Mathematisch-Naturwissenschaftliche Grundlegung WS 2014/15 Chemie I 09.01.2015 Dr. Helge Klemmer Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – 1. Hauptsatz Änderung der Inneren Energie: DU = UEnde – UAnfang = Dw + Dq Einheit J Wärmekapazität: c = q/DT Einheit J/K Spezifische Wärmekapazität cs = c/m = q/(DT∙m) Einheit J/(K∙g) Bestimmung von DU Bombenkalorimetrie (V = konst.) → keine Volumenarbeit → DV = 0 → Dw = 0 → DU = Dq Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Enthalpie Enthalpie: H = U + p∙V Einheit J Notwendig, da Prozess meist isobar und damit Dw ≠ 0 und DU ≠ Dq Bestimmung von DH: Reaktion in einem offenen Gefäß → isobar (p = konst.) → DH = Dq Verbrennungskalorimeter Enthalpie von Phasenübergängen: Bsp.: Verdampfungsenthalpie (endotherm) Kondensationsenthalpie (exotherm) „Ist ein Prozess endotherm oder exotherm, so ist der Umkehrprozess exotherm oder endotherm.“ (d.h. die Enthalpie ist im Betrag gleich, hat nur das andere Vorzeichen) Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Thermochemie Die Enthalpie chemischer Reaktionen Fragestellung: Welche Energiereserven besitzen Brenn- oder Nährstoffe? (Anmerkung: Nur freigesetzte Wärme) Verbrennung: Vollständige Reaktion einer Substanz mit Sauerstoff Beispiel Methan: CH4 (g) + 2 O2 (g) → CO2 (g) + 2 H2O (l) Bei der Reaktion (isobar) freigesetzte Wärmemenge entspricht der Verbrennungsenthalpie DVerbH DVerbHq (CH4) = -890 kJ/mol (Standardbedingungen) Warum verbraucht man nun mit reinem Superbenzin weniger als mit E10? DVerbHq (Super) = -5461 kJ/mol ≈ -47900 kJ/l DVerbHq (C2H5OH) = -1386 kJ/mol ≈ -30130 kJ/l Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Thermochemie Die Enthalpie chemischer Reaktionen Fragestellung: Wie wird die Verbrennungsenthalpie gemessen? z.B. in einem Bombenkalorimeter (isochor) → DU = Dq Bestimmung der Verbrennungsenthalpie: H = U + p∙V = U + n(g)∙R∙T (ideales Gasgesetz) → DH = DU + Dn(g)∙R∙T Beispiel: Verbrennung von Gummibären (Glucose) C6H12O6 (s) + 6 O2 (g) → 6 CO2 (g) + 6 H2O (l) Dn(g) = 0 → DH = DU Dq = -2808 kJ/mol = DU = DHVerb. Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Thermochemie Die Enthalpie chemischer Reaktionen Fragestellung: Wie bekommt man nun Enthalpie von komplexen Reaktionen? Satz von Hess: Die Standardenthalpie einer Reaktion entspricht der Summe der Standardenthalpien der Einzelreaktionen, in die die Gesamtreaktion zerlegt werden kann. Beispiel: Verbrennung von Propen DVerbHq (C3H6) = ??? C3H6 (g) + 4.5 O2 (g) → 3 CO2 (g) + 3 H2O (l) gegeben: C3H6 (g) + H2 (g) → C3H8 (g) C3H8 (g) + 5 O2 (g) → 3 CO2 (g) + 4 H2O (l) H2O (l) → H2 (g) + 0.5 O2 (g) DHq (C3H6) = -124 kJ/mol DHq (C3H8) = -2220 kJ/mol DHq (H2O) = +286 kJ/mol S Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] DVerbHq (C3H6) = -2058 kJ/mol Thermodynamik – Entropie Wann und warum läuft ein Prozess spontan ab? Beobachtung: Gas expandiert, um ein Gefäß vollständig auszufüllen. Es zieht sich aber nicht von selbst wieder zurück. Wasserstoff und Sauerstoff reagieren explosionsartig (Knallgas) Aus Meerwasser bildet sich aber spontan kein Wasser- oder Sauerstoff. Einteilung von Prozessen in: Spontane Prozesse: Können ablaufen, ohne dass Arbeit verrichtet werden muss Nicht spontane Prozesse: Laufen nur ab, wenn dafür Arbeit verrichtet wird. Folgerung: Es muss eine Eigenschaft geben, die für den Unterschied der Prozesse verantwortlich ist! Ziel: Vorhersagen, wann ein Prozess abgeschlossen bzw. im Gleichgewicht ist! Wann ist die Reaktion bestrebt weiter abzulaufen? Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Entropie Wann und warum läuft ein Prozess spontan ab? Beobachtung: Ungeordnete Verteilung von Energie Warmer und kalter Metallblock kommen in Kontakt. Die stark schwingenden Atome des heißen Blocks regen die weniger stark schwingenden Nachbaratome an, bis alle gleich stark schwingen. 2 grundlegende Typen spontaner Prozesse sind beobachtbar: Materie neigt dazu, sich ungeordnet zu verteilen Energie neigt dazu, sich ungeordnet zu verteilen Entropie S: Maß für den Grad der Unordnung von Materie und Energie 2. Hauptsatz der Thermodynamik: Die Entropie des Universums zeigt das Bestreben zuzunehmen! Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Entropie Wann und warum läuft ein Prozess spontan ab? Entropieänderung: DS = Dqrev/T 1. Warum wird nur die übertragene Wärme berücksichtigt? Die Übertragung von Wärme entspricht einer ungeordneten Bewegung. Wird jedoch Arbeit geleistet, so nutzt man die gerichtete Bewegung von Molekülen! 2. Was bedeutet reversibel übertragende Wärme? Die Übertragung findet sorgfältig und maßvoll (infinitesimal) bei konstanter T statt. 3. Warum steht die Temperatur im Nenner? Wird einem heißen Körper eine bestimmte Wärmemenge zugeführt, so ist der Effekt kleiner, als wenn diese Wärmemenge einem kalten Körper zugeführt wird. Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Entropieänderung Was passiert wenn die Temperatur nicht konstant bleibt? Dqrev DS T DS c p DT T mit Dqrev c p DT bzw. dS c p dT mit c p : Wärmekapazität Differentialgleichung T TE DS c p ln TA Beispiel: 2 mol Wasser (T1 = 25°C) werden mit gleich viel Wasser (T2 = 75°C) gemischt. Es stellt sich die Temperatur TE = 50°C ein. Die Enthalpie bleibt konstant. Warum läuft der Prozess trotzdem ab? T T J 323K J DS1 c p ln E n c p ,m ln E 2mol 75 ln 12.1 J TA T1 mol K 298K K DS ges 0.9 0 K TE TE J 323K J DS 2 c p ln n c p ,m ln 2mol 75 ln 11.2 spontan! TA T2 mol K 348K K Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Entropieänderung Was passiert bei Phasenübergängen? Wenig Unordnung Viel Unordnung An einem Phasenübergang ist die Übertragung von Wärme ein reversibler Prozess. Ist die Temperatur der Umgebung kleiner, so fließt Wärme aus der Substanz und die Substanz gefriert. Im umgekehrten Fall schmilzt sie. DH PT p = konst. → Dqrev = DHPT → DS PT TPT DHVerd 1 1 D S 85 J mol K Trouton‘sche Regel: Verd TSied Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Entropieänderung Wie beschreibt man Reaktionen? Kommt es bei einer Reaktion zur Nettobildung von Gasen, so ist meist mit einer Entropiezunahme zu rechnen (z.B. Verbrennung). Werden jedoch Gase im Netto Gase verbraucht, so ist eine Entropieabnahme zu erwarten (z.B. Photosynthese) Standardreaktionsentropie: Differenz der molaren Entropien von Edukten und Produkten D R S Sm (Produkte) Sm (Edukte) Beispiel: 2 H2 (g) + O2 (g) → 2 H2O (l) D R S 2 S m (H 2 O) 2 S m (H 2 ) S m (O 2 ) (2 70 2 131 205J K 1 mol 1 327 J K 1 mol 1 Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Entropie nimmt ab! Warum läuft die Reaktion doch ab? Thermodynamik – Entropieänderung Was ist mit dem System und der Umgebung? Es ist immer notwendig, die Entropie der Umgebung und des Systems in dem ein Prozess stattfindet genau zu betrachten. Ohne diese Betrachtung kann die Frage nach spontan oder nicht nie geklärt werden! Entropie der Umgebung: DSUmgeb Dqrev,Umgeb Isobar: DqUmgeb TPT DqUmgeb TPT Dq DH DH DSUmgeb TPT DH D S D S D S D S Gesamtentropie: gesamt Umgeb T Beispiel: 2 H2 (g) + O2 (g) → 2 H2O (l) D R S 327 J K 1 mol 1 DH 527 103 J mol 1 D R SUmgeb 1.92 103 J mol 1K 1 T 298K Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] D R S ges 1.59 103 spontan! J mol K Thermodynamik – Freie Enthalpie Wie stehen Entropie und Enthalpie im Zusammenhang? Beschränkung auf das System notwendig: DS gesamt DS DSUmgeb DS DH T Da diese Beziehung nur von Systemgrößen abhängt, ist die Änderung mess- und somit auch beschreibbar. Freie Enthalpie: G H T S Änderung der freien Enthalpie: DG DH D(T S DH DT S T DS Falls isotherm: DG DH T DS Eine Änderung der freien Enthalpie rührt bei konstanter Temperatur von der Änderung der Enthalpie und der Entropie her (alles Systemgrößen) Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected] Thermodynamik – Freie Enthalpie Wie stehen Entropie und Enthalpie im Zusammenhang? DH DS gesamt DS DS gesamt T T DS DH T Vergleich mit: DG DH T DS Es folgt also: DG T DS gesamt bei p und T = konst. Die Änderung der freien Enthalpie ist also proportional zur Änderung der Gesamtentropie! Für die Spontanität eines Prozesses gilt also: DG 0 oder DS gesamt 0 Die freie Enthalpie nimmt ab und die Gesamtentropie zu, wenn ein spontaner Prozess abläuft. Spontane Prozesse sind exergon, nicht spontane Prozesse endergon. Dr. Helge Klemmer Institut für Physikalische Chemie [email protected]