A+]2 = [AB]2 und daraus folgt: L = [AB] = KL1/2
mit der Einheit: mol/l
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Löslichkeit von Salz in H2O
Für den allgemeinen Fall der Löslichkeit L eines Salzes des Typs AmBn gilt:
m An+ + n Bm-
AmBn
KL = [An+]m⋅[Bm-]n und daraus berechnet sich:
L = [AmBn] = (1/m)[An+] = (1/n)⋅[Bm-]
[An+] = m·L; [Bm-] = n·L, daraus folgt:
KL = (m·L)m·(n·L)n = mm⋅nn·Lm+n
Lm+n = KL/mm⋅nn
L = (KL/mm⋅nn)1/(m+n)
(L/mm⋅nn)1/m+n Einheit: mol/l (!!!) ohne mathematische Herleitung.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Argentometrie
Fällung schwerlöslicher Silbersalze (Anionenbestimmung)
Urtiter:
AgNO3-Lösung (aus Ag und HNO3 bereitet)
NaCl-Lösung aus reinem NaCl (Fällung mit konz. HCl, Trocknen)
Methoden:
• Bestimmung von Thiocyanat (Fe3+ als Indikator)
solange noch freies SCN- vorliegt bildet dieses mit Fe3+ den blutroten Komplex
[Fe(SCN)3(H2O)3]
• Bestimmung von Kupfer (Reduktion von Cu2+ zu Cu+ mit H2SO3, Fällen als CuSCN,
Rücktitration mit Ag+/Fe3+)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Argentometrie
• Bestimmung von Halogeniden nach Mohr (mit CrO42- als Indikator)
Berechnung der Titrationskurven: jeweils 100 ml 0.1 M Halogenid-Lösungen titriert mit
0.1 M AgNO3-Lösung; Löslichkeitsprodukte: AgCl (1.0·10-10), AgBr (4.0·10-13),
AgI (1.0·10-16) jeweils mol2/l2
Auftragung von ml AgNO3 gegen pX, Definition: pX = -log[X-],
Anfangskonzentrationen: 0.1 M, hier: pX = 1
Äquivalenzpunkte:
AgCl: pX = 5.00
AgBr: pX = 6.20
AgI: pX = 8.00
nach 200 ml AgNO3-Lösung:
AgCl: pX = -log[Cl-] = -log(KL/[Ag+]) = -log(1.0·10-10/0.033) = 8.70
AgBr: pX = -log[Br-] = -log(KL/[Ag+]) = -log(4.0·10-13/0.033) = 11.10
AgI: pX = -log[I-] = -log(KL/[Ag+]) = -log(1.0·10-16/0.033) = 14.70
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Argentometrie
• Bestimmung von Chlorid nach Fajans (mit Eosin oder Fluorescein als Indikator,
Polarisierung der AgCl-Oberfläche, Kolloidbildung, am Äquivalenzpunkt: Ballung)
O
O
O2N
NO2
O
HO
Br
Wechselwirkung mit positiv geladenem Kolloid
OH
Br
• Bestimmung von Cyanid (Bildung von löslichem [Ag(CN)2]-, erster Niederschlag wenn
Grenzkonzentration Ag+ überschritten wird)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.4. Fällungstitration
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Lewis-Säuren und -Basen
Def.: Lewis-Säuren sind Elektronenpaarakzeptoren (Kationen, Moleküle
mit Elektronenmangel -> Sextett); Lewis-Basen sind Elektronenpaardonoren (Anionen, Moleküle mit freien Elektronenpaaren)
Das Lewis-Konzept beschreibt die Wechselwirkung von elektronenarmen (Säuren) mit
elektronenreichen (Basen) Molekülen und damit den Übergang von einer ionischen Bindung (reine Coulomb-Wechselwirkung) zu einer kovalenten Bindung (nur Integralüberlappung, -kombination). Lewis-Säure/-Base-Wechselwirkungen bestimmen in hohem
Maße die chemischen Eigenschaften von Verbindungen.
LiCl
NaCl-Gitter (K.-Zahl 6)
Smp.: 613°C, Sdp.: 1383°C
BeCl2
Ketten (K.-Zahl 4)
Smp.: 430°C; Sdp.: 488°C
BCl3
Gas (monomer)
Smp.: -107.3°C; Sdp.: 12.5°C)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Stärken von Lewis-Säuren und -Basen
Säurestärke:
je kleiner und hochgeladener ein Kation und je geringer die
Koordinationszahl, um so höher ist seine Lewis-Acidität.
Basenstärke:
je kleiner und hochgeladener ein Anion, je geringer die
Koordinationszahl und je gerichteter sein freies Elektronenpaar ist um so höher ist seine Lewis-Basizität
Optimale Lewis-Säure-Base-Wechselwirkungen: ähnliche Grenzorbitalenergien (HOMO
der Base und LUMO der Säure) ergeben einen hohen kovalenten Anteil in der Bindung
Lewis-Säure-Base-Wechselwirkungen spielen eine entscheidende Rolle im Kationentrennungsgang
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Stärken von Lewis-Säuren und -Basen
HSAB-Konzept (hard and soft acids and bases, Pearson-Konzept):
Harte Basen (hohe Ladungsdichte, geringe Polarisierbarkeit) reagieren bevorzugt mit
harten Säuren, weiche Basen (geringe Ladungsdichte, hohe Polarisierbarkeit) reagieren bevorzugt mit weichen Säuren
Harte Säuren: links oben im PSE; weiche Säuren: niedrig geladene, elektronenreiche
Metallionen;
harte Basen: rechts oben im PSE, weiche Basen: Verbindungen der schwereren
elektronegativen Hauptgruppenelemente.
CaF2
PbS
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Brønsted-Säure-/Base-Wirkung von Lewis-Säuren
und -Basen
Lewis-Säuren können in wässriger Lösung wie Brønsted-Säuren und -Basen
wirken.
Beispiel für die Brønsted-Säurewirkung einer Lewis-Säure:
[M(H2O)6]3+
[M(H2O)5(OH)]2+ + H+
Alle Lewis-Basen wirken in Wasser als mehr oder weniger starke BrønstedBasen:
-
NH4+ + OH
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Grundlagen
Die Komplexchemie wurde begründet durch Alfred
Werner (1866 - 1919).
Def.: Komplexe sind Moleküle bestehend aus einem Zentralatom/-ion und einem Satz von Liganden. Damit sind Komplexe
typische Lewis-Säure/Base-Addukte.
Zentralatom und Liganden können normalerweise auch unabhängig voneinander
existieren.
Beispiel [Cr(NH3)6]3+: Cr3+ und NH3 sind auch
unabhängig voneinander stabil, Problem:
weder
Cr3+
noch NH3 liegen in wässriger
Lösung isoliert vor, sie sind solvatisiert
(liegen als Komplexe mit Wasser vor).
NH 3
H 3N
H 3N
Cr
NH 3
NH 3
NH 3
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Nomenklatur
Für die korrekte Bezeichnung von Komplexen existieren Nomenklaturregeln:
- Anionische Komplexe erhalten die Nachsilbe –at
- anionische Liganden erhalten die Nachsilbe –o
- Neutrale Liganden erhalten keine Nachsilbe (aquo !!)
- Die Liganden werden in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt
- Jedes Metallatom/-ion erhält seine Oxidationsstufe zum Namen dazu.
- Bei Salzen wird zuerst das Kation dann das Anion erwähnt.
Beispiele:
K3[Fe(CN)6]
Kaliumhexacyanoferrat(+III)
[Cu(NH3)4]SO4
Tetraminkupfer(+II)sulfat
[CrCl3(H2O)3]
Triaquatrichlorochrom(+III)
K2[FeBr2(CN)2(H2O)2]
Kaliumdiaquadibromodicyanoferrat(+II)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Koordinationszahlen
Die Koordinationszahl gibt die Zahl der am Zentralatom/-ion koordinierten
Liganden an:
- Koord.-Z. 2,3: linear bzw. trigonal-planar
(kommt nur bei Cu, Ag, Au, Hg vor)
- Koord.-Z. 4: tetraedrisch (Normalfall) bzw.
quadratisch planar
Koord.-Z. 5: trigonal bipyramidal bzw.
quadratisch-pyramidal
- Koord.-Z. 6: oktaedrisch,
trigonal-prismatisch
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Koordinationszahlen
- Koord.-Z. 7: pentagonal-bipyramidal
- Koord.-Z. 8: kubisch bzw. quadratisch-antiprismatisch
Allgemein gilt, dass niedrige Koordinationszahlen bevorzugt bei elektronenreichen oder
kleinen Zentralatomen in Kombination mit großen Liganden, hohe Koordinationszahlen
bei elektronenarmen oder großen Zentralatomen in Kombination mit kleinen Liganden
eingenommen werden.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Ligandeigenschaften
Zähnigkeit:
Zahl der Donoratome, im allgemeinen Atome mit freien Elektronenpaaren, an einem
Liganden.
Beispiele:
Carboxylat
Ethylendiamin
O
O 2C
O
C
O
O
NH 2
H 2N
H 2N
O
NH 2
M
M
O
Verbrückung:
C
O
Mehrere Zentralionen werden
O
M
durch einen Liganden verbunden
M
S
Ambidente Liganden:
C
vs.
N
M
Liganden die zwei isomere
Isothiocyanato
S
C
N
M
Thiocyanato
Koordinationsarten eingehen können
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexbildungskonstanten
Komplexbildung:
MLn
M + nL
Aufspaltung in Einzelreaktionen:
M + L
ML
K1 = ML + L
ML2
K2 = MLn-1 + L
MLn
Kn = [
]
[ ]
[
2]
[ ]
[
]
[ ]
−1
β1 = β2 = βn = [
]
= K1
[ ]
[
2]
2
[
= K1K2
]
= K1K2 … Kn
Individuelle /
BruttoKomplexbildungskonstanten
Gilt in dieser Form nur, wenn keine weiteren Reaktionen auftreten (Säure/Base, Redox,
Fällung, etc.)
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexbildungskonstanten
Beispiel:
lg(Ki)
lg(βi)
[Ni(H2O)5(NH3)]2+ + H2O
2.80
2.80
[Ni(H2O)5(NH3)]2+ + NH3
[Ni(H2O)4(NH3)2]2+ + H2O
2.24
5.04
[Ni(H2O)4(NH3)2]2+ + NH3
[Ni(H2O)3(NH3)3]2+ + H2O
1.73
6.77
[Ni(H2O)3(NH3)3]2+ + NH3
[Ni(H2O)2(NH3)4]2+ + H2O
1.19
7.96
[Ni(H2O)2(NH3)4]2+ + NH3
[Ni(H2O)(NH3)5]2+ + H2O
0.75
8.71
[Ni(NH3)6]2+ + H2O
0.03
8.74
[Ni(H2O)6]2+ + NH3
[Ni(H2O)(NH3)5]2+ + NH3
[H2O] tritt im MWG wie üblich nicht auf
Ni H2O 6 − i NH3 i 2 +
Ki = Ni H2O 7 − i NH3 i − 1 [NH3]
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexbildung + Fällung/Auflösung eines Nds.
Beispiel: AgCl + 2 NH3
[Ag(NH3)2]+ + Cl-
K'L
AgCl
Ag+ + Cl-
KL
Ag+ + NH3
[Ag(NH3)]+
K1
[Ag(NH3)2]+
K2
[Ag(NH3)]+ + NH3
+
[[Ag NH3 ] ]
β1 = Ag + [NH3]
+
[[Ag NH3 2] ]
β2 = Ag + NH3 2
ohne Komplexbildung: KL = [M]m[A]a = [Ag+][Cl-]
a
mit Komplexbildung: K'L = [M']m[A']a = αm
die Koeffizienten αM und αA
α
M AKL
beschreiben die Abnahme von [M] und [A], durch die Folgereaktion
im Beispiel reagieren nur die Silber- nicht die Chloridionen, d.h. αA = 1
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexbildung + Fällung/Auflösung eines Nds.
[Ag(NH3)2]+ + Cl-
Beispiel: AgCl + 2 NH3
K'L
[Ag‘+] = Summe aller Ag+-Spezies in der Lösung
[Ag'+] = [Ag+] + [[Ag(NH3]+] + [[Ag(NH3)2+] = [Ag+] + β1[Ag+][NH3] + β2[Ag+][NH3]2
αAg = [Ag'+]/[Ag+] = 1 + β1[NH3] + β2[NH3]2 = 1 + 103.2[NH3] + 107.03[NH3]2
für [NH3] = 1 mol/L:
αAg = 1.07·107
KL(AgCl) = 1.78·10-10 mol2/L2
d.h. L(AgCl) = 1.33·10-5 mol/L
K‘L = 1.07·107·1.78·1010 mol2/L2
d.h. L(AgCl) = 4.37·10-2 mol/ L
= 0.0437 mol/L
d.h. die Löslichkeit von AgCl erhöht sich in 1 mol/L NH3 um etwa den Faktor 3300
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexbildung + Änderung von [H+] bzw. [OH-]
Beispiele: ZnCl2 + 4 H2O
[Zn(H2O)4]+
M2+ + H4EDTA
[Zn(H2O)4]+ + 2 Cl-
K1 - K4
[Zn(H2O)3(OH)]+ + H+
KS1
[M(EDTA)]2- + 4 H+
K und KS1 - KS4
mit H4EDTA = H4Y: über [Y‘] = [H4Y] + [H3Y-] + [H2Y2-] + [HY3-] + [Y4-] und
αY = [Y‘]/[Y4-] und den bekannten Deprotonierungsgleichgewichten von
pH
H4EDTA kann man die pH-Abhängigkeit
der Komplexbildung berechnen
H4Y
H3Ylog(C)
H2Y2HY3Y4-
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methoden
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Komplexometrische Methoden
Grundlagen:
• Bildung stabiler Komplexverbindungen zwischen Metallionen und Liganden
(meist Chelat-Liganden)
• Endpunkterkennung durch einen Indikator (schwächerer Komplex-Ligand), der mit dem
zu bestimmenden Metallion einen farbigen Komplex bildet.
Gründe für die Stabilität von Chelat-Komplexen:
• Entropie: Freisetzung von Wasserliganden
• Enthalpie durch Bildung thermodynamisch günstiger Fünf- und Sechsringe,
stärkere M-L-Bindungen
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexometrische Methoden
Urtiter und üblicherweise eingesetzte Chelat-Liganden:
COO+ 2 H+ + 2 Na+
N
-
OOC
COO-
N
-
OOC
= Donorzentren
COO-
Dinatrium-EDTA (Titriplex)
-
OOC
+ 3 H+
N
COO-
Nitrilotriessigsäure
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexbildungskonstanten K mit EDTA
M+
M2+
log(K)
M3+
log(K)
M4+
log(K)
log(K)
Li(EDTA)3-
3.8
Be(EDTA)2-
9.3
Al(EDTA)-
16.5
Zr(EDTA)
32.8
Na(EDTA)3-
2.71
Mg(EDTA)2-
14
Ga(EDTA)-
20.3
Th(EDTA)
25.3
K(EDTA)3-
1.65
Ca(EDTA)2-
10.69
In(EDTA)-
25
U(EDTA)
25.7
Rb(EDTA)3-
1.45
Sr(EDTA)2-
8.6
Tl(EDTA)-
5.8
Ag(EDTA)3-
7.2
Ba(EDTA)2-
7.8
Bi(EDTA)-
22.4
Zn(EDTA)2-
18
V(EDTA)-
25.9
Cd(EDTA)2-
16.5
Cr(EDTA)-
16
M2+
Sn(EDTA)2-
22.1
Fe(EDTA)2-
14.3
Fe(EDTA)-
25.1
Pb(EDTA)2-
18
Co(EDTA)2-
16.3
Co(EDTA)-
36
Problem: trotz formal hoher K-Werte bilden sich manchmal die Komplexe nicht,
weil z.B. vorher M(OH)x ausfällt (d.h. [Mx+] ist zu klein).
Daten aus: http://www.periodensystem-online.de/index.php
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexometrische Methoden
2-
Reaktion von EDTA mit zweiwertigen Kationen:
+
+
2 Na+ + (-OOCCH2)2HNCH2CH2NH(CH2COO-)2 + Mg2+ -> 2 Na+ +
+ 2 H+
wichtig: pH-Wert-Kontrolle durch Reaktion in
Gegenwart eines Puffers (pH ca. 9)
Endpunktserkennung durch Indikatoren
O
OH
O
N
-
O3 S
HN
N
NH
+ NH4+
N
O
N
H
O- O
N
H
O
HO
O2 N
Eriochromschwarz
Murexid
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Komplexometrische Methoden
Wichtige komplexometrische Bestimmungen:
• alle zweiwertigen Kationen mittlerer Größe
• Bestimmung der Gesamtwasserhärte:
temporäre Härte: Hydrogencarbonate (insbes. von Calcium und Magnesium),
fallen beim Erwärmen von Wasser aus und bilden den Kesselstein
permanente Härte: Sulfate, Chloride, Nitrate von Metallionen (Calcium u.a.),
bleiben beim Erhitzen von Wasser in Lösung und stören die Wäsche
• Titration der Summe von Calcium und Magnesium mit EDTA im Alkalischen
• Bestimmung von Calcium im Neutralen
• Bestimmung von temporärer und permanenter Härte durch zusätzliche Titration der
Anionen.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.5. Komplexometrie
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Gravimetrie
Methodik:
Bestimmung des Gehalts einer
Probe durch Ausfällen und
Auswiegen eines schwer löslichen
Niederschlags
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Probleme und Lösungen
• Wassergehalt
kann durch vorsichtiges Trocknen oder Waschen mit Ethanol und Ether entfernt
werden
Hydroxide kann man nicht trocknen, ebenso hygroskopische Verbindungen
• nicht stöchiometrische Verbindungen
z. B. NiSx, CoSx, MnOx,
können nicht direkt gravimetrisch bestimmt werden
Verglühen: CoSx-> CoO + SO3
• zersetzliche Verbindungen
z. B. Hydroxide, Ammoniumsalze, Nitrate, Nitrite, Carbonate, Sulfite,
Hydrogenphosphate, Hydrogensulfate, Silbersalze (Licht),
Salze mit Kristallwasser (CuSO4, Gips)
entweder rasches Arbeiten oder
gezielte Umwandlung in stabile Verbindung: Al(OH)3 → 1/2 Al2O3 + 3/2 H2O
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie
Probleme und Lösungen
• Mitfällen von Fremdionen
besonders wenn Ladung/Radius der Ionen vergleichbar sind
Verhinderung durch mehrmaliges Fällen und Auflösen
Auswaschen geht nicht: Verlust
• Verluste bei der Isolation (Filtrieren)
verringert durch Verwendung von Filternutschen
• zusätzliches Gewicht durch Filterpapier
Veraschen des Papiers
Papier darf keine Metallionen enthalten oder adsorbieren
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie
Probleme und Lösungen
• Löslichkeit
muss sehr gering sein
sollte möglichst nicht stark vom pH-Wert bzw. von der Ionenstärke der Lösung
abhängen
oft genaues Einstellen des pH-Wertes (z. B. durch Verwenden eines Puffers)
nötig
• Fällungskinetik
Fällungen sind chemische Reaktionen und besitzen deshalb auch eine Kinetik
Keimbildung und Kristallisation
Niederschläge können altern; Anleitung beachten
Ziel: möglichst gut filtrierbarer Niederschlag (grobkörnig)
langsam Fällen
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie
Probleme und Lösungen
• Wägefehler
Stehenlassen des Wägeguts in der Laboratmosphäre
falsches Ablesen der Waagenanzeige
falsche Behandlung der Waage
Kontamination durch Anfassen des Probenbehälters
uvm.
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie
Inhaltsverzeichnis
2.4. Fällungstitrationen
2.4.1. Löslichkeit von Salz in Wasser
2.4.2. Argentometrie
2.5. Komplexometrie
2.5.1. Lewis-Säuren und Basen, Grundlagen der Komplexchemie
2.5.2. Komplexometrische Methodenchemie
2.6. Gravimetrie
2.6.1. Probleme und Lösungen
2.6.2. Spezialfall: Elektrogravimetrie
………
Elektrogravimetrie
Methodik
• Elektrolytisches Abscheiden eines Metalls aus einer Lösung seines Salzes
• Geht aus Lösung nur gut für edle und mäßig unedle Metalle (Wasserstoffüberspannung)
Elektrodenmaterial, Elektrodenbehandlung
• meist Pt-Netz-Elektroden, hohe Oberfläche, robust
• Reinigung: meist durch Kochen mit konz. HNO3,
• Gold und andere sehr edle Metalle dürfen nicht auf Pt-Elektroden abgeschieden werden
Erkennung des Endpunktes
• galvanostatisch: durch Anstieg der Spannung
• potentiostatisch: durch Absinken des Stromes
• Trennungen sind durch geschickte Wahl der Abscheidebedingungen möglich
2. Verfahren der quantitativen Analytik / 2.6. Gravimetrie
Inhaltsverzeichnis
3. Physikalische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
3.1. Allgemeines
3.2. Photometrie
3.2.1. Photometrische Titration
3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie
Physikalische Verfahren der quantitativen Analytik
Intrinsische Vor- und Nachteile physikalischer Analyseverfahren:
• genauere Bestimmung von Elementzusammensetzung und Gehalt der Proben
• keine subjektive Endpunktsbestimmung
• weniger Fehlermöglichkeiten
• Automatisierung ist möglich
• hoher apparativer Aufwand (teuer)
• Technik ist oft nicht mehr durchschaubar
• Kalibrierung ist nötig
3. Physikalische Verfahren/ 3.1. Allgemeines
Physikalische Verfahren der quantitativen Analytik
Kalibrierung:
• i. A. durch Vermessen von Standardsubstanzen in einer Konzentrationsreihe
• Aufstellen einer Kalibrierkurve, im Idealfall einer Kalibriergeraden
• Umrechnen des realen physikalischen Antwortsignals in einen Konzentrationswert über
die Kalibrierkurve
• Verfahren oft automatisiert
Konzentrationsreihe
• eine Anzahl von Standardproben bekannter Konzentration
• sollte mindestens den gesamten möglichen (erwarteten) Konzentrationsraum abdecken
Kalibrierkurve
• graphische oder elektronische Auftragung des Signalverlaufs gegen die Konzentration
der Probe,
• im Idealfall eine Gerade (häufig liegt kein Idealfall vor)
3. Physikalische Verfahren/ 3.1. Allgemeines
Inhaltsverzeichnis
3. Physikalische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
3.1. Allgemeines
3.2. Photometrie
3.2.1. Photometrische Titration
3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie
3.3. Atomspektroskopie
3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)
3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)
3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie
………
Photometrie
Methodik
• Bestimmung der Konzentration einer Substanz durch Absorption von Licht
im sichtbaren Bereich (250-700 nm)
• Substanz muss farbig sein
• Farbe: Lichtabsorption durch Anregung von Elektronen in höhere Zustände,
(umgekehrter Fall: Lichtemmission)
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Photometrie
Absorptionsspektrum:
• kleine Teilchen (Ionen, Moleküle) besitzen elektronische Zustände definierter Energie
• die Anregung eines Elektrons befördert dieses in einen energetisch höheren Zustand
• hierfür existieren sog. Auswahlregeln (z. B. Änderung des Spins), d. h. nicht jeder höhere
Zustand kann von jedem Elektron erreicht werden (bzw. es ist unwahrscheinlich,
dass er erreicht wird)
Abs.
ideales Spektrum
reales Spektrum
hν
nm
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Photometrie
Gründe für Linienverbreiterungen
• bei größeren Teilchen existieren i. a. viele besetzte Niveaus und viele unbesetzte
Niveaus
• Dopplereffekt, Heisenberg’sche-Unschärfebedingung
• es gibt zu jedem elektronischen Niveau (bei Temperaturen über 0 K) viele
Schwingungsniveaus und zu jedem Schwingungsniveau viele Rotationsniveaus, auch
hierfür gibt es Auswahlregeln.
Problem
• das Absorptionssignal ist wellenlängenabhängig, deshalb Messung immer bei einer
bestimmten Wellenlänge
• Verwendung von Filtern verwendet werden, die jeweils nur für eine bestimmte
Wellenlänge durchlässig sind (Idealfall)
• Schwächung der eingestrahlten Lichtmenge
• Vorteil: Unterdrückung von Matrixeffekten ist möglich
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Versuchsaufbau
Monochromator
Lichtquelle
Auswertung
Photozelle
Spiegel
Spalt
Küvette
mit
Substanz
Verstärker
Flügelrad (Chopper)
• Lichtquelle: meist Wolframlampe mit hoher Intensität
• Monochromator: Filter oder Prisma, Gitter (für Messung des gesamten Spektrums)
• Flügelrad: erzeugt Lichtimpulse, die im Verstärker als Wechselspannung ankommen;
unterdrückt Störungen durch externes Licht
• Spalt: Regelung der Lichtintensität (nicht durch Ändern der Spannung an der Lampe !!!)
• Photozelle: Photomultiplier, Photodiode (Empfindlichkeit ist wellenlängenabhängig)
• Auswertung: Messgerät oder Computer
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Monochromator
Farbfilter: selektiert einen mehr oder
weniger scharfen Bereich des Spektrums
Gittermonochromator: drehbare Metallplatte
mit ganz feinen Schlitzen;
erlaubt Messung im gesamten
Spektralbereich
Prisma: drehbar;
erlaubt Messung im gesamten
Spektralbereich
Lambert-Beersches-Gesetz
Zusammenhang zwischen Intensität des Lichts und Konzentration:
Lambert-Beersches-Gesetz (gilt für verdünnte Lösungen):
E = lg(I0/I) = ε·c·d
• E = Extinktion
• I0 = Photostrom mit reinem Lösungsmittel
• I = Photostrom der Probe
• ε = molarer Extinktionskoeffizient (f(λ), normalerweise: ε386)
• c = Kozentration (mol/l)
• d = Schichtdicke (meist in mm oder cm)
Herleitung:
I = I0·e(-ε’·c·d) => -ln(I/I0) = ε’·c·d => -lg(I/I0) = ε·c·d
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Lambert-Beersches-Gesetz
Die Auftragung von E gegen c gibt bei verdünnten Lösungen eine Gerade,
bei konzentrierteren Lösungen flacht die Kurve ab
E
Meßbereich
C
Grund: das Licht wird bereits in den vorderen Schichten der Probe absorbiert
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Verfahren
• MnO4- (besonders intensiv gefärbt)
• Fe3+ als [Fe(SCN)3(H2O)3]
• Cu2+ als [Cu(NH3)4]2+
• Nitrat mit Lunges-Reagens
• und viele andere farbige Substanzen
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Inhaltsverzeichnis
3. Physikalische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
3.1. Allgemeines
3.2. Photometrie
3.2.1. Photometrische Titration
3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie
3.3. Atomspektroskopie
3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)
3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)
3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie
………
Photometrische Titration
Verfolgung einer Reaktion durch Photometrie:
A + X → B; wobei beide Partner gefärbt sein können
E
A
B
nm
mögliche Meßbereiche
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Beispiel
Titration von Ca2+ mit EDTA und Indikator, Auftragung der Extinktion gegen mL EDTA
[Ca2+] = [EDTA]
1. freier Indikator wird beobachtet
E
Ca2+:Indikator = 1:1
E
Ca2+:Indikator = 10:1
ohne Verdünnung
ohne Verdünnung
mit Verdünnung
mit Verdünnung
ÄP
ÄP
mL EDTA
mL EDTA
2. an Ca2+ gebundener Indikator wird beobachtet
Ca2+:Indikator = 1:1
Ca2+:Indikator = 10:1
E
E
ohne Verdünnung
mit Verdünnung
ohne Verdünnung
mit Verdünnung
ÄP
mL EDTA
ÄP
mL EDTA
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Inhaltsverzeichnis
3. Physikalische Verfahren der quantitativen
Analytik anorganischer Stoffe
3.1. Allgemeines
3.2. Photometrie
3.2.1. Photometrische Titration
3.2.2. UV/Vis-Spektroskopie
3.3. Atomspektroskopie
3.3.1. Atomabsorptionsspektroskopie (AAS)
3.3.2. Atomemissionsspektroskopie (AES)
3.2.3 Röntgen- und Elektronenspektroskopie
………
UV/Vis-Spektroskopie
Versuchsaufbau:
drehbarer
Gittermonochromator
Auswertung
Photozelle
Küvette
mit
Substanz
Spalt
Verstärker
Flügelrad (Chopper)
• Messung des gesamten UV/Vis-Spektrums einer Substanz
• Aussagen über die elektronische Struktur sind möglich
• Meßbereich: ca. 150-800 nm
• Meßbereichsbegrenzung: UV-Absorption von O2,
IR-Absorption der Spektrometermaterialien
3. Physikalische Verfahren/ 3.2. Photometrie
Mathematische Auswertung von Analysen
instrumentelle Analytik
Art und Menge
des Analyten
diese Vorlesung
chemische
Struktur
IR-, UV/Vis-, NMR-Spektroskopie, Massenspektrometrie, Röntgenbeugung
räumliche
Verteilung
Mikroskopie, EDX
analytische
Information
computergestützte Auswertung der
Daten, häufig mit statistischer
Validierung, klassisches Problem:
wie verlässlich sind die Messdaten
und die daraus gerechneten Werte,
die die Probe chemisch/physikalisch
beschreiben ?
Mathematische Auswertung von Analysen
Kalibrierung: häufig linearer Zusammenhang zwischen analytischer Größe (z.B.
Konzentration) und Messsignal (i.d.R. elektrische Größe)
elektr. Signal
y = ax + b
a = ∆x/∆y
a = Steigung der Kalibriergerade (Empfindlichkeit)
∆y
b = Achsenabschnitt (Blindwert)
∆x
Empfindlichkeit: möglichst große Steigung
b
Arbeitsbereich
analyt. Größe
der Kalibriergerade (kleinerer systematischer
Fehler, kleinere Werte der analytischen Größe messbar)
Blindwert: z.B. Photometrie → Absorption von Küvette und Lösungsmittel, wird durch
Messung des reinen Lösungsmittels bestimmt; z.B. AAS → durch Matrix verursachtes
Signal
Arbeitsbereich: wird bestimmt durch die Kalibriermessungen
Mathematische Auswertung von Analysen
elektr. Signal
Auswertung: Auflösung der Kalibrierfunktion nach x
y
y = ax + b → x = (1/a)(y – b)
x
Fehler
• additive Fehler: z.B. falsche Blindwertkorrektur
analyt. Größe
elektr. Signal
• multiplikative Fehler: z.B. durch Matrixeffekte
• nichtlineare Fehler: z.B. Messung im nichtlinearen Bereich
• statistische Fehler: z.B. Rauschen der Mess-
analyt. Größe
apparatur, Ableseungenauigkeit
• systematische Fehler: jeder Verfahrensschritt (z.B.: Lösen, Fällen, Trennen, uvm.)
kann zu Veränderungen der analytischen Größe führen; bei Bestimmungen im ppbBereich kann dies zu Fehlern im Bereich von mehreren 100% führen
wichtig: Kenntnis ob statistische oder systematische Fehler vorliegen, letztere sind
korrigierbar
Mathematische Auswertung von Analysen
Fehlervermeidung und Bewertung
elektr. Signal
Standardaddition:
zur Ausschaltung von Matrixeffekten
-x
funktioniert nur, wenn der Blindwert der Analyse
bekannt ist oder korrigiert wird
Konzentration
der Probe
Konzentration der
Standardzugaben
C
Interner Standard:
• Substanz die in die Probe gegeben wird, um das Analyseverfahren von der
Probenvorbereitung bis zur Auswertung der Messdaten zu überwachen (z.B. Radiooder Isotopenlabel)
• Substanz, die sich bereits in der Probe befindet, und die in einem speziellen Verhältnis
(z.B. Konzentration, Masse) zur zu bestimmenden Spezies steht
Externer Standard: wird separat zur Probe vermessen (z.B. Kalibrierlösung)
Mathematische Auswertung von Analysen
statistische Bewertung
Analysen (allgemein: Experimente) werden in der Regel mehrmals durchgeführt, um das
Ergebnis statistisch abzusichern
Präzision: die statistischen Fehler bestimmen die Genauigkeit, mit der eine Messung
durchgeführt werden kann (Nachweisgrenze); die Präzision wird durch Wiederholung der
Messung und Berechnung der Standardabweichung bestimmt
Richtigkeit: ist ein Maß für die Abweichung des Mittelwerts
vom
wahren Wert yw und wird durch die systematischen Fehler bestimmt
Mittelwertberechnung
yw
Mathematische Auswertung von Analysen
Standardabweichung
die wichtigste mathematische Methode um Lage
und Streuung von Messwerten zu beschreiben
die relative Standardabweichung wird bezogen auf den Mittelwert der Messgröße sr = sy/
die Präzision bezogen auf die analytische Größe x ergibt sich aus der
Kalibrierfunktion y = ax + b :
sx = sy/a
relative Häufigkeit des Messwerts
Varianz: Quadrat der Standardabweichung
v = s2
68.26%
Gauß-Verteilung (bei zufälligen Messfehlern):
µ = Mittelwert
95.46%
99.74%
-3s
-2s
-s
µ
+s
+2s +3s
Mathematische Auswertung von Analysen
Regessionsmethoden: Erstellung von Kalibrierkurven
Messwert
Methode der kleinsten Fehlerquadrate
???
Geradengleichung: y = ax + b
analyt. Größe
Bestimmtheitsmaß (Qualität der Abbildung der Messwerte durch die Regressionsgerade):
bei „guten“ Messwerten: R > 0.95
µ
Mathematische Auswertung von Analysen
Wiederholbarkeit: Präzision einer Methode bei Durchführung durch eine/n Mitarbeiter/in
bzw. an einem Gerät
Vergleichbarkeit: Präzision einer Methode bei Durchführung durch verschiedene
Mitarbeiter/innen oder verschiedene Labors
Interne Qualitätssicherung (; http://www.bfr.bund.de/de/gute_laborpraxis__glp_-258.html):
•
Schulung des Personals
•
Wartung der Geräte
•
Messung von Standardlösungen, Blindproben, reale Proben, Synthetische Proben
(Matrixeffekte), zertifizierte Referenzmaterialien (teuer)
•
Auswertung und Dokumentation
•
Überprüfung der Wiederfindung (Isotopenmarkierung, Radioaktive Labels)
•
Mehrfachbestimmungen
•
Plausibilitätskontrollen
Externe Qualitätssicherung: Ringversuche, Vergleichsuntersuchungen
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