Analysis I Vorlesung von Prof. Dr. Kohnen SS 1996 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 4 Die Axiome der naturlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Beweis durch vollstandige Induktion. Denition durch Induktion 6 Mengen. Abbildungen von Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Endliche Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Abzahlbare Mengen. Nichtabzahlbare Mengen . . . . . . . . . . . 11 2 Die reellen Zahlen 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 Einfuhrende Bemerkungen . . . . . . . . . . . Die Axiome der reellen Zahlen . . . . . . . . Folgerungen aus den algebraischen Axiomen . Fakultat, Binomialkoezienten . . . . . . . . Rechnen mit Ungleichungen, Absolutbetrag . Einige nutzliche Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Satz von Eudoxox-Archimedes . . . . . . . . . . . . . . . Grenzwertbegri. Konvergente und divergente Folgen . . . . . Rechenregeln fur konvergente Folgen . . . . . . . . . . . . . . Der Satz von der monotonen Folge . . . . . . . . . . . . . . . Intervallschachtelung. Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . Haufungspunkte. Der Satz von Bolzano-Weierstra . . . . . . Das Cauchy'sche Konvergenzkriterium . . . . . . . . . . . . . Supremum und Inmum sowie Haufungspunkte von Mengen . Uneigentliche Konvergenz. Limes superior und limes inferior . Unendliche Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Folgen, Reihen und Mengen reeller Zahlen 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 4 Grenzwerte reeller Funktionen 13 13 14 17 19 22 26 30 30 30 32 34 36 38 40 42 42 43 50 4.1 Beispiele reeller Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.2 Grenzwerte von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5 Stetigkeit reeller Funktionen 5.1 5.2 5.3 5.4 Stetigkeit in einem Punkt . . . . . . . . . . . . . . Stetigkeit auf einem kompakten Intervall . . . . . . Gleichmaige Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Folgen bzw. Reihen von Funktionen und Stetigkeit 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 57 59 62 64 6 Grundlagen der Integralrechnung 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 7 Grundlagen der Dierentialrechnung 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 67 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Das Integral einer Treppenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Das Integral einer Regelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Berechnung des Integrals einer stetigen Funktion durch Riemann'sche Summen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Eigenschaften des Integrals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Vertauschung von Integral und Grenzproze . . . . . . . . . . . . 74 Erweiterung der Integraldenition. Additivitat des Integrals . . . 74 Mittelwertsatz der Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Dierenzierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften der Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Satz uber die inverse Funktion . . . . . . . . . . . . . . Zusammenhang zwischen Dierential- und Integralrechnung Partielle Integration. Substitution . . . . . . . . . . . . . . . 2 . . . . . . . . . . . . . . . 76 76 79 80 80 82 c Petra Dohren Erstellt mit LATEX, W. Kohnen, Zimmer 107 Literatur: K.Konigsberger, Analysis I, Springer 1995 Gravert, Lieb, Dierential- und Integralrechnung I, Springer 1967 Barner, Flohr, Analysis I, de Gruyter 1991 3 Kapitel 1 Einleitung 1.1 Die Axiome der naturlichen Zahlen 1,2=1+1,3=2+1 : : : Kardinalzahlen: Anzahbestimmung Ordinalzahlen: Dinge werden durch Numerieren geordnet. Hier werden primar Ordinalzahlen behandelt. Standpunkt: A priori gegeben ist eine Menge N, genannt naturliche Zahlen, mit folgenden Eigenschaften: Axiom 1) 1 ist eine naturliche Zahl, d.h. N enthalt mindestens ein Argument, namlich die 1. Axiom 2) (Arithmetisches Axiom) Jedem Paar m,n von naturlichen Zahlen sind zwei weitere naturliche Zahlen m+n (Summe) und mn (Produkt)zugeordnet, und fur die Verknupfungen (Addition/Multiplikation) gelten die folgenden Regeln: 1 1 = 1; fur beliebige nat. Zahlen gilt: i) m + n = n + m ii) m + (n + r) = (m + n) + r iii) m n = n m iv) m(nr)=(mn)r v) m(n+r)=mn+mr Axiom 3) (Anordnungsaxiom) i) Fur zwei beliebige vorgegebene nat. Zahlen m,n gilt genau eine der folgenden Alternativen m < n ,m = n oder m > n ii) Fur alle nat. Zahlen n gilt n 1 4 Axiom 4) (vollstandige Induktion) Sei M eine Menge von naturlichen Zahlen mit i) 1 gehort zu M ii) mit n gehort auch n+1 zu M Dann ist M=N, d.h. M enthalt alle nat. Zahlen. Bezeichnung: Gilt m=n+r, so schreibt man m > n ( m ist groer als n\) oder auch n < m. Entsprechend soll m n (bzw. m n)"fur folgende Alternativen gelten: Entweder ist m > n (bzw. m < n) oder m = n: Problem 1) Gibt es naturliche Zahlen, d.h. haben sie eine reale Existenz auerhalb unseres Bewuseins? Kronecker (1823{1891) "Naturliche Zahlen sind von Gott gemacht.\ Dedekind (1831{1916) "Naturliche Zahlen sind reines Menschenwerk.\ Standpunkt der modernen Mathematik: Die Frage nach der Existenz der nat. Zahlen ist unsinnig und unendscheidbar. Sinnvolle mathematische Aussagen betreen nur die Beziehungen, die zwischen nat. Zahlen bestehen und die Regeln, nach denen man expiriert. Problem 2) Es konnte a priori passieren, da man beim Umgang mit den Regeln auf Widerspruche stot. Kann man die Widerspruchsfreiheit der Axiome 1{4 beweisen? Hieran wird seit ca. 100 Jahren gearbeitet. Problem 3) Braucht man wirklich die umfangreichen Axiome 1{4? Nein, es reichen die sogenannten \Peano-Axiome". Satz: i) m < n und n < p ) m < p ii) m < n bzw. m = n bzw. m > n ) m + p < n + p bzw. m + p = n + p bzw. m + p > n + p. iii) Ist m > n, so hat die Gleichung m = n + r genau eine Losung r, die man die Dierenz von m und n nennt, r = m n. iv) Gilt m > n und p > q, so folgt m+p> n+q v) m > n ) m n + 1 vi) m > n bzw. m = n bzw. m < n ) mp > np bzw. mp = np bzw. mp < np vii) m > n und p > q ) mp > nq Beweis: i) Es gilt nach Denition m < n , n= m+r Genauso n < p , p = n + s Es gilt p = n + s = (m + r) + s = m + (r + s) d.h. m < p q.e.d. 5 ii) Wir zeigen z.B. m < n)m+p <n+p Wegen m < n gilt n = m + r ) n + p = (m + r) + p = p + (m + r) = (p + m) + r = (m + p) + r q.e.d. Die Umkehrung der Aussagen ergibt sich daraus, da die Falle m < n; m = n; m > n sich gegenseitig ausschlieen (Axiom 3) v) m > n heit m = n + r n + 1 , weil r 1 nach 3.2 1.2 Beweis durch vollstandige Induktion. Denition durch Induktion Satz: Fur jede nat. Zahl n sei eine Aussage sn gegeben. Es gelte i) s1 sei richtig. ii) Unter der Annahme, da sn richtig ist, kann man die Richtigkeit von sn+1 beweisen. Dann ist sn richtig fur jede nat. Zahl. Beweis: Sei M die Menge der nat. Zahlen, fur die sn richtig ist. Nach Voraussetzung gilt dann 1 2 M, und mit n in M gilt auch n+1 in M. Daher gilt nach Axiom 4), da M=N, das heit, sn ist richtig fur alle nat. Zahlen. Beispiel: Es gilt n 1 = n fur alle nat. Zahlen n. Induktionsanfang: n = 1. Es gilt 1 1 = 1 nach Axiom 1), also ist s1 wahr. Induktionsbehauptung: sn ist wahr, d.h. n 1 = n Induktionsschlu: zu zeigen fur sn+1 : (n + 1) 1 = n + 1 Es gilt: (n + 1) 1 = n 1 + 1 1 = 1n + 1 1 = n + 1 Daher ist nach Satz die Behauptung richtig fur alle nat. Zahlen n. Unter "Denition durch Induktion\ versteht man folgendes: Fur jede nat. Zahl n wird ein Element f(n) einer Menge X deniert durch i) Angabe von f(1) ii) Angabe einer Vorschrift, die es gestattet, fur jede nat. Zahl n f(n+1) aus f(1),f(2), : : : ,f(n) zu erhalten 1 da die Induktionsbehauptung wahr ist 6 Da solch eine Denition sinnvoll ist, besagt der "Rekursionssatz\ (wird hier nicht bewiesen). Beispiel: Sei a nat. Zahl. Dann deniert man die Potenzen an (n nat. Zahl) durch a1 = a; an+1 = a an. Beispiel zum Induktionsbeweis: Fur alle naturlichen Zahlen n gilt n2 + 1 2 n Induktionsanfang: n = 1 : 12 + 1 2 1 ,22 Induktionsbehauptung: n2 + 1 2 n Induktionsschlu: (n + 1)2 + 1 2(n + 1) ist zu zeigen Es gilt:(n + 1)2 + 1 = (n2 + 2n + 1) + 1 = (n2 + 1) + 2n + 1 2 2n + 2n + 1 3 2n + 1 + 1 = 2n + 2 = 2(n + 1) q.e.d. 1.3 Mengen. Abbildungen von Mengen Arbeitshypothese (nach Canter, 1845 -1918, Begrunder der Mengenlehre) Die Menge ist die Zusammmenfassung von wohlunterschiedenen Objekten des Denkens oder der Sachwelt zu einem Ganzen. Notationen: i) Sei M eine Menge von Objekten a, b. Dann sagt man, da a Element von M ist (im Zeichen a 2 M). Man schreibt auch M=fa,b, : : : g. Oft wird eine Menge durch gewisse Eigenschaften ihrer Objekte deniert, z. B. M bestehe aus genau den Elementen einer Menge M0 , fur die die Eigenschaften E1 ; E2; : : : gelten, dann schreibt man: M = fxjx 2 M0 , x hat die Eigenschaften E1; E2; : : : g. ii) Die Menge, die kein Element enthalt, heit leere Menge (im Zeichen ). Vorsicht! Sei M die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten. Frage: Entalt M sich selbst (Rund`sche Axiome)? Denition i) Sind alle Elemente der Menge M` auch Elemente der Menge M, so heit M` Teilmenge von M (M` M; M M`). Zwei Mengen heien gleich, wenn M M` und M` M. ii) Gilt M` M; M 6= M`, so heit M` echte Teilmenge von M. iii) Seien A,B Mengen. Dann setzt man: A \ B := fxjx 2 A und x 2 B g (Durchschnitt) A [ B := fxjx 2 A oder x 2 B g (Vereinigung) A n B := fxjx 2 A; x 62 B g (Dierenz von A und B) 2 3 nach Induktionsvoraussetzung denn 2n 1 nach Axiom 7 Entsprechendes gilt fur beliebig viele Mengen. Denition Seien A,B Mengen, a 2 A; b 2 B. Dann deniert man das geordnete Paar (a,b) als die Menge M = ffag; fa; bgg. Man beachte: Fur a = b gilt (a; a) = ffagg. (Dies ist formal etwas anderes als a oder f a g.) Es gilt: (a,b)=(a',b') genau dann (,), wenn a = a0; b = b0. Sei (a; b) = (a0; b0). Dann gilt also ffag; fa; bgg = ffa0 g; fa0; b0gg. 1) fag = fa0g , a = a0 und fa; bg = fa0; b0g also b = b0 2) fag = fa0; b0g ) a = a0 = b0 = b Man nennt A B = f(a; b)ja 2 A; b 2 B g das kartesische Podukt von A und B. Denition Seien Ai (i=1, : : : ,n) Mengen, ai 2 Ai : Dann deniert man das geordnete n-Tupel (a1; a2; : : :; an) als das Paar ((a1 ; : : :; an 1); an). (Induktive Denition) Entsprechend deniert man A1 A2 An : Es gilt (a1 ; : : :; an) = (a1 `; : : :; an`) , ai = ai ` 8i = 1; : : :; n [8 = "fur alle\] Denition Seien A, B Mengen. Dann nennt man eine Teilmenge R A B eine Relation zwischen A und B. Denition Seien A,B Mengen. Dann versteht man unter einer Abbildung von A nach B ein Tripel f=(A,B,R), wobei R eine Relation zwischen A und B ist mit der Eigenschaft, da fur jedes a 2 A ein eindeutig bestimmtes Element b 2 B existiert mit (a; b) 2 R:4 Statt f=(A,B,R) schreibt man f : A ! B; a 7! f(a). Mit anderen Worten: Eine Abbildung f : A ! B; a 7! f(a) ist eine Voschrift, die jedem a 2 A ein eindeutig bestimmtes Element b = f(a) in B zuordnet. Beispiel: A = f1; 3; 5g B = f2; 5; 11; 30;33g f : A ! B; f(1) = 2; f(3) = 11; f(5) = 2 Man beachte: Zwei Abbildungen f : A ! B; a 7! f(a) und g : A` ! B`; a` 7! g(a`) sind genau dann gleich, wenn A=A`, B=B` und f(a) = g(a) 8a 2 A gilt. Denition Man nennt A den Denitionsbereich von f und f(A) := ff(a)ja 2 Ag. Beispiel: wie oben f1; 3; 5g ist Denitionsbereich von f und f(A) = f2; 11g. Denition Sei f : A ! B; a 7! f(a) Abbildung. Sei A0 A. Dann heit f jA0 : A0 ! B; f jA0 (a) = f(a) (a 2 A0 ) die Einschrankung von f auf A`. 4 Man schreibt b=f(a) und nennt b das Bild von a unter f. 8 Beispiel: wie oben A` = f1g f jA` : A` ! B; f jA` (1) = 2. Denition Sei f : A ! B Abbildung. Dann heit f surjektiv, falls f(A)=B. Man nennt f injektiv, falls gilt:f(a) = f(a`) ) a = a` (d.h. verschiedene Elemente haben verschiedene Bilder). Man nennt f bijektiv, falls f surjektiv und injektiv ist (d.h. fur jedes b 2 B existiert genau ein a 2 A mit f(a) = b). A ##. surjektiv, nicht injektiv A # # # B injektiv, nicht surjektiv A ##. weder surjektiv, noch injektiv B # # # A B bijektiv Denition i) Sei A eine Menge. Dann nennt man idA : A ! A; a 7! a die identische Abbildung (Identitat) der Menge A. ii) Seien f : A ! B; g : B ! C Abbildungen. Dann heit g f : A ! C, (g f)(a) := g(f(a)) die Komposition von f und g. Satz Sei f : A ! B bijektiv. Dann existiert genau eine Abbildung g : B ! A mit g f = idjA . Diese nennt man die inverse Abbildung von f und schreibt g = f 1: Beweis: Sei b 2 B: Da f bijektiv ist, existiert genau ein a 2 A mit f(a) = b. Man setze g : B ! A, g(b) = a: Dann gilt (g f)(a)= g(f(a))= g(b) = a. Es ist klar, da g eindeutig bestimmt ist durch die Eigenschaft g f = idA . Zusatz: Es gilt auch f g = idB , denn (f g)(b), f(g(b)) = f(a) = b. f 1 ist auch bijektiv. Denition Zwei Mengen A und B heien gleichmachtig, falls eine bijektive Abbildung f : A ! B existiert (A B). Satz 2 Es gilt i) A A ii) A B ) B A iii) A B; B C ) A C 9 Beweis: i) idA ; A ! A, bijektiv ii) f : A ! B bijektiv ) f 1 : B ! A bijektiv iii) Seien f : A ! B; g : B ! C bijektiv. Dann ist g f : A ! C bijektiv, denn g f ist injektiv. (g f)(a) = (g f)(a`) ) g(f(a)) = g(f(a`)) )5 f(a) = f(a`) )6 a = a` Also ist g f injektiv. Der Beweis fur g f surjektiv ist ahnlich. 1.4 Endliche Mengen Eine Menge M heit endlich, wenn sie entweder leer ist oder gleichmachtig zu einem "Abschnitt\ An := fk 2 Nj1 k ng (fur ein n 2 N) ist. Wir wollen zeigen, da obiges n eindeutig bestimmt ist. In anderen Worten: Satz 1 An Am , m = n Beweis: ( klar! ) Beweis durch Widerspruch Sei Am An . Angenommen m 6= n. Dann gilt m > n oder m < n. Daher genugt es zu zeigen: Fur m > n existiert keine bijektive Abbildung von Am nach An . Beweis durch vollstandige Induktion nach n n=1. Dann A1 = f1g; Am fm; 1g; m 6= 1, denn m > 1. Aber es existiert keine bijektive Abb. f : A1 ! Am . n ! n + 1 Angenommen, es gibt eine bijektive Abb. f : An+1 ! Am mit m > n + 1. Dann existiert i 2 An+1 mit f(i) = m. Man betrachte gjAn : An ! Am : Die Abbildung h : An ! Am` ; h(k) := g(k) ist nach Konstruktion bijektiv. Daher hat man einen Widersruch zur Induktionsbehauptung, denn m` > n. Denition Sei M 6= 0, M endlich, M An. Dann heit n die Kardinalitat n = #M = jM j: Satz 2 Es gilt i) Sind M,M` endlich, M M`, so gilt #M=#M`. ii) Teilmengen endlicher Mengen sind endlich; gilt M` M, so folgt #M` #M mit Gleichheit genau dann, wenn M=M`. Beweis: U bungsaufgaben 5 6 g injektiv f injektiv 10 1.5 Abzahlbare Mengen. Nichtabzahlbare Mengen Intuitiv ist klar, da N unendlich (d.h. nicht endlich) ist (ist n 2N, so sind n, n+1,n+2, : : : alle voneinander verschieden). Dies ist auch formal beweisbar: ware N endlich, also N An fur ein n 2 N, so folgt: wegen An+1 N (1.4 Satz 2ii) gilt n+1=#An+1 # N= #An = n Widerspruch! Standpunkt: N ist die "einfachste\ unendliche Menge. Denition Eine Menge M heit abzahlbar, falls M N. Beispiel: f2njn 2 Ng ist abzahlbar. Denition Eine Folge a1 ; a2; : : : von Elementen einer Menge M ist eine Abbildung a :N! M; n ! a(n). Statt a(n) schreibt man an. Statt a1; a2; : : : schreibt man (an )n2N . Beispiele: i) 2,4,6, : : : , d.h. an = 2n (n 2 N) ii) 1,2,1,2, : : : d.h. an = 1 : 2 : n ungerade n gerade Oenbar ist M genau dann abzahlbar, wenn es eine Folge (an )n2N von Elementen aus M gibt, so da jedes Element von M genau einmal als Folgenglied auftritt. Dann kann man M abzahlbar nennen. Satz 1 Unendliche Teilmengen abzahlbarer Mengen sind abzahlbar. Zum Beweis wird benutzt: Satz 2 Jede nicht leere Teilmenge M N hat ein kleinstes Element, d.h. es gibt n0 2 M mit n0 m 8m 2 M: Dieses n0 ist eindeutig bestimmt. Beweis von Satz 2: Sei An := fn 2 Njn m 8m 2 M g. Es gilt 1 2 A, denn 1 m sogar 8m 2 N (Axiom 3). Ware mit jedem n in A auch n+1 in A, so folgte A =N nach Axiom 4. Aber M enthalt mindestens ein Element m. Also folgte m+12 A, also m + 1 m Widerspruch Also existiert n0 2 A mit n0 + 1 2= A. Dann ist n0 kleinstes Element in M, denn wegen n0 2 A ist n0 m 8m 2 M. Wegen n0 + 1 2= A gibt es m0 2 M mit n0 + 1 > m0 , d.h. n0 m0 : Aber m0 n0 wegen m0 2 M ) n0 = m0 2 M. Sind n0; n0` zwei kleinste Elemente in M, so gilt nach Def. n0 n0` n0 . Daher n0` = n0 . Daher ist Satz 2 bewiesen. Beweis von Satz 1: Es genugt zu zeigen, da jede Teilmenge M von N abzahlbar ist. Sei m das kleinste Element von M (s. Satz 2), m2 das kleinste Element von M nfm1 g; m3 das kleinste Element von M nfm1 ; m2 g usw. Dieser Proze kann nicht abbrechen, denn M ist unendlich. Dann ist (m )2N 11 eine Abzahlung von M. Es gilt mu 6= m (u 6= )nach Konstruktion. Auerdem tritt jedes m 2 M als Folgeglied auf, denn sonst gabe es m 2 M mit m1 < m2 < m3 < < m (sukzessive), also ware fmu gu2N Am , also | {z N } ware N endlich. Widerspruch! Satz 3 N N ist abzahlbar. Beweis: Das folgende Schema ist eine Abzahlung fur NN : (1; 1) ! (1; 2) (1; 3) : : : . % # (2; 1) ! (2; 2) (2; 3) : : : (3; 1) . (3; 2) (3; 3) : : : Korollar (Folgerung): M1; M2; : : :; Mn abzahlbar ) M1 M2 Mn abzahlbar. Beweis : Durch vollstandige Induktion M1 (M2 Mn ) N N |{z} N. Satz3 Satz 4 Die Menge aller Folgen f :N! f0; 1g ist uberabzahlbar, d.h. weder endlich noch abzahlbar. Beweis M ist unendlich, denn die Folgen fk mit fk : 0; 0; 0; : :: 0;| {z1; 0} ; : : : k te Stelle sind alle paarweise verschieden. Angenommen M ware abzahlbar. Sei f1; f2 ; : : : eine Abzahlung mit fk = (zkn)n2N. Man setze f = (zn )n2N mit 1 ; znn = 0 0 ; znn = 1 Dann f 2 M, aber f 6= fk fur jedes k 2N. Also ist M nicht abzahlbar. ) "Cantor`sches Diagonalverfahren\ zn := 12 Kapitel 2 Die reellen Zahlen 2.1 Einfuhrende Bemerkungen Per Denition kann man in N addieren und multiplizieren. Umkehrungen dieser Operationen fuhren zu Problemen. x+a=b nur in N losbar fur b > a. Losung: Einfuhrung von 0,-1,-2 : : : Geometrisch: Zahlengerade (gerade orientierte "Linie\) -2 -1 0 1=q 1 2 ::: - Zeichne Punkte von 0 aus. Sei s "Urmeter\, d.h. s ist Strecke der Lange r. Man trage s sukzessive nach rechts, ausgehend von 0, ab. Die rechten Endpunkte der entstehenden Intervalle heien 1,2,3, : : : Die Einfuhrung der negativen naturlichen Zahlen entspricht dem Wunsch, s auch von 0 aus nach links abzutragen und den Endpunkten der entstehenden Intervalle Namen zu geben. Umkehrung der Multiplikation (Division): q x = p (q; p 2N) Geometrisch: Man nehme (von 0 aus) den q-ten Teil des p-fachen der Strecke s. ) Erndung der rationalen Zahlen durch die alten Griechen. Hier: Wir denken uns die rationalen Zahlen. pq (p; q 2 Z,q 6= 0,Z= f: : :; 2; 1; ; 1; 2; :: : g) (wie oben auf der Zahlgeraden dargestellt): Beobachtung: Die rationalen Zahlen Q liegen "dicht\ auf der Zahlengeraden, denn in jedem vorgegebenen Intervall kann man eine rationale Zahl durch geeigneten Teilungsproze nden. Frage: Fullt Q die Zahlengerade ganzlich aus? Pythagoras (ca. 600 v.Chr.): Es gibt Strecken, die von 0 aus abgetragen, keine 13 rationale Zahl als Endpunkt haben. Man betrachte ein gleichschenkliges, rechtwinkliges Dreieck mit Kathetenlange 1. p Satz des Pythagoras: h2 = 12 + 12 = 2 also "h = 2 \. Behauptung: h ist nicht rational. Beweis durch Widerspruch. Angenommen h ist rational, also h = pq (q; p 2 N). (Wir benutzen jetzt, da jede naturliche Zahl sich eindeutig bis auf die Reihenfolge als Produkt von Primzahlen darstellen lat.) Nach Kurzen von gemeinsamen Faktoren kann man erreichen, da p und q teilerfremd sind. 2 Es gilt : 2 = h2 = qp2 ) 2q2 = p2 Es folgt: 2 teilt p2, also p=2u. Daher: 2q2 = (2u)2 = 4u2 ) q2 = 2u2 )1 q = 2v Widerspruch zur Teilerfremdheit von p und q. Daher ist h nicht rational. Die Zahlengerade enthalt also "Lucken\, die nicht von Q ausgefullt werden. Eudoxos (408-355 v.Chr.) Man "stopfe\ die "Locher\ durch Einfuhrung einer neuen Art von Zahlen, "irrationale Zahlen\ genannt. Cantor, Dedekind (1872): strenger Aufbau einer Theorie der irrationalen Zahlen. R =reelle Zahlen und "irrationale\ Zahlen Man kann ausgehend von N und seinen Axiomen die ganzen Zahlen Z, die rationalen Zahlen Q und schlielich R (streng logisch) konstruieren. (siehe auch Springer: "Zahlen\) 2.2 Die Axiome der reellen Zahlen Wir denken uns a priori gegeben eine Menge R, reelle Zahlen genannt, die eine Reihe von Axiomen erfullen: A) Algebraische Axiome B) Anordnungsaxiome C) Axiom uber die Einbettung von N in R D) Axiom von der monotonen Folge Zu A) Es gibt Abbildungen R R! R,(a; b) 7! a + b (Addition), R R! R; (a; b) 7! a=b (oder auch a b) (Multiplikation) mit folgenden Regeln: i) a + (b + c) = (a + b) + c (8a; b; c 2 R) (Assoziativitat) ii) a + b = b + a (8a; b 2 R) (Kommutativitat) iii) es gibt ein eindeutig bestimmtes Element 0 ("die Null\), so da a + 0 = a (8a 2 R) iv) zu jedem a 2 R existiert ein eindeutig bestimmtes Element b 2 R mit a + b = 0 (man schreibt b = a) und nennt a das Negative von a. 1 Gleiches Argument wie vorher 14 v) a(bc) = (ab)c (8a; b; c 2 R) vi) a b = b a (8a; b 2 R) vii) es existiert ein eindeutig bestimmtes Element e 2 R; e 6= 0, mit a e = a (8a 2 R) viii) zu jedem a 2 R; a 6= 0 existiert ein eindeutig bestimmtes b 2 R; b 6= 0 mit a b = e (man schreibt b = a 1 und nennt a 1 das Inverse von a). ix) a(b + c) = ab + ac (8a; b; c 2 R) Zu B) Wir fordern, da auch in R eine Ordnungsrelation " < \ gegeben ist, d.h. es gibt eine Relation R R R auf R (statt (a; b) 2 R schreibt man a < b) mit den Eigenschaften: i) fur je zwei Elemente a; b 2 R gilt genau eine der Alternativen a < b; a = b; a > b (a > b bedeutet b < a) ii) a < b und b < c ) a < c (Transitivitat) iii) a < b ) a + c < b + c 8a; b; c 2 R iv) a > 0 und b > 0 ) a b > 0 Zu C) Wir verlangen, da N eine Teilmenge von R ist, derart da die algebraische Eins e mit der naturlichen Zahl 1 zusammenfallt und da die Addition, die Multiplikation und Ordnungsrelation " < \ von N R mit den fruherdenierten Addition, Multiplikation und Ordnungsrelation zusammenfallt. Zu D) Um D) zu formulieren, benotigen wir Denitionen i) Unter einer Zahlenfolge(an)n2N versteht man eine Folge von reellen Zahlen, d.h. an 2 R 8n 1. ii) Eine Zahlenfolge (an )n2N heit beschrankt, wenn es K 2 R gibt mit an K 8n 2 N. Ein solches K heit obere Schranke von (an )n2N. Eine Zahlenfolge (an )n2N heit nach unten beschrankt, wenn 9K 2 R mit K an 8n 2 N. (9 =es gibt) Ein solches K heit untere Schranke von (an )n2N. iii) Man nennt K 2 R kleinste obere Schranke von (an )n2N, wenn K erstens obere Schranke von (an )n2N ist und zweitens keine Schranke von (an )n2N echt kleiner als K existiert. Entsprechend wird der Begri grote obere Schranke deniert. iv) Eine Zahlenfolge (an )n2N heit monoton wachsend, falls an an+1 8n 2 N gilt. Sie heit streng monoton wachsend, falls an < an+1 8n 2 N. Entsprechend wird monoton fallend (an an+1 8n 2 N) und streng monoton fallend (an > an+1 8n 2 N) deniert. Beispiele: (8n 2 N): 1; 21 ; 31 ; : : : 1) an = n1 Diese Folge ist beschrankt und streng monoton fallend (0 < n1 1, 1 < 1 ; formaler Beweis spater) und n+1 n 15 2) an = n2 (8n 2 N): 1,4,9, : : : Diese Folge ist nach unten beschrankt, nicht nach oben beschrankt und streng monoton wachsend (formaler Beweis spater). 3) an = ( 1)n (8n 2 N): -1,1,-1, : : : beschrankt und nicht monoton fallend Zu D) Jede monoton wachsende (bzw. monoton fallende) beschrankte Zahlenfolge besitzt eine kleinste obere (bzw. grote untere) Schranke. Dieses Axiom impliziert: "Die Zahlengerade hat keine Locher.\ Man kann Axiom D) dazu benutzen, zu zeigen, da die Zahlengerade keine Locher hat. Genauer: Seien a; b 2 R, a b, dann heit I = [a; b] = fx 2 Rja x bg kompaktes Intervall mit Endpunkten a und b. Satz Sei (In)n2N eine Folge von kompakten Intervallen mit In+1 < In (8n 2 N). Man sagt, die Intervalle sind geschachtelt. [ I1 [ I2 [ I3 ] ] ] Dann 9 s 2 R mit s 2 In 8n 2 N Bemerkung: Der Satz ist "interessant\, falls die Lange \bn an " gegen Null geht, fur "n ! 1\. Beweis: Sei In = [an; bn] mit an bn. Es gilt nach Voraussetzung Im In 8m n Das heit: an am bm bn 8m n (2.1) Hieraus folgt: an bm 8m; n 2 N am bn 8m n an bm 8n m Statt m schreibe n. Statt n schreibe m. D.h. (an )n2N ist nach oben beschrankt, und jedes bm (m 2 N) ist obere Schranke. Mit m = n + 1 in (2.1) folgt an an+1 8n 2 N, d.h. (an )n2N 16 - ist monoton wachsend. Nach Axiom D) hat (an )n2N eine kleinste obere Schranke, sei diese s. Da s obere Schranke ist, gilt an s; 8n 2 N. Da s kleinste obere Schranke und (an)n2N durch bm (m 2 N) nach oben beschrankt ist, gilt nach Denition der kleinsten oberen Schranke s bn 8n 2 N, also s bn ; 8n 2 N. Daher folgt an s bn 8n 2 N, also s 2 In 8n 2 N q.e.d 2.3 Folgerungen aus den algebraischen Axiomen Notationen: a b = a + ( b); 8a; b 2 R a = a b 1 8a; b 2 R; b 6= 0 b N0 = N [ f0g Z= N0 [ ( N) = Die Menge der ganzen Zahlen N := fx 2 Rjx = ng fur ein n 2 N Q = Die Menge der rationalen Zahlen = f qp j p; q 2 Z; q 6= 0g Satz 1 i) Fur a; b 2 R hat die Gleichung x + a = b genau eine Losung, ii) Beweis Satz 2 ii) ii) iii) Beweis namlich x = b a. Fur a; b 2 R,a 6= 0 hat a x = b genau eine Losung namlich x = ab i) Sei x = b a. Dann gilt: x + a = (b a) + a = (b + ( a)) + a = b + (( a) + a) = b + 0 = b nach Axiom D) Sei x irgendeine Losung von x + a = b. Dann gilt b a = (x + a) a = x + (a a) = x + 0 = x nach Axiom D) q.e.d genauso i) 0 = 0; a = ( a) 8a 2 R a 0 = 0 a = 0 8a 2 R a = ( 1) a i) Es gilt 0+0= 0 0 + ( 0) = 0 ferner a + ( a) = 0 ) a = ( a) wegen der Eindeutigkeit des negativen Elements. 17 ii) a (0{z+ 0)} = a 0 + a 0 | iii) a0 ) a0 = 0 |{z} Satz 1 i) 0 = a 0 = a(1 1) = a 1 + a ( 1) = a + ( 1) a ) a = ( 1)a Satz 3: (Vorzeichenregel) Es gilt ( a)( b) = a b und ( a)(b) = a( b) = (ab) 8a; b 2 R, ferner ( a) 1 = a 1 8a 2 R; a 6= 0 Beweis Man benutze Satz 2 iii) z.B. (ab) = ( 1)(ab) = (( 1)a)b = ( a)b usw. q.e.d Satz 4 Es gelte a b = 0 (a; b 2 R) Dann folgt a = 0 oder b = 0. Beweis Ist a = 0, so ist nichts zu zeigen. Sei a 6= 0. Dann 9a 1, und es folgt aus a b = 0, da a 1 (ab) = a 1 0 = 0 ) a 1(ab) = (a 1a)b = 1b = b = 0 q.e.d. Denition (Summe, Produktzeichen) Seien a1 ; a2 ; : : : reelle Zahlen. Man deniert 8 ; falls n = 1 n < a1 X a = : nP1 a + a ; falls n > 1 n =i =1 Ferner setzt man n Y =1 a = 8 < a1 nQ1 a : =1 ; falls n = 1 an ; falls n > 1 Man kann die "ublichen\ Regeln schreiben, z.B. gilt i) n X =1 (a + b ) = ii) a iii) n X =1 ! a m X =1 ! b = n X =1 X =1;:::;n =1;:::;m 18 n X =1 a = a + n X =1 a b = n X =1 b aa n X m X =1 =1 ! a b = m X n X =1 =1 ! a b Denition (Potenzen) Sei a 2R. Fur n 2 N setzt man an := a n := a ;n=1 an 1 a ; n > 1 a 1 ;n=1 a (n 1)a 1 ; n > 1 Es gilt dann am an = am+n (a 2 R; a 6= 0; n; m 2 Z). Fur a 6= 0 setzt man a0 := 1 (Manchmal setzt man auch 00 := 1, Vorsicht!). Satz 5 (Rechnen mit Bruchen) a + c = ad + cb (8a; b; c; d 2 R; b; d 6= 0) b d bd a c = ac b d bd (8a; b; c; d 2 R; b; d 6= 0) Beweis U bungsaufgaben 2.4 Fakultat, Binomialkoezienten Denition Sei n 2 N. Dann setzt man n! := 1 ;n=1 (n 1)!n ; n > 1 Ferner 0! = 1. Man kann zeigen, es gibt genau n! bijektive Abbildungen von f1; 2; : : : ; ng auf sich. Denition Sei n 2 N; 2 N0; n, dann setzt man n := n! !(n )! Beispiel n =1 0 Satz 1 i) n =n 1 n = n n 19 ii) n + n = n + 1 0 n 1 +1 +1 Hieraus folgt induktiv, da n 2 N. iii) n ist die Anzahl der r-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge. Beweis i) klar! ii) n! n! + n + n = !(n )! (+ 1)!(n 1)! +1 = !(n n! 1)! n 1 + +1 1 +1+n = !(n n! 1)! (n )( + 1) n +1 n! = !(n 1)! (n )( + 1) + 1)! = ( +(n1)!(n )! +1 = n + 1 q.e.d. iii) Lat sich mit Hilfe des "Pascal`schen Dreiecks\ veranschaulichen. 0 := 1 . 0 1 1 1 1 1 1 1 2 3 n=1 1 3 4 5 n=0 6 10 1 4 10 Satz 2 (Binomischer Lehrsatz) Fur a; b 2 R und n 2N gilt: n=2 1 5 n n X n an b (a + b) = =0 20 n=3 n=4 1 n=5 Beweis durch vollstandige Induktion nach n Induktionanfang: n = 1 Linke Seite: (a + b)1 = a + b Rechte Seite: 10 a1 b0 + 11 a0b1 = a + b p Induktionsschlu: Unter der Annahme der Behauptung fur n zeige man die Behauptung fur n + 1. Es gelte also: n n X n an b (a + b) = =0 Dann folgt: (a + b)n+1 = = |{z} Induktionsanfang = = = = = = = (a + b)(a + b)n ! n n X n a b (a + b) =0 n n n an+1 b + X an b +1 =0 =0 Setze = + 1 n X +1 n n an+1 b + nX an+1 b 1 =1 =0 Setze wieder = n X +1 n n an+1 b + nX an+1 b 1 =1 =0 n n n n X n+1 n+1 b + X a| n{z+1} + an+1 b + a |b {z } 1 =1 0-ter Term =1 (n + 1)-ter Term n X n X n + n an+1 b + bn+1 + 1 =1 n n + 1 X an+1 b + bn+1 an+1 + =1 nX +1 n + 1 an+1 b =0 q.e.d an+1 + 21 2.5 Rechnen mit Ungleichungen, Absolutbetrag R+ := fx 2 Rjx > 0g = die Menge der positiven reellen Zahlen Satz 1 i) a > 0; b > 0 ) a b > 0 ii) a < 0; b > 0 ) a b < 0 iii) a < 0; b < 0 ) a b > 0 Beweis i) ist Axiom B iv) iii) a < 0 |{z} ) a + ( a) < 0 + ( a) , d.h. 0 < a Axiom B genauso 0 < b Nach i) folgt daher 0 < ( a)( b) Satz 2 = |{z} 2.3 Satz 3iii) ab i) a < b und c > 0 ) a c < b c ii) a < b und c < 0 ) a c > b c 0<b a Beweis i) a < b |{z} ) Axiom B iii) ) 0| < (b{z a)c} = bc ac Satz 1i) ) ac < bc q.e.d. ii) ahnlich Satz 3 0 < 1 Beweis Es gilt 1 = e 6= 0 (nach C und A viii) ). Nach B) gilt also entweder 1 < 0 oder 1 > 0. Angenommen 1 < 0 Dann folgte 1 = 1 1 > 0 nach Satz 1 iii), also ware 1 > 0 als auch 1 < 0 Widerspruch!! Also ist die Annahme 1 < 0 nicht wahr, also gilt 1 > 0. q.e.d. Korollar 8n 2 N gilt n > 0. Beweis Es ist n 1 > 0. Satz 4 0 < a < b ) 0 < 1b < a1 Beweis Es gilt a a1 = 1. Wegen 1 > 0 und a > 0 folgt a1 > 0, sonst Widerspruch zu Satz 1. Genauso 1b > 0. Daher folgt aus a < b 1 b b ) 1<1b=1 a a < a d.h. 1 < a |{z} b b a a Satz 2 22 q.e.d. Satz 5 i) a 0; an bn fur ein n 2 N ) a b ii) a 0; b 0; an = bn fur ein n 2 N ) a = b Beweis i) Angenommen, es ist nicht a b. Dann gilt a < b. Gilt a = 0, so folgt 0 < b also 0 < bn , d.h. an < bn . Widerspruch zur Voraussetzung Sei a > 0. Dann folgt aus a < b a2 < ba < b2 (Satz 2), also a2 < b2 . Dann folgt a3 < ab2 < b3 usw. Widerspruch zur Voraussetzung q.e.d. ii) Angenommen a 6= b. Dann ist a > b oder a < b. Es folgt hieraus wie unter i), da an > bn oder bn > an . Widerspruch zur Voraussetzung ) a = b. Denition Sei a 2 R. Dann setzt man falls a 0 jaj := aa ,, falls a0 Sprich "a absolut\. Setze 8 < 1 , falls a > 0 sign (a) := : 0 , falls a = 0 1 , falls a < 0 "Vorzeichen von a\ Lemma ii) iii) iv) v) i) jaj = a sign(a) j0j = 0; jaj > 0 fur a 6= 0 j aj = jaj a2 = jaj2 j a j a ja j a 0 jaj = Abstand von zum Nullpunkt 1) Sei a > 0. Dann ist jaj = a; a sign(a) = a 1 = a q.e.d. Sei a = 0. Dann ist j0j = 0; 0 sign 0 = 0 q.e.d. Sei a < 0. Dann ist jaj = a; a sign(a) = a ( 1) = a q.e.d. Beweis: ii),iii),iv) klar! 23 - 5) Fallunterscheidung a=0 p a > 0 : j a j a ja j , a a a denn a a 8a 2 R und a a , 2a 0 , a > 0 a < 0 : j a j a ja j , ( a) a a; a a a richtig, denn a < 0 Satz 6 1) jaj 0; jaj = 0 , a = 0 2) ja bj = jaj jbj 3) ja + bj jaj + jbj ("Dreiecksungleichung\) Man sagt, da j j eine Norm auf R deniert. Beweis 1) s.Lemma 2) Es gilt (jabj)2 |{z} = (ab)2 = a2b2 = jaj2jbj2 = (jaj jbj)2 Lemma iv Daher folgt aus Satz 5ii) wegen jabj 0; jaj jbj 0, da jaj jbj = jabj 3) ja + bj2 = (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 = jaj2 + 2ab + jbj2 |{z} jaj2 + Lemma v 2jabj + jbj2 = jaj2 + 2jaj jbj + jbj2 = (jaj + jbj)2. Daher folgt ja + bj jaj + jbj q.e.d. Korollar 1) Seien a1; a2; : : :; an 2 R. Dann gilt n X a =1 n X =1 ja j 2) jjaj jbjj ja bj Beweis 1) durch vollstandige Induktion nach n ja + b + cj = j(a + b) + cj ja + bj + jcj jaj + jbj + jcj 2) jaj = j(a b) + bj ja bj + jbj ("Dreiecksungleichung\) jbj = j(b a) + aj jb aj + jaj = ja bj + jaj , jaj jbj ja bj (jaj jbj) ja bj ) jjaj jbjj ja bj Satz 7 1) jxj < , < x < 2) jx x0j < , x0 < x < x0 + Beweis 1) Sei jxj < . Nach Lemma V gilt jxj x jxj. Aus jxj < (oder jxj > ) folgt also < j x j x jx j < Sei < x < : Sei x > 0. Dann ist jxj = x, also folgt jxj < . Sei x < 0. Dann ist jxj = x dann folgt aus < x, da x < , d.h. jxj < q.e.d. 24 2) In i) ersetze man x durch x x0 . Dann ist also nach i) jx x0j < aquivalent zu < x x0 < , x0 < x < x0 + q.e.d. x0 x0 x0 + 0 - Denition Seien x; y 2 R. Dann heit jx yj = jy xj der Abstand von x und y. Satz 8 1) jx yj 0; jx yj = 0 , x = y 2) jx yj = jy xj 3) jx yj jx z j + jz yj Beweis i)+ii) folgt aus Satz 6 iii)jx yj = j(x z) + (z y)j jx z j + jz yj q.e.d. Denition Seien a; b 2 R mit a b. Dann heien die Mengen (a; b) := fx 2 Rj a < x < bg [a; b] := fx 2 Rja x bg (a; b] := fx 2 Rja < x bg [a; b) := fx 2 Rja x < bg Intervalle mit Endpunkten a und b. Genauer heit (a; b) oen,[a; b] abgeschlossen (bzw. kompaktes) Intervall. Ferner nennt man (a; b]; [a; b) halboene Intervalle. a a+b 2 Mittelpunkt - b Denition Sei x0 2 R; 2 R; > 0. Dann heit U (x0 ) := fx 2 Rj jx x0 j < g -Umgebung von x0. Bemerkung: Es ist U (x0) = fx0 ; x0 + g Satz 7, also U (x0 ) oenes Intervall mit Endpunkten x0 ; x0 + und Mittelpunkt x0 und "Lange\ 2. Satz 9 Sei x 2 R. Es gelte jxj 8 2 R; > 0. Dann ist x = 0. Beweis Angenommen x 6= 0. Dann ist jxj > 0. Setze := 1=2jxj. Nach Voraussetzung gilt dann jxj jx2 j ) 1 21 ) 2 1 Widerspruch |{z} wegen jxj > 0 Also mu gelten x = 0. q.e.d. 25 2.6 Einige nutzliche Ungleichungen Satz 1 (Bernoulli-Ungleichung) Sei n 2 N; n 2. Sei a 2 R mit a > 0 oder 1 < a < 0. Dann gilt: (1 + a)n > 1 + n a Beweis Fur a > 0 folgt dies aus dem binomischen Lehrsatz, denn n X n a [1n ] =0 n n n X = 1 + n a + X n a a = n0 a0 + n1 a1 + (1 + a)n = =2 =2 > 1 + na wegen a > 0 Im allgemeinen Fall Beweis durch Induktion nach n Induktionsanfang: n = 2 (1 + a)2 = 1 + 2a + a2 > 1 + 2a wegen a 6= 0 Induktionsschlu auf n + 1: Es gelte also (1 + a)n > 1 + na Dann gilt: (1 + a)n+1 = (1 + a)(1 + a)n > (1 + a)(1 + na) Wegen 1 + a > 0 nach Voraussetzung = 1 + na + a + na2 = 1 + (n + 1)a + na2 > 1 + (n + 1)a q.e.d. Satz 2 Sei q 2 (0; 1). Dann gilt 1 + q + q2 + + qn < 1 1 q 8n 2 N Beweis Setze sn := 1 + q + q2 + + qn Dann gilt qsn = q + q2 +3 + + qn + qn+1 Daher sn (1 q) = sn qsn = 1 qn+1 n+1 ) sn = 1 1 q q < 1 1 q denn 1 qn+1 < 1 , 0 < qn+1 richtig, denn q > 0 Satz 3 Fur n 2 N; n 2 gilt 1+ n 1 1 n 1 n < 1 + n1 < 3 Bemerkung: Die Folge (an )n 2 N mit an := 1 + n1 n ist also (streng) monoton wachsend und beschrankt. Nach Axiom D) hat also (an)n 2 N eine kleinste obere Schranke, etwa e. (Wir werden "e\ spater auf etwas andere Weise einfuhren). 26 Beweis 1+ n 1 1 n 1 n 1 < n 1 + n1 (n 2) n+1 n , < n 1 n n 1 1 n < n+ , n n 1 n n 1 n +n 1 n n n 1 n n+1 n , < n n 1 n n n +1 n+1 !n n 1 n n , n < n n = nn 1 n 1 2 n 1 < n 1 n , n n2 n 1 1 () , 1 n < 1 n2 n () ist richtig, denn setzt man in Satz 1 a = n12 , so folgt n 1 n12 > 1 n1 Daher (wegen " , \) ist auch i) richtig. ii) z.z. n 1 + n1 < 3 Nach dem binomischen Lehrsatz gilt: 27 n n n 1 n n 1 X X 1 1 1 n n 1+ n = 0 n0 + 1 n + = =2 n =0 n n n 1 X = 2+ n =2 Es gilt n 1 = n(n 1) (n + 1) 1 n v! n = n(n 1) n(n + 1) v!1 = nn n n 1 n n 2 n (n 1) !1 1 2 1 = 1 1 n 1 n 1 n !1 1 1 1 !1 = !1 ( 2) = 2 31 21 1 , n n1 21 1 Daher folgt: n n n 1 n 1 X X 1 nX1 1 2 + = 2 + 1 + n1 = 2 + n 2 1 2 2 =2 =2 =0 < |{z} Satz 2 mit q= 12 2 + 21 1 1 1 = 2 + 1 = 3 q.e.d 2 Satz 4 ("Schwarz'sche Ungleichung\) Fur zwei n-Tupel reeller Zahlen (a1 ; : : :; an = und (b1; : : :; bn) gilt stets n X =1 Beweis Sei A := Fur t 2 R gilt: 0 n X =1 n X =1 (a + tb )2 = Fallunterscheidung ! a b a2 ; B := n X n X =1 n X =1 a2 ! a b ; n X =1 b2 ! C := n X =1 b2 (a2 + 2ta b + t2 b2 ) = A + 2tB + t2C =1 () 1) C = 0, dann ist b = 0 8, also ist auch B = 0, und die zu beweisende Ungleichung ist trivialerweise richtig. 28 2) C 6= 0. In () setze t = CB . Dann folgt: 2 0 A + 2 CB B + CB C 2 B2 = A 2B C + C2 C 2 = A BC j C ( beachte C > 0) ) 0 AC B 2 ) B 2 AC q.e.d. 29 Kapitel 3 Folgen, Reihen und Mengen reeller Zahlen 3.1 Der Satz von Eudoxox-Archimedes Satz Sei a 2 R. Dann 9 n 2 N mit n > a. Beweis Angenommen, dies ist nicht richtig. Dann 9a 2 R mit n a 8n 2 N. daher ist die Folge (an )n 2 N mit an := n beschrankt. Da die Folge an monoton wachsend ist, hat sie nach Axiom D eine kleinste obere Schranke b. Wegen 0 < 1 gilt b 1 < b. Daher ist b 1 keine obere Schanke von (an)n 2 N : Daher 9k 2 N mit b 1 < k. Es folgt b < k+1 2 N, daher kann b nicht obere Schranke von (an )n 2 N sein. Widerspruch. Daher ist unsere Annahme falsch und es gilt die Behauptung des Satzes. Korollar Sei 2 R; > 0. Dann 9N 2 N, so da 8 n > N; n 2 N gilt n1 < . Beweis Im Satz setze man a := 1 . Nach Satz 9N 2 N mit 1 < N < n (8 n 2 N mit n > N). q.e.d. 3.2 Grenzwertbegri. Konvergente und divergente Folgen Denition Eine Zahlenfolge (an )n 2 N heit konvergent, wenn es eine reelle Zahl a gibt mit folgender Eigenschaft: zu jedem 2 R; > 0 gibt es eine naturliche Zahl N = N() derart, da jan aj < 8 n 2 N mit n > N A quivalent dazu ist: in jeder -Umgebung U (a) ( > 0) liegen "fast alle\ (d.h. alle bis auf endlich viele) Glieder der Folge (an)n 2 N. Man sagt dann, da (an )n 2 N gegen den Limes (Grenzwert) a konvergiert (strebt), im Zeichen nlim !1 an = a. Man sagt auch, nlim !1 an existiert, wenn obiger Sachverhalt vorliegt. 30 Denition Ist die Zahlenfolge (an)n 2 N nicht konvergent, heit sie divergent. Gilt nlim !1 an = 0, so heit (an)n 2 N Nullfolge. Beispiele 1) a: = n1 . Die Folge (an)n 2 N ist Nullfolge, d.h. nlim !1 an = 0, wie aus dem Korollar zum Satz 3.1. jan aj = j n1 j = n1 < 8n > N 2) an = n +n 1 Behauptung: nlim !1 an = 1 Beweis: Sei > 0 vorgegeben. Nach Korollar zu Satz 3.1, 9 N 2 N derart, da n1 < 8 n 2 N; n > N. Dann folgt: n + 1 1 = n1 < 8 n > N n 3) an := ( 1)n Behauptung: (an)n 2 N ist divergent. 1 Denn: Angenommen nlim !1 an = a existiert. Sei = 2 . Dann existiert also N 2 N mit () jan aj < 21 8 n > N Es gilt jaN +2 aN +1 j = j(aN +2 a) + (a aN +1 )j j(aN +2 aj + jaN +1 aj < 12 + 12 = 1 wegen () Andererseits gilt: jaN +2 aN +1 j = j( 1)N +2 ( 1)N +1 j = j( 1)N ( 1)2 + 1 j = j( 1)N j j2j = 2 Also folgt 2 < 1 Widerspruch!! Daher divergiert (an )n 2 N. Satz Der Grenzwert einer konvergenten Folge ist eindeutig bestimmt. Beweis Sei a = nlim !1 an; b = nlim !1 an z.z a = b. Sei > 0 vorgegeben. Nach Voraussetzung existieren N1 ; N2 mit jan aj < 2 ; jan bj < 2 8 n < N1 8 n > N2 31 Sei N := maxfN1; N2 g. Dann folgt ja bj = j(a an ) + (an b)j jan aj + jan bj < 2 + 2 fur n > N Also gilt ja bj < 8 > 0. Daher folgt a b = 0, d.h. a = b nach Satz 2.5.8. q.e.d. 3.3 Rechenregeln fur konvergente Folgen Satz 1 ("Notwendige Konvergenzbegingung\) Eine konvergente Folge ist beschrankt. Beweis Sei a = nlim !1 an . Sei = 1. Dann existiert N 2 N, so da jan aj < 1 8n > N Es folgt: janj = j(an a) + aj jan aj + jaj < 1 + jaj fur n > N Setze K := maxfja1j; ja2j; : : :; jaN j; 1 + jajg. Dann gilt: janj K 8 n 2 N q.e.d. Satz 2 Seien (an)n 2N und (bn)n 2 N konvergent. Dann gilt: i) Die Folgen (an + bn)n 2 N ; (an bn)n 2 N ; (an bn)n 2 N und (jan j)n 2 N sind konvergent und es gilt: lim(an + bn) lim(an bn) lim(an bn) lim(janj) = = = = liman + limbn liman limbn liman limbn j limanj ii) Ist 2 R, so konvergiert auch (an + )n 2N ; (an )n 2N und lim(an+ ) = liman + ; lim(an ) = (liman) iii) Ist an 6= 0 8 n 2 N und liman 6= 0, so gilt: 1 limbn lim a1 = lima und lim abn = lima n n n n Beweis Sei a := nlim bn . Sei > 0 vorgegeben. !1 an und b = nlim !1 Dann 9 N1 2 N mit jan aj < 2 (8 n > N1 ) und 9N2 2 N mit jbn bj < 2 (8 n > N2 ) Sei N := maxfN1; N2 g. Dann folgt fur n > N j(an + bn) (a + b)j jan aj + jbn bj < 2 + 2 = 32 D.h. an + bn ! a + b(n ! 1) q.e.d. Genauso lim(an bn) = liman limbn: Es gilt: anbn ab = (an a)b + (bn b)an Nach Satz 1 9 K > 0, so da janj K 8 n 2 N Daher folgt 8 n 2 N: janbn abj jan aj jbj + jbn bj janj jan aj jbj + jbn bjK Sei > 0. Wegen limbn = b 9 N1 2 N, so da jbn bj < 2K 8 n > N1 . Wegen liman = a 9 N2 2 N; so da jan aj < 2+2 jbj 8 n > N2 . Sei N := maxfN1 ; N2 g. Dann folgt fur n > N K janbn abj 2 +2jbj jbj + 2K = 2 1 +jbjjbj + 2 < | {z } <1 Schlielich gilt j janj jaj j jan aj ) janj = jaj ii) folgt aus i) mit bn := (8 n 2 N); limbn = iii) Da a 6= 0; 9 N1 2 N mit janj > j2aj 8 n > N1 . Denn: Setze := ja2j > 0. Dann gilt mit geeignetem N1 2 N 8 n > N1 j janj jaj j jan aj < , < janj jaj < janj > jaj = j2aj (8 n > N1 ) Daher gilt fur n > N1 ( a1n < ja2j ) 1 1 = a an = an a a a a a a n a n n 1 1 < ja j jaj jan aj < ja2j2 jan aj n 2 Sei > 0. Dann 9 N2 2 N mit jan aj < ja2j 8 n > N2 Sei N := maxfN1 ; N2 g. Dann gilt also fur n > N 1 1 < 2 ja aj < 2 jaj2 = q.e.d n a jaj2 2 n a jaj2 2. Aussage in iii) folgt aus i) und dem gerade Bewiesenen. Satz 3 Es gelte liman = 0 und 9 K > 0 mit jbnj K 8 n > N. Dann folgt liman bn = 0. 33 Beweis Sei > 0. Dann 9N 2 N mit janj < K Daher folgt: 8n > N jan bn j = janj jbnj < K K = 8n > N Daher liman bn = 0. Satz 4 Es gelte liman = a; limbn = b und an bn fur fast alle n 2 N. Dann gilt a b. Beweis Angenommen a > b. lim(an bn ) = liman limbn = a b > 0 . Setze := a 2 b > 0: Dann 9 N 2 N, so da j(an bn) (a b)j < ) 8n > N 0 < a 2 b = a b < an bn < (a b) + Daher folgte an bn > 0, d.h. an > bn 8 n 2 N Widerspruch. Also gilt a b. 3.4 Der Satz von der monotonen Folge Satz Eine monotone, beschrankte Zahlenfolge ist konvergent. Beweis Sei z.B. (an)n 2N monoton wachsend und beschrankt. Nach Axiom D) hat (an)n 2N eine kleinste obere Schranke. Sei diese a. Sei > 0 vorgegeben. Dann 9 N 2 N mit a < aN , denn sonst ware a nicht kleinste obere Schranke. Wegen an an+1 8 n 2 N folgt a < aN an a < a + , also a < an < a + , d.h. jan aj < 8n > N Zusatz Wir haben gezeigt: eine monoton wachsende, beschrankte Zahlenfolge konvergiert gegen ihre kleinste obere Schranke. Nachtrag zu Kapitel 3.3 Denition: Eine Folge (bp )p 2 N heit Umordnung einer anderen Folge (an)n 2N , wenn es eine bijektive Abbildung p ! np von N auf sich selbst gibt derart, da bp = anp ist 8 p 2 N. Denition: Eine Folge (bp)p 2 N heit Teilfolge von (an )n 2N , wenn es eine Abbildung p ! np von N nach N gibt, derart da n1 < n2 < n2 : : : und bp = anp 8 p 2 N ist. 34 Beispiel: an = n1 ; 1; 21 ; 13 14 : : : dann ist (bn)n 2N mit bn = 21n Teilfolge von (an)n 2N . Satz 5: Sei n!lim a = a. Dann konvergiert auch jede Umordnung und jede infty n Teilfolge von (an )n 2N gegen a. Satz 6: Eine monotone, beschrankte Zahlenfolge konvergiert. Beispiele 1) an = qn Behauptung: Fur jqj < 1 gilt liman = 0 Beweis: Fur eine beliebige Folge (cn )n 2N gilt limcn = 0 , lim jcnj = 0. Daher genugt es, den Fall 0 q < 1 zu betrachten. Dann gilt 0 qn+1 < qn 8 n 2 N Daher ist (an)n 2N beschrankt und monoton fallend, also existiert nach Satz liman = a. Es gilt an+1 = q an ) a = liman+1 = limq an = q a ) a(q 1) = 0 ) a = 0 denn q 6= 1 q.e.d 2) an := 1 + q + q2 + + qn (0 q < 1) Oenbar gilt an+1 = an + qn+1 , also an+1 an 8 n 2 N. Ferner gilt an 1 1 q 8 n 2 N (Kapitel 2.6 Satz 2). Daher ist (an )n 2N monoton wachsend und beschrankt, also 9 liman = a. Es gilt (1 q)an = 1 qn+1 n+1 ) an = 1 +1 q q n+1 n+1 ) a = liman = lim 1 +1 q q = 1 + 1limqq = 1 1 q n P 3) an = 1 + 1!1 + 2!1 + n1! = 1! =0 1 , also ist (an) Es gilt an+1 = an + (n+1)! n 2N monoton wachsend. Ferner 1 = 1 1 n! 2 3 n 2n 1 ) an 1 + (1 + 12 + 212 + + 2n1 1 1+ 1 1 1 = 1+2= 3 2 Also ist (an )n 2N auch beschrankt, also existiert n 1 X e := nlim a = lim !1 n n!1 =0 ! e heit Eulersche Zahl, L. Euler (1707-1783) 35 Bemerkung: Der Satz von der monotonen Folge ist uber dem Korper Q nicht richtig, d.h. nicht jede Folge (an)n 2N mit an 2 Q, die beschrankt und monoton ist, hat auch ihren Limis in Q. Beispiel: an = Pn=0 1! 2 Q, aber e 2= Q. Fur jedes n 2 N schreibe e = n + n mit n = n X 1; ! =0 n = klim !1 kX +n 1 ! =n+1 Es gilt: kX +n 1 1+ 1 + 1 1 = + + (n + 2) 1 (n + k) ! (n + 1)! n + 2 (n + 2)(n + 3) =n+1 (n +1 1)! 1 + 21 + 2 1 3 + + 2 31 k < (n +1 1)! [e 1] Daher folgt nX +k 1 e 1 < 2 n = klim !1 =n+1 ! (n + 1)! (n + 1)! ( Kapitel 3.2, Satz 4 und wegen e < 3) ) 0 < n!n < n +2 1 1 d.h. 0 < n!n < 1. Es gilt n!n 2 N. Daher ist n!e = n!n + n!n 2= N 8 n 2 N n e 2= N 8 n 2 N ) e 2= Q q.e.d. 3.5 Intervallschachtelung. Wurzeln Unter einer Intervallschachtelung versteht man eine Folge von kompakten Intervallen (In )n 2N , In = [an; bn] mit an bn derart, da In In+1 8 n 2 N und lim (b an ) = 0. n!1 n Beispiel: In = [1 n1 ; 1 + n1 ] Satz 1: Sei (In)n 2N Intervallschachtelung. Dann existiert genau eine reelle Zahl s 2 R mit s 2 In 8 n 2 N. 36 Beweis: Da 9 s 2 R mit s 2 In wurde schon fruher bewiesen, wird hier erneut anders gezeigt. Wegen In In+1 8 n 2 N gilt an an+1 bn+1 bn 8 n 2 N Daher ist (an)n 2N monoton wachsend und beschrankt und (bn)n 2N monoton fallend und beschrankt. Also 9 a = liman; b = limbn und an a; bn b 8 n 2 N Ferner gilt an bn 8n 2 N ) a b. D.h. an a b bn 8n 2 N also a; b 2 In 8n 2 N. Sei s; s0 2 In 8n 2 N. Es gilt js s0 j jbn anj 8n 2 N 0 0 ) js s0 j = nlim = |{z} !1js s j = nlim !1jbn anj Nach Def. der Intervallschachtelung ) s = s0 Zusatz: Wir haben mitbewiesen: Es gilt s = liman = limbn. Die Bedeutung der Intervallschachtelung soll am Beispiel von Wurzeln erlautert werden. Satz 2: Sei pb 2 R; b 0. Dann existiert auch ein a 2 R; a 0 mit a2 = b (man 1 schreibt a = b oder a = b 2 ). Beweis: Eindeutigkeit: a2 = b = a0 2 a; a0 0 |{z} ) a = a0 Satz Existenz: Man wahle beliebige b0 2 R; b0 > 0 und setze a0 := bb0 . Man deniere induktiv Folgen (an )n 2N , (bn )n 2N durch bn+1 := an +2 bn an+1 := b b+ 1 (n = 0; 1; 2; : ::) n Es gilt an 0; bn 0 (8n 2 N). Beweis durch Induktion nach n n = 1 : b1 = a0 +2 b0 > 0, denn a0 0; b0 > 0 b b1 = a1 0 n!n+1 bn+1 = an +2 bn > 0 an+1 = b b 0 n+1 Wir zeigen jetzt: an an+1 bn+1 bn 8n 2 N an+1 = b b = bb b bn = an b bn n+1 n n+1 n+1 37 Ferner gilt 2 a + b n n an bn = b2n+1 2 also folgt b2 an+1 = ab n bn bn+1 (n = 0; 1; 2; 3; : ::) n+1 n+1 Daher an an +2 bn bn (n = 1; 2; 3; : :: | {z } bn+1 n . Daher folgt Wegen bn+1 bn gilt 1 < bnb+1 an+1 = an b bn an n+1 Sei I = [an; bn]. Dann gilt also In In+1 8n 2 N. Wegen bn+1 = an +2 bn = Mittelpunkt von In mu gelten jbn+1 an+1j 21 jbn anj ) jbn anj 2 njb0 a0 j 8n 2 N |{z} induktiv ) nlim jbn anj = nlim 2 njb0 a0j = 0 !1 !1 n 1 denn nlim !1 2 = 0 Daher ist (In )n 2N eine Intervallschachtelung, die nach Satz 1 genau ein reelles s umfat. Es gilt s = limbn = liman Daher folgt an+1 bn+1 = b b bn+1 = b n+1 ) s2 = b. Setze s = a. Wegen an 0 gilt s 0 3.6 Haufungspunkte. Der Satz von Bolzano-Weierstra Denition: Eine reelle Zahl a heit Haufungspunkt der Zahlenfolge (an)n 2N , wenn in jeder -Umgebung U (a) von a unendlich viele Glieder von (an )n 2N liegen. 38 Beispiele: 1) n1 n 2N hat 0 als Haufungspunkt. 2) (( 1)n )n 2N hat genau 2 Haufungspunkte, 1 und -1. 3) (n)n 2N hat keinen Haugungspunkt. Satz 1: Sei a Haufungspunkt von(an)n 2N . Dann hat (an)n 2N eine gegen a konvergente Teilfolge. Beweis: Wir konstruieren (np )p 2 N von naturlichen Zahlen derart, da n1 < n2 < n3 < : : : und ja anp j < p1 8n 2 N Nach Voraussetzung 9n1 2 N mit ja an1 j < 1. Seien bereits n1 < n2 < < nk konstruiert,so da ja anp j < p1 fur p = 1; 2; : : :; k 1 (a) von a enth gilt. Die Umgebung U k+1 alt unendlich viele Glieder von (an )n 2N nach Voraussetzung, also auch von ank+1 ; ank+2 ; : : :. Sei nk+1 die kleinste naturli1 . Dies deniert uns induktiv die che Zahl mit nk+1 > nk und ja ank+1 j < k+1 Folge anp p 2 N. Es gilt 1 !1 p = 0 plim !1ja anp j plim ) plim !1anp = a Satz 2: (Bolzano-Weierstra) Jede beschrankte Zahlenfolge hat wenigstens einen Haufungspunkt. Beweis: Es gelte janj < K 8n 2 N. Sei I := [ K; K]. Man unterteile I in zwei gleichlange Teilintervalle. Mindestens eins davon mu unendlich viele Glieder von (an)n 2N enthalten. Wir wahlen ein solches aus und nennen es I. Man unterteile I in zwei gleichlange Teilintervalle, von denen mindestens eins (I2 genannt) unendlich viele Glieder von (an)n 2N enthalten mu. Man erhalt induktiv eine Folge von Intervallen (Im )m 2 N mit Im Im+1 und Lange von Im = 2 m+1 K derart, da Im unendlich viele Glieder von (an )n 2N enthalt. Die Folge (Im )m 2 N ist Intervallschachtelung und umfat daher nach Satz genau eine reelle Zahl a. Sei Im = [m ; m ] und m = m1 + maxfa m ; m ag. Dann gilt m > 0 und m ! 0(m ! 1), denn m ! a; m ! a; m1 ! 0(m ! 1). Ferner gilt Im Um (a). Da Im unendlich viele Gleider von (an )n 2N enthalt, enthalt auch Um (a) unendlich viele Glieder von (an )n 2N . Wegen m ! 0(m ! 1) enthalt daher auch jede -Umgebung Um (a) U (a) unendlich viele Glieder von (an )n 2N . Korollar: Jede beschrankte Zahlenfolge hat eine konvergente Teilfolge. 39 3.7 Das Cauchy'sche Konvergenzkriterium Satz: Eine Zahlenfolge (an)n 2N konvergiert genau dann, wenn gilt: zu jedem > 0 existiert N = N() 2 N, so da jan am j < 8n; m > N (3.1) Bemerkung: Das Kriterium ist wichtig, da es ohne den Begri des Grenzwerts auskommt. Beweis: 1) Sei (an )n 2N konvergent, liman = a. Sei > 0. Dann 9N 2 N, so da jan aj < 2 8n 2 N. Daher folgt fur n; m > N jan am j = j(an a) + (a am )j jan aj + jam aj < 2 + 2 = Daher gilt 3.1. 2) Die Folge (an)n 2N erfulle 3.1. Wir zeigen zunachst, da (an )n 2N beschrankt ist. Nach Voraussetzung mit = 1 9N0 2 N, so da jan am j < 1 8n; m > N Insbesondere gilt fur n > N0 jan aN0 +1 j < 1 Fur n > N0 folgt daher janj = j(an aN0 +1 ) + aN0 +1 j jan aN0 +1 j + jaN0 +1 j < 1 + jaN0 +1 j Setze K := maxfja1j; ja2j; : : :; jaN0 j; 1+jaN0+1 jg. Dann gilt janj K 8n 2 N, also ist (an)n 2N beschrankt. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstra hat daher (an )n 2N einen Haufungspunkt. Wir wollen zeigen liman = a. Sei > 0: Nach 3.1 9N 2 N, so da jan am j < 2 8n; m > N Da a Haufungspunkt von (an )n 2N ist, ist a auch Haufungspunkt der Folge aN +1 ; aN +2 ; : : :. Daher existiert k 2 N; k > N mit ja ak j < 2 . Fur n > N gilt daher ja anj = j(a ak ) + (ak an)j ja ak j + jak anj < 2 + 2 = Daher gilt liman = a . Bemerkung: Zahlenfolgen (an )n 2N , die 3.1 erfullen, heien Cauchy-Folgen oder Fundamentalfolgen. Cauchy-Folgen sind also genau die konvergenten Folgen. Hierfur sagt man auch, da R vollstandig ist. 40 Beispiel: an := 1 + 21 + 13 + + n1 . Dann ist (an)n 2N nicht konvergent. Denn 1 >n 1 = 1 ja2n anj = n +1 1 + n +1 2 + + 2n 2n 2 Also ist das Cauchy'sche Konvergenzkriterium nicht erfult. Satz: Sei M R; M 6= ;; M nach oben beschrankt. Dann hat M eine kleinste obere Schranke (Diese ist oenbar eindeutig bestimmt). Beweis: Wir wahlen a; b 2 R mit a 2 M und M < b (d.h. x < b 8x 2 M). Man deniere induktiv zwei Folgen (an )n 2N und (bn )n 2N wie folgt: a1 := a; b1 := b. Seien schon an und bn deniert durch an 2 M und M < bn. Setze cn := an +2 bn (Mittelpunkt des Intervalls [an; bn]) Dann gilt entweder 1) M < cn oder 2) 9c0n 2 M mit cn c0n. Man setze ( an+1 := a0n im Fall i) cn um Fall ii) ( bn+1 := cn im Fall i) bn im Fall ii) Dann gilt an+1 2 M und M < bn+1 . Ferner gilt an an+1 bn+1 bn 8n 2 N jan+1 bn+1j 21 jan bnj 8n 2 N In der Tat: an+1 bn+1 wegen an+1 2 M; M < bn+1 . Es gilt an an+1 im Fall i), denn dann ist an = an+1 . Im Fall ii) gilt auch an an+1, denn dann ist an cn = an +2 bn c0n = an+1. Genauso zeigt man bn+1 bn . A hnlich folgt aus den Denitionen, da jan+1 bn+1j 12 jan bn j. Also gilt:([an; bn])n 2N bilden eine Intervallschachtelung (insbesondere gilt Lange [an; bn] ! 0(n ! 1)). Diese umfat nach Satz genau eine reelle Zahl c. Behauptung: Dieses c ist kleinste obere Schranke von M. Wegen bn > M 8n 2 N gilt limbn = c ) c = limbn M, also ist c obere Schranke von M. Sei K irgendeine obere Schranke von M. Wegen an 2 M 8n 2 N und c = liman gilt dann c K, also ist c wirklich kleinste obere Schranke von M. Korollar: Sei M R; M 6= ;, M nach unten beschrankt, dann hat M eine grote untere Schranke (Man wende den Satz auf M := fx 2 Rj x 2 M g an). 41 3.8 Supremum und Inmum sowie Haufungspunkte von Mengen Denition: Sei M R; M 6= ;: Dann heit M nach oben beschrankt (bzw. nach unten), wenn es a 2 R gibt mit x a 8x 2 M (bzw. x a 8x 2 M). Ein solches a heit dann obere (bzw. untere)Schranke von M. Man schreibt auch M a (bzw. a M). Ein solches a heit kleinste obere Schranke von M, wenn M a und wenn aus M a0 folgt a a0 . Entsprechend wird "grote obere Schranke\ deniert. Eine Menge M R; M = 6 ; heit beschrankt, wenn sie nach oben und unten beschrankt ist. Denition: 1) Sei M R; M 6= ;; M nach oben beschrankt. Dann nennt man die kleinste obere Schranke das Supremum von M (im Zeichen sup M) 2) Sei M R; M 6= ;, M nach unten beschrankt. Dann heit die grote untere Schranke von M das Inmum von M (im Zeichen inf M). Beispiel: 1) R+ ist nach unten aber nicht nach oben beschrankt. inf R+ = 0 2) Kompakte Intervalle sind beschrankt; sup[a; b) = b; sup[a; b] = b. Denition: Eine reelle Zahl a heit Haufungspunkt der Menge M R, wenn in jeder -Umgebung von a unendlich viele Elemente aus M liegen. Beispiele: 1) 2) 3) 4) Jede reelle Zahl ist Haufungspunkt von R. 0 ist Haufungspunkt der Menge f n1 j n 2 Ng. eine endliche Menge M R hat keinen Haufungspunkt. Ein Haufungspunkt einer Folge (an)n 2N braucht nicht Haufungspunkt der Menge fangn 2 N zu sein (Beispiel: an = ( 1)n ). 3.9 Uneigentliche Konvergenz. Limes superior und limes inferior Man erweitert R durch die Einfuhrung zweier Symbole 1; +1 und setzt := R[ f 1; 1g. Man erweitert die Ordnungsrelation auf R durch 1 < R denieren, z.B. x < 1 8x 2 R. Man kann formal Additon in R a + 1 = 1 + a = 1 (8a 2 R) 1 + 1 = 1; a 1 = 1 = 1 + a (8a 2 R) 1 1 = 1 (Achtung: 1 1 ist nicht deniert) a 1 = 1 a = 1 (8a 2 R; a > 0) a 1 = 1 (8a 2 R; a < 0) u.s.w. 42 Denition: Sei (an)n 2N Zahlenfolge. Dann sagt man, da an nach 1 strebt (im Zeichen nlim !1an = 1), wenn es zu jedem K 2 R; K > 0 ein N 2 N gibt, so da an > K 8n > N. Analog deniert man nlim !1an = 1. Sei (an )n 2N eine beschrankte Zahlenfolge. Sei M die Menge ihrer Haufungspunkte. Dann ist M 6= ; (Bolzano-Weierstra), und M ist beschrankt. In der obigen Situation setzt man lim sup an := sup M (limes superior) n!1 lim inf an := infM (limes inferior) n!1 Denition: Sei (an)n 2N Zahlenfolge. Man setzt nlim !1 sup an = 1, wenn es zu jedem K 2 R; K > 0 unendlich viele n 2 N gibt mit an > K. Man setzt lim inf an = 1, wenn zu jedem K 2 R; K > 0 unendlich viele n 2 N mit n!1 an < K existieren. 3.10 Unendliche Reihen Problem: Man ordne unendlich viele Zahlen a1; a2; a3; : : : P in sinnvoller Weise einer unendlichen Summe a1 + a2 + a3 + : : : (oder kurzer 1 n=1 an ) zu. Dies bedarf einer prazisen Denition, denn die Sume (1 1) + (1 1) + = 0 schreiben wir sowie als 1 + (1 1) + (1 1) + = 1. Denition: Sei (an)n 2N eine Zahlenfolge. P Dann versteht man unter der un1 endlichen Reihe a1 + a2 + : : : (oder kurzer Partialsummen sn := n X =1 n=1 an) die Folge (sn )n 2N der a = a1 + a2 + + an P Man nennt sn die n-te Partialsumme und an das n-te Glied der Reihe 1 =1 a . Denition: Eine unendliche Reihe P1 =0 a heit konvergent, wenn die Folge der Partialsummen konvergiert. Denition: Sei P1 =1 a konvergent. Dann nennt man s := nlim !1sn die Summe P der Reihe und schreibt s = 1 =1 a . Satz 1: (Cauchy'sches Konvergenzkriterium) 1 X n=1 an konvergiert , zu jedem > 0 9N = N() 2 N; so da jan+1 + an+2 + + an+p j < 8n > N; 8p 2 N Beweis: 1 X =1 a konvergent |{z} , (sn )n 2N konvergent Def. 43 , |{z} Cauchy'sche Konvergenzkriterium fur Folgen zu jedem > 0 9N = N() 2 N so da jsn+p sn j < 8n > N; 8p 2 N sn = an+1 + an+2 + + an+p . Es gilt sn+p Satz 2: (Notwendige Konvergenzbedingung) 1 X n=1 an konvergent ) nlim !1an = 0 Beweis: In Satz 1 wahle insbesondere p = 1. Dann folgt an+1 ! 0(n ! 1). Beispiel: P1 1 n=1 n ist divergent, wie schon fruher gezeigt. Also Bedingung aus Satz 2 ist nicht hinreichend. P 1 2) 1 n=0 n! konvergiert mit Summe e. 3) (P"Geometrische Reihe\) 1 qn konvergiert und hat die Summe 1 fur 0 p < 1. n=0 1 q 1) Satz 3: Sei an 0 8nP2 N. Dann ist P1n=1 an konvergent genau dann, wenn 9K 2 R; K > 0, so da Nn=1 an K 8N 2 N. Beweis: Wegen an 0 ist die Folge (sn)n 2N monoton wachsend. Daher ist (sn )nP2N genau dann konvergent, wenn (sn )n 2N beschrankt ist, d.h. 9K 2 R mit Nn=1 an K . Denition: Eine Reihe der Form P1n=1( 1)n+1 an = a1 a2 + a3 : : : mit 0 an+1 an 8n 2 N heit alternierende Reihe. Satz 4: (Leibniz) P1 Eine alternierende Reihe n=1 ( 1)n+1 an ist genau dann konvergent, wenn ihre Glieder an eine Nullfolge bilden. Beweis: 1 P ( 1)n+1 an konvergiert |{z} ) ( 1)n+1 an ! 0, Satz 2 also auch an ! 0 (n ! 1). 2) Sei (an )n 2N eine Nullfolge. Es gilt s2m = (a1 a2) + (a3 a4 ) + + (a2m 1 a2m ), daher 0 s2m s2m+2 8m 2 N, denn nach Voraussetzung a1 a2 a3 : : :. Es gilt 1) n=1 s2m+1 = a1 (a2 a3 ) (a4 a5 ) (a2m a2m+1 ) 44 daher s2m+3 s2m+1 a1 (m = 0; 1; 2; : : :). Ferner ist s2m s2m+1 . Es folgt 0 s2m s2m+1 a1. Insgesamt folgt (s2m )m 2 N und (s2m+1 )m 2 N sind monotone, beschrankte Zahlenfolgen. Daher existiert mlim !1s2m und lim s . Es gilt m!1 2m+1 s2m+1 s2m = a2m+1 ! 0 (m ! 1) Nach Grenzwertrechenregeln folgt daher 0 = mlim !1(s2m s2m+1 ) = mlim !1s2m nlim !1s2m+1 lim s = lim s m!1 2m m!1 2m+1 P1 n+1 Nach U bungsaufgabe (Blatt 4) folgt mlim !1sm existiert. Also ist n=1( 1) an konvergent. Beispiel: 1 12 + 13 41 + : : : ist konvergent. Satz 5: (Rechenregeln) P P1 P1 1) Sind 1 nP =11an und n=1 bn konvergent, so konvergieren auch n=1 (an bn) und n=1 c an (c 2 R fest) und es gilt 1 X (an bn) = n=1 1 X n=1 1 X n=1 c an = c an 1 X n=1 1 X n=1 bn an 2) Aus einer konvergenten Reihe a1 +a2 +a3 : : : erhalt man durch beliebeige Klammerung z.B. (a1 + a2 + + an1 ) + (an1 +1 + + an2 ) + : : : wieder eine konvergente Reihe mit derselben Summe. Beweis: 1) folgt aus den Rechenregeln fur Folgen 2) Wenn man Klammern in der angegebenen Weise setzt, so betrachtet man statt (sn )n 2N eine Teilfolge von (sn )n 2N (namlich (sn ) 2 N) und nach U bungsaufgage ist jede Teilfolge einer konvergenten Folge wieder konvergent mit demselben Grenzwert. Denition: Eine Reihe P1n=1 bn heit Umordung einer anderen Reihe P1n=1 an, wenn (bn )n 2N eine Umordnung der Folge (an )n 2N ist. Bemerkung: 1) Wir wissen, da eine Umordnung eine konvergenten Folge wiederum konvergiert mit demselben Limes. 45 2) Wenn man einer konvergenten Reihe unendlich viele Glieder umordnet, so kann es passieren, da die erhaltene Reihe nicht mehr konvergiert. Denition: Eine unendliche Reihe heit ungedingt konvergent , wenn jede Umordnung dieser Reihe wiederum konvergiert und die gleiche Summe hat. Andernfalls heit sie bedingt konvergent. Frage: 9 ein einfaches Kriterium zu entscheiden, wann eine Reihe unbedingt konvergiert? Denition: Eine Reihe P1n=1 an heit absolut konvergent, wenn P1n=1 janj konvergiert. Bemerkung: Ist P1n=1 an absolut konvergent, so konvergiert P1n=1 an auch im gewohnlichen Sinne (Beweis nach Cauchy, denn jan+1 + +an+p j jan+1j + + jan+p j) Satz 6: (Dericklet) P1 Eine Reihe n=1 an ist genau dann ungedingt konvergent, wenn sie absolut konvergiert. zu Satz 3 : P1 n=1 janj konvergent , 9k 2 R+ mit Beweis : (zu Satz 6) PN n=1 janj K 8N 2 N. 1 konvergent. Sei 1 1) Sei 1 n=1 an eine Umordung von n=1 an. n=1 an absoulut 0 Seien s und s die Partialsummen der beiden Reihen. Sei > 0. Da P 1 jan j nachn Voraussetzung konvergiert, existiert insbesondere nach n=1 n dem Cauchykriterium ein m 2 N, so da P P P jam+1 j + jam+2 j + + jam+p j < 8p 2 N (3.2) Man bestimme N 2 N so gro, da f1; 2; : : :mg f1; 2; : : :; N g. Fur N > N () n > m) heben sich dann in dem Ausdruck s0n sn alle Terme a1; a2; : : :; an weg. Daher ist s0n sn eine endliche Summe von Zahlen aus der Menge fam+1 ; am+2 : : : g. Daher gilt wegen 3.2 js0n sn j Pp(n) urliche Zahl ist. Also ist l=1 jam+l j < , wobei p(n) eine geeignete nat 0n = (s0n sn ) + sn . Wegen (s0n sn )n 2 N eine Nullfolge. Man schreibe s P 0 s0n Ps1n ! 0 und sn ! s := 1 =1 a folgt daher sn ! s (n ! 1). Daher ist n=1 an konvergent gegen s. P P1 2) zu zeigen: Sei 1 n=1 an unbedingt konvergent. Dann ist n=1 an absolut konvergent. P P1 Es genugt zu zeigen: Ist 1 n=1 an konvergent, n=1 janj nicht konvergent, so existiert eine Umordnung, die gegen 1 strebt. Man setzte ( bn := an 0 ( cn := 0 an 46 falls an 0 sonst falls an 0 falls an < 0 Dann gilt bn 0; cn 0 8n 2 N: Behauptung: n X =1 ! b n2 N ! 1; n X =1 ! c n2 N ! 1 (n ! 1) P Angenommen,dies ware nicht der Fall. Sei z.B. ( n=1 bP)n12 N beschrankt.Dann ware wegen der Monotonie diese Folge konvergent, d.h. =1 b ware konvergent. Dann ware aber auch 1 X konvergent, denn aber auch P1 =1 =1 a c = 1 X =1 a + 1 X =1 b konvergiert nach Voraussetzung. Dann ware 1 X =1 (c + b ) = 1 X =1 ja j konvergent. Widerspruch zur Voraussetzung. Genauso fuhrt man zum WiP derspruch, da ( n=1 c )n 2 N nicht beschrankt ist. Man deniere induktiv r1 ; r2; : : :; rn; : : :, derart, da (3.3) b1 + b2 + + brn > n + c1 + c2 + + cn Dies funktioniert wegen obiger bewiesener Behauptung. Man betrachte b1 + b2 + + br1 c1 + br1 +1 + br1 +2 + + br2 c2 + br2 +1 P+ : : : (Man streiche auftretende Nullen). Dies ist eine Umordnung von 1 =1 a , und ihre Partialsummen gehen wegen 3.3 nach 1. Im folgenden einige nutzliche Konvergenzkriterien: 1 a , wenn b Denition: Eine Reihe P1n=1 bn heit Majorante von P n =1 n Pn1 0 8n 2 N und janj bn 8n 2 N. Sie heit Minorante, von n=1 an , wenn bn 0 8n 2 N und bn janj 8n 2 N: Satz 7: Eine Reihe ist absolut konvergent, wenn sie eine konvergente Majorante hat. Beweis: Folgt aus dem Cauchykriterium wegen jan+1j + + jan+p j bn+1 + + bn+p Satz 8: Eine Reihe ist nicht absolut konvergent, wenn sie eine divergente Minorante hat. Beweis: Nach Voraussetzung gilt: 1 n X =1 b n X =1 ja j |{z} ) Behauptung Satz 3 47 Beispiele: n 1) Es P1gelte njanj cq 8n 2 N, wobei c > 0 fest und q 2 (0; 1): Dann ist Reihe\), also konn=1 cqPeine konvergente nMajorante ("geometrische n ! 0 fur 0 < q < 1. vergiert 1 a absolut. q ! 1 f u r q > 1, denn q n n=1 2) ("Quotientenkriterium\) Gilt an+1 ur ein q 2 (0; 1) a q 8n 2 N f n P so ist 1 n=1 an absolut konvergent (Hierbei wird vorausgesetzt, da an 6= 0 8n 2 N). Es gilt: jan+1j q janj q2 jan 1j qnja1j Daher kann man i) anwenden. p n ja j q 8n 2 N, wobei q 2 (0; 1), so konver3) ("Wurzelkriterium\) Gilt pn P1 giert n=1 an absolut. Aus n janj q folgt janj qn 8n 2 N, also kann man i) anwenden. 4) Quotienten- und Wurzelkriterium funktionieren nicht immer. Beispiel: 1 X an; an = n12 n=1 an+1 a = n 1 1 (n+1)2 = n2 = 12 2 (1 + 1 )2 (n + 1) n n ! 1 (n ! 1) also ist ii) nicht anwendbar. iii) ist auch nicht anwendbar, denn p n ja j = p1 ! 1 (n ! 1) n n 2 n Es gilt N X N 1 N X 1 = 1+X 1 1 + 2 2 n n n(n 1) n=1 n=2 n=2 N 1 X 1 = 1 + 1 N1 = 2 N1 < 1 1+ n 1 n n=2 {z } | Fast alle Terme heben sich gegenseitig auf P 1 Nach Satz 3 ist 1 n=1 n2 konvergent. Weiterenspezielle P 1 x Beispiele: n=0 n! (x 2 R) ist absoulut konvergent, denn n+1 jxj jxjn+1 n! = jxj = jxj < 1 = (x 6= 0) aan+1 = (njx+1)! jn (n + 1)!jxjn n + 1 n + 1 2 n n! 48 fur n gro. Also2 ist ii) anwendbar. n n konvergiert nach iii). n=1 n+1 P1 49 Kapitel 4 Grenzwerte reeller Funktionen 4.1 Beispiele reeller Funktionen Denition: Unter einer reellen Funktion versteht man eine Abbildung f : M ! R, wobei M R; M 6= ;. Jedem solchen f ordnet man seinen Graphen G(f) := f(x; f(x)) 2 R2 j x 2 M g zu. y = f(x) x 2 M Beispiele: Abbildung 4.1: id R : R! R; x 7! x 6 - 50 Abbildung 4.2: f(x) = jxj; x 7! jxj (x 2 R) 6 @ @ @ @ @ @ @ @ - Abbildung 4.3: x 7! sign(x)1 6 r 8 > <1 1 sign(x) = 0 > : 1 x>0 x=0 x<0 51 - Abbildung 4.4: "Zackenfunktion\ 2 6 A A A A A A A A A A AA A A A A A A A A A - A AA Abbildung 4.5: Charakteristische Funktion einer Menge N R; N = [a; b]3 6 a b - Der Graph von Q kann nicht in vernunftiger Weise aufgezeichnet werden. 6) Polynome: Seien a0; a1; : : :; an 2 R fest vorgegeben. Dann heit p : R ! R; p(x) = a0 + a1 x + : : :anxn Polynom. Wenn an 6= 0, so heit n Grad von p. 7) Gebrochen rationale Funktionen f(x) := p(x) q(x) ( 1 1 (x) := 24x 4x 1 4x x3 4 ; z(x + 1) := z(x) (Periodizitatsforderung) 4 4 ( 3 (x) := 1 x 2 N N 0 x 2= N 2z 52 (p; q Polynome, x 2 R, x 2= f Nullstellen von qg). 8) Lineare Funktionen: f(x) := ax(a fest). An Lineare Funktionen: f(x) := ax + b (a; b fest) 9) Denition von Funktionen durch algebraische Operationen: Seien f; g : M ! R Abbildungen. Dann deniert man f + g : M ! R; (f + g)(x) = f(x) + g(x) "Summe\ und f g : M ! R; (f g)(x) = f(x) g(x) "Produkt\ Ist 2 R fest, so setzt man f(x) = (f)(x); f : M ! R Ist M 0 := fx 2 M j g(x) 6= 0g, so setzt man f : M 0 ! R; f (x) = f(x) g g g(x) 10) Denition von Funktionen durch Grenzprozesse. Seien fn : M ! R(n 2 N). Seien 8x 2 M die Folgen(fn (x))n 2N konvergent. Dann wird durch f : M ! R, f(x) := nlim !1fn (x) eine neue Funktion auf M deniert. Beispiel: fn : R! R; fn (x) = 1+1x2n . Dann ist 8 > <0; jx j > 1 1 lim f (x) = ; jx j = 1 n!1 n >2 : 1; jxj < 1 4.2 Grenzwerte von Funktionen Denition: Sei f : M ! R eine reelle Funktion, die in einer r-Umgebung xon x0 2 R mit eventuell von x0 selbst deniert ist, d.h. fx 2 Rj 0 < jx x0j < rg M. Man sagt dann, da der Limes von f(x) fur x gegen x0 existiert, wenn es a 2 R gibt, so da fur jede Folge (xn)n 2N mit 0 < jxn x0j < r und nlim !1xn = x0 gilt nlim !1f(xn ) = a. Hierfur schreibt man auch xlim !x0 f(x) = a. (Entsprechend kann man auch a = 1 zulasen und xlim !x0 f(x) = 1 denieren). Beispiel: 3 f(x) = xx 11 (x 6= 1) Sei x0 = 1. Sei (xn)n 2N Zahlenfolge xn 6= 1 8n 2 N; nlim !1xn = 1. Es gilt 3 f(xn ) = xxn 11 = x2n + xn + 1 ! 3 (n ! 1) n 53 wegen nlim !1xn = 1. Also gilt xlim !x0 f(x) = 3. Satz 1: Fur eine auf fx 2 Rj 0 < jx x0j < rg denierte Funktion gilt: lim f(x) existiert , Fur jede Folge (xn )n 2N mit 0 < jxn x0j < r und x!x0 lim x = x0 n!1 n konvergiert (f(xn ))n 2N . Beweis: i) ")\ klar! ii) "(\ Seien (xn)n 2N und (yn )n 2N zwei Folgen mit 0 < jxn x0 j < r; 0 < jyn x0 j < r; nlim !1xn = x0; nlim !1yn = x0 und (f(xn ))n 2N , (f(yn ))n 2N seien konvergent. Wir zeigen dann: limf(xn ) = limf(yn ) (=: a) Man betrachte die "gemischte Folge\ x1 ; y1; x2; y2; x3; : : :, d.h. die Folge (zn )n 2N gegeben durch z2k 1 := xk z2k := yk Dann gilt limzn = x0 . Nach Voraussetzung konvergiert daher (f(zn ))n 2N . Da Teilfolgen konvergenter Folgen konvergent mit demselben Grenzwert sind, folgt lim f(z ) = klim f(z ) = lim f(y ) n!1 n !1 2k k!1 k f(z ) = lim f(x ) nlim !1f(zn ) = klim !1 2k 1 k!1 k Also gilt limf(xn ) = limf(yn ) Satz 2: Fur eine auf fx 2 Rj 0 < jx x0 j < rg denierte reelle Funktion gilt xlim !x0 f(x) = a 2 R , zu jedem > 0 existiert ein > 0 derart, da jf(x) aj < 8x 2 R mit 0 < jx x0j < (Hier wird stillschweigend vorrausgesetzt, da < r). Beweis: i) "(\: Sei also das " -Kriterium\ erfullt, sei > 0. Dann 9 > 0 mit jf(x) aj < fur alle x 2 R mit 0 < jx x0j < . Sei (xn)n 2N Folge mit 0 < jxn xo j < r; limxn = x0. Wegen limxn = x0 existiert dann ein N 2 N, so da 8n > N gilt jxn x0j < . Daher gilt fur n > N jf(xn ) aj < . Dies bedeutet aber nlim !1f(xn ) = a. ii) ")\: Sei xlim !x0 f(x) = a. Angenommen, das " -Kriterium\ ist nicht erfullt. Dann existiert also > 0, so da sich kein > 0 nden lat derart, da jf(x) aj < mit 0 < jx x0j < . Sei (n )n 2N eine Nullfolge positiver Zahlen (z.B. n = n1 ). Zu jedem n 2 N existiert dann ein xn 2 R 54 mit 0 < jxn x0j < n , aber jf(xn) aj . Dann gilt aber limxn = x0 , denn (n )n 2N ist Nullfolge. Andererseits kann nicht nlim !1f(xn ) = a sein, denn jf(xn) aj 8n Widerspruch zur Voraussetzung xlim !x0 f(x) = a. Daher mu das " \-Kriterium gelten. Denition: Sei f eine auf fx 2 Rj x0 < x < x0 +rg bzw. fx 2 Rj x0 r < x < x0gdenierte Funktion. Man sagt dann, da Limes von f(x) fur x bei rechtsbzw. linksseitiger Annaherung von x gegen x0 existiert, wenn es a 2 R gibt, so da fur jede Folge (xn )n 2N mit x0 < xn < x0 + r bzw. x0 r < xn < x0 gilt limf(xn ) = a. Man schreibt hierfur auch lim f(x) = a x!lim f(x) = a x!x0 +0 x0 0 Beispiel: Funktion s(x). xlim s(x) = 1; xlim s(x) = 0. Aber xlim s(x) exi!0+ !0 !0 stiert nicht. Denition: Sei f : M ! R reelle Funktion, sei x0 2 R Haufungspunkt von M. Man sagt dann, da der Limes von f(x) fur x gegen x0 existiert, wenn 9a 2 R, so da fur jede Folge (xn)n 2N mit xn 2 M; xn 6= x0; limxn = x0 gilt lim f(xn ) = a. Man schreibt xlim !x0 f(x) = a. n!1 Satz 2': Es gilt xlim !x0 f(x) = a mit a 2 R , zu jedem > 0 9 > 0, so da jf(x) aj < 8x 2 M mit 0 < jx x0j < (" -Kriterium\). Denition: Sei f eine auf fx 2 Rj c < x < 1g (c fest) denierte Funktion. Man sagt, der Limes von f(x) fur x gegen x0 existiert, wenn es a 2 R gibt, derart da fur jede Folge (xn )n 2N mit c < xn < 1 und nlim !1xn = 1 die Folge (f(xn ))n 2N gegen a konvergiert (n ! 1). Man schreibt xlim !1f(x) = a (Entsprechend deniert man x!lim1 f(x) = a. Man kann auch sinngema a = 1; a = 1 zulassen). Beispiel: f(x) = x +x 1 x 6= 1 Man untersuche, ob xlim !1f(x) existiert. Sei hierzu (xn )n 2N Folge mit xn > 0 und nlim !1xn = 1. Dann gilt f(xn ) = x x+n 1 = 1 1 ! 1(n ! 1) 1 + xn n denn x1n ! 0 wegen xn ! 1 (n ! 1). Daher ist xlim !1f(x) = 1. Satz 3: ("Rechenregeln\) Seien f1 ; f2 : M ! R; M R; M 6= 0; x0 Haufungspunkt von M. Es gelte lim f (x) = a1 ; xlim !x0 f2 (x) = a2 mit a1; a2 2 R. Dann gilt x!x0 1 i) Es existiert xlim !x0 c !x0 (f1 (x) f2 (x)) und ist gleich a1 a2, es existiert xlim f1 (x) und ist gleich c a1 (c 2 R fest). 55 ii) Es existiert xlim !x0 f1 (x) f2 (x) und ist gleich a1 a2 . Ist f2 (x) 6= 0 8x 2 M f1 (x) a1 und a2 6= 0, so existiert xlim !x0 f2 (x) und ist gleich a2 . iii) Es existiert xlim !x0 jf1(x)j und ist gleich ja1j. iv) Wenn es eine Folge (xn)n 2N gibt mit xn 2 M; xn 6= x0 ; xn ! x0 und f1 (xn) f2 (xn) 8n 2 N, so gilt a1 a2 . Beweis: folgt aus den Rechenregeln fur Folgen 56 Kapitel 5 Stetigkeit reeller Funktionen 5.1 Stetigkeit in einem Punkt Denition: Sei M R; M 6= ;; f : M ! R. Sei x0 2 M. Dann heit f stetig in x0 , wenn zu jedem > 0 ein > 0 existiert, derart da jf(x) f(x0 )j < 8x 2 M mit jx x0j < Oenbar gibt es fur x0 folgende zwei Alternativen: Entweder ist x0 2 M isolierter Punkt von M\, d.h. 9 r-Umgebung Ur (x0) von x0, so da Ur (x0) \ M"= fx0g. Dann ist jede Funktion f : M ! R in x0 stetig. (Man wahle 0 < < r und wende die Denition mit diesem an.) Oder in jeder -Umgebung U (x0 ) von x0 liegt ein Punkt aus M, der von x0 verschieden ist. Dann ist x0 Haufungspunkt von M, und es gilt: f(x) ist stetig in x0 , xlim !x0 f(x) existiert und ist gleich f(x0 ) , fur jede Folge (xn)n 2N mit xn ! x0 gilt f(xn ) ! f(x0 ). Das folgt unmittelbar aus Kapitel 4.2, Satz 2', Seite 55. Man beachte: Das ; Kriterium ist hier fur x = x0 automatisch erfullt, denn fur x = x0 ist x x0 = 0 und f(x) f(x0 ) = 0. Genauso gilt hier: Die Aussage "Fur jede Folge (xn)n 2N mit xn 2 M; xn 6= x0; xn ! x0 gilt f(xn ) ! f(x0 )\ ist aquivalent zur Aussage "Fur jede Folge (xn)n 2N mit xn 2 M; xn ! x0 gilt f(xn ) ! f(x0 )\. Beispiele: i) Polynome p(x) = a0 + a1x + : : :an x (x 2 R) sind in jedem Punkt x0 2 R stetig. ii) Die Zackenfunktion z(x) ist stetig in allen x0 2 R. iii) Die Sprungfunktion s(x) (x 2 R) ist nicht stetig in x0 = 0. Ist f stetig in x0, so nennt man x0 Stetigkeitsstelle . Ist f nicht stetig in x0, so heit f unstetig in x0 und x0 Unstetigkeitsstelle . 57 Beispiele fur Unstetigkeitsstellen Sei I R Intervall. Zusatz: Sei I R Intervall, das nicht nur aus einem Punkt besteht. Dann ist jedes x0 2 I Haufungspunkt von I, also gilt f : I ! R ist stetig in x0 2 I , lim f(x) = f(x0 ). x!x0 i) Hebbare Unstetigkeitsstellen Sei f : I ! R. xlim !x0 f(x) existiere, sei aber verschieden von f(x0 ). Dann ist f nicht stetig in x0, aber die Ersatzfunktion g : I ! R gegeben durch ( f(x) (x 6= x ) g(x) := lim f(x) (x = xo0) x!x0 ist in x0 stetig. Beispiel: ( 2 x 1 f(x) := x 1 (x 6= 1) 0 (x = 1) Es gilt xlim f(x) = xlim (x + 1) = 2. !1 !1 Setze ( 2 x 1 g(x) := x 1 (x 6= 1) 2 (x = 1) ii) Sprungstellen Sei f : I ! R, I oen, x0 2 I. Dann heit x0 Sprungstelle von f, wenn lim f(x) und x!lim f(x) existieren und voneinander verschieden sind. x0 x!x0 +0 (Beispiel: x0 = 0 ist Sprungstelle von s(x). iii) Oszillatorisches Verhalten Die Funktion ( 1 f(x) := z( x ) (x 6= 0) 0 (x = 0) hat oszillatorisches Verhalten bei x0 = 0, d.h. in jeder noch so kleinen -Umgebung von x0 = 0 nimmt f(x) alle Werte von 1 und 1 an. iv) Unendlichkeitsstelle Die Funktion ( 1 f(x) := x2 (x 6= 0) 0 (x = 0) hat in x0 = 0 eine Unendlichkeitsstelle, d.h. xlim !0 f(x) = 1. 58 Satz 1: Seien f; g : M ! R, M R; M 6= 0. Seien f und g stetig in x0 2 M. Dann sind auch f g und f g in x0 stetig. Ferner ist f( 2 R fest) in x0 stetig. Beweis: Folgt aus den Rechenregeln fur "xlim !x0\, Kapitel 4.2, Satz 3, 55. Lemma: Sei f : M ! R in x0 stetig. Es gelte f(x0 ) 6= 0. Dann 9 > 0, so da f(x) 6= 0 in M \ U (x0). Beweis: Sei := 12 jf(x0 )j > 0. Da f stetig in x0 ist, 9 > 0, so da jf(x) f(x0 )j < 8x 2 M \ U (x0). Fur x 2 M \ U (x0 ) gilt daher jf(x)j = jf(x0) (f(x0 f(x))j jf(x0)j jf(x0 ) f(x)j > 2 = > 0 Satz 2: Seien f; g : M ! R in x0 2 M stetig. Es gelte g(x0 ) =6 0. Dann ist fg in U (x0) \ M fur ein geeignetes (kleines) > 0 deniert und in x0 stetig. Beweis: Folgt aus dem Lemma Satz 3: Sei f : M ! R; g : N ! R (M; N R; M; N =6 0) und f(M) N. Sei f in x0 2 M stetig und g in y0 = f(x0 ) stetig. Dann ist auch g f (Komposition) in x0 stetig. (Genauer mute man statt g f die Abbildung g f betrachten, wobei f : M ! N; f (x) = f(x). Beweis: Sei > 0. Dann existiert > 0, so da jg(y) g(x0 )j < 8y 2 N mit jy y0 j < : Zu > 0 existiert > 0, so da jf(x) f(x0 )j < 8x 2 M mit jx x0j < : Daher gilt g (f(x jg f(x) g f(x0 )j = jg (f(x)) 0 )) j < | {z } | {z } y y0 fur x 2 M mit jx x0j < . 5.2 Stetigkeit auf einem kompakten Intervall Denition: Sei f : M ! R. Sei M0 M. Dann heit f auf M0 stetig, wenn f in jedem Punkt x0 2 M0 stetig ist. Im folgenden: Wir untersuchen die Abbildung f : I ! R, die auf I stetig ist, wobei I R ein Intervall ist. Satz 1: Sei f : [a; b] ! R auf dem kompakten Intervall [a; b] stetig. Es gelte f(a) < 0 < f(b) (bzw. f(a) > 0 > f(b)). Dann existiert 2 (a; b) mit f() = 0. Zum Beweis benotigen wir ein Lemma: Sei f : M ! R in x0 stetig. Es gelte f(x0 ) > a (bzw. f(x0 ) < a). fur ein a 2 R. Dann 9 > 0, so da f(x) > a (f(x) < a) 8x 2 M \ U (x0). Beweis des Lemmas: Es gelte f(x0 ) > a: Sei := f(x0 ) a > 0. Da f in x0 stetig ist, 9 > 0, so da 59 jf(x) f(x0 )j < (d.h. < f(x) f(x0 ) < 8x 2 M \ U (x0). Daher gilt fur x 2 M \ U (x0) f(x) > f(x0 ) = f(x0 ) (f(x0 ) a) = a Beweis von Satz 1: Es gelte f(a) < 0 < f(b). Sei M := fx 2 [a; b] j f(x) 0g. Dann ist a 2 M, also ist M = 6 ;. Auerdem ist M nach oben beschrankt (b ist obere Schranke). Also existiert = sup M. Wegen f(b) > 0 und dem Lemma ist f(x) > 0 8x 2 [a; b] \ U (b) fur geeignetes > 0, also ist < b. Nach Konstruktion des Supremums existieren Folgen (xn)n 2N und (yn )n 2N mit xn 2 M; 8n 2 N; xn xn+1 yn+1 yn (8n 2 N Intervallschachtelung) und limxn = = limyn : Wegen xn 2 M ist f(xn ) 0: Wegen < b und limyn = gilt yn < b fur fast alle n. Wegen yn xn 2 M gilt auch yn a. Also ist yn 2 [a; b] fur fast alle n, und somit ist f(yn ) deniert und f(yn ) > 0 (wegen yn 2= M fur fast alle n.) Da f in stetig ist, gilt wegen limxn = = limyn f() = limf(xn ) 0; f() = limf(yn ) 0 , f() = 0 Es gilt a , denn = sup M. Ware a = , so folgte f(a) = f() = 0 Widerspruch zu f(a) < 0. Also gilt auch 2 (a; b). Satz 2: (Zwischenwertsatz) Sei f : [a; b] ! R eine auf dem kompakten Intervall [a; b] stetige Funktion. Sei c eine reelle Zahl mit f(a) < c < f(b) (bzw. f(a) > c > f(b)). Dann existiert 2 (a; b) mit f() = c. Beweis: Setze g(x) := f(x) c fur x 2 [a; b]. Es gelte f(a) < c < f(b). Dann folgt g(a) < 0 < g(b). Die Funktion g ist auf [a; b] stetig. Nach Satz 1 existiert 2 (a; b) mit g() = 0, d.h. f() = c. Anwendung: Sei p(x) = xn mit n 2 N; > 0. Behauptung: p(x) hat eine positive Nullstelle. Beweis: Es gilt p(0) = < 0. Es gilt p( + 1) = ( + 1)n (1 + n) Bernoullische Ungleichung = 1 + (n 1) 1 > 0 Also p(0) < 0 < p( + 1). p ist auch auf ganz R stetig. Nach dem Zwischenwertsatz 9 2 (0; + 1) mit p() = 0, d.h. n = : Denition: Sei f : M ! R, M R, M 6= ;. i) Dann heit f auf M nach oben (bzw. nach unten) beschrankt, wenn f(M) nach oben (bzw. nach unten) beschrankt ist, d.h. 9K 2 R+ mit f(x) K 8x 2 M (bzw. K f(x) 8x 2 M). Man nennt f auf M beschrankt, wenn f(M) nach oben und nach unten beschrankt ist, d.h. 9K 2 R+ mit jf(x)j K 8x 2 M. ii) Man sagt, da f auf M ihr Maximum annimmt, wenn f(M) nach oben beschrankt ist und es x0 2 M gibt mit f(x0 ) = sup f(M), d.h. f(x0 ) f(x) 8x 2 M. 60 Man sagt, da f auf M ihr Minimum annimmt, wenn f(M) nach unten beschrankt ist und es x0 2 M gibt mit f(x0 ) = inf f(M), d.h. f(x0 ) f(x) 8x 2 M. Satz 3: Sei f : [a; b] ! R eine auf dem kompakten Intervall [a; b] stetige Funktion. Dann ist f auf [a; b] beschrankt und nimmt auf [a; b] ihr Maximum und ihr Minimum an, d.h. 9x1; x2 2 [a; b] mit f(x1 ) f(x) f(x2 ) 8x 2 M. Bemerkung: Sei f[a; b] ! R; f(x) := x1 fur x 2 (0; 1]. Dann ist f auf (0; 1] stetig, aber nicht auf (0; 1] beschrankt. Daher ist der Satz fur nicht kompakte Intervalle im algemeinen falsch. Beweis: Wir zeigen nur, da f auf [a; b] nach oben beschrankt ist und auf [a; b] ihr Maximum annimmt. Den Rest der Behauptung zeigt man ahnlich. Angenommen f ware auf [a; b] nicht nach oben beschrankt. Dann existiert fur jedes n 2 N ein xn 2 [a; b] mit f(xn ) > n. Die Folge (xn )n 2N ist beschrankt. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstra existiert x0 2 R und eine Teilfolge xnp p 2 N von (xn)n 2N mit xnp ! x0 (p ! 1). Wegen a xnp b gilt auch a x0 = limxnp b, d.h. x0 2 [a; b]. Nach Voraussetzung ist f stetig in x0 , also (mit = 1) existiert > 0, so da jf(x) f(x0 )j < 1 8x 2 [a; b] \ U (x0). Wegen xnp ! x0 (p ! 1) gilt xnp 2 [a; b] \ U (x0 ) fur fast alle p. Also gilt fur fast alle p jf(xnp )j jf(x0 )j jf(xnp ) f(x0 )j < 1 1 np < f(xnp ) jf(xnp )j < 1 + jf(x0 )j fur fast alle p. Widerspruch! Also ist f nach oben beschrankt. Da f([a; b]) nicht leer und nach oben beschrankt ist, existiert = sup f([a; b]). Nach Konstruktion 9 Folge (f(zn ))n 2N mit zn 2 [a; b] und f(zn ) ! (n ! 1). Wie oben (Bolzano-Weierstra) folgt die Existens eines Punktes z0 2 [a; b] und einer Teilfolge znp p 2 N mit znp ! z0 . Da f in z0 stetig ist, gilt f(znp ) ! f(zo ) (p ! 1). Wegen f(znp ) ! folgt f(zo ) = . Korollar: Sei f : [a; b] ! R stetig. Dann ist das Bild f([a; b]) wiederum ein kompaktes Intervall. Beweis: Nach Satz 3 existieren x1; x2 2 [a; b] mit y1 := f(x1 ) f(x) f(x2 ) =: y2 8x 2 [a; b]. Also gilt f([a; b]) 2 [y1; y2 ]: Sei c 2 (y1 ; y2). Dann 9 nach dem Zwischenwertsatz 2 (x1; x2) mit f() = c. Daher gilt f([a; b]) = [y1; y2 ]. Denition: Sei V= R ein Vektorraum uber R. Eine Abbildung V ! R; v ! kvk ("Norm von v\) heit Norm auf V wenn gilt i) kvk 0 8v 2 V; kvk = 0 , v = 0 ii) kvk = jj kvk 8 2 R; 8v 2 V iii) kv + wk kvk + kwk 8v; w 2 V Mann nennt (V; k k) normierten linearen Raum. 61 Beispiele: i) ( Rn ; k k); k(x1; x2; : : :; xn)k = v uX u n t x2 =1 euklidische Norm ii) Sei I R kompaktes Intervall und C 0(I) := ff : I ! Rj f ist auf I stetig g. Dann ist C 0(I) Vektorraum uber R unter den Operationen (f; g) ! f + g; (; f) ! f. Fur f 2 C 0 (I) setze man j jI := supfjf(x)j; x 2 I g (sprich: "Supremumsnorm von f auf I\). Dann ist j jI eine Norm auf C 0(I) (siehe U bungsaufgabe). iii) Sei allgemeiner M R; M 6= ; und B(M) := ff : M ! Rj f ist auf M beschranktg. Dann ist (B(M); j jM ) normierter linearer Raum, wenn jf jM := supfjf(x)j j x 2 M g. Ist I kompaktes Intervall, so ist C 0(I) linearer Unterraum von B(I). Satz 4: Sei f : [a; b] ! R stetig und injektiv. Sei f([a; b]) = [; ] (s. Korollar zu Satz 3). Sei g : [; ] ! R die Umkehrfunktion zu f. Dann ist g auf [; ] stetig. Beweis: Sei y0 2 [; ] und yn 2 [; ] mit limyn = y0. Sei xn := g(y n) 2 [a; b]. Sei xnp p 2 N irgendeine Teilfolge von (xn )n 2N . Dann ist xnp p 2 N beschrankt, also 9x0 2 R und eine Teilfolge xnpq q 2 N mit xnpq ! x0 (q ! 1) nach Bolzano-Weierstra. Es gilt x0 2 [a; b]. Da f in x0 stetig ist, gilt ynpq = f(xnpq ) ! f(x0 ) )y0 = f(x0 ) denn yn ! y0 )x0 = g(y0 ) Also xnpq ! g(y0 ) Wir haben also gezeigt: Die Folge (xn)n 2N hat folgende Eigenschaft: es gibt a 2 R (namlich a = g(y0 )) derart, da man aus jeder Teilfolge von (xn)n 2N eine weitere Teilfolge auswahlen kann ,die gegen a konvergiert. Nach U bungsaufgabe gilt dann xn ! a. Also gilt g(yn ) = xn ! g(y0 ), also ist g in y0 stetig. Beispiel: Sei f : [0; 1) ! R; f(x) = xn (n 2 N). Dann ist f stetig und injektiv, p 2 also ist auch x ! x (x 2 [0; 1)) stetig. Um Satz 4 formal anwenden zu konnen, beschranke man f auf [0; c] fur jedes c > 0 ein). 5.3 Gleichmaige Stetigkeit Denition: Sei M R; M 6= ;; f : M ! R. Dann heit f auf M gleichmaig stetig, wenn zu jedem > 0 ein = () > 0 (nur von abhangig) existiert, derart da jf(x) f(x0 )j < 8x; x0 2 M mit jx x0j < 62 Oenbar ist jede Funktion f : M ! R, die auf M gleichmaig stetig ist, in jedem Punkt x0 2 M stetig. Der Unterschied zur Denition der Stetigkeit von f in x0 besteht darin, da man bei gleichmaiger Stetigkeit das fur jedes x0 existierende > 0 (bei vorgegebenem > 0) unabhangig von x0 wahlen kann. Beispiele: i) f(x) = x2 1; x 2 (0; 1]. Dann gilt jf(x) f(x0 )j = jx2 x0 2j = jx x0jjx + x0j 2jx x0j 8x; x0 2 (0; 1] Sei > 0. Setze := 2 . Dann gilt also jf(x) f(x0 )j < 8x; x0 2 (0; 1] mit jx x0j < ) f ist gleichmaig stetig auf (0; 1]. ii) f(x) = x1 ; x 2 (0; 1]: Sei xn = n1 ; x0n = 21n . Dann gilt aber 1 ! 0 (n ! 1) jxn x0nj = 2n jf(xn ) f(x0n )j = n ! 1 Hieraus folgt, da f auf (0; 1] nicht gleichmaig stetig ist. Satz 1: Sei I R kompaktes Intervall, f : I ! R auf I stetig. Dann ist f auf I gleichmaig stetig. Beweis: Angenommen f ware nicht gleichmaig stetig auf I. Dann existiert ein > 0, zu dem sich kein > 0 nden lat mit jf(x) f(x0 )j < 8x; x0 2 I mit jx x0j < Also existieren zwei Folgen (xn)n 2N ,(x0n)n 2N mit xn; x0n 2 I und jxn x0n j < n1 , aber jf(xn ) f(x0n )j . Nach Bolzano-Weierstra 9x0 2 R und eine Teilfolge xnp p 2 N mit xnp ! x0 (p ! 1). Wegen xnp 2 I und I kompakt gilt x0 2 I. Wegen jxnp x0np j < n1p ! 0 (p ! 1) gilt auch x0np ! x0 (p ! 1). Da f stetig ist in x0, folgt f(xnp ) ! f(x0 ); f(x0np ) ! f(x0 ) (p ! 1): ) jf(xnp ) f(x0np )j ! 0. Wegen jf(xnp f(x0np )j > folgt also 0 . Widerspruch. Denition: Sei I R kompaktes Intervall. Sei I = [a; b] mit a < b. Eine Funktion f : I ! R heit Treppenfunktion auf I, wenn es eine Zerlegung Z von I gibt (d.h. ein (n + 1)-Tupel (a0 ; a1; : : :; an) 2 Rn+1) mit a = a0 < a1 < a2 < < an 1 < an = b derart, da f auf jedem der n offenen Teilintervalle (a 1; a ) ( = 1; : : :; n) konstant ist, d.h. 9c 2 R mit f(x) = c 8x 2 (a 1; a ) ( = 1; : : :; n). (Man beachte, da in den Teilungspunkten a selbst nichts gefordert ist.) Satz 2: Sei I = [a; b] kompaktes Intervall mit a < b. Sei f : I ! R auf I stetig. Sei > 0. Dann gibt es genau eine Treppenfunktion t : I ! R mit jf tjI < 63 (d.h. jf(x) t(x)j 8x 2 I). Beweis: Sei > 0. Da f auf I stetig und I kompakt ist, ist f auf I gleichmaig stetig nach Satz 1. Zu dem gegebenem > 0 gibt es ein > 0, so da jf(x) f(x0 )j < 8x; x0 2 I mit jx x0j < . Wahle n 2 N mit n > b a . Man betrachte die aquidistante Zerlegung \ z = fa = a0 < a1 < < an 1 < an = 0g mit a =" a + b na ( = 0; : : :; n). Man deniere t : I ! R durch t(a ) = f(a ) ( = 0; : : :; n) t(x) := f(a ) 8x 2 (a ; a +1) ( = 0; : : :; n 1) Sei x 2 (a ; a +1). Dann ist jx a j < b na < , also gilt jf(x) |f(a ) j < , {z } =t(x) also gilt jf(x) t(x)j < 8x 2 I. Satz 2 ist wichtig fur spatere Integrationstheorie. 5.4 Folgen bzw. Reihen von Funktionen und Stetigkeit Denition: Sei M R; M 6= ;. Sei fn : M ! R8n 2 N. Dann heit die Funktionenfolge (fn )n 2N auf M punktweise konvergent , wenn fur jedes x 2 M die Folge (fn (x))n 2N konvergiert. Die durch f(x) := nlim !1fn (x) denierte Funktion f : M ! R heit Grenzfunktion der Folge (fn )n 2N . Man schreibt fn ! f (n ! 1). Beobachung: Die Grenzfunktion einer punktweise konvergenten Folge stetiger Funktionen braucht i.a. nicht mehr stetig zu sein. Beispiel: fn(x) = xn; x 2 [0; 1]: Es gilt ( 1; x = 1 f(x) = nlim !1fn (x) : 0; 0 x < 1 Denition: Sei M R; M 6= ;. Sei fn : M ! R(8n 2 N). Dann heit die Folge (fn )n 2N auf M gleichmaig konvergent, wenn es f : M ! R gibt mit fn ! f derart, da fur jedes > 0 ein N 2 N existiert, so da jfn (x) f(x)j < 8n > N; 8x 2 M Man schreibt fn f (n ! 1) (auf M). Satz 1:("Cauchy-Kriterium\) Die Folge (fn )n 2N , fn : M ! R ist auf M gleichmaig konvergent genau dann, wenn zu jedem > 0 ien N 2 N existiert, so da jfn (x) fm (x)j < 8n; m > N; 8x 2 M. Beweis: i) Sei fn gleichmaig konvergent auf M gegen f. Sei > 0. Dann existiert nach Denition ein N 2 N, so da jfn(x) f(x)j < 2 8n > N; 8x 2 M: 64 Daher gilt fur n; m > N und 8x 2 M jfn(x) fm (x)j jfn(x) f(x)j + jfm (x) f(x)j < 2 + 2 = ii) Es gelte die Bedingung des Satzes. Sei > 0. Dann ist insbesondere (fn (x))n 2N fur jedes x 2 M eine Cauchyfolge, also existiert nach dem Cauchy'schen Konvergenzkriterium fur Folgen der Grenzwert f(x) := nlim !1fn (x); also fn ! f Dann gibt es nach Voraussetzung N 2 N, so da jfn(x) fm (x)j < 8n; m > N; 8x 2 M (5.1) Sei m > N fest, sei x 2 M fest. Man nehme in 5.1 den Limes fur n ! 1. Dann folgt jf(x) fm (x)j = lim jfn(x) fm (x)j Also gilt fn f. Satz 2: Sei fn : M ! R (n 2 N). Es gelte fn f auf M. Auerdem sei jedes fn in x0 2 M stetig. Dann ist auch f in x0 stetig. Beweis: Sei > 0. Wegen der gleichmaigen Konvergenz der Folge (fn)n 2N gibt es n 2 N, so da jfn (x) f(x)j < 3 8x 2 M Da fn in x0 2 M stetig ist, existiert > 0, so da jfn (x) fn (x0 )j < 3 8x 2 U (x0 ) \ M Fur x 2 U (x0 ) \ M gilt daher jf(x) f(x0 )j jf(x) fn (x)j + jfn (x) f(x0 )j jf(x) fn (x)j + jfn (x) fn(x0 )j + jfn (x0) f(x0 )j < 3 + 3 + 3 = Man kann die entsprechenden Konvergenzbegrie leicht auf Reihen von Funktionen ubertragen. Genauer: Denition: SeiPfn : M ! R (8n 2 N). Dann versteht man unter der Reihe f1 + f2 + = 1 =1 f die Folge der Partialsummen (sn )n 2N . sn (x) := n X =1 f (x) (x 2 M) Die Reihe 1 =1 f heit punktweise konvergent auf M (bzw. gleichmaig konergent auf M), falls (sn )n 2N die entsprechenden Eigenschaften hat. Die Reihe P 65 P1 heit absolut konvergent auf M, falls 1 kon =1 jf j auf M punktweise P vergiert. Sie heit absoulut gleichmaig konvergent auf M, falls 1 j f j =1 auf M gleichmaig konvergent ist. P =1 f Man zeigt leicht: Satz 3: ("Cauchy-Kriterium\) P1 n=1 fn ist auf M gleichmaig konvergent , 8 > 0 9N 2 N, so da 8n 2 N und 8p 2 N und 8x 2 M gilt jfn+1 (x) + + fn+p (x)j < Satz 4: Ist P1n=1 fn auf M gleichmaig konvergent gegen f und sind alle fn in x0 2 M stetig, so ist auch f in x0 stetig. Satz 5: Blatt 10, Aufgabe Nr. 4 66 Kapitel 6 Grundlagen der Integralrechnung 6.1 Vorbemerkung Aufgabe der Integralrechnung (klassisch): Berechnung des Flacheninhalts ebener Figuren. Sei z.B. f : I ! R stetige Funktion auf I = [a; b] mit f(x) > 0 8x 2 I. Man betrachte die Figur im R2, die berandet wird vom Graphen G(f) und von den Geradenstucken f(x; 0) j x 2 I g, f(a; y) j 0 y f(a)g und f(b; y) j 0 y f(b)g. Anschaulich besitzt die Figur den Flacheninhalt I(f) ("das Integral zwischen den Grenzen a und b\), den man oenbar annahernd wie folgt berechnen kann: Man approximiere zunachst f "hinreichend gut \ durch eine Treppenfunktion t auf I. Der entsprechende Flacheninhalt I(t) ist eine endliche Summe von Flacheninhalten von Rechtecken und kann daher leicht errechnet werden. Es ist klar, da I(t) und I(f) nur um weniges dierieren. Man approximiere f beliebig genau durch eine Folge von Treppenfunktionen (tn )n 2N . Dann sollte I(tn ) gegen I(f) konvergieren (n ! 1). Moderne Mathematik: Anschauung oft zweifelhaft, Existenz des Flacheninhalts I(f) keineswegs a priori klar! Man sollte I(f) exakt denieren durch einen Grenzproze, und zwar so, da diese Denition dann moglichst gut mit der Anschauung vertraglich ist. 6.2 Das Integral einer Treppenfunktion Konvention in diesem Kapitel: I = [a; b] R kompaktes Intervall a < b. Denition: Sei t : I ! R Treppenfunktion bzgl. der Zerlegung Z = fa = a0 < a1 < < an = bg von I, mit t(x) = c 8x 2 (a 1; a ); = 1; : : :n. Dann setzt man IZ (t) := n X =1 c (a a 1) Satz 1: Sei t : I ! R Treppenfunktion bzgl. der Zerlegungen Z und Z 0 . Dann gilt IZ (t) = IZ 0 (t). 67 Beweis: Wir betrachten zunachst die Zerlegung Z1 = fa = a0 < a1 < < ak < w < ak+1 < < an = bg die aus Z durch Hinzunahme eines weiteren Punktes w entsteht. Es gilt t(x) = ck+1 8x 2 (ak ; ak+1), also t(x) = ck+1 8x 2 (ak ; w); 8x 2 (w; ak+1). Es gilt IZ1 (t) = c1(a1 a0) + + ck+1 (w ak ) + ck+1(ak + 1 w) + + cn(an an 1) Daher ist IZ1 (t) = IZ (t). Ist daher Z~ eine Verfeinerung von Z (d.h. entsteht aus Z durch Hinzunahme von endlich vielen Punkten), so gilt (per Induktion), IZ~ (t) = IZ (t). Man betrachte jetzt die Verfeinerung Z _ Z 0 , die aus Z durch Hinzunahme aller (nicht in Z enthaltenen) Punkte aus Z 0 entsteht. Nach Konstruktion ist dann Z _ Z 0 auch Verfeinerung von Z 0 . Daher gilt IZ (t) = IZ _Z 0 (t) = IZ 0 (t) Denition: Die jeder Treppenfunktion f : I ! R zugeorndete Zahl I(t) = IZ (t) heit das Integral von t uber I. Satz 1: Sei T(I) := ft : I ! Rj t ist Treppenfunktion auf I g. Dann gilt i) T (I) ist linearer Unterraum von B(I) und die Abbildung T(I) ! R; t ! I(t) ist linear, d.h. I(t1 + t2 ) = I(t1 ) + I(t2 ); I(t) = I(t) ( 2 R) ii) Fur alle t 2 Z(I) gilt jI(t)j jtjI (b a) iii) Ist t 0 (d.h. t(x) 0 8x 2 I), so ist I(t) 0. iv) Mit t 2 T (I) ist auch jtj 2 T(I) (jtj(x) := jt(x)j) und es gilt jI(t)j I(jtj). Beweis: i) T(I) B(I) ist klar. Seien t1 ; t2 2 T (I) Treppenfunktionen, t1 bzgl. der Zerlegung Z1 , t2 bzgl. der Zerlegung Z2 von I. Sei Z := Z1 _ Z2 die gemeinsame Verfeinerung Z1 und Z2 . Dann ist t1 ; t2 Treppenfunktion bzgl. Z. Sei Z := fa = a0 < a1 < < an = bg; t1(x) = c ; t2(x) = d 8x 2 (a 1; a ); = 1; : : :n. Dann ist (t1 + t2 )(x) = t1 (x) + t2(x) = c + d 8x 2 (a 1 ; a ), also ist t1 + t2 Treppenfunktion bzgl. Z. Also ist t1 + t2 2 T(I). Da t 2 T(I) ist klar. Da die Abbildung I : T(I) ! R linear ist, ist klar, denn es gilt z.B. I(t1 + t2 ) = IZ1 _Z2 (t) = n X n X (c + d )(a a 1) =1 n X d (a a 1) =1 =1 = IZ1 _Z2 (t1 ) + IZ1 _Z2 (t2 ) = I(t2 ) + I(t2 ) = c (a a 1) + 68 ii) Es gilt jI(t)j n X =1 jc j(a a 1) n X =1 jtjI (a a =1) nach Denition der Sup-Norm = jtjI n X (a a 1) = jtjI (b a) =1 iii) +iv) klar! Denition: Sei R(I) := ff 2 B(I) j es gibt eine Folge(tn)n 2N von Treppenfunktionen tn 2 T (I) mit lim jf tn jI = 0g. Funktionen aus R(I) heien Regelfunktionen. Bemerkung: i) Man beachte, da nlim !1jf tn jI = 0 aquivalent zu tn f auf I ist, denn jf tnjI = supfjf(x) tn (x)j j x 2 I g , jf(x) tn (x)j 8x 2 I ii) R(I) ist ein linearer Unterraum von B(I). iii) Man kann zeigen: Eine Funktion f 2 B(I) liegt in R(I) genau denn, wenn fur jedes x0 2 I der linksseitige Grenzwert x!lim f(x) und der rechtseitige x0 Grenzwert x!lim f(x) existiert. x0 + Satz 2: Es gilt C 0(I) R(I). Beweis: schon bewiesen in Kapitel 5.3. 6.3 Das Integral einer Regelfunktion Satz: i) Sei (tn )n 2N eine Folge von Treppenfunktionen tn 2 T(I) mit der folgenden Eigenschaft: zu jedem > 0 9N 2 N, so da jtn tm jI < 8n; m > N (d.h. (tn )n 2N ist Cauchyfolge in T(I)). Dann ist die Zahlenfolge (I(tn ))n 2N konvergent. ii) Sei f 2 R(I) und es gelte lim jf tnjI = 0; nlim !1jf tnjI = 0 n!1 fur Folgen von Treppenfunktionen (tn)n 2N und (tn)n 2N auf I. Dann konvergiert (I(tn ))n 2N und (I(tn ))n 2N und nlim (t ): !1I(tn ) = Ilim !1 n 69 Beweis: i) Sei > 0 Man bestimme N 2 N, so da jtn tm jI < b a 8n; m > N. Dann gilt jI(tn ) I(tm )j |{z} = jI(tn tm )j jtn tm jI (b a) < b a (b a) = Satz 2:1 8n; m > N. Also ist (I(tn ))n 2N Cauchyfolge, also konvergent. ii) Es gilt jtn tm jI jf tn jI + jf tm jI (denn j jI ist Norm, also gilt die Dreiecksungleichung). Wegen nlim !1jf tnjI = 0 ist also (tn )n 2N eine Cauchyfolge, nach i) konvergiert (I(tn ))n 2N . Genauso: (I(tn ))n 2N konvergiert. Wegen jtn tn jI jf tn jI + jf tnjI ! 0 ist (jtn tn jI )n 2N eine Nullfolge. Daher gilt jI(tn ) I(tn )j = jI(tn tn)j jtn tn jI (b a) ! 0 Aslo ist limI(tn ) = limI(tn ). Denition: Sei f 2 R(I). Dann ordnet man f eine wohlbestimmte Zahl I(f) wie folgt zu: man wahlt ein Folge (tn )n 2N mit tn 2 T (I) mit nlim !1jf tnjI = 0 und setzt I(f) := nlim !1I(tn ) (s. Satz). Die Zahl I(f) heit das Intergral von f uber I, man schreibt I(f) = Z b a f(x) dx (nach Leibniz). Man nennt x die Integrationsvariable. 6.4 Berechnung des Integrals einer stetigen Funktion durch Riemann'sche Summen Sei Z = fa = a0 < a1 < < an = bg eine Zerlegung von I. Man nennt dann (z) := 1max a , wobei a = a a 1 ( = 1; : : :n) die Lange des Intervalls n (a 1; a ) ist, die Feinheit von Z. Sei f 2 C 0(I). Dann heit die Summe der Form = n X =1 f( ( ) )a wobei die ( ) ( = 1; : : :n) Zwischenpunkte 2 [a 1; a ] sind, Riemannsche Summe fur f zur Zerlegung Z. Satz: Sei f 2 C 0(I): Sei (zm )m 2 N eine Folge von Zerlegungen zm von I mit 70 (zm ) ! 0 (m ! 1). Sei (sm )m 2 N eine Folge von Riemannschen Summen fur f, wobei sm zu zm gehore. Dann gilt Z b a f(x) dx = mlim !1sm Beweis: Sei zm = fa = a0(mP) < a1(m) < < an(mm) = bg , (m) 2 [a(m)1; a(m)]; m f( (m) )a(m) . F ur m 2 N deniere tm 2 T(I) a(m) = a(m) a(m)1 , sm = n =1 durch t(x) := f((m) ); x 2 (a(m)1 ; a(m)); ( = 1; : : :; m) t(x) := f(a(m) ); x = a(m) ; ( = 1; : : :; m) Nach Denition ist sm = I(tm ). Man zeigt jetzt, da lim jf tm jI = 0 (genauso wie der Beweis von Kapitel 5.3, Satz 2, man benutzt (zm ) ! 0). Nach Denition gilt dann also Z b a Beispiele: f(x) dx = mlim !1sm i) f(x) = 1; x 2 I. Dann ist Z b a 1 dx) = Z b dx = I(f) = 1(b a) = b a a (Man beachte f 2 T (I)). ii) f(x) = x; x 2 I R Berechnung von ab x dx uber Riemannsche Summen. Man nehme die Zerlegungen zm = fa = a0(m) < a1(m) < < am(m) = bg mit a(m) = a + bma ( = 0; : : :; m). Man nehme ferner (m) = a(m) ( = 1; : : :; m). Es gilt (zm ) = bma ! 0 (m ! 1). Daher gilt nach Satz Z b a wobei sm = = m X =1 m X =1 m X xdx = mlim !1sm f((m) )a(m) a(m) (a(m) a(m)1) 2 X m b a b a b a b a = (a + m ) m = m a m + m =1 =1 71 2 = a(b a) + (b m2a) m(m2+ 1) 2 = a(b a) + (b 2 a) 1 + m1 2 ! a(b a) + (b 2 a) (m ! 1) = 12 (b2 a2 ) 6.5 Eigenschaften des Integrals Satz: i) 8f; g 2 R(I) gilt Z a b f(x) + g(x) dx = 8f 2 R(I); 8 2 R gilt Z b a Z b a f(x) dx + Z f(x) dx = b a Z b a g(x) dx f(x) dx R (d.h. die Abbildung R(I) ! R; f 7! ab f(x) dx ist linear) ii) 8f 2 R(I) gilt Z b f(x) dx a jf jI (b a) R iii) Aus f 0 folgt ab f(x) dx 0. iv) Aus f g folgt Z a b f(x) dx Z b a g(x) dx v) Ist f 2 R(I) und m1 f m2 (m1 ; m2 2 R fest), so folgt m1 (b a) vi) Ist f 2 R(I), so folgt Z b a f(x) dx m2 (b a) Z b f(x) dx a 72 Z a b jf(x)j dx Beweis: i) Sei lim jf tn jI = 0; lim jg t0 njI = 0 fur tn 2 T(I); t0 n 2 T(I). Dann gilt lim j(f + g) (tn + t0 n)jI = 0, also folgt Z b 0 0 f(x) + g(x) dx = nlim !1I(tn + t n ) = nlim !1 I(tn ) + I(t n ) a Z Z b b 0 = nlim !1I(tn ) + nlim !1I(t n) = a f(x) dx + a g(x) dx Genauso zeigt man die zweite Behauptung in i). ii) Sei tn 2 T (I) mit nlim !1jf tn jI = 0. Da die Abbildung B(I) ! R; g 7! jgjI eine Norm ist, gilt 8g; h 2 B(I) j jgjI jhjI j jg hjI . Inbesondere gilt j jf jI jtnjI j jf tnjI ! 0 (n ! 1) ) jtnjI ! jf jI (n ! 1) Daher Z b f(x) dx ) a j = jnlim !1I(tn )j = nlim !1jI(tn )j nlim !1jtnjI (b a) = jf jI (b a) iii) Sei nlim !1jf tnjI = 0. Dann gilt auch jtnj jf j = f auf I (denn 8c; d 2 R gilt j jcj jdj j jc dj). Es gilt tn f nach Voraussetzung, d.h. 8 > 0 9N 2 N derart, da j jf(x)j jtn(x)j j jf(x) tn(x)j Daher jtnj jf j , jf j 2 R(I). Daher Z b a f(x) dx = nlim !1I(jtn j) 0 (8n 2 N) iv) folgt aus i) und iii), denn f g , g f 0 R v) folgt aus iv) wegen ab dx = b a: Denn m1 f , m1 f(x) 8x 2 I ,f(x) m1 0 ) ) Z Z b a a = ) Z b f(x) m1 dx 0 f(x) dx Z b a b a Z b a m1 dx = Z b a f(x) dx m1 Z a b dx f(x) dx m1 (b a) 0 f(x) dx m1 (b a) Rest genauso. vi) Sei tn f auf I. Dann gilt jtnj jf j auf I (schon gezeigt). Daher Z b f(x) dx = a jnlim !1I(tn )j = nlim !1jI(tn )j nlim !1I(jtn j) = 73 Z a b jf(x)j dx 6.6 Vertauschung von Integral und Grenzproze Satz: i) Seien fn 2 R(I) (n 2 N) mit fn f 2 R(I) auf I. Dann gilt Z b a f(x) dx = Z b a (nlim !1fn (x)) dx = nlim !1 Z b fn (x) dx a ii) Sei 1 =1 f eine Reihe von Regelfunktionen f 2 R(I), die auf I gleichmaig gegen die Grenzfunktion f 2 R(I) konvergiert. Dann gilt P Z b a f(x) dx = Z b X a f (x) dx = 1 Z X b =1 a f (x) dx Beweis: ii) folgt sofort aus i) i) Es gilt Z b f(x) dx a Z a b fn (x) dx = Z b (f(x) a fn (x)) dx jf fn jI (b a) ! 0 (n ! 1) denn nlim !1jf fn jI = 0 nach Voraussetzung. Bemerkung: Die Aussage des Satzes wird i.a. falsch, wenn man die Voraussetzung uber gleichmaige Konvergenz fallen lat. Beispiel I = [0; 1]; fn : I ! R. 8 > <0 x=0 fn (x) := >n 0 < x < n1 : 0 n1 x 1 Rb Dann gilt nlim f (x) = 0; f(x) = 0 8 x 2 I. Daher n a f(x) dx = 0: Oenbar gilt !1R fn 2 T(I) und ab fn (x) dx = n( n1 0) + 0 = 1 6.7 Erweiterung der Integraldenition. Additivitat des Integrals Denition: Sei I = [a; b] mit a < b. Seien c; d 2 I mit d < c. Sei f 2 R(I). Dann setzt man Z c d f(x) dx := Z c c Z d c f(x) dx f(x) dx := 0 74 Satz: Sei I = [a; b]; a < b. Dann gilt fur beliebige c; d; e 2 I und 8f 2 R(I) Z d c f(x) dx + Z e d f(x) dx = Z e c f(x) dx (6.1) Beweis: Man unterscheidet die verschiedenen Falle c d e; d c e (ingesamt 6 = 3! Falle). Man beachte, da 6.1 aquivalent ist zu Z d c f(x) dx + Z e d f(x) dx + Z e c f(x) dx = 0 Korollar: Sei I = [a; b]; a < b. Sei f 2 R(I). Dann gilt fur beliebige Punkte c0 ; c1; : : :; cn 2 I n Z c X =1 c 1 f(x) dx = Z cn c0 f(x) dx 6.8 Mittelwertsatz der Integralrechnung Satz: Sei I = [a; b]; a < b. Sei f 2 C 0(I). Dann gibt es 2 I, so da Z b a f(x) dx = f()(b a) Beweis: Da f : I ! R auf dem kompakten Intervall stetig ist, nimmt f auf I ihr Maximum m2 und ihr Minimum m1 an. Daher gilt m1 f m2 . nach 6.5 Satz gilt daher m1 (b a) Z b a f(x) dx m2 (b a) Daher folgt m1 b 1 a Z b a f(x) dx m2 Nach dem Zwischenwertsatz folgt daher die Existenz eines 2 I mit f() = b 1 a Z b a f(x) dx (6.2) R (streng genommen braucht man den Zwischenwertsatz nur im Fall m1 < b 1 a ab f(x) dx < m2 , in den anderen Fallen ist die Existenz 6.2 klar, denn 9x1 2 I mit m1 = f(x1 ) und 9x2 2 I mit m2 = f(x2 ).) 75 Kapitel 7 Grundlagen der Dierentialrechnung 7.1 Dierenzierbarkeit Motivation: Sei f : I ! R eine auf dem oenen Intervall I denierte reelle Funktion, deren Graph G(f) im R2 eine Kurve beschreibt. Man bilde den Dierenzenquotienten f(x ) f(x) x x Dieser ist gleich der Steigung tan der Sekante durch die Punkte p = (x; f(x)); p = (x ; f(x )). Lat man x gegen x gehen, so geht bei einer stetigen Funktion f der Punkt p gegen p. Besitzt dann der Dierenzenquotient einen Grenzwert f 0 (x), so heit dies, da sich die Sekante einer Grenzlage nahert, die man dann die Tangente der Kurve in p nennt und f 0 (x) ist dann die Steigung der Tangente. Denition: Sei f eine reelle Funktion, die in einer r-Umgebung eines Punktes x0 2 R deniert ist, d.h. Ur (x0) ist im Denitionsbereich von f enthalten. Dann heit f dierenzierbar in x0 , wenn der Dierenzenquotient f (xx) fx(0x0 ) fur x gegen x0 einen Limes hat. Man setzt dann f(x) f(x0 ) f(x0 + h) f(x0 ) f 0 (x0 ) := xlim !x0 x x0 = hlim !0 h 0 0 Die Zahl f (x0 ) heit Ableitung von f in x0. Statt f (x0 ) schreibt man auch df dx (x0 ) oder Df(x0 ). Beispiele: i) f(x) = c konstant (x 2 R). Dann ist f(x0 + h) f(x0 ) = c c = 0 = 0 ) f 0 (x ) = 0 8x 2 R lim 0 0 h!0 h h h ii) f(x) = x2 (x 2 R). Dann f(x0 + h) f(x0 ) = (x0 + h)2 x20 = 2x0h + h2 = 2x + h ! 2x (h ! 0) 0 0 h h h 76 ) f 0 (x0 ) = 2x0 8x0 2 R Denition: Sei f eine reelle Funktion, die in einer r-Umgebung von x0 2 R deniert ist. Man sagt dann auch, da f ein Dierential in x0 besitzt, wenn es A 2 R und : Ur (0) ! R mit hlim (h) = (0) = 0 gibt, derart da 8h 2 R mit !0 jhj < r gilt f(x0 + h) = f(x0 ) + A h + (h) h (7.1) Durch h ! Ah wird dann eine lineare Abbildung R! R deniert, die man das Dierential von f in x0 nennt und mit df(x0 ) bezeichnet. Satz: Sei f in einer r-Umgebung von x0 deniert. Dann ist f in x0 di'bar genau dann, wenn f in x0 ein Dierential besitzt. Dieses ist eindeutig bestimmt | sofern es existiert | und es gilt df(x0 )(h) = f 0 (x0) h (i.a.W. A = f 0 (x0 )) Beweis: i) Es gelte 7.1 8h 2 R mit jhj < r, wobei : Ur (x0 ) ! R mit hlim (h) = !0 (0) = 0. Fur 0 < jhj < r folgt dann aus 7.1 f(x0 + h) f(x0 ) A = (h) h f(x0 + h) f(x0 ) A = j(h)j ! 0 (h ! 1) h also ist f in x0 di'bar und es gilt A = f 0 (x0 ). Es gilt also (df(x0 )(h) = Ah = f 0 (x0)h. ii) Sei f in x0 di'bar. Man deniere : Ur (0) ! R durch ( (h) := f (x0 +h) f (x0 ) h 0 f 0 (x0 ) (0 < jhj < r) (h = 0) Dann gilt hlim (h) = (0) = 0 (denn f ist ja in x0 dibar). Ferner gilt !0 8h 2 R mit jhj < r f(x0 + h) = f(x0 ) + f 0 (x0) h + (h) h Korollar: Sei f in Ur (x0) deniert. Sei f in x0 di'bar. Dann ist f in x0 stetig. Beweis: Folgt aus 7.1. Bemerkung: Man beachte, da die Umkehrung i.a. falsch ist. Es gibt Funktionen f : R! R, die in jedem Punkt von R stetig sind, aber in keinem di'bar. 77 Denition: Eine in fx 2 Rj x0 x < x0 + rg denierte reelle Funktion heit in x0 rechtsseitig di'bar, falls der rechtsseitige Limes f(x0 + h) f(x0 ) := D f(x ) lim + 0 h!0+ h existiert. Man nennt D+ f(x0 ) die rechtsseitige Ableitung von f in x0 . Ahnlich nennt man eine in fx 2 Rj x0 r < x x0 g denierte reelle Funktion in x0 linksseitig di'bar, falls f(x0 + h) f(x0 ) D f(x0 ) := hlim !0 h existiert. Man nennt dann D f(x0 ) linksseitige Ableitung von f in x0 . Beispiele: i) f(x) = jxj (x 2 R); x0 = 0. D+ f(0) = 1; D f(0) = 1 ii) Eine Funktion ist in x0 di'bar genau dann, wenn D+ f(x0 ) und D f(x0 ) existieren und ubereinstimmen. Denition: ("Dibarkeit auf einem Intervall\) Sei I R mit a; b Endpunkten ( 1 a < b 1). Eine Funktion f : I ! R heit di'bar auf I, wenn i) in jedem inneren Punkt von I ist f di'bar ii) Falls a oder b oder a; b zu I gehoren, soll D+ f(a) oder D f(a) oder beide existieren. Man setzt dann f 0 (a) = D+ f(a) und f 0 (b) = D f(b). In diesem Fall heit die Funktion( I!R x 7! f 0 (x) die Ableitung von f. Bemerkung: Fur den Fall a 2 I gelten obige Eigenschaften mit der Einschrankung, da die Funktion auf fx 2 Rj 0 x < rg deniert ist und es gilt i) f(a + h) = f(a) + Ah + (h) h (0 h < r) ii) hlim (h) = (0) = 0 !0+ Denition: (hohere Ableitungen\) Sei f : I ! R eine di'bare Funktion. Dann heit f zweimal di'bar auf I, wenn f 0 : I ! R di'bar ist. Man setzt f 00 (x) := (f 0 )0(x) (zweite Ableitung von f). Analog deniert man rekursiv hohere Ableitungen von einer Funktion f : I ! R hohere Di'barkeitsordnung und i) ist f stetig, so setzt man f (0) = f ii) Fur k 2 N heit f k-mal di'bar, wenn f (k 1) : I ! R di'bar ist. Man setzt dann f (k) (x) := (f (k 1) )0 (x) Denition: Eine di'bare Funktion f : I ! R heit stetig di'bar, wenn die Ableitung von f 0 von f stetig ist. 78 7.2 Eigenschaften der Ableitung Satz 1: Seien f; g : Ur (x0) ! R(r > 0) in x0 di'bare Funktionen. Dann sind die Funktionen f + g; c f (c 2 R); f g di'bar in x0 , und es gilt (f + g)0 (x0 ) = f 0 (x0) + g0 (x0); (c f)0 (x0) = c f 0 (x0) (f g)(x0 ) = f 0 (x0) g(x0 ) + f(x0 ) g0 (x0 ) Produktregel Gilt daruberhinaus g(x0 ) 6= 0, so sind die Funktionen 1g und fg in x0 di'bar und es gilt 0 1 (x ) = g0 (x0) 0 g g(x0 )2 0 f (x ) = f 0 (x0 )g(x0 ) f(x0 )g0 (x0) 0 g g(x0 )2 Beweis: Fur 0 < jhj < r gilt f(x0 + h) f(x0 ) = c f 0 (x ) = (cf)0 (x ) lim cf(x0 + h)h cf(x0 ) = c hlim 0 0 !0 h!0 h (f g)(x0 + h) (f g)(x0 ) = f(x0 + h) f(x0 ) g(x + h) + g(x0 + h) g(x0 ) f(x ) 0 0 h h h Gilt g(x0 ) 6= 0; g ist in x0 di'bar, insbesondere stetig, dann existiert eine Umgebung U (x0) Ur (x0) auf der g keine Nullstelle besitzt. Man betrachte also die Funktion ( U (x0) ! R x ! g(1x) Fur 0 < jhj < 1 g(x0 +h) h 1 g(x0 ) 1 = g(x + h) g(x0 + h)h g(x0 ) g(x ) 0 0 0 g0 (x0 ) ) g1 (x0) = f(x 0 )2 f g = f g1 Produktregel anwenden. Satz 3: Sei I R ein Intervall mit Endpunkten a und b, a < b. Sei f : I ! R auf I stetig und auf (a; b) di'bar. Dann gilt: i) Gilt f 0 (x) 0 bzw. f 0 (x) > 0 8x 2 (a; b), so ist f auf I monoton wachsend bzw. streng monoton wachsend (d.h. ist x; y 2 I und x y ) f(x) f(y); x < y ) f(x) < f(y)). ii) Ist f auf I monoton wachsend, so gilt f 0 (x) 0 8x 2 (a; b). 79 Beweis: i) Seien x1; x2 2 I mit x1 < x2 . Nach dem MWS gibt es dann 2 (x1; x2) mit f(x2 ) f(x1 ) = f 0 ()(x2 x1 ) 0 oder > 0 je nachdem ob f 0 () 0 oder f 0 () > 0 8x 2 (a; b). Also gilt f(x2 ) f(x1 ) oder f(x2 ) > f(x1 ) 8x 2 (a; b). ii) Sei x 2 (a; b) und h 6= 0. Fur h > 0 ist dann x < x +h ) f(x) f(x+h). Fur h < 0 ist x + h < x ) f(x + h) f(x). In jedem Fall ist also f(x + h) f(x) 0 ) f 0 (x) 0 |{z} h h!0 7.3 Der Satz uber die inverse Funktion Satz: Sei I = [a; b] R kompaktes Intervall mit a < b. Sei f : I ! R eine auf I stetige, injektive Abbildung, die auf (a; b) di'bar ist und f 0 (x) > 0 8x 2 (a; b) erfullt. Sei f([a; b]) = [; ]. (Siehe Kapitel 5.2). Sei g : [; ] ! R , die zu f inverse Abbildung. Dann ist auch g auf (; ) di'bar, und es gilt 1 g0 (y) = f 0 (g(y)) Beweis: Sei y0 2 (; ). Sei x0 := g(y0). Dann gilt x0 2 (a; b) In der Tat, angenommen z.B. x0 = a. Dann ist also y0 = f(a). Sei x 2 I mit a < x. Nach Voraussetzung ist f 0 (w) > 0 8w 2 (a; b), also ist f auf I streng monoton wachsend. Also y0 = f(a) < f(x), daher folgte f([a; b]) < [y0 ; ], Widerspruch zur Surjektivitat von f, da < y0 . Genauso widerlegt man die Annahme x0 = b. Sei (yn )n 2N eine Folge mit yn ! y0 ; yn 6= y0 ; yn 2 [; ]. Sei xn = g(yn ). Da g stetig auf [; ], folgt xn ! x0 = g(y0 ) (n ! 1) (Kapitel 5.2). Da g injektiv, folgt aus yn 6= y0 , da xn 6= x0 . Daher g(yn ) g(y0 ) = xn x0 ! 1 yn y0 f(xn ) f(x0 ) f 0 (g(y0 )) da f in x0 di'bar und f 0 (x0) 6= 0 ist. Beispiel: f(x) = x4; f 0 (x) = 4x3 > 0 8x > 0, f ist stetig und fur x > 0 di'bar. Anwendung des Satzes auf [0; b], denn f ist injektiv. g = p4 y (y > 0) 1 14 1 1 = p1 g0 (y) = f 0 (g(y)) 4( 4 y)4 1 = 4 y 7.4 Zusammenhang zwischen Dierential- und Integralrechnung Generalvoraussetzung: I = [a; b] R ein kompaktes Intervall mit a < b. Denition: Eine Funktion : I ! R heit Stammfunktioneiner vorgegebenen 80 Funktion f : I ! R, wenn auf I di'bar ist und 0 = f ist. Satz 1: Sei f : I ! R vorgegeben. Ist dann 0 eine Stammfunktion von f, so lat sich jede weitere Stammfunktion von f schreiben als = 0 + c (d.h. (x) = 0(x) + c 8x 2 I), wobei c eine Konstante ist. Beweis: Es gilt 0 = 00 + c0 = 00 = f, also ist jedes solche eine Stammfunktion von f. Seien umgekehrt 1 und 2 zwei Stammfunktionen von f. Es gilt dann (1 2 )0 = 01 02 = f f = 0 Da 1 2 auf I di'bar ist, ist auch 1 2 stetgi auf I (siehe Korollar zu Satz 1, Kapitel 7.1, die Aussage wurde dort nur fur Punkte x0 2 (a; b) bewiesen, der Beweis funktioniert aber genauso 8x 2 I). Daher gilt (Kapitel 7.3, Korollar zu Satz 2) 1 2 = c konstant. Satz 2: (Hauptsatz der Dierential- und Integralrechnung) R Sei f 2 C 0(I). Sei c 2 I fest. Dann ist die durch F : I ! R; F(x) := 0x f() d denierte Funktion stetig di'bar auf I und F 0(x) = f(x) 8x 2 I, i.a.W. das Integral einer stetigen Funktion f : I ! R, als Funktion der oberen Grenze, liegert eine Stammfunktion von f. Beweis: Sei x; x + h 2 I; h 6= 0. Dann gilt F(x + h) F(x) = = Z c x f() d + Z x+h Z c x+h c Z f() d f() d = x c Z x x+h f() d f() d Es gilt ferner Z x+h 1 f(x) d f(x) = h x Daher gilt F(x + h) h F(x) f(x) = 1 Z x+h (f() f(x)) d jhj x Sei > 0: Da f auf I stetig ist und I kompakt, ist f auf I gleichmaig stetig. Also existiert > 0, so da jf(u) f()j < mit ju j < . Sei 0 < jhj < . Dann folgt also F(x + h) h F(x) f(x) 1 Z x+h jf() f(x)j d 1 Z x+h d jhj jhj x x 81 (denn liegt zwischen x und x + h, also gilt j xj < ) = jh1 j jx + h xj = Daher gilt F(x + h) F(x) = f(x) lim h!0 h also ist F di'bar und F 0(x) = f(x). Satz 3: Sei f 2 C 0(I) und sei : F ! R irgendeine Stammfunktion von f. Dann gilt Z b a f(x) dx = (b) (a) =: (x)jba Beweis: Die Funktion 0 (x) := Rx a f() d ist nach Satz 2 eine Stammfunktion von f. Nach Satz 1 existiert daher c 2 R, so da = 0 + c. Es gilt also Z a b f(x) dx = 0 (b) = 0 (b) 0(a) wegen 0 (a) = 0). Auerdem (0 (b) + c) (0 (a) + c) = 0(b) 0 (a) Denition: Die Menge aller Stammfunktionen R einer Funktion f : I ! R heit das unbestimmte Integral von f und wir mit f(x) dx bezeichnet. Beispiel: Z a b xk dx = k +1 1 xk+1jba = k +1 1 (bk+1 ak+1 1 xk+1 ist Stammfunktion von xk . (k 2 N, denn x 7! k+1 7.5 Partielle Integration. Substitution Satz 1: (Partielle Integration) Seien f; g 2 C 1 (I). Dann gilt Z b a f 0 (x)g(x) dx = f(x)g(x)jba Beweis: Nach der Produktregel ist Z b a g0 (x)f(x) dx (fg)0 = f 0 g + g0 f Ferner ist Z b a (fg)0 (x) dx = f(x)g(x)jba 82 (7.2) Man integriert beide Seiten von 7.2 Satz 2: (Substitution) Seien I = [; ] und I = [a; b] zwei kompakte Intervall in R, < ; a < b. Sei f 2 C 0(I ): Es gebe ' 2 C 1(I) mit '(I) I . Dann gilt '(b) Z '(a) f(x) dx = Z f('())'0 () d Beweis: Sei : I ! R eine Stammfunktion von f : I ! R. Dann gilt d 0 0 0 d ('()) = ('()) ' () = f('())' () Daher gilt nach Satz Z f('())'0 () d = ('())j = ('()) ('()) ) = (x)j''((alpha )= '() Z '() f(x) dx 1. Anwendungsmoglichkeit: Es soll R1 f(x) dx berechnet werden. Wenn man eine Funktion f 2 C 0 (I ), ein ' 2 C 1 (I) mit '(I) I nden kann, so da g() = f('())'0 (), so gilt Z g() d = Z '() '() f(x) dx oglichkeit: ("Variablentransformation\) 2. Anwendungsm R Es soll ab f(x) dx berechnet werden. Wenn man eine bijektive Abbildung ' 2 C 1(I) mit '(I) I nden kann und : I ! I die inverse Abbildung zu ' ist, so gilt Z a b f(x) dx = Z (b) (a) 83 f('())'0 () d Index B(M), 62 C o (I), 62 R(I), 69 bei Folgen, 40 Denition durch Induktion, 6 Denitionsbereich, 8 Dierential, 77 Dierenzenquotient, 76 Dierenzierbarkeit, 76 auf einem Intervall, 78 Abbildung, 8 bijektiv, 9 Einschrankung, 8 identische Abbildung, 9 injektiv, 9 inverse Abbildung, 9 Komposition, 9 surjektiv, 9 Abbleitung rechtseitige, 78 Ableitung, 76 hohere, 78 linksseitige, 78 Abstand, 25 Assoziativitat, 14 Axiome Inverses, 15 naturliche Zahlen, 4 Ordnungsrelationen, 15 reelle Zahlen, 14 eulersche Zahl e, 26, 35 Fakultat, 19 Folge beschrankt, 15 divergent, 30 Eindeutigkeit des Grenzwertes, 31 Grenzwert, 30 konvergent, 30 Konvergenz, 32, 34 monoton fallend, 15 monoton wachsend, 15 Nullfolge, 31 reelle Zahlenfolgen, 15 Folgen, 11 Funktion reelle, 50 bedingte Konvergenz, 46 Beispiele Beweis durch vollstandige Induktion, 20 vollstandige Induktion, 6 Bernoulli-Ungleichung, 26 beschrankt Funktion, 60 Betrag, 23 Binomialkoezient, 19 Binomischer Lehrsatz, 20 Bruche, 19 geometrische Reihe, 44 gleichmaige Konvergenz, 64 Grenzfunktion, 64 Grenzwert, 30 Haufungspunkt, 38 Hauptsatz der Dierential-und Integralrechnung:, 81 Inmum, 42 Integral, 68 uber Treppenfunktionen, 67 uber Regelfunktionen, 70 unbestimmtes, 82 Cauchy'sches Konvergenzkriterium bei Reihen, 43 Cauchy'sches Konvergenzkriterium 84 Integrationsvariable, 70 Intervall, 25 abgeschlossen, 25 kompakt, 25 oen, 25 Intervallschachtelung, 36 Nullfolge, 31 oszillatorisches Verhalten, 58 Pascal`sches Dreieck, 20 Polynom, 52 Potenzen, 19 Produktregel, 79 Produktzeichen, 18 punktweise Konvergenz, 64 Kardinalitat, 10 kartesisches Produkt, 8 kleinste obere Schranke, 15 Kommutativitat, 14 Konvergenz, 32 absolute, 46 gleichmaige, 64 punktweise, 64 uneigentliche, 43 von unendlichen Reihen, 43 Quotientenregel, 79 rationale Zahlen, 13, 17 Rechenregeln fur Reihen, 45 rechtseitig dierenzierbar, 78 Regelfunktion, 69 Reihe alternierende, 44 von Funktionen, 65 Relation, 8 Riemannsche Summe, 70 leere Menge, 7 Limes einer Funktion, 53 linksseitiger, 55 rechtsseitiger, 55 limes inferior, 43 limes superior, 43 linksseitig dierenzierbar, 78 Satz von Bolzano-Weierstra, 39 von Dericklet, 46 von Eudoxox-Archimedes, 30 Schranke einer Menge kleinste bzw. grote, 42 Schwarz'sche Ungleichung, 28 sign, 23 Sprungstellen, 58 Stammfunktion, 80 stetig gleichmaig, 62 in einem Punkt, 57 stetig dierenzierbar, 78 Stetigkeit auf kompakten Intervallen, 59 Stetigkeitsstelle, 57 streng monoton wachsend, 79 Substitutionsregel, 83 Summe einer Reihe, 43 Summenzeichen, 18 Supremum, 42 Supremumsnorm, 62 Majorante, 47 Majorantenkriterium, 47 Maximum und Minimumannehmen, 60 Mengen U berabzahlbarkeit, 12 Abzahlbarkeit, 11 Dierenz, 7 Durchschnitt, 7 echte Teilmenge, 7 endlich, 10 Gleichheit von Mengen, 7 gleichmachtig, 9 Vereinigung, 7 Minorante, 47 Mittelwertsatz der Intergralrechnung, 75 monoton wachsend, 79 Norm, 24, 61 euklidische, 62 Supremumsnorm, 62 normierter linearer Raum, 61 Teilfolge, 34 Transitivitat, 15 85 Treppenfunktion, 63 Umgebung, 25 Umordnung einer Reihe, 45 Umordung einer Folge, 34 unbedingte Konvergenz, 46 unendliche Reihe, 43 Unendlichkeitsstelle, 58 Unstetigkeitsstelle, 57 hebbare, 58 Sprungstelle, 58 vollstandige Induktion, 5, 6 Zwischenwertsatz, 60 86