Rheinland Gesund - Kerstin Pinger Redaktionsbüro

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R heinland G esund
MEDIZIN-REPORT
Mikroben
s ist Freitagmorgen, acht Uhr, im
Bethlehem Gesundheitszentrum in
Stolberg. Michael Heising, Leiter der
Abteilung Endoskopie, wartet bereits. Er
hat alles für die hygienisch-mikrobiologische Überprüfung der Magen- und Darmspiegelungsgeräte bereitgelegt: vakuumverpackte Einwegspritzen, sterile Pinzetten
und einen langen schwarzen Schlauch mit
einem Durchmesser von knapp anderthalb
Zentimetern – das Koloskop.
E
Routiniert baut Martin Senger, DiplomBiologe bei der Gesellschaft für Hygieneberatung und Analytik (HyGES) in Mönchengladbach, seine Utensilien für die Kontrolluntersuchung auf. Aus seinem silbernen
Koffer holt er sterile Becher, Röhrchen und
blutrote Rodak-Abklatschplatten. Auf speziellen Datenblättern werden alle Erhebungen
festgehalten: Tag, Uhrzeit, Gerätetyp, Nummer, Art der Untersuchung. Anschließend
analysiert er die Proben im Labor, wertet
sie aus und schickt die Befunde an Christa
Thielen, Hygienefachschwester im Gesundheitszentrum Stolberg.
Die regelmäßige Überprüfung aller medizinischen Geräte gehört zu den Hygienerichtlinien für Krankenhäuser, die das RobertDDD
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Im Krankenhaus krank werden –
ein echter Albtraum. Schuld daran
können unsichtbare Keime sein,
die auf Instrumenten oder auf
den Händen des Personals lauern.
Medizinische Einrichtungen wie
das Bethlehem Gesundheitszentrum
in Stolberg haben diesen Erregern
den Kampf angesagt. Und holen
sich dafür Hygieneberater zu Hilfe.
Text: Kerstin Pinger
Fotos: Michael Wiegmann
im Visier
R heinland G esund
MEDIZIN-REPORT
Koch-Institut in Berlin herausgegeben hat.
„Diese Empfehlungen haben zwar keine Gesetzeskraft, gelten jedoch als vorgezogenes
Sachverständigengutachten und somit als
übereinstimmende Meinung von Experten“,
erklärt Senger. Für die Krankenhäuser
sind sie neben zahlreichen Gesetzestexten
Grundlage ihres Handelns. Sie betreffen
neben der mikrobiologischen Kontrolle der
Geräte zum Beispiel auch die Überprüfung
der Luft- und Wasserqualität in Operationssälen und Bädern. Schließlich sollen Infektionsrisiken im Vorfeld nicht nur erkannt,
sondern auch gebannt werden.
Maschinelle Reinigung
Endoskope müssen demnach vierteljährlich
kontrolliert werden. Im Bethlehem Gesundheitszentrum ergaben diese Labortests in
den letzten zwei Jahren stets einen negativen Befund. „Das wird auch heute nicht
anders sein“, bemerkt Abteilungsleiter
Michael Heising und schaut schmunzelnd
über seine randlose Brille. Was ihn so sicher
macht? Die Klinik ist modern ausgestattet.
H I N T E R G R U N D
Was macht HyGES?
Die Auftraggeber der Mönchengladbacher
Gesellschaft für Hygieneberatung und
Analytik (HyGES) sind Krankenhäuser,
niedergelassene Ärzte, die Lebensmittelindustrie und öffentliche Institute.
Durchgeführt werden verschiedenste
Untersuchungen: von der Instrumentenund Flächendesinfektion über hygienisch-bakteriologische Wasserproben bis
hin zu Begehungen und Umgebungsuntersuchungen. HyGES erstellt Befunde
und empfiehlt, falls nötig, gezielte
therapeutische und hygienische Maßnahmen. Darüber hinaus bietet die
Gesellschaft alle Arten medizinisch
relevanter Laboranalysen an. Sie arbeitet eng mit dem Institut für Medizinische Mikrobiologie der Stadt Bochum
sowie der Gemeinschaftspraxis für
Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie
und Humangenetik Dr. Stein & Kollegen
in Mönchengladbach zusammen.
Informationen: HyGES, Wallstraße 10,
41061 Mönchengladbach,
9 02161 81940, 2 02161 819450,
> [email protected], @ www.hyges.de
@
Wie viel Sauberkeit ist gesund?
www.vigo-rheinland.de
Das bedeutet, dass die Endoskope nach
jedem Einsatz maschinell gereinigt und
desinfiziert und die Zusatzinstrumente
sterilisiert werden.
„Mikroben sind unsichtbar“, erklärt Hygienefachschwester Christa Thielen. „Die Krux
ist, dass die Technik die Menschen gern in
Sicherheit wiegt.“ Martin Senger, der nicht
bei jeder Untersuchung dabei ist, ergänzt:
„Wie es wirklich aussieht, zeigen erst unsere Tests, die bei den endoskopischen
Geräten immer nach demselben Prinzip ablaufen.“ Oft führt Thielen die Stichproben
auch allein durch. Als sie in diesem Beruf
vor 13 Jahren neu war, hat man sie auf den
Stationen nicht immer mit offenen Armen
empfangen. Heute ist das Bewusstsein für
die Notwendigkeit regelmäßiger Kontrollen
deutlich gestiegen – und damit auch die
Akzeptanz ihrer Tätigkeit. Die Proben
schickt sie per Kurier zu HyGES und lässt
sie dort analysieren.
Keim-Suche im Schlauch
Doch auch zu zweit bilden Senger und
Thielen ein eingespieltes Team. Zunächst
nehmen sie einen so genannten Abklatsch
vom Endstück des Einführungsteils. Falls
vorhanden, lassen sich damit Keime nachweisen. Danach wird der Schlauchkanal
gespült. Dazu spritzt Fachschwester Thielen
mit einer Einwegspritze eine Flüssigkeit in
das obere Ventil des Koloskops. Am anderen
Ende des Schlauchs fängt Hygieneberater
Senger die Tropfen in einem Becher auf.
Wenige Milliliter reichen. Das Wasser ist
klar, und auch auf dem roten Abklatschkissen ist nichts zu sehen.
Der Schwämmchentest schließt die Untersuchung an diesem Gerät ab. Die Probenzange
mit dem sterilen Textilstückchen zwischen
den Greifarmen wird in den Schlauch eingeführt. Gäbe es Keime oder Rückstände
von Desinfektionsmitteln, so würden diese
hängen bleiben und in der Analyse sichtbar
werden. Thielen lässt das Schwämmchen
mit der Pinzette in das dafür vorgesehene
S T I C H W O R T
Gesundheitsamt:
Unangekündigte Kontrollen
Christa Thielen
unterstützt Hygieneberater Martin
Senger. Gemeinsam
nehmen sie Stichproben von medizinischen Geräten. Die
gesammelten Daten
werden von HyGES
analysiert. Das
Poster zeigt jedoch:
Am wichtigsten ist
die Handhygiene
des Personals.
Röhrchen fallen. Innerhalb von nur wenigen Minuten ist die erste Untersuchung
abgeschlossen. Vier weitere Geräte folgen.
Christa Thielen erinnert auch gleich an eine
Studie von 1999. Damals wurden in Bayern
Endoskop-Einrichtungen in Kliniken und
Praxen mikrobiologisch überprüft und ausgewertet. Das Ergebnis war erschreckend.
„Bei 50 Prozent der Einrichtungen gab es
Beanstandungen, unter anderem bei 25 von
30 Praxen und fünf von 25 Kliniken“. Dass
Praxen in diesem Fall so schlecht abgeschnitten haben, erklärt Thielen mit der
überwiegend manuellen oder teilautomatischen Reinigung und Desinfektion der Geräte, wie sie niedergelassene Ärzte meist
praktizieren. Eine Endoskop-Waschmaschine
sei schließlich ein Kostenfaktor, der sich
erst rechne, wenn sie rund um die Uhr im
Einsatz ist – wie in Kliniken.
„Bei Endoskopen sind vor allem die dünnen
Spül- und Instrumentierkanälchen schwierig
zu reinigen“, weiß die HygienefachschwesHände sind entscheidend
ter. Werden hier die Bakterien nicht abgetötet, besteht für den Patienten das Risiko,
„Selbst wenn mit Spül- und Sterilisationssich mit Hepatitis B oder C zu infizieren.
anlagen gearbeitet wird, kann die VerNach der Probenentnahme
schmutzung der Geräte
wird das Koloskop zurück
nicht ganz ausgeschlosHygiene erkennen an seinen Platz gebracht:
sen werden“, betont Marein keimarmer Stahltin Senger. Als letztes
Auch Patienten können ein Gefühl
schrank, in dem die Geräte für das Hygienebewusstsein des
Glied in der Kette stehe
an den Seitenwänden hän- Krankenhauses entwickeln. Gibt
immerhin das Personal,
gen. Bedenkt man den
das mit der Anlage und
es eine Hygienefachkraft oder
steigenden Einsatz der Ko- einen Hygieneplan? Wie steht es
den Geräten sach- und
loskope und die Tatsache,
fachgerecht umgehen
um die Händedesinfektion des
dass es sich nicht um Einmüsse, und hier spiele
Personals? Wie sauber ist die
weggeräte handelt, wird
die Handhygiene die
unmittelbare Patientenumgebung?
klar, wie wichtig absolute
Antworten auf diese Fragen können entscheidende Rolle. Bei
Keimfreiheit ist.
den meisten Fällen von
erste Hinweise geben.
Neben der Aufsicht über das medizinische Personal gehört auch die allgemeine Hygiene-Überwachung zu den Aufgaben der Gesundheitsämter. Einmal im
Jahr werden Krankenhäuser von ihrem
zuständigen Gesundheitsamt stichprobenartig und ohne Voranmeldung
kontrolliert. Dabei gehen sie in ihrer
Untersuchungsmethode ähnlich vor wie
unabhängige Hygieneberater. Allerdings
sind die aus den Befunden resultierenden Aufforderungen innerhalb einer bestimmten Frist umzusetzen. Ein neues
Infektionsschutzgesetz wird die Kontrollen zukünftig vereinfachen. Danach sind
alle Krankenhäuser ab 2005 zu einem
jährlichen Qualitätsbericht verpflichtet.
nosokomialer Infektion, sprich einer im
Krankenhaus erworbenen Erkrankung des
Patienten, waren unzureichend desinfizierte
Hände die Ursache.
Regelmäßige Schulungen, Workshops und
die Bemühungen der Hygienefachkraft sind
eben keine Garantie. Demonstrativ nimmt
Thielen ein Desinfektionsmittel zur Hand
und schüttet es auf ihre Hände. Dann beginnt sie die Handflächen aneinander zu
reiben und verteilt das Mittel bis in die
Zwischenräume der Finger. „Fingerkuppen,
die Zwischenräume und der Daumen sind
die Knackpunkte bei der Handhygiene“,
erklärt sie. Oft würden die Hände gewaschen und noch im Nasszustand desinfiziert. „Das bringt natürlich kaum etwas“,
ergänzt Senger, „schließlich besteht das
Mittel zu 70 Prozent aus Alkohol. In Kontakt mit Wasser verdünnt man ihn und
vermindert damit seine Wirkung.“
Auch von Christa Thielens Händen nimmt
der Biologe einen Abklatsch, bevor er die
Untersuchungen für heute abschließt. In
der nächsten Woche kommt der Hygieneberater wieder. Dann steht unter anderem
eine bakteriologisch und chemisch-physikalische Überprüfung des Badewassers auf
seinem Programm. Der Hygienestandard in
deutschen Krankenhäusern sei in der Regel
hoch, sagt er, „Kontrollen müssen dennoch
stattfinden“. v
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