Current congress | Highlights 11 Männer und Depression – deutliche Versorgungsdefizite Männer, die an einer depressiven Störung leiden, nehmen deutlich seltener professionelle Hilfe in Anspruch. Und selbst wenn sie medizinischen Rat einholen, erhalten sie öfter als Frauen keine medikamentöse oder psychotherapeutische Depressionsbehandlung. Ursachen für diese Diskrepanz könnte zum einen mangelndes Wissen über Depressionen, zum anderen die besondere Stigmatisierung psychischer Erkrankungen bei Männern sein. Gemeinsam mit seinen Ko-Autoren hat Dipl.-Psych. Lars Hölzel, Freiburg, Geschlechtsunterschiede im Wissen über Depressionen, hinsichtlich verschiedener Formen der Stigmatisierung und in der Bereitschaft zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe untersucht, um auf dieser Basis die Versorgung von Männern mit Depressionen in Deutschland zu verbessern. Deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede beim Thema „Depression“ Eine wesentliche Voraussetzung für eine Verbesserung der Versorgung, gerade auch bei an Depression erkrankten Männern, wäre eine höhere Bereitschaft zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe. Um dies jedoch zu fördern, ist es wichtig, genauer zu verstehen, welche Unterschiede zwischen Männern und Frauen bezüglich der Inanspruchnahme bestehen und welche Faktoren die Bereitschaft zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe bei Männern beeinflussen. Wesentliche Faktoren könnten zum Beispiel mangelndes Wissen über die Erkrankung im Allgemeinen und die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen – insbesondere bei Männern – sein. Quelle: PhotoDisc Im Rahmen epidemiologischer Studien wurden für Männer einerseits niedrigere Depressionsraten ermittelt als für Frauen, wobei depressive Störungen auch bei Männern mit einer 12-Monats-Prävalenz von 7,6 % bei Weitem nicht selten sind. Andererseits versterben Männer etwa 3-mal häufiger durch Suizid, wofür depressive Störungen als häufigste Ursache gelten [1]. Liegt eine depressive Erkrankung vor, suchen Männer seltener einen Arzt auf als Frauen [2], werden seltener korrekt diagnostiziert [3] und erhalten dann, wenn sie tatsächlich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, seltener eine adäquate Therapie [2]. Insgesamt kann daher von deutlichen Defiziten in der Versorgung von Männern mit Depression in Deutschland ausgegangen werden. In einer eigenen Untersuchung (n = 1069) wurden daher geschlechtsspezifische Unterschiede • im Wissen über Depressionen, • hinsichtlich verschiedener Formen der Stigmatisierung und • in der Bereitschaft zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe untersucht. Demnach wissen Männer tatsächlich durchschnittlich signifikant weniger über Depressionen und deren Behandlung als Frauen. Sie haben zudem negativere Konzepte von Menschen mit Depression und reagieren auf diese häufiger mit Wut und weniger mit Mitleid als Frauen. Solche negativen Vorstellungen und negative emotionale Reaktionen auf Menschen mit einer depressiven Störung sind jedoch gleichzeitig mit einer geringeren Bereitschaft zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe assoziiert. Doch nicht nur bezüglich der Bereitschaft zur Inanspruchnahme medizinischer Hilfe gibt es unterschiede zwischen depressiven Männern und Frauen. Weitere geschlechtsspezifische Defizite der Versorgung bestehen beispielsweise bei der Diagnosestellung und der Behandlung. Die Verbesserung der Versorgung von an Depression erkrankten Männern ist deshalb ein wichtiges Thema zukünftiger Versorgungsforschung. Das Thema „Männer und Depression“ öffentlich machen Um die Bereitschaft von Männern zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe bei depressiven Störungen zu erhöhen und eine höhere Akzeptanz von Depression bei Männern zu erwirken, erscheinen aufklärende und entstigmatisierende Interventionen vielversprechend. Das „Freiburger Bündnis gegen Depression“ hat zu diesem Zweck die Arbeitsgruppe „Männerdepression“ gegründet. Diese möchte mithilfe einer gezielten Aufklärungsarbeit das Thema „Männer und Depression“ öffentlich machen. Männer sollen dabei mehr über die Symptome, die Ursachen und die Häufigkeit von Depression, deren Behandlungsmöglichkeiten und bestehende Hilfsangebote erfahren. Literatur 1 Wittchen H. Depressive Erkrankungen. Berlin: Robert-Koch-Institut; 2010 2 Wittchen H, Müller N, Schmidtkunz B et al. Erscheinungsformen, Häufigkeit und Versorgung von Depressionen. Fortschritte der Medizin 2000; 118 (Suppl.): 4–10 3 Bertakis KD, Helms LJ, Callahan EJ et al. Patient gender differences in the diagnosis of depression in primary care. J Womens Health Gend Based Med 2001; 10: 689–698 Freitag, 25. November 2011 Postersitzung: Affektive Störungen 4 13:30–15:00 Uhr, Halle 15.1 (13.45–13:53 Uhr: Männer und Depression – Unterschiede in Wissen über Depression, Stigmatisierung und Bereitschaft zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe) Dieses Dokument ist nur zum persönlichen Gebrauch. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Nur wer geschlechtsspezifische Unterschiede kennt, kann die Versorgung verbessern