Prof. Dr. Michael Rufer [email protected] 27. Mediweek Davos, Sommer-Seminar-Woche Davos, 29. Juni – 05. Juli 2013 Angst- und Zwangsstörungen Von der Selbsthilfe zur Therapie Behandlungsmöglichkeiten bei Angst- und Zwangsstörungen Selbsthilfe (-Literatur, -Gruppen) Psychoedukative Interventionen Spezifische Psychotherapie Psychopharmaka Prof. Dr. med. Michael Rufer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie [email protected] Mit oder ohne professionelle Begleitung Wenige Sitzungen, auch (oder gerade!) in Gruppen In erster Linie kognitive Verhaltenstherapie In erster Linie Antidepressiva Möglichst keine Benzodiazepine, wenn dann nur kurzfristig «Bibliotherapie»: Selbsthilfe und Therapiebegleitung S. Fricke, I. Hand: Zwangsstörungen verstehen und bewältigen. Balance Buch + Medien, 7. Aufl., 2013 M. Rufer et al. Stärker als die Angst Huber-Verlag, 2011 M. Rufer, S. Fricke: Der Zwang in meiner Nähe. Rat und Hilfe für Angehörige zwangskranker Menschen. Huber-Verlag, 2011 Abb. aus: Rufer et al. (2011) Stärker als die Angst Kognitive Verhaltenstherapie bei Angst- und Zwangsstörungen: Häufige Therapiebausteine Informationsvermittlung Selbstbeobachtung Exposition Kognitive Ansätze Entspannungsverfahren Rückfallprophylaxe Mediweek Davos 2013 Prof. Dr. Michael Rufer Exposition und kognitive Methoden Die Angstkurve Expositionsverfahren [email protected] Begründer: Isaac Marks Im Mittelpunkt steht die Konfrontation mit Reizen, die unangenehme Gefühle auslösen Verhaltensänderungen, Emotionsmanagement und Habituation führen zu neue Einsichten Kognitive Verfahren Wichtige Vertreter: Aaron T. Beck, Albert Ellis, Donald Meichenbaum Im Mittelpunkt steht die Veränderung von Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen Neue Einsichten führen zu Verhaltensänderungen Vermeidung Abb. aus: Rufer et al. (2011) Stärker als die Angst Warten Sie noch 30 Sekunden… „Wie stark ist Ihre Angst jetzt (Skala 0-10)?“ „Welche Körpersymptome spüren Sie?“ „Welche Gedanken / Befürchtungen haben Sie?“ „Welche Regeln zur Angstbewältigung könnten Sie jetzt anwenden?“ „Was könnte im schlimmsten Fall passieren?“ „Wie realistisch sind diese Befürchtungen?“ „Wollen Sie die Übung weiterführen?“ Der Teufelskreis der Angst Abb. aus: Rufer et al. (2011) Stärker als die Angst Aus dem Teufelskreis ableitbare Interventionen Interozeptive Exposition Herzklopfen: Treppensteigen, Kniebeugen, … Schwindel: Drehstuhl, Hyperventilation, … Atemnot: Hyperventilation, mit Röhrchen atmen, … Kognitive Interventionen Hinterfragen von Fehlinterpretationen / ungünstigen Einstellungen, z.B. „Ich spüre, die Panik fängt wieder an, gleich werde ich ohnmächtig“ => „Panik und Herzklopfen schützt vor Ohnmacht“ „Sport führt bei mir zu mehr Symptomen, besser ich schone mich“ => „Durch Sport verbessert sich mein körperlicher Zustand und dadurch nehmen die Symptome mit der Zeit ab“ Mediweek Davos 2013 Prof. Dr. Michael Rufer [email protected] Aus dem Angst-Stress-Modell ableitbare Interventionen Das Angst-Stress-Modell Regelmässiges Entspannungstraining Allgemeines Gesundheitsverhalten Keine ungewollte Übernahme von Belastungen Regelmässig essen und trinken Pausen bei der Arbeit einlegen … Bessere Abgrenzung anderen gegenüber … Aktive Haltung gegenüber Problemen, statt diese aufzuschieben Abb. aus: Rufer et al. (2011) Stärker als die Angst Kognitive Verhaltenstherapie: Erklärungsmodell für die Aufrechterhaltung von Zwängen (nach Salkovskis & Warwick) + Aufdringlicher Gedanke: „Durch meine Schuld könnte das Haus abbrennen“ + Bedeutung: Hohes Risiko & hohe Verantwortung „Der Gedanke ist furchtbar“ - Gefühl: Angst, Anspannung, starkes Unbehagen - Neutralisierende Handlungen (z.B. Kontrollieren) + Einbezug von Angehörigen in die Therapie Angehörige helfen dem Therapeuten Therapeut hilft den Angehörigen „Dieser Gedanke ist nur ein Zwangsgedanke, der nicht wirklich bedeutet, was er sagt. Ich kann ihn nicht verhindern, muss ihm aber auch keine Aufmerksamkeit schenken. Meine Entscheidung ist, wie ich auf ihn reagiere“ Pharmakotherapie der Angst- und Zwangsstörungen Neue Informationen, Einblick in Funktionalitäten Fachliche Einschätzung der Problematik Informationen zu Angst- bzw. Zwangserkrankungen Information über Umgangsstrategien Angehörige als Coaches / Co-Therapeuten Therapeutische Unterstützung der Angehörigen selbst Familien- / Paarinterventionen / -therapie Mediweek Davos 2013 Prof. Dr. Michael Rufer [email protected] Pharmakotherapie der Angststörungen Einige Grundsätze Schweiz Med Forum (2011) 11:558-566 Antidepressiva als erste Wahl Bei Zwangsstörungen nur SSRI oder Clomipramin Bei generalisierter Angststörung auch Pregabalin Angst- bzw. zwangsspezifische Wirksamkeit Verzögerter Wirkungseintritt Behandlungsdauer hängt von individuellen Faktoren ab Alleinige medikamentöse Therapie ist nicht zu empfehlen Indikation für medikamentöse Therapie: Schwere Symptomatik und/oder ausgeprägte komorbider Depression Unabhängig von antidepressiven Effekten Absetzen immer mittels stufenweiser Dosisreduktion Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie Bei Zwangsstörungen auch bei schweren Zwangsgedanken Pharmakotherapie der Zwangsstörung www.zwaenge.ch und Schweiz Med Forum (2013) 13:337-344 Grundsätzliches Meist höhere Dosierung des (S)SRI als bei Depressionen Nicht selten 4-12 Wochen Dauer bis zum Wirkungseintritt Niedrige Dosierung des Neuroleptikums bei Augmentation Mediweek Davos 2013