Auswirkungen des Klimawandels auf Böden in Niedersachsen

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LANDESAMT FÜR
BERGBAU, ENERGIE UND GEOLOGIE
Auswirkungen des
Klimawandels auf Böden
in Niedersachsen
Niedersachsen
Landesamt für
Bergbau, Energie und Geologie
Auswirkungen des
Klimawandels auf Böden
in Niedersachsen
NICOLE ENGEL & UDO MÜLLER
Hannover 2009
Impressum
Herausgeber:
© Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
Stilleweg 2
30655 Hannover
Tel. (0511) 643-0
Fax (0511) 643-2304
Version:
31.05.2010
Titelbild:
Foto aus der Bilddatenbank des LBEG
Bericht Klimawandel
S. 3 – 27
15 Abb.
Hannover 2009
Inhalt
1
2
3
3.1
3.2
3.3
4
4.1
4.2
4.3
5
5.1
5.2
5.3
6
6.1
6.2
7
8
Klimawandel in Niedersachsen ..................................................................................................4
Datenauswertung .........................................................................................................................7
Auswirkungen des Klimawandels auf den Bodenwasserhaushalt.........................................7
Änderungen im Bodenwasserhaushalt, Konsequenzen für die
Grundwasserneubildung, Zunahme der Hochwassergefahr ....................................................7
Auswirkungen auf Nährstoffverfügbarkeit und Stoffausträge .................................................12
Handlungsfeld Bodenwasserhaushalt.....................................................................................14
Auswirkungen des Klimawandels auf den Kohlenstoffhaushalt und die
Biodiversität ..........................................................................................................................15
Abnahme humusbildender Prozesse, Rückgang der organischen
Bodensubstanz und verstärkte Freisetzung klimarelevanter Gase ........................................15
Veränderungen der Biodiversität ............................................................................................16
Handlungsfeld Kohlenstoffhaushalt und Biodiversität.............................................................17
Auswirkungen des Klimawandels auf Erosion und Verdichtung .........................................18
Erosion ....................................................................................................................................18
Verdichtung .............................................................................................................................21
Handlungsfelder Erosion und Verdichtung .............................................................................22
Auswirkungen des Klimawandels auf die natürlichen Bodenfunktionen und
auf schutzwürdige Böden ....................................................................................................22
Änderungen der natürlichen Bodenfunktionen und Auswirkungen auf
die Schutzwürdigkeit von Böden.............................................................................................22
Handlungsfeld Bodenfunktionen und schutzwürdige Böden ..................................................24
Ausblick ......................................................................................................................................24
Quellen ........................................................................................................................................26
Bericht Klimawandel
3
1 Klimawandel in
Niedersachsen
Das Klima ändert sich und mit ihm die Lebensbedingungen für Mensch und Natur. Die
Hauptursache für die globale Erwärmung wird
heute überwiegend in der Verstärkung des
Treibhauseffektes durch menschliche Aktivitäten gesehen.
Grundlage für die Klimaprognosen sind Berechnungen
mit
Klimamodellen
(z. B.
ECHAM5) für unterschiedliche Szenarien (A1,
B1, A2, B2, A1B usw.). In den Szenarien werden unterschiedliche Entwicklungen der Bevölkerung, der Wirtschaft, der Technologie sowie
des Umweltbewusstseins angenommen (vgl.
IPCC 2007). Die Ergebnisse der globalen Klimamodelle können mittels verschiedener Regionalisierungsmodelle (WETTREG, REMO,
CLM) auf kleinräumige Betrachtungsebenen,
z. B. auf Länderebene, herunterskaliert werden. In dieser Studie werden Klimasimulationen für das A1B1-Szenario des Regionalisierungsmodells WETTREG2 herangezogen.
Im A1B-Szenario der WETTREG-Daten wird
für Niedersachsen bis 2100 eine Zunahme der
Jahresdurchschnittstemperatur von bis zu
2,3 °C prognostiziert. Damit einhergehend wird
mit einer Zunahme von Sommertagen (Tmax
≥ 25 °C) und „heißen Tagen“ (Tmax ≥ 30 °C)
gerechnet, wohingegen die Eis- und Frosttage
abnehmen werden. Die Veränderungen werden dabei voraussichtlich in Abhängigkeit von
Höhe, Entfernung zum Meer und Exposition
regional unterschiedlich stark ausfallen.
Auch Niedersachsen ist demnach vom globalen Klimawandel betroffen. In einer UBA-Studie
(UMWELTBUNDESAMT 2008) wird das nordostdeutsche Tiefland – zu dem der Nordosten
Niedersachsens gehört – als besonders vom
prognostizierten Klimawandel (auf Basis der
IPCC3-Szenarien) betroffene Region herausgestellt.
1
A1B-Szenario: IPCC-Klimaszenario, das von mittleren
Treibhausgasemissionen und einer ausgewogenen
Nutzung fossiler und nicht fossiler Energieträger bis
2100 ausgeht (IPCC 2007).
2
Statistisch-dynamisches Modell, das auf der Grundlage
des globalen Zirkulationsmodells ECHEM5 und
deutscher Wetterstationen Klimasimulationen für
Deutschland liefert. Die räumliche Auflösung ist
abhängig
von
der
Klimastationsdichte.
Für
Niedersachsen stehen 24 Klimastationen und 168
Niederschlagsstationen zur Verfügung (SPEKAT, ENKE &
KREIENKAMP 2007, KRAUSE 2008).
3
IPCC: Intergovermental Panel on Climate Change, in
Deutschland auch als „Weltklimarat“ bezeichnet.
4
Bericht Klimawandel
Abb. 1:
Differenz der Sommerniederschlagsmengen (hier für die Monate Juni, Juli und August) zwischen der Periode
2070–2100 und der Referenzperiode 1961–1990 (WETTREG-Klimaszenario A1B). In ganz Niedersachsen nehmen die Sommerniederschläge gegenüber der Referenzperiode um bis zu 30 % ab (Quelle: KREIENKAMP 2006).
Bei den Niederschlägen werden verschiedene
Entwicklungen erwartet, die wiederum in Niedersachsen regional unterschiedlich (zum Teil
gegenläufig) ausgeprägt sein können. Bis 2100
werden die jährlichen Niederschlagsmengen in
einigen Landesteilen leicht zu- und in anderen
Landesteilen leicht abnehmen. Überwiegend
werden aber gleichbleibende durchschnittliche
Jahresniederschlagssummen erwartet. Änderungen werden vor allem für die Niederschlagsverteilung prognostiziert. Als wahrscheinlich gilt eine Weiterführung des bereits
zu beobachtenden Trends der Verschiebung
der Niederschläge in die Wintermonate (s.
Abb. 1 und Abb. 2), einhergehend mit einer
Zunahme von Starkniederschlagsereignissen
Bericht Klimawandel
und anhaltenden Niederschlagsereignissen mit
großen Wassermengen (letzteres vor allem im
Winter).
In den Sommermonaten (Juni, Juli, August)
nehmen nach den Prognosen die Niederschläge bis 2100 in ganz Niedersachsen um bis zu
30 % ab (im Mittel ca. 20 %), im Winter (Dezember, Januar Februar) in allen Landesteilen
um bis zu 40 % (im äußersten Süden und an
der Küste sogar bis 50 %) zu (im Mittel um ca.
30 %).
Gleichzeitig verändert sich auch die Art der
Niederschläge – Schnee als Niederschlagsform wird immer seltener.
5
Abb. 2:
Differenz der Winterniederschlagsmengen (hier für Dezember, Januar und Februar) zwischen der Periode 2070–
2100 und der Referenzperiode 1961–1990 (WETTREG-Klimaszenario A1B). In ganz Niedersachsen nehmen die
Winterniederschläge gegenüber der Referenzperiode um bis zu 50 % zu (Quelle: KREIENKAMP 2006).
Bedingt durch die Zunahme der Temperatur
und die Abnahme der Niederschläge im Sommer, mit damit einhergehender erhöhter Einstrahlung, würde auch die Verdunstung, vor allem im Sommer, zunehmen. Gleichzeitig ist
damit zu rechnen, dass sich der zu beobachtende Trend bei der Veränderung der Phänologie in Folge des Klimawandels fortsetzt oder
verstärkt. Bereits im 20. Jahrhundert setzte die
Vegetationsperiode durch die Zunahme der
Wintertemperaturen und die Abnahme von Eis
und Frosttagen immer früher ein. Gleichzeitig
(aber nicht so ausgeprägt) endet sie später
(KRAUSE 2008). Eine in Folge des Klimawandels weitere Verlängerung der Vegetationspe-
6
riode würde zu verstärkter Evapotranspiration
führen und damit neben den klimatischen Faktoren ebenfalls zu einer Erhöhung der Verdunstung beitragen.
Der Boden als Hauptbestandteil landschaftlicher Ökosysteme erfüllt wichtige und zum Teil
äußerst komplexe Funktionen für Mensch und
Umwelt. Das Klima beeinflusst die im Boden
ablaufenden Stoffumsetzungs- und Verlagerungsprozesse und vor allem die natürlichen
Bodenfunktionen. Die prognostizierten Klimaänderungen wirken sich auf den Wasserhaushalt, den Stofftransport und den Stoffumsatz in
Böden aus, wodurch wesentliche natürliche
Bericht Klimawandel
Bodenfunktionen betroffen sind und beeinträchtigt werden können.
Es muss mit regional unterschiedlichen Ausprägungen der Folgen des Klimawandels gerechnet werden. Vor diesem Hintergrund ist eine regionale Betrachtung und standortdifferenzierte Bewertung der Folgen von Klimawirkungen für die Böden erforderlich. Aufgrund der
Vielzahl der Faktoren, die die Bodenfunktionen
bestimmen, können die Auswirkungen des Klimawandels auf die Böden und ihre Funktionen
derzeit bislang meist nur qualitativ, nicht aber
quantitativ beschrieben werden.
2 Datenauswertung
Die nachfolgenden Auswertungen wurden auf
Grundlage der im Niedersächsischen Bodeninformationssystem NIBIS® vorliegenden Daten
durchgeführt (www.lbeg.niedersachsen.de). Im
NIBIS® sind Informationen zur räumlichen
Verbreitung von Böden in verschiedenen Maßstabsebenen, Labordaten und Daten zur Bodendauerbeobachtung (BDF) abgelegt (HEINEKE et al. 2001). Für die Bewertung von Bodeneigenschaften und Bodenfunktionen wurde eine umfangreiche Methodenbank aufgebaut
(MÜLLER 2004), auf deren Grundlage die nachfolgenden Auswertungen durchgeführt wurden.
Neben den bodenkundlichen Daten werden Informationen zur Landnutzung, zum Relief und
zum Klima (Wetter) vorgehalten. Für die Klimafolgenprognose wurden die Daten des Regionalmodells WETTREG (SPEKAT, ENKE & KREI®
ENKAMP 2007) in das NIBIS integriert.
Bericht Klimawandel
3 Auswirkungen des
Klimawandels auf den
Bodenwasserhaushalt
3.1
Änderungen im
Bodenwasserhaushalt,
Konsequenzen für die
Grundwasserneubildung,
Zunahme der Hochwassergefahr
Die saisonalen Verlagerungen der Niederschläge (Zunahme der Niederschläge im Winter, Rückgang der Niederschläge im Sommer)
bei gleichzeitigem Temperaturanstieg hätten
durch die resultierende höhere Verdunstung
eine abnehmende klimatische Wasserbilanz in
der Hauptvegetationsperiode zur Folge, einhergehend mit einer stärkeren Ausnutzung der
Bodenwasservorräte im Sommer.
Es wird mit einer Zunahme von länger werdenden Trockenperioden gerechnet. Als Folge
steigen die Gefahr von Trockenstress für die
Vegetation (auch für die Wälder) und die Gefahr von Ertragseinbußen für die Landwirtschaft; insgesamt ist mit einer Zunahme des
Ertragsrisikos zu rechnen.
7
Abb. 3:
Beregnung von Kartoffeln in Niedersachsen (Foto: Bilddatenbank des LBEG).
Eine Verlängerung der Vegetationszeit, höhere
Temperatursummen und gleichzeitig eine höhere CO2-Konzentration in der Atmosphäre
ermöglichen aber auch höhere Biomasseerträge und andere Fruchtfolgen. Ein Zweitanbau
kann auch in bisher ungünstigen Lagen möglich werden, allerdings nur, wenn eine gute
Wasserversorgung gewährleistet ist, was im
Zuge des Klimawandels zunehmend zur Herausforderung werden kann.
Abbildung 4 zeigt die Veränderung der klimatischen Wasserbilanz in der Vegetationsperiode
8
(KWBv) für den Zeitraum 2070–2100 im Vergleich zur Referenzperiode 1961–1990. In
ganz Niedersachsen wird eine Abnahme der
KWBv prognostiziert. Im äußersten Osten wird
die geringste Abnahme (zwischen -50 mm und
-100 mm) erwartet. In den überwiegenden Landesteilen ist mit einer Abnahme von bis zu
-150 mm zu rechnen, in einigen Bereichen
auch bis zu maximal -200 mm. Daraus ergibt
sich im Zeitraum 2070–2100 für ganz Niedersachsen eine negative KWBv mit einem prognostizierten Wasserdefizit von bis zu -270 mm
in Ostniedersachsen.
Bericht Klimawandel
Abb. 4:
Abnahme der klimatischen Wasserbilanz in der Vegetationsperiode im Zeitraum 2070–2100 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1961–1990 (WETTREG-Klimaszenario A1B). In ganz Niedersachsen verringert sich die klimati®1
sche Wasserbilanz deutlich. Die Berechnung erfolgte mit der Methodenbank des NIBIS .
Sowohl die beregnungsbedürftige Fläche als
auch die notwendige Beregnungswassermenge pro Beregnungsfläche werden unter den
prognostizierten Klimaveränderungen also zunehmen. Abbildung 5 gibt einen Überblick, für
welche Flächen eine Zunahme der mittleren
Beregnungswassermenge in der Vegetationsperiode im Zeitraum 2070–2100 (im Vergleich
zur Referenzperiode 1961–1990) zu erwarten
ist. Der Berechnung zugrunde liegen die aus
den Klimadaten ermittelte durchschnittliche
klimatische Wasserbilanz in der Vegetations1
periode (KWBv, s. Abb. 4) und die aus Bodenkennwerten abgeleitete Speicherfähigkeit für
pflanzenverfügbares Bodenwasser. Die beregnungsbedürftige Ackerfläche steigt unter den
im A1B-Szenario prognostizierten Klimaveränderungen bis 2100 um bis zu 10 % (bezogen
auf die heutige Ackerfläche). Die notwendige
durchschnittliche
Beregnungswassermenge
steigt insgesamt für Niedersachsen um bis zu
mehr als 20 % (bezogen auf die durchschnittliche Beregnungswassermenge im Referenzzeitraum 1961–1990).
®
NIBIS : Niedersächsisches Bodeninformationssystem des LBEG.
Bericht Klimawandel
9
Abb. 5:
Zunahme der Beregnungsbedürftigkeit im Zeitraum 2070–2100 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1961–1990
(WETTREG-Klimaszenario A1B). Sichtbar wird für weite Teile Niedersachsens eine Zunahme der notwendigen
mittleren Beregnungswassermenge, um die negative klimatische Wasserbilanz in der Vegetationsperiode aus®
zugleichen. Die Berechnung erfolgte mit der Methodenbank des NIBIS .
Es ist mit einer verstärkten Ausnutzung der
Grundwasservorräte und mit zunehmenden
Nutzungskonflikten (höhere Verdunstungsleistung der Vegetation auf Flächen mit Grundwasseranschluss, längere Vegetationsperiode
mit möglichem Zweitanbau, verstärkter Beregnungswasserbedarf in der Landwirtschaft, erhöhter Wasserbedarf der Bevölkerung) zu
rechnen.
In Niedersachsen wären insbesondere die Bereiche der Norddeutschen Tiefebene betroffen.
10
Jedoch werden für die Winterhalbjahre gegenläufige Verhältnisse prognostiziert. Durch den
zu erwartenden Anstieg der klimatischen Wasserbilanz im Winter käme es in weiten Teilen
(ca. 60 % der Landesfläche) Niedersachsens
zu einer Erhöhung der durchschnittlichen jährlichen Sickerwasserrate um bis zu 100 mm/a.
Dies würde das steigende Wasserdefizit im
Sommer jedoch nicht ausgleichen, zumal in
den übrigen Landesteilen (v. a. den Marschen,
um Bremen und in Südostniedersachsen) die
Sickerwasserrate bis maximal 145 mm/a abnehmen kann (s. Abb. 6).
Bericht Klimawandel
Abb. 6:
Änderung der durchschnittlichen jährlichen Sickerwasserrate (Grundwasserneubildung) im Zeitraum 2070–2100
gegenüber dem Vergleichszeitraum 1961–1990 (WETTREG-Klimaszenario A1B). In weiten Teilen Niedersachsens ist eine Zunahme der Sickerwasserrate zu beobachten, was auf die Verlagerung der Niederschläge in den
®
Winter zurückzuführen ist. Die Berechnung erfolgte mit der Methodenbank des NIBIS .
Durch die prognostizierte Veränderung der
Niederschlagsverhältnisse (Zunahme der Winterniederschläge, Zunahme von lang andauernden Niederschlagsereignissen mit großen
Regenmengen im Winter, Zunahme der Starkregenereignisse im Sommer) ist mit einem verstärkten Oberflächenabfluss zu rechnen. Eine
zunehmende Bodenerosionsgefährdung mit
den bekannten On- und Offsiteschäden (s. dazu auch Kapitel 4) und eine Zunahme von
Hochwasserereignissen wären die Folge.
Eine länger anhaltende starke Durchfeuchtung
der Böden hätte darüber hinaus ungünstige
Auswirkungen auf die Verankerungsstabilität
der Waldbestände, insbesondere bei den flach
Bericht Klimawandel
wurzelnden Bäumen, so dass deren Anfälligkeit gegenüber Windwurf steigt. Außerdem
würde die mechanisierte Holzernte im Winter
durch die geringere Befahrbarkeit der nassen
Böden erschwert.
Weniger Frost- und Eistage führen außerdem
zu einer Verschlechterung der Bodenstruktur
mit erhöhter Verschlämmungsneigung. Gleichzeitig führen die prognostizierten höheren Wintertemperaturen zu einer Reduzierung der
Schneeniederschläge. Die Abpufferung von
Abflussspitzen durch den Schneedeckenspeicher nimmt folglich ab. Beides verstärkt die
Gefahr von Erosion und Hochwasser zusätzlich. Besonders betroffen wären in Niedersach-
11
sen der Harz und das Berg- und Hügelland.
Die zunehmende Hochwassergefährdung gilt
für ganz Niedersachsen.
3.2
Auswirkungen auf
Nährstoffverfügbarkeit und
Stoffausträge
Die prognostizierte Zunahme der Sommertrockenheit mit einer stärker werdenden Austrocknung der Böden, insbesondere der Oberböden in der Hauptvegetationsperiode, wird zu
einer Änderung der Nährstoffdynamik führen.
Da der Transport von Düngenährstoffen zur
Pflanzenwurzel und die Aufnahme zahlreicher
Pflanzennährstoffe an das Vorhandensein von
Wasser gekoppelt sind, werden die Nährstoffverfügbarkeit und die Düngewirkung (ohne zusätzliche Beregnung) eingeschränkt. Dadurch
und durch den erwarteten zunehmenden Trockenstress steigt das Risiko von Mindererträgen mit schlechter Nährstoffausnutzung.
Abbildung 7 zeigt die Veränderung der Nitratauswaschungsgefährdung unter den prognostizierten klimatischen Bedingungen (WETTREG A1B-Szenario) für den Zeitraum 2070–
2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1961–
1990.
Es treten sowohl Bereiche mit höherer als auch
Bereiche mit verringerter Nitratauswaschungsgefährdung auf, die regional unterschiedlich
verteilt sind. Die Auswaschungsgefährdung
vermindert sich vor allem im Bereich der Marschen und um Bremen sowie in Südostniedersachen. Eine verstärkte Auswaschungsgefahr
ist im Westen, Osten und Süden des Landes
zu finden. In den überwiegenden Landesteilen
(ca. 75 % der Landesfläche) ist keine Veränderung der Nitratauswaschungsgefährdung zu
erwarten.
Als Folge können höhere Nährstoffüberhänge
im Herbst auftreten. Durch die gleichzeitig zu
erwartenden höheren Sickerwasserraten im
Winter (also im Zeitraum ohne Nährstoffaufnahme), steigt das Auswaschungsrisiko für
nicht sorbierbare Stoffe, insbesondere Nitrat,
ins Grundwasser.
12
Bericht Klimawandel
Abb. 7:
Änderung der Nitratauswaschungsgefährdung im Zeitraum 2070–2100 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1961–
1990 (WETTREG-Klimaszenario A1B). Es sind sowohl Bereiche mit erhöhter als auch Bereiche mit verringerter
Nitratauswaschungsgefährdung zu beobachten. Überwiegend bleibt die Nitratauswaschungsgefährdung unter den
prognostizierten Klimabedingungen in der Periode 2070–2100 gleich. Die Berechnung erfolgte mit der Methoden®
bank des NIBIS .
Zusätzlich kann durch die höheren Wintertemperaturen die Mineralisation im Boden zunehmen, was zu einer Verstärkung der Auswaschungsproblematik führen würde.
Bericht Klimawandel
13
Folgen für den Bodenwasserhaushalt
3.3

zunehmende Sommertrockenheit:
 zunehmende Ertragsunsicherheit,
 Zunahme der beregnungsbedürftigen Flächen und der Beregnungswassermenge,
 Verschlechterung der Nährstoffverfügbarkeit, Verringerung der Düngewirkung.

zunehmender Oberflächenabfluss:
 zunehmende Verschlämmungsneigung der Bodenoberfläche,
 steigende Hochwassergefahr,
 steigende Erosionsgefahr.

steigende Sickerwasserrate im Winter:
 zunehmende Auswaschungsgefahr nicht sorbierbarer Stoffe, insbesondere Nitrat.

zunehmendes Wasserdefizit im Sommer wird durch Wasserüberschuss im Winter nicht
ausgeglichen:
 stärkere Ausnutzung der Grundwasservorräte im Sommer (Nutzungskonflikte).

Zunahme der Mineralisation durch höhere Temperaturen im Herbst/Winter oder Abnahme
durch Wasserüberschuss im Winter.
Handlungsfeld
Bodenwasserhaushalt
Um Maßnahmen gezielt einsetzen zu können,
müssen die durch den Klimawandel potenziell
besonders betroffenen Gebiete zunächst identifiziert und hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit
bewertet werden.
Anpassung des Wassermanagements mit ressourcenschonender Nutzung erforderlich.
Anpassungen werden auch in der Waldwirtschaft hinsichtlich Vegetation und Bewirtschaftung erfolgen müssen.
Einer möglichen Zunahme des Oberflächenabflusses mit zunehmender Hochwasser- und
Erosionsgefährdung kann von der Bodenbewirtschaftungsseite her mit verstärkten Erosionsschutzmaßnahmen zur Verringerung von
Bodenabtrag bei Starkregen- und „Dauerregen“-Ereignissen, wie z. B. Mulchsaat und
ganzjähriger Bodenbedeckung sowie konservierender Bodenbearbeitung, begegnet werden.
In der Landwirtschaft sind außerdem verschiedene Maßnahmen zur Verringerung der Ertragsunsicherheit und Verminderung von Nährstoffüberhängen erforderlich, wie beispielsweise gezielte und standortabhängige Beregnung
in Trockenzeiten, Anpassung der Düngestrategie (in Kombination mit Beregnung) und Anpassung der Fruchtfolgen mit wärmeliebenderen und trockenheitsresistenteren Arten und
Sorten, die sich durch einen geringeren Wasserbedarf auszeichnen. Gleichzeitig ist aufgrund der zu erwartenden Nutzungskonflikte,
besonders bei der Grundwassernutzung, eine
14
Bericht Klimawandel
4 Auswirkungen des
Klimawandels auf den
Kohlenstoffhaushalt und
die Biodiversität
4.1
Abnahme humusbildender
Prozesse, Rückgang der
organischen Bodensubstanz und
verstärkte Freisetzung
klimarelevanter Gase
Auch die Humusspeicherung im Boden wird
maßgeblich vom Klima beeinflusst. Gleichzeitig
spielen Böden selbst eine essenzielle Rolle im
Klimageschehen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil im globalen Kohlenstoffzyklus. Böden
speichern achtmal mehr Kohlenstoff als die
Atmosphäre (Abb. 8).
Abb. 8:
Böden stellen den drittgrößten Kohlenstoffvorrat der Erde dar (berechnet aus DENMAN et
al./IPCC 2007), wovon etwa 15–30 % auf die
Moore entfallen. Sie sind deshalb von großer
Bedeutung bei der Regulierung des globalen
Kohlenstoffkreislaufs. Niedersächsische Moore
enthalten auf weniger als 10 % der Landesfläche mehr als 50 % der Bodenkohlenstoffvorräte des Landes.
Die organische Substanz im Boden ist außerdem von grundlegender Bedeutung für die
Fruchtbarkeit der Böden, für ihr Wasserspeichervermögen und für die Erhaltung der biologischen Vielfalt.
Durch die zu erwartenden höheren Temperaturen und die erwartete verstärkte Sommertrockenheit können vor allem hydromorphe Böden
(Moore, Marschen, Gleye) in den Sommermonaten stärker entwässert werden, so dass die
durch Wasserüberschuss konservierte organische Substanz dem oxidativen Abbau ausgesetzt wird (Abb. 9). Langfristig wären Humusabbau und CO2-Freisetzung die Folge. Gleiche
Effekte werden dadurch bewirkt, dass sich aufgrund der prognostizierten Sommertrockenheit
mehr Grünlandstandorte für eine Ackernutzung
eignen und umgebrochen werden können. In
Niedersachsen wären insbesondere die Moore
und Marschen im Nordwesten des Landes betroffen.
C-Pools in Böden der Schweiz
(HAGEDORN 2003).
Bericht Klimawandel
15
Abb. 9:
Zusammenhang zwischen mittlerem Grundwasserstand und jährlicher CO2-Freisetzung aus Niedermoor- (grüne
Kreise) und Hochmoorstandorten (braune Kreise) unter Grünlandnutzung. Daten aus MUNDEL (1976, dunkelgrün),
DRÖSLER (2005, dunkelbraun) und HÖPER (unveröffentlicht, hellgrün bzw. hellbraun).
Die erwartete Zunahme der Temperaturen im
Winterhalbjahr und eine ausreichende Bodenfeuchte beschleunigen die Mineralisierungsprozesse der organischen Substanz im Winter.
Dem steht allerdings möglicherweise durch die
verstärkten Niederschläge im Winter eine konservierende Wirkung durch Wasserübersättigung und in nicht hydromorphen Böden eine
verringerte Mineralisation in trockenen Sommermonaten gegenüber.
Ein wesentliches klimarelevantes Gas ist
Lachgas (N2O). Eine Tonne Lachgas entspricht
der klimaschädlichen Wirkung von über 300
Tonnen Kohlendioxid. Lachgas entsteht vor allem bei Prozessen in Böden (Denitrifikation)
unter bestimmten Standortbedingungen (Staunässe, hohe Gehalte an organischer Substanz,
hohe NO3-Gehalte). Diese Lachgasemissionen
aus dem Boden machen ca. 50 % aller landwirtschaftlichen Treibhausgase aus (UBA
2009). Da Lachgas unter bestimmten Standortbedingungen entsteht, ist die Kenntnis über
diese Standorte, insbesondere Niederungsböden, für Nutzungsempfehlungen von Bedeutung.
16
4.2
Veränderungen der Biodiversität
Der Boden ist Lebensraum für diverse pflanzliche und tierische Lebewesen.
Bodentiere und Mikroorganismen, beispielsweise Bakterien und Pilze, spielen eine maßgebliche Rolle für den Abbau und die Mineralisierung der organischen Substanz, die Durchmischung und Stabilisierung organischer und
mineralischer Partikel und damit für den Humusaufbau und die Bodenaggregation, die
Bindung atmosphärischen Stickstoffs sowie
Verwitterungsprozesse und für die Bodenbildung (Pedogenese). Sie beeinflussen zahlreiche Stoffflüsse im Boden und spielen eine
maßgebliche Rolle bei der Nährstoffbereitstellung für die Pflanzen. Auch der Abbau organischer Schadstoffe erfolgt durch Bodenorganismen. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Bodenaufbau und zur Standortqualität. Veränderungen der Biodiversität im Boden
können daher weitreichende Konsequenzen
haben.
Bericht Klimawandel
Klimaveränderungen, die die Bodentemperatur
und -feuchte beeinflussen, können zu einer
Veränderung der Bodenbiodiversität führen,
mit Folgen für die ökosystemaren Funktionen
im Boden. Es besteht jedoch noch erheblicher
Forschungsbedarf zur den Auswirkungen der
Klimaveränderungen auf die Biodiversität im
Boden und zu den ökologischen Folgen einer
Veränderung der Bodenfauna.
Der Rückgang der organischen Bodensubstanz hätte nicht nur Folgen für die Regulierung des globalen Kohlenstoffkreislaufs, sondern auch für das Nährstoff- und Wasserspeichervermögen der Böden, insbesondere bei
tonarmen Böden, sowie für die Bodenbiodiversität.
Folgen für den Kohlenstoffhaushalt und die Biodiversität
4.3

Verstärkte Entwässerung v. a. hydromorpher Böden (Moore, Marschen und Gleye):
 Humusabbau durch verstärke Humusmineralisation,
 Humusverlust durch Grünlandumbruch
 CO2-Freisetzung und Verstärkung des Treibhauseffektes.

Veränderung der biologischen Aktivität im Boden:
 Folgen für Stoffflüsse, Stoffumsätze und die Nährstoffverfügbarkeit des Bodens und
damit für die Standortqualität.
Handlungsfeld
Kohlenstoffhaushalt
und Biodiversität
Die durch den Klimawandel potenziell betroffenen Standorte müssen zunächst identifiziert
und hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit bewertet
werden, um Maßnahmen gezielt einsetzen zu
können.
In erster Linie führen Meliorationsmaßnahmen
(Entwässerung), vor allem von Hochmooren
und von Niedermoorböden, zu Humusabbau
und CO2-Freisetzung. Ziel sollte es sein, die
Kohlenstoffvorräte in den Böden zu erhalten.
Hierzu wären vor allem Moorböden wieder zu
vernässen. Dagegen sollten eine weitere Entwässerung hydromorpher Böden und Grünlandumbruch vermieden werden. Bei Ackerböden ist verstärkt eine humusschonende Bodenbearbeitung und eine ausgeglichene Humusbilanz anzustreben (z. B. durch organische
Düngung und den Verbleib von Ernterückständen auf der Fläche).
Für den Erhalt und die Förderung einer möglichst großen Bodenbiodiversität sind eine große Pflanzendiversität auch in Agrarökosystemen sowie humusschonende und Verdichtung
vermeidende Bodenbearbeitungsformen förderlich.
Bericht Klimawandel
17
5 Auswirkungen des
Klimawandels auf Erosion
und Verdichtung
Abb. 10 und 11: Erosion durch Wasser und Wind (Fotos: Bilddatenbank des LBEG).
5.1
Erosion
Durch die prognostizierte Zunahme der Winterniederschläge insgesamt sowie der Zunahme von lang andauernden Niederschlagsereignissen mit großen Regenmengen (v. a. im
Winter) und der Zunahme von Starkregenereignissen ist mit einem verstärkten Oberflächenabfluss im Winter zu rechnen, der, bedingt
durch eine früher einsetzende Wassersättigung
der Böden, auch früher im Jahr einsetzen
könnte.
Vor allem für die Sommermonate wird damit
gerechnet, dass die insgesamt abnehmenden
Niederschläge verstärkt als Starkregenereig-
18
nisse eintreten. Dies hätte, vor allem vor dem
Hintergrund zunehmender Bodentrockenheit,
einen verstärkten Oberflächenabfluss zur Folge, da das Wasser nicht in die dann luftgefüllten Poren infiltrieren kann.
Ebenfalls negativ auf die Erosionsanfälligkeit
der Böden wirken sich weitere mögliche, durch
den Klimawandel ausgelöste Bodenveränderungen aus. Durch möglichen Humusabbau
und weniger Frost- und Eistage verschlechtert
sich die Bodenstruktur und die Gefügestabilität
verringert sich – die Verschlämmungsneigung
und damit die Erodierbarkeit der Bodenoberfläche nehmen zu.
Bericht Klimawandel
Abbildung 12 zeigt die potenzielle Erosionsgefährdung der Böden in Niedersachsen durch
Wasser. Gefährdet sind in Niedersachsen vor
allem die Gebiete mit Löss- oder Sandlössde-
cken in geneigten Lagen und die schluffiglehmigen Verwitterungsböden des Berg- und
Hügellandes (vgl. auch NIEDERSÄCHSISCHES
UMWELTMINISTERIUM 2006)
Abb. 12: Bodenerosionsgefährdung durch Wasser. Dargestellt sind die heutigen Ackerflächen in Niedersachsen, die bereits
unter den aktuellen Klimabedingungen eine hohe Bodenerosionsgefährdung durch Wasser aufweisen, und Flächen mit aktuell mittlerer Gefährdung, die als besonders anfällig für verstärkte Erosionsgefährdung unter sich än®
dernden klimatischen Bedingungen gelten. Die Berechnung erfolgte mit der Methodenbank des NIBIS .
Eine in Folge des Klimawandels zunehmende
Verdunstung bei gleichzeitig prognostizierter
Abnahme der Niederschläge im Sommerhalbjahr würde zu einem schnelleren Austrocknen
der Oberböden führen. Dies hätte eine erhöhte
Anfälligkeit gegenüber Winderosion zur Folge.
Gefährdet wären in Niedersachsen vor allem
Bericht Klimawandel
die Gebiete in der norddeutschen Tiefebene.
Abbildung 13 zeigt die potenzielle Erosionsgefährdung der Böden in Niedersachsen durch
Wind. Betroffen sind weite Teile der norddeutschen Tiefebene Niedersachsens mit Ausnahme der Marschen und Auen.
19
Abb. 13: Bodenerosionsgefährdung durch Wind. Dargestellt sind die heutigen Ackerflächen in Niedersachsen, die bereits
unter aktuellen Klimabedingungen eine hohe Bodenerosionsgefährdung durch Wind aufweisen, und Flächen mit
aktuell mittlerer Gefährdung, die als besonders anfällig für verstärkte Erosionsgefährdung unter sich ändernden
®
klimatischen Bedingungen gelten. Die Berechnung erfolgte mit der Methodenbank des NIBIS .
Zu rechnen ist zum einen mit einem verstärkten Bodenabtrag auf bereits unter heutigen
Klimabedingungen erosionsanfälligen Standorten – durch Wassererosion gefährdet sind unter den aktuellen Klimabedingungen ca. 10 %
der derzeitigen Ackerfläche, durch Winderosion ca. 46 % der derzeitigen Ackerfläche – sowie mit einer Zunahme der durch Bodenerosion gefährdeten Flächen. Betroffen sind hier
insbesondere die Standorte, die unter heutigen
Klimabedingungen als mittel erosionsgefährdet
eingestuft werden. Es ist damit zu rechnen,
dass diese Flächen unter den prognostizierten
Klimabedingungen zukünftig stärker durch
Erosion gefährdet sein werden. Das betrifft bei
der Wassererosion ca. 4 % der derzeitigen
20
Ackerfläche und bei der Winderosion ca. 16 %
der derzeitigen Ackerfläche.
Folgen für die Ökosysteme ergeben sich sowohl im „On-Site“-Bereich – die betroffenen
Flächen verlieren vor allem humoses und
nährstoffreiches Oberbodenmaterial mit Folgen
für die Bodenfruchtbarkeit, Wasserspeicherfähigkeit und Gefügestabilität; außerdem verringert sich die Gründigkeit der Standorte – als
auch im „Off-Site“-Bereich, durch Nährstoffeinträge/Eutrophierung in benachbarte Ökosysteme und/oder Oberflächengewässer.
Bericht Klimawandel
5.2
Verdichtung
Zu Schadverdichtungen kann es kommen,
wenn die Tragfähigkeit landwirtschaftlich genutzter Böden bei der Bearbeitung bzw. Befahrung überschritten wird. Die Tragfähigkeit eines
Bodens hängt von der Stabilität des Bodengefüges ab, die wiederum durch verschiedene
Faktoren beeinflusst ist, welche ihrerseits einer
Veränderung im Zuge des Klimawandels unterworfen sein können.
Durch erhöhte Niederschlagsmengen im Winter können zu Beginn der Frühjahrsbodenbearbeitung höhere Bodenwassergehalte auftreten, die die Stabilität des Bodengefüges herabsetzten. Gleichzeitig würde sich eine Abnahme
der Frosttage negativ auf die Gefügestabilität
auswirken, da ein wiederholtes Auftauen und
Wiedergefrieren zur Aggregatbildung beiträgt.
Auch durch einen möglichen Humusabbau
kann die Gefügestabilität vermindert und die
Verdichtungsgefahr erhöht werden.
Folgen einer Schadverdichtung sind eine Verringerung des Wasserspeichervermögens und
der Durchwurzelbarkeit. Das Infiltrationsvermögen wird vermindert und die Verschlämmungsneigung erhöht, was auf der einen Seite
zu Staunässe und auf der anderen Seite zu einer Erhöhung des Erosionsrisikos beiträgt.
Gefährdet sind vor allem bindige und
schluffreiche Böden bei einer hohen Bodenfeuchtigkeit. Besonders verdichtungsgefährdet
sind in Niedersachsen beispielsweise die Auenböden, die Marschen und die Lössböden
des südniedersächsischen Berg- und Hügellandes.
Abb. 14: Potenzielle Verdichtungsempfindlichkeit niedersächsischer Böden unter derzeitigen Klimabedingungen.
®
Die Berechnung erfolgte mit der Methodenbank des NIBIS .
Bericht Klimawandel
21
Folgen für die Erosions- und Verdichtungsgefährdung

5.3
Erosions- und Verdichtungsgefährdung steigen:
 Zunahme des Oberflächenabflusses,
 Abnahme der natürlichen Ertragsfähigkeit der Böden durch Verringerung der Wasserund Nährstoffspeicherfähigkeit,
 Eutrophierung benachbarter Ökosysteme und/oder Fließgewässer,
 Reduzierung der Durchwurzelungstiefe,
 Verringerung der Infiltrationskapazität und Verstärkung von Staunässe bei Verdichtung,
 Abnahme der natürlichen Bodenfruchtbarkeit.
Handlungsfelder Erosion und
Verdichtung
Für die als potenziell besonders vom Klimawandel betroffen identifizierten Flächen mit bislang mittlerer Erosionsgefährdung sollte eine
regionalspezifische Bewertung ihrer Empfindlichkeit erfolgen. Standorte mit einer infolge
des Klimawandels erhöhten Verdichtungsgefährdung müssen identifiziert und ebenfalls
hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit bewertet werden.
In der Bewirtschaftung können dann bei den
indentifizierten Standorten erosionsmindernde
Bewirtschaftungsverfahren (z. B. konservierende Bodenbearbeitung, Mulchsaat, Pflugrichtung quer zum Hang, ganzjährige Bodenbedeckung) verstärkt berücksichtigt werden, um einen Bodenabtrag zu vermeiden. Als Zielgrößen
können z. B. Stufen der pflanzennutzbaren
Gründigkeit formuliert worden, die nicht unterschritten werden sollten (vgl. NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR ÖKOLOGIE 2003).
Außerdem sind verdichtungsmindernde Bewirtschaftungsverfahren zu berücksichtigen,
um Bodenverdichtung zu vermeiden. Hier
kommt vor allem der Wahl des richtigen Bearbeitungszeitpunktes in Abhängigkeit von der
Bodenfeuchte Bedeutung zu. Zur Erhöhung
der Aggregatstabilität gewinnen humuserhaltende Bewirtschaftungsverfahren und konservierende Bodenbearbeitung an Bedeutung. Bei
bereits vorhandener Verdichtung sind Bodenlockerung und Tiefpflügen bei einer Unterbodenverdichtung mögliche Gegenmaßnahmen.
22
6 Auswirkungen des
Klimawandels auf
die natürlichen
Bodenfunktionen und auf
schutzwürdige Böden
6.1
Änderungen der natürlichen
Bodenfunktionen und
Auswirkungen auf die
Schutzwürdigkeit von Böden
Bei Fortsetzung der bereits zu beobachtenden
Klimatrends sind, wie in den vorherigen Kapiteln aufgezeigt wurde, in Zukunft mittel- bis
langfristig negative Auswirkungen auf die
Funktionen der niedersächsischen Böden in
verschiedener Weise zu erwarten, die wiederum Auswirkungen auf andere Schutzgüter haben werden. Insbesondere werden davon die
natürlichen Bodenfunktionen betroffen sein, die
von besonderer Bedeutung für den Naturhaushalt sind. Dies sind die Lebensraum-, Regulations- sowie Filter- und Pufferfunktion des Bodens.
Böden, deren natürliche Bodenfunktionen im
Wesentlichen erhalten geblieben sind, zählen
zu den schutzwürdigen Böden (s. Abb. 15).
Diese sind z. B. im Rahmen von Planungs- und
Genehmigungsverfahren besonders vor einer
Überbauung zu bewahren. Durch die sich ändernden Klimabedingungen müssen auch
Auswirkungen auf die räumliche Verteilung der
schutzwürdigen Böden in Niedersachsen erwartet werden.
Bericht Klimawandel
Abb. 15: Schutzwürdige Böden in Niedersachsen (GUNREBEN & BOESS 2008).
Durch die sich ändernden klimatischen Bedingungen besteht die Gefahr, dass neben einer
Einschränkung der Bodenfunktionen im Allgemeinen auch die Eigenschaften von schutzwürdigen Böden soweit verändert werden,
dass sie ihre besonderen Standorteigenschaften verlieren.
Durch Veränderungen des Niederschlagsregimes können Feuchtstandorte durch zunehmende Sommertrockenheit stärker austrocknen. Böden mit einer hohen natürlichen Bodenfruchtbarkeit können dadurch betroffen sein.
Auf der anderen Seite werden auch Trockenstandorte durch zunehmende Winterniederschläge feuchter und damit in ihren besonderen Standorteigenschaften beeinträchtigt. Es
ist aber auch eine gegenläufige Entwicklung
möglich: Die Auswirkungen des Klimawandels
könnten bei einigen Standorten auch zu einer
„Verbesserung“ der Standorteigenschaften, wie
z. B zu einer Erhöhung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit führen.
Bericht Klimawandel
Auch Böden mit einer hohen Filter- und Pufferkapazität für nicht sorbierbare Stoffe (entspricht einer geringen oder sehr geringen Nitratauswaschungsgefährdung) können vom
Klimawandel in ihren Funktionen beeinflusst
werden. In Niedersachsen sind dies unter heutigen Klimabedingungen ca. 40 % der Landesfläche. Wie in Kapitel 2.2 beschrieben, ist mit
Änderungen der Auswaschungsgefährdung zu
rechnen. Bei einem Teil der aufgrund ihrer hohen Filter- und Pufferkapazität schutzwürdigen
Böden würde dies dazu führen, dass ihre Filter- und Pufferfunktion und damit die besondere Standorteigenschaften dieser Böden so
stark eingeschränkt werden, dass der Status
der Schutzwürdigkeit verloren geht. Auf der
anderen Seite kann es aber auch Standorte
geben, die in Folge des Klimawandels eine
Verringerung der Auswaschungsgefährdung
erfahren.
23
Ähnliche Auswirkungen lassen sich für weitere
Bodenfunktionen und schutzwürdige Böden
erwarten.
Folgen für Bodenfunktionen und schutzwürdige Böden



6.2
Mögliche Beeinträchtigung oder Schädigung aller Bodenfunktionen,
Veränderung der Funktionen von schutzwürdigen Böden, die ihre besonderen Standorteigenschaften infolge dessen irreversibel verlieren,
Beeinträchtigung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit.
Handlungsfeld Bodenfunktionen
und schutzwürdige Böden
Die durch den Klimawandel potenziell besonders betroffenen Standorte mit schutzwürdigen
Böden müssen zunächst identifiziert und hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit bewertet werden.
Um die natürlichen Bodenfunktionen zu erhalten und für nachfolgende Generation zu sichern, werden v. a. vorsorgende Bodenschutzmaßnahmen immer mehr an Bedeutung
gewinnen. Dabei sind alle aktuellen präventiven Maßnahmen zur Verringerung bzw. Vermeidung von Bodenerosion, schadhafter Bodenverdichtung oder Bodenkontaminationen
(s. dazu die vorhergehenden Kapitel) geeignete Maßnahmen im Hinblick auf eine Anpassung
an sich verändernde Klimaverhältnisse.
7 Ausblick
Die in diesem Bericht dargestellten Zusammenhänge zwischen Böden und Klima zeigen,
dass der prognostizierte Klimawandel mittelbis langfristig Auswirkungen auf sämtliche natürlichen Funktionen der niedersächsischen
Böden haben wird. Als besonders wichtig und
vordringlich zu bearbeiten sind dabei die Handlungsfelder Humusgehalt/organische Substanz,
Erosion, Bodenwasserhaushalt und Verdichtung.
Um auf die potenziellen Folgen des Klimawandels reagieren zu können, müssen die regional
unterschiedlichen Auswirkungen auf die Böden
abgeschätzt werden. Durch Kenntnis der regionalen Betroffenheit können regionale oder
standortbezogene Anpassungsstrategien ent-
24
wickelt werden, um mittel- und langfristige Folgeschäden auf Böden und Bodenfunktionen
abzuwenden. Hierzu gehört als Planungsgrundlage eine Ausweisung der betroffenen
Gebiete, in denen dann angepasste Bewirtschaftungsmaßnahmen gefördert werden können.
Hier kommt es zunächst darauf an, für die jeweiligen regionalen Betroffenheiten auch belastbare quantitative Aussagen abzuleiten. Dazu sollten Bodendaten mit den aktuellen Ergebnissen der regionalen Klimaforschung verknüpft werden. Dazu können die Daten und
Methoden des niedersächsischen Bodeninformationssystems (NIBIS®) genutzt und z. T.
auch auf schon vorhandene Vorarbeiten zurückgegriffen werden.
Die Komplexität des Systems Boden mit seinen vielen internen Regelkreisen und Rückkopplungsmechanismen erschwert quantitative
Voraussagen zu den Auswirkungen der Klimaänderungen auf die Böden. Auch wenn fachlich
Konsens über die grundsätzlichen Klimawirkungen auf Böden vorliegt, stehen wir am Anfang der Diskussion. Zu vielen speziellen Fragestellungen besteht noch Diskussions- und
Forschungsbedarf.
Die Bodeninformationssysteme und die Bodenzustandserhebungen der Länder stellen
unerlässliche Datengrundlagen für die Klimawirkungs- und Klimaanpassungsforschung dar.
Für die verbesserte Vorhersage klimabedingter
Effekte auf die Böden und die Konzeption regional differenzierter Anpassungsstrategien ist
die Weiterentwicklung bodenkundlicher Auswertungsmethoden erforderlich, die die Wechselwirkungen
zwischen
Klimaparametern,
Landnutzung und Boden berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass die Auswertungsmethoden mit wenigen und flächendeckend verfüg-
Bericht Klimawandel
baren Eingangsdaten auskommen. Auf ihrer
Basis sind Aussagen zu langfristigen Veränderungen und Prozessen im Boden möglich.
Regionale Klimaszenarien zeigen, dass Wetterextreme wie Starkregenereignisse im Allgemeinen künftig deutlich zunehmen werden.
Dabei ergeben die Modellrechnungen aber
kein einheitliches Bild. Grundsätzlich besteht
die größte Unsicherheit bei der Prognose der
Niederschläge bzw. der Niederschlagsverteilung und der Extremereignisse (z. B. Starkniederschlag, Hitze, Wind).
Für die Entwicklung regional differenzierter
Anpassungsstrategien sind verbesserte regionale Vorhersagen von Klimabedingungen und
–extremen von entscheidender Bedeutung.
Dazu müssen die jeweiligen Prognosemodelle
(WETTREG, REMO, CLM) zunächst weiter
herunterskaliert werden, um sie für eine regional aussagekräftige Prognose nutzen zu können. Für rasterbasierte Prognosemodelle
(CLM, REMO) ist ein Raster von 1 x 1 km anzustreben, für stationsbezogene Modelle
(WETTREG) eine Regionalisierung unter Einbeziehung des Reliefs und der Exposition. Um
möglichst genaue Aussagen machen zu können, sollte für bestimmte Auswertungen eine
möglichst hohe zeitliche Auflösung (Dekaden,
Tage, Stunden) vorliegen. Darüber hinaus
müssen Daten über die zeitliche und räumliche
Verteilung von Strahlung, Windgeschwindigkeiten und Starkregenereignisse modelliert werden.
Zu Abschätzung des Fehlers der Vorhersage
sollte eine Berechnung zur Berücksichtigung
des Modellfehlers erfolgen. Dazu sind Vergleichsberechnungen mit gemessenen Daten
und einer Referenzperiode (z. B. 1961–1990)
notwendig.
Bericht Klimawandel
25
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<http://www.umweltbundesamt.de/landwirt
schaft/nahrungsmittelproduktion/klimaschutz
.html>,
letzte
Aktualisierung
vom
27.03.2006.
Bericht Klimawandel
Autoren
 Nicole Engel
Landesamt für Bergbau,
Energie und Geologie,
Referat L 3.3 „Landwirtschaft und
Bodenschutz, Landesplanung“,
Stilleweg 2,
30655 Hannover.
 Dr. Udo Müller
Landesamt für Bergbau,
Energie und Geologie,
Referat L 3.3 „Landwirtschaft und
Bodenschutz, Landesplanung“,
Stilleweg 2,
30655 Hannover.
Bericht Klimawandel
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