Integration vor Stimmrecht für Ausländer

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25. Januar 2007, Neue Zürcher Zeitung
Integration vor Stimmrecht für Ausländer
Berner Grosser Rat gegen fakultative Einführung in Gemeinden
Trotz neuen Mehrheitsverhältnissen hat der Berner Grosse Rat das fakultative
Ausländerstimmrecht auf der Ebene der Gemeinden erneut abgelehnt. Er vertrat
zweimal knapp die Auffassung, politische Rechte seien eine Folge der Integration und
der Einbürgerung.
kfr. Bern, 24. Januar
Das Ausländerstimmrecht ist im Kanton Bern seit Jahren ein Thema. 1994 wurde darüber
abgestimmt, doch scheiterten sowohl eine Initiative als auch ein begrenzter Gegenvorschlag
(fakultatives Stimmrecht nur auf Gemeindeebene). Ein neuer Anlauf, der diese Idee aufnahm,
erreichte 2003 mit den Stimmen der FDP ein positives Resultat im Grossen Rat; als es jedoch 2005
um die nötigen Verfassungs- und Gesetzesänderungen ging, trat eine von SVP und FDP angeführte
Mehrheit nicht auf die Vorlage ein. Nach dem Wechsel der Mehrheitsverhältnisse in Regierung und
Parlament griffen die linksgrünen Parteien das alte Anliegen mit zwei Vorstössen wieder auf. Der eine
kam aus der SP, der andere stammte vom Autonomisten Maxime Zuber aus Moutier. Zu beiden
empfahl die Regierung Annahme.
Doppelte Volksentscheide erneut vertagt
Derzeit gibt es das Ausländerstimmrecht in acht Kantonen und in unterschiedlicher Form. Bern habe
keinen Anlass, diesen Schritt nicht zu tun, erklärte Staatsschreiber Kurt Nuspliger als Sprecher der
Regierung, und er begründete die Haltung mit dem Demokratieprinzip. Dieses gelte auch für den
Prozess der Einführung. Zuerst könnten sich die kantonalen Stimmberechtigten über das fakultative
Stimm- und Wahlrecht für niedergelassene Ausländer auf Gemeindeebene äussern; im Falle einer
Annahme stehe es jeder Gemeinde, die davon Gebrauch machen wolle, frei, ihre Stimmberechtigten
noch einmal in der gleichen Frage an die Urne zu rufen.
Doch dazu kommt es nun gar nicht, denn der Rat lehnte die Vorstösse mit 77 gegen 73 und mit 78
gegen 73 Stimmen ab. Auf der befürwortenden Seite standen SP, Grüne, der Parti socialiste
autonome, die CVP und eine knappe Mehrheit der EVP, auf der gegnerischen mit wenigen
Ausnahmen das bürgerliche Lager aus SVP, FDP, EDU, SD und FPS. Für dieses stand das Argument
im Zentrum, dass zuerst die Integration komme und mit der Einbürgerung automatisch das
Stimmrecht. Problematisch sei zudem die Gewährung von Rechten ohne Pflichten.
Nadelstiche gegen die Mehrheit
Über die sachlichen Differenzen hinaus zeigt das Resultat, dass die bürgerlichen Kräfte im Berner
Grossen Rat mit hoher Präsenz und Fraktionsdisziplin in der Lage sind, Nadelstiche zu setzen.
Vorwürfe handeln sich dadurch aber die freisinnigen Grossräte ein, denn die FDP der Schweiz hat in
ihre Vorschläge für eine bessere Integration ausdrücklich die Gewährung politischer Rechte an
niedergelassene Ausländer aufgenommen. Die Berner Kantonalpartei kann dazu ins Feld führen, sie
habe ihre Meinung nicht erst im Blick auf die neuen Mehrheitsverhältnisse geändert, sondern bereits
2005 dieselbe Haltung vertreten.
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