12 Jetzkowitz.indd - Institut für Soziologie

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Über die Grenzen und zwischen den Disziplinen
Fächerübergreifende Zusammenarbeit im Forschungsfeld
historischer Mensch-Umwelt-Beziehungen
herausgegeben von
THOMAS MEIER und PETRA TILLESSEN
Budapest 2011
Gefördert
durch die VolkswagenStiftung, Hannover
und aus dem Körperschaftsvermögen “Zuwendungen Prof. Dr. Waldtraut Schrickel”
an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Titelbild aufgenommen von Gertrud Thoma auf Frauenchiemsee während des workshops
“An der Grenze: Historische Mensch-Umwelt-Beziehungen als transdisziplinäres Forschungsfeld”
im November 2006.
ISBN 978-963-9911-22-2
Alle Rechte vorbehalten
© Autoren und Stiftung Archaeolingua
Kein Teil des Buches darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, CD-ROM, Internet oder
einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des betreffenden Autors und von
Archaeolingua reproduzier oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,
vervielfältigt oder verbreitet werden.
Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier
2011
ARCHAEOLINGUA ALAPÍTVÁNY
H-1250 Budapest, Úri utca 49
Textverarbeitung: Autoren, Melanie Strub, Petra Tillessen, Thomas Meier
Lektorierung und sprachliche Redaktion: Angela Roberts, Petra Tillessen, Thomas Meier
Konvertierung und Herstellung der Druckvorlage: Rita Kovács
Druck: PrimeRate Kft, Budapest
Inhalt
Vorwort .................................................................................................................................................. 3
Begriffsfeld
Thomas Potthast: Terminologie der fächerübergreifenden Zusammenarbeit:
Kurzer Problemaufriss und ein Vorschlag zur Verständigung über n>1-Disziplinaritäten ....... 11
Einleitung
Thomas Meier/Petra Tillessen: Von Schlachten, Hoffnungen und Ängsten:
Einführende Gedanken zur Interdisziplinarität in der Historischen Umweltforschung .......... 19
I. Teil
An die Grenzen – über die Grenzen: Theoretische Perspektiven
Wissenschaftskonstruktionen
Thomas Bargatzky: Undine und ihre Verwandtschaft. Über “Natur” und “Naturvölker”
in der europäischen Imagination .............................................................................................. 49
Dieter Groh: Subsistenzökonomien .............................................................................................. 67
Joachim Weimann: Die ökonomische Sicht der Mensch-Umwelt-Beziehung .............................. 91
Wege über Grenzen?
Hagen Hof: Fächer übergreifende Forschung und Lehre – von außen und innen betrachtet ...... 105
Verena Mayer: Interdisziplinarität als Tugend – eine moralphilosophische Analyse .................. 121
Comment: Thomas Potthast: Tugend und Systempragmatik der Grenzarbeit –
Zu Moral und konzeptionell-institutioneller Rahmung fächerübergreifenden Arbeitens ...... 133
Erwiderung: Hagen Hof: Kurze Erwiderung zum Kommentar von Thomas Potthast ................ 139
Jens Jetzkowitz: Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
Zeitkonzept und Forschungsmethodologie der historischen Umweltforschung ................... 141
Alexandra Grieser: Perspektivität als Arbeitsform: Ein Beitrag der Religionswissenschaft zur
Bearbeitung komplexer Gegenstände, der Plausibilität von Religion und Wissenschaft
und den Rhetoriken der Genetik ............................................................................................ 159
Thomas Knopf: Durch Raum und Zeit – Interkulturelle Vergleiche in der archäologischhistorischen Umweltforschung .............................................................................................. 179
Petra Tillessen/Doris Gutsmiedl-Schümann: Von Datenbanken und Spiralen ............................ 193
Comment: Alexander Gramsch: Jenseits der “Zwei Kulturen”:
Transfer und Transformation von Daten und Fragen zwischen Disziplinen.
Kommentar zu Thomas Knopf und Petra Tillessen/Doris Gutsmiedl-Schümann ................. 209
II. Teil
An die Grenzen – über die Grenzen: Fallbeispiele
Modellierungen
Renate Ebersbach: Auf der Suche nach der absoluten Zahl –
ein Ökosystem-Modell für die Archäologie .......................................................................... 223
Kerstin Pasda: Interpretation archäozoologischer Ergebnisse unter Einbeziehung
historischer Quellen – Erfahrungsbericht .............................................................................. 235
Comment: Matthias Untermann: Archäozoologie, Geschichte, Archäologie ............................. 251
Erwiderung: Renate Ebersbach: Erwiderung zum Comment von Matthias Untermann ............. 253
Hochalpen
Dieter Schäfer: Hochgebirgsarchäologie im Waldgrenzbereich Tirols –
ein Erfahrungsbericht aus transdisziplinärer Sicht ................................................................ 259
Benno Furrer: Alpine Stufenwirtschaft – komplexe Bauforschung mit und zwischen den
“Disziplinen” ......................................................................................................................... 277
Comment: Hans-Rudolf Egli: Ergänzender Kommentar zur interdisziplinären Forschung
an der Höhengrenze des Siedlungsraumes in den Alpen ....................................................... 303
Erwiderung: Dieter Schäfer: Bemerkungen zum “Ergänzenden Kommentar zur
interdisziplinären Forschung an der Höhengrenze des Siedlungsraumes in den Alpen”
durch Hans-Rudolf Egli ......................................................................................................... 307
Wirtschaft
Matthias Hardt: Von der Subsistenzwirtschaft zur marktorientierten Getreideproduktion.
Das Beispiel der Germania Slavica ....................................................................................... 313
Comment: Felix Schmitt: Zu “Von der Subsistenzwirtschaft zur marktorientierten
Getreideproduktion. Das Beispiel der Germania Slavica” von Matthias Hardt .................... 329
Nordeuropa im Vergleich
Niels Lynnerup: When populations decline. Endperiod demographics and
economics of the Greenland Norse ........................................................................................ 335
Dieter Groh: Das Verschwinden der Grönlandvikinger am Ende des Mittelalters.
Ein Beitrag zur Paläoanthropologie ....................................................................................... 347
Helge Salvesen: Population and settlement in a social, economic, and ecological context:
Villages in Jämtland from the high middle ages to the early modern period ........................ 373
Comment: Clemens Pasda: Kommentar zu den Beiträgen von Niels Lynnerup,
Dieter Groh und Helge Salvesen ........................................................................................... 393
III. Teil
An die Grenzen – über die Grenzen: Der Blick aus den Disziplinen
Erfahrungsberichte aus Graduiertenkollegs
Oliver Nelle: Interdisziplinarität in der Erforschung der Paläoumwelt –
Erfahrung von Grenzen und neuen Möglichkeiten ................................................................ 401
Anne Klammt: Zwischen Entgrenzung und Disziplinierung – ein Erfahrungsbericht aus einem
interdisziplinären umwelthistorischen Graduiertenkolleg ..................................................... 407
Comment: Doris Gutsmiedl-Schümann/Sabine Früchtl: Chancen und Risiken von
Promotionsprojekten in interdisziplinärem Umfeld – einige Anmerkungen ......................... 417
Fächerperspektiven
Gertrud Thoma (†): Umweltgeschichte des Mittelalters.
Möglichkeiten, Grenzen und Anschlussfähigkeit der Geschichtswissenschaften ................. 423
Winfried Schenk: Fachübergreifende Zugänge und Arbeitsfelder der Historischen Geographie im
Forschungsfeld “Historische Mensch-Umwelt-Beziehungen” .............................................. 435
Sebastian Brather: Historische Umweltforschung und Archäologie.
Perspektiven von Landschafts- und Umweltarchäologie ...................................................... 447
Heide Hüster Plogmann: Archäozoologie im Spannungsfeld von Geistes- und
Naturwissenschaften .............................................................................................................. 467
Bernd Herrmann: Innerfachliches und Fächerübergreifendes
aus einer anthropologischen Sicht und historische Mensch-Umwelt-Beziehungen .............. 471
Hansjörg Küster: Der Beitrag der Botanik zur historischen Umweltforschung .......................... 487
IV. Teil
Zwischenbilanz
Alexandra Grieser: Perspektivität als Arbeitsform: Szenarien ................................................... 497
Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
Zeitkonzept und Forschungsmethodologie der historischen Umweltforschung
JENS JETZKOWITZ
Zusammenfassung
Was ist das Objekt der historischen Wissenschaften? Ist es überhaupt sinnvoll, von einem Objekt
historischer Forschung zu sprechen? Kann historische Forschung objektiv bzw. werturteilsfrei sein?
Werden die Ergebnisse nicht vielmehr durch gegenwärtige Erkenntnisinteressen konstruiert? Bei
der Erforschung vergangener Beziehungen von Natur und Gesellschaft liegen, so die zentrale These
dieses Aufsatzes, die Antworten auf diese Fragen nach Objekt und Epistemologie klar auf der Hand.
Das Objekt ist die Beziehung des Menschen mitsamt seinen gesellschaftlichen Strukturen zu seinen
ökosystemischen Kontexten. Dieses Objekt wurde entdeckt in einem historischen Prozess, in dem
sich Vermutungen bestätigten, dass die moderne, industrialisierte Gesellschaft ihre ökosystemische
Einbettung zerstört. Folglich begründet ein gegenwärtiges Erkenntnisinteresse die Forschungen über
vergangene Natur-Gesellschafts-Beziehungen. Es verändert aber nicht, was war. Daher ist es an der
Zeit, so die Schlussfolgerungen dieser Argumentation, einen neuen Leitbegriff, ein neues Narrativ,
zu entwickeln, um gezielt nach Natur-Gesellschafts-Beziehungen zu suchen und diese kritisch zu
erforschen. Der Begriff der Ko-Evolution bietet sich dafür in besonderer Weise an.
Abstract
Which Interpretation of the Past has a Future? Concepts of Time and Research Methodologies in Historic
Environmental Research
What is the object of historical research? Does it even make sense to speak about an object of historical
research at all? Can historical research be objective and/or free of value judgements? Or are the results
rather preconceived by present cognitive interests? When investigating the previous relations of nature
and society the answers to these questions regarding object and epistemology become obvious; this is
the central thesis of this article. The object is the relation of man (including his societal structures) to
his eco-systemic contexts. This object was discovered through a historical process in which assumptions
that modern industrialized society destroys its eco-systemic embedding were corroborated. Thus, a
current cognitive interest constitutes research about previous nature-society relations. However, that
does not change what has been. Therefore the conclusion of this argument is that it indeed is time to
develop a new guiding concept, a new narrative with which to search in a very focused way for naturesociety relations and to investigate them critically. The term co-evolution in particular lends itself to
this purpose.
142
Wege über Grenzen?
Einleitung: Die Entstehung der historischen Umweltforschung und die
Theoriediskussion der historischen Wissenschaften
Als 1969 in der Bundesrepublik Deutschland ein neues Parlament gewählt wurde, verzeichnete der
Natur- und Umweltschutz eine Themenkonjunktur. In der Öffentlichkeit wurde zunehmend darüber
diskutiert, dass von der modernen, industrialisierten Gesellschaft Naturgefährdungen ausgehen, die
womöglich existenzbedrohlich sind. Doch die Problemlagen waren noch zu unscharf. Die neu ins Amt
gewählte Regierung beschloss, Zeit zu gewinnen, ohne sich dem Vorwurf der Tatenlosigkeit auszusetzen.
Sie begann damit, Informationen einzuholen. Unter anderem richtete sie eine Anfrage an die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG), die Selbstverwaltungseinrichtung der deutschen Forschung. Die
Regierung bat um Auskunft, welche Forschungsanstrengungen denn in Deutschland bezüglich der
Probleme des Natur- und Umweltschutzes unternommen worden waren. In der DFG reagierte man
beunruhigt: Wollte sich die neue Bundesregierung auf Kosten der alten in der Wissenschaftspolitik
profilieren? Oder gar der deutschen Wissenschaft Versäumnisse unterstellen? Zwar hatte die DFG sich in
dieser Hinsicht nichts vorzuwerfen. Die Aufmerksamkeit, die eine immer breiter werdende Öffentlichkeit
Fragen des Natur- und Umweltschutz zumaß, war neu. Trotzdem entschied man sich dagegen, die
Karten auf den Tisch zu legen und anzuerkennen, dass auf diesem Feld großer Forschungsbedarf
bestünde. Stattdessen präsentierte die DFG 1971 in ihrem Bericht zur Anfrage der Bundesregierung
ein buntes Sammelsurium von Schwerpunktsetzungen, Veröffentlichungen und andere Aktivitäten. Von
der Analytischen Chemie und der Mineralogie bis zur Pathologie und Silikosebekämpfung fand sich
darin alles, was irgendwie in Beziehung zum Verhältnis von Gesellschaft und Umwelt gesetzt werden
konnte. Legitimiert wurde diese krude Zusammenstellung in der Einleitung mit dem Satz: “Derartige
Fragestellungen sind (…) von jeher Bestandteil der Forschung in den verschiedenen wissenschaftlichen
Disziplinen gewesen.”1
Die Entscheidung der DFG, alten Wein in einen neuen Schlauch zu füllen, hat für die Erforschung
von Natur-Gesellschafts-Verhältnissen beträchtliche Konsequenzen gehabt. Denn bei der Suche nach
einem Label für das Sammelsurium entfalteten die Verantwortlichen in der DFG echte Kreativität. Der
Bericht trägt den Titel “Umweltforschung. Aufgaben und Aktivitäten der DFG 1950 bis 1970”2. Der
Begriff der “Umweltforschung” ist zwar eine Schöpfung von Jakob von Uexküll, der 1926 in Hamburg
ein “Institut für Umweltforschung” gründete. Diesen abstrakten Begriff auf eine neue Situation zu
beziehen – und dabei die subjektivistische Perspektive, die Uexküll der Biologie vorschlagen wollte,
auszublenden –, ist aber ebenfalls eine kreative Leistung. Der Sache hat die DFG damit allerdings einen
Bärendienst erwiesen. Sie hat einen Containerbegriff konstruiert, der prägend wurde. Alles konnte in
ihn reingepackt werden.3 Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, was die Evaluation des
ersten Förderprogramms der deutschen Bundesregierung zeigte: Wissenschaftler hatten ihre etablierten
Forschungsinteressen einfach in Richtung “Umweltforschung” umgewidmet und dann an den Themen
weitergearbeitet, die ihnen sowieso am Herzen lagen.
Als die Geschichtswissenschaften begannen, sich systematisch mit Fragen zum Verhältnis von
Natur und Gesellschaft zu befassen, haben sie sich mit einer kleinen adjektivischen Einschränkung
das Containerkonzept “Umweltforschung” zu Eigen gemacht. Da alle damals etablierten Forschungsdisziplinen hierzu etwas beizutragen hatten, war er gut geeignet, um ein neues Forschungsfeld
abzustecken. Rückblickend bestätigt der Erfolg diese Wahl. Die historische Umweltforschung ist in der
Wissenschaftlergemeinschaft eingeführt. Es gibt Organisationen, Kongresse, Graduiertenkollegs und
1
2
3
Bretschneider 1971, 12.
Vgl. Küppers et al. 1978, 38–49.
Vgl. Küppers et al. 1978.
Jens Jetzkowitz: Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
143
Publikationen mit diesem Label. Aber wir sehen auch, wie unter diesem Label einzelne Disziplinen
separiert und wenig koordiniert vor sich hin forschen. Die historische Umweltforschung hat sich nicht
als eine eigenständige Wissenschaft etabliert. Sie macht stattdessen den Eindruck, als sei sie eine Art
Beutegemeinschaft, die sich wieder auflösen wird, wenn die Jagd vorbei und die Beute geteilt ist.
Das wäre vermutlich anders, wenn die historische Umweltforschung ihre eigene Entstehungsgeschichte nicht nur konstatieren,4 sondern sie auch im Hinblick auf die Theorie der historischen
Wissenschaften auswerten würde. Ihre Herkunft aus der Umweltbewegung hat die historische
Umweltforschung wie von selbst zu den großen Kontroversen positioniert, die in den vergangenen
35 Jahren in der Theoriediskussion en vogue waren. So ist es für sie sinnlos, an der Realität ihres
Forschungsobjektes zu zweifeln. Schließlich ist für die Umweltbewegung die Einsicht konstitutiv,
dass sich zum Beispiel Quecksilber, DDT und andere Chemikalien auf Ökosysteme und Menschen
auswirken, unabhängig davon, ob die Zusammenhänge bekannt sind.5 Außerdem ist für die historische
Umweltforschung von Anfang an klar, dass sie einen Zweck verfolgt. Vergangene Natur-GesellschaftsBeziehungen sollen erforscht werden, um die gegenwärtigen Verhältnisse zu verstehen und für die
Zukunft zu lernen. Somit nimmt die historische Umweltforschung eine bestimmte Perspektive ein. Sie
tut nicht so, als könnte sie von außen, ohne jedes erkenntnisleitende Interesse,6 auf vergangene NaturGesellschafts-Beziehungen blicken. Sie versäumt aber, den entscheidenden Schritt weiterzugehen und
zu reflektieren, dass ihr Forschungsobjekt durch Wissen aus der Gegenwart konstituiert wird,7 dies per
se aber weder die Objektivität ihrer Analysen noch die Werturteilfreiheit ihrer Forschungsergebnisse
diskreditiert.
Wir können mit Blick auf den Entstehungszusammenhang konstatieren, dass die historische
Umweltforschung ihre Aufgabe aus der Spannung zwischen der Realität vergangener Ereignisse und der
Kommunikation über vergangene Ereignisse bezieht. Sie untersucht, welche Interpretation vergangener
Natur-Gesellschafts-Beziehungen Zukunft hatte und warum. Natürlich ist sie dabei selbst den
Bedingungen der Zeit unterworfen, ohne allerdings den Anspruch auf die Erkenntnis von allgemeinen
Zusammenhängen aufzugeben.
Mit dieser Positionsbestimmung führt die historische Umweltforschung in ihren Antworten die
komplizierten ontologischen und epistemologischen Fragen der historischen Wissenschaften in seltener
Klarheit vor Augen. In den folgenden Kapiteln werde ich zeigen, wie diese eigentümliche Mischung aus
Ontologie und Epistemologie funktioniert. Wie historische Wissenschaften zu ihrem Forschungsobjekt
kommen, werde ich zunächst im Anschluss an die Zeitontologie von Charles S. Peirce darstellen. Seine
Überlegungen haben in der Diskussion der historischen Wissenschaften zu diesem Thema bislang keine
Berücksichtigung gefunden.8 Mit Peirces Zeichentheorie ist das anders. Die Rezeption seines Begriffs
vom indexikalischen Zeichen ist in Form des so genannten indizienwissenschaftlichen Paradigmas eine
feste Größe.9 In der Verschränkung von Zeitontologie und Indizienwissenschaft lässt sich, wie ich zeigen
werde, der historische Erkenntnisprozess angemessen darstellen. Von dieser Argumentation ausgehend
werde ich in meinen Schlussfolgerungen für eine Neuorientierung der historischen Umweltforschung
argumentieren. Wenn der Zweck, Wissen für die Reflexion gesellschaftlicher Praxis zu erarbeiten,
4
5
6
7
8
9
Radkau 2002, 11–17; Crosby 1995; McNeill 2003.
Dass die historische Umweltforschung aus ihrem Entstehungszusammenhang auch eine größere Nähe zu
naturwissenschaftlichen Denktraditionen hat, die sich durch besondere Aversionen gegenüber Konstruktivismus
und Postmoderne auszeichnen (vgl. Sokal/Bricmont 1998), kommt verstärkend hinzu.
Habermas 1973.
Goldstein 1976. Vgl. Nowell-Smith 1977; Goldstein 1977; Walsh 1977.
Vgl. Leyden 1963; Eisenstein 1966; Kracauer 1966; Starr 1966; Koselleck 1979; Karlsson 2000; King 2000;
Bentley 2006.
Vgl. Barberi 2000.
144
Wege über Grenzen?
der Objektivität der Erkenntnisse keinen Abbruch tut, dann können vergangene Natur-GesellschaftsBeziehungen effektiver mit Hilfe des Begriffs der Ko-Evolution (statt dem der Umwelt) erforscht
werden.10
Der wirklichkeitserzeugende Charakter der Zeit und das Objekt
der historischen Wissenschaften
Die Zeit schafft Tatsachen. So ließe sich das Argument knapp zusammenfassen, das den Objektcharakter
vergangener Natur-Gesellschafts-Beziehungen, inklusive ihrer geisteswissenschaftlich beschreibbaren
Aspekte, begründet. Da aber die Diskussionen über den Begriff der Zeit sowie die RealismusKonstruktivismus-Kontroverse viele Deutungsmöglichkeiten für so ein plakatives Kürzel bereithalten,
ist mehr Ausführlichkeit angebracht.
In der Diskussion über den Begriff der Zeit werden drei Aspekte unterschieden: der Zeitabschnitt,
die Zeitordnung und die Zeitmodi.11 Von “Zeitabschnitten” spricht man im Hinblick auf die Erfahrung
von Dauer. Wenn Ereignisse oder Ereignissequenzen beständig sind oder unter einem besonderen Aspekt
als gleichförmig wahrgenommen werden, werden sie als ein Zeitabschnitt klassifiziert. Die Latènezeit,
der Vormärz oder das Zeitalter der Industrialisierung sind Beispiele für solche Zeitabschnitte. Die
Erfahrung, dass ein Ereignis früher als ein anderes, gleichzeitig mit ihm oder später ist, motiviert die
Vorstellung einer Zeitordnung. Ist die Reihenfolge von Ereignissen einmal konstituiert, dann ist sie eine
stabile, unveränderliche Beziehung. Erst wurde Deutschland in zwei Staaten geteilt, dann wurde die
Mauer gebaut und danach der Eiserne Vorhang wieder geöffnet. Ein Ereignis, das einmal früher ist als
ein anderes Ereignis, wird stets früher sein.
Diese Zuschreibung gilt nicht, wenn wir Ereignisse als vergangene, gegenwärtige oder zukünftige
betrachten. Was heute noch ein zukünftiges Ereignis ist, kann morgen ein gegenwärtiges und übermorgen ein vergangenes sein. Die so genannten Zeitmodi Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
markieren unterschiedliche Seinsweisen von Ereignissen und beschreiben damit den dynamischen
Charakter der Zeit. Wo die historischen Wissenschaften nicht nur vergangene Ereignisse in Zeitabschnitte zusammenfassen und ordnen, sondern die Vergangenheit selbst Objekt der Forschung ist, wird
ein differenzierter Blick auf Zeitmodi und Zeitordnung interessant.
Wird Zeit selbst als Modalität begriffen, als etwas, was all unser Sein durchdringt, dann sind
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterschiedliche Seinsweisen.12 Vergangenheit besteht aus der
Summe aller abgeschlossenen Ereignisse. Diese abgeschlossenen Ereignisse wirken sich auf unsere
Lebensverhältnisse und -chancen aus, und zwar unabhängig davon, ob sie erkannt werden oder nicht.
Die Modalität des Vergangenen ist demzufolge die Wirklichkeit. Peirce spricht auch von “actuality”.
Dem Vergangenen und Abgeschlossenem steht, diesem dualistischen Verständnis von Zeit folgend,
das Zukünftige gegenüber. Zukünftiges ist unbestimmt, unentschieden. Seine Modalität ist die
Möglichkeit. Wie wir über Möglichkeiten denken, welche Empfindungen wir ihnen entgegenbringen,
kann einen Einfluss auf die Auswahl von Möglichkeiten haben. In unserem Denken und Empfinden
können wir den Übergang von Möglichkeit in Wirklichkeit vorwegnehmen. Diesen Übergang – nicht
nur den imaginierten, sondern auch den faktischen – können wir als das Gegenwärtige verstehen. In
diesem Sinne ist die Gegenwart der Übergang von Unbestimmtheit zur Bestimmtheit, von zukünftigen
10
11
12
Vgl. Norgaard 1994; Fischer-Kowalski/Weisz 1999.
Vgl. Janich 1996.
Vgl. Peirce 1991. Zeit ist Peirce zufolge “das System derjenigen Beziehungen, die jedes Ereignis zu jedem
anderen vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Ereignis hat” (Peirce 1991, 482). Vgl. dazu vor allem
Pilot 1972, 252ff.; Pape 1989.
Jens Jetzkowitz: Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
145
Möglichkeiten in die Wirklichkeit des Vergangenen.13 Hier wird die Abfolge von Ereignissen in der
Gegenwart in eine “früher-zugleich-später”-Relation gebracht14 und als zeitlich geordnete Vergangenheit konstituiert.15
Die historischen Wissenschaften gewinnen also, dieser Zeitvorstellung zufolge, ihren Gegenstand im
Verlauf der Zeit. Wir können davon ausgehen, dass in jedem Ereignis etwas in Bezug zu Vergangenem
steht.16 Als beispielsweise etwa um 1800 v. Chr. das Gesetzeswerk des Hammurabi in Mesopotamien
installiert wurde, waren nicht nur Ackerbau- und Bewässerungstechniken bekannt.17 Es hatte sich eine
Staatsmacht etabliert, die das Verhalten der Bevölkerung mit Gesetzen regulieren wollte. Und man
wusste, wie wichtig es war, dass die Ackerbauern Verantwortung für die Pflege der Wasserbauanlagen
übernehmen. Das zeigt die folgende Regel aus diesem Gesetzeswerk: “Wenn ein Mann seinen Deich
dichtzuhalten versäumt und nicht notfalls verstärkt und der Deich bricht, so daß das Wasser Ackerland
fortschwemmt, soll der Mann, in dessen Deich der Bruch entstand, das Korn ersetzen, das vernichtet
wurde.”18 Zugleich wird an diesem Gesetz deutlich, dass Ereignisse nicht nur zum Vergangenen,
sondern auch zu Zukünftigem Bezug haben. Bricht Wasser durch einen Deich, so wird die Möglichkeit
wahrscheinlich, dass Ackerland fortgeschwemmt wird. Das Gesetz selbst zielt darauf ab, dass eine
solche Möglichkeit möglichst nicht wirklich wird.
Nun entstehen im Verlauf der Zeit vergangene Ereignisse als Tatsachen, die in der historischen
Forschung zum Objekt der Forschung werden. Hat die Bewässerung in Mesopotamien zur Versalzung der
Böden beigetragen? Haben die Bewässerungssysteme eine zentrale Herrschaftsorganisation notwendig
gemacht? Indem die Forschung solchen Fragen nachgeht, verfolgt sie selbst ein in der Zukunft liegendes
Ziel. Sie will darstellen, wie etwas war, aus welchen vorangegangenen Ereignissen es sich entwickelt,
wie und warum es sich verändert hat und was sich daraus für zukünftige Entscheidungen lernen lässt.
Die Wirklichkeit eines vergangenen Ereignisses bleibt von solchen Interpretationen unberührt. Was
vergangen ist, ist als solches stabil und unveränderlich.
Die Interpretation vergangener Ereignisse als zukunftsorientierter Prozess
Etwas zum Objekt zu machen, ist selbst eine Handlung, die der Zeitlichkeit unterliegt. Werden
vergangene Ereignisse zum Objekt gemacht, werden sie mit einer besonderen Bedeutung versehen. Sie
sind einzigartig und damit nur begrenzt verallgemeinerbar.19 Wesentliches Kriterium für die Zuweisung
historischer Bedeutung ist das Wissen, das zur Zeit der Bedeutungszuweisung als Tatsache gilt.20
Dieses Wissen geht natürlich in die Art und Weise ein, wie ein Objekt wahrgenommen oder behandelt
wird. “If men define situations as real, they are real in their consequences”21, so bringt das in den
Sozialwissenschaften bekannte Thomas-Theorem die dahinter stehende Handlungslogik auf den Punkt.
Für den, der historische Forschung betreibt, sollte dieses Wissen zur Konsequenz haben, nicht nur
die Zeitmodi der Vergangenheit und Gegenwart in den Blick zu nehmen. Jede Handlung ist auf eine
13
14
15
16
17
18
19
20
21
Peirce bezeichnet Gegenwart auch als “the Nascent state of the Actual” (Peirce 1960, 313/C.P. 5.462), als
Geburtszustand des Wirklichen.
Vgl. Prigogine 1997.
King (2000) spricht von “chronological past”. Ähnlich Koselleck (1979), der die Chronologie als Hilfswissenschaft der Geschichtswissenschaft versteht.
King (2000) bezeichnet dies als “substantive past”.
Dazu und zum Folgenden vgl. Radkau 2002, 118.
Zitiert nach Radkau 2002, 118.
Joynt/Rescher 1961.
Goldstein 1976.
Thomas/Thomas 1928, 572.
146
Wege über Grenzen?
Zukunft ausgerichtet. Das gilt nicht nur für die Schöpfer des Codex Hammurabi, sondern auch für
die Historiker, die dieses oder ein anderes vergangenes Ereignis interpretieren. Die Einigung über die
richtige, angemessene Interpretation ist prinzipiell ein zukünftiges Ereignis. Das zeigt ein exemplarischer
Blick in die Geschichte der Klimaforschung.
Seit Svante Arrhenius 1896 erstmalig in der Wissenschaftsgeschichte die Vermutung publizierte,
dass eine anthropogen verursachte Erhöhung von CO2 in der Atmosphäre das Klima verändern wird,
ist die kritische Auseinandersetzung nicht abgerissen.22 Dass sich die Erde in den letzten 100 Jahren
auffällig erwärmt hat, ist unbestritten. Hinsichtlich der Ursachen kursieren im Wesentlichen zwei
Vorstellungen: Die eine geht davon aus, dass die menschliche Zivilisation für den ungewöhnlichen
Temperaturanstieg verantwortlich ist. Die andere betrachtet die beobachtete Erderwärmung als ein rein
natürliches Phänomen. Viel spricht heute für die Annahme, dass die von der industriellen Zivilisation
produzierten Treibhausgase die drastische Erderwärmung hervorrufen. Das wurde vor 100 Jahren noch
nicht so gesehen. Die Vorstellung von einer anthropogen verursachten Erwärmung des Erdklimas hat
sich damals nicht durchgesetzt. En vogue waren Theorien, die davon ausgingen, dass sich das Klima in
Abhängigkeit von Schwankungen der Solarstrahlung, von Sonnenfleckenzyklen, von Vulkanausbrüchen
und von Wasserdampfemissionen – also durch natürliche externe oder interne Faktoren – wandelt.
Anfang der 1970er Jahre wendete sich das Blatt. Die Indizien, die für eine anthropogen erzeugte
Erderwärmung sprechen, begannen sich sukzessive zu verdichten. Gleichwohl konkurrierten zu
dieser Zeit bis Mitte der 1990er Jahre noch sehr verschiedene Interpretationen über die Definition des
Klimawandels, seine Ursachen und die Folgen.23 Neben der Vorstellung, dass die anthropogen erzeugten
CO2-Emissionen einen globalen Treibhauseffekt mit katastrophalen Auswirkungen erzeugen, wurde in
den frühen 1970er Jahren auch das Anbrechen einer neue Eiszeit erwartet. Dabei stützte man sich nicht
nur auf natürliche Zyklen, sondern verwies auch auf anthropogen verantwortete Ursachen. Mal wurde
eine neue Eiszeit als Folge eines dritten Weltkrieges prognostiziert, der auf der Erde einen “nuklearen
Winter” erzeugen würde. Mal wurde sie als Folge der Umweltverschmutzung durch Aërosole erwartet.
Eine wiederum andere Interpretation der Klimaentwicklung erwartete durch die anthropogen verursachte
Erderwärmung ein Klimaparadies mit gesteigerten Ernteerträgen. Das Auftauen des Permafrostbodens
und das Abschmelzen von Polen und Gletschern wurden als positive Entwicklung begrüßt. Negative
Folgen wie der Meeresspiegelanstieg oder die Ausbreitung von Wüstengebieten wären technisch zu
beherrschen. Eine wiederum andere Interpretation sah die globale Erderwärmung als Normalität an,
die durch die zyklische Wiederkehr von Sonnenflecken ausgelöst würde. Ebenfalls Entwarnung gaben
Wissenschaftler, die in den Daten keine Klimaerwärmung erkennen und die Rede von einer anstehenden
Klimakatastrophe als Medienhysterie entlarven wollten.
Verschiedene Interpretationen eines vergangenen Ereignisses, nämlich der auffälligen Erwärmung der
Erde in den vergangenen 100 Jahren. Das Ereignis ist durch Daten gut dokumentiert. Es verändert sich nicht
durch die Interpretationen. Variabel sind aber die Perspektiven, aus denen Interpretationsmöglichkeiten
entwickelt werden. Wer in großen Zeitzyklen denkt, den interessieren die Temperaturmessungen der
vergangenen 100 Jahre nicht. Wer der Existenz des Menschen in der Natur keine große Bedeutung
einräumt, der geht nicht davon aus, dass unsere Zivilisation das Klima verändern kann. Wer hingegen
im Klima ein sensibles, störanfälliges System erblickt und dem Handeln des Menschen beträchtliche
Auswirkungen zuschreibt, der kann sich auch vorstellen, dass die moderne Zivilisation das Klima
beeinflussen kann. Und wer wirklich Großes vom Menschen erwartet, der geht auch davon aus, dass
dieser leicht mit möglichen negativen Folgen des Klimawandels fertig werden kann.
22
23
Vgl. Stehr/von Storch 1999; Viehöver 2003.
Vgl. Viehöver 2003, 261–279.
Jens Jetzkowitz: Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
147
Für alle Interpretationen vergangener Ereignisse gilt, dass sie zeitgebunden sind und von den Fragen
einer jeweils spezifischen Gegenwart gespeist werden. Dass vergangene Ereignisse trotzdem nicht
beliebig zu interpretieren sind, liegt an ihrer Widerständigkeit. Indem mögliche, zukünftige Ereignisse zu
vergangenen, wirklichen Ereignissen werden, manifestieren sie sich im Kontext allgemeiner Strukturen.
Dazu gehört vor allem natürlich die Zeitordnung. Seit dem Beginn der Industrialisierung lässt sich ein
ungewöhnlicher Anstieg von CO2 in der Atmosphäre nachweisen. Überdies haben vergangene Ereignisse
auch eine räumliche Ordnung. Ein Deich ist hier und dort gebrochen, aber nicht woanders und schon
gar nicht überall.
Dass vergangene Ereignisse im Koordinatenkreuz von Raum und Zeit bestimmt sind, schränkt
ihre Deutungsmöglichkeiten bereits ein. Hinzu kommt, dass räumliche und zeitliche Beziehungen von
Ereignissen zumeist auch inhaltlich verknüpft sind. Wir kennen das aus der Erfahrung. Wer als Kind am
Wasser gespielt hat, weiß, dass eine Wasserverbauung bei starker Beanspruchung nachgeben kann. Wenn
ein Deich nicht gepflegt und sich abzeichnende Schwachstellen ständig ausgebessert werden, ist sein
Brechen kein Zufall. Wenn ein Ereignis immer auf ein anderes folgt, erkennen wir eine Regelmäßigkeit,
die wir als Norm, Gewohnheit oder auch als Naturgesetz beschreiben können.
Solche etablierten Ordnungen machen aus, was wirklich ist. An ihnen können unsere Deutungen
vergangener Ereignisse scheitern. Wer einen Deich nicht pflegt, wird irgendwann nachdrücklich auf
die wohlbekannte friesische Regel “Wer nicht deichen will, muss weichen” hingewiesen. Durch ein
im Prinzip gleiches Erlebnis des Scheiterns wird sich in Zukunft entscheiden, welche Interpretationen
der Erderwärmung in den vergangenen 100 Jahren richtig war. Zwar hat sich in der Klimaforschung –
in Abwägung der verschiedenen Studien und Forschungsergebnisse – seit Mitte der 1990er Jahre die
Vorstellung durchgesetzt, dass ein erkennbarer menschlicher Einfluss auf das Klima der Erde festzustellen
ist.24 Der dritte Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) führte 2001 angesichts
neuer Untersuchungen die Erderwärmung der letzten 50 Jahre konkret auf von Menschen verursachte
Treibhausgasemissionen zurück. Gleichwohl wird eine Restunsicherheit konstatiert. Wirklich Sicheres
lässt sich nämlich aus Sicht der Forschung niemals sagen. Alles vermeintlich sichere Wissen ist ein
Festhalten an Überzeugungen, ein Glauben. Und ein Konsens wird nur so lange Bestand haben, bis neue
Hinweise oder Indizien für die eine oder andere Interpretation dieses Ereignisses gefunden werden.
Das bringt uns zu der Frage, welche Bedeutung Hinweise oder Indizien in der historischen Forschung
haben.
Das indizienwissenschaftliche Paradigma und seine semiotische Grundlage
Das indizienwissenschaftliche Paradigma ist kein großes Paradigma der Wissenschaftstheorie. Es ist
keine ausgearbeitete Weltsicht und auch kein starres Set von Regeln, das Wissenschaftlern sagt, wie
sie zu forschen haben. Das indizienwissenschaftliche Paradigma ist eher ein Paradigma im kleinen,
eigentlichen Sinne des Paradigmenbegriffs. Es ist eine Art Musterlösung, die explizit darstellt, was
wir machen, wenn wir nach neuen Erkenntnissen suchen: Wir suchen Indizien oder Spuren, die eine
neue Sicht der Dinge – in welchem Wissenschaftsbereich auch immer – belegen, und überprüfen diese
Indizien auf ihre Beweiskraft.
Das indizienwissenschaftliche Paradigma hat lange Zeit, fast 100 Jahre, neben den Hauptsträngen
der Wissenschaftstheorie ein wenig beachtetes Dasein geführt. Denn dort hatte man die Frage “Wie
kommen wir zu neuen Erkenntnissen?” achtlos beiseite gelegt. Wie neue Hypothesen, neue Theorien
24
Vgl. IPCC 1995.
148
Wege über Grenzen?
entstünden, sei keine Frage der Wissenschaftstheorie, so erklärten ihre namhaften Vertreter.25 Die
Wissenschaftstheorie könne nur untersuchen, wie wir Theorien begründen. Die Entstehung aufzuklären,
sei ein Fall für die Psychologie. Stattdessen kreiste man weiter um die Frage, ob bzw. wie uns die
Wissenschaft zu sicheren Erkenntnissen führen kann. Das ist besonders bemerkenswert, weil auch unter
Wissenschaftstheoretikern schon lange Konsens war, dass Wissenschaft kein sicheres Wissen erzeugt.26
Auch hier hat die ökologische Krise als Katalysator gewirkt. Denn als in den Diskussionen um den
Chemikalieneinsatz in der Landwirtschaft, um Atomenergie und andere Technologien der Konsens der
Wissenschaftstheoretiker öffentlich wurde, mussten neue Themen her. Die Frage, wie wir zu neuen
Erkenntnissen kommen, wurde damit aus ihrem Mauerblümchendasein erlöst. Semiotiker wie Thomas A.
Sebeok, Umberto Eco und Carlo Ginzburg hatten sich mit ihr schon seit längerem auseinandergesetzt.27
Sie durchbrachen dabei den engen Rahmen der Wissenschaftstheorie und untersuchten auch in der
Kunst oder anhand von Beispielen wie dem Spurenlesen oder der Tätigkeit eines Detektivs, wie Neues
entsteht.
Richtungsweisend für diesen Ansatz waren und sind die semiotischen Schriften von Charles S. Peirce,
dem Begründer des Pragmatismus. Peirce’ Interesse an einer allgemeinen Semiotik begründet sich aus
der Einsicht, dass die Unterscheidung von (erkennendem) Subjekt und (erkanntem) Objekt nicht der
Ausgangspunkt für Antworten auf die Frage nach der Wirklichkeit und der Erkenntnis von Wirklichkeit
sein kann. Die Suche nach Wissen und Erkenntnissen ist für ihn, wie für alle Pragmatisten nach ihm, ein
sozialer Prozess. Menschen kommunizieren mit Zeichen über die Welt. Und sie erkennen, was und wie
die Welt ist, indem sie die Welt als Zeichen lesen lernen. In seiner Semiotik untersucht Peirce darum vor
allem auch, wie die Kommunikationsfunktion von Zeichen mit ihrer Erkenntnisfunktion verschränkt ist.
Das heißt, er untersucht, wodurch etwas überhaupt zu einem Zeichen werden kann.
Wir sind heute schnell dabei, diese Frage durch den Verweis auf den Interpreten von Zeichen zu
beantworten. Etwas ist für uns ein Zeichen, weil wir es so interpretieren.28 Das ist Peirce zufolge eine
Verkürzung. Unabhängig davon, ob etwas faktisch von Menschen als ein Zeichen interpretiert wird,
können wir die “zeichenkonstitutive Beschaffenheit” untersuchen. Das heißt, wir können untersuchen,
in welcher Beziehung ein Zeichen überhaupt zu einem Objekt stehen kann.
Peirce unterscheidet in dieser Hinsicht drei verschiedene Beziehungsmöglichkeiten:29 Da sind
zunächst die Symbole. Symbole sind Zeichen, die aufgrund einer Konvention oder einer Gesetzmäßigkeit
als Zeichen für ein Objekt fungieren. Sprachzeichen sind dafür Beispiele, aber auch Verkehrszeichen
wie Ampeln. Dass wir bei rotem Licht anhalten und bei grünem Licht fahren oder gehen, ist eine
Konvention.
Nicht alle Zeichen funktionieren aber nur aufgrund von Konventionen. Zum Beispiel eine Landkarte,
ein Bild oder eine Fotografie: Solche Zeichen funktionieren als Zeichen nicht aufgrund von Konventionen,
sondern von Ähnlichkeitsbeziehungen. Eine Landkarte von Bayern ermöglicht es mir, den Chiemsee zu
finden, weil diese Karte wesentliche Strukturmerkmale der Landschaft abbildet. Natürlich wirken heute
bei der Erstellung von Karten eine ganze Menge Konventionen mit. Karten haben einen Maßstab, sie
25
26
27
28
29
Reichenbach (1938) trennt den Entdeckungszusammenhang, über den die Wissenschaftstheorie nichts sagen
könne, vom Begründungszusammenhang. Quine (1994, 49) vertritt die Ansicht, dass Hypothesenbildung keine
Wissenschaft ist, sondern “art of science”. Popper (1994, 7) zufolge ist jede Theorienbildung irrational, weil sie
auf Intuition angewiesen ist.
Popper (1994) datiert diese Erkenntnis zurück bis zu David Humes Analyse des Induktionsschlusses.
Ginzburg 1980; Eco/Sebeok 1983; Sebeok 1985; Eco 1985.
Der Nominalismus der positivistischen Wissenschaftstheorie unterscheidet sich in dieser Hinsicht kaum vom
strukturalistischen und poststrukturalistischen Zeichenbegriff; vgl. Pape 1989.
Vgl. z.B. Peirce 1983, 64–67.
Jens Jetzkowitz: Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
149
werden eingenordet, etc. Diese Konventionen erleichtern uns ihren Gebrauch. Aber wenn Karten keine
Ähnlichkeitsbeziehung zu ihrem Objekt haben, funktionieren sie nicht.
Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, wie etwas zum Zeichen für ein Objekt werden kann: Ein
Zeichen kann in einer existentiellen Beziehung zu einem tatsächlich vorhandenen singulären Objekt
stehen. Ein Fußabdruck im schlammigen Boden verweist darauf, dass ein bestimmtes Tier zu einem
bestimmten Zeitpunkt an diesem Ort war. Eine Rauchfahne kann darauf verweisen, dass es jetzt gerade
an einem bestimmten Ort brennt. Ein auffälliger Hügel in der Landschaft kann für uns Hinweis sein,
dass Menschen hier einmal Erdbewegungen durchgeführt haben. Die symmetrische Anordnung von
mehreren Skeletten im Boden weist womöglich darauf hin, dass an diesem Ort ein Friedhof ist. Peirce
nennt solche Zeichen “Indices”, im Singular “Index” oder auch “Indiz”. Sie sind von zentraler Bedeutung,
wenn es darum geht, Neues zu entdecken oder erkennen.
Vom indexikalischen Zeichen zur neuen Erkenntnis
Wie kommen wir vom indexikalischen Zeichen zur neuen Erkenntnis? Der erste Schritt besteht darin,
ein noch unbekanntes indexikalisches Zeichen zu finden. Peirce zufolge finden wir dies durch einen
besonderen Typ der Schlussfolgerung, den er “Abduktion” nennt und grundlegend vom deduktiven und
vom induktiven Schließen unterscheidet. Die Deduktion gilt ihm, wie der klassischen Logik auch, als das
einzige Schlussverfahren, das wirklich sicher ist. Im Übergang von den Prämissen zur Schlussfolgerung
bleibt der Wahrheits- und Erkenntnisstand erhalten. Induktion und Abduktion dagegen dienen, auf
jeweils verschiedene Weise, der Erkenntniserweiterung.
Die Induktion erweitert den Geltungsbereich einer Erkenntnis, indem von einer Stichprobe,
einer Auswahl von Fällen, auf die Gesamtheit aller Fälle geschlossen wird. So fußen beispielsweise
Aussagen über die zunehmende Erderwärmung auf einem Induktionsschluss. An allen Orten der
Erde Temperaturmessungen vorzunehmen, wäre nicht zu leisten. Stattdessen wird von der mittleren
Jahrestemperatur an repräsentativ ausgewählten Orten auf die Gesamtheit aller Fälle, die mittlere
Jahrestemperatur der gesamten Erde geschlossen. Wie sicher der Schluss von der Stichprobe auf die
Gesamtheit ist, lässt sich als “Wahrscheinlichkeit in einem technischen Sinne” ausdrücken. “Das heißt”,
so Peirce,
“es handelt sich (…) um eine Wahrscheinlichkeit, die man getrost zur Grundlage für Versicherungen
machen könnte, falls man über eine genügend große Zahl von Fällen verfügte, von denen man
ausgehen könnte.”30
Anders die Abduktion.31 Dieses Schlussverfahren lässt sich nicht einmal in Abstufungen mit der
Vorstellung von “sicherem Wissen” in Verbindung bringen. In der Logikdiskussion ist es lange als
randständig oder irrelevant betrachtet worden. Dazu hat sicherlich auch beigetragen, dass “abduction” im
30
31
Peirce 1983, 95.
In der Epistemologie der Archäologie wird der Begriff der Abduktion zwar rezipiert, aber ohne ihn vom
induktiven Schluss abzugrenzen. So sieht Hill (1972) zwar, dass es im archäologischen Forschungsprozess
kein reines induktives Vorgehen geben kann. Jede Datensammlung werde ausgehend von einer Hypothese
begonnen, auch wenn diese unscharf sei. Den Prozess der Hypothesenentwicklung nimmt er aber nicht in den
Blick. Den Abduktionsbegriff nimmt er mit Verweisen auf Fritz (1968) und Hanson (1965) auf und verwendet
ihn als Äquivalent zum Induktionsbegriff. Hill (1972, 102, Fn. 9) schreibt: “Abduction is a more specific term,
which takes account of the fact that pure induction is impossible; there is always interplay between data and
prior ideas held by an investigator. Abduction, then, refers to the situation in which an investigator generates
an inference while confronted with data; it recognizes that both induction and deduction are involved.”
150
Wege über Grenzen?
Englischen eigentlich “Entführung” bedeutet.32 Was sachlich gemeint ist, lässt sich am ehesten als eine
gerichtete Spekulation umschreiben, als Hypothese, mit der wir uns eine erste Idee davon verschaffen,
was eigentlich der Fall ist.33 Peirce illustriert die Funktion dieser Denkstruktur wie folgt:
“Wenn ich an diesem herrlichen Frühlingsmorgen aus dem Fenster schaue, sehe ich eine Azalee
in voller Blüte. Doch nein! Das sehe ich gar nicht; nur handelt es sich hierbei um die einzige
Möglichkeit, das, was ich sehe, zu beschreiben. Meine Beschreibung ist eine Behauptung, ein Satz
ein Faktum; was ich jedoch wahrnehme, ist weder eine Behauptung noch ein Satz noch gar ein
Faktum, sondern lediglich ein Bild, das ich mit Hilfe einer faktischen Aussage teilweise faßbar
mache. Diese Aussage ist abstrakt, während das von mir gesehene konkret ist. Ich vollziehe eine
Abduktion, sobald ich das von mir gesehene in einem Satz ausdrücke. In Wahrheit stellt das gesamte
Gefüge unseres Wissens nicht mehr als eine dicht verwobene Schicht von reinen Hypothesen dar, die
mittels Induktionen bestätigt und weiterentwickelt worden sind. Nicht den kleinsten Schritt können
wir in unserer Wissenserweiterung über das Stadium des leeren Starrens hinaus tun, ohne dabei bei
jedem Schritt eine Abduktion zu vollziehen.”34
Demnach ist das abduktive Schließen grundlegend für jede Erkenntnis, auch für die historische.
Sobald wir etwas wahrnehmen, machen wir bereits eine Annahme. Wir urteilen über das “etwas”, indem
wir es in Gedanken bzw. in der Sprache mit einem weiteren Zeichen verknüpfen. Wer die Ansicht der
blühenden Blume mit dem Wort oder der Idee “Azalee” in Verbindung bringt, beginnt bereits einen
Erkenntnisprozess. Gleiches macht, wer eine systematische Anordnung von menschlichen Skeletten auf
einem Areal mit der Vorstellung von einem Friedhof verknüpft. Ob die Verknüpfung richtig oder falsch
ist, spielt zunächst einmal keine Rolle. Ein Fakt ist entstanden.35
Peirce’ Vorstellung geht sogar noch darüber hinaus: Jeder Fakt ist entstanden. Was wir erkennen,
ist nicht im logischen Sinne abgeleitet. Durch deduktive Schlüsse erkennen wir ja nicht Neues, sie
erschließen uns kein Wissen. All unser Erkennen und Erfahren baut darauf auf, dass wir etwas als etwas
erkennen. Es entsteht aus einer Kombination von Eindrücken mit Ideen, Begriffen, Vorstellungen, etc.,
die zwar möglich, aber eben nicht notwendig ist.36 Demnach erschließen wir uns die Welt, in der wir
leben, durch Behauptungen. All unser Wissen baut zunächst einmal auf Hypothesen auf, die uns etwas
32
33
34
35
36
In der englischsprachigen Literatur wird stattdessen von “Inference to the best explanation” (Lipton 1991)
gesprochen, um die kreativen Aspekte des Wissenschaftsprozesses zu bezeichnen. Lipton führt die Tradition
dieses philosophischen Diskussionsstranges auf Peirce zurück (vgl. Lipton 1991, 58). Ob die Auseinandersetzung
mit Peirce’ Konzept der Abduktion die wünschenswerte Intensität entfaltet hat, darf angesichts der Tatsache
bezweifelt werden, dass der Name des Traditionsbegründers sowohl im Text als auch in der Literaturliste falsch
geschrieben ist. Dass das Abduktionskonzept es schwer haben wird, sich im Logikdiskurs durchzusetzen,
wusste bereits Peirce. “Die Mehrzahl der Logiker”, so schrieb er 1903, “rechnen sie (die Abduktion, J.J.) nicht
zu den Argumenten selbst, sondern nur zu deren Hilfsmitteln. Doch ist dies ein Fehler der Klassifikation. Jedes
solcher Hilfsmittel eines Arguments ist ipso facto ein Argument. Es tendiert zu einer Konklusion. Dieselben
Autoren erkennen sehr wahrscheinlich die Abduktion in einem anderen Teil ihrer Bücher als Verallgemeinerung
an. Doch sind beide lediglich Unterarten einer einzigen Klasse von Symbolen” (Peirce 1983, 96).
“Man schließt, daß es sich um eine Frage handelt, die man mit gutem Recht stellen kann. Dies bezeichnet man
als das Aufstellen einer erklärenden Hypothese” (Peirce 1983, 95).
Peirce im Jahre 1901, MS 692, 26, deutsch zitiert nach Reichertz 1991, 34f.
Vgl. dazu auch Pape 1999. Interessant ist hier, wie ähnlich sich Kants und Peirce’ Auffassung sind. Kant (1983,
98/B75) formuliert: “Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.” Allerdings
bezieht Kant die Unterscheidung von Begriffen und Anschauungen auf seine Unterscheidung von Verstand
und Sinnlichkeit. Peirce hält dagegen an der Einheit der Denkoperation bzw. an der Unhintergehbarkeit der
Wahrnehmung fest.
Vgl. Pape 1994.
Jens Jetzkowitz: Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
151
erklären, ohne dass wir einen zwingenden Beleg dafür haben, dass diese Erklärung auch angemessen ist.
Umberto Eco nennt daher unsere Erfahrungen treffend “schlafende” Abduktionen.37
Ein provozierender Gedanke, der der Unsicherheit all unserer Erkenntnisse entspricht. Wir sollten
uns genau anschauen, was die Vorstellung abduktiven Schließens impliziert. Und wir sollten klären,
wofür es nicht steht.38 Setzen wir uns dazu mit der “kanonischen Abduktionsform”39 auseinander, die
Peirce 1903 im Rahmen von Vorlesungen über den Pragmatismus vorgeschlagen hat:
“The surprising fact, C, is observed;
But if A were true, C would be a matter of course,
Hence, there is reason to suspect that A is true.”40
Diese Beschreibung des abduktiven Schlusses wirft sogleich zwei Fragen auf. Die erste ist die
nach der überraschenden Tatsache. Warum ist C eigentlich überraschend? Was ist so außergewöhnlich
daran, eine blühende Azalee zu sehen? Überraschend oder außergewöhnlich ist etwas, das nicht
selbstverständlich oder alltäglich ist. Azaleen in voller Blüte hat es schon gegeben, bevor Peirce das eine
Exemplar um 1900 an jenem Frühlingsmorgen sah, den er in der oben zitierten Textstelle beschreibt.
Wir müssen also davon ausgehen, dass die Feststellung, etwas sei überraschend oder außergewöhnlich,
kontextbezogen gemeint ist. Sie ist auf eine Gegenwart bezogen. Hier und Jetzt ist etwas überraschend
und erklärungsbedürftig, und auf dieses Hier und Jetzt ist die erklärende Hypothese bezogen. In diesem
Sinne verstanden, setzen Abduktionen als logische Operationen keine Selbstverständlichkeiten, keine
Gewohnheiten und keinen Alltag voraus. Ob die Azalee gestern noch nicht geblüht hat oder sie gar
nicht ins Blickfeld geraten ist, ist in dem Augenblick, in dem sie Peirce aufgefallen ist, unerheblich.
Die erklärende Hypothese konstituiert erst Wahrnehmung. Sie ist daher der Startpunkt des Denkens und
Schließens, auch über vergangene Ereignisse.
Im Forschungsprozess gilt es dann, die Abduktion kritisch zu überprüfen. Dabei hängen
Erkenntnisfortschritte entscheidend davon ab, dass nicht einfach Belege zusammengetragen werden,
um eine Hypothese zu bestätigen.41 Dazu tendiert allerdings eine am Deduktionsschluss ausgerichtete
Forschungslogik. Wer z.B. die Hypothese “Alle Vasen mit den Merkmalen A, B und C wurden in der
Ming-Periode hergestellt” als Gesetzeshypothese versteht, wird bei der Untersuchung von chinesischen
Vasen dazu neigen, anhand der Merkmale A, B und C zu verifizieren oder zu falsifizieren, ob diese aus
der Ming-Dynastie stammen.42 Dass überdies weitere Beobachtungen gemacht werden, die über die
Gesetzeshypothese hinausführen, vielleicht weitere Merkmale herausarbeiten oder Differenzierungen
einführen, ist nicht ausgeschlossen, bleibt aber dem Zufall überlassen. Die Struktur des deduktiven
Schlussfolgerns gibt vor, dass eine Regel der Wirklichkeit bekannt ist, aus der sich Einzelfälle
erschließen.
37
38
39
40
41
42
Vgl. Eco 1985, 66ff.
Peirce hat, bedingt durch seine eigenen biographischen Krisen und durch die Entwicklung des von ihm
zuerst entwickelten Pragmatismus, den Begriff der Abduktion immer wieder bearbeitet und verändert. In der
Rezeptionsgeschichte ist dadurch ein unverhältnismäßig großer Spielraum für Missverständnisse und abwegige
Erwartungen entstanden, insbesondere auch in der qualitativen Sozialforschung (vgl. Reichertz 2003). Die
folgenden Überlegungen orientieren sich an einer systematischen Rekonstruktion von Peirce’ Philosophie (vgl.
Pape 1989; Pape 2002) und des darin eingebetteten Abduktionsbegriffs.
Kapitan 1994, 144.
Peirce 1960, 117/C.P. 5.189.
Peirce (1986, 394–396) verdeutlicht das am Beispiel der seiner Meinung nach vorbildlichen Forschungsarbeiten
von Johannes Kepler, vgl. Hanson 1965, 70–92.
Grupe (1985) schlägt ein solches Vorgehen für die historische Anthropologie vor.
152
Wege über Grenzen?
Wenn hingegen von vornherein klar ist, dass eine Hypothese über die Entstehung oder die
Konsequenzen eines Ereignisses auf einem abduktiven Schluss aufbaut, kann der Forschungsprozess
sich nicht darauf ausrichten, den vermeintlich sicheren Erkenntnisstand zu erhalten. Forschung muss
dann dahin zielen, die Gesetzeshypothese über einen konkreten Zusammenhang der Wirklichkeit kritisch
zu überprüfen. Aus der Untersuchung von Einzelfällen lassen sich induktiv Erkenntnisse gewinnen, wie
tragfähig oder weitreichend eine Gesetzesaussage ist. Je riskanter diese induktiven Tests sind, desto
aussagefähiger sind sie in dieser Hinsicht. Wo Forscher ihre Hypothesen nicht selbst kritisch überprüfen,
bleibt dies der zukünftigen Forschung überlassen.
Schlussbemerkungen: Von der historischen Umweltforschung zur
Ko-Evolutionswissenschaft
Von der Entdeckung des Objekts der historischen Umweltforschung ausgehend, haben wir in den
vorangehenden Kapiteln Argumente für eine Verschränkung von Ontologie und Epistemologie der
historischen Wissenschaften vorgestellt. Vergangene Ereignisse werden als reale Objekte verstanden,
die durch die Interpretation von Indizien erklärt werden können. Dieser Interpretationsprozess ist
prinzipiell offen. Das heißt, zu keinem Zeitpunkt kann behauptet werden, dass ein vergangenes Ereignis
vollständig aufgeklärt ist. Welche Interpretationen vergangener Ereignisse sich durchsetzen und als
Deutungstraditionen ablagern, wird vor allem durch die jeweils gegenwärtigen gesellschaftlichen
Verhältnisse bestimmt.43 In Gesellschaften, in denen Wissenschaft und historisch-kritisches Denken
institutionalisiert sind, haben Interpretationen, die möglichst viele Indizien erklären können, wohl die
größten Chancen, auch in Zukunft Bestand zu haben. Nichts schützt sie aber davor, selbst zum Objekt
historischer Forschung zu werden.44
Auch solche Untersuchungen werden nicht ohne Hypothese, aus der Position vermeintlich
unbeteiligter Datensammler, formuliert. Sie dienen der Positionsbestimmung im Hinblick auf mögliche,
zukünftige Forschungsentwicklungen. Dass in dieser Hinsicht noch viel Argumentationsbedarf zu
leisten ist, zeigt sich exemplarisch an der Geschichtsschreibung der historischen Umweltforschung.
Ohne Frage nach der Zukunft kann sie nur ein Sammelsurium von Fakten darstellen, dem stets ein
gewisses Maß an Beliebigkeit anhaftet und das zu der wenig überraschenden These führt, die Disziplin
sei nun etabliert.45
Blicken wir dagegen auf die Disziplingeschichte mit dem Mut zur erklärenden Hypothese, dann
sehen wir, dass die historische Umweltforschung zwar in der Wissenschaftlergemeinschaft eingeführt ist.
Der Containerbegriff “Umweltforschung” liefert aber keinen angemessenen Rahmen, um die Spannung
zwischen der Wirklichkeit vergangener Natur-Gesellschafts-Verhältnisse und der zukunftsorientierten
Kommunikation über diese Verhältnisse transparent zu machen. “Umweltforschung” bringt weder ein
eigenes Forschungsobjekt noch ein Erkenntnisziel zum Ausdruck. Das Wort ist ein Verlegenheitsname,
der aus einer Zeit stammt, in der ein Forschungsfeld, dessen Umrisse sich nur erahnen ließen, begrifflich
fassbar gemacht werden musste.46
Heute ist die Forschung über das Abstecken des neuen Forschungsfeldes hinaus. Das Thema
Sustainable Development hat sich seit dem Ende des letzten Jahrhunderts im politischen Diskurs
etabliert. Gleichzeitig hat die Global-Change-Forschung in der Wissenschaft Karriere gemacht. In
beiden Entwicklungen werden Natur-Gesellschafts-Verhältnisse als Forschungsobjekt anerkannt. Dabei
43
44
45
46
Vgl. Hobsbawm/Ranger 1992.
Vgl. Koselleck 1979.
Vgl. z.B. Crosby 1995; McNeill 2003.
Vgl. Uekötter 2007.
Jens Jetzkowitz: Welche Interpretation der Vergangenheit hat Zukunft?
153
setzt sich verstärkt die Einsicht durch, dass Natur-Gesellschafts-Verhältnisse nicht als Einbahnstraßen
konzipiert werden dürfen. Es geht nicht (nur) darum zu erforschen, wie viel ihrer Umwelt eine Gesellschaft
verändern, ausbeuten oder zerstören darf, bis sich diese Gesellschaft selbst gefährdet. Die Veränderungen
von Gesellschaften an und Eingriffe in natürliche Zustände müssen nicht notwendig destruktiv sein und
das Ende von Entwicklungsprozessen bedeuten. Sie können auch, wie die Kulturlandschaftsforschung
zeigt, neue Möglichkeiten von Entwicklungsprozessen eröffnen.
In den Begriff der Umweltforschung sind diese Aspekte nicht mehr zu integrieren. “Umwelt” ist
das, was nicht die Gesellschaft ist oder das Subjekt oder das System, das im Zentrum des Interesses
steht. “Umweltforschung” weckt demnach falsche Assoziationen, weil das Wort “Umwelt” sich
auf eine (vermeintliche) Restkategorie bezieht, anstatt die Bezogenheit bestimmter Natur- und
Gesellschaftszustände und deren Entwicklungen zu thematisieren. Paradigmatisch gesprochen, geht
es also nicht um die Erforschung von Umwelt, sondern von Natur-Gesellschafts-Interaktionen. Dem
gemäß betonen verschiedene Vertreter der historischen Umweltforschung, dass das auf Relationalität
ausgerichtete Begriffssystem der Ökologie ihre Forschungen methodologisch fundiert und sie sich eben
nicht an subjekt- oder systemzentrischen Vorstellungen orientieren.47 Betont wird überdies, dass das
Wissen um historische Natur-Gesellschafts-Verhältnisse Wissen für die Entwicklung einer nachhaltigen
Gesellschaft bereitstellt.
Um welches Wissen es dabei geht, beschreibt Norgaard:
“The challenge of sustainability will only be met when there is a consensus on how modernity
became unsustainable. This will require a new reading of history. Heretofore, historians have
documented the lives of the rich and influential, the politics and social change of key periods,
and relationships between science, technology, and progress. We can only learn from the lessons
of history if historians help us to see how the factors related to the situation we now face – the
relationships between environmental systems, knowledge, technology, and social order – contributed
to our predicament.”48
Wenn wir – was die oben dargestellten Argumente nahelegen – weniger den Konsens in der
Gegenwart, sondern die offene Diskussion über die zukünftige Gesellschaftsentwicklung betonen,
dann steht uns klar vor Augen, wie die historischen Wissenschaften die Entwicklung einer nachhaltigen
Gesellschaft unterstützen können: Indem sie untersuchen, welche Natur-Gesellschafts-Beziehungen
ko-evolutiv waren, welche es nicht waren und warum nicht. Die Antworten auf diese Fragen sind der
Beitrag der historischen Wissenschaften zu einer Ko-Evolutionswissenschaft, deren Objekt jenseits der
(historisch gefügten) Disziplingrenzen existiert.
Bislang ist eine Ko-Evolutionswissenschaft eher eine plakative Forderung im Nachhaltigkeitsdiskurs
als ein etabliertes Konzept.49 Ihre Konturen sind aber vergleichsweise scharf umrissen. Sie erforscht
die faktischen Relationen zwischen der Natur und der menschlichen Zivilisation, indem sie deren
indexikalische Zeichen abduktiv-schlussfolgernd aufspürt und kritisch überprüft. Die Begriffe der
Evolution und der Ko-Evolution dienen ihr als Erklärungsprinzipien, die weder deterministisch von
notwendigen linearen Verläufen der Natur- wie der Gesellschaftsgeschichte ausgehen noch das Prinzip
des Zufalls verabsolutieren und jede reale Verbindung zwischen früheren und späteren Ereignissen in
der Geschichte leugnen.50
47
48
49
50
Vgl. Crosby 1995; Hughes 2000; Küster 2005.
Norgaard 1994, 32.
Vgl. Schellnhuber 2001.
Vgl. Peirce 1991.
154
Wege über Grenzen?
Das Wissen, das eine auf diese Weise profilierte Ko-Evolutionswissenschaft erzeugt, kann Handlungsoptionen eröffnen. Damit liefert sie sich der Kritik aus, Fortschrittsmythen zu transportieren.
Denn wie jede andere Wissenschaft auch, geht sie davon aus, dass es besser ist, etwas zu wissen, in
ihrem Fall über Natur-Gesellschafts-Beziehungen und ihre Konsequenzen, als nichts zu wissen. Ein
geschichtsphilosophisch oder sonst wie begründetes Heilsversprechen ist ihr damit aber nicht zu Eigen,
sondern sie lebt allein von dem Wunsch, das erste Staunen über ihre Entdeckungen zu überwinden.
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