Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Inhalt Kapitel 1. - Einführung in die Anatomie des menschlichen Körpers .....................................................11 Kapitel 2 - Die Zelle...............................................................................................................................19 Die Zellmembran:.................................................................................................................................19 Einführung in den Wasserhaushalt: .....................................................................................................24 Ionenverteilung im menschlichen Organismus: ...................................................................................26 Transportvorgänge an der Zelle: ..........................................................................................................27 OSMOSE: ..............................................................................................................................................27 Diffusion:..............................................................................................................................................27 Einführung in die Energetik: .................................................................................................................28 Zellorganelle:........................................................................................................................................32 Der Gewebsbegriff ...............................................................................................................................41 Kapitel 3 - Das Nervensystem...............................................................................................................48 Bau und Funktion der Nervenzelle: ......................................................................................................48 Morphologie des Neurons:...................................................................................................................48 Kapitel 4 -Funktionelle Neuroanatomie -Das Aktionspotential: ...........................................................55 Refraktärphase:....................................................................................................................................57 Weiterleitung des Aktionspotentials:...................................................................................................57 Kapitel 5 - Das zentrale Nervensystem und das vegetative Nervensystem. .........................................59 Das somatische Nervensystem:............................................................................................................60 Das vegetative Nervensystem: .............................................................................................................61 Anatomische Grundlagen:....................................................................................................................62 Der Sympathikus: .................................................................................................................................64 Der Parasympathikus: ..........................................................................................................................66 Kapitel 6 - Das Gehirn...........................................................................................................................69 Makroskopische Anatomie des Gehirns: ..............................................................................................69 Das Großhirn ( Telencephalon): ...........................................................................................................69 Der Liquor cerebrospinalis: ..................................................................................................................70 Die Hirnhäute – Meningen: ..................................................................................................................72 Blutversorgung des Gehirns: --Grundlegende Betrachtungen-- ..........................................................75 Die großen blutzuführenden Gefäße des Gehirns:...............................................................................77 Bau und Funktion des Großhirns:.........................................................................................................87 Mikroskopische Anatomie des Großhirns: ...........................................................................................89 Die Basalganglien: ..............................................................................................................................105 Das Mittelhirn Æ Mesencephalon: ....................................................................................................107 Das Zwischenhirn Æ Diencephalon:...................................................................................................112 Der Hypothalamus: ............................................................................................................................116 ~6~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Die Hypophyse: ..................................................................................................................................118 Verlängertes Rückenmark Æ medulla oblongata und Brücke Æ Pons: .............................................120 Die zwölf Hirnnerven im Überblick:....................................................................................................123 Das Kleinhirn Æ Cerebellum: .............................................................................................................126 Kapitel 7 -Das Bewusstsein.................................................................................................................129 Das Unterbewusstsein........................................................................................................................134 Schlaf und Traum ...............................................................................................................................136 Kapitel 8 - Das Gehör..........................................................................................................................140 Das Ohr ..............................................................................................................................................140 Das äußere Ohr: .................................................................................................................................141 Das Mittelohr: ....................................................................................................................................142 Anatomie des Innenohres: .................................................................................................................144 Die Hörbahn Æ Zentralnervöse Verarbeitung von Schallreizen:........................................................153 Grundlagen des Hörens:.....................................................................................................................156 Das Gleichgewichtsorgan – Vestibularorgan: .....................................................................................159 Kapitel 9 - Das Sehen..........................................................................................................................164 Das Auge ............................................................................................................................................164 Physiologie und Biochemie des Sehvorganges:..................................................................................168 Sehschärfe:.........................................................................................................................................174 Die Sehbahn: ......................................................................................................................................175 Die Oculomotorik: ..............................................................................................................................182 Klinik der Sehstörungen: ....................................................................................................................185 Kapitel 10 - Sensibilität und Sinnesorgane: ........................................................................................190 Reizaufnahme und Reizverarbeitung: ................................................................................................192 Sensomotorik: ....................................................................................................................................196 Kapitel 11-Das Skelett und die Bewegung ..........................................................................................202 Aufbau und Struktur der Knochen (makroskopisch): .........................................................................203 Mikroskopischer Aufbau des Knochens:.............................................................................................209 Detaillierte Besprechung der Knochenzellen: ....................................................................................211 Die Knochenentwicklung:...................................................................................................................216 Knochenstoffwechsel: ........................................................................................................................227 Terminologie des Knochens: ..............................................................................................................241 Gelenke: .............................................................................................................................................243 Aufbau und Funktion der Wirbelsäule: ..............................................................................................251 Kapitel 12 - Muskulatur und Motorik .................................................................................................257 Muskelformen....................................................................................................................................259 Bau und Funktionsweise des Muskels:...............................................................................................262 ~7~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Mikroskopischer Aufbau der Skelettmuskulatur: ...............................................................................263 Kontraktionsmechanismus:................................................................................................................269 Rigor Mortis – Totenstarre .................................................................................................................271 Die Elektromechanische Kopplung:....................................................................................................272 Die muskuläre oder motorische Endplatte:........................................................................................279 Formen der Muskelbewegung und mechanische Eigenschaften der Muskulatur:.............................282 Kapitel 13 - Das Herz ..........................................................................................................................285 Die Räume des Herzens:.....................................................................................................................289 Der Feinbau des Herzens ( Histologie):...............................................................................................294 Der Herzmuskel ( Myocard):...............................................................................................................294 Funktionelle Anatomie des Herzens:..................................................................................................295 Die Gefäßversorgung des Herzens – Die Herzkranzarterien – Die Coronararterien: ..........................299 Funktionsweise der Herzkranzgefäße: ...............................................................................................305 Biochemie der Energiegewinnung des Myocards:..............................................................................307 Das Reizleitungs-System des Herzens: ...............................................................................................308 Das Aktionspotenzial des Kammermyocards: ....................................................................................314 Kapitel 14 - Das Elektro-Kardio-Gramm - EKG ....................................................................................316 Der Cabrera-Kreis: ..............................................................................................................................324 Lagetypen:..........................................................................................................................................325 Kreislaufregulation:............................................................................................................................326 Die reflektorische Steuerung des Herz-Kreislauf-Systems:.................................................................328 Funktion der Nieren an der Kreislaufregulation: ................................................................................331 Kreislauffunktion bei körperlicher Arbeit: ..........................................................................................332 Kapitel 15 - Lunge und Atmung ..........................................................................................................341 Makroskopische Anatomie der Atemwege: .......................................................................................341 Histologie der Atmungsorgane:..........................................................................................................345 Die Alveolen: ......................................................................................................................................355 Surfactant:..........................................................................................................................................358 Die Blutgefäße der Lunge: ..................................................................................................................361 Der Gasaustausch in der Lunge: .........................................................................................................363 Physikalische Grundlagen:..................................................................................................................365 Die Atemmechanik:............................................................................................................................366 Lungenvolumina:................................................................................................................................367 Kapitel 16 - Niere und Ausscheidung..................................................................................................369 Feinstruktur:.......................................................................................................................................371 Das Gefäßsystem der Niere (von groß nach klein): ............................................................................372 Funktionelle Einteilung der Niere:......................................................................................................374 ~8~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Die Harnblase: ....................................................................................................................................377 Funktionelle Anatomie der Niere und des Tubulus-Apparates: .........................................................377 Funktion der Nieren im Rahmen der Kreislaufregulation:..................................................................380 Kapitel 17 - Gastroenterologie ...........................................................................................................382 Aufbau des Verdauungstraktes (makroskopisch): .............................................................................383 Sekundäre Verdauungsorgane: ..........................................................................................................384 Mikroskopische Anatomie des Magens:.............................................................................................389 Regulation der Magentätigkeit:..........................................................................................................391 Der Dünndarm:...................................................................................................................................392 Mikroskopische Anatomie:.................................................................................................................392 Funktionelle Anatomie des Dünndarmes : .........................................................................................393 Der Dickdarm (Colon): .......................................................................................................................394 Kapitel 18 - Die Leber .........................................................................................................................397 Durchblutung: ....................................................................................................................................398 Makroskopischer Aufbau ( Ansicht): ..................................................................................................400 Die Leberlappen: ................................................................................................................................400 Mikroskopie: Der Feinbau der Leber .................................................................................................401 Funktionen der Leber: ........................................................................................................................404 Verdauungsfunktion der Hepatocyten: ..............................................................................................408 Proteinstoffwechsel der Leber: ..........................................................................................................412 Fettstoffwechsel der Leber: ...............................................................................................................413 Der enterohepatische Kreislauf:.........................................................................................................421 Die Gallenblase:..................................................................................................................................425 Die Gallenflüssigkeit:..........................................................................................................................429 Kapitel 19 - Die Bauchspeicheldrüse / Das Pankreas..........................................................................433 Blutversorgung: ..................................................................................................................................436 Ausführungsgänge:.............................................................................................................................436 Funktionelle Anatomie: ......................................................................................................................437 Die Steuerung der Pankreassekretion: ...............................................................................................438 Endokriner Anteil des Pankreas: ( Hormon und Enzymproduktion) ..................................................439 Kohlenhydratspaltung:.......................................................................................................................441 Fettverdauung:...................................................................................................................................442 Kapitel 20 - Die Schilddrüse – Thyreoidea ..........................................................................................445 Innervation:........................................................................................................................................448 Gefäßversorgung:...............................................................................................................................449 Regulation der Schilddrüsen-Hormon-Sekretion:...............................................................................450 Die Schilddrüsenhormone:.................................................................................................................451 ~9~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Kapitel 21 - Das Blut ...........................................................................................................................456 Grundlegende Funktionen des Blutes: ...............................................................................................456 Die Beschaffenheit des Blutes:...........................................................................................................458 Das Blutplasma:..................................................................................................................................460 Das Serum: .........................................................................................................................................461 Die roten Blutkörperchen – Erythrozyten: .........................................................................................461 Biochemie der Erythrozyten:..............................................................................................................463 Das Hämoglobin als Transportmedium der Atemgase: ......................................................................465 Der Stoffwechsel des Erythrozyten: ...................................................................................................466 Das Blut als Puffersystem des Säure-Basen-Haushaltes:....................................................................469 Die Blutgerinnung Æ Hämostase: ......................................................................................................472 Antikoagilation Æ Blutgerinnungshemmer:.......................................................................................475 Physiologie der Erythrozyten: ............................................................................................................476 Leukozyten – Granulozyten – Monozyten:.........................................................................................478 Lipoproteine:......................................................................................................................................480 Das Blut als Teil des Immunsystemes:................................................................................................486 Antikörperklassen: .............................................................................................................................488 Oberflächenmoleküle.........................................................................................................................489 Grundlagen der unterschiedlichen Abwehrmechanismen: ................................................................489 Viren:..................................................................................................................................................490 Parasiten: ...........................................................................................................................................490 ~ 10 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Kapitel 13 - Das Herz Das Herz: Das Herz, lateinisch Cor, ist ein muskuläres Hohlorgan. Es befindet sich in der Perikardhöhle im mittleren Mediastinum. Zwei Drittel des Herzens liegen links des Mediastinums. Definition Mediastinum: x x x x x Synonym Mittelfellraum – ist ein zwischen den beiden Pleurahöhlen liegender Raum der Brusthöhle. Nach ventral hin begrenzt durch das Sternum ( Brustbein ) und dorsal durch die Wirbelsäule. Caudalwärts endet das Mediastinum auf dem Zwerchfell Nach cranial hin läuft der Mediastinalraum kontinuierlich in das Bindegewebe des Halses aus. Thymus, Ösophagus, Herz und die großen Gefäße liegen im oder verlaufen durch das Mediastinum. Grob gegliedert besteht das Herz aus: x x zwei Vorhöfen, Æ den Atrien (Sg. Atrium) und zwei Kammern, Æ den Ventrikeln. Größe und Gewicht: Größe, Gewicht und Volumen des Herzens sind abhängig von: x x x x x Alter Geschlecht Körpergröße Körpergewicht Sportler oder Untrainierter ~ 285 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Als Faustformel gilt: x Das Herz hat in etwa die Größe der Faust des jeweiligen Individuums. Normwerte: x Volumen: 500-800 ml bei Leistungssportlern bis zu 1 Liter Es beschreibt die Menge Flüssigkeit, die anstelle des Herzens in den Situs passt. x Gewicht: x Relativer Anteil am Körpergewicht: 0,005 % 250-JGDVƂƃEHL6SRUWOHUQELV*UDPP ~ 286 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Anatomische Form: Wir unterscheiden zwei Betrachtungsweisen: x x systematisch topographisch Systematische Betrachtungsweise: Das Herz wird aus dem Situs (der Körperhöhle bzw. seinem ursprünglichen Platz) entfernt und auf die Spitze gestellt. Die Herzachse und das Septum stehen senkrecht (vertikal). Somit befindet sich der rechte Ventrikel rechts und der linke Ventrikel links. Diese Betrachtungsweise benutzen die Anatomen CAVE: Kommunikation! Topographische Betrachtungsweise: Sie entspricht der physiologischen Lage des Herzens. Die Herzachse verläuft von rechts, oben hinten Æ Herzbasis bzw. rechtes Herzohr nach links, unten, vorne Æ Apex cordis bzw. Herzspitze Die Herzbasis (basis cordis): x Sie bildet den Ursprung der großen zu-und ableitenden Gefäße des Herzens Æ Vasa publica (öffentliche Gefäße). x Daneben unterscheidet man die Vasa privata Æ Herzkranzgefäße oder Coronararterien. Venenkreuz: x x x Vena cava superior und inferior münden vertikal in den rechten Vorhof. Diese Gefäße stehen senkrecht zu den Lungenvenen, Vv. pulmonales, welche von rechts und links, horizontal in den linken Vorhof münden. Alle o.g. Gefäße bilden zusammen das sog. Venenkreuz (cruris venorum), aus einem Blickwinkel von 45 Grad von ventral aus betrachtet. Truncus aorticus: (Aortenstamm) ~ 287 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe x x Cranial des linken Vorhofs auf dem Bulbus Aorticae befindet sich der Aortenstamm. Hier entspringt die Aorta ascendens ( aufsteigende Aorta). Im Bulbus Aorticae erfolgt Ursprung und Aufzweigung der rechten und linken Coronararterie ( Herzkranzgefäße) ~ 288 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Die Räume des Herzens: x x x Die Beschreibung der Hohlräume des Herzens erfolgt in Richtung des physiologischen Blutflusses intracoronar. Wir unterscheiden in rechten und linken Vorhof Æ Atrium dextrum und Atrium sinistrum und in rechte und linke Kammer Æ Ventriculus dexter und ventriculus sinister. ~ 289 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Rechter Vorhof: (Atrium dextrum) x Der hintere Bereich des rechten Vorhofes entspricht dem ehemaligen Sinus venosus im embryonalen Kreislauf. x Hier befindet sich der Mündungsbereich der Vena cava inferior und superior Æ obere und untere Hohlvene. x Der hintere rechte Vorhof besitzt deswegen eine glatte, eher gefäßige Oberfläche. x Der vordere Bereich des rechten Vorhofes entspricht dem ursprünglichen Vorhof im Embryonalkreislauf Æ Bereich der embryonalen Sinusklappe x Er ist mit parallel verlaufenden Trabekeln Æ den Mm. Pectinati durchzogen um den Blutfluss in Richtung Trikuspidal-Klappe zu lenken und bildet das sog. Herzohr (Auris cordis) Æ Nota bene : Entstehungsort der meisten Thromben, z.B. bei Vorhofflimmern, da hier die geringste Strömungsgeschwindigkeit auch im gesunden Herzen herrscht. x Ad Sinusklappe : medial der ehemaligen Sinusklappe mündet der Sinus coronarius Septum intraatriale Æ Vorhofseptum: x Das Septum intraatriale trennt die beiden Vorhöfe funktionell und anatomisch voneinander. x Wir unterscheiden zwischen: o septum primum und o septum secundum, zweier Blätter aus Gefäßgewebe, die Nota bene: nicht fest miteinander verwachsen sind, sondern sich unter der Geburt durch die Umstellung von embryonalen auf adulten Kreislauf infolge des Blutflusses locker aneinanderlagern und abdichten. x Bei 20-25% der Menschen kommt es zu keinem oder nur einem inkompletten Schluss der Fossa ovalis Æ wir sprechen dann vom sog. offenen oder persistierenden foramen ovale. ~ 290 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Die rechte Atrioventrikularklappe: ( Tricuspidalklappe): x Cuspis f Plural cuspides: lateinisch : das Segel, Spitze, Zipfel x Die Tricuspidal-Klappe besteht aus drei bindegewebigen Endocard-Segeln x Wir unterscheiden: hinteres, vorderes und septales Segel Æ Cuspides anterior, posterior und septales. x Die Segel der Klappen sind mit Sehnenfäden, den sog. Chordae tendinea, verbunden, welche zu den Mm. Papillares im rechten Ventrikel ziehen. Diese Muskeln und ihre Sehnen verhindern ein Zurückschlagen der Klappensegel in den Vorhof während der Systole. Der rechte Ventrikel ( Ventriculus dexter): x Der rechte Ventrikel besitzt die Form eines Halbmondes. x Er wird von einer relativ dünnen Muskelwand gebildet, da er nur mit einem relativ kleinen Widerstand im Lungenkreislauf konfrontiert wird x x Druckgradienten im Vorhof 5 mmHg und 7- 32 mmHg im rechten Ventrikel Der rechte Ventrikel besitzt einen funktionellen und anatomischen Anteil: x Ab der Trikuspidalklappe verläuft die Einflussbahn, diese ist rau und von Trabekeln durchzogen. x Danach folgt anatomisch die Ausflussbahn bis zum truncus pulmonalis. x Die Struktur am Übergang zwischen Ein-und Ausflussbahn wird als Leonardo-Bündel bezeichnet. Die Pulmonalklappe (Semilunarklappe): x x x x Synonyme sind Valvula semilunaris und valva trunci pulmonalis Æ semilunaris bedeutet halbmondförmig. Die Pulmonalklappe besteht aus drei halbmondförmigen Taschen Æ daher Taschenklappe. Am Ende der Systole übersteigt der Druck im Truncus pulmonalis den Druck im rechten Ventrikel Æ in der Folge kommt es zur Füllung der Schließungsfächer in den Klappentaschen und somit zum Klappenschluss. Die Pulmonalklappe verhindert einen Rückstrom des Blutes in den rechten Ventrikel während der Diastole. ~ 291 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Der linke Vorhof (Atrium sinistrum) x x x Mündungsbereich der Vv. Pulmonales Æ Lungenvenen Er ist dickwandiger als der rechte Vorhof aufgrund des höheren Druckgradienten. Der linke Vorhof nimmt O 2 - reiches Blut aus der Lunge auf. Die Mitralklappe ( rechte Atrioventrikularklappe) x x x Die Mitralklappe besteht aus zwei Klappensegeln Æ dem Cuspis anterior oder Aortensegel wegen der räumlichen Nähe zur Aortenklappe bzw. den Aortenursprung. Ihr Name leitet sich von der Bischofsmütze ab, der Mitra, die von oben betrachtet dem Klappenquerschnitt ähnlich sieht. Die Segel der Mitralklappe sind mit Sehnenfäden, chordea tendinea, verbunden, welche zu den Papillarmuskeln im Ventrikel ziehen und ein Zurückschlagen der Segel während der Diastole verhindern. Die linke Kammer ( Ventrikulus dexter): x Die Wand des linken Ventrikels ist dreimal so dick wie die des rechten Ventrikels. x Der Ventrikel selbst hat die Form eines auf der Spitze stehenden Dreieckes. Die Spitze des Dreiecks bildet sogleich die Herzspitze Æ Apex cordis. x Den linken Ventrikel durchzieht ein zur Spitze hin dichter werdendes Trabekelnetzwerk (trabeculi carneae), das in die Papillarmuskeln mündet. x Dieses dichte Netz gewährleistet auch bei sehr hohen Frequenzen und hohem Auswurf-Druck eine einheitliche Flussrichtung des Blutes zur Aortenklappe hin. Aortenklappe (Valva aortae): x Sie wird wie die Pulmonalklappe aus drei halbmondförmigen Taschen gebildet. x Nach ihrer Lage werden sie als Valvulae semilunaris posterior, dextra und sinistra bezeichnet. x Die Knötchen (noduli), an denen die Sehnenfäden ansetzen, sind wie auch die Flächen (lunulae valvarum) bei der Aortenklappe um ein Vielfaches kräftiger ausgebildet als bei der grundsätzlich baugleichen Pulmonalklappe. x Oberhalb der Klappe ist die Aortenwand zum Sinus Aortae ( Valsalvae ) ausgebuchtet. ~ 292 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Klinik: x x x x x Funktionell unterscheidet man Verengungen (Stenosen) und Undichtigkeiten (Insuffizienzen). Bei einer Stenose öffnet sich die Klappe nicht ausreichend. Æ Die Folge ist eine vermehrte Arbeit des Herzmuskels, der Blut durch die Engstelle pumpen muss. Insuffizienzen: Diese Klappendefekte führen zu retrograden Blutflüssen (z.B. in der Systole aus dem Ventrikel in den Vorhof). Kombinierte Defekte: Das heißt, die Klappe öffnet nicht richtig und schließt nicht dicht. Erworbene Klappenvitien werden zumeist durch Entzündungen, rheumatische Prozesse, oder Degeneration hervorgerufen. Sie finden sich meist am stärker belasteten linken Herzen. ~ 293 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Das Kammerseptum (Septum intraventriculare): x Es trennt rechten und linken Ventrikel morphologisch (baulich) voneinander, indem es sie von Klappenebene bis zum Apex als derber Muskelstrang durchzieht. Der Feinbau des Herzens ( Histologie): Mit dem bloßen Auge lassen sich drei Schichten am Herzmuskel erkennen: x x x x Endocard Æ Herzinnenhaut Myocard Æ Muskelschicht, dem Endocard aufgelagert Pericard Æ Herzbeutel, grenzt das Herz nach außen ab, zwischen Myo- und Pericard befindet sich eine dünne, seröse Membran Æ das sog. Epicard. Dies bildet sogleich das viszerale Blatt des Herzbeutels. Der Herzmuskel ( Myocard): Der Herzmuskel bildet ein funktionelles Synzytium, per definitionem ist es ein durch Verschmelzung entstandener Zellverband ohne klare Zellgrenzen. Gemeint ist damit eine Mischform aus glatter und quergestreifter Muskulatur. Dies ist notwendig, um: x x x x das Herz sowohl langfristig hormonell und über Transmitter (Adrenalin, Acetylcholin) zu steuern, als auch elektrisch erregbar und schnell über das Reizleitungssystem regulierbar zu machen. Der Herzmuskel weist die höchste Mitochondriendichte aller Körpergewebe (Zellen) auf. Dies gewährleistet eine schnelle und effektive Versorgung des Herzmuskels mit der schnellen, latenten Energieform der Muskulatur Æ Adenosin-Tri-Phosphat kurz ATP. ~ 294 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Funktionelle Anatomie des Herzens: x Funktionell unterscheidet man am Herzen das Hochdruck-und Niederdrucksystem. x Das Niederdrucksystem beinhaltet den: o rechten Vorhof o rechen Ventrikel o linken Vorhof Das Niederdrucksystem ist dünnwandiger, da es nur niedrigen Druckvolumenbelastungen ausgesetzt ist. x Das Hochdrucksystem: o Der linke Ventrikel bildet das eigentliche Hochdrucksystem des Herzens. o Hier müssen Drücke von über 200 mmHg erzeugt werden um den Körperkreislauf adäquat mit Blut zu versorgen. Übersicht über die Funktionen des Kreislaufsystems: Das gesamte Blutvolumen des erwachsenen Körpers beträgt in etwa 5 Liter. Dieses Volumen ist sowohl auf arterielle als auch venöse Gefäße verteilt. Die Venen werden auch als Kapazitätsgefäße bezeichnet. Der größte Anteil des KörperblutVolumens befindet sich in: x x x x postkapillären Venolen Venolen Venen Vena cava Hierbei handelt es sich um eine Blutmenge von ca. 4,25l. Dieser Wert entspricht 85% des gesamten Blutvolumens. Wegen des relativ niedrigen Innendruckes Æ der zentrale Venendruck liegt bei 3 bis 6mmHgbezeichnet man das venöse System auch als: x x Niederdrucksystem Volumenreservoir ~ 295 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Befindet sich das Herz im Stillstand, beträgt der sog. statische Blutdruck noch 6 bis 8mmHg. Beim schlagenden Herzen fällt der Druck im venösen System auf etwa 5mmHg ab. Dies hat zwei Ursachen: 1. die Entnahme des Schlagvolumens Æ ca. 70 bis 80ml pro Herzschlag 2. der venöse Rückstrom zum rechten Herzen Gleichzeitig wird das Schlagvolumen von ca. 80ml in das arterielle System gepumpt. Diese Auswurfleistung lässt den Druck im arteriellen System auf über 100mmHg ansteigen. Das arterielle System - auch als Hochdrucksystem bezeichnet - setzt sich wie folgt zusammen: x x x x Linker Ventrikel Große Arterien Kleine Arterien Arteriolen Die Arterien werden auch als Widerstandgefäße bezeichnet. Gründe hierfür sind: x x die relativ geringe Dehnbarkeit der relativ hohe Strömungswiderstand Ein drittes Gefäßsystem bilden die Austauschgefäße Æ Kapillaren. Hier beträgt der Blutdruck ca. 20 bis 25 mmHg. In Ruhe werden 3,4 Liter Blut pro Minute und Quadratmeter der Körperoberfläche durch die Gefäße des großen Kreislaufes - zwischen linkem und rechtem Ventrikel - gepumpt. Diese Blutmenge wird als Herzzeit-oder Herzminutenvolumen bezeichnet. Bei einer Auswurfleistung des linken Ventrikels von 70 bis 80ml pro Schlag und einer Herzfrequenz - in Ruhe von 60 bis 80 Schlägen pro Minute – resultiert ein Blutdruck von 120/80mmHg. Der erste – systolische Wert – spiegelt den Druck wieder, der während der Kontraktion des linken Ventrikels entsteht. Diese Kontraktion wird als Systole bezeichnet. Der zweite Wert – auch Diastole genannt – spiegelt den Druck im linken Ventrikel bei entspanntem Æ dilatiertem Herzen wieder. Er wird durch die – nach der Systole – noch im Ventrikel verbleibende Blutmenge festgelegt. ~ 296 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Das gleiche Volumen durchströmt den kleinen Kreislauf – zwischen rechtem Ventrikel und linkem Atrium. Auf dem Weg durch den großen Kreislauf wird dem Blut der eingeatmete Sauerstoff entzogen. Dies geschieht am Übergang von arteriellen zu venösen Kapillaren. Beim Durchlaufen des Lungenkreislaufes wird diese Menge Sauerstoff dem Blut wieder zugeführt. Die Sauerstoffkonzentration im arteriellen Blut beträgt 0,2l pro 1 Liter Blut. Somit ergibt sich eine Transportleistung von etwa einem Liter Sauerstoff pro Minute. Bei körperlicher Ruhe liegt der Sauerstoffverbrauch bei etwa 0,2 Litern pro Minute. Somit kehren ¾ des aufgenommen Sauerstoffs ungenutzt zum rechten Ventrikel zurück. Dies entspricht einer Sauerstoff-Extraktion unter Ruhebedingungen von 25%. Bei körperlicher Arbeit kann dieser Wert auf 75% ansteigen. Der Körper weist in Ruhe einen Sauerstoffbedarf von 0,25 l pro Minute auf. Der Sauerstoffbedarf des Körpers steigt bei körperlicher Arbeit auf das 10-bis 20fache des Ruhewertes. Bei maximaler körperlicher Arbeit steigt der Sauerstoffbedarf auf 5 bis 12,5 Liter / Minute. Dies entspricht dem 20-bis 50fachen des Ruhewertes. Das heißt der Sauerstoffbedarf steigt unter Belastung auf 2,5 bis 5 l O 2 pro Minute an. Das Herzzeitvolumen steigt beim Gesunden nur um das 3 bis 4fache des Ruhewertes an. Maximal entspricht dies einer Blutmenge von 12 bis 14 Liter Blut pro Minute und Quadratmeter Körperoberfläche. Bei erschöpfender körperlicher Arbeit vervielfacht sich das Herzzeitvolumen um den Faktor 4 bis 5. Der mittlere arterielle Druck bleibt jedoch unverändert. ~ 297 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe ~ 298 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Die Gefäßversorgung des Herzens – Die Herzkranzarterien – Die Coronararterien: Die Coronararterien entspringen im Truncus aorticus – dem Ursprung der Aorta oder Aortenstamm. Hier befindet sich ein etwas aufgetriebener Bereich – welcher als Sinus aortae Æ Valsalvae bezeichnet wird. Die Coronararterien verlaufen subepicardial. Sie erfüllen verschieden Funktionen: x x Optimale Versorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff Versorgung des Herzmuskels mit Nährstoffen Ihren Namen verdanken die Coronargefäße der sog. Kranzfurche des Herzens Æ sulcus coronarius. Hierbei handelt es sich um eine Einkerbung im Myocard. In diesem sulcus coronarius verlaufen die Hauptstämme der Kranzgefäße. In der direkten Umgebung der Coronararterien befindet sich eine variable Menge an Fettgewebe. Dieses ist subepikardial gelegen. Das Fettgewebe erfüllt zwei Funktionen: x Ausgleich von Unebenheiten der Herzoberfläche Æ Verhindert ein Verkanten des Herzbeutels mit umgebendem Gewebe bei Bewegung des Herzens. x Es dient in Zeiten einer Nähstoffunterversorgung als Energie-bzw. Nährstoffquelle für die Coronargefäße und das Myocard. Grundsätzlich sind zwei Coronararterien anatomisch zu unterscheiden. Die beiden links und rechts aus dem truncus aorticus austretenden Hauptstämme der Coronararterien teilen sich individuell stark variierend auf. Sie verlaufen zunächst durch den sinus aortae. Dieser schützt die Abgänge der Coronararterien bzw. die Coronaröffnungen vor dem Verschluss durch die Taschenklappen in der Systole. Beim Blick von cranial ins Herz befindet sich der Sinus aortae direkt oberhalb bzw. auf der Höhe der Aorten und Pulmonalklappe. ~ 299 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Die linke Herzkranzarterie – A. coronaria sinistra – LCA: Sie findet ihren Ursprung oberhalb der linken Tasche der Aortenklappe. Auf der Herzoberfläche erscheint sie zwischen truncus pulmonalis und linkem Herzohr. Der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie ist relativ kurz und misst ca. 0,5 bis 3 cm. Im weiteren Verlauf teilt sich die linke Herzkranzarterie wie folgt auf: 1. In den ramus interventricularis anterior Æ RIVA vulgo left anterior descending Æ LAD 2. Ramus circumflex vulgo left circumflex Æ RCX oder LCX Ad 1. Der Ramus interventriculare anterior verläuft im sulcus interventricularis anterior zur Herzspitze (Apex) hin, oftmals auch um diese herum. Teilweise ist die RIVA nur sehr kurz angelegt. In diesem Falle besitzt sie einen kompensatorischen Ramus interventriculare posterior. Versorgunggebiet: Zunächst die Gesamtübersicht: x x x x Die RIVA versorgt die angrenzenden Teile der Vorderwand des rechten Ventrikels, die vorderen 2/3 des Septums, den vorderen Spitzenteil des linken Ventrikels, den anterioren Papillar-Muskel. Detailansicht: x Die linke Herzkranzarterie besitzt einen Ramus coni arteriosi, Æ welcher zum conus arteriosus zieht. Beim conus arteriosus handelt es sich um eine Vorwölbung des Herzbeutels. Anatomisch liegt der conus arteriosus caudal des truncus pulmonalis. Er besitzt eine eher gefäßige Oberfläche. x Daneben besitzt die linke Herzkranzarterie zwei oder mehr (2 bis n) Seitenäste Æ Rami laterales. Diese werden als rami laterales D 1 bis z.B. D 3 bezeichnet. Vielfach spricht die Literatur auch von Diagonalästen. Diese rami laterales dienen in erster Linie der Versorgung der Vorderfläche des linken Ventrikels. x ~ 300 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe x Weiterhin sendet die linke Herzkranzarterie Äste zur Hinterwand des Herzens. Diese werden als Septaläste oder rami septales bezeichnet. In der Nomenklatur als S 1 bis S n , je nach Anzahl ihrer Abgänge. Die Septaläste dienen der Versorgung des muskulären Septums Æ septum interventriculare. x Als dritten Ast besitzt die linke Coronararterie einen sog. septalen Ast. Er ist verantwortlich für die Versorgung des His-Bündels und der Tawara Schenkel. x In Höhe des Truncus pulmonalis gibt der Hauptstamm der A. coronaria sinistra ein weiteres großes arterielles Gefäß ab, welches hinter dem linken Herzohr (auricula sinistra) vorbei zur Rückseite zieht Æ Ramus circumflex. x Verlauf: Der Ramus circumflex der linken Coronararterie zieht im sulcus coronarius nach links über die Zwerchfellfläche des Herzbeutels auf die Rückseite des Herzens. x Aufteilung: Der Ramus circumflex kurz RCX läßt sich in vier Äste unterteilen: 1. Ramus atrialis anastomoticus Æ ACD Er verläuft in Richtung der rechten Kranzarterie. 2. Ramus marginalis sinister. Hierbei kann es sich um ein einzelnes Gefäß handeln. Der Ramus marginalis sinister kann aber ebenso bis zu drei fächerförmige Aufzweigungen besitzen. Der Ramus marginalis sinister bzw. die rami versorgen Æ den linken Außenrand des linken Ventrikels. 3. Der ramus atrio-ventricularis bildet den dritten Ast des Ramus circumflex. Er versorgt zusammen mit dem ramus atrialis intermedius die dorsale Wand des linken Vorhofes und der linken Kammer. 4. Ramus posterior ventriculi sinistri. Er ist für die Versorgung der Rückseite der Kammermyocard zuständig. Nota bene! Manchmal besteht zwischen linker Coronararterie und ramus circumflex eine Anastomose Æ sog. Ramus intermedius. ~ 301 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Die rechte Herzkranzarterie – Arteria coronaria dextra – ACD Die Briten sprechen von der right coronary arterie Æ RCA. Ursprung und Verlauf: Die Coronararterie entspringt im sinus aortae. Als sinus aortae werden die Einbuchtungen bzw. Gesamtheit der Taschen der Aortenklappe bezeichnet. Hiervon gibt es drei Exemplare: x eine rechte Tasche Æ Valvula semilunaris dextra x eine mittlere Tasche Æ Valvula semilunaris posterior x eine linke Tasche Æ Valvula semilunaris sinistra Æ an deren dorsalem Oberrand befindet sich der Abgang der Arteria coronaria sinistra. Der Abgang der Arteria coronaria dextra wiederum befindet sich am dorsalen Oberrand der rechten Tasche der Aortenklappe Æ Valvula semilunaris dextra. Die rechte Herzkranzarterie verläuft zunächst durch den sinus coronarius. Danach tritt sie in den sulcus interventriculare posterior ein. Hierbei handelt es sich um eine Einkerbung, welche von Baufett umlagert ist. Sie führt vom Bereich des linken Vorhofes an der Seitenwand bis zum Apex. Die rechte Herzkranzarterie läuft nun als Ramus interventriculare posterior Æ RIVP auch genannt posterior descending artery Æ PDA bis zur Herzspitze. ~ 302 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe In ihrem Verlauf gibt sie mehrere Äste ab: (5) 1. Ramus coni arteriosus Æ Conusarterie. Diese zieht zum Beginn des truncus pulmonalis und versorgt diesen. 2. Ramus nodi sinu atrialis Æ Sinusknotenarterie Dieser Ast verläuft über das Vorhofseptum nach dorsal. Er ist zuständig für die Versorgung von: x x Sinusknoten Teilen des rechten und linken Atriums Die Sinusknotenarterie zweigt sich hierbei in mehrere kleinere Äste auf. Als Detail ist anzumerken, dass die Sinusknotenarterie in 45% aller Fälle auch aus dem Ramus circumflex der linken Coronararterie entspringen kann. 3. Den dritten Ast der rechten Herzkranzarterie bilden die Æ rami atriales dexter. Sie versorgen die Wand des rechten Atriums. 4. Vierter Ast ist der ramus marginalis dexter, welcher für die Versorgung der Vorderwand des rechten Ventrikels zuständig ist. 5. Als fünften Ast gibt die rechte Coronararterie den Æ ramus postolateralis dexter ab. Er stellt die Versorgung der Zwerchfellfläche der Vorderwand des linken Ventrikels sicher. Detail: In 90% der Fälle gibt die rechte Herzkranzarterie ein eigenständiges Gefäß ab, welches den AV-Knoten versorgt. In den übrigen 10% der Fälle erfolgt die Versorgung des AV-Knotens über die linke Coronararterie Æ Ramus circumflex. Im weiteren Verlauf zieht der ramus interventriculare posterior Æ die Verlängerung der Arteria coronaria dextra im sulcus interventricularis weiter zum Apex. Auf diesem Weg gibt sie mehrere sog. septale Äste ab. Diese versorgen das dorsale Drittel des Kammerseptums mit Blut. ~ 303 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe ~ 304 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Funktionsweise der Herzkranzgefäße: Die Coronararterien erhalten ihr Blut aus dem Truncus aorticus Æ der Aortenwurzel, wobei 1/7 des Blutes auf die rechte Coronar-Arterie entfällt. Æ Sie versorgt im Normalfall den überwiegenden Teil der rechten Kammer. Die übrigen 6/7 des Blutes entfallen auf die linke Coronararterie, welche für die Versorgung des linken Ventrikels zuständig ist. Die Versorgungsleistung der übrigen Gebiete des Herzens ist dabei äußerst variabel verteilt. Funktionsweise der Coronardurchblutung: Das menschliche Herz besitzt ein Gewicht von 250 bis 350 Gramm Æ bei Sportlern kann dieser Wert auch mal 500g erreichen. Die Coronararterien eines 250g schweren Herzens werden daher pro Minute von Æ 187,5ml arteriellen Blutes durchströmt. Bei einem Gewicht von 350g wird ein Wert für die coronare Durchblutung von Æ 262,5ml erreicht. Dieses Blut ist allein für die Versorgung des Myocards mit Sauerstoff und Nährstoffen verantwortlich. Der Berechnung liegt ein Mittelwert der Coronardurchblutung von 75ml pro Minute bei 100g Myocardgewebe zugrunde. Um eine gleichmäßige Durchblutung des Myocards zu gewährleisten, besitzt dieses Gewebe eine sehr hohe Dichte an Kapillaren. Es werden Werte von 4000 Kapillaren pro mm2 angenommen. Der Sauerstoffverbrauch eines 250 Gramm schweren Herzens liegt bei 25ml O 2 pro Minute. Bei einem 350g schweren Herzen liegt der Wert des Sauerstoffverbrauchs bei 35ml O 2 pro Minute. Diese Berechnung begründet sich auf einem O 2 -Verbrauch von 10ml O 2 pro Minute und 100g Myocardgewebe. Aufgrund der hohen Kapillardichte verfügt der Herzmuskel über eine sehr hohe SauerstoffExtraktionsrate. Der Herzmuskel ist in der Lage, aus einem Liter Blut, welches die Coronargefäße durchströmt, Æ 140ml Sauerstoff zu extrahieren. Dieser Wert errechnet sich wie folgt: ~ 305 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe x x x x Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes Æ 200ml O 2 pro Liter Blut minus Sauerstoffgehalt des Blutes in den Coronarvenen Æ 60 ml O 2 pro Liter Blut Æ ergibt die Differenz von 140 ml was dem vom Myocard aufgenommenen und verbrauchten Sauerstoff entspricht. Unter körperlicher Belastung kann der Sauerstoffverbrauch bzw. Bedarf des Myocards auf das 4 bis 5fache des Ruhewertes ansteigen. Im Falle eines 250g schweren Herzens wären dies 100 bis 125ml O 2 -Bedarf pro Minute. Geht man von einem 350g schweren Herzen aus, liegt der Wert des O 2 -Bedarfs bei Belastung bei 140 bis 175ml O 2 pro Minute. Das Myocard muss in der Lage sein, das Sauerstoffangebot an den erhöhten O 2 -Bedarf anzupassen. Dies geschieht in erster Linie durch eine Veränderung des Gefäßwiderstandes. Unter Belastung kann der Widerstand der distalen Coronargefäße – durch Vasodilatation – auf maximal ¼ des Ruhewertes gesenkt werden. Man spricht hierbei von der sog. Coronar-Reserve oder Coronaren-Fluss-Reserve. Dadurch ist das Herz fähig, den Coronarfluss bzw. das Sauerstoffangebot um den o.g. Faktor 4 bis 5 zu erhöhen. Die Durchblutung der Coronargefäße ist nicht konstant. Sie erfährt Veränderungen im Verlauf von Systole und Diastole. Æ Man spricht hier vom sog. phasischen Coronarfluss. In der Systole werden die Coronargefäße durch die Anspannung Æ Kraftentwicklung des Myocards, sehr stark komprimiert. Der coronare Blutfluss kommt zum Stillstand. Initial kann er sogar Werte unter Null annehmen. Hierbei ist zu beachten, dass die subepicardial gelegenen Hauptstämme der Herzkranzgefäße von dieser Kompression weitgehend ausgenommen sind. Im Gegensatz dazu werden die Kapillargefäße, welche in der Nähe des Endocards verlaufen, sehr stark komprimiert. Ein lokales Maximum dieser Kompression und damit der Durchblutungsminderung findet sich im linken Ventrikel. ~ 306 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Klinik: Klinisch bedeutsam wird dies bei pathologischen Durchblutungsstörungen des Myocards. Bei einer solchen - als KHK Æ koronare Herzkrankheit bezeichneten Erkrankung ist zumeist die Innenwand des linken Ventrikels betroffen. Dieser Umstand kann die Auswurfleistung des Herzens bzw. die Herzkraft erheblich schmälern. Biochemie der Energiegewinnung des Myocards: Das Myocard ist in der Lage verschiedene Stoffe - Substrate - zur Energiegewinnung zu nutzen: x x x freie Fettsäuren Æ 50 bis 60% Anteil an der Energiegewinnung Glucose Æ 30% Lactat Æ 20% Diese Werte können jedoch mit der Konzentration der o.g. Stoffe im Blut sehr stark variieren. Ernährt sich ein Mensch sehr kohlenhydratlastig, kann der Anteil der Glucoseverwertung im Myocard auf bis zu 70% ansteigen. ~ 307 ~ Steven M. Kelly Lehrbuch für Medizinberufe Das Reizleitungs-System des Herzens: Das Reizleitungssystem des Herzens lässt sich grundsätzlich in sieben Abschnitte unterteilen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Plexus cardiacus Sinusknoten Atrio-Ventrikular-Knoten Æ AV-Knoten His-Bündel Tawara-Schenkel Purkinje-Fasern Kammer-Myocard Beim Reizleitungssystem des Herzens handelt es sich nicht um Nervenzellen, sondern um spezialisierte Muskelzellen Æ Muskelfasern des Myocards. Die Zellen der Schrittmacher-Zentren sind dabei in der Lage, selbstständig (Æ autonom) elektrische Erregungen - Aktionspotenziale - auszubilden. Ein Herz, das keine Verbindung mehr mit dem Zentralorgan – Gehirn – besitzt, ist dennoch in der Lage weiter zu schlagen. Wird das Herz komplett aus seinem Situs entfernt und von allen Gefäßen getrennt, wird es auf Grund seines autonomen Erregungs-Bildungs-Systems noch einige Zeit weiterschlagen. Die Kontraktion ebbt erst ab, wenn das gesamte ATP im Myocard aufgebraucht ist, was bei einer Dauer von 3 bis 6 Minuten der Fall ist. ~ 308 ~