Bachelorarbeit Medizinische Universität Graz Gesundheits- und Pflegewissenschaften Jadranka Pavetic Therapieansätze in der Behandlung von Diabetes mellitus Begutachterin Ao. Univ.-Prof. Dr. med. univ. Ulrike Holzer Institut für Experimentelle und klinische Pharmakologie Titel der Lehrveranstaltung Pharmakologie Vorlage November 2016 Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als angegebenen Quellen nicht verwendet und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz am 25.11.2016. Jadranka Pavetic eh. Zusammenfassung Diabetes mellitus ist eine der am weitesten verbreiteten Stoffwechselerkrankungen. In einem kurzen Einblick zur Geschichte der Diabetes mellitus wurde als Erkrankung in der Antike erstmals über Diabetes geschrieben. Diabetes mellitus ergibt sich aus absolutem oder relativem Insulinmangel. Typ-1 wird als „juvenile Diabetes“ klassifiziert und Typ-2 als Volkskrankheit unserer Wohlstandsgesellschaft. Neben diesen beiden Typen von Diabetes kann sie auch in der Schwangerschaft vorkommen und danach wieder verschwinden. Neben oben genannten Arten von Diabetes gibt es auch Sonderformen dieser Erkrankung. Die Symptomatik von Typ-1 und Typ-2, ihre Untersuchungsmethoden und Krankheitsverläufe bis zu Spätkomplikationen als unsichtbaren Feind bei dieser Stoffwechselerkrankung werden ausführlich beschrieben. Als Schwerpunkt werden Therapieansätze beschrieben: wie Insulin als Blutzucker senkendes Hormon bei Betroffenen eingesetzt wird, die Darstellung von Messwerten und wie Insulin richtig gespritzt wird. Um den Blutzucker in den Griff zu bekommen, sind neben dem Insulin auch orale Medikamente hilfreich. Neben den Medikamenten ist die Motivation der PatientInnen ein wichtiger Teil der Behandlung. Durch Schulungen, Diät, Bewegung und Rauchentwöhnung kann ein/eine DiabetikerIn viel erreichen und an Lebensqualität gewinnen. Abstract Diabetes mellitus is one of the most widespread diseases of metabolism. A brief insight to the history of diabetes mellitus as disease in ancient times for the first time about diabetes written in. Diabetes mellitus results from absolute or relative insulin deficiency. Type 1 is classified as a "juvenile diabetes" and type 2 as a widespread disease of our affluent society. In addition to these two types of diabetes, it can occur during pregnancy and then disappear. There are also special forms of the disease in addition to the above mentioned types of diabetes. The symptoms of type 1 and type 2, their methods of investigation and disease outcomes up to late complications as an invisible enemy in this metabolic disease are described in detail. Treatment approaches are described as focus: how insulin is used as 1 hormone reduce blood sugar for those affected, the appearance is properly injected readings and insulin. To get the blood sugar under control, also oral medications are useful in addition to insulin. In addition to the drugs, the motivation of the patient is an important part of the treatment. Through training, diet, exercise and smoking cessation, a diabetic can achieve much and gain in quality of life. 2 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung/Abstract Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis 1. Einleitung ..........................................................................................................................1 1.1. Begründung der Themenwahl .....................................................................................1 1.2. Fragestellung und Zielsetzung ....................................................................................2 2. Material und Methode .....................................................................................................3 2.1. Die Suchergebnisse .....................................................................................................3 3. Ergebnisse und Resultate ................................................................................................3 3.1. Definition von Diabetes mellitus ................................................................................4 3.2. Historischer Überblick zur Diabetes mellitus .............................................................4 3.3. Diabetes in Zahlen ......................................................................................................6 3.4. Klassifikation von Diabetes mellitus ..........................................................................7 4. Diabetes mellitus Typ-1 .................................................................................................10 4.1. Ätiologie, Klinische Symptome, Krankheitsverlauf .................................................10 4.2. Prävalenz und Inzidenz von Diabetes Typ-1 bei Kindern und Jugendlichen weltweit .........................................................................................................................................11 5. Diabetes mellitus Typ-2 .................................................................................................12 5.1. Diagnose von Diabetes mellitus Typ-2 und Untersuchungsmethode .......................13 5.2. Metabolisches Syndrom ............................................................................................15 6. Therapieansätze zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ-1 ...............................18 6.1. Wirkung und Nebenwirkung von Insulin ..................................................................18 3 6.2. Arten von Insulin ......................................................................................................19 6.3. Insulintherapie ...........................................................................................................24 6.4. Lagerung und Aufbewahrung ...................................................................................28 7. Therapeutische Behandlung von Diabetes mellitus Typ-2 ........................................28 7.1. Orale Antidiabetika - Überblick ................................................................................31 7.1.1 Sulfonylharnstoffe und Glinide ...........................................................................31 7.1.2 Biguanide (Metformin) .......................................................................................33 7.1.3 Thiazolidindione (Glitazone) ..............................................................................34 7.1.4 Alfa- Glucosidase-Hemmstoffe ..........................................................................34 7.1.5 Inkretin-Analoga .................................................................................................35 7.1.6 Gliptine................................................................................................................35 7.1.7 Gliflozine ............................................................................................................35 8. Nichtmedikamentöse Therapie .....................................................................................36 9. Schussfolgerung..............................................................................................................40 10. Diskussion .....................................................................................................................40 Literaturverzeichnis ..........................................................................................................41 Abbildungen .......................................................................................................................42 Tabellen ...............................................................................................................................43 4 Abbildungsverzeichnis Abb.1 : Das älteste medizinische Buch der Welt .................................................................. 6 Abb. 2: Diabetesformen ..................................................................................................... 9 Abb. 3: Diabetesinzidenz bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren in Österreich von 1999 bis 2007 ............................................................................. 12 Abb. 4: Blutzuckerwerte – „Schritte zur Diagnose“ …………….. 15 Abb. 5: Insulin-Injektionsstellen ......................................................................................... 24 Abb. 6: Insulinpumpe .......................................................................................................... 28 Abb. 7: Darstellung des Stufenschemas der Differentialtherapie bei Diabetes Typ-2 mit Übergewicht………………................................................................ 30 Abb. 8: Insulinsekretionsmechanismus der Betazelle und Wirkungsweise von Sulfonylharnstoffen……… ......................................................................................... ...32 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Übersicht – Insulin in Österreich ..........................................................................21 Tab. 2: Antidiabetika… .................................................................................................... 36 5 1. Einleitung 1.1. Begründung der Themenwahl Diabetes mellitus ist in den industrialisierten Ländern mit einer Häufigkeit von etwa 2 bis 5 % eine weit verbreitete und nicht heilbare Stoffwechselstörung. In der Bevölkerung ist Diabetes vom Typ-2 stärker als Diabetes Typ-1 verbreitet, welche selten vorkommt. Diabetes mellitus Typ-1 ist eine zum Teil erbliche, zum Teil chronische Erkrankung. Die Ursache bei Diabetes Typ-1 liegt bei absolutem Insulinmangel. Seit ca. 60 Jahren wird eine weltweite Zunahme von Erkrankten dieser Stoffwechselstörung verzeichnet. Zur eigentlichen Krankheit wird Diabetes mellitus erst, wenn Langzeitkomplikationen auftreten. Weltweit wird die Zahl der Diabetiker bis 2030 von jetzt 366 auf 552 Millionen angestiegen sein1. Die explosionsartige Zunahme von DiabetikerInnen des Typs-2 hat mehrere miteinander verknüpfte Ursachen: die Häufigkeit von Adipositas (krankhaftes Übergewicht), abnehmende körperliche Aktivität sowie genetische Prädispositionen. Die Lebensqualität von Erkrankten der Diabetes mellitus ist beeinträchtigt und sie haben eine deutlich kürzere Lebenserwartung. Zur Verbesserung der Lebensqualität von Leidenden an Diabetes vom Typ-1 und Diabetes vom Typ-2 ist dabei eine richtige und dauerhafte Einstellung von Insulin erforderlich. Dabei stellt Diabetes ein großes Risiko für schwere Begleit- und Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Augenerkrankungen oder Nierenversagen dar. Es ist von besonderer Wichtigkeit, die Bevölkerung über diese Volkskrankheit aufzuklären – von vorbeugenden Maßnahmen eines gesunden Lebensstils über Risiko der Krankheit bis hin zur Diagnose und zur dauerhaften Therapie. Diabetes ist eine Erkrankung, in deren Therapie der/die DiabetikerInnen in hohem Masse eingebunden ist. Der Therapieerfolg ist umso grösser, je mehr der/die PatientIn dazu beiträgt. Zur medikamentösen Therapie der Diabetes mellitus vom Typ-1 wird ausschließlich Insulin eingesetzt. PatientInnen des Diabetes Typ-2 werden mittels oraler Antidiabetika und nach Bedarf auch mit Insulin behandelt. Durch gezielte Maßnahmen betreffend Lebensstil 1 Gesundheit, 2012 1 können DiabetikerInnen nicht nur die Manifestation der Krankheit verhindern und hinauszögern, sondern auch den Medikamentenbedarf senken. Wichtige Säulen der Behandlung mit Blick auf Änderungen des Lebensstils sind Bewegung und Ernährung. Das Ziel dieser Therapiemaßnahmen besteht in der Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen. 1.2. Fragestellung und Zielsetzung Ziel dieser Arbeit ist es, die vielen therapeutischen Möglichkeiten im Kampf gegen Diabetes darzustellen und einen Überblick über verschiedene medikamentöse Therapien zu geben. Wünschenswert wäre auch eine Erweiterung der Therapiemöglichkeiten, vor allem die weitere Erforschung der psychobiologischen Zusammenhänge bei Diabetes mellitus. Ein weiteres Ziel der Therapie bei Diabetes mellitus Typ-1 und Typ-2 soll nicht ausschließlich die medikamentöse Therapie sein, um ein Optimum bei dieser Erkrankung zu erzielen. 2 2. Material und Methode Auf das Thema «Therapieansätze der Diabetes mellitus» wurde ich aufmerksam, als ich in der Bibliothek der Karl-Franzens-Universität und der Medizinischen Universität in Graz Bücher zu diesem Thema suchte. Um interessantes und aktuelles Material für diese Aufgabenstellung zu finden, habe ich über einen langen Zeitraum fast alle Bibliotheken in Graz durchgestöbert. 2.1. Die Suchergebnisse Die Literatursuche Auf der Suche nach relevanten Büchern habe ich die Karl-Franzens-Universität, die Öffentliche Bibliotheksarbeiterkammer Graz sowie die Stadtbibliotheken Graz, Graz-Süd und Graz-West besucht. Es war eine positive Überraschung, was für eine große Anzahl an Büchern zu diesem Thema veröffentlicht worden ist. Die Definition der Begriffe Diabetes Typ-1 und Typ-2 wurde aus unterschiedlichen Literaturquellen und Praxisaussagen im Wesentlichen auf die nachfolgenden Punkte verdichtet: Grundlage der Diabetes mellitus, Präventionstherapie, Medikamente bei Zuckerkrankheit, nicht-medikamentöse Therapie bei Diabetes, orale Antidiabetika, Jugendlichen-Diabetes und Altersdiabetes, Umgang mit unsichtbaren chronischen Krankheiten sowie psychobiologische und verhaltenspsychologische Ansätze. Für diese Arbeit wurden 21 Bücher sowie medizinische Fachzeitschriften und mehrere Internet-Quellen angewendet, um Informationen und Abbildungen für meine Bachelorarbeit glaubwürdig zu erstellen. 3. Ergebnisse und Resultate In diesem Kapitel wird die sogenannte „Zuckerkrankheit“ beschrieben, in der medizinischen Fachsprache Diabetes mellitus. Der Name ‘Diabetes’ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „durchgehen“. Das Zusatzwort ‘mellitus’ heißt `honigsüß` und soll darauf hinweisen, dass die Krankheit etwas mit Süßem zu tun hat. In weiterer Folge wird Diabetes als „Volkskrankheit“ beschrieben sowie die Häufigkeit der Erkrankten an Diabetes in Österreich und in Europa statistisch dargestellt. 3 3.1. Definition von Diabetes mellitus „Der Begriff unterschiedlicher Diabetes Ätiologie, mellitus die beschreibt durch das eine Stoffwechselstörung Leitsymptom Hyperglykämie charakterisiert ist. Defekte der Insulinsekretion, der Insulinwirkung oder beides verursachen v.a. Störungen des Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsels. Langfristig können Schädigungen, Dysfunktion und Versagen verschiedener Organe auftreten. Betroffen sind einerseits kleine Blutgefäße (Mikro-Angiopathie) mit Erkrankungen der Augen (Retinopathien), der Nieren (Neuropathie) und der Nerven (Neuropathie). Andererseits können Prozesse an den großen Gefäßen im Sinne einer Arteriosklerose durch Diabetes beschleunigt werden (MakroAngiopathie)“.2 3.2. Historischer Überblick zur Diabetes mellitus Diabetes mellitus reicht bis in die Antike zurück. In ältesten Quellen medizinischer Literatur wird über Diabetes berichtet. Die Krankheit wurde glaubwürdig in einer Schriftrolle dokumentiert. Die Schriftrolle, bekannt als das ‘Papyrus Ebers’, datiert auf ca. 1500 v. Chr. In mehreren Quellen vorchristlicher Zeit werden Symptome der Diabetes erwähnt, aber den Namen ‘Diabetes mellitus’ gab es damals noch nicht. In der Antike schilderten arabische und griechische Mediziner sowie Philosophen die Symptomatik von Diabetes. Im 16. Jahrhundert wurde Urin von DiabetespatientInnen analysiert. Bekanntester Vertreter dieser Praxis war Paracelsus. Die weißen Rückstünde, die nach dem verdampften Urin geblieben sind, wurden als Salz gekennzeichnet. Diese Salzrückstände der Nieren wurden als Ursache für Diabetes vermutet. In 17. Jahrhundert beobachtete Thomas Willis, dass bei PatientInnen, welche einer Diät ausgesetzt waren, einer Besserung von allgemeinen Zustand sichtbar war. Eine Erklärung gab es nicht. Er vermutete, dass die Ursache im Blut lag. Im 18. Jahrhundert wurde vom britischen Arzt Matthew Dobson über Zucker geschrieben und sein süßer Geschmack festgestellt. Im Jahre 1788 wurde Diabetes in Bezug auf die 2 Danne, T., Kordonouri, O, Lange, K., 2015, S. 2 4 Bauchspeicheldrüse erwähnt. Einer der großen Ärzte war Adolf Kußmaul, der PatientInnen beobachtete, welche im Krankenbett lagen. Die Atmung dieser PatientInnen im Coma diabetikum wurde als „Kußmaulsche Atmung“ bezeichnet. Die Diabetesforschung hat sich in den folgenden Jahrhunderten rasch weiterentwickelt. Das 19.Jahrhundert wurde durch mehrere Ärzte bezüglich Diabetesentwicklung geprägt. Es ging um Pankreas-Untersuchungen bei DiabetikerInnen, welche von Paul Langerhans als Inselzellen im Gewebe der Pankreas beschrieben wurden. Danach folgten Behandlungsversuche mit Pankreatin aus Schweine-Bauchspeicheldrüsen. Ärzte stellten die wichtigsten Prinzipien der Diabetesbehandlungen wie Körpergewichtsreduktion, Bewegung, Diät, Schulung von Kranken und Bedeutung von Stoffwechsel auf. Es wurden zwei unterschiedliche Diabetesformen erwähnt: die „mageren Diabetes“ und „fetten Diabetes´´. Im 20.Jahrhundert haben sich viele Ärzte/Ärztinnen mit Diabetes beschäftigt. Der englische Physiologe Edward Albert Sharpey-Schafer nannte die bei PatientInnen von Diabetes fehlende Substanz der Pankreas „Insulin“. Vor der Entdeckung des Insulins galt ein Diabetes vom Typ-1 noch als unheilbar und tödlich. 1936 wurde durch Hans Christian Hagedorn das langwirkende Insulinpräparat ‘Neutrales Protamin Hagedorn’ (NPH-Insulin) entwickelt. 1950 wurde die International Diabetes Federation´ gegründet. Die Forschung ist heute so weit gekommen, dass die Insulinzufuhr durch einen Informationsaustausch mittels Geräten den Blutzuckerwert dauerhaft kontrollieren kann.3. 3 vgl. Diabetes-Fact, 2012 5 Abb. 1:Das älteste medizinische Buch der Welt (Quelle: WFR, Your Global Source for Health Information, 2016) 3.3. Diabetes in Zahlen Diabetes mellitus wird nicht zu Unrecht als Zivilisations- oder Volkskrankheit bezeichnet, da die Häufigkeit der Erkrankten in den letzten Jahrzehnten drastisch angestiegen ist. Diabetes Typ-2 steht als häufigste Diabetesform an erster Stelle. Die Zahl der DiabetikInnen in Österreich liegt bei 573.000 bis 645.000. Davon sind 430.000 ärztlich diagnostiziert. Die Diagnose wird durch die Feststellung eines pathologischen Befundes (krankhafte Veränderung des Pankreas) und einer Glukosekonzentration im Blut gesichert. Die ExpertInnen glauben, dass in Wirklichkeit die Anzahl der nicht erkannten Betroffenen zwischen 143.000 und 215.000 liegt, also sind 8 % der/die ÖsterreicherInnen davon betroffen. Österreich befindet sich sowohl in Europa als auch weltweit im Mittelfeld. Europaweit wird die Zahl der DiabetikerInnen auf 53 Mio. geschätzt. Experten vermuten, dass diese Zahl bis 2030 auf 64 Mio. ansteigen wird. Zusätzlich leiden in Europa 63 Mio. Menschen an Prädiabetes, und diese Zahl wird sich bis 6 2030 um 10,6% erhöhen. Dabei ist zu erwähnen, dass 19 Mio. der Bevölkerung der Europäischen Länder nicht wissen, dass sie DiabetikerInnen sind. An erster Stelle in Europa liegt Russland mit 10% DiabetikerInnen4. Der Anteil an DiabetikerInnen von Diabetes mellitus Typ-1 macht 4 % der Bevölkerung aus. In Österreich sind 1500 Kinder unter 14 Jahren an Diabetes erkrankt. Der Anteil stark übergewichtiger Kinder steigt. Dies führt dazu, dass diese Kinder an Diabetes Typ-2 erkranken könnten5. In Österreich wurden im Jahr 2011 - 2900 Todesfälle an DiabetikerInnen festgestellt. Es handelte sich dabei vorwiegend um Männer im Alter von 74 Lebensjahren. In Niederösterreich und im Burgenland, also östlich, zeigte sich die Sterblichkeit am höchsten – im Vergleich zu den westlichen Bundesländern, wo die Sterberate am geringsten ist. Im selben Jahr wurden in Österreichs Krankenhäusern 20.000 Patienten, die an Diabetes leiden, betreut. Bis zum Jahr 2007 wurde eine Zunahme an stationärer Versorgung von Kindern festgestellt6. Es ist unvermeidbar zu erwähnen, wie wichtig die Lebensweise (Lebensstil), die Umwelt, der Sozialstatus und die Bildung der Bevölkerung ist. Es ist zu beobachten, dass die Population mit niedrigem Sozialstatus und mit niedrigem Bildungsniveau „anfällig“ dafür ist, an Diabetes Typ-2 zu erkranken. 3.4. Klassifikation von Diabetes mellitus Dieses Kapitel dient als Einführung in die verschiedenen Formen der Zuckerkrankheit. Im Auftrag der American Diabetes Association (ADA) aus dem Jahr 1997 wurde von einem aus mehreren Ländern stammenden Expertenkomitee eine neue und bis heute gültige Form des Diabetes mellitus erarbeitet, welche die WHO ebenso akzeptiert hat. Damit wurde die Klassifikation aus dem Jahr 1979 definitiv als ungültig erklärt. Die Klassifikation von Diabetes-Formen unterscheidet vier Gruppen: 4 vgl. Wascher, T., Pongratz, R., 2015, S 24-25 5 vgl. ÖDG, 2016 6 vgl. Arrouas, M., Renda-Wagner, P., 2013 7 1) Diabetes mellitus Typ-1: diese Art der Diabetes ist in der Bevölkerung als „Jungendiabetes“ bekannt, kann aber auch erst im 40. Lebensjahr einsetzen. Die PatientInnen produzieren kein Insulin, da die insulinproduzierenden Zellen zerstört sind. Zu diesem Typ kann es durch Vererbung oder durch Fehler bei der Steuerung des Immunsystems kommen. 2) Diabetes mellitus Typ-2 gilt als die häufigste Form von Diabetes mellitus. Diese Form von Diabetes wird diagnostiziert, wenn der Körper nicht genügend Insulin produziert. Die Zellen im Körper reagieren auf Insulin vermindert („Insulinresistenz“). Diese Form von Diabetes kann sowohl erblich entstehen oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Übergewicht und Bewegungsmangel gelten als schlechte Lebensführungsweise und können dazu beitragen, an Diabetes zu erkranken. 3) Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) tritt während der Schwangerschaft auf und verschwindet in den meisten Fällen nach der Geburt. Auf Grund der Schwangerschaft kommt es zu Stoffwechselveränderungen und daraus resultiert hoher Bedarf an Insulin. Familiäre Belastungen oder Übergewicht verstärken das Risiko, an Gestationsdiabetes zu erkranken, zusätzlich. 4) Spezifische Diabetestypen: Diese Form kommt sehr selten vor. Dazu können Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), hormonelle Erkrankungen und Medikamente (z.B. Steroide) führen.7 7 vgl. Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Osteologie und Stoffwechselerkrankungen, 2016 8 Abb. 2: Diabetesformen (Quelle: Universitätsklinikum Erlangen, 2015) 9 4. Diabetes mellitus Typ-1 Bei Diabetes mellitus Typ-1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse kein Insulin produziert. Wie erwähnt, trifft sie meist junge Menschen (sog. „juvenile Diabetes“). Diese Form von Diabetes kann erblich oder als Folge der Zerstörung von Zellen, welche die Insulinproduktion beeinflussen, entstehen. Das bedeutet, dass Insulin zugeführt werden muss. Eine oral-medikamentöse Therapie ist bei Diabetes Typ-1 nicht möglich. 4.1. Ätiologie, Klinische Symptome, Krankheitsverlauf Diabetes mellitus Typ-1 ist immunologisch oder idiopathisch bedingt. In den meisten Fällen tritt sie als Krankheit zwischen dem 14. und dem 20. Lebensjahr auf. Die Entdeckung der Krankheit ist bis zum 35. Lebensjahr möglich. Eine Manifestation in späteren Jahren nennt man LADA-Diabetes (Latent Autoimmune Diabetes in Adults). Diabetes Typ-1 liegt vor, wenn Diabetes durch Zerstörung der Beta-Zellen mit Ketoazidoseneigung charakterisiert ist. Die Betazellenzerstörung ist die Folge eines Autoimmunprozesses. Ein Mangel an Insulin kann zur lebensbedrohlichen Situation durch Ketoazidose führen, einer Übersäuerung des Blutes (Azidose). Durch das fehlende Insulin im Körper läuft der Fettabbau ungebremst und führt zu einem enormen Anstieg der Fettsäuren im Blut. Um diese lebensbedrohliche Situation zu vermeiden, ist externe Insulinzufuhr lebensnotwendig.8 Bei Diabetes Typ-1 kommt es zu einer irreversiblen Störung der Insulinproduktion. Des Weiteren nimmt die Insulinproduktion im menschlichen Körper einen sehr hohen Stellenwert ein. Insulin ist ein anaboles Hormon; durch die Ausschüttung von Insulin kommt es zu einem gesteigerten Glucose-Transport in die Skelettmuskelzellen und Adipozyten. Ein hoher Glukosewert führt zu einer Hyperglykämie. Die Diagnose von Diabetes mellitus Typ-1 kann über diabetes-spezifische Antikörper im Blut festgestellt werden. Zu diesen Antikörpern gehören: 8 Ernst, R., Froesch, E., Matelli, E., 2006. S. 16-34 10 1) Antikörper gegen Insulin 2) Autoantikörper gegen Glutaminsäure-Decarboxilase (GADA) 3) Autoantikörper gegen Tyrosinphosphatase IA-2 (IA2A) 4) Inselzellantikörper (ICA) 5) Antikörper gegen Zinktransporte Besteht über einen langen Zeitraum eine Hyperglykämie, die bei Diabetes mellitus am häufigsten auftretende Störung, kommt es zu einer progredienten Schädigung von Gefäßen sowie peripheren Organen und Nerven. Hyperglykämie ist auch der Auslöser für diabetische Retinopathie (Augen) und die diabetische Nephropathie (Nieren). Das Wort ‘Balance’ ist von großer Bedeutung für die gestörte Glukose-Stoffwechselregulation, um den Blutzucker richtig einzustellen und den Blutzuckerspiegel im normalen Bereich zu halten. Es ist ganz besonders auf die typische Symptomatik der Erkrankten zu achten, wie: - Hyperglykämie (hoher Blutzucker) - Polydipsie (vermehrtes Trinken) - Polyurie (häufiges Harnlassen) - Gewichtverlust9 4.2. Prävalenz und Inzidenz von Diabetes Typ-1 bei Kindern und Jugendlichen weltweit Unter Prävalenz versteht man die Häufigkeit einer Erkrankung in einer definierten Population. Unten Inzidenz versteht man die Zahl der Manifestationen einer Erkrankung pro Jahr. Epidemiologische Daten über die Prävalenz von Diabetes Typ-1 bei Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Ländern zeigen ausgeprägte regionale Unterschiede. Die erwähnte Diabetes tritt im ersten Lebensjahr kaum oder sehr selten auf. Die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu und erreicht ihren Häufigkeitsgipfel um das 4. sowie zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr. Die Häufigkeit zwischen Mädchen und Jungen zeigt keinen signifikanten Unterschied. Im Datenvergleich zur Diabeteshäufigkeit bei Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Ländern zeigen sich deutliche Unterschiede. Am häufigsten scheint diese Form der 9 vgl. Kautzky-Willer, A., Winhofer, Y., 2016 11 Diabetes in Finnland und Schweden auf. Hohe Prävalenzdaten wurden auch in den USA und in Großbritannien nachgewiesen. Selten trat die Krankheit in Frankreich oder in südeuropäischen Ländern auf. In Ländern der Südregion (Israel, Italien, Korea) ist die Prävalenz von Diabetes Typ-1 noch geringer. Die Gründe für diese Unterschiede sind nicht bekannt. Epidemiologische Daten geben keine Erklärung für die konstante Zunahme der Diabetes-Inzidenz im Kindes- und Jugendalter, machen jedoch deutlich, dass die erblichen Belastungen nicht dafür verantwortlich gemacht werden können. Es wäre wünschenswert, genaue Daten über Prävalenz und Inzidenz von Diabetes Typ-1 in Österreich zu erarbeiten.10 Abb. 3: Diabetesinzidenz bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren in Österreich von 1999 bis 2007 (Quelle: ÖDG, 29.04.2011.) 5. Diabetes mellitus Typ-2 Diabetes mellitus Typ-2 war früher auch als nicht-insulinabhängige Diabetes oder Altersdiabetes bekannt. Bei Menschen mit Diabetes Typ-2 produziert die Bauchspeicheldrüse zwar weiterhin Insulin, jedoch nicht im ausreichenden Ausmaß, oder der Körper kann es nicht mehr wirksam verwenden, um Blutzucker in Energie umzuwandeln (Insulinresistenz). Die Entwicklung von Diabetes Typ-2 wird durch Erbfaktoren, 10 Danne, T., Kordonouri, O., Lange, K., 2015, S 8-14 12 Übergewicht und Bewegungsmangel begünstigt. Er tritt in den meisten Fällen erst ab einem Lebensalter von über 40 Jahren auf; man findet ihn aber auch zunehmend bei jüngeren Menschen mit starkem Übergewicht. Die Überernährung führt zu einem vermehrten Glukoseangebot. Wegen der Insulinunempfindlichkeit muss die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin freisetzen. Diese erzwungene Mehrarbeit führt zu einer Erschöpfung der Beta-Zellen. Weiters kommt es durch den überhöhten Insulinspiegel im Blut zu einer Abnahme der Insulinrezeptoren an der Körperzelle. Der Stoffwechsel kann dadurch nicht mehr ordnungsgemäß erfolgen11. 5.1. Diagnose von Diabetes mellitus Typ-2 und Untersuchungsmethode Diabetes mellitus Typ-2 ist durch die unzureichende Fähigkeit, Glucose aus dem Blut in die Zellen zu transportieren, erkennbar. Diabetes Typ 2 wird oft erst zufällig entdeckt und diagnostiziert, was sich durch die genaue Befragung der Symptomatik ergibt. Unten angeführte Symptome können auf Diabetes Mellitus Typ-2 hinweisen: - Durst - Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsabfall - häufiges Wasserlassen, auch nachts - Sehstörungen - Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme oder Heisshunger - Juckreiz - Abnehmende Libido und Potenz bei Männern, unregelmässige Periodenblutung bei Frauen - Infektanfälligkeit, langsame Wundheilung und Hautinfektionen (z.B. Pilz) Adipositas mit hohem Anteil von abdominalem Fett in Verbindung mit anderen 11 vgl. Kautzky-Willer, A, Winhofer, Y, 2016, S. 17-30) 13 Symptomen wie erhöhte Triglizeride (> 150 mg/dl), hohem Blutdruck und Glukoseintoleranz sind ein Zeichen für eine beginnende Krankheit. Abdominales Fett wird an der Taille gemessen: - bei Frauen > 88 cm und - bei Männern > 102 cm. Laboruntersuchungen Der wichtigste diagnostische Parameter bei der Feststellung von Diabetes mellitus: 1) Bestimmung des Blutzuckers bei Nüchternheit. Um die Diagnose 'Diabetes mellitus' zu stellen, wird der Zuckergehalt im Blut gemessen. Liegt die gemessene Blutglukosekonzentration nüchtern über 100 mg/dl, besteht ein Vorstadium der Diabetes mellitus oder bereits eine Diabetes mellitus Typ-2 vor. Besteht ein Verdacht an Diabetes, werden weitere Blutuntersuchungen vorgenommen, um genaue Ergebnisse zu erlangen. Wenn die Nüchtern-Messung von Blutzucker im Plasma einen Wert von 126 mg/dl oder sogar mehr zeigt, liegt Diabetes mellitus vor. Wenn die Messung des Blutzuckers einen Wert von 160 mg/dl bis 180 mg/dl zeigt, wird der Zucker über den Urin aus dem Körper entfernt. Mit einer Urinuntersuchung ist es möglich, Glukose im Urin nachzuweisen, was eine Diabeteserkrankung bestätigt. Neben Urin geben auch Eiweiß und Aceton Information über den Zustand der Nierenfunktion und den veränderten Stoffwechsel.12 HbA1- und HbA1C-Bestimmung (glykosylisiertes Hämoglobin in Prozenten des GesamtHb) kann auch zum Koma führen und Folgeschäden an kleinen und grösseren Gefäßen verursachen. Wenn der HbA1 und HbA1C Wert nach Messungen innerhalb von 2-3 Monaten höher als 6,5 Prozent liegt, zeigt dies einen hohen Blutzucker an.13 12 13 vgl.Weitgasser, R., 2015 Graefe, K. H., Lutz, W., Bönisch, H., 2016, S. 409-410 vgl. Abholz, H. H., Egidi, G., Gries, A., et al, 2013, S.32 vgl. Haak, T., 2012. 14 14 15 Abb. 4: Blutzuckerwerte – „Schritte zur Diagnose“ (Quelle: Diabetes, 2016.) 2) Oraler Glukosetoleranztest (oGTT) – Der Glucose-Toleranztest wird nüchtern in der Früh nach zwölfstündiger Nahrungskarenz durchgeführt. Der/die PatientIn sollte sich bis dahin zwei Tage lang normal ernähren; die Kohlenhydrate-Aufnahme sollte circa 150 g täglich betragen. Körperliche Betätigung soll im normalen Tempo erfolgen, dazu keine schwere Arbeit, keine Bettruhe und keine Nikotin-Zufuhr. Der Test wird mit 75 g Glukose, die in 300 ml Wasser aufgelöst und innenhalb von 5 Minuten getrunken wird, durchgeführt. Vorher erfolgt noch eine Nüchtern-Messung des Blutzuckers. Nach einer bis maximal zwei Stunden wird eine neuerliche Blutzuckermessung durchgeführt.14 3) Insulinantikörper – sind für die Diabetesdiagnostik nutzlos, da die Antikörper nur bei einer Insulintherapie auftreten. 4) Insulinresistenzbestimmung - zur Klassifikation bei Diabetes mellitus unbrauchbar, da es keine gesicherten therapeutischen Konsequenzen gibt. 5) Inselzellkörper- oder Mody-Diagnostik – vorgefunden bei vielen DiabetikerInnen vom Typ1, ergeben keine klinische Relevanz. 6) Fructosaminbestimmung – damit wird glykolysiertes Albumin zur HbA1Bestimmung gemessen. Nicht wirklich brauchbar bzw. viel Zeit notwendig, um eine sichere Diabetestherapie festzustellen.15 5.2. Metabolisches Syndrom Unter „metabolisches Syndrom“ versteht man das Auftreten von arterieller Hypertonie, anderer häufig auftretender kardiovaskulärer Störungen wie Herzerkrankungen, Adipositas, Hypercholesterinämie oder Gerinnungsstörungen. Als Synonyme werden auch die Begriffe „Wohlstandssyndrom“ oder „tödliches Quartett“ verwendet. 15 Insulin ist eines der wichtigsten anabolen Hormone. Es befördert physiologisch die Glukose aus dem Blut in die Körperzellen und sorgt dort für den Aufbau von Energiespeichern in Form von Glykogen. Bei Diabetes mellitus ist vor allem diese insulinabhängige Wirkung gestört. Das Schadenspotenzial von Diabetes liegt nicht im erhöhten Blutzucker, sondern der Jahre später manifest werdenden Organschäden, was die Lebenszeit um durchschnittlich sechs bis sieben Jahre verkürzt. Diabetes kann zu Komplikationen wie schwerer Unterzuckerung oder Blutzuckerentgleisung mit massiv erhöhten Blutzuckerwerten führen. Diese beiden gefährlichen Situationen können in weiterer Folge ein Coma diabeticum als akute Komplikation von Diabetes auslösen. Bei Schäden an Gefäßen unterscheidet man: 1) Mikro-Angiopathie – an den kleinsten Blutgefäßen bzw. an den Kapillaren 2) Makro-Angiopathie – Schäden an den großen Gefäßen.14 Die Gefäßschäden beinhalten Netzhautschäden, Nephropathie und diabetischen Fuß. Das metabolische Syndrom bedingt ein hohes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) und periphere Neuropathie tragen entscheidend zur Entwicklung des diabetischen Fußsyndroms bei. Der diabetische Fuß ist eine gemischte mikro- und makrovaskuläre Komplikation. Er entsteht aufgrund einer diabetischen Neuropathie bzw. fehlender Sensibilität an den peripheren Nerven. Bei Verletzungen an kleinen Gefäßen kann es zu Entzündungen kommen und die Wundheilung verläuft langsamer. Hinzu kommen eine Veränderung des Ganges und der Fußsohlenbelastung sowie chronische Infektionen, Ulcera, Gangrän bis Nekrose.17 Bei einer diabetischen Nervenstörung sind die stummen Infarkte, d.h. Infarkte ohne typische Symptomatik, nicht zu unterschätzen. Brustschmerzen bei Anstrengung und Kälte sowie Übelkeit, aber auch Schmerzen im Oberbauch- oder Rückenbereich sind ggf. Zeichen einer unzureichenden Durchblutung des Herzens. Diabetiker sollten regelmäßige Untersuchungen durchführen (Blutzucker und Blutdruck, Blutfettwerte). Eine lipidsenkende Therapie ist von großer Bedeutung für die Lebensqualität. Rauchen bei Diabetikern verstärkt das Risiko 14 vgl. Herdegen, T., 2014, S. 10-13 Lobmann, R., 2013. 17 vgl. 16 für Gefäßverschlüsse. Mittels Ultraschall oder anderen radiodiagnostischen Maßnahmen ist es möglich, Störungen der Gefäße festzustellen. Eine operative Maßnahme könnte sinnvoll sein – Intervention durch Dehnung und Stent verbessert die Durchblutung. Erkrankte sollten regelmäßige Untersuchungen der Beine durchführen lassen. Bei diabetischen PatientInnen kommen Angststörungen öfter vor als bei NichtDiabetikerInnen. Besondere Angststörungen (Ängste) werden bei den Erkrankten durch Hypoglykämien und seinen Spätfolgen hervorgerufen. Das führt zu einer schlechten metabolischen Kontrolle von DiabetikerInnen. Eine Therapie mittels psychotherapeutischen Maßnahmen umfasst auch Medikamente (Benzodiazepinen und Antidepressiva).15 15 vgl. Abrahamian, H., Kautzky-Willer, A., Fasching, P., et al, 2013 17 6. Therapieansätze zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ-1 In den letzten zehn Jahren kam es zu einem deutlichen Anstieg der Arzneitherapie bei Diabetes mellitus Typ-1. Die wichtigen Ziele der Diabetestherapie sind einerseits, eine akute metabolische Entgleisung (Hypo- oder Hyperglykämie) zu verhindern und anderseits eine dauerhafte und wenn möglich lebensbegleitende Therapie zu finden („Ziele der Diabetestherapie sind Symptomfreiheit, Verbesserung der Lebensqualität und Vermeidung von Sekundärkomplikationen“16). Unvermeidbar ist die passende Blutzuckereinstellung und auch eine Diät sollte eingehalten werden, um einen Dauererfolg zu erzielen. 6.1. Wirkung und Nebenwirkung von Insulin Insulin ist ein Hormon, das aus den Betazellen der Bauchspeicheldrüse abgetrennt (abgesondert) wird. Hohe Konzentrationen von Glukose im Blut veranlassen die Betazellen der Bauchspeicheldrüse, die Freisetzung von Insulin im Blut zu erhöhen. Insulin wird in der Beta-Zelle der Langerhans-Insel (wurde von Paul Langerhans entdeckt) des Pankreas gebildet. Proinsulin ist aus einer A- und einer B-Kette geschaffen und über C-Peptid beieinander verbunden. In kristalliner Form ist Insulin in der Granula stabil und hat die Möglichkeit, dort gespeichert zu werden. Das C-Peptid bleibt in der Granula und wird dort mit Insulin freigestellt.17 Insulin mit Blutzuckersenkungseffekt wirkt auf - die Leber – Stimulation von Glykogensynthese und Glykolyse sowie Hemmung von Glykogenolyse und Glykogenese; - die Niere – Erschwerung der Glykoneogenese; - die Skelettmuskulatur – Anregung von Glukoseaufnahme, Glykogenosynthese und Glykolyse sowie Hemmung der Glykogenolyse; - den Fettabbau.18 16 Schwabe & Paffrath, 2011, S. 351 17 vgl. Aktories, K., Förstermann, U., Hofmann, F., et al, 2006. S. 256-257 18 vgl. Aktories, K., Förstermann, U., Hofmann, F., et al, 2006, S. 258 18 Insulin spielt in der Diabetestherapie eine lebenswichtige Rolle, da die Bauchspeicheldrüse Insulin nicht ausreichend produzieren kann oder die Produktion ganz einstellt. Mit Hilfe von Pen, Spritze und Nadel oder mittels einer Insulinpumpe kann die Insulinsubstitution erfolgen. Das Verabreichen von Insulin ist sehr einfach, fast schmerzfrei und bereitet DiabetikerInnen üblicherweise keine Probleme. Die Abhängigkeit von Insulin und der Gedanke, sich selbst spritzen zu müssen, kann bei manchen Betroffenen Beklemmungen und Ängste auslösen. Die Insulintherapie sollte als Vorteil gesehen werden; sie gibt den Betroffenen Flexibilität und Selbständigkeit im Alltag. Allergien auf Insulin sind selten, aber sie können auftreten. Allergische Reaktionen nach einer Insulingabe können entweder Insulin oder (häufiger) die Begleitstoffe in den Insulinpräparaten betreffen. Reaktion kann man in den meisten Fällen sofort am Körper sehen, selten zu einem späteren Zeitpunkt. Bei allergischen Reaktionen ist die Einstichstelle schmerzhaft, geschwollen, rot, verursacht Juckreiz und starkes Schwitzen. Damit es nicht zu Komplikationen kommt, wie: Atemnot, Kreislauf- Kollaps oder einer Verbreitung der Rötung am Körper, muss der Notarzt verständigt geworden.19 6.2. Arten von Insulin Die PatientInnen mit Diabetes Typ-1, welche kein Insulin mehr bilden, müssen lebenslang mit Insulin behandelt werden. Insulin ist ein Polypeptid-Hormon, das den Stoffwechsel der Kohlenhydrate reguliert und zur Behandlung von Diabetes mellitus dient. Insulin ist ein Peptid, bestehend aus 51 Aminosäuren, und hat die Form von zwei Ketten, verbunden mit zwei Disulfidbrücken. Tritt in den Betazellen der Langerhans’schen Inseln im Pankreas als einkettiger Precursor (=Proinsulin) auf. Die Krankheit wird vom Patienten täglich per Injektion behandelt.20 Die Höhe der Glucosekonzentration im Blut wird durch die Hormone (Insulin und Glukagon) geregelt: Insulin senkt den Blutzuckerspiegel, Glukagon erhöht ihn. Humaninsulin – Analoga kann auf zwei Arten gewonnen werden: 19 vgl. Datz, N., Arens, A., Kordonouri, O., 2014 20 vgl. Berger, M, 2000, S. 126 19 1. aus Schweine-Insulin durch enzymatische Verfahren 2. aus Humaninsulin mit bakteriellen Expressionssystemen durch genetische Herstellung. Humaninsulin aus genetischer Herstellung wird bei der Erzeugung von Humaninsulin Analoga (Insulinaspart, Insulinglulisin, Insulinlispro, Insulinglargin und Insulindetemir) ebenso benötigt. Therapeutische Insuline haben hexameres Insulin und Zn2+-Ionen; sie können subkutan injiziert werden, aber nur Normalinsulin kann neben subkutaner Zufuhr auch intravenös gegeben werden. Bei fehlendem Insulin im Körper kann als einzige Option Insulin paraenteral zugeführt werden. Im Kreislauf werden nach einer Insulin-Aufnahme alle Insuline ausser Insulindetemir beseitigt. Abhängig von der injizierten Insulinart dauert die Aufnahme im Kreislaufsystem unterschiedlich lang.21 In der nachfolgenden Tabelle sind alle in Österreich verfügbaren Insuline hinsichtlich ihrer Eigenschaften dargestellt: 21 vgl. Graefe, K. H., Lutz, W., Bönisch, H., 2016, S. 411 20 Tab. 1: Übersicht – Insulin in Österreich (Quelle: Ärzte Krone, Medizinisch kompetent, 2012) Die Aufteilung der Insuline ist abhängig von der Geschwindigkeit, dem Beginn und die Wirkungsdauer: 1) Humaninsuline – Normal-Insuline wurden auch ‘Altinsulin’ genannt und durch Semi-Synthese und Bio-Synthese gewonnen. Diese Art von Insulin ist von kurzer Wirkungsdauer. Sie sind hoch dosiert und haben eine neutrale Farbe. Diese Art von Insulin wird verlangsamt aufgenommen, da sich die Insulin-Hexamere als erstes in Monomere zersetzen müssen. Insulin in monomerer Form ist nur dann, wenn die Konzentration der Gewebeflüssigkeit 100.000fach verdünnt ist, als Applikation geeignet. Das verursacht die verzögerte Aufnahme. Die Ess-Spritz-Zeitdifferenz sollte 20–30 min betragen. 21 NHP-Insulin (Neutral Protamin Hagedorn) ist zusammengesetzt aus Humaninsulin, Zn2+ und basischem Protein-Protamin. NHP-Insulin ist schwer löslich, von milchigtrüber Beschaffenheit und als Verzögerungsinsulin bekannt. Insulin hat einen Verzögerungseffekt; dieser ist nötig, um die Wirkungsdauer der Insulininjektion zu verlängern. Bevor man Insulin injiziert, muss jedes Mal diese Insulin-Ampulle vorsichtig mehrmals hin und her geschwenkt oder zwischen den Handflächen gerollt werden. Humaninsuline sind auch als inhalierbare Insuline erhältlich. Inhalierbares Insulin wird in Pulverform angeboten. Es wird im Gastrointestinaltrakt und in den Atemwegen abgebaut. 2) Kurz wirksame Humaninsulin-Analoga: Zu dieser Insulingruppe gehören Insulinlispro, Insulinaspart und Insulinglulisin. Der Austausch von Aminosäuren in der Beta-Kette erschwert die Hexamer-Herstellung und erzeugt die schnellere Aufnahme bzw. die kürzere Wirkdauer. 3) Lang wirksame Humaninsulin-Analoga: Diese Insuline sind Insulindetemir und Insulinglargin. Diese werden subkutan injiziert und sind von farbiger Konstinenz, eine klare und neutrale Lösung. Sein WirkungsMechanismus beruht auf der Blutzucker-senkenden Wirkung und auf der Fähigkeit des Moleküls, durch die Bindung an Insulinrezeptoren, die sich in Muskeln und Fettzellen befinden, die Aufnahme von Glukose zu fördern. Zugleich wird die Freisetzung von Glukose aus der Leber gehemmt. Der PH-Wert des Präparats ist 7,4. Eine einmalige Insulininjektion ist ausreichend, da die Wirkungsdauer sehr lang ist.22 ´´Insulinglargin ist als Peptid basischer als Humaninsulin und bildet nur bei PH Wert 4 stabile Hexamere. Nach s.c. Injektion fällt es unter Bildung amorpher Präzipitate aus, aus denen es sehr langsam und mit konstanter Geschwindigkeit resorbiert wird.`` Insulinglargin bindet mit geringerer Affinität an den Insulinrezeptor und mit höherer an den IGF-1 Rezeptor („Insulin- like Grown Factor“) als Humaninsulin. 22 vgl. Aktories, K., Försterman, U., Hofmann., et al. 2006, S. 259-260 22 Indikation: Alle Arten von Diabetes mellitus, auch die Gestationsdiabetes. Unerwünschte Wirkungen: Gewichtszunahme, Hypoglykämie oder auch Sehstörungen durch Änderung im Quellzustand der Linse; dies kann schnell vorbeigehen, wenn sich der Blutzucker normalisiert. Veränderung des Unterhautgewebes an den injizierten Stellen; durch Substitution von inhalativem Insulin kann es zu Husten mit Auswurf und Atemnot kommen, manchmal auch zu Antikörperbildung; Asthma (bei RaucherInnen) oder schweren Leiden wie chronischer obstruktiver Lungenerkrankung; es kann sich aber auch eine Überempfindlichkeit gegen Insulin entwickeln. Interaktion: Es gibt Stoffe, die den Blutzucker beeinflussen. Insulinverbrauch wird reduziert durch Alkohol, ACE-Hemmstoffe, Acetysalicylsäure und Fibrate. Krankheiten wie Schildrüsenunterfunktion und Niereninsuffizienz sowie körperliche Belastungen senken den Insulinbedarf. Neben der senkenden Wirkung beim Insulinverbrauch gibt es auch die Stoffe, welche den Insulinbedarf erhöhen. Dies wird ausgelöst durch fieberhafte Infekte, krankhaftes Übergewicht, Hormone und Heparine.23 „Für die gentechnisch hergestellten Humaninsulin-Analoga gibt es bisher keine unabhängigen klinischen Studien, die einen therapeutisch relevanten Zusatznutzen (z.B. weniger Hypoglykämien) durch Vergleiche mit Humaninsulin zweifelsfrei belegen […] Humaninsulin-Analoga steigern aber die Kosten einer InsulinTherapie um 30–60%. Das inhalierbare Insulin verfünffacht sogar die Therapiekosten“24. Die gängigste Methode zur Insulingabe ist die subkutane Anwendung (subkutane Injektion). Empfohlene Stellen zum Insulinspritzen sind die vordere Bauchwand, Oberarme, Oberschenkel und Gesäß. Für Insulininjektionen werden heute Insulin-PENs oder -Stifte verwendet. Das sind speziell entworfene Geräte von der Größe und Form eines Kugelschreibers mit innen platzierten Insulin-Ampullen und einer sehr dünnen Nadel. Mittels diesem Stift ist eine genaue Dosierung von Insulin durch das Wählen einer Zahl (IE) möglich. Für PatientInnen, die einer kontinuierlichen Anwendung von Insulin bedürfen, wurde die Insulinpumpe entworfen. Die Dosierung von Insulin erfolgt in internationalen Einheiten (IE), wobei die Konzentration immer 100IE pro 1 ml Insulin ist. 23 vgl. Graefe, K. H., Lutz, W., Bönisch, H., 2016, S. 410-412 24 Graefe, K. H., Lutz, W., Bönisch, H., 2016, S. 412 23 Alle PENs haben den gleichen Mechanismus: Es wird im Uhrzeigersinn eine bestimmte Anzahl von internationalen Einheiten gewählt, die injiziert werden müssen. Die Dosis von Insulin wird von einem Arzt/einer Ärztin verschrieben, aber es sollte individuell angepasst werden, je nach Zeitpunkt der Mahlzeiten, der körperlichen Aktivitäten, von Krankheiten, Fieber oder Infektionen. Abb. 5: Insulin-Injektionsstellen Quelle: Schnellbächer, E. Risch, E., (2013) 6.3. Insulintherapie Die Therapie bei Diabetes mellitus Typ-1 ist aufgrund des fehlenden Insulins nur durch lebenslange exogene Insulinzufuhr möglich. Es gibt für jeden/jede PatientIn ein genau angepasstes Therapieschema, das Kenntnisse und die pharmakokinetische Eigenschaft des verwendeten Insulins voraussetzt. 1) Konventionelle Therapie ‘Konventionelle Insulintherapie’ bedeutet, dass das Insulin durch subkutane (s.c.) Applikationen verabreicht wird. Unten Konventionelle Therapie wird eine Insulinmischung aus dem Verzögerungsinsulin und dem Normalinsulin sowie die Intermediärinsuline gespritzt. Diese Therapieform wird zweimal am Tag, meist morgens und abends, und vor der Nahrungszufuhr appliziert, d.h. diese Form ist von der Mahlzeit abhängig. Der geschätzte Tagesbedarf beträgt 0,5-1,2 IE/kg Körpergewicht. Die PatientInnen müssen sich an genaue 24 Zeiten und an eine konsequente Diät halten. Es liegt eine eindeutige Dominanz des Verzögerungsinsulins vor. Diese therapeutische Art der Insulinzufuhr ist heute bei DiabetikerInnen vom Typ-2 am weitesten verbreitet. 2) Intensivierte Insulintherapie Intensivierte Insulintherapie (ICT) wird auch als „Basis- Bolus Therapie“ bezeichnet. Diese Therapie trägt zu einer Verbesserung das Lebensqualität bei. Bei der Therapie wird das Basis-Bolus-Schema angewendet. Bei dieser Insulintherapie handelt es sich um eine Standardtherapie für Diabetiker Typ-1 und für insulininjizierte Schwangere. Das Basisinsulin soll 40–50% des Tagesbedarfs abdecken; meist wird Verzögerungsinsulin genommen. Die Applikation von Basalinsulin soll zwei- bis dreimal am Tag erfolgen. Zusätzlich zu den Mahlzeiten werden kurzwirksame Insulinformen subkutan injiziert, die 50–60% der Tagesdosis ausmachen. Die Insulingabe wird abhängig vom individuellen Bedarf in 1-3 IE pro Broteinheit (BE) gegeben. Die Insulindosis hängt ausschließlich vom aktuellen Insulinbedarf des Patienten ab; die vorgesehene Kohlenhydrataufnahme muss ebenfalls beachtet werden. Kombination durch Mischinsulinen oder zwei getrennte Injektion-Insulinarten lassen weitgehend eine individuelle Angleichung an den Insulinbedarf zu. Der Ess-Spritz-Abstand sollte etwa 30 min betragen. Optimierung vom täglichen Insulindosisbedarf pro Patient folgt durch selbständige Blutzucker-Messungen sowie die Patientenbereitschaft zur aktiven Mitarbeit. Eine adäquate Schulung ist von großer Wichtigkeit, um diese Insulintherapie richtig durchzuführen.25 3) Insulinpumpentherapie (CSII) Neben konventioneller und intensivierter Insulintherapie stellt sich die Therapie per Insulinpumpe (CSII) als Sonderform dar. Mittels Insulinpumpe werden nur Normalinsuline oder Insulinanaloga als kurz wirksame Insuline angewendet. Die Wahl der Insulinpumpe ist abhängig vom Arzt/der Ärztin bzw. dem Experten-Diabetiker-Team und von der Erfahrung bezüglich einer Insulinpumpentherapie. PatientInnen und Familienmitglieder müssen gut darüber informiert werden. Heute werden bei Kindern Katheter-basierte Insulinpumpen der Firmen Medtronic, Roche und Animas eingesetzt. Eine Insulinpumpe besteht aus einem Fördersystem, dem Insulinreservoir, dem Display und den Bedienungstasten. Bei den neueren Modellen ist es möglich, individuell die 25 vgl. Aktories, K., Förstermann, U., Hofmann, F., et al, 2006, S. 260-261 25 Insulinwirkungskurven einzuprogrammieren, wobei die vorangegangene Bolusgabe („aktives Insulin“) berücksichtigt wird. Der Pumpenträger muss entsprechende Kenntnisse zur Durchführung dieser Tätigkeit haben. Es gibt ein Sicherheitssystem, welches die Funktionen der Pumpe überwacht und Fehler erkennt – die Meldung erfolgt in der Form von Vibrationen oder durch Alarmtöne. In einer Insulinpumpe können Normalinsuline und schnellwirkende Insulinanaloga platziert werden. Schnellwirkende Insuline sind Lispro (Humalog, Fa. Lilly), Glulisin (Apidra, Fa. Sanofi) sowie Aspart (Novo- Rapid, Fa. Sanofi). Zur Insulinpumpe gehören ein Katheter und eine Kanüle, die sich in der Länge unterscheiden. Da Kinder wesentlich weniger viszerales Fett als Erwachsene haben, profitieren sie von den unterschiedlichen Katheterlängen. Die Fa. Medtronic bietet 45, 60, 80 und 110 cm lange Katheter mit verschiedenen Kanülen (6, 8, 10, 12 mm) aus Kunststoff oder aus Stahl an. Die Einstichstelle bei DiabetikerInnen muss täglich kontrolliert werden und bei jedem Katheterwechsel ein Abstand von mindestens 1,5 cm eingehalten werden. Der Katheter muss vollständig und ohne Luftblasen gefüllt sein. Im Fall, dass sich eine Luftblase im Katheter befindet, gelangt kein Insulin in die Subkutis und ist daher wirkungslos. Um Katheterkomplikationen zu vermeiden, muss folgendes beachtet werden: - Insulin rinnt neben Katheter (leicht feucht) – auf Risse, Löcher achten - Juckreiz, brennendes Gefühl und Schmerzen - Rötung, Schwellung in der Umgebung der Einstichstelle - Veränderung der Hautumgebung (Verhärtung) - Blutzuckererhöhung Bei der Schulung von Insulinpumpen und während der ambulanten Betreuung von DiabetikerInnen mit CSII ist besonderes Augenmerk auf die Vorbeugung der Ketoazidose zu legen. Die PatientInnen sollten die Symptomatik von Ketoazidose gut erkennen, weil es unter Umständen bei der Insulinpumpentherapie zu Problemen kommen kann (Übelkeit, Erbrechen, Durst, Schwäche, Atembeschwerden usw.). Im weiteren Verlauf kann es zur Trübung des Bewusstseins bis zu dessen Verlust sowie der „Kußmaul`schen Atmung“ mit Acetongeruch der Atemluft kommen. Dass sich der/die DiabetikerIn im Ketoazidose Zustand befindet, könnte mehreren Ursachen haben: 26 - Katheterknick - Herausrutschen der Kanüle - Kathetersystem ist undicht (Leck, Löcher) - Defekte Insulinampulle (kaum sichtbarer Riss) - Undurchlässigkeit oder Kontaktfehler zwischen Ampulle und Katheter - Zu lange Liegedauer des Katheters - Benützung unwirksamen Insulins - Entzündungen, Blutaustritt an der Kathetereinstichstelle PatientInnen mit Diabetes mellitus sollten bei einer Insulinpumpentherapie die Symptome der Ketoazidose rechtzeitig erkennen und wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen. Beim Sport oder anstrengenden Tätigkeiten steigt die Insulinempfindlichkeit der Muskulatur, da der Insulinbedarf sinkt. Daher ist es wichtig, dass PatientInnen während des Sports ausreichend Glukose zuführen, um den leeren Glykogenspeichenträger zu versorgen. Empfohlen wird, dass der Blutzuckerwert am Anfang der sportlichen Aktivität zwischen 120-180 mg/dl (6,6 -10 mmol/dl) liegen sollte, um Hypoglykämie zu vermeiden. Beim Sport verbrennt der Körper wesentlich mehr Glucose als im Ruhestand. Die Muskeln benötigen Energie, um eine maximale Leistung zu erzielen. Während des Sports können DiabetikerInnen auch essen; Snacks wie Müsliriegel oder Bananen eignen sich, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Bei Hyperglykämie (Blutzuckerwert von über 300 mg/dl (16,7 mmol/l) sind sportliche Aktivitäten nicht zu empfehlen. Die Hyperglykämie kann darauf hinweisen, dass der Insulinmangel schon länger bestanden hat. Bei körperlicher Anstrengung können die Werte weiter steigen und dadurch eine ketoazidotische Stoffwechselentgleisung entstehen.26 26 vgl. Danne, T., Kordonouri, O., Lange, K., 2015, S. 195-227 27 Abb. 6: Insulinpumpe (Quelle: Medtronic, Minimed Produkte, 2011) 6.4. Lagerung und Aufbewahrung Wird Insulin nicht richtig aufbewahrt, verliert es seine Wirkung. Vor allem die richtige Temperatur ist wichtig. So bleiben die Vorräte haltbar. Aminosäuren, aus denen Analoginsuline bestehen, sind anfällig für Kälte und Hitze und können durch zu niedrige oder zu hohe Temperaturen zerstört werden. Dadurch verliert das Insulinpräparat seine Wirkung und senkt die Blutzuckerwerte nicht richtig ab, was gefährliche Folgen haben kann. Eine ungeöffnete Ampulle Insulin hält sich bei einer Temperatur von +2 bis +8 Grad Celsius in Kühlschrank. Angebrochene Ampullen und PEN-Patronen sind drei bis vier Wochen haltbar und bei Zimmertemperatur aufzubewahren. Wärmeeinwirkung verkürzt die Haltbarkeit. Kaltes Insulin schmerzt beim Spritzen. Wenn Insulin von außen sichtbar weiße Flocken oder Schlieren aufweist, hat das Insulin Schaden genommen und darf nicht verwendet werden. Insulin darf keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden. Die Temperatur sollte 40 Grad Celsius nicht übersteigen27. 7. 2 Therapeutische Behandlung von Diabetes mellitus Typ- Zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ-2 gibt es andere Therapiemöglichkeiten als für 27 vgl. Sailer, 2010, S. 87 28 Diabetes Typ-1. Wie dargelegt, hat diese Erkrankung eine erhöhte Morbidität und Mortalität und bedingt viele Folgeerkrankungen einer Mikro- und Makro-Angiopathie. MikroAngiopathie wird primär durch die Dauer der Hyperglykämie bestimmt und entsteht damit als Diabetes-spezifische Folge, während die makro-angiopathische Veränderung durch eine Vielzahl an arteriosklerosefördernden Faktoren ausgelöst wird – besonderes bei Patienten mit Adipositas. Dazu ist eine individuelle optimale Blutzuckereinstellung notwendig. Bei diesen PatientInnen gibt es verschiedene Möglichkeiten, um das Therapieziel zu erreichen: - Schulung - Bewegung - Ernährung (Diät) - Medikamente - Patientenführung Als Grundlage der Therapie ist die richtige Einschulung von PatientInnen notwendig und diese beinhaltet: sich mit dieser Erkrankung auseinanderzusetzen, regelmäßige Blutzuckerkontrolle, körperliche Aktivität und gesunde, an das Alter angepasste Ernährung. Wenn mit der Veränderung des Lebensstils das Therapieziel nicht erreicht wurde, muss mit einer medikamentösen Behandlung begonnen werden, um eine Folgeschädigung von Diabetes mellitus zu minimieren. Dies ist bei 70 Prozent der Erkrankten der Fall. Eine orale Medikamenten-Therapie sollte auch individuell angepasst werden. 29 Abb. 7: Darstellung des Stufenschemas der Differentialtherapie bei Diabetes Typ-2 mit Übergewicht (Quelle: Diabetes=Insulinmanagement, 2014). Insulinmangel wird durch Medikamente auf unterschiedliche Weise ersetzt. Orale Antidiabetika unterscheiden sich in mehreren Wirkstoffgruppen: 28 - Beschleunigen der Insulinwirkung: Metformin, Thiazolidindione - Anstieg der renalen Glukoseausscheidung: Gliflozine - Anstieg der Insulinfreisetzung: Glinide, Sulfonyharnstoffe, Inkretin-Analoga - Erschwernis der enteralen AlfaGlukosidaseHemmstoffe28. Kohlenhydratresorption: vgl. Graffe, K. H., Lutz, W, Bönisch, H, 2016, S 412 30 7.1. Orale Antidiabetika - Überblick 70 Prozent der Menschen, die an Diabetes mellitus leiden, müssen orale Antidiabetika zu sich nehmen, um Diabetes mellitus Typ-2 und seine Folgen in den Griff zu bekommen. Als Therapie von Diabetes Typ-2 unterscheiden sich insulinotrope und nicht insulinotrope orale Antidiabetika. Antidiabetika wurden als Therapie bei Behandlung eines relativen Insulinmangels angewendet. 7.1.1 Sulfonylharnstoffe und Glinide Sulfonylharnstoffe sind altbekannte Antidiabetika. Werden heute noch als häufigst angewendete orale Antidiabetika verwendet. Ihre blutzuckersenkende Wirkung ist die Folge eines insulotropen Effekts. Bei DiabetikerInnen des Typs-1 kann dieser Stoff nicht angewendet werden, da es keine insulinproduzierenden Betazellen gibt. Aus diesem Grund können die Sulfonylharnstoffe nur bei DiabetikerInnen vom Typ-2 genutzt werden. Sulfonylharnstoffe werden bei normalgewichtigen PatientInnen bevorzugt eingesetzt. Sulfonylharnstoffe und ihre Analoga stimulieren die Insulinfreisetzung unabhängig vom Blutglukosespiegel. Im Gegensatz zu allen physiologischen Stimulatoren der Insulinsekretion können sie bei Stoffwechselgesunden wie bei DiabetikerInnen vom Typ-2 schwere Hypoglykämien auslösen. Glibenclamid („Euglucon“) ist ein älteres Medikament in dieser Gruppe. Für die Substanz gibt es Hinweise auf eine Verringerung des Risikos des Auftretens von mikrovaskulären Komplikationen. Dieses verursacht eine Zunahme des Körpergewichts bzw. eine Ansammlung von viszeralem Fettgewebe. Dies führt zu einer Insulin-Resistenz und wirkt sich negativ auf andere Risikofaktoren aus (Bluthochdruck und eine deutliche Steigerung der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität). Durch Alkohol, Acetylsalicylsäure, ACE-Hemmstoffe, Cumarin-Derivate BetaRezeptor-Antagonisten wird die blutzuckersenkende Wirkung erhöht bzw. durch Thyroxin, Glucokordikoide, Thiazide oder Beta-2-Sympathomimetika vermindert29. 29 Graefe, K. H., Lutz, W. Bönisch, H, 2016, S. 412-414 31 und Abb. 8: Insulinsekretionsmechanismus der Betazelle und Wirkungsweise von Sulfonylharnstoffen (Quelle: ÖDG, Stand:02.05.2014). Da das Sulfonylharnstoff - Präparat zum größten Teil durch die Nieren ausgeschieden wird, muss bei Personen mit Niereninsuffizienz Vorsicht wegen der Nebenwirkungen, wie Unterzuckerung und Gewichtszunahme, angewendet werden. Die Therapie mit Sulfonylharnstoffen sollte langsam und mit niedriger Tagesdosis begonnen werden. Die Tagesdosis sollte bei niedrigen und bei mittleren Dosierungen morgens eingenommen werden. Wenn Bedarf an einer hohen Tagesdosis besteht, wird empfohlen, zweimal am Tag diese Dosis einzunehmen (morgens + abends)30. Mit Meglitinides, sogenannten Gliniden, erreicht die Stimulierung der Sekretion von 30 Aktories, K, Förstermann, U, Hofmann, F, Starke, K., 2006 S. 262 32 Insulin aus den β-Zellen deutlich eine schnellere, kürzere und intensivere Wirkung. Daher werden die Glinide unmittelbar vor oder beim Essen verabreicht. Die Dosierung bzw. eine Vielzahl von Dosis am Tag, kann auch ein großer Nachteil sein. Zusammen mit zahlreichen anderen behandlungsbedingten Therapien können Komplikationen auftreten. Hypoglykämie, eine der wichtigsten Nebenwirkungen der Glinide, treten wegen der kurzen Wirkungsdauer wesentlich seltener auf als bei den Sulfonylharnsotffen. Wenn eine Mahlzeit ausgelassen wird, dürfen keine Glinide eingenommen werden. Zu den unerwünschten Wirkungen gehören Gewichtszunahme, Allergien, gastrointestinale Störungen und Blutbild-Veränderungen. Vertreter der Glinide sind Repaglinid und Nateglinid. 7.1.2 Biguanide (Metformin) Besonderes bei übergewichtigen PatientInnen wird Metformin eingesetzt. Metformin wird als orales Antidiabetika genutzt und ist das einzige Biguanid. Es wird über die Nieren ausgeschieden. Metformin stellt den ‘Goldstandard’ in der Behandlung von Diabetes Typ-2 mit einer Reduktion der Körpermasse, diabetischer Ernährung und regelmäßiger Bewegung dar. Der Wirkmechanismus betrifft in erster Linie die Reduzierung der Glukoseproduktion in der Leber durch Hemmung von Glukoneogenese und Glykogenolyse. Die therapeutische Wirkung von Metformin hängt linear von der Dosis ab. Nach oraler Gabe wird Metformin langsam und unvollständig bei einer Bioverfügbarkeit von 50-60% aufgenommen und wird nicht metabolisiert, sondern unverändert über die Nieren ausgeschieden. Es wird als Monotherapie verabreicht und hat eine stark blutzuckersenkende Wirkung. Nebenwirkungen: Die am häufigsten auftretenden gastrointestinalen Nebenwirkungen sind Verlust von Appetit, Übelkeit, Schwellungen, Durchfall sowie metallischer Geschmack im Mund. Metformin hat eine langsamere Resorption verbunden mit besserer Verträglichkeit. Ernsthafteste Nebenwirkung ist die Laktatazidose mit einer Letalität von 50 Prozent. Maximale Tagesdosis ist 2,5 g. Empfohlen wird, die Dosis nach den Mahlzeiten und nur einmal täglich zu sich zu nehmen. Bei DiabetikerInnen mit Niereninsuffizienz, 33 Leberfunktionsstörungen oder Herzinsuffizienz ist Metformin anzuwenden. Bei Schwangerschaft und während der Stillzeit darf Metformin nicht als Antidiabetika verabreicht werden.31. 7.1.3 Thiazolidindione (Glitazone) In Behandlung von Diabetes Typ-2 ist Pioglitazon nützlich. Es erhöht die Insulinintensivität, indem es die Insulinwirkung auf Leber und Muskulatur verbessert. Dadurch kann das Hormon Insulin den Zucker leichter aus dem Blut in die Zellen schleusen, wo er in Energie umgewandelt und teilweise auch gespeichert wird. Glitazone erzielen diese Wirkung, indem sie am Zellkern den PPARy (Peroxisomen-Prolifertoraktivierter Rezeptor Gamma) stimulieren. Dies führt über eine Genaktivierung im Zellkern zu einer vermehrten Bildung von Eiweissstoffen, die den Glukosetransport in die Zelle fördern. Die Glitazone verbessern die Differenzierung von „schlechten“ unreifen Fettzellen in reife Adipozyten. Pioglitazon vermindert die Bildung von freien Fettsäuren, senkt den Blutzucker und erhöht das HDLCholesterol. Pioglitazon wird mit anderen Antidiabetika kombiniert. Nebenwirkungen: Gewichtszunahme, Ödeme, Sehstörungen, Kopfschmerzen, Anämie, Herzinsuffizienz. Bei Rosiglitazon wurde wegen kardiovaskularer Nebenwirkung 2010 die Zulassung genommen. 7.1.4 Alfa- Glucosidase-Hemmstoffe Für die Therapie bei Diabetes Typ-2 sind zur Alfa-Glukosidasehemmung Acarbose und Miglitol unvermeidbar. Beide Oligosaccharide sind mikrobieller Herkunft und erhalten Stickstoffatom. Ascarbose verzögert im Dünndarm das Enzym Alfa-Glukosoidase, das für die Abspaltung von Monosacchariden aus Oligo- und Polysacchariden verantwortlich ist. Dadurch wird Glukose langsamer freigesetzt, gelangt langsamer ins Blut und vermindert den Blutzuckeranstieg nach den Mahlzeiten. Es kommt häufig zu gastrointestinalen Störungen. Während der Schwangerschaft und bei PatientInnen mit chronischen Darmerkrankungen dürfen die Alfa-Glucosidase-Hemmstoffe nicht verwendet werden.32 31 32 Aktories, K, Förstermann, U, Hofmann, F, Starke, K., 2006 S. 262-263 Graefe, K. H., Lutz, W. Bönisch, H, 2016 S. 417 34 7.1.5 Inkretin-Analoga Substanzen wie Exenatid, Liraglutid, Dulaglutid und Albiglutid imitieren die Wirkung des zu den Inkretin-Hormonen gehörenden Darmhormons GLP-1. Inkretin-Analoga regen abhängig vom Blutzuckerwert die Bauchspeicheldrüse an, Insulin auszuschütten und drosseln die Abgabe des blutzuckersteigenden Hormons Glukagon. Inkretin-Analoga verzögern die Entleerung des Magens und stimulieren zugleich das Sättigungsgefühl im Gehirn. Es wird, wie Insulin, subkutan injiziert. Angewendet mit Metformin und Sulfonylharnstoffen wird es bei der Behandlung von Diabetes Typ-2. Nebenwirkungen: Zu Beginn einer Therapie kann es zu Magen-Darm-Beschwerden kommen, auch zu Übelkeit, Völlegefühl und/oder Erbrechen. In manchen Fällen kann es zu akuten Entzündungen der Pankreas kommen. Schwangere und stillende Patientinnen dürfen nicht behandelt werden. 7.1.6 Gliptine Hemmstoffe des proteolytischen Inkretinabbaus werden mit Metformin und Sulfonylharnstoffen angewendet, um die Blutzuckerkontrolle bei PatientInnen mit Diabetes mellitus Typ-2 durchzuführen. Gliptine sind oral wirkende Hemmstoffe; sie hemmen den Abbau des Darmhormons GLP-1 (Glukagon-like Peptid 1). Die Wirkungsdauer GLP -1 im Körper wird durch das proteolytische Enzym Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) beschränkt. Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, selten Pankreatitis. Während der Schwangerschaft und der Stillzeit dürfen Gliptine nicht eingenommen werden. Unterzuckerung tritt selten auf. 7.1.7 Gliflozine Zu den Hemmstoffen des renalen Natrium-Glukose-Symporters gehören Dapagliflozin, Empagliflozin und Canagliflozin. Diese Stoffe sind für die orale Therapie bei Diabetes Typ2 zur Monotherapie oder in Anwendung mit anderen oralen Antidiabetika inklusive Insulin zugelassen. Sie senken den Blutzuckerspiegel, indem sie deren Reabsorption an der Niere hemmen. Dadurch wird Glukose angereichert und über den Harn ausgeschieden. Dies begünstigt die Körpergewichtsabnahme. Mit Niereninsuffizienz kommen. 35 zunehmendem Alter kann es zu Nebenwirkung: abhängig von Nierenfunktion Hypoglykämie, Flüssigkeitsverlust 33 (Exsikose), Neigung zu Harnweginfekten, Mykose im Genitalbereich. Tab. 2: Antidiabetika (Quelle: Griese, N., Renner, K., Schulz, M., 47/2006) 8. Nichtmedikamentöse Therapie Die Basistherapie bei Diabetes-PatientInnen inkludiert nichtmedikamentöse Therapie sowie die Umstellung des Lebensstils auf eine gesunde Lebensweise und gesundheitlich positive 33 Graefe, K. H., Lutz, W. Bönisch, H, 2016 S. 415 36 Denkweise. Anreiz zu körperlicher Bewegung ist ein Bestandteil der Basistherapie. Hierzu zählen: 1. Schulung von DiabetikerInnen 2. Körperliche Bewegung 3. Raucherentwöhnung 4. Ernährungstherapie 1. Schulungsprogramme sind ein wichtiger Part bei Diabetes zur Unterstützung bei der Stoffwechsel-Selbstkontrolle mellitus, sowie Informationen Beratungstermine und mögliche über Diabetes Begleiterkrankungen und Komplikationen. Wichtig sind auch die Hilfestellung zur Krankheitsakzeptanz, zum Aufbau einer adäquaten Behandlungsmotivation und zur Unterstützung zum eigenverantwortlichen Umgang mit Diabetes. Mit gesunder Ernährung kann der/die PatientIn dazu beitragen, dass der Blutzucker in Normalbereich bleibt. Medikamententherapie wird erst dann vom Arzt/der Ärztin angeordnet, wenn nach sechs Monaten keine Besserung des Blutzuckers eintritt. Es ist von großer Wichtigkeit, dass auch die Angehörigen eines Diabetikers entsprechende Informationen erhalten. Um diese Ziele zu erreichen, sollte der entsprechende Experte/die Expertin bei der Diabetesschulung folgendes berücksichtigen: - Risiko und Prognose von Diabetes - Wissensstand - Motivation, kognitive, psychische und kulturelle Sicht der PatientInnen - Komplikationen, die die Erkrankung mit sich bringen kann 2. Bewegung – darunter ist eine Steigerung des Energieverbrauchs zu verstehen. Es ist wichtig, dass der/die PatientIn Sport und körperliche Aktivität unterscheiden kann. Körperliche Aktivität bedeutet, dass der/die DiabetikerIn das Fitnesslevel (Ausdauer, Kraft, Gleichgewicht) gezielt konzipiert und in seinen Alltag einbettet. Durch Bewegung werden folgende Ziele erreicht: Gewicht halten 37 bzw. Gewichtsreduktion mit Fettabbau (Bauchfett), Kräftigung der Muskulatur, bei Insulinresistenz eine Steigerung der glykämischen Kontrolle, positive Änderung bezüglich der Lebensqualität, Bluthochdruck-Stabilität, Verbesserung der HbA1c Werte. Hinsichtlich der körperlichen Aktivitäten wird empfohlen: - Häufigkeit – 2 bis 3 Mal pro Woche (als Teil der körperlichen Aktivität und zusätzlich zu einem regulären aeroben Ausdauertraining); - Intensität – mindestens mittleres Tempo in starker (75 bis 80 % 1-RM) Intensität, um einen optimalen Zuwachs an Muskelkraft und Insulinaktivität zu erreichen; - Umfang – bestehend aus mindestens 5 bis 10 Übungen, welche alle Hauptmuskelgruppen (Ober- und Unterkörper sowie Rumpf) einschließen und jeweils 10 bis 15 Mal zu wiederholen sind)34. 3. Raucher-Entwöhnung – ein weiterer Teil der Therapie bei Diabetes mellitus Typ-2 ist Tabakabstinenz. Im Programm für Nationale Versorgungsleitlinien ist zum Beispiel herauszulesen, dass die DiabetikerInnen, die keinen Tabak konsumieren, eine wesentliche therapeutische Einzelmaßnahme geschafft haben. Der Arzt/die Ärztin soll den PatientInnen eine ausführliche Erklärung über die negativen Auswirkungen des Rauchens vermitteln. Rauchen bringt mikro- und makrovaskuläre Erkrankungen mit sich, was mit Komplikationen hinsichtlich Diabetes verbunden ist. Letztere sind ein starker Grund zur Tabakentwöhnung, wenn nicht gewichtige Grunde wie psychische instabile Erkrankungen dagegensprechen. Nicht medikamentöse Möglichkeiten zum Aufgeben des Rauchens sind ärztliche Beratung, Selbsthilfeinterventionen, verhaltenstherapeutische Methoden, Akupunktur, Hypnose oder Reduktion des Zigarettenkonsums. Um die psychische Abhängigkeit zu erleichtern und Abstinenzerscheinungen möglichst niedrig zu halten, können vom Arzt/der Ärztin pharmakotherapeutische Maßnahmen ergriffen werden. Dazu zählen: Nikotin-Pflaster, Nasalspay, Inhalatoren, Kaugummi oder SublingualTabletten)35. 34 35 Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2014. S. 113-123 Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2014. S. 124-125 38 4. Ernährungstherapie – soll individuell gestaltet sein bzw. gemeinsam mit dem DiabetikerInnen erfolgen und angepasst werden. Die Ernährung zu verbessern wirkt sich positiv auf HbA1c, Lipide, Blutdruck, Lebensqualität und Gewichtreduktion aus. Prinzipiell gelten ähnliche Empfehlungen für eine gesunde Ernährung wie für die Allgemeinbevölkerung. Industriell gefertigte Lebensmittel, welche speziell als „Diabetesdiät“ oder „Diabetesnahrung“ deklariert werden, sind für Menschen mit Diabetes nicht notwendig und es sollte darauf verzichtet werden. Bei Menschen mit Diabetes spielt die Ernährungstherapie bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine entscheidende Rolle; sie bleibt zu jeder Zeit im Krankheitsverlauf wichtig und effektiv, auch bei zusätzlich notwendig werdender medikamentöser Therapie von Diabetes. Das Fundament der Ernährungstherapie sollte gesund und ausgewogen sein.36 36 Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2014. S. 106-112 39 9. Schussfolgerung Bei Diabetes mellitus Typ-1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Das körpereigene Immunsystem richtet sich aus unbekannten Gründen gegen die insulinproduzierenden Zellen in der Pankreas und vernichtet sie. In der Folge kommt es zum Ausbleiben der Insulinproduktion, was lebensgefährlich ist. Sie zeigt sich meist in der Kindheit oder in den Jugendjahren. Diabetes mellitus Typ-1 wird durch exogene Insulinzufuhr mit gutem Erfolg therapiert. Diabetes vom Typ-2 ist eine chronische Stoffwechselerkrankung; sie manifestiert sich mit erhöhtem Blutzuckerspiegel. Es kommt zu einer „Erschöpfung“ der Bauchspeicheldrüse bis zur Insulinresistenz des Körpers. Die Erkrankung bleibt lange unbemerkt bzw. wird häufig durch Zufall entdeckt – meist, wenn Komplikationen auftreten. Zur Behandlung werden Insulinpräparate und orale Medikamente eingesetzt. Der/die DiabetikerIn soll genügend Informationen über die Erkrankung sowie ausreichende Schulungen bezüglich Insulin und dessen Anwendung erhalten. Motivation um nicht medikamentöse Therapie sollte durch ExpertInnen erfolgen. Es ist wichtig, den PatientInnen zu vermitteln, dass mit einer chronischen Erkrankung wie Diabetes mellitus bei einer guten und individuell angepassten Therapie die Lebensqualität erhalten bleibt. 10. Diskussion Diabetes mellitus wurde als Thema ausgesucht, weil sie jeden betreffen kann – ob jung oder alt, dieses Thema geht uns alle an. Es ist gut zu wissen, welche Symptome bei dieser Krankheit auftreten, um den Verlauf von Diabetes mellitus früher zu erkennen und spätere Komplikationen zu minimieren. Die Therapie wird vom Arzt/der Ärztin angeordnet und für jeden/jede PatientIn explizit angepasst; sie sollte daher individuell erfolgen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Normalisierung von HbA1c, auf orale Medikation und als Basis- Therapie (Einsatz von PatientInnen mittels Diät, körperlichen Aktivitäten, Raucherabstinenz und die dadurch erzielbare vaskuläre Verbesserung) gelegt. 40 Literaturverzeichnis Abholz, H.H., Egidi, G., Gries, A., et al, Nationale Versorgung Leitlinie Therapie des Typ2Diabetes, 1. Auflage, Version 4, 2013. Abrahamian, H., Kautzy-Willer, A., Fashing, P., et al., Österreichische Diabetes Gesellschaft, Psychische Erkrankungen und Diabetes mellitus (2009) Aktoies, U., Förstermann, U., Hofmann, F., Starke, K., Repetitorium Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 1. Auflage, Urban&Fischer, München-Jena, 2006. Arrouras, M., Rendi-Wagner, P., Bundesministerium für Gesundheit, Zivilisationskrankheit Diabetes, 2013. Berger, M., Diabetes mellitus, Urban & Fischer Verlag, München, Jena, 2. Auflage, 2000. Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft für Wissenschaften, Medizinische Fachgesellschaften, Programm für Nationale Versorgung Leitlinie, Therapie de Typ-2 Diabetes, (Nov. 2014, S. 104-126). Datz, N., Arens, A., Kordonouri, O., Info, Diabetologie, Insulinallergie, Manchmalbleibt therapeutisch nur die Hyposensibilisierung (2014) 8 (4) Ernst, R., Froesch, E., Matelli, E., Diabetes 600 Fragen 600 Antworten (2. Auflage), Droemer Knaur, München, 2006. Gesundheit, Daten und Zahlen zu Diabetes mellitus (30.05.2012.) http://www.gesundheit.de/krankheiten/diabetes/diagnose-undtherapie/datenundzahlenzu-diabetes-mellitus Graefe, K. H., Lutz, Werner., Bönisch, H., Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, 2016. Haak, T., Diabetes, Deutsche Diabetes Gesellschaft, Gesellschaft Krebsrisiko bei Diabetes Typ 2 erhöht, 2012. 41 Herdegen, T., Pharmako-logisch! Endokrinologie, Die Spinne imNetz des mtabolischen Syndrom, Stuttgard, Deutsche Apotheke Verlag, 2014. Kautzky-Willer, A., Winhofer, Y., Diabetes, Vorsorgen, rechtzeitig erkennen und richtig behandeln, MANZ`sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien, 2016. Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Osteologie und Stoffwechselerkrankungen, Diabetes, St. Galen, 2016. http://www.endokrinologie.kssg.ch/home/unser_ fachbereich/behadlungen/diabetes/einteilu ng.html (Stand: 27.10.2016.) Lobmann, R., Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel, Diabetische Füssyndrom, 2013; 6 (2),23-28 ÖDG, Österreichische Diabetes Gesellschaft http://www.facediabetes.at/zahlenundfakten.html (2016) (Stand:26.10.2016.) http://www.oedg.at/1604_PR_weltgesundheitstag _2016.html (Stand: 26.10.2016.) Sailer, D. (2010). Diabetes mellitus verstehen – beraten – betreuen. (2., neu bearb. Aufl.) Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Schwabe, U., Paffrath,, D., (Hrsg.) Arzneiverordnungs-Report, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 2011. S. 351 Weitgasser, R., Ärzte Zeitung, Diabetes mellitus Typ 2, 2015. Wascher, T., Pongraz, R., Zeitbombe, Zuckerkrankheit, So endscharfen Sie die Gefahr Diabetes, MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH, Wien, 1. Auflage, 2015. Abbildungen Abbildung 1. WRF, Your Global Source, The Oldes Medical Books in the World, 2016 http://www.wrf.org/i/ebers-papyrus.jpg Abbildung 2. Emmerich, A., Universitätsklinik, Erlangen, Endokrinologie und Stoffwechsel, (2015) http://slideplayer.org/slide/2822646/ Abbildung 3. Diabetesinzidenz bei Kinder und Jugendlichen und 15 Jahren in Österreich von 1999 bis 2007. (Quelle: 42 ÖDG, 29.04.2011.) http://www.medmedia.at/diabetesforum/globale-zunahme-des-diabetes-beikindernundjugendlichen/ Abbildung 4. Diabetes, Diabetesberatung, Blutzuckerwerte, Schritte zur Diagnose, 2016 http://web15.ipx10913.ipxserver.de/burgapotheke/t3_apo/index.php?id=72&type=98 Abbildung 5. Diabetes Austria, So spritzen Sie richtig, 2011 http://www.diabetesaustria.com/detail.php?stID=1815 Abbildung 6: Medtronic, Minimed Produkte2011 https://www.medtronicdiabetes.de/minimed-produkte/minimed-640g Abbildung 7. Adrmann, A., Stufenschema für Diffenentherapie bei Diabetes Typ 2 mit Übergewicht, Diabetes=Insulinmangel, 2014 http://slideplayer.org/slide/662882/ Abbildung 8. Diabetes Forum, ÖGD, Österreichische Diabetes Gesellschaft, 2014 http://www.medmedia.at/diabetes-forum/zuruckhaltung-und-sorgfaltigeauswahlbeidersulfonylharnstofftherapie/ Tabellen Tabelle 1. Ärzte Krone, Medizinisch kompetent, Initiativ Diabetes: Insuline: Wirkung durch zahlreiche Faktoren beeinflusst, 2012 http://www.medmedia.at/aerztekrone/initiativediabetes-insuline-wirkungdurchzahlreiche-faktoren-beeinflusst/ Tabelle 2. Griese, N., Renner, K., Schulz, M., Pharmazeutische Zeitung, Orale Antidiabetika (Ausgabe 47/2006) http://www.pharmazeutische-zeitung.de/ index.php?id=2285 43