Von Ratten und Menschen: Das Krebsrisiko bei Männern und Frauen Andrea Kindler-Röhrborn Institut für Pathologie und Neuropathologie Uni-Klinikum Essen Universität Duisburg -Essen Nacht der Wissenschaftskultur 24.9.2010 n Wissenschaftlicher Hintergrund Krebserkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit. 7,9 Millionen (ca. 13%) aller Todesfälle sind durch maligne Tumoren bedingt. Die Anzahl der krebsbedingten Todesfälle steigt weiter, für 2030 wird mit 12 Millionen Krebstoten gerechnet. Präventionsmaßnahmen sind dringend erforderlich. Komplexe genetische Erkrankungen Krebserkrankungen Genetik Aa, AA, aa Suszeptibilitäts-Gene exogenen Noxen Umweltfaktoren Frauen Männer Brust Dickdarm Prostata Gebärmutterhals Magen Lunge Harnblase Gebärmutter Mundhöhle Lympohknoten Haut Eierstock Niere Schilddrüse Kehlkopf 4000 3000 2000 1000 0 1000 2000 3000 4000 angegeben in tausend Personen weltweit, bei denen ein entsprechender Tumor in den Jahren 1995-2000 diagnostiziert wurde (World Cancer Report, IARC Press, 2003) Geschlechterunterschiede bei der Entstehung sporadisch auftretender Tumoren Häufigkeit Erkrankungsalter Erkrankungsverlauf Überlebenszeit Geschlechts-spezifische GeschlechtsspezifischeManifestation Manifestation von komplexerKrebserkrankungen genetischer Erkrankungen durch durch Genetik ? Aa, AA, aa Suszeptibilitäts-Gene exogene Noxen Umweltfaktoren ? Genderspezifisches Verhalten Berufswahl Genussmittel Präventionsverhalten 60 Anzahl Millionen 50 40 Raucher Nichtraucher 30 20 10 0 Gesamt Männer Frauen Verhältnis des Auftretens von Bronchialkarzinomen bei Männern und Frauen in verschiedenen Alterstufen 4 3,5 3 2,5 männlich weiblich 2 1,5 1 0,5 0 75 - 85 45 - 55 Alter 35 - 45 Pleuramesotheliom bösartiger Tumor des Rippenfells (Pleura) Asbest bedingt durch berufliche Exposition (Gebäudeabbruch; Kraftwerke, etc. 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Männer Frauen Modellorganismen • genetisch identische Tiere beider Geschlechter • weitgehend identische Lebensbedingungen für Tiere beider Geschlechter • Analyse einer vergleichsweise großen Anzahl von Individuen möglich Modellsystem Verabreichung der krebsauslösenden Substanz Ethylnitrosoharnstoff (ENU) am 1. Tag nach der Geburt BDIX 90% Tumoren des PNS (N. trigeminus) BDIV Resistenz Ergebnisse lebenden der Über Anteil Surviving Fraction Kaplan-Meier-Überlebenskurven von 268 F2 (BDIX x BDIV) Ratten (geschlechtsgetrennt ausgewertet) Intercross animals 1,0 ♂ male female ♀ 0,8 p = 0,0005 0,6 0,4 0,2 0 100 200 300 400 Days after EtNU-Exposure 500 Tage nach EtNU-Exposition 600 Ergebnisse Sechs Loci vermitteln geschlechtsspezifische Resistenz bzw. Suszeptibilität gegenüber der ENU-induzierten Krebsentstehung im Nervensystem RNO 1 Mss2 RNO 3 Mss3 RNO 6 Mss4 RNO 10 Mss7 Mss1 RNO 13 Mss5 RNO 15 Mss6 Ergebnisse Das Tumorrisiko hängt vom Genotyp und Geschlecht der Tiere ab D6Mit1 (Mss4) Genotype Female Affected animals (all animals) IV/IV IV/IX IX/IX 1 (42) 19 (65) 9 (38) 2% 29% 12.3 1.7-88.3 24% 9.9 1.3-74.9 IVIV IV/IX IX/IX 11 (31) 22 (58) 14 (33) 35% 38% 1.1 0.6-1.9 42% 1.2 0.6-2.2 Relative risk Male Affected animals (all animals) Relative risk Molekulare Mechanismen der geschlechtsspezifischen Effekte • Unterschiedliche Aktivität von Genen auf den Geschlechtschromosomen • Unterschiedliche Aktivität von Genen auf den Autosomen bei männlichen und weiblichen Individuen, – z.B. durch hormonelle Einflüsse – durch Interaktionen mit Genen auf den Geschlechtschromosomen Neuronale und soziale Verarbeitung von Synaesthesis und Synkognition Schlussfolgerung Gene, die das Tumorrisiko geschlechtsspezifisch beeinflussen, stellen wichtige Ansatzpunkte für spezifisch auf Männer oder Frauen zugeschnittene Maßnahmen zur Tumorprävention, Frühdiagnose und therapeutischen Intervention dar. Neuronale und soziale Verarbeitung von Synaesthesis und Synkognition Schlussfolgerungen Die Identifizierung von Genen, die das Krankheitsrisiko geschlechtsspezifisch beeinflussen, ermöglicht spezifisch auf Männer oder Frauen zugeschnittene Maßnahmen zur Krankheitsprävention, Frühdiagnose und therapeutischen Intervention .