Klassische Genetik Mendelsche Genetik, Kopplung und genetische Kartierung Es ist praktisch beispiellos, dass die Gründung einer wissenschaftlichen Disziplin ist mit einem bestimmten Person gekoppelt, wie Genetik und Gregor Mendel. Er hat es richtig beschlossen, dass nur eines von zwei alternativen Elementen in Keim- und Pollenzellen enthalten ist, und bei der Befruchtung diese beiden Zelltypen zufällig kombiniert werden. Mendel führte seine Versuche mit der Gartenerbse durch. Die Gartenerbse ist ein Zwitter, mit weiblichen (Eizelle) und männlichen (der Pollen) Geschlechtsorgane, damit Selbstbefruchtung und gezielte Befruchtung sind möglich. Zusätzlich, klassifizierte er nicht nur die Merkmale der Nachkommen, sondern ermittelte - als erster - quantitativ die Anteile der verschiedenen Klassen. Er hat sorgfältig reine Linien ausgewählt, welche ihre Merkmale nach Selbstbefruchtung von Generation bis Generation unveränderlich aufwiesen. Die sieben Merkmal-Paare waren die folgenden: Samen runder-runzlig; Samenfärbung gelb-grün; Blütenfärbung lila-weiss; Hülse gewölbt-runzlig; Farbe der Hülse grün-gelb; Blütenstellung Achsen-endständig; Achsenlänge kurz-lang. Dann kreuzte er die Pflanzen paarweise, die sich in einem Merkmal unterschieden (runder X runzlig, gelb X grün, usw., Abb. 1). Die F1 Bastarde aus der Kreuzung reiner Linien waren untereinander gleich, und es spielte keine Rolle, von welchem Elternteil das Merkmal vererbt wurde (Das Uniformitätsund Reziprozitätsgesetz, Abb. 2). Die F2 Generation entstand nach Selbstbefruchtung. Die F2 Individuellen sind unter sich nicht gleich, sondern es spalten die verschiedenen Erscheinungsformen (Phänotypen) heraus. Das Phänotypische Verhältnis dominant:rezessiv ist 3:1 (Abb. 2). Dieses Verhältnis auf phänotypische Ebene wird aufgelöst in ein 1:2:1 genotypisches Verhältnis wie homozygot dominant: Heterozygot: homozygot rezessive (Abb. 4, das Spaltungsgesetz). Eine Form der Darstellung genetischer Kreuzungen ist das sog. Kreuzungsquadrat oder Punett-Quadrat (Abb. 4). Der Name der Gene und deren Symbole sind kursiv geschrieben, wie z.B. das menschliche Gen sterile alpha and TIR motif containing 1 oder SARM1. Dominante/rezessive Allele unterscheiden sich mit grossen/kleinen Buchstaben wie A/a (Abb. 4). Bei Zwitter-Pflanzen die Feststellung des Genotyps der F2 Generation ermöglicht die Selbstbefruchtung. Die A/A oder a/a Homozygoten ergeben phänotypisch und genotypisch A oder a Nachkommen, aber die A/a Heterozygoten weisen eine 3:1 phänotypische und 1:2:1 genotypische Spaltung auf (Abb. 4). Bei der Mehrheit der Tieren Selbstbefruchtung ist unmöglich. Eine der genotypischen Analysen der phänotypisch A Nachkommenschaft bietet die sg. Test-Kreuzung (testcross) an. Man verwendet in dieser Kreuzung einen Elternteil, der/die homozygot rezessiv ist. Die Darstellungen der A/a X a/a und A/A X a/a Kreuzungen in dem Punett-Quadrat ist wie folgt: Gameten A a a ¼ A/a ¼ a/a a ¼ A/a ¼ a/a Die Hälfte der Nachkommenschaft phänotypisch A und genotypisch A/a, die andere Hälfte geno- und phänotypisch a/a wird. Grundanforderung Seite 1 Klassische Genetik Die A/A X a/a Kreuzung ergibt total andere Ergebnisse: Gameten A A a ¼ A/a ¼ A/a a ¼ A/a ¼ A/a Die entstehende Nachkommenschaft ist uniform, phänotypisch A und genotypisch A/a (Abb. 5). In einer Dihybridkreuzung jedes Merkmalspaar wird nach dem 2. Gesetz vererbt, und zwar unabhängig von anderen Merkmalspaaren (3. Gesetz, das Unabhängigkeits- oder Rekombinationsgesetz, Abb. 6). Insgesamt ergibt sich ein Zahlenverhältnis von 9:3:3:1 für die vier auftretenden Phänotypen (Abb. 6). Die Mendelschen Gesetze sind universal, unabhängig von Organismen. Ein Beispiel des dritten Gesetzes stellen die Abb.-en 7 und 8 dar. T.H. Morgan fand ein weissäugiges Drosophila-Männchen unter den sonst rotäugigen Fliegen, und es gelang ihm, einen Stamm mit weissäugigen Fliegen der Mutante white zu züchten. Kreuzung der w+ Wildtyp-Weibchen mit w-Männchen ergab uniform rotäugige Fliegen. In der reziproken Kreuzung erwarten wir das selbe Ergebnis, finden aber, dass die Nachkommenschaft phänotypisch nicht uniform ist: Die Töchter haben rote, die Söhne aber weisse Augen. Also, das Ergebnis verletzt das Uniformitäts- und Reziprozitätsgesetz. Aber die Lage ist nicht so. Gene werden auf den Chromosomen verteilt, und Diploiden tragen zwei homologe Chromosomen, die dieselben Gene enthalten, die Autosomen, ausser Männchen mit X –Y Geschlechtsbestimmung. Die sind hemizygot für X-Chromosom koppelte Gene, da auf dem Y Chromosom fast alle anderen Gene des X-Chromosoms fehlen (Abb. 9). Die Anzahl der monogenischen vererbten autosomalen menschlichen Krankheiten liegt in der Höhe von ~7000. Die überwiegende Mehrheit der Krankheiten einen rezessiven Erbgang hat. Brachy- und Polydaktylie betreffen die Finger der Hände und die Zehen der Füsse, und beide weisen einen dominanten Erbgang auf (Abb.–en 10, 11). Die Expressivität der Polydaktylie kann unterschiedlich sein; einige mutationsträgenden Patienten entwickeln 0, einige 4 betroffene Extremitäten (extra Finger oder Zehe,). Die häufigste autosomal rezessive Erkrankung der Kaukasischen Bevölkerung ist die zystische Fibrose (Mukoviszidose). Die betrifft 1 zu 2500 Neugeborene; die Heterozygotenhäufigkeit ist 1/25 in Mitteleuropa. Als Symptom der Erkrankungen ist die Obstruktion der Drüsenausführungsgänge von hochviskösem Sekret, insbesondere in der Lunge. Die Folge ist Sekundäre Zystenbildung und Fibrose der Gewebe. Das Gen kodiert einen Chlorid-Kanal. Die häufigste Mutation ist die Deletion des Tripletts CTT, und Phenylalanin 508 auf Protein-Ebene. Man spekuliert, dass die Heterozygoten einen Selektionsvorteil während der Pestseuchen hatten, damit die Anhäufung entstehen können hätte (Abb. 12). In bestimmten Populationen seltene genetische Erkrankungen weit häufiger sein können als in der allgemeinen Population. Ein Beispiel dafür ist die Tay-Sachs Erkrankung der AshkenazyJuden, unter den die Häufigkeit 1:3000 ist. Die Symptome der Erkrankung sind Makrozephalie, mentale Retardierung, und Dezerebration (Funktionsverlust des Gehirns). Die Symptome der Erkrankung ist die Folge eines Enzymdefekts, nämlich -Hexosaminidase A, Grundanforderung Seite 2 Klassische Genetik B. Heterozygosität kann auf DNA-Ebene nachgewiesen werden, als das Enzymspiegel der Heterozygoten ist nicht immer unbedingt 50 % (Abb. 13). Sichelzellanämie ist am längsten bekannte Hämoglobinopathie. Basenpaarsubstitutionen in dem haemoglobin S (HBS) Gen verändern die Löslichkeit des Hämoglobins. Das HBS Protein polymerisiert in Filamente von hohem molekularem Gewicht, welche sich zu Faserbündeln assoziieren. Diese verformen die Erythrozytenmembran in charakteristischer Weise zu Sichelzellen. Sichelzellanamie ist in Afrika häufig. Der Grund für die hohe Frequenz ist eine Selektionsvorteil gegen Malaria tropica (Abb. 14). Hämophilie ist eine klassische X-chromosomal-rezessive Erkrankung. Bei etwa 85 % der Hämophilienfamilien befindet sich einen Mangel an antihämophilem Globulin A, Faktor VIII (Hämophilie A), bei etwa 15 % einen Mangel an antihämophilem Globulin B, Faktor IX (Hämophilie B). Die Gerinnungsstörung führt zu bedrohlichen Blutungen bei Verletzungen. Es treten schmerzhafte tiefe Hämatome der Muskulatur auf. Das Faktor VIII Gen ist 200 kb gross und kodiert für 2351 Aminosäuren. Bei der schwer betroffenen Patienten tritt eine micro-Inversion innerhalb der Promotorregion und im Intron 22. Der Erbgang ist typisch XChromosom-gekoppelt: Die heterozygotischen Frauen sind Konduktorinnen und weitergeben das Mutation-trägende X Chromosom an Hälfte ihrer Söhne, die hemizygot für XChromosom sind (Abb.-en 15-18). Die Darstellung eines menschlichen Stammbaums erfolgt nach bestimmten Regeln wie die Generationenfolge, das Geschlecht und das berücksichtigte Merkmal. Die Vererbung dominanter Kraushaarigkeit stellt Abb. 19 dar. Sind zwei Gene auf verschiedene Chromosomen lokalisiert, oder gehören sie einem Chromosom, einer Kopplungsgruppe an? Wir können diese Frage mit Hilfe einer Rückkreuzung, oder Test-Kreuzung beantworten. In diesem Fall ein Elternteil für beide rezessiven Allele homozygot ist. Im Fall der freien kombinierbarkeit von vg und e sind unter den Eiern die beiden nicht rekombinanten und die beiden rekombinanten Typen jeweils gleich häufig. Da das Test-Männchen nur einen Typ von Spermien mit den beiden rezessiven allelen produziert, wird der Genotyp der Eizellen direkt als Phänotyp der Nachkommen sofort sichtbar, und zwar als 1:1 Verhältniss von Nicht-rekombinanten : Rekombinanten (Abb. 20). Diesen Typ der Rekombination nennen wir interchromosomal. Bei genetischer Kopplung ist das Phänotypergebnis einer Test-Kreuzung ähnlich dem der Nichtkopplung. Der Unterschied liegt in den Anteilen von nicht rekombinanten und rekombinanten. Die beiden Nicht-Rekombinanten und Rekombinanten sind untereinander gleich häufig. Der Anteil der Rekombinanten an der Nachkommenschaft spiegelt die Crossoverhäufigkeit wieder: Je ferner zwei Gene zueinander liegen, desto häufiger tritt die Rekombination auf (Abb. 21). DiesenTyp der Rekombination nennen wir intrachromosomal. Die Eigenschaften der intrachromosomalen Rekombination ermöglichen die Bestimmung der Positionen der Gene auf die Chromosomen. Die Rekombinationenhäufigkeit zwischen den pr und vg Gene ist 10.7 % (Abb. 22). Dies bekommen wir wenn die Anzahl der Rekombinanten (151+154=305) dividieren mit der Anzahl der Nachkommenschaft (Rekombinanten und Nicht-Rekombinanten, 2839) und multiplizieren mit 100: 305/2839x100=10.7 %, 10.7 Kartenenheit, 10.7 centiMorgan, cM. Ein cM ist die Einheit der Genetischen Karte, und ist der Abstand zweier Gene, zwischen den die Rekombinationenhäufigkeit 1 % ist. Grundanforderung Seite 3 Klassische Genetik Der Abstand zwischen zweier Gene kann so gross sein, dass eine 50 prozentige Rekombinationshäufigkeit auftritt, wie bei der interchromosomalen Rekombination. In diesem Fall können wir es schwer entscheiden, mithilfe eines statistischen Tests, ob die zwei Gene auf dasselbe, oder auf separierte Chromosomen liegen. Normalerweise kartieren wir die Gene mit einem Abstand von 1-10 cM, und stellen deren Abstand nacheinander dar. Dieses Verfahren spiegelt eine weitere Eigenschaft der genetischen Karte, und zwar ihre Additivität wieder. Wie es schon erklärt wurde, der Grund der genetischen Kartierung ist die Rekombinationenhäufigkeit. Grosse Chromosomen können eine Karte über 100 cM beherrschen, weil die Karte kleiner Chromosomen in der Höhe von ein paar cM liegt. Der Ort eines Gens (Genlocus, auf Englisch: locus, mehrzahl loci) und die Reihenfolge der Gene auf das Chromosom ist genau bestimmt. Die Gene folgen nacheinander als Perle einer Kette. Die genetische Karte zeigt ihren relativen Abstand, und allgemein, die genetische Organisation eines Chromosoms (Abb. 23). Weshalb, die klassische genetische Kartierung auch heutzutage eine grosse Beduetung hat, z.B. bei der Bestimmung eines unbekannten menschlichen Gens, welches eine genetische Erkrankung verursacht. In der post-genomischer Zeit die Nukleotidsequenz mehrerer Genome, einschließlich menschliches, bietet eine hochgenaue genetische Karte an, wie ein Teil der Karte des menschlichen Chromosoms 11, in Vergleich mit der syntänischen Regionen der Ratte und Maus (Abb. 24). Wichtige Begriffe: Allel Zystische Fibrose Genlokus Brachydaktylie Wild-typ Allel Polydaktylie Genotyp Stammbaumanalyse Phenotyp Konduktor Heterozygot Dystrophin Homozygot Lesch-Nyhan syndrome Hemizygot Muscular dystrophie Dominant Hemophilie Rezessiv Sichelzellanämie Hybrid genetische Rekombination Uniformitatsregel von Mendel Kopplungsgruppe Segregationsregel von Mendel rekombinante Nachkommen Unabhängigkeitsregel von Mendel genetische Kartierung Punnet Tabelle centi Morgan (cM) Kodominant Vererbung Mitosis Geschlechtgekoppelte Vererbung Meiosis Test-Kreuzung Weiterführende Materialen im Buch Purves: Kapitel 12.1, 12.4, 12.5 Grundanforderung Seite 4