Spektralklassifikation von Sternen Um die unterschiedlichen Sterne in Klassen (Typen) zu ordnen, bietet sich ein Merkmal besonders an: das jeweilige Sternspektrum. Man versucht die Sternspektren auszuwerten, indem man die Spektren verschiedener Sterne vergleicht und systematische Ordnungsprinzipien anwendet. Die Einordnung stellarer Spektren in Spektraltypen wurde 1899 durch Pickering und Cannon begonnen (Harvard-Sequenz) und bildet mit einigen Modifikationen das heute angewandte Schema. Grundlage des Schemas bilden die Stärken der Absorptionslinien. O B „frühe Typen“ A F G „mittlere Typen“ K M L T „späte Typen“ Merkspruch für die Reihenfolge der Spektraltypen: Oh Be A Fine Girl Kiss My Lips Tenderly Im späten 19. Jahrhundert ging man davon aus, dass die Spektralklassen auch das Altern von Sternen angeben. Deshalb auch die Einteilung in frühe, mittlere und späte Typen. Obwohl man heute weiß, dass Spektralklasse und Alter eines Sterns nicht zusammenhängen, blieben die Bezeichnungen bis heute erhalten. Die eindimensionale Einteilung in neun Spektralklassen ist jedoch noch viel zu grob, um eine zuverlässige Gruppierung zu erhalten. Deshalb wird jede Klasse nochmals in Subtypen unterteilt, die durch angehängte Ziffern von 0 bis 9 angezeigt werden. Hauptunterschiede in den Spektren: • Beim Übergang von frühen zu späten Typen (O G T) verschiebt sich das Maximum der spektralen Energieverteilung immer mehr von kleinen zu größeren Wellenlängen. • Aufgrund des Wienschen Verschiebungsgesetzes lässt sich deshalb festhalten, dass die sich die verschiedenen Spektralklassen primär durch die Effektivtemperatur unterscheiden. • Die Sternfarbe ändert sich entsprechend von bläulich-weiß über gelb zu rot. • Beim Übergang von O nach A erfolgt zudem eine enorme Zunahme der Zahl der Absorptionslinien (siehe Abbildung unten). • Die Ausprägung von Wasserstoff– und Heliumlinien nimmt ausgehend von Spektralklasse O zu den folgenden Spektralklassen ab. • Spätere Typen zeigen dafür mehr Absorptionslinien von Metallen, die bei den frühen Typen fehlen. Auszug aus dem Skript ASTROPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim Spektralklassifikation von Sternen Kleine Übersicht über die Spektralklassen: Klasse Charakteristik Farbe Temperatur in K Masse in MO Beispielsterne O Ionisiertes Helium (He II) blau 30000–50000 60 Mintaka (δ Ori) B Neutrales Helium (He I), Balmer-Serie Wasserstoff blau-weiß 10000–28000 18 Rigel, Spica A Wasserstoff, Calcium (Ca II) Weiß (leicht bläulich) 7500–9750 3,2 Wega, Sirius F Calcium (Ca II), Auftreten von Metallen weiß-gelb 6000–7350 1,7 Prokyon, Canopus G Calcium (Ca II), Eisen und andere Metalle gelb 5000–5900 1,1 Capella, Sonne K Starke Metalllinien, später Titan(IV)-oxid orange 3500–4850 0,8 Arctur, Aldebaran M Titanoxid rot-orange 2000–3350 0,3 Beteigeuze, Antares L mattrot 1300–2000 VW Hyi T mattrot (Max. im Infrarot) 800–1300 ε Ind Ba Die Unterschiede in der Anwesenheit und Ausprägung einzelner Absorptionslinien bei unterschiedlichen Spektraltypen werden besonders deutlich, wenn Spektren typischer Vertreter direkt übereinander angeordnet werden: http://www.noao.edu/image_gallery/images/d2/starsla.jpg (NOAO/AURA/NSF) Auszug aus dem Skript ASTROPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim Spektralklassifikation von Sternen Auch wenn die Spektren von Sternen desselben Spektraltyps sehr große Ähnlichkeit haben, lassen sich in ihnen noch markante Unterschiede finden: - Breite und Stärke der Absorptionslinien - An- und Abwesenheit bestimmter Absorptionslinien - Schärfe der Absorptionslinien Generell gilt, dass bei heißeren und leuchtkräftigeren Sternen die Linien schmaler und schärfer sind als bei kälteren Sternen geringerer Leuchtkraft. Deshalb wurde von William W. Morgan und Philip. C. Keenan ein weiteres Klassifikationsmerkmal neben dem Spektraltyp eingeführt, die sogenannte Leuchtkraftklasse, die durch eine römische Ziffer gekennzeichnet wird. In diesem MK-System sind die Sterne in folgende Leuchtkraftklassen eingeteilt: I Überriesen (feinere Unterteilung nach abnehmender Leuchtkraft: Ia, Iab, Ib) II Helle Riesen III Riesen IV Unterriesen V Zwerge (Hauptreihensterne) VI Unterzwerge VII Weiße Zwerge Beispiele: • Sonne G2 V • Sirius A2 V • Deneb A2 Ia • Beteigeuze M2 Iab Spektralklasse und Leuchtkraftklasse bilden damit eine zweidimensionale Klassifizierung von Sternspektren mit einer sehr engen Verbindung der physikalischen Eigenschaften Temperatur und Leuchtkraft der Sterne. Im Gegensatz zur Spektralklasse gibt die Leuchtkraftklasse eher den Entwicklungszustand eines Sterns an, da jeder Stern im Verlauf seines Lebens verschiedene Leuchtkraftklassen durchläuft. Auszug aus dem Skript ASTROPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim