Odontogenes Myxom im Oberkiefer - Ruhr

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Zahnmedizin
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Seltene odontogene Tumoren
Odontogenes Myxom
im Oberkiefer
In dieser Rubrik stellen Kliniker Fälle vor,
die diagnostische Schwierigkeiten aufgeworfen haben. Die Falldarstellungen
sollen Ihren differentialdiagnostischen
Blick schulen.
Fotos: Kunkel
Martin Kunkel, Torsten E. Reichert
Abb. 1: Aufsicht auf den rechten Alveolarfortsatz des Oberkiefers.
Der Tumor hat hier zu einer deutlichen Verbreiterung des crestalen
Alveolarfortsatzes geführt.
Abb. 2: Das Orthopantomogramm zeigt die ausgedehnte wabig strukturierte Osteolyse mit unregelmäßigen und teilweise unscharfen Begrenzungen der Läsion.
Abb. 3: Darstellung des bei der Freilegung zur
Biopsie glasig und gallertartig erscheinenden
Tumors. Im Vergleich zur Position des Eckzahnes werden die massive Auftreibung des
Oberkiefers und die Ausdehnung der Läsion
erkennbar.
Kasuistik
Es handelte sich um einen 35-jährigen Patienten, bei dem über mehrere Jahre eine
Auftreibung des rechten Oberkiefers entstanden war. Subjektiv hatte der Patient
zwar eine Verbreiterung des Alveolarkammes wahrgenommen, Schmerzen waren
allerdings nie aufgetreten. Klinisch lag eine
balkonartige Aufweitung des Prozessus
alveolaris insbesondere im Prämolarenbereich vor (Abb. 1). In der konventionellen
Röntgendiagnostik zeigte sich im Orthopanthomogramm (OPG) eine ausgedehnte
zm 94, Nr. 7, 1. 4. 2004, (830)
Abb. 4: Aufsicht auf das Transplantatlager bei
der sekundären Rekonstruktion des Oberkiefers. Der nach der Resektion zur primären Defektdeckung verwendete Bichat-Lappen bildet
nun ein geschlossenes Gewebeblatt zur Kieferhöhle und damit ein geeignetes Transplantatlager zur Aufnahme des Beckenspanes.
Osteolyse des rechten Oberkiefers mit einer
feinwabigen Binnenstruktur (Abb. 2). Bei
der Biopsie des Tumors zeigte sich ein helles, gallertartiges Gewebe (Abb. 3). Der Tu-
mor hatte den Oberkiefer breit aufgetrieben und die Gaumenplatte aufgebraucht.
Nach bioptischer Sicherung eines odontogenen Myxoms erfolgte die Tumorentfernung im Sinne einer partiellen Oberkieferresektion von Regio 12 bis zur Tuberregion
mit einem Sicherheitsabstand von etwa
fünf Millimetern, da der Tumor eine deutliche lokale Infiltration zeigte. Die primäre
Defektdeckung erfolgte unter Mobilisierung eines Bichat-Lappens zur gesonderten
Bildung eines Gewebeblattes zur Rest-Kieferhöhle. Zur knöchernen Rekonstruktion
wurde nach einem Jahr, unter Erhaltung
des Bichat-Lappens als trennende Schicht
zur Kieferhöhle (Abb. 4), ein freies Beckenkammtransplantat zur Bildung des knöchernen Implantatlagers eingebracht. Nach
sekundärer Implantation unter Sinusliftartiger Einlagerungsosteoplastik cranial des
Beckenspanes erfolgte zwischenzeitlich die
prothetische Versorgung durch eine implantatgetragene Brücke (Abb. 5).
Diskussion
Das odontogene Myxom wird heute überwiegend als Derivat des mesenchymalen
Anteils der Zahnanlage betrachtet [Regezi,
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Abb. 5: Klinisches
Ergebnis nach Versorgung mit einer implantatgetragenen
Brücke zum Ersatz der
Zähne des rechten
Oberkiefers
2002; Sciubba et al., 2001]. Da es sich von
der Zahnanlage ableitet, betrifft es die
zahntragenden Abschnitte des Kiefers. Die
Unterscheidung eines von der Zahnleiste
ausgehenden odontogenen Myxoms von
einem osteogenen Myxom auf der Basis
von Knochenvorläufergewebe ist heute
weitgehend verlassen worden [Neville et
al., 2002]. Das odontogene Myxom ist ein
Tumor des (jungen) Erwachsenenalters, nur
in Einzelfällen wird über eine Manifestation
bei Kindern berichtet [Fenton et al., 2003].
Ein sehr langsames Wachstum und, wie im
vorliegenden Fall, auch ein langes symptomloses Intervall sind typisch für diese
Knochenläsion. Nicht selten werden kleinere Myxome als Zufallsbefund anlässlich
Fazit für die Praxis
■ Das odontogene Myxom ist ein
grundsätzlich benigner aber lokal aggressiver Tumor des zahntragenden
Kiefers, der zu einer ausgedehnten
ossären Destruktion führen kann.
■ Das Myxom bleibt klinisch oft lange
Zeit unbemerkt, da es langsam und
meist symptomlos wächst.
■ Das radiologische Bild ist sehr vielgestaltig, so dass sich eine Diagnosestellung meist erst aus der Histologie ergibt.
einer Röntgenuntersuchung erkannt. Anstelle der in Abbildung 2 dargestellten
Röntgenmorphologie einer unregelmäßig
begrenzten Osteolyse mit einer wabigen
Binnenstruktur kommen auch randscharf
begrenzte unizystische oder septierte beziehungsweise gekammerte Läsionen vor. Der
Tumor wächst bezüglich der Zahnwurzeln
eher verdrängend. Es sind aber auch Zahnresorptionen möglich. Während kleinere,
scharf begrenzte Läsionen durch eine
Kürettage meistens ausreichend behandelt
sind, ist bei ausgedehnten, infiltrierend
wachsenden Myxomen, wie im vorliegenden Fall, eine vollständige Resektion mit einem Sicherheitsabstand und histologischer
Überprüfung der Knochenabsetzungsränder nötig [Sciubba et al., 2001]. Trotz ausgedehnter Knocheninfiltration und -destruktion infiltriert das Myxom die umgebenden Weichgewebe meist nicht. Auch im
vorgestellten Fall konnte daher die palatinale Schleimhaut erhalten werden.
Für die zahnärztliche Praxis weist der Fall
auf die Bedeutung einer vollständigen
Röntgendiagnostik der Kieferregion hin.
Wie bei zahlreichen anderen odontogenen
Tumoren ist auch beim Myxom die Röntgenmorphologie sehr variantenreich, so
dass letztlich erst die bioptische Absicherung zur Diagnose führt.
PD Dr. Dr. Martin Kunkel
Prof. Dr. Dr. Torsten E. Reichert
Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Johannes-Gutenberg-Universität
Augustusplatz 2
55131 Mainz
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zm 94, Nr. 7, 1. 4. 2004, (831)
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