Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Spielsucht, Verschuldung und Gewalt Forschungsstand und Möglichkeiten der Spielerbehandlung Dr. Klaus Wölfling Vorschläge der American Psychiatric Association, 2012: Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie DSM-V : „Addiction and Related Disorders“ als neue Bezeichnung des Kapitels „Substance-Related Disorders“ Glücksspielsucht als erste „Verhaltenssucht“ im DSM-V in diesem Kapitel Internetsucht soll zunächst nur im Anhang des DSM-V aufgeführt werden DSM-5, Mai 2013 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Kriterienvorschläge im ICD11 - Verhaltenssucht Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 5 GLÜCKSSPIELSUCHT IM DSM-5 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie GLÜCKSSPIEL IM DSM-5 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Toleranz Entzug Abstinenzversuch Eingenommenheit Emotionsregulation Hat illegale chasing Verworfen: DSM-IV-TR = 5 Handlungen wie Fälschung, Betrug, Diebstahl Lüge oder Unterschlagung begangen um das Spielen zu Beziehungsfinanzieren. gefährdung Geld leihen 7 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Spezifikation gestörtes Glückspielen DSM-5 Schweregrad Ausprägung „mild“: 4-5 Kriterien Ausprägung „moderat“: 6-7 Kriterien Ausprägung „schwer“: 8-9 Kriterien 8 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Spezifikation gestörtes Glückspielen DSM-5: Episodisch / persistierend & Remission • Episodisch: Kriterien werden an mehr als einem Zeitpunkt erfüllt; Symptome klingen zwischen Perioden gestörten Glücksspiels für mind. mehrere (several) Monate ab. • Persistierend: Kontinuierliche Symptomerfahrung, die zur Erfüllung der diagnostischen Kriterien über mehrere Jahre führt • In früher Remission (in early remission): Nachdem alle Kriterien für gestörtes Glücksspiel erfüllt waren, wurde keines der Kriterien für diese Störung für ≥3 Monate aber ≤12 Monate erfüllt. • Anhaltend remittiert (In sustained remission): Nachdem …für ≥12 Monate erfüllt. 9 Ambulanz für Spielsucht Im Vordergrund: Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie starkes Verlangen zu spielen und die eingeschränkte Kontrolle über das Glücksspielverhalten, das trotz negativer Konsequenzen gesteigert ICD-10wird. Störung der Impulskontrolle: F63.0 fortgesetzt ICD-10 vs. DSM-5 • Pathologisches Glücksspiel beharrliches, wiederholtes Spielen über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr, Für substanzgebundene kaum kontrollierbarer, intensiver Drang zu spielen, Sucht wesentliches Kriterium: anhaltendes und oft noch gesteigertes Spielen Entzugserscheinungen trotz negativer sozialer Konsequenzen (wie wird nicht explizit Verarmung, gestörte Familienbeziehungen undaufgeführt. Zerrüttung der persönlichen Verhältnisse) sowie ständiges gedankliches und vorstellungsmäßiges Beschäftigtsein mit dem Glücksspiel. 1 0 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Der präfrontale Kortex reift erst verhaltnismäßig spät -> wichtig für decision making NIDA Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Online-Glücksspiele Explodierende Anzahl an Internet-Glücksspielanbietern FunGames Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Poker Casino Bild: funworld, Abdruck honorarfrei Sportwetten Bild Wenda/dpa/tmn Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie glücksspielnahe Internetapplikationen Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (Griffiths, 2003) Ambulanz für Spielsucht Recommendations für Anbieter von Online-Gamblingsites, Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie M. Griffiths, Nottingham Trent University, GB, 2003 Altersabfrage Möglichkeiten der Bezahlung reduzieren Credit limits einführen Möglichkeit zur Selbst-Sperre einführen Eingebaute Pausen Practise-Modes reduzieren Keine Ermutigungen, Geld wieder einzusetzen oder Verlusten hinterherzujagen (Griffiths, 2003) PROJEKT Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie KiJu-RLP: Epidemiologische Erhebung zum Problematischen Glücksspielen bei Jugendlichen Duven, Giralt, Müller, Wölfling, Dreier & Beutel (2011) Gefördert durch: METHODE Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Modul 1: Testverfahren zur Glücksspielnutzung ERFASSUNG DER 12-MONATS-NUTZUNGSHÄUFIGKEIT ERFASSUNG DER LEBENSZEIT-NUTZUNGSHÄUFIGKEIT 12 VERSCHIEDENE GLÜCKSSPIELFORMEN (ONLINE / OFFLINE) ERGEBNISSE Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Spielteilnahme Tabelle 4: Nutzungsprävalenzen für verschiedene Glücksspielvarianten sortiert nach der Nutzungshäufigkeit der letzten 12 Monate Rang Glücksspielvariante 12-MonatsNutzungsprävalenz Lebenszeitnutzungsprävalenz 1 Kartenspiele 23.7 35.8 2 Rubbellose 15.8 34.0 3 Spiele an Geldspielautomaten 14.2 19.5 4 Würfelspiele 13.4 21.3 5 Geschicklichkeitsspiele 10.9 16.9 6 Andere Spiele im Internet 10.7 18.2 7 Sportwetten 10.4 14.3 8 Lotto / Keno 9.7 18.4 9 Internet-Poker 5.0 7.0 10 Roulette 3.5 5.0 11 Internet-Sportwetten 3.3 3.6 12 Spiele in Internetcasinos 2.3 2.5 41.2 64.3 Total ERGEBNISSE Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Spielmotive Hoffnung auf Geldgewinn (46.8%) Neugier (42.0%) Freunde spielen auch (36.8%) Langeweile (33.7%) Mitglieder der Familie spielen auch (17.9%) ERGEBNISSE Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Spielorte Trotz Jugendschutzbestimmungen gelingt Jugendlichen die Teilnahme an Glücksspielen auch im öffentlichen Raum ERGEBNISSE Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prävalenz des Pathologischen Glücksspiels 3.8% 0.7% Häufigste erfüllte Kriterien: Gefährdung von Beziehungen, Chasing, antisoziale Handlungen, Lügen und Eingenommenheit vom Spiel Hauptschule, Realschule und Berufsschulen mit den höchsten Prävalenzraten DELINQUENZ Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Erhöhte Delinquenz unter Pathologischen Glücksspielern Meyer at al. (1993): Von 300 Pathologischen Spielern hatten 89.3% mindestens eine Straftat im Leben begangen verglichen mit 51.8% der befragten Gelegenheitsspieler 28.3% wurden mindestens einmal im Leben wegen eines Delikts rechtskräftig verurteilt Häufigste Delikte: Betrug (38%) Diebstahl am Arbeitsplatz (38%) Veruntreuung (22%) Diebstahl innerhalb der Familie (38%) DELINQUENZ Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Gesteigerte Raten häuslicher Gewalt in Familien mit einem Pathologischen Glücksspieler Studie Bland et al. (1993): 23% der befragten Glücksspieler haben den Partner schon einmal geschlagen Studie Lorenz & Shuttleswort (1983): 50% der Partner von Glücksspielern berichten vom Erleben verbaler oder physischer Gewalt Studie Muelleman et al. (2002): Befragung von Akut-Patienten einer Notaufnahme; 64% gaben an, schon Übergriffe durch den glücksspielenden Partner erlebt zu haben Studie National Opinion Research Center (1999): Statistischer Zusammenhang zwischen Spielhallendichte und Anzeigen wegen häuslicher Gewalt DELINQUENZ Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Studie von Korman et al. (2008) N = 248 Pathologische Glücksspieler (18 - 69 Jahre) in Kanada Auftretenshäufigkeit von „Intimate Partner Violence“ 63.4% der Männer und 69.8% der Frauen mit Aggressionsproblemen 25.4% verübten im letzten Jahr schwere IPV insbes. schwere körperliche Misshandlung (ca. 20%), schwere körperliche Verletzung (ca. 15%), sexuelle Nötigung (ca. 8%) 59.7% wurden im letzten Jahr Opfer von IPV DELINQUENZ Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Es gibt mehrere mögliche Erklärungen für den überdurchschnittlichen Anteil an verübter Gewalt bei Pathologischen Glücksspielern Gewaltausbrüche als Erscheinung von Entzugssymptomen Erhöhte Werte in Impulsivität verantwortlich für geringe Handlungskontrolle Nachgewiesene erhöhte Komorbidität mit der Antisozialen Persönlichkeitsstörung (bis zu 33%) als erklärende Drittvariable DELINQUENZ Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prävalenz des Pathologischen Glücksspiels bei Gefängnisinsassen Metaanalyse (Williams et al., 2005) mit 27 internationalen Studien deutlich erhöhte Prävalenz von 33% 43% - 50% der Gefängnisinsassen mit PGS sahen direkten Zusammenhang zwischen Verurteilung und Glücksspielverhalten Beschaffungskriminalität Abzahlen von Schulden bei „Kredithaien“ lediglich 9% der PGS erhielten entsprechende psychosoziale Beratungen während der Haft KLINISCHES BILD Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Merkmale von treatment-seekern: Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Überlegungen aus der klinischen Praxis Ambulanz für Spielsucht Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ambulante Behandlung der Glücksspielsucht Psychotherapie Psychologische Diagnostik Einzel- und Gruppentherapie Angehörigengespräche Ärztliche Betreuung Ärztliche Aufnahme allgemeinärztliche, neurologische und psychiatrische Untersuchung und Behandlung Abschlussuntersuchung Sozialberatung Indikativgruppen Schuldenberatung Sporttherapie Berufsbezogene Beratung Entspannungstraining Soziales Kompetenztraining etc. Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ambulante Rehabilitation: Therapieprogramm 32 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Hauptphase: Entstehungsmodell 33 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Hotline Verhaltenssucht 2012 N = 1023 Chatten/Soziale Netzwerke 39% Recherche/Surfen 27% Internetsexsucht 27% Video/Musik 6% Internetkaufsucht 1% Ambulanz für Spielsucht Glücksspielsucht: Soziodemographische Patientenmerkmale Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ausbildungsstand Geschlecht Ausbildung Rente arbeitsuchend ♂ 90.3% berufstätig Migrationshintergrund Alter 24.2% 16 – 75 Jahre 35 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Beratungs- und Rehabilitationsangebote für pathologische Glücksspieler • Telefonische Beratung (Hotline) • Psychologische und Sozialberatung • Beratung und Hilfestellung zur Überwindung finanzieller Schwierigkeiten bei Überschuldung • Vorstationäre Diagnostik • Entsperrungsgespräche • Ambulantes Rehabilitationsprogramm • Nachsorgeprogramm nach stationärer Rehabilitation 36 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ambulante Rehabilitation: Der Weg zur Therapie Kontaktaufnahme über Hotline durch Patient Erstgespräch in der Ambulanz: Indikationsklärung Probetherapietag vor Einschluss: •Ziel: Selektion der Patienten zur Senkung der DO-Rate •Informationen zur Therapie und Beantragung •Motivationsklärung Antragsstellung bei der DRV Teilnahme an Therapiegruppe (ca. 8 Tn, Dauer: ca. 6 Monate) 37 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ambulante Rehabilitation: Indikation • • • • • • • Glücksspielabhängigkeit (F63.0) als primäre Diagnose Mindestalter: 18 Jahre Gefährdete/ verminderte Erwerbsfähigkeit Problembewusstsein/ Krankheitseinsicht, Veränderungsbereitschaft Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit und regelmäßigen Teilnahme Patient verfügt über glücksspielfreie Abstinenzzeiten und ist der Lage, während der ambulanten Rehabilitation Glücksspielabstinenz einzuhalten und hat nicht „kontrolliertes Spielen“ als Ziel Unterstützendes soziales Umfeld 38 Ambulanz für Spielsucht Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ambulante Rehabilitation: Therapieprogramm 39