1. Klausur T1, 29.07.2009, SoSe 2009 P. Tavan, G. Mathias, S. Bauer Bitte füllen Sie den folgenden Teil in Blockschrift aus: Nachname: Vorname: Matrikelnummer: Bitte beachten Sie die folgenden Hinweise zur Klausur: • Schreiben Sie auf jedes Blatt Ihren Namen und geben Sie auf dem Deckblatt zusätzlich Ihre Matrikelnummer an. Legen Sie Ihren Lichtbildausweis zur Kontrolle bereit. • Verwenden Sie bitte ein dokumentenechtes Schreibgerät. Zugelassene Hilfsmittel sind: — Eine mathematische Formelsammlung. — Ein DIN/A4-Blatt handschriftlicher Notizen. • Die Bearbeitungszeit beträgt 180 Minuten. Diese Klausur enthält vier Aufgaben. Es stehen sechs Blätter zur Lösung der Aufgaben zur Verfügung. Weitere Blätter werden auf Anfrage ausgegeben. • Geben Sie zu jeder bearbeiteten Aufgabe die Nummer und die Nummer der Teilaufgabe an! Bearbeiten Sie pro Blatt jeweils nur eine Aufgabe! Schreiben Sie nicht auf die Blätter mit den Aufgabenstellungen. Eventuelle Beschriftungen werden nicht zur Bewertung herangezogen. • Vektoren sind durch Fettdruck gekennzeichnet. Matrizen sind durch fettgedruckte Großbuchstaben gekennzeichnet. • Bitte geben Sie alle Blätter der Klausur wieder ab. • Ihre Endnote ergibt sich als die bessere Note dieser Klausur und der Nachholklausur. • Tragen Sie die Zahl der insgesamt abgegebenen Blätter hier ein: — VIEL ERFOLG! — Bitte Beschreiben Sie diesen Teil nicht. Punkte: + + + = von maximal 50 Punkten. Note: 1. G’schtanzl Diese kurzen Fragen prüfen Ihr Verständnis und Wissen der Vorlesung ab. a) Für welche Zentralpotentiale auf dem IE3 sind alle gebundenen Bahnen geschlossen? [1 Punkt] b) Erläutern Sie den Liouville’schen Satz anhand einer Formel und einer Zeichnung und erklären Sie so was er besagt. [2 Punkte] c) Was sind holonome, skleronome und rheonome Zwangsbedingungen? [1 Punkt] d) Wann ist eine Variable zyklisch und was folgt daraus? Begründen Sie Ihre Antwort im Rahmen des Lagrange– oder des Hamilton–Formalismus. [1 Punkt] e) Betrachten Sie zwei mit einem starren Körper mitrotierende orthonormale Koordinatensysteme mit den Basisvektoren {e1 , e2 , e3 } und {ê1 , ê2 , ê3 } deren Ursprünge im Schwerpunkt liegen und die durch eine Drehung D ∈ O(3) mit êβ = 3 X T Dβα eα α=1 auseinander hervorgehen. Sind die Koordinatentripel ω̃ = (ω · e1 , ω · e2 , ω · e3 ) und ω̂ = (ω · ê1 , ω · ê2 , ω · ê3 ) des Vektors ω der Winkelgeschwindigkeit Vektoren? Seien ferner x̃ = (x1 , x2 , x3 ) die Koordinaten eines Ortsvektors x bezüglich der Basis {e1 , e2 , e3 }. Stellen die Zeitableitungen x̃˙ = (ẋ1 , ẋ2 , ẋ3 ) der Koordinaten ebenfalls einen Vektor dar? Begründen Sie Ihre Antworten! [2 Punkte] 2. Rangierbahnhof vw xw xl m M 0 x Ein Eisenbahnwagon der Masse m rolle reibungsfrei mit einer Geschwindigkeit v0 > 0 auf eine stehende Lok der Masse M > m am Ort x = 0 zu. Die Spitze des Wagons sei durch den Ort xw (t) und der Anfang der Lok durch xl (t) bezeichnet (siehe Abbildung). Zum Zeitpunkt t0 = 0 trifft der Puffer des Wagons auf die Lok. Im Puffer befindet sich eine masselose harmonische Feder der Kraftkonstanten k und der Ruhelänge l mit 21 kl2 > 21 mv02 . Weiterhin übt ein Stoßdämpfer in der Feder für xl −xw < l die linearen Reibungskräfte Fw = +γ(ẋl − ẋw ) auf den Wagon und Fl = −γ(ẋl − ẋw ) auf die Lok aus (γ > 0). Der Stoß setzt die Lok in Bewegung und sie rollt ebenfalls reibungsfrei. Zum Zeitpunkt 0 < t1 ≤ ∞ bricht der Kontakt zwischen Wagon und Lok wieder ab. a) Vernachlässigen Sie zunächst die Reibung und setzen Sie γ = 0. Betrachten Sie die Fälle α) die Lok bewegt sich reibungsfrei (wie in der Angabe) und β) die Bremsen der Lok sind arretiert und sie kann sich nicht bewegen. Welche Größen sind jeweils Konstanten der Bewegung? Welche Geschwindigkeit hat der Wagon nach dem Zeitpunkt t1 ? Skizzieren Sie für die Fälle α) und β) ein Phasenraumdiagramm der Bewegung des Wagons. Markieren Sie die Zeitpunkte t0 und t1 auf der Phasenraumtrajektorie. [4 Punkte] b) Betrachen Sie nun wieder den in der Angabe beschriebenen Fall γ > 0 mit beweglicher Lok. Welche Größen sind hier Konstanten der Bewegung? Stellen Sie die Newtonschen Bewegungsgleichungen für die Bewegung des Wagons und der Lok für den Zeitraum [t0 , t1 ] auf. Achten Sie dabei auf die richtigen Vorzeichen. Welche Stetigkeitsbedingungen gelten zu den Zeiten t0 und t1 für xw (t) und xl (t) und die jeweiligen zeitlichen Ableitungen (x, ẋ, ẍ, . . .)? [3 Punkte] c) Durch eine geeignete Koordinatentransformation lassen sich die Bewegungsgleichungen entkoppeln. Lösen Sie die entkoppelten Bewegungsgleichungen zunächst soweit allgemein, bis Sie ein γmax bestimmen können, für das Wagon und Lok gerade nicht mehr auseinander laufen. Geben Sie für γ < γmax unter Beachtung der Randbedingungen bei t0 die spezielle Lösung der transformierten Bewegungsgleichungen an. [8 Punkte] Hinweis: x arctan x = arcsin √ 1 + x2 3. Jo–Jo (a) y F (b) y R R r r M M x Ein ungeschickter Jo–Jo–Spieler hat sein Spielzeug vor sich mit ausgerollter Schnur auf den Boden fallen lassen. Das Jo–Jo mit der Gesamtmasse M besteht aus zwei homogenen Zylindern mit Radius R, die zentral über einen masselosen Steg mit Radius r verbunden sind. Am Steg ist eine ebenfalls masselose Schnur vernachlässigbarer Dicke befestigt, die sich dort aufrollen kann [siehe Abbildung (a)]. Hinweis: Teilaufgaben a) und b) lassen sich weitgehend unabhängig von einander lösen. a) Der Spieler will das Jo–Jo zunächst durch einen kurzen Zug an der Schnur zurückholen (vgl. Abb. (a)). i) Berechnen Sie das Trägheitsmoment Jzz des Jo–Jos bezüglich seiner Zylinderachse sowie der momentanen Drehachse bei Zug an der Schnur. [2 Punkte] ii) Wie groß darf der Betrag der Zugkraft bei einem vorgegebenen Zugwinkel α zur Horizontalen maximal sein, damit das Jo–Jo nicht vom Boden abhebt? [1 Punkt] iii) Unter welchem Winkel α darf der Spieler maximal ziehen, so dass das Jo–Jo beginnt auf ihn zuzurollen (in positive x-Richtung)? Betrachten Sie dazu das Drehmoment bezüglich der momentanen Drehachse. [2 Punkte]. b) Nach dem Zurückrollen des Jo–Jos hat sich die Schnur aufgewickelt. Der Spieler versetzt nun das Jo–Jo durch einen weiteren Zug zum Zeitpunkt t = 0 in eine Rotation der Winkelgeschwindigkeit ω0 ez , so dass das Jo–Jo entlang der Schnur mit der Winkelgeschwindigkeit ω(t)ez vertikal aufsteigt [Abbildung (b)]. Der Gesamtdrehwinkel des Jo–Jos werde mit ϕ(t) bezeichnet und die Höhe des Schwerpunktes mit y(t). Horizontalbewegungen seien von nun an zu vernachlässigen. Weiterhin hält der Spieler das obere Ende der Schnur in Ruhe. i) Wie viele unabhängige Freiheitsgrade hat das System? Formulieren Sie die Zwangsbedingungen. [1 Punkte] ii) Aus welchen Anteilen besteht die kinetische Energie des Jo–Jos? Stellen Sie die Langrangefunktion für die Steigbewegung des Jo–Jos auf. Dabei dürfen Sie ohne Beweis verwenden, dass es sich bei der Zylinderachse um eine Hauptträgheitsachse des Jo–Jos handelt. [2 Punkte] iii) Leiten Sie aus der Lagrangefunktion die Hamiltonfunktion ab und bestimmen Sie die Bewegungsgleichungen für die verallgemeinerten Koordinaten und Impulse.[3 Punkte] iv) Lösen Sie die Bewegungsgleichungen. Welche maximale Steighöhe erreicht das Jo–Jo? [4 Punkte] 4. Schwingende Röhre k m k M f 0 m x Drei Kolben bewegen sich reibungsfrei in einer waagerechten Röhre. Die äußeren beiden Kolben haben beide die Masse m, der mittlere Kolben habe die Masse M mit M > m. Die äußeren Kolben (Koordinaten x1 , x3 ) sind mit dem mittleren Kolben (Koordinate x2 ) über zwei harmonische Federn der Kraftkonstanten k und der Gleichgewichtslänge l verbunden. Durch eine Bohrung im mittleren Kolben verläuft eine weitere Feder der Kraftkonstanten f und der Gleichgewichtslänge 2l, die die beiden äußeren Kolben verbindet. Weiterhin sei f < k. Der gemeinsame Schwerpunkt der Kolben befinde sich in Ruhe. a) Geben Sie die Lagrangefunktion des Systems in Matrix–Vektor Form für Auslenkungen der Kartesischen Koordinaten aus der Ruhelage an. [2 Punkte] b) Leiten Sie aus der Lagrangefunktion eine (verallgemeinerte) Eigenwertgleichung zur Bestimmung der Schwingungsfrequenzen ab. [2 Punkte] c) Bestimmen Sie die Eigenfrequenzen der Schwingungen und die zugehörigen Normalmoden. Zu welcher Bewegung gehört ein eventuell auftretender Eigenwert von 0? [6 Punkte] Hinweis: Falls Sie die Normalmoden der Schwingungen kennen/raten können, dürfen Sie dieses Wissen verwenden, so lange Sie zeigen, dass es tatsächlich Normalmoden sind. d) Nehmen Sie nun an, dass M groß gegen m und k groß gegen f ist. Entwickeln Sie die Eigenfrequenzen der Schwingungen jeweils bis zur führenden Ordnung in γ = m/M und ε = f /k. Skizzieren Sie den Verlauf der Eigenfrequenzen abhängig von kleinen ε und γ. Für welche γ und ε sind die Schwingungen entartet (≡ gleiche Frequenzen)? [3 Punkte] Hinweis: √ 1 1·1 2 1·1·3 3 1·1·3·5 4 1±x=1± x− x ± x − x ± ... 2 2·4 2·4·6 2·4·6·8 Nachname: Vorname: