Diplomarbeit Mario Wieser -1- Diplomarbeit Mario Wieser Diplomarbeit Konstruktion einer Zylinderkern – Knochenbiopsiefräse mit integriertem Zentriersystem und 3-Stufen-Wundversorgungseinheit für die osteologische Basisdiagnostik eingereicht von Mario Wieser Mat.Nr.: 0112544 zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt am Universitätsklinik für Innere Medizin, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin unter der Anleitung von ao.Univ. Prof. Dr. Harald Dobnig Ort, Datum ………………………….. (Unterschrift) -2- Diplomarbeit Mario Wieser Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz, am …… Unterschrift -3- Diplomarbeit Mario Wieser Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die mich beim Verfassen meiner Diplomarbeit unterstützt haben. Besonderer Dank gilt meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Harald Dobnig und meiner Zweitbetreuerin Frau Doz. Dr. Astrid Fahrleitner-Pammer, die mir die Möglichkeit boten, ein medizinisch- technisches Diplomarbeitsthema zu behandeln und mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite standen. Weiters möchte ich meinem ehemaligen Lehrmeister und mittlerweiligen Kollegen Herrn Peter Stocker danken, ohne dessen Beitrag, die Entwicklung des Prototypen, der Zylinderkern- Knochenbiopsiefräse nicht möglich gewesen wäre. Darüberhinaus gebührt meinen Eltern ein spezieller Dank. Sie haben mir während dem Studium zu jeder Zeit moralischen und finanziellen Rückhalt geboten. Dank gebührt auch meinem Bruder Thomas und meiner Lebensgefährtin Julia, die mir bei der Formulierung und bei der Korrektur der Diplomarbeit hilfreich zur Seite standen. Ich bedanke mich auch bei meinem langjährigen Freund Harald Antonitsch, der mich in allen Belangen tatkräftig unterstützt hat. -4- Diplomarbeit Mario Wieser Zusammenfassung Fragestellung: Verschiedene Biopsie-Techniken haben sich im Laufe der Zeit etabliert. Dabei erfordert jedes Gewebe des Körpers bedingt durch die individuelle Struktur, materielle Beschaffenheit und Konsistenz spezifisch ausgerichtete Instrumente. Infolge der strukturellen Eigenheit und der Ähnlichkeit zu technischen Werkstoffen nimmt das Knochengewebe in der Biopsietechnik eine Sonderstellung ein. Die bislang verwendeten osteologischen Biopsiewerkzeuge konnten die qualitativen Anforderungen bezüglich des Grades an Invasivität und Erhalt der Knochenstruktur des Biopsates nicht vollständig erfüllen. Zusätzlich erschwerte die komplizierte Handhabung der Biopsiesysteme die Gewebeentnahme und belastete den Patienten zumeist unnötig. Die Konstruktion eines Prototypen einer neuartigen Zylinderkern-Knochenbiopsiefräse mit integriertem Zentriersystem und 3-Stufen-Wundversorgungseinheit sollte alle geforderten Ansprüche erfüllen und die zukünftige Diagnostik von osteologischen Erkrankungen, wie auch die Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen erleichtern. Material und Methoden: Die primäre Planung der Konstruktion erfolgte über Handskizzen, im Zuge derer versucht wurde, die Grundstruktur des Biopsiewerkzeuges festzuhalten. Im weiteren Verlauf erfolgte die Digitalisierung der Handzeichnungen. Konkrete Details der Funktion wurden in Versuchen getestet und anschließend auf technische Zeichnungen übertragen. Probleme funktioneller und struktureller Natur erforderten den Einsatz von Simulationsprogrammen und die Fertigung von Vorläufermodellen (Prototyp), um die Funktionen entsprechend den gestellten Anforderungen an anatomischen Präparaten zu testen. Fehlplanungen wurden korrigiert und in die bereits vorhandenen technischen Zeichnungen übernommen. Ergebnisse: Konstruktion Die ständige technische Überarbeitung ermöglichte schließlich die eines vollständig funktionsfähigen Prototyps, der auf dem technischen Niveau einer geplanten Serienfertigung ist. Anforderungen, wie die strukturelle Erhaltung des Knochenzylinders bei gleichzeitig minimaler Invasivität des Biopsievorganges, sowie die Voraussetzungen für eine optimale Wundheilung, wurden dabei erfüllt. Schlussfolgerung: Die Konstruktion des neuen Biopsiesystems bietet die Möglichkeit, Knochengewebe schnell, einfach und ohne große Belastung für den Patienten zu gewinnen und dadurch die Diagnostik von Knochenerkrankungen zu vereinfachen. -5- Diplomarbeit Mario Wieser Abstract Introduction: Many biopsy techniques have been created during the course of time. However, only some of them have been made superior due to their efficiency. Due to the individual structure and consistency of the body tissue specific instrument must be used during a biopsy. Because of the uniqueness and similarity to the technical material the bone tissue has a unique position in techniques of biopsy. The osteological biopsy tools that have been used up to this date could not reach the requirements of quality as high in invasiveness and patient’s bone protection as with the new bone milling technique. Moreover, the difficult handling of the biopsy tools has made it difficult to obtain the bone tissue which has also caused much inconvenience for the patient. The construction of the new cylindrical-cored bone-biopsy miller with integrated centring system and 3 step wound healing unit should meet all requirements and make the future diagnostics of osteological diseases and the answering of the scientific questions easier. Methods and Materials: The primary planning of the construction was made with sketches with which it was tried to draw the base structure of the biopsy tool down. The next step was to put the sketches into the digital form. Next, we had to test the function’s details and apply them to the engineering drawings. In order to be able to test functions on the anatomical biologics with special requirements the functional and structural problems had to be simulated with a program and a prototype had to be built. Errors were corrected and the corrections have been applied to the sketches. Results: Due to the constant technical revision we were able to build a full-functioning prototype which is on the technical level of a planned series production. Requirements such as structural cylindrical-bone protection, minimal invasiveness and optimal conditions for recovery have been met. Conclusion: The construction of the new biopsy system makes it possible to obtain high quality transilliac bone-biopsy cylinders easily, quickly and without any major stress for the patient and also makes the diagnostics of osteological diseases easier. -6- Diplomarbeit Mario Wieser Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG ............................................................................... - 11 1.1 HISTORIE BIOPSIE ...............................................................................- 11 1.2 BIOPSIE TECHNIKEN ............................................................................- 12 1.2.1 DERMATOLOGIE .................................................................................- 12 - 1.2.2 NEPHROLOGIE, UROLOGIE .................................................................- 12 - 1.2.3 NEUROCHIRURGIE ..............................................................................- 13 - 1.3 WERKZEUGANFORDERUNGEN IN DER OSTEOLOGIE ................................- 14 - 2 1.3.1 STRUKTURELLE ERHALTUNG DER KNOCHENMATRIX ............................- 14 - 1.3.2 MINIMAL - INVASIVE ZUGANGSTECHNIK ...............................................- 15 - 1.3.3 EINFACHE HANDHABUNG DER BIOPSIEWERKZEUGE .............................- 15 - 1.3.4 KOSTEN .............................................................................................- 15 - STRUKTURELLE GLIEDERUNG (MODULBESCHREIBUNG) ................ - 16 2.1 SCHALENMODELL ................................................................................- 16 2.1.1 FIXIERTE MODULE (SCHALE 1 UND 2, WEICHTEILKANÄLE) ...................- 17 - 2.1.2 DYNAMISCHE MODULE (SCHALE 3 UND SCHALE 4) ..............................- 18 - 2.2 GEWEBEKANAL (SCHALE 1) .................................................................- 19 2.2.1 GEOMETRIE .......................................................................................- 19 - 2.2.2 EINZELTEILBESCHREIBUNG .................................................................- 20 - 2.2.3 2.2.2.1 Gewebeschnabel .................................................................................................- 20 - 2.2.2.2 Gewebekanalhals ................................................................................................- 22 - 2.2.2.3 Gewebekanalfuss ................................................................................................- 24 - WERKSTOFF...................................................................................- 25 - 2.3 ARBEITSKANAL (SCHALE 2) .................................................................- 26 2.3.1 GEOMETRIE .......................................................................................- 26 2.3.1.1 2.3.2 Spacer (Abstandhülse) ........................................................................................- 27 - WERKSTOFF...................................................................................- 28 - -7- Diplomarbeit Mario Wieser 2.4 ZYLINDERKERNLOCHFRÄSER (SCHALE 3)..............................................- 29 2.4.1 GEOMETRIE .......................................................................................- 29 - 2.4.2 EINZELTEILBESCHREIBUNG .................................................................- 30 - 2.4.3 2.4.2.1 Fräskopf ..............................................................................................................- 30 - 2.4.2.2 Fräserschaft.........................................................................................................- 37 - WERKSTOFF ......................................................................................- 38 - 2.5 DIE SICHERUNGSEPROUVETTE (SCHALE 4)............................................- 40 2.6 LOKALISATIONSPLATTE MIT HAFTFOLIE UND STABILISATIONS-MEMBRAN - 43 2.6.1 DEFINITION ........................................................................................- 43 - 2.6.2 FUNKTIONSANGABEN..........................................................................- 44 - 2.6.3 EINZELTEILBESCHREIBUNG .................................................................- 45 - 2.6.4 3 2.6.3.1 Haftfolie..............................................................................................................- 45 - 2.6.3.2 Lokalisationsplatte mit Stabilisationsmembran...................................................- 47 - WERKSTOFF ......................................................................................- 49 - ANATOMIE ................................................................................. - 50 3.1 REGIO GLUTAEA ..................................................................................- 50 - 4 3.1.1 BEGRENZUNG ....................................................................................- 50 - 3.1.2 BEGRENZUNGEN DES BIOPSIEAREALS.................................................- 51 - 3.1.3 GEWEBESCHICHTEN DER REGIO GLUTAEA (BIOPSIEAREAL).................- 52 3.1.3.1 Die Haut..............................................................................................................- 52 - 3.1.3.2 Fascien und Muskulatur des Biopsieareals .........................................................- 53 - 3.1.4 GEFÄßE UND NERVEN ........................................................................- 54 - 3.1.5 BIOPSIEAREAL AM DARMBEIN (KNÖCHERNE GRUNDLAGE) ...................- 56 - LAGERUNGSVERHÄLTNISSE ........................................................ - 59 4.1 VORBEREITUNG ...................................................................................- 59 4.2 LAGERUNGSPOSITION ..........................................................................- 60 - 5 FUNKTIONELLE GLIEDERUNG (FUNKTIONSBESCHREIBUNG) ........... - 64 5.1 VORAUSSETZUNGEN ............................................................................- 65 5.1.1 INDIKATION ........................................................................................- 65 - -8- Diplomarbeit Mario Wieser 5.1.2 AUFKLÄRUNGSGESPRÄCH ..................................................................- 65 - 5.1.3 LAGERUNG DES PATIENTEN ................................................................- 65 - 5.1.4 CHIRURGISCHE FLÄCHENDESINFEKTION .............................................- 66 - 5.1.5 NARKOSE UND LOKALANÄSTHESIE ......................................................- 66 - 5.2 ANATOMISCHE NAVIGATION .................................................................- 67 5.2.1 POSITIONIERUNG DER LOKALISATIONSPLATTE .....................................- 67 5.2.1.1 Anatomische Landmarken ..................................................................................- 67 - 5.2.1.2 Aufkleben der Lokalisationsplatte ......................................................................- 68 - 5.2.1.3 Verkleben der Stabilisationsmembran ................................................................- 69 - 5.2.2 POSITIONIERUNG DER HAFTFOLIE .......................................................- 70 - 5.2.3 LAGEKONTROLLE ...............................................................................- 71 - 5.2.4 FUNKTIONSZUSTÄNDE DER LOKALISATIONSPLATTE .............................- 72 5.2.4.1 Funktionsposition 1 (F 1)....................................................................................- 72 - 5.2.4.2 Funktionsposition 2 (F 2)....................................................................................- 72 - 5.2.4.3 Aktivierung der Lokalisationsplatte....................................................................- 73 - 5.3 PATHFINDER .......................................................................................- 74 5.3.1 EINBRINGEN DES GEWEBEKANALS ......................................................- 74 5.3.1.1 Biopsiefenster .....................................................................................................- 74 - 5.3.1.2 Ausrichten des Gewebekanals ............................................................................- 75 - 5.3.1.3 Durchsetzen der Weichteile ................................................................................- 76 - 5.3.1.4 Öffnen der Gewebeklappen und Verankerung des Kanals..................................- 77 - 5.3.1.5 Verankerungssicherungen...................................................................................- 80 - 5.4 AUSFRÄSEN DES KNOCHENZYLINDERS ..................................................- 82 5.4.1 DAS ZENTRIERSYSTEM .......................................................................- 82 - 5.4.2 KOPPELUNG DER ZYLINDER KERNLOCHFRÄSE MIT DEM ZENTRIERSYSTEM...83 - 5.4.3 AUSFRÄSEN DER KNOCHENPROBE......................................................- 83 5.4.3.1 Einstellung der Frästiefe .....................................................................................- 83 - 5.4.3.2 Anschnitt der Kortikalis......................................................................................- 84 - 5.4.3.3 Schnittführung im Knochengewebe....................................................................- 86 - 5.4.3.4 Absetzen des Biopsiezylinders............................................................................- 87 - 5.5 BERGUNG UND SICHERUNG DES KNOCHENZYLINDERS ............................- 90 5.5.1 MEHRFACHE PROBEENTNAHME ..........................................................- 91 - 5.6 3-STUFEN-WUNDHEILUNGSEINHEIT .......................................................- 93 5.6.1 ALLGEMEINE FUNKTIONSBESCHREIBUNG ............................................- 93 - -9- Diplomarbeit 5.6.2 Mario Wieser 3-STUFEN-WUNDVERSORGUNGSEINHEIT ............................................- 95 5.6.2.1 Stufe 1 - Entfernung der intraoperativen Schutzeinrichtungen (Gewebekanal, Arbeitskanal, Haftfolie) ......................................................................................- 95 - 5.6.2.2 Stufe 2 - Lösen der Blutschranke (Deaktivierung der Druckplatte) ...................- 97 - 5.6.2.3 Stufe 3 – Lösen der Stabilisationsmembran ........................................................- 98 - 6 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ........................................................ - 102 - 7 LITERATURVERZEICHNIS ........................................................... - 107 - 8 ANHANG .................................................................................. - 108 - - 10 - Diplomarbeit Mario Wieser 1 EINLEITUNG 1.1 HISTORIE BIOPSIE Die Weiterentwicklung von bildgebenden medizinischen Methoden revolutionierte in den letzten Jahrzehnten die Diagnostik krankheitsbedingter, struktureller Veränderungen von Organen und Geweben. Der menschliche Körper wurde für den Arzt in morphologischer und auch funktioneller Beziehung immer transparenter. Es bot sich die einzigartige Möglichkeit, Strukturen und Funktionen des Körpers zu betrachten, ohne dafür ein „anatomisches Fenster“, einen Zugang zur Leibeshöhle schaffen zu müssen. Medizinische diagnostische Verfahren wie z.B. explorative chirurgische Verfahren wurden dadurch großteils entbehrlich. Primär dominierte der Vorteil, krankhaftes Gewebe untersuchen zu können, ohne dabei gesundes Gewebe zu zerstören. Doch auch den bildgebenden Systemen sind Grenzen gesetzt; speziell histologische Gewebeveränderungen entziehen sich dem Blickfeld radiologischer Methodik. Die Detektion von neoplastischem Wachstum bzw. die Sicherung der Diagnose, welche nötig ist, um eine adäquate Therapie einzuleiten, muss auch heute noch auf direktem Weg, sprich im Rahmen einer Biopsie und der anschließenden histopathologischen Auswertung erfolgen. Der direkte Nutzen, über einen anatomischen Zugang Gewebe aus dem Körper zu gewinnen und es unter dem Mikroskop auszuwerten, ist in mancher Hinsicht unerlässlich und wird auch in nächster Zeit einen hohen Stellenwert besitzen. Histologie Anamnese Sicherung der Diagnose Biopsie Bildgebendes Verfahren Abb.1: Schema der Diagnosesicherung bei neoplastischem Geschehen - 11 - Diplomarbeit Mario Wieser 1.2 BIOPSIE TECHNIKEN Verschiedene Biopsie - Techniken haben sich im Laufe der Zeit etabliert. Dabei erfordert jedes Gewebe, bedingt durch individuelle Struktur, materielle Beschaffenheit und Konsistenz, spezifisch ausgerichtete Instrumente. Grundsätzlich sollte der Zugriff auf das zu biopsierende Gewebe möglichst schonend und im sicheren Abstand zu anderen Organsystemen erfolgen. Oft müssen mehrere Schichten von Bindegewebe, Fettgewebe, Haut und Muskulatur durchsetzt werden, um die gewünschte Gewebeprobe entnehmen zu können - mit Ausnahme der Haut, die für Probeentnahmen leicht zugänglich ist. Prinzipiell kann jedem Organ Parenchym entnommen werden, meist kommen dafür Spezialkanülen in Nadelkonfiguration oder spezielle Stanzen für die Entnahme von Gewebezylindern zum Einsatz. Die Individualität der verschiedenen Gewebearten erfordert den Einsatz spezifischer Instrumentarien. In den medizinischen Teilbereichen haben sich infolgedessen sehr unterschiedliche Biopsietechniken etabliert. 1.2.1 DERMATOLOGIE Infolge der einfachen Handhabung und dem gut zugänglichen Zielgewebe, hat sich die „Stanze“ als Instrument der Wahl bei dermatologischen Eingriffen durchgesetzt. Auch das Skalpell findet seine Anwendung: speziell bei großen Biopsieflächen werden die betroffenen Hautareale spindelförmig ausgeschnitten. Öberflächliche Läsionen werden unter Lokalanästhesie mit dem scharfen Löffel oder einer Ringkürette abgeschabt und anschließend histologisch untersucht. 1.2.2 NEPHROLOGIE, UROLOGIE In der Nephrologie und Urologie muss auch die Leibeswand durchsetzt werden, um an das entsprechende Organ zu gelangen. Die Nierenpunktion erfolgt mittels einer perkutanen Biopsie in Bauchlage. Dafür wird eine feine Nadel unter Ultraschallkontrolle von dorsal-lateral an die Niere geführt, um anschließend den entsprechenden Gewebezylinder aus dem Organ zu entnehmen. - 12 - Diplomarbeit Mario Wieser 1.2.3 NEUROCHIRURGIE Das ZNS erfordert besonders sicher geführte Biopsieinstrumente, um keine Schäden an lebenswichtigen Strukturen zu hinterlassen. Stereotaktische Biopsieinstrumente werden computergesteuert unter Bildwandlerkontrolle an die Biopsiestelle navigiert, um das entsprechende Gewebe aufzunehmen und zu bergen. Der Schädel des Patienten wird dabei fixiert, veränderungen vermieden werden. - 13 - damit ungewollte Positions- Diplomarbeit Mario Wieser 1.3 WERKZEUGANFORDERUNGEN IN DER OSTEOLOGIE Das Knochengewebe nimmt, durch seine materielle Eigenheit, eine Sonderstellung ein. Rein zytologische Analyseverfahren (Knochenmark) erfordern keine speziellen Gerät- schaften, dazu reichen herkömmliche Nadeln („Jamshidi“-Nadel) aus. Kompressionsfrakturen im Konchenaufbau Abb.2: Herkömmliches Biopsiewerkzeug haben keine Folgen. Die strukturelle Auswertung von Knochenproben, z.B. im Rahmen der osteologischen Basisdiagnostik (Beckenkammbiopsie), bedürfen aber der vollständigen Erhaltung der in-vivo bestehenden Knochenkonstitution. Der Knochenzylinder muss, ohne dabei Druck auf die Knochenstruktur auszuüben, aus seinem Verband gesägt Abb.3: Biopsiewerkzeug oder gefräst werden. Die Erhaltung der strukturellen Gegebenheiten genießt oberste Priorität. Die bisher verwendeten osteologischen Biopsiewerkzeuge (Abb.1 und 2) konnten die qualitativen Anforderungen bezüglich des erforderlichen Grades an Invasivität und dem Erhalt der Knochenstruktur des Biopsates nicht erschwerte die komplizierte Handhabung der vollständig erfüllen. Zusätzlich Biopsiesysteme die Gewebe- entnahme und belastete den Patienten unnötig. 1.3.1 STRUKTURELLE ERHALTUNG DER KNOCHENMATRIX Der aus dem Beckenkamm gewonnene Knochenzylinder muss strukturell der invivo bestehenden Knochenmatrix entsprechen. Die Kortikalis als verdichtete, äußerste Schicht des Beckenknochens sollte beim Anschnitt mit der Kernloch- - 14 - Diplomarbeit Mario Wieser biopsiefräse möglichst gerade getroffen werden, um ihren konstanten soliden Aufbau zur Gänze zu erhalten. Am Übergang von Kompakta auf Spongiosa erfordern die wechselnden Dichteverhältnisse eine fein abgestimmte Vorschubbewegung durch die Antriebseinheit, um Mikrofrakturen im Trabekelwerk des Knochengewebes zu verhindern. Eine thermische Schädigung infolge inadäquat hoher Drehzahl der Kernlochfräse kann durch das Angleichen der Umdrehungsgeschwindigkeit weitgehend unterbunden werden. 1.3.2 MINIMAL - INVASIVE ZUGANGSTECHNIK Um dem Patienten eine rasche und beschwerdefreie Genesung zu gewährleisten, muss der gesamte Eingriff, insbesondere die Zugangstechnik, auf die anatomischen Verhältnisse der Regio glutaea abgestimmt sein. Der Zugriff auf das Biopsieareal sollte möglichst schonend (miniaml-invasiver Eingriff) und im sicheren Abstand zu anderen Organsystemen erfolgen. Auch die richtige Lagerung des Patienten, während und auch nach dem Eingriff, wirken sich positiv auf die postoperative Wundheilung aus. 1.3.3 EINFACHE HANDHABUNG DER BIOPSIEWERKZEUGE Die einfache Handhabung der Zylinderkernlochfräse ist eine Grundvoraussetzung für die Durchführung eines erfolgreichen Biopsievorganges. Der Anwender sollte keine besonderen Werkzeugkenntnisse oder chirurgische Fähigkeiten aufweisen müssen, um das Biopsiewerkzeug bedienen zu können. 1.3.4 KOSTEN Bei der Fertigung der Biopsiewerkzeuge sollten verschleißfeste Werkstoffe zum Einsatz kommen, um die Qualität der Knochenprobe über lange Zeit zu gewährleisten. Der nichtrostende Chromstahl des Zylinderkernlochfräsers und die spezielle Wärmebehandlung der Fräserkrone sorgen für eine hohe Standzeit und gleichzeitig für eine Senkung von Werkzeugkosten. - 15 - Diplomarbeit Mario Wieser 2 STRUKTURELLE GLIEDERUNG (MODULBESCHREIBUNG) 2.1 SCHALENMODELL Das Schalenmodell bezieht sich ausschließlich auf die Funktion bzw. Struktur der Arbeitsmodule, die in das Weichteilgewebe eindringen und während des Biopsievorganges mit Fett, Muskel oder Knochengewebe unmittelbar in Kontakt stehen. Dieses Modell dient der Veranschaulichung positioneller Beziehungen, zwischen den einzelnen Biopsiewerkzeugen während des Arbeitsvorganges. In derselben Weise wie die Gliederung für das Schalenmodell, erfolgt jene des Kapitels „Einzelteilbeschreibung“ nach Gesichtspunkten wie: Einsatzreihenfolge und Lagebeziehung der Module zueinander bzw. zu den umliegenden Weichteilen. (Genauere Angaben funktioneller oder anatomischer Natur werden vorerst vernachlässigt, in den darauf folgenden Kapiteln jedoch ausführlich beschrieben. Detaillierte Anweisungen für die Inbetriebnahme des Biopsiesets finden sich ebenfalls im anschließenden Kapitel 5. „ Funktionelle Gliederung“). Die Erläuterung des Schichtenmodells erfolgt während des Betriebes in Arbeitsposition der einzelnen Module. Das „Schalenmodell“ dient in erster Linie dem leichteren Verständnis von strukturellen Aspekten, für die in den folgenden Kapiteln beschriebenen Einzelteile. Der Gewebekanal liegt mit geöffnetem und im Periost bzw. Kortikalis verankertem Schnabel in anatomisch korrekter Position. Der Arbeitskanal verhindert den Schluss der Gewebeschaftklappen und umschließt den rotierenden Biopsiefräser. Die Sicherungseprouvette liegt im Hohlschaft des Fräsers und folgt passiv den Bewegungen des Fräsers. Jedes Einzelne der vier Werkzeuge besitzt eine röhrenförmige Geometrie, wobei eines nach dem anderen durch das bereits positionierte, Vorhergehende hindurchgeführt wird. Somit erhält das Werkzeug in Arbeitsposition und 2dimensionaler Betrachtung einen schalenförmigen Charakter. In 3-dimensionaler Ansicht erscheinen die Arbeitsmodule teleskopartig ineinander geschoben. Die Einteilung erfolgt nach der Einsatzreihenfolge und der Lage zu den Weichteilen von innen nach außen. Die farbliche Kennzeichnung der Schichten in der folgenden Einteilung wird auch in der Detailzeichnung weitergeführt. Um - 16 - Diplomarbeit Mario Wieser Lageverhältnisse des Werkzeugs und die Orientierung während der strukturellen Beschreibung einfacher zu gestallten, werden alle Richtungsangaben auf das Kernstück des Biopsiesets, den Fräser in dessen Arbeitsposition bezogen. Richtungweisend für alle anderen Werkzeuge liegt der Fräskopf immer am oder im Knochen. Im Gegensatz dazu bedeutet kupplungsorientiert: in Richtung Fräserkupplung oder Antriebseinheit weisend. Biopsat Sicherungseprouvette Zylinderkernlochfräser Arbeitskanal Gewebekanal Abb.4: Schalenmodell 2.1.1 FIXIERTE MODULE (SCHALE 1 UND 2, WEICHTEILKANÄLE) Gewebekanal (1. Schale, Kapitel 2.2) ¾ Positionierung des Biopsiefräsers ¾ Stabilisierung der Probeentnahme ¾ Weichteilschutz Arbeitskanal (2. Schale, Kapitel 2.3) ¾ Positionierung des Biopsiefräsers an der Kortikalis ¾ Verlagerungsschutz ( gesichertes Anschneiden des Knochens ) - 17 - Diplomarbeit Mario Wieser Die ersten beiden Schalen verharren, nach ihrer Positionierung fix im Weichteilgewebe. Schicht 1 und 2 erfüllen die Aufgaben eines Kanals. Sie stabilisieren, durch ihre Wandstärke den Zugang zum Beckenknochen und begrenzen die Arbeitsbewegungen des Biopsiefräsers um Weichteil- verletzungen zu verhindern. Weiters Abb.5: Schnittdarstellung des Schalenmodells dienen sie der exakten Positionierung und Führung der Biopsieinstrumente (Abb.5, Schale 3 und 4) während der Probeentnahme. 2.1.2 DYNAMISCHE MODULE (SCHALE 3 UND SCHALE 4) Zylinderkernlochfräser (3. Schale, Kapitel 2.4) ¾ Auslösen der Knochenprobe ¾ Bergung der Knochenprobe Sicherungseprouvette (4. Schale Kapitel 2.5) ¾ Sicherung der Knochenprobe ¾ Speicherreservoir für die Knochenprobe Die Schichten 3 und 4 sind die eigentlichen Biopsiewerkzeuge. Sie werden durch die bereits positionierten „fixierten Module“ an ihre Arbeitsposition navigiert. Nach dem Auslösen der Probe aus dem Knochenverband, dienen sie als Speicherreservoir für das Biopsat. Kernlochfräser bzw. Sicherungseprouvette unterscheiden sich von Gewebekanal und Arbeitskanal durch die von ihnen ausgeführte Rotations- Vorschubbewegung. Zusätzlich Unterschiede in Ihrer bereits beschriebenen Funktionsweise. - 18 - bestehen klare Diplomarbeit Mario Wieser 2.2 GEWEBEKANAL (SCHALE 1) 2.2.1 GEOMETRIE Der Gewebekanal hat die geo- metrische Form eines Hohlzylinders, dem an seiner Basis ein konisch zusammenlaufender Schnabel an- geschlossen ist. Der Schnabel ist mit einer Kegelbohrung versehen und weist mit seiner Schneide in Arbeitsrichtung. An den Mantelflächen sind zwei gegenüberliegende Sollbruchstellen (Abb.10: rote Linien) in axialer Richtung Abb.6: Gewebekanal 3-dimensional eingearbeitet, diese ermöglichen eine symmetrische Aufklappung des Hohlkegels von der Schneide an (Abb.11). Das Werkzeug kann durch diesen Mechanismus durchgängig geöffnet werden. Der gesamte Kanal wird in einem Stück aus Kunststoff mit an der Spitze des Schnabels eingesetzten Metallschneiden gefertigt. Im Inneren Abb.7: Gewebekanal in der Seitenansicht des Gewebekanals liegt ein röhrenförmiger Hohlkörper, der als Arbeitskanal bezeichnet wird. Durch diesen erfolgt der eigentliche Biopsie-vorgang. (Nähere Angaben zum ver-wendeten Kunststoff sind dem Kapitel 2.2.3 im Anschluss an die Einzel- teilbeschreibung zu entnehmen). Der Gewebekanal wird mit der HohlAbb.8: Gewebekanal im Vorderansicht kegelspitze durch die Weichteile der - 19 - Diplomarbeit Mario Wieser seitlichen Hüftregion an das Periost. über dem Darmbein geführt. Diese gesicherte, temporäre Kontinuitätsunterbrechung des Gewebes wird für die schonende Einführung des Arbeitskanales genützt, durch den der Kernlochfräser die Gewebeprobe aus dem Beckenknochen löst. Der Kanal stellt die äußerste von vier Schalen bzw. Röhren dar, durch die, während des Eingriffs, die einzelnen Arbeitsmodule ein- bzw. ausgeführt werden. Jede Arbeitsbewegung wird also durch den Gewebekanal zu den umliegenden Weichteilen abgegrenzt. Dies stellt hohe Ansprüche an die Stabilität des Werkzeuges, da die hindurchgeführten Werkzeuge erhebliche Weichteilschäden verursachen können und es zu postoperativen Komplikationen wie Blutungen, Schmerzen und Wundheilungsstörungen kommen kann. 2.2.2 EINZELTEILBESCHREIBUNG 2.2.2.1 Die GEWEBESCHNABEL konisch zusammenlaufende Schneide des Gewebekanals besteht aus zwei symmetrischen Klappen, die im geschlossenen Zustand die Form eines Hohlkegels ergeben (Abb.9). Die aus Kunststoff gefertigten Klappen des Kanals werden zusammen als Gewebeschnabel bezeichnet und gehen fließend in den, an die Basis des Kegels grenzenden, Gewebekanalhals über. Die Länge des Hohlkegels, von der Basis bis zur Schneide, Abb.9: Klappen geschlossen ist abhängig von der zu durchdringenden Weichteilstärke und der Gewebe- spannung. - 20 - Diplomarbeit Mario Wieser Das ideale Abmaß wurde in zahlreichen Versuchen ermittelt und steht in direktem Zusammenhang mit dem auf den Gewebeklappen lastenden Weichteildruck, dem Durchmesser des Gewebehalses, der geforderten lichten Weite und der Beschaffenheit des verwendeten Kunststoffes. Die ermittelte Basis-Spitzenhöhe beträgt 25 mm und ist konstant, auch bei Änderung der Gesamtlänge Abb.10: Sollbruchstellen des Werkzeuges. Wie bereits erwähnt, setzt sich der Gewebeschnabel aus zwei sym- metrischen Klappen zusammen. Diese sind in ihrer Spiegelebene durch eine Sollbruchstelle verbunden (Abb.10: rote Linien). An der Schnabel-Halsgrenze, also an der Basis des Hohlkegels, am Übergang zum Gewebekanalhals, befinden sich ebenfalls eingearbeitete Abb.11: Klappenöffnung 1 Werkstoffsollbruchstellen. Gewebeschnabel, Gewebehals und der im Kapitel 2.3 beschriebene Arbeitskanal wirken als Klappenöffnungs- mechanismus zusammen (Abb.11, 12). Der sich im Inneren des Gewebekanals befindliche Arbeitskanal überragt in seiner Länge das Fußende des Gewebekanals und fungiert als Druckstempel (Abb.11: roter Pfeil) Öffnungsmechanismus. für den Abb.12: Klappenöffnung 2 - 21 - Diplomarbeit Mario Wieser In geschlossener Klappenstellung liegt der rohrförmige Arbeitskanal, Schnabel-Halsgrenze an der im Inneren des Weichteilkanals direkt an der Basis der konisch zusammenlaufenden Gewebeklappen. Durch die „Rohr in Rohr“ Anordnung der beiden Kanäle und der konischen Form, werden die Gewebeklappen mittels forciertem Druck auf den Stempel des Arbeitskanals, in ihren Sollbruchstellen von einander gelöst und geöffnet. Die Öffnung erfolgt von der Schneide des Schnabels bis zur Basis der Klappen, welche durch Kunststoffbrücken scharnierartig (Abb.10: rote Linien) einzeln mit dem Gewebekanalhals verbunden sind. Durch die Klappenöffnung werden die vom Gewebekanal durchsetzten Weichteile schonend verdrängt und der von Periost überzogene Knochen freigelegt. An der Scheide der Klappen befinden sich in den Kunststoff eingegossene Metallschneiden, die sich in geschlossener Klappenposition übereinander legen und eine bajonettartige Form annehmen. (Die genaue Funktionsweise des Klappenöffnungsmechanismus wird im Kapitel 5.3.1.4 erläutert.) 2.2.2.2 GEWEBEKANALHALS Der Gewebekanalhals ist, wie der Fräserschaft und der Arbeitskanal, ein durchgängiger Hohlzylinder und bildet die äußerste von Schichten (Erklärung modells im insgesamt des Kapitel vier Schalen„Funktion- seinheiten“). In Arbeitsposition grenzt der Kanal mit seiner Umfangsfläche direkt an die ihn umgebenden Weichteile. Er bildet somit einen abgegrenzten und Abb.13: Gewebekanalhals gesicherten Durchgang in dem die einzelnen Arbeitsschritte des Biopsievorganges durchgeführt werden. - 22 - Diplomarbeit Die Mario Wieser geometrische Form beschreibt einen Hohlzylinder mit einem Außendurchmesser von 13,3 mm und einer lichten Weite von 12,3 mm. Die daraus resultierende Wandstärke liegt bei 0.5 mm und erstreckt sich konstant über die Gesamtlänge des Gewebekanalhalses. Die Grenzen zum aufsitzenden Gewebeschnabel und dem Gewebekanalfuß liegen zum einen der Basis des Schnabels und zum anderen an Abb.14: Zentriersystem den Fingergriffen des Fußes (Abb.13) Am Gewebekanalhals, direkt unter den Fingergriffen, befinden sich symmetrisch gegenüberliegende Spannleiste aus mehreren hintereinander gereihten Sicherungsrasten, die sich bis kurz vor die Basis des Gewebekanalschnabels erstrecken. Diese Sicherungsrasten mechanismus) und werden für sind Teil des Zentriersystems (Spanndie Positionierung bzw. Fixierung des Gewebekanals zwischen Lokalisationsplatte und Beckenknochen gebraucht (Kapitel 5.3.1.4). Wie auch der Kernlochfräser wird der Gewebekanal in unterschiedlichen Längen gefertigt. Aufgrund der körperlichen Konstitution empfiehlt sich bis zu einem BMI von 30 die Verwendung des Gewebekanals mit einer Länge von 20 mm. Bei einem BMI von über 30 sollte der längere Kanal mit einem Abmaß von 60 mm gewählt werden. Wie schon beschrieben bezieht sich die Längenänderung ausschließlich auf den Gewebehals und nicht auf Klappen oder Fuß des Kanals. Weiters bietet auch der Spannmechanismus die Möglichkeit für Ausgleichsbewegungen über kurze Distanzen (Kapitel 5.3.1.4). - 23 - Diplomarbeit 2.2.2.3 Mario Wieser GEWEBEKANALFUSS Der Gewebekanalfuß ist eines der Bindeglieder zwischen den einzelnen Funktionsmodulen. Er dient als Anschlag für die Antriebseinheit und in weiterer Folge der exakten Zentrierung des Biopsiefräsers. Der Fuß besteht aus einer ringförmigen Fixierungsplatte (Abb.15: roter Pfeil), die die Öffnung des Gewebekanal- Abb.15: Gewebekanalfuß 3-dimensional halses verstärkt, sowie zwei sich gegenüberliegenden Fingergriffen (Abb.15: grüne Pfeile). Am Gewebekanalfuß bzw. über dessen Öffnung wird der Kernlochfräser in den Hals des Kanals geführt. Die Fingergriffe an der Fixierungsplatte ähneln der einer handelsüblichen Spritze und erleichtern die Gewebekanals Handhabung während der Abb.16: Gewebekanalfuß in der Draufsicht des Ein- führung in die Weichteile bzw. beim Öffnen der Klappen. Die so genannte Fixierungsplatte hat die Form einer Scheibe, mit einem Außendurchmesser von 10 mm und ist die Fortsetzung des Gewebekanalhalses. Die Stärke der Platte beträgt 3 mm. Die Fingergriffe liegen direkt am Umfang der Fixierungsplatte und bieten mit ihrer Fläche Platz für die Abb.17: Zentriersystem mit Biopsiefräser Betätigung mit Zeige- und Mittelfinger. Die Handhabung des Gewebe- - 24 - Diplomarbeit Mario Wieser kanals und der Fingergriffe wird im Kapitel 5.3.1.3 („Durchsetzen der Weichteile“) und 5.3.1.4 („Öffnen der Gewebeklappen und Verankerung des Kanals“) ausführlich erklärt. Abb.18: Gewebekanal mit Arbeitskanal, Druckstempel und Spacer 2.2.3 WERKSTOFF POM-MG medical grade – Polyacethalharz Copolymer Zertifizierung nach USP Class VI und DIN EN 10993-5, FDA conform o Außergewöhnlich hohe Steifigkeit und Festigkeit o Chemische Beständigkeit und Temperaturstabilität o Geeignet für häufige Sterilisation o Geeignet für den Umgang mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln Anwendung: ¾ Medizintechnik ¾ Teletronik ¾ Luft- und Raumfahrt ¾ Chemische Verfahrenstechnik ¾ Transport Werkstoffrichtwerte: Dichte (g/cm³) 1,41 Temperatureinsatzbereich °C -20°C bis + 140°C - 25 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.3 ARBEITSKANAL (SCHALE 2) 2.3.1 GEOMETRIE Der Arbeitskanal ist ein je nach BMI unterschiedlich langer röhrenförmiger Hohlkörper aus einem nichtrostenden Chromstahl mit einer Wandstärke von 1,1 mm bei einem Durchmesser von 12 mm und 9,8 mm lichten Weite. Der Kanal steht an beiden Enden offen, um das Durchführen des Biopsiefräsers Abb.19: Arbeitskanal und dessen exakte Positionierung zu gewährleisten. Als zweite von vier Schalen ist der Arbeitskanal umgeben von der 1. Schale, dem Gewebekanal, und wird durch diesen von den Weichteilen klar abgegrenzt. Wie schon zuvor beschrieben wurde, liegt der Biopsiefräser (Schale 3) mit seinem Umfang in der lichten Weite des Arbeitskanals. Durch den Hinterschliff des Fräskopfes, der von einem Durchmesser von 11 mm auf 9,5 mm abfällt, entsteht ein Spielraum von 1,25 mm für die Durchführung des Biopsiefräsers. Das direkt unter dem Fräskopf an der Kopf-Schaftgrenze (Beschreibung im Kapitel 4) gelegene Ende des Arbeitskanals wird aufgrund seiner am Umfang Zacken als Käfig eingearbeiteten bezeichnet. Diese vier Fixierungszacken werden im Zuge Abb.20: Spacer - 26 - Diplomarbeit der Mario Wieser Kanalpositionierung Knochenoberfläche in die (Kortikalis) ge- drückt und sichern den Biopsiefräser beim Anschnitt (Käfig verhindert das Verlaufen des Fräsers) des Beckenknochens. Der Käfig geht ohne klare Grenzen in den Schaft des Arbeitskanals über. Der Schaft endet als Stempel und überragt den Gewebekanal, aus funktionellen Gründen, in seiner Länge. Der Stempel besteht aus Abb.21: Einführen des Gewebekanals Kunststoff und ist dem Arbeitskanal an seinem kupplungsseitigem Ende wie eine Verschlusskappe aufgesetzt (Abb.20: roter Pfeil). Dieser dient als Auflagefläche der manuellen Kraftübertragung des Daumendrucks auf den Arbeitskanals und ist dem Klappenöffnungsmechanismus zuzurechnen. Der Öffnungsmechanismus und seine Anwendung werden in den Kapiteln 5.3.1.4 („Öffnen der Gewebeklappen“) detailliert beschrieben. Im Rahmen der „Strukturellen Gliederung“ wird lediglich die geometrische Form des Stempels zeichnerisch dargestellt. 2.3.1.1 SPACER (ABSTANDHÜLSE) Der Spacer (Abb.20) verhindert die vorzeitige Betätigung des Klappenöffnungsmechanismus durch den Arbeitskanal beim Durchsetzen der Weichteile. Nach dem Entfernen des Spacers können die Gewebeklappen mittels Daumendruck geöffnet werden. Die Abstandshülse ist demnach ein Platzhalter zwischen Stempel und der Ringplatte des Gewebekanalfußes. Der verwendete Werkstoff ist wie beim Gewebekanal; Polyacethalharz Copolymer. - 27 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.3.2 WERKSTOFF Nichtrostender Chromstahl, Normbezeichnung 1.4112; Marke Böhler N 685 Zusammensetzung X90CrMoV18 Chrom (Cr) 17,50 % Kohlenstoffgehalt (C) 0,90 % Silizium (Si) 0,45 % Mangan (Ma) 0,40 % Molybdän (Mo) 1,10 % Vanadium (V) 0,10 % Mechanische Eigenschaften Warmformgebungstemperatur 1100 – 800 °C Weichglühtemperatur Härtetemperatur Anlasstemperatur Erreichbare Härte 800 – 850 °C 1000 – 1050 °C Härtemittel – Öl 100 – 200 °C 58 – 60 HRC ( Härtegrade nach Rockwell) Verwendung: Für Schneidwaren aller Art; bei höheren Anforderungen an Korrosionsbeständigkeit, wie z.B. für chirurgische Schneidwerkzeuge, waschmittelsichere Bestecke, ferner Messerklingen, Messerscheiben usw. mit hoher Schneidhärte und Zähigkeit; außerdem für verschleißfeste Bauteile. - 28 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.4 ZYLINDERKERNLOCHFRÄSER (SCHALE 3) 2.4.1 GEOMETRIE Der Zylinderkernlochfräser unterscheidet sich von herkömmlichen Fräs- werkzeugen, Kernlochbohrern ect. die in der Technik verwendet werden, durch die völlig neuartige Werkzeuggeometrie und die Möglichkeit der Anwendung an menschlichem Gewebe (Beckenknochen). Da es aus technischer Sicht keine zufriedenstellenden medizinischen Erfahrungswerte über Schneidengeometrie zur Bearbeitung von Knochengewebe gibt, war es notwendig, eine spezielle Werkzeug- Schneidenform zu entwickeln. In der Metallbearbeitung wird der ausgebohrte Kern verworfen; das kreisrunde Bohrloch ist das Ergebnis. Für die Gewinnung von Knochenproben aus dem lebenden Organismus zum Zwecke klinischer und wissenschaftlicher Fragestellungen, wird der zentrale Knochenzylinder zum gewünschten Ergebnis und das entstandene kreisrunde Loch hingegen zum Nebenprodukt. Demnach liegen die Prioritäten in der Erhaltung der histologischen Struktur und der Bergung des Biopsates. Die Grundform des Werkzeuges ist ein Hohlzylinder mit zirkulär angeordneten Schneiden am Umfang der Stirnfläche. Die Schneidenformen sind für eine kreisförmige Schnittbewegung bei geradliniger, axialer Vorschubrichtung konzipiert. Die Vorschubbewegung ist im Gegensatz zur Arbeitungsbewegung geradlinig und erfolgt in Richtung der Rotationsachse des Werkzeuges, genau im rechten Winkel zur Zerspanungsebene (Knochenoberfläche). Die Arbeitsbewegung um die zentrale Rotationsachse liegt parallel zur Ebene der Werkstückoberfläche. Die kreisförmige Arbeitsbewegung bewirkt ein radiäres „Umschneiden“ in Form eines Kreisringes, rund um den zentrischen Mittelpunkt des Bohrkerns. Infolge dessen und der Tatsache, dass sich die Spanabnahme auf die gesamte Schneidenzahl der Fräserkrone verteilt, reduziert sich der Zerspanungsquerschnitt und dadurch auch die Zerspanungsarbeit, auf ein Minimum. Nachteile entstehen durch die zirkulär angeordneten Zähne, die, bei initialem Kontakt mit dem Werkstück, alle gleichzeitig in den Werkstoff oder, wie im Falle eines Knochenbiopsiewerkzeuges, in den Knochen eindringen sollten. - 29 - Diplomarbeit Mario Wieser Bei unebenen Werkstückoberflächen reduziert sich der Kontakt auf nur wenige Zähne einer begünstigt somit die Seite und dynamische Verlagerung des Fräskopfes. Effektive Zentrierarbeit sorgt für den gleichmäßigen Kontakt an der Oberfläche des Knochens. Abb.22: Beckenkamm Abb.23: Entnommene Knochenzylinder 2.4.2 EINZELTEILBESCHREIBUNG 2.4.2.1 FRÄSKOPF Für spanende, formgebende Bearbeitungstechniken wie Bohren, Drehen und Fräsen in technischen Werkstoffen (Stahl, Holz, Kunststoff, Keramik usw.), gibt es am Sektor schneidender Werkzeuge dokumentierte Erfahrungswerte bezüglich der Schneidengeometrie. Spitzen-, Keil-, Schnitt- und Freiwinkel sowie Daten, die den Freischnitt bzw. den Hinterschliff definieren sind Fachbüchern und Tabellen - 30 - Diplomarbeit Mario Wieser zu entnehmen. Werte für Schnitt-, Vorschubgeschwindigkeit und Drehzahl sind werkstoffspezifisch und können ebenfalls Tabellen entnommen werden. Medizinische Erfahrungswerte beziehen sich, hinsichtlich spanender Fertigungsverfahren, hauptsächlich auf Instrumente (Osteotome) die Knochengewebe durchtrennen (Osteotome): die gewünschte Form oder der Erhalt der histologischen Struktur steht im Hintergrund. Zahlreiche Werkzeuge finden ihre Anwendung in der Osteochirurgie, unterscheiden sich aber grundsätzlich in ihrer Schneidengeometrie und Wirkungsweise von dem neu konstruierten Zylinderkernlochfräser. 2.4.2.1.1 Zähnezahl, Zahnteilung Der Fräskopf ist mit sechs in gleicher Teilung am Umfang liegenden und zur Bearbeitungsebene gerichteten (Kortikalis) Zähnen aus- ausgestattet. Zwischen den zwei Hauptschneiden liegen die für den Knochenzylinder formgebenden Vorschneiden (Abb.24). Die Verteilung der Schnittkräfte auf 6 Zähne verringert den effektiven Druck pro Zahn auf die Knochenstruktur und Abb.24: Zähnezahl und Zahnteilung verhindert Kompressionsfrakturen der Spongiosabälkchen. Mitunter wird der Verschleiß an den Zähnen reduziert, was sich in weiterer Folge positiv auf die Standzeit des Werkzeugs auswirkt. Die Qualität der Knochenprobe kann dadurch über eine längere Zeit mit dem gleichen Fräser gewährleistet werden. Die Hauptschneiden übernehmen den größeren Anteil der Zerspanungsarbeit und sorgen für genügend Freistellung in Abb.25: Abmaße des Fräskopfes - 31 - Diplomarbeit Mario Wieser der Schnittfuge, am Außendurchmesser des Fräsers. Am Innendurchmesser bzw. in der lichten Weite liegen die Vorschneiden; diese überragen die Hauptschneiden in axialer Richtung um 0,5 mm. zirkuläre Die Überlänge Position und am die Innen- durchmesser des Fräsers machen die Vorschneiden zu idealen Zentrier- Abb.26: Abmaße des Fräskopfes instrumenten. 2.4.2.1.2 Schneidengeometrie Spitzenwinkel: Der Spitzenwinkel beschreibt den Winkel der Schneiden zweier gegenüberliegender Zähne zum Werkzeugmittelpunkt. Im Fall des Kernlochfräsers besteht keine Verbindung der Hauptschneiden in der Rotationsachse des Werkzeugs. Der Spitzenwinkel der drei Hauptschneiden beträgt 140°. Der Spitzenwinkel der messerartigen Vorschneiden beträgt 70°. Durch das Vorragen der drei Vorschneiden gegenAbb.27: Winkel am Fräser über den Hauptschneiden in Bearbeitungsrichtung, wird ermöglicht, dass sich der Knochenzylinder vor dem Durchbohren der gesamten Stärke des Beckenkamms vom Knochenverband löst. Infolgedessen wird der Knochenzylinder scharfkantig und ohne Grat aus dem knöchernen Becken abgesetzt. - 32 - Diplomarbeit Mario Wieser Keilwinkel: Spanfläche und die Freifläche bilden den Keilwinkel des Schneidenkeils am Fräszahn. Die Größe dieses Winkels wird von der Härte des zu spanenden Werkstoffs bestimmt. Durch Fräsversuche am Knochen wurde ein optimaler Keilwinkel von 50° ermittelt. Spanwinkel: Zwischen Spanfläche und einer zur Bearbeitungsfläche normal stehenden Linie liegt der Spanwinkel. Die Wahl des optimalen Spanwinkels hängt ebenfalls von der Härte des zu bearbeitenden Materials ab. Weiche Werkstoffe erfordern einen großen Spanwinkel, harte hingegen einen kleinen. Die ermittelten Daten im Fräsversuch ergaben einen optimalen Spanwinkel von 15°. Schnittwinkel: Keil- und Freiwinkel zusammen ergeben den Schnittwinkel. Ist der Schnittwinkel kleiner als 90° so schneidet das Werkzeug. Ist er größer so spricht man im Allgemeinen von Schaben. Freiwinkel: Der Freiwinkel liegt zwischen Schneiderücken und der Werkstoffoberfläche. Wäre der Freiwinkel 0°, würde der Rücken der Werkzeugschneide die Freifläche, an der bearbeiteten Fläche aufliegen und an ihr reiben. Durch den erhöhten Schnittdruck und die starke Erwärmung würde die Knochenstruktur erheblichen Schaden nehmen. - 33 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.4.2.1.3 Hauptschneiden Die drei Hauptschneiden (Abb.28,29: rote Linien bzw. Pfeile) reichen in ihrer Länge über die gesamte Wandstärke, vom Außendurchmesser bis an die lichte Weite der Fräserkrone. Sie liegen im Winkel von 90º zur kreisförmigen Schnittbewegung, Schnittkraft sodass gleichmäßig sich über die Abb.28: Hauptschneiden ihre Schneidenlänge verteilen kann. Die primäre Spanungsarbeit wird von den 3 Hauptschneiden ausgeführt. Sie Sorgen für die nötige Freistellung in der Schnittfuge und übernehmen das von den Vorschneiden verdrängte Knochengewebe. Abb.29: Fräskopf in Schnittdarstellung 2.4.2.1.4 Vorschneiden An den Vorschneiden (Abb.30: grüne Linien) findet die detaillierte Formgebung des Knochenzylinders statt. Infolge- dessen ist die von ihnen verrichtete Spanungsarbeit im Gegensatz zu den Hauptschneiden sehr gering. Die drei Vorschneiden schneiden überragen die in Vorschubrichtung Hauptund Abb.30: Vorschneiden liegen am Innendurchmesser der Fräserkrone. Der schneidende Charakter der Vorschneiden wird, durch ihre zirkuläre Position, an der Fräserkrone verdeutlicht. Der initiale Kontakt mit der Knochenoberfläche findet nur an den Vorschneiden statt. Dabei führen sie, durch ihre Anordnung, den Fräser beim Anschnitt der Kortikalis. Noch bevor die Hauptschneiden die gesamte Stärke des Becken- 34 - Diplomarbeit Mario Wieser knochens durchsetzt haben, lösen die um 0,5 mm vorragenden Vorschneiden den Knochenzylinder aus dem Gewebeverband. Ausschließlich die Zähne mit den Vorschneiden durchsetzen den Beckenkamm zur Gänze! 2.4.2.1.5 Kronenform, Spannut In Richtung Schaft verjüngt sich die Fräserkrone kontinuierlich von einem Außendurchmesser 11 mm auf 9,50 mm. Diese Verjüngung wird als Hinterschliff (Abb.31: rote Linien) bezeichnet und bewirkt die Freistellung des Werkzeuges in der Schnittfuge. Dasselbe Prinzip findet auch im Fräskern seine Anwendung. Die lichte Weite hingegen vergrößert sich von den Vorschneiden in Richtung Fräserschaft. Durch diesen Hinterschliff kommt die Kronenform des Fräskopfes zustande, diese bewirkt die Freistellung Abb.31: Fräserkrone in der Vorderansicht des Werkzeuges im Knochengewebe. Am Umfang wird dadurch das Reiben des Fräserschaftes am Knochen verhindert und die damit verbundene Wärmeentwicklung. Gleichermaßen sorgt der Hinterschliff für die nötige Bewegungsfreiheit im Knochenkanal. Der ausgefräste Knochenzylinder hat einen Durchmesser von 7,1 mm und wandert während des Bearbeitungsvorganges in den Fräserschaft. Das Biopsat kann, ohne zusätzliche ReiAbb.32: Fräserkrone in Schnittdarstellung - 35 - Diplomarbeit bung hindert und Mario Wieser Druckbelastung durch Reduktion geborgen werden. Die spezielle Kronenform verder Kontaktflächen zwischen Werkzeug und Bearbeitungswerkstoff, eine übermäßige Wärmeentwicklung. Der Kontakt sollte im Idealfall nur durch die spanende Bearbeitung an den Vor- und Hauptschneiden des Fräsers entstehen. Die Spanabfuhr erfolgt über Spannuten (Abb.33: roter Pfeil), die, am äußeren Umfang des Fräsers, schräg vor jeder der drei Hauptschneiden, in Schnittrichtung angeordnet sind. Der flüssige Abtransport der Späne führt zur Reduktion der Wärmentwicklung und beeinflusst die Oberflächenqualität der Knochenprobe. Der Knochenspan wird aus seinem Gewebeverband gelöst und gleitet während des Bearbeitungsvorgangs über die Spanfläche der Fräserzähne. Die Spannut beginnt an der Basis des jeweiligen Zahnes (Hauptschneiden) von dem sie das abgesetzte Knochengewebe aufnimmt. Die gebildeten Späne werden in der Spannut gespeichert und über ihren Verlauf in Richtung Fräserschaft aus der Schnittfuge abgeleitet. Ohne einer optimalen Spanabfuhr würde sich das abgetragene Knochenmehl zwischen den einzelnen Zähnen sammeln und die weitere Spanabnahme behindern, und zwar so lange, bis diese zum Stillstand käme. Der Biopsiefräser würde sich unter steigender Wärmeentwicklung in der Schnittfuge reiben. Die Vorschubbewegung die bei regelrechter Spanabnahme für eine gleichmäßige Abtragung der Knochenstruktur sorgt, würde bei verlegten Zähnen das Gewebe komprimieren und das Biopsat für eine osteologische Analyse unbrauchbar machen. Die Spannuten enden am Übergang zum Fräserschaft, in den sie frei auslaufen. Genauere Angaben zur Kronenform und Spannut, sowie die Bemaßung des Werkzeuges ist der Einzelteilzeichnung zu entnehmen (Abb.35). Abb.33: Spannuten - 36 - Diplomarbeit 2.4.2.2 Mario Wieser FRÄSERSCHAFT Der Fräserschaft dient zur Aufnahme und Sicherung Knochenprobe, Fräskopf der gewonnenen welche geformt Knochenverband durch den aus dem und gelöst wurde. Außerdem werden über den Schaft axiale Antriebs- und Vorschubkräfte auf die Knochenoberfläche übertragen. Der Schaft hat die Form eines Hohlzylinder bzw. einer Hohlwelle, Bearbeitungsrichtung in die die in Fräser- krone übergeht und am andern Ende eine Kupplung zur Kraftübertragung besitzt. Die Kronen – Schaftgrenze wird durch eine Stufe in der lichten Weite an der Basis der Fräserkrone gekennzeichnet. Der Fräserschaft be- Abb.34: Fräserschaft sitzt auf seiner ganzen Länge eine Wandstärke von 0,65 mm über die die Kraftübertragung stattfindet. Am Kupplungsende sitzt eine Schnellspannvorrichtung die zur Aufnahme der Antriebseinheit dient. Die Länge des Schaftes wird durch die individuelle Weichteilstärke und die zu durchsetzende Knochenstärke bestimmt. Aufgrund der individuellen, körperlichen Konstitutionen wird die Biopsiefräse in zwei unterschiedlichen Längen gefertigt. Für Patienten mit einem BMI bis 30 eignet sich eine Schaftlänge von 60 mm, ab einem BMI von über 30 empfiehlt sich die Verwendung der Biopsiefräse mit einer Schaftlänge von 100 mm, um die bestehende Weichteilstärke zu durchsetzen. - 37 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.4.3 WERKSTOFF Nichtrostender Chromstahl, Normbezeichnung 1.4112; Marke Böhler N 685 Zusammensetzung X90CrMoV18 Chrom (Cr) 17,50 % Kohlenstoffgehalt (C) 0,90 % Silizium (Si) 0,45 % Mangan (Ma) 0,40 % Molybdän (Mo) 1,10 % Vanadium (V) 0,10 % Mechanische Eigenschaften Warmformgebungstemperatur 1100 – 800 °C Weichglühtemperatur Härtetemperatur Anlasstemperatur Erreichbare Härte 800 – 850 °C 1000 – 1050 °C Härtemittel – Öl 100 – 200 °C 58 – 60 HRC ( Härtegrade nach Rockwell) Verwendung: Für Schneidwaren aller Art; bei höheren Anforderungen an Korrosionsbeständigkeit, wie z.B. für chirurgische Schneidwerkzeuge, waschmittelsichere Bestecke; ferner: Messerklingen, Messerscheiben usw. mit hoher Schneidhärte und Zähigkeit; außerdem für verschleißfeste Bauteile. - 38 - Diplomarbeit Mario Wieser Abb.35: Zylinderkernlochfräser - 39 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.5 DIE SICHERUNGSEPROUVETTE (SCHALE 4) Die Sicherungseprouvette (Abb.36) ist ein röhrenförmiges Kunststoffgefäß und dient der Bergung und Sicherung der Knochenprobe (Abb.36: roter Pfeil), welche aus dem Beckenknochen gefräst wurde. Die Eprouvette ist eine Kombination aus Greifwerkzeug und Speicherreservoir für Funktionell die ist das Biopsat. Sicherungs- eprouvette ein Teil der Fräserkrone, da sie die Knochenprobe noch vor der vollständigen Ablösung aus dem Beckenkamm umgreift und sie vor weiterer Beschädigung durch Abb.36: Sicherungseprouvette mit Knochenzylinder das Biopsiewerkzeug schützt. Nach strukturellen Gesichtspunkten wird die Eprouvette dem Fräserschaft zugerechnet, der sie auf der ganzen Länge umschließt und in ihrer Arbeitsposition fixiert. Die Sicherungseprouvette ist ein durch- Abb.37: Fingergriff gängiger zylindrischer Hohlkörper, der an einem Ende durch einen Fingergriff (Abb.36: grüner Pfeil.) verschlossen ist und am anderen Ende eine zentral geschlitzte Kunststoffmembran trägt. Diese Membran fungiert als Greifwerkzeug, indem sie den aus dem Knochenverband Gewebe- gelösten zylinder am Umfang umschließt. Durch Abb.38: Sicherungseprouvette in Arbeitsposition die fortlaufende Arbeitsbewegung wird - 40 - Diplomarbeit Mario Wieser der Knochenzylinder immer weiter in den Schaft des Kernlochfräsers geführt, direkt in den zentralen Schlitz der Schlussmembran und in weiterer Folge, in die Sicherungseprouvette. Die detaillierte Membran Funktionsweise und der der Sicherungs- eprouvette wird im Kapitel 5.5 erläutert. Das Kunststoffblatt wird als Schlussmembran bezeichnet und ist als Abb.39: Bergungsvorgang durch die Sicherungseprouvette kappenartiger Verschluss am offenen Ende der Sicherungseprouvette angebracht. Die Schlussmembran ist sehr dünn und weist lediglich eine Stärke von 0,2 mm auf. Die Verbindung der beiden Module erfolgt durch Verkleben, dabei wird die Schlussmembran der Eprouvette wie ein Deckel aufgesetzt. Die Retraktionskraft der Sicherungseprouvette auf der sitzenden Kunststoffmembran wird für das Festhalten der gewonnenen Knochenprobe genützt. Die Gesamtlänge der Sicherungs- eprouvette beträgt 78 mm bei einem Durchmesser von 8 mm und einer lichten Weite von 7,1 mm. Sie bildet die innerste von insgesamt vier Schichten der teleskopartig schobenen detaillierte ineinander ge- Biopsiewerkzeuge. Die Erklärung des Abb.40: Sicherungseprouvette in der Detailzeichnung Schalen- models findet sich im Kapitel 2.1. Die Sicherungseprouvette ist im Inneren - 41 - Diplomarbeit Mario Wieser des Biopsiefräserschaftes positioniert und sitzt mit dem von der Schlussmembran bedeckten Ende an der Stufe der Kronen- Schaftgrenze, direkt unter der Fräserkrone. Ein Fingergriff am Ende der Eprouvette erleichtert die Entnahme des Sicherungreservoirs aus dem Fräserschaft. Im Anschluss an den Fräsvorgang dient die Eprouvette als Transportgefäß für den Knochen- zylinder und kann durch abbrechen des Fingergriffes (Abb.41) geöffnet werden. Der Knochenzylinder kann dann leicht über die entstandene Öffnung entnommen werden. Abb.41: Abbrechen des Fingergriffs Abb.42: Sicherungseprouvette - 42 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.6 LOKALISATIONSPLATTE MIT HAFTFOLIE UND STABILISATIONS-MEMBRAN 2.6.1 DEFINITION Die Lokalisationsplatte ist eine aus 3 Teilen zusammengesetzte Interventionshilfe, die den Biopsievorgang im Rahmen der osteologischen Basisdiagnostik für den Anwender einfacher und den Patienten verträglicher gestalten soll. Die Platte eint zwei funktionelle Systeme, die für einen raschen und erfolgreichen Einsatz im Klinikalltag unerlässlich sind. Die Durchführung einer Gewebeentnahme erfordert genaue anatomische Kenntnisse über die topographische Lage des Biopsieareals und der umliegenden Strukturen der Regio glutaea. Das Auffinden der gewünschten Position am Beckenknochen ist von besonderer Wichtigkeit und bildet die Basis für die Gewinnung eines qualitativ hochwertigen Knochenzylinders. Die Lokalisationsplatte dient initial als „Anatomische Schablone“ und fixiert durch ihre spezielle Form die Punktionsstelle, über die im Anschluss das Biopsiebesteck an den Knochen geführt wird. Des Weiteren fungiert das aus Kunststoff gefertigte Navigationsset Stabilisierungsvorrichtung für den als transportable Biopsiefräser. Diese Einspann- bzw. Werkzeugfixierung ermöglicht eine atraumatische Führung des Biopsiebesteckes in den Weichteilen der seitlichen Hüftregion. Die exakte Führung des Biopsiewerkzeuges ist neben der optimalen Schneidengeometrie der wichtigste Faktor für den Erhalt der in vivo bestehenden Knochenstruktur. Jede Manipulation am menschlichen Körper verlangt eine hygienische Umgebung, speziell wenn der gewünschte Eingriff eine Öffnung der Körperoberfläche erfordert und das Weichteilgewebe den Schutz der Haut als natürliche Keimbarriere verliert. Um die Sterilität rund um den gesetzten Gewebedefekt zu gewährleisten, dient die Lokalisationsplatte mit ihrer integrierten Folie als temporärer Schutz vor mikrobieller Belastung. Weiters sorgt die bombierte Platte wie ein Druckverband für die peri- und postoperative Gefäßkompression um übermäßige Einblutungen in das Biopsiareal zu verhindern. Die bisher getätigten Eingriffe erforderten eine herkömmliche Wundversorgung mittels Einzelknopfnaht um die Kontinuitätsunterbrechung der Haut wieder zu verschließen. Dies verlangt ein gewisses Maß an Erfahrung und Fingerfertigkeit des behandelnden Operateurs, um die gesetzten - 43 - Diplomarbeit Mario Wieser Wundränder optimal zu adaptieren und die für die Wundheilung benötigte Gewebeperfusion zu gewährleisten. Die in die Lokalisationsplatte integrierte Stabilisationsmembran sorgt auch ohne Wundverschluss mit Nadel und Faden, rein durch die Retraktionskraft der Membran, für eine optimale, druckfreie Wundrandadaption und unterstützt das Gewebe bei seiner natürlichen Heilung. 2.6.2 FUNKTIONSANGABEN Zentriersystem ¾ Anatomische Navigation ¾ Zentrierung des Biopsiebestecks ¾ Fixierung bzw. Stabilisierung des Biopsiefräsers ¾ Sterile Eingriffsfläche 3-Stufen Wundversorgungseinheit ¾ perioperative Keimbarriere ¾ Blutstillung ¾ Wundstabilisation ¾ Postoperative Keimbarriere Abb.43: Zentriersystem bzw. 3-Stufen Wundversorgungseinheit - 44 - Diplomarbeit Mario Wieser 2.6.3 EINZELTEILBESCHREIBUNG Grundsätzlich besteht das Werkzeug aus der Schutzfolie und einer Lokalisationsplatte mit integrierter Stabilisationsmembran. Zum einen fungieren die drei Teile als Zentriersystem und zum anderen als 3-Stufen Wundversorgungseinheit. Das Navigationsset ist ein in drei Schichten angeordnetes NavigationsStabilisationssystem, welches auf die Haut der seitlichen Hüftregion geklebt wird. Während der Gewebekanalpositionierung und dem anschließenden Biopsie- vorganges wirken die Einzelteile als Einheit und erleichtern die Probeentnahme. Nach abgeschlossener Probeentnahme dient das Set als Wundversorgungseinheit, die in drei Phasen für eine optimale Heilung des Operationsdefektes sorgt. Der geschichtete Aufbau entspricht dem stufenweisen Einsatz und der Reihenfolge in der das Set wieder von dem Hautareal der Regio glutaea gelöst wird. 2.6.3.1 HAFTFOLIE Die Stabilisierung der Biopsiewerkzeuge erfolgt in erster Linie durch die Lokalisationsplatte (Abb.44: gelber Pfeil) und die Stabilisationsmembran (Abb.44: roter Pfeil). Die chirurgische Haftfolie stützt das Gewebe rund um das Biopsieareal, dient aber primär als prä- und perioperative Keimbarriere. Diese besteht aus drei Laschen, die flügelartig mit dem Rahmen der Lokalisations- Abb.44: Abbrechen des Fingergriffs platte in einer Sollbruchstelle (Abb.46: blauer Pfeil) verbunden sind. Die Laschen sind, wie die Druckplatte, an der gesamten Unterseite selbsthaftend - 45 - Diplomarbeit Mario Wieser und werden als Ausläufer der Druckplatte auf die Hautareale geklebt, die an die Regio glutaea anschließen. Wie auch die Druckplatte Stabilisationsmembran und dient die die chirurgische Haftfolie der anatomischen Navigation. Wichtige anatomische Fußpunkte sind auf den Ausläufern bzw. Laschen der Haftfolie markiert. Das fehlerhafte Aufkleben der Folie wird durch Beschriftung der Ausläufer Abb.45. Ausläufer der Haftfolie verhindert. Die erste Lasche wird auf die seitliche (Abb.45: Bauchregion geklebt Abdominallasche, brauner Pfeil), die Zweite erstreckt sich nach dorsal über das Gesäß (Abb.45: Glutteallasche, roter Pfeil) und die Dritte wird nach distal auf den Oberschenkel (Abb.45: Femorallasche, grüner Pfeil) geheftet. Weiters wurde für die Verstärkung der Haftfolie einer der Femorallasche angehängter Ingunialausläufer (Abb.45: roter ge- Abb.46: Sollbruchstellen an der Lokalisationsplatte bogener Pfeil) für die Leistenregion gefertigt. Es bestehen zwei Aus- führungen der Haftfolie, eine für die rechte und eine für die linke Körperseite. - 46 - Diplomarbeit 2.6.3.2 Mario Wieser LOKALISATIONSPLATTE MIT STABILISATIONSMEMBRAN Die dünne, kreisförmige, zentral bombierte Druckplatte (Abb.47: roter Pfeil) wird von einem starken formgebenden Rahmen (Abb.47: blauer Pfeil) umgeben. Inmitten der konkav, konvexen Platte befindet sich das, durch die Stabilisationsmembran verschlossene, Auge (Biopsiefenster) der Kom- pressionsvorrichtung (Abb.47: gelber Pfeil). Als Einzelteil dimensionaler und Betrachtung in 2- erscheint Abb.47: Teile der Lokalisationsplatte das Werkzeug in der Draufsicht als runde Scheibe mit einem zentralen Loch. Erst in der Seitenansicht erkennt man die in Richtung Hautoberfläche konvexe geformte Druckfläche (Unterseite) und die konkave Richtfläche (Oberseite) der Kompressionsplatte. Das Loch im Krümmungs- mittelpunkt der bombierten Flächen wird als Auge (Abb.47: gelber Pfeil) bezeichnet und fixiert bzw. begrenzt die Punktionsstelle für den Biopsievorgang. Abb.48: Positionierung der Lokalisationsplatte Rund um das Auge befindet sich eine Materialverstärkung, die als Spannlippe bezeichnet wird. Die Spannlippe (Abb.47: schwarzer Pfeil) ist Teil des Zentriersystems (Spannmechanismus), welches für die Positionierung bzw. Fixierung des Gewebekanals zwischen Lokalisationsplatte und Beckenknochen gebraucht wird. Die Druckfläche rund um das Auge dient als selbstklebende Kontaktfläche, welche die Stabilisationsmembran bis zur 3. Phase des Wundverschlusses trägt. Nach dem Gebrauch wird die Druckplatte von der Stabilisationsmembran abgelöst. (Die Erklärung der Phasen für den Wund- - 47 - Diplomarbeit verschluss Mario Wieser erfolgt im Kapitel 5.6.) Während der Positionierung der Lokalisationsplatte ist das zentrale Auge von unten durch die Stabilisationsmembran verschlossen. Die Membran dient, wie auch das Auge, der Fixierung des anatomisch relevanten Punktionsgebietes. An der hautabgewandten Fläche trägt die Membran eine kleine balkenförmige Markierung, um den Faserverlauf der darunter liegenden Weichteile zu verdeutlichen. Im Zuge der Positionierung des Biopsiebestecks ist die Markierung als Ausrichtungskontrolle für den Gewebekanal anzusehen. Die gesamte Kompressionsplatte ist mit ihrem Rahmen in eine chirurgische Haftfolie eingegossen. Der Rahmen umgibt die Platte und versteift bzw. hält sie in den jeweiligen Funktionzuständen in Position. Die beiden Module der Lokalisationsplatte werden durch ein Spritzgussverfahren in einem Teil gefertigt, der Übergang von der Druckplatte zum Rahmen ist fließend. Wie schon zuvor beschrieben, ist die gesamte Kompressionsplatte in eine Haftfolie eingegossen. Die Verbindungsstelle der beiden Teile liegt am Umfang des Rahmens und ist eine Sollbruchstelle, diese soll eine leichte Trennung der beiden Einzelteile nach dem Eingriff ermöglichen. Die Beschreibung der Lokalisationsplatte erfolgt in zwei unterschiedlichen Funktionszuständen. Funktionsposition 1. ist mehr oder weniger das Spiegelbild von Funktionsposition 2. Die Bombierung der Druckplatte ist in F. 1 entgegen der in F. 2 ausgerichtet und weist von der Hautoberfläche weg. F. 1 beschreibt den Zustand der Kompressionsplatte vor dem Gebrauch, F. 2 den Zustand während oder nach dem Biopsievorgang. Die Druckplatte dient der intraoperativen Blutstillung, indem sie von F. 1 in F. 2 umgeformt wird. Durch die Verlagerung der Bombierung in Richtung der Weichteile, werden die Blutgefäße komprimiert und der Blutfluss über die Dauer des Eingriffs unterbrochen. Die Haut zugewande Fläche der Kompressionsplatte ist selbsthaftend und wird zusammen mit der chirurgischen Haftfolie auf die Hautoberfläche geklebt. Der Außendurchmesser des Lokalisationsplattenrahmens beträgt 70 mm, der Innendurchmesser ist gleichzeitig der Durchmesser der Druckplatte und misst 50 mm. Die Druckplatte wurde mit einem Krümmungsradius von 50 mm gefertigt. Das Biopsiefenster bzw. Auge weist einen Durchmesser von 14 mm auf. Für die korrekte anatomische Positionierung wurden farbige Markierungen am Rahmen der Lokalisationsplatte - 48 - Diplomarbeit Mario Wieser und der Haftfolie angebracht. Diese Markierungen sollen die anatomischen Fixpunkte der Regio glutaea verdeutlichen. Ein roter Punkt am Rahmen der Druckplatte verdeutlicht a. den Darmbeinstachel (Abb.48: roter Pfeil, spina iliaca anterior superior), ein schwarzer Bogen b. den Beckenkamm (Abb.48: grüner Pfeil, Crista iliaca). Eine c. Pfeilmarkierung (Abb.48: schwarzer Pfeil, Trochanter major), befindet sich ebenfalls an der Druckplatte, die Spitze hingegen liegt auf der Femorallasche (Haftfolie) und weist unmissverständlich in Richtung des großen Rollhügels hin. 2.6.4 WERKSTOFF POM-MG medical grade – Polyacethalharz Copolymer Zertifizierung nach USP Class VI und DIN EN 10993-5, FDA conform o Außergewöhnlich hohe Steifigkeit und Festigkeit o Chemische Beständigkeit und Temperaturstabilität o Geeignet für häufige Sterilisation o Geeignet für den Umgang mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln Anwendung: ¾ Medizintechnik ¾ Teletronik ¾ Luft- und Raumfahrt ¾ Chemische Verfahrenstechnik ¾ Transport Werkstoffrichtwerte: Dichte (g/cm³) 1,41 Temperatureinsatzbereich °C -20°C bis + 140°C - 49 - Diplomarbeit Mario Wieser 3 ANATOMIE 3.1 REGIO GLUTAEA 3.1.1 BEGRENZUNG Die Abgrenzung der Regio glutaea zu den benachbarten Körperregionen erfolgt ventral und medial durch eine gedachte Linie, cranial hingegen bogenförmig, Oberflächenkontur kammes und des und entlang distal der Darmbein- dem sogenannten Sitz- halfters (Faszienzug). Die craniale Begrenzung wird von der Crista iliaca (Abb.49: grüner Pfeil) gebildet. Sie kann sehr leicht unter der Abb.49: Begrenzungen der Gesäßregion Hautoberfläche getastet werden. Folgt man ihrem Verlauf, dann endet sie medial an der Spina iliaca posterior superior (Abb.50: gelber Pfeil), ventral an der Spina iliaca anterior superior (Abb.50: roter Pfeil). Die distale Begrenzung ist im aufrechten Stand durch die Vorwölbung des M. glutaeus maximus leicht zu erkennen. Sie wird durch den bogenförmigen Verlauf des Sulcus glutaeus (Abb.49, 50: blauer Pfeil) gekennzeichnet. Eine gedachte Abb.50: Gesäßregion von lateral vertikale Linie, die durch die Spina iliaca verläuft, begrenzt die Gesäß- - 50 - Diplomarbeit Mario Wieser region nach ventral (Abb.49: rote Linie) . Nach medial ist die Gesäßregion bis zur Analfurche (Abb.49, 50: braune Linie bzw. Pfeil) zu rechnen. 3.1.2 BEGRENZUNGEN DES BIOPSIEAREALS Die craniale Grenze wird vom ventralen Drittel, der zwischen den vorderen oberen und hinteren oberen Darmbeinstacheln verlaufenden Crista iliaca (Abb.51: schwarzer Bogen) gebildet. Nach ventral reicht das Biopsieareal bis zu der gedachten Verbindungslinie (Abb.51: rote Linie), welche von der Spina iliaca anterior superior (Abb.51: roter Punkt) bis zum Trochanter major (Abb.52: schwarzer Pfeil) zieht. Um den Abb.51: Begrenzungslinien des Biopsieareals Verlauf der dorsalen Begrenzung festzulegen muss ca. eine Handbreite (schließt das Tuberculum iliacum mit ein) von der Spina Iliaca anterior superior entlang des Beckenkammes getastet werden. Fixiert man den Punkt am Beckenkamm und legt eine Verbindungslinie (Abb.51: rote Linie) zum Trochanter major, ergibt das dorsale Grenze des Biopsieareals. die Abb. Biopsieareal mit Begrenzungslinien Abb.52: Biopsieareal mit anatomischen Fixpunkten - 51 - Diplomarbeit Mario Wieser 3.1.3 GEWEBESCHICHTEN DER REGIO GLUTAEA (BIOPSIEAREAL) 3.1.3.1 DIE HAUT Die Haut der Regio glutaea ist sehr derb und mit den darunter liegende Fascien verwachsen. Das subcutane Fettgewebe (Abb.56: gelber Pfeil) zieht mit den bindegewebigen Faserzügen der Subcutis tief zwischen die Muskelportionen der Gesäßregion. Die Spannungslinien (relaxed skin tensions lines) der Haut verlaufen an der Regio Abb.53: Hautspannungslinien glutaea nahezu horizontal im Winkel von ca. 90º zur Kontraktionsrichtung der Muskulatur. Kleine Arterien und Venen durchziehen das Unterhaut- bindegewebe und bilden ein zartes Netzwerk. Die regionalen Lymphgefäße sammeln und transportieren die entstandene Lymphe zu den Lymphknoten des Tractus horizontalis in der Regio inguinalis. Die Innervation der Haut erfolgt über kleine Hautnerven die Abb.54: Hautnerven der Regio glutaea von den umliegenden Gebieten in die Region einstrahlen. Von cranial aus der Regio abdominalis lateralis kommend erreicht der Ramus cutaneus lateralis des N. iliohypogastricus (Abb.54: grüner Pfeil) die seitliche Gesäßregion. Weiter dorsal ziehen die Nn. clunium superiores (Abb.54: gelber Pfeil) über Abb.55: Faserverlauf des Bindegewebes die Crista iliaca und versorgen das - 52 - Diplomarbeit Mario Wieser Hautgebiet bis zum Trochanter major. Von der medialen Grenze der Regio glutaea her kommen die Nn. clunium medii (Abb.54: brauner Pfeil). Die Haut um den Sulcus glutaeus und weiter distal der Regio femoris posterior innervieren Zweige des N. cutaneus femoris posterior, die Nn. clunium inferiores (Abb.54: roter Pfeil). Über die Regio femoris anterior kommend schließt der N. cutaneus femoris das Innervationsgebiet der Gesäßregion von lateralis (Abb.54: blauer Pfeil) ventral. FASCIEN UND MUSKULATUR DES BIOPSIEAREALS 3.1.3.2 Im Bereich der seitlichen Hüftregion überspannt die Glutäalfascie die Muskulatur mit samt ihren Inhaltsgebilden und bildet dadurch eine große abgeschlossene Kammer über der knöchernen Kontur des Beckens. Die große Glutealfascie ist mit den Fascien der angrenzenden Regionen ver- bunden. Ventral geht sie am M. tensor fasciae latae in die Fascia lata (Abb.56: grüner Pfeil) über, in derselben Weise wie auch nach distal, wo Abb.56: Fascia lata mit darunter liegender Muskulatur sie ebenfalls am Sulcus glutaeus in die Fascia lata einfließt. Cranial ist die derbe Fascie mit dem Darmbeinkamm verbunden, weiter medial endet sie am Kreuzbein und Steißbein. Direkt unter der Fascienhülle liegt der größte der Glutealmuskeln; maximus. Weiter der M. ventral glutaeus liegt der teilweise von ihm verdeckte M. glutaeus medius (Abb.56,57: rote Pfeile), Abb.57: Fascia lata gespalten - 53 - Diplomarbeit welcher Mario Wieser im Rahmen des Biopsie- vorganges durchsetzt werden muss. Um an die knöcherne Darmbein- schaufel zu gelangen verlangt es einen weiteren Muskel zu durchsetzen. Dieser hat seinen Ursprung zwischen der Facies glutaea Ala ossis ilium (Abb.58: brauner Pfeil) und reicht dadurch sehr weit nach ventral, der M. glutaeus minimus (Abb.58: oranger Pfeil). Von besonderer Wichtigkeit ist der Faserverlauf der Glutäalmuskulatur, Abb.58: Gewebeschichten der Regio glutaea dieser ist annähernd vertikal und ist beim Einführen der Biopsieinstrumente zu berücksichtigen. 3.1.4 GEFÄßE UND NERVEN Die für die Beckenkammbiopsie relevanten Nerven gelangen über und das Gefäße Foramen ischiadicum majus aus dem Becken und ziehen dann durch das Foramen suprapiriforme zu den entsprechenden Zielorganen der Regio glutaea. Die A. glutaea superior ist das wichtigste Gefäß im Bereich des Biopsieareals. Sie stammt aus der A. iliaca interna und ist zusammen mit der A. glutaea inferior, das Hauptgefäß Muskelversorgung für Abb.59: Biopsieareal am Darmbeinkamm die der Gesäßregion. Kurz nach dem Austritt aus dem Foramen suprapiriforme zerfällt die A. - 54 - Diplomarbeit Mario Wieser glutaea superior in einen R. superficialis und profundus. Der R. superficialis tritt in den M. glutaeus maximus ein, der R. profundus (Abb.61: roter Pfeil) zieht zwischen M. glutaeus medius und minimus (Abb.61: orange Pfeile) nach ventral und versorgt diese beiden Muskeln mit seinen Endästen. Die Innervation des M. glutaeus medius und minimus erfolgt durch den N. glutaeus superior, welcher ebenfalls durch des foramen suprapiriforme zieht. Er verläuft Abb.60: Topgraphische Lage des Biopsieareals zusammmen mit dem R. profundus der A. glutaea superior über eine kurze Strecke bis er sich aufteilt und den M. glutaeus medius, minimus und den M. tensor fasciae innerviert. Das Biopsiebesteck wird durch den M. glutaeus medius und minimus geführt, ca. 60 – 70 mm dorsal von der Spina iliaca anterior superior (Abb.61: brauner Pfeil) und 30 – 40 mm caudal von der Crista iliaca. Abb.61: Anatomische Strukturen der Regio glutaea - 55 - Diplomarbeit Mario Wieser 3.1.5 BIOPSIEAREAL AM DARMBEIN (KNÖCHERNE GRUNDLAGE) Grundsätzlich besteht aus zwei das Darmbein Anteilen, dem Darm- beinkörper (Abb.62: grüne Ellipse) und der Darmbeinschaufel (Abb.62: rote Ellipse). Die Grenze bildet eine Knochenleiste die als Teil der Linea terminalis auch gleichzeitig den Übergang vom großen in das Kleine Becken markiert, die Linea arcuata. Wie ein überdimensionales Gefäß umfassen die beiden Darmbeinschaufel die Becken- Abb.62: Anteile des Darmbeins eingeweide. An der Außenfläche der Darmbeinschaufel sind deutlich die Ursprünge der Glutäalmuskulatur zu erkennen. Drei Knochenleisten dienen hier als Ursprungsgebiet für den M. glutaeus maximus, dem Glutaeus medius und minimus. Dorsal an der Darmbeinschaufel liegt die vertikal verlaufende Linea glutaea posterior (Abb.63: brauner Pfeil). Im ventralen Bereich zieht die Linea glutaea anterior (Abb.63: blauer Abb.63: Ansatzlinien der Gesäßmuskulatur Pfeil) horizontal vom Beckenkamm nach dorsal. Zwischen diesen verläuft die nahezu horizontal gestellte Linea glutaea inferior (Abb:63. grüner Pfeil). Die knöcherne Grundlage des Biopsieareals wird vom ventralen Anteil der Facies glutaea (Abb:64: rote Pfeile) an der Darmbeinschaufel (Ala ossis ilii) ge- Abb.64: Position des Beckenknochens - 56 - Diplomarbeit Mario Wieser bildet. Die craniale Begrenzung bildet die Crista iliaca (Abb.65: grüner Pfeil), diese ist unter der Haut sehr leicht zu tasten und eignet sich folglich sehr gut als anatomische Landmarke. Der ventralste Fixpunkt ist die Spina iliaca anterior superior, die in geradliniger Verbindung (Abb.65: rote Linie) mit dem Trochanter major die vordere Begrenzung des Biopsieareals bildet. Nach dorsal, schließt eine gedachte Linie (Abb.65: schwarze Abb.65: Begrenzung des Biopsieareals Linie) zwischen dem großen Rollhügel und dem Punkt am Übergang vom vorderen zum mittleren Drittel (schließt das Tuberculum iliacum mit ein) des Beckenkammes das Biopsieareal. Vom Tuberculum iliacum (Abb.66: roter Pfeil) an der Crista iliaca verläuft ein Knochenwulst (Abb.66: rote Linie) bis an das Acetabulum. Diese liegt ca. 60 – 75 mm dorsal (Abb.66: blaue Linie) von Abb.66: Grenzen des Biopsieareals der Spina iliaca anterior superior und eignet sich bestens für die Entnahme der zylinderförmigen Knochenprobe. Der erste Knochenzylinder sollte 35 – 40 mm unter dem Tuberculum iliacum aus der beschriebenen Knochenwulst gefräst werden. Weitere Knochen- proben können dann entlang dieser knöchernen gewissen vorher Auftreibung in Sicherheitsabstand ausgefrästen Loch einem zum getätigt Abb.67: Knochenzylinder - 57 - Diplomarbeit Mario Wieser werden. Die Länge des ausgefrästen Knochenzylinders reduziert sich im Verlauf nach distal bedingt durch die Form der Darmbeinschaufel (Abb.68). Abb.68: Knochenzylinder - 58 - Diplomarbeit Mario Wieser 4 LAGERUNGSVERHÄLTNISSE 4.1 VORBEREITUNG Die richtige Lagerung des Patienten während des Biopsievorganges bildet die Basis für eine erfolgreiche Probeentnahme aus dem Beckenkamm. Dabei sollte dem Operateur der bestmögliche Zugang zu dem entsprechenden anatomischen Areal geboten werden. Eine präzise Position über die Dauer des Eingriffs bietet außerdem Schutz vor lagerungsbedingter Druckschädigung der Haut und der Gefäße. Weiters besteht die Gefahr, durch falsche Lagerung, Läsionen an peripheren Nerven zu verursachen, welche in weiterer Folge Lähmungen und Sensibilitätsstörungen an dem betreffenden Körperteil hervorrufen können. Darum müssen die Extremitäten immer möglichst weich gelagert werden, damit sich der Gewichtsdruck des Körperteils auf eine möglichst große Fläche verteilt. Die Entnahme einer Knochenprobe am Beckenkamm erfordert keinen speziellen Operationstisch oder Lagerungshilfen. Ausreichend ist ein herkömmliches Krankenbett und, wenn vorhanden, können Schaumstoffrollen oder auch Kissen als Unterlage für die betroffene Extremität verwendet werden. Wichtig ist eine stabile Position des Patienten um Komplikationen durch ungewollte Bewegungen zu vermeiden. Infolge der kurzen Dauer des Eingriffs wird dieser unter Analgosedierung durchgeführt. Als Sedativum empfiehlt sich die i.v Gabe von Dormicum® (Midazolam). Für die Lokalanästhesie eignet sich die lokale Infiltration mit Xylonest® (Prilocain - Hydrochlorid) oder Xylocain® (Lidocain – hydrochlorid). benötigte Gegestände 9 Krankenbett 9 Lagerungsutensilien (Kissen, Schaumstoffrolle) 9 Analgosedierung - i.v Dormicum® (Midazolam), Infiltration Xylonest® (Prilocain Hydrochlorid) oder Xylocain® (Lidocain – hydrochlorid) 9 Desinfektion des Wundgebietes (Betaisodona) - 59 - Diplomarbeit Mario Wieser 4.2 LAGERUNGSPOSITION Der Patient wird in Linksseitenlage oder Rechtsseitenlage positioniert, je nachdem von welcher Körperhälfte die 70 º Beckenkammbiopsie benötigt wird. Das 110º Biopsieset ist für die Anwendung an beiden Seiten des Körpers ausgelegt, dafür liegt das Navigationssystem (Lokalisationsplatte und Haftfolie) in einer Rechts- und Linksvariante bereit. Für die Betriebsanleitung (Kapitel: „Funktionelle Gliederung“) wurde das Navigationsset entsprechend Abb.69: Rechte Gesäßregion in Linksseitenlage der rechten Regio glutaea erläutert, demnach befindet sich der Patient in Linksseitenlage, wobei keine Unterschiede bei der Anwendung der links oder rechts ausgeführten Werkzeuge be- stehen. Die ent- spricht der Lagerungsposition „stabilen Seitenlage“ (Notfallmedizin). Das linke Bein ist im Hüft und Kniegelenk leicht gebeugt und liegt Abb.70: Haftfolienausläufer annähernd in einer Linie mit dem Oberkörper. Im Gegensatz zum linken, wird das rechte Bein in der Hüfte 70 80º gebeugt und im Knie um 110 - 120º (Abb.69) Die Anteversion im Hüftgelenk entspricht annähernd dem Winkel zwischen Abdominal- und Femorallasche (Haftfolienlaschen, 2.6.3.1 chirurgische Haftfolie) Kapitel am Abb.71: Biopsieareal bei richtiger Lagerung - 60 - Diplomarbeit Mario Wieser Rahmen der Lokalisationsplatte. Die beschriebene Hüftbeugung sollte eingehalten werden, positionerung der um eine Fehl- Haftfolie zu ver- meiden. Das Biopsieareal (Abb.71) liegt in Form eines Dreiecks ventral an der Darmbeinschaufel (Facies glutaea), direkt unter der Crista iliaca bzw. dem Tuberculum iliacum und dorsal von der Spina iliaca anterior superior. Vom Tuberculum iliacum (Abb.72: blauer Kreis) verläuft ein rotes Areal) (Abb.72: Abb.72: Knöcherne Grundlage des Biopsieareals Knochenwulst bis an das Acetabulum, diese eignet sich gut für die Entnahme von Knochenproben. Die beiden Darmbeinschaufeln bilden die Wände des großen Beckens und haben annähernd die geometrische Form eines unvollständigen Hohlkegels (Trichter), der nach unten in das kleine Becken übergeht. Im aufrechten Stand würde eine normal zur Biopsieebene Abb.73: Biopsieebene stehende Linie nach unten, zur Seite und leicht nach dorsal zeigen. Angenommen der Patient liegt in strenger Seitenlage entsprechend rechten Stand Körperhaltung), dem auf- (dieselbe was infolge der Schwerkraft nur beschränkt möglich ist (in Links- oder Rechtsseitenlage verkippt das Becken; der Körper passt sich der Unterlage an), dann müsste die Kernlochfräse (Abb.74: gestrichelte Abb.74: Position der Kernlochfräse am Darmbein - 61 - Diplomarbeit Mario Wieser Linie ) gemäß der gedachten Linie schräg von dorsalunten an die Knochenoberfläche herangeführt werden, um das Biopsieareal optimal (im Lot) zu treffen. Das ist unter Normalbedingungen nur sehr schwer zu erreichen. Aus diesem Grund wurde das Zentriersystem (Lokalisationsplatte mit Stabilisationsmembran, Gewebekanal und Arbeitskanal) konstruiert, dass Fehlpositionierungen des Kernlochfräsers ausgleicht und den Anschnitt von unebenen Knochen- Abb.75: Fräser steht 90º zur Biopsiefläche oberflächen erleichtert. Trotzdem sollte versucht werden, das Becken bzw. das Biopsieareal, durch Positionierung des Seitenlage und Extremitäten, eine Oberkörpers das in stabile Stützen eine für in der die Probeentnahme angemessene Stellung zu bringen. Wird die Hüfte durch die Rechtsseitenlage und die Beugung im Hüftgelenk entsprechend leicht nach ventral bzw. zur Körpermitte Abb.76: Lagerungsposition von dorsal hin gekippt, befindet sich das Biopsieareal in optimaler (Abb.76) anatomischer für die Position bevorstehende Gewebeentnahme. Durch die richtige Lagerung kann die Gefahr von postoperativen Komplikationen an Haut und Weichteilen minimiert werden. Speziell das Muskelbindegewebe bedarf der Schonung durch die individuelle Abb.77: Lokalisationsplatte in F2 - 62 - Diplomarbeit Lagerung Mario Wieser des Patienten. Haut, Muskel und Bindegewebe sollten grundsätzlich nicht unter Spannung stehen, wenn sie mit dem Gewebekanal durchsetzt werden. Einzelne Gewebefasern können leichter verdrängt werden und entgehen dadurch einer ungewollten Schädigung. Bei geschlossener Beinstellung befindet sich die Glutealmuskulatur, besonders der laterale Anteil der Muskelzüge und auch die lat. Fascienverstärkung (Fascia lata, Tractus iliotibialis) unter passiver Spannung. Wird das Hüftgelenk leicht flektiert (70 - 80º) und das Becken nach ventral gekippt, überträgt sich die Spannung auf die dorsalen Muskelzüge der Glutealmuskulatur. Faserzüge über dem Biopsieareal unterliegen dann nur einem leichten Ruhetonus. Das linke bzw. obere, flektierte Bein kann zusätzlich mit einer Schaumstoffrolle stabilisiert (unterlegt) werden, was die Entspannung des betroffenen Gewebes forciert. Die Position des Oberkörpers entspricht im Wesentlichen der „stabilen Seitenlage“, wobei die linke Hand nicht zwingend auf dem gleichseitigen Knie zu liegen kommen muss. Wichtig ist eine stabile Position, die dem Arzt den bestmöglichen Zugang zum Biopsieareal ermöglicht und keine ungewollten Bewegungen des Patienten zulässt. Alle erläuterten Lagerungsmaßnahmen sind Benutzerorientiert und vereinfachen den Biopsievorgang. Lagerungskontrolliste 1. Das Hüftgelenk der oben liegenden Extremität ist um 70 - 80º flektiert. 2. Das Kniegelenk der oben liegenden Extremität ist ebenfalls um 110 - 120º flektiert. 3. Das untere Bein ist im Hüft- und Kniegelenk nur leicht gebeugt und liegt annähernd in einer Linie mit dem Oberkörper. 4. Die Stellung des Oberkörpers entspricht der stabilen Seitenlage. 5. Haut und Weichteile über dem Biopsieareal sind weitgehend entspannt (Unterlegen der betroffene Extremität mit einer Schaumstoffrolle) 6. Abtasten des Biopsieareals, dieses sollte durch die Lagerung annähernd in der Horizontalebene liegen. - 63 - Diplomarbeit Mario Wieser 5 FUNKTIONELLE GLIEDERUNG (FUNKTIONSBESCHREIBUNG) Der Ablauf der Gewebeentnahme ist in fünf Prozessstufen unterteilt. Jede dieser Stufen beschreiben in sich abgeschlossene Arbeitsabläufe, in denen wiederum die spezifischen Prozesselemente (Werkzeuge) zum Einsatz kommen. Eine klare Zuteilung der Werkzeuge zu den einzelnen Prozessstufen anhand struktureller Aspekte ist nicht möglich, da die Biopsiewerkzeuge meist mehrere Aufgaben auf verschiedenen Ebenen erfüllen. Demnach erfolgt die Gliederung der Arbeitsschritte in erster Linie nach funktionellen und weniger nach strukturellen Gesichtspunkten. Die Biopsiewerkzeuge werden anhand ihrer Gebrauchseigenschaften einem oder mehrerer Arbeitschritte zugeordnet und am Anfang der Prozesserklärung in einer kurzen Werkzeugtabelle angeführt. Weiters erfolgt vor jeder Erläuterung der jeweiligen Prozessstufe eine Funktionszusammenfassung und die detaillierte Auflistung der Verbesserungen bzw. Erneuerungen an den Werkzeugen. Biopsat Knochenzylinder Zugang 1.Prozessstufe 2. Prozessstufe 3. Prozessstufe 4. Prozessstufe 5. Prozessstufe Anatomische Navigation Pathfinder Ausfräsen des Knochenzylinders Bergung und Sicherung des Knochenzylinders 3-StufenWundheilungseinheit Kompressionsplatte Haftfolie Lokalisationsplatte Haftfolie Stabilisationsmembran Gewebekanal Arbeitskanal Zylinderkernlochfräse Sicherungseprouvette Antriebseinheit Lokalisationsplatte Haftfolie Stabilisationsmembran Gewebekanal Arbeitskanal Zylinderkernlochfräse Lokalisationsplatte Haftfolie Stabilisationsmembran Sicherungseprouvette Arbeitskanal Kompressionsplatte Haftfolie Stabilisationsmembran Stabilisationsmembran Gewebekanal Arbeitskanal Abb.78: Organigramm der Prozessstufen mit den entsprechenden Werkzeugen - 64 - Gewebekanal Diplomarbeit Mario Wieser 5.1 VORAUSSETZUNGEN Vor dem Gebrauch der Biopsiewerkzeuge müssen wichtige Voraussetzungen erfüllt sein, um optimale Rahmenbedingungen auf ethischer, rechtlicher und medizinisch-technischer Ebene für die geplante Beckenkammbiopsie zu schaffen. 5.1.1 INDIKATION Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Beckenknochenbiopsie für die Bestimmung des Krankheitsbildes von Nöten ist und eine nennenswerte medizinische Aussagekraft besitzt. Die Indikation kann aufgrund medizinisch diagnostischer oder wissenschaftlich analytischer Fragestellung gestellt werden. 5.1.2 AUFKLÄRUNGSGESPRÄCH Invasive Untersuchungsmethoden wie die Beckenkammbiopsie sind mit Risiken verbunden. Jeder Patient muss über den Nutzen und die Belastung des ärztlichen Eingriffs, sowie über mögliche Risiken einer Probeentnahme, aufgeklärt werden. Der behandelte korrekt durchgeführten Arzt ist verpflichtet den Patienten auf seine Selbstverantwortung und das eigene gesundheitsfördernde Verhalten, nach dem Eingriff, hinzuweisen. 5.1.3 LAGERUNG DES PATIENTEN Die richtige Lagerung des Patienten, vor und besonders während des Biopsievorganges, bildet die Basis für eine erfolgreiche Probeentnahme aus dem Beckenkamm. Dabei sollte dem Operateur der bestmögliche Zugang zum entsprechenden anatomischen Areal geboten werden. Eine präzise Position über die Dauer des Eingriffs bietet Schutz vor lagerungsbedingter Druckschädigung der Haut, Nerven und Gefäße. Lagerungsmaßnahmen dienen der Unterstützung und Vereinfachung des Biopsievorganges für den Anwender, aber besonders auch für den Patienten, der durch die gewebeschonende Lagerungstechnik und den minimalinvasiven Eingriff mit einer deutlich kürzeren Regenerationsphase rechnen kann. Die Erläuterung des Biopsievorganges erfolgt in Linksseitenlage, - 65 - Diplomarbeit Mario Wieser demzufolge wurde das Biopsieset entsprechend der Anwendung an der linken Körperhälfte verwendet. 5.1.4 CHIRURGISCHE FLÄCHENDESINFEKTION Um die mikrobielle Belastung und die damit verbundene Infektionsgefahr für den Patienten zu reduzieren, sollte ein Flächendesinfektionsmittel verwendet werden. Es empfiehlt sich das Desinfektionsmittel möglichst großflächig anzuwenden. 5.1.5 NARKOSE UND LOKALANÄSTHESIE Infolge der kurzen Dauer des Eingriffs wird dieser unter Analgosedierung durchgeführt. Als Sedativum empfiehlt sich die i.v Gabe von Dormicum® (Midazolam). Für die Lokalanästhesie eignet sich die lokale Infiltration mit Xylonest® (Prilocain - Hydrochlorid) oder Xylocain® (Lidocain – hydrochlorid). . - 66 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.2 ANATOMISCHE NAVIGATION Prozesselemente: Î Lokalisationsplatte mit Haftfolie Funktion: o Fixierung der anatomisch korrekten Position o Fixierung und Stabilisation der Punktionsstelle und der Faserrichtung der Haut bzw. Weichteile o Gefäßkompression durch Druckplatte o Keimbarriere 5.2.1 POSITIONIERUNG DER LOKALISATIONSPLATTE 5.2.1.1 ANATOMISCHE LANDMARKEN Für die korrekte Positionierung der Druckplatte ist es erforderlich, drei anatomische Landmarken seitlichen Hüftregion machen. Zum Beckenkamm ausfindig ersten (crista an sollte iliaca) der zu der palpiert werden. Dieser stellt den kranialsten der drei Fixpunkte dar. Wenn am Beckenkamm entlang nach ventral getastet wird, erreicht man den am weitesten medial gelegenen Punkt, den Abb.79: Position des Biopsieareals vorderen oberen Darmbeinstachel (spina iliaca anterior superior). Der dritte Fixpunkt schließt das Biopsieareal (Abb.80: gestrichelte rote Linie) zu einem Dreieck und befindet sich am Großen Rollhügel (Trochanter major). In jenem Areal ist die Gefahr der Verletzung von Nerven und größeren Gefäßstämmen sehr gering, infolgedessen wird dieses Teilgebiet der Regio glutaea gerne für intramuskuläre Injektionen von Impfstoffen genützt (Methode nach v. Hofstetter). - 67 - Diplomarbeit Mario Wieser Am Rahmen der Lokalisationsplatte finden sich anatomischen durch dieselben Strukturen, einen roten drei markiert Punkt für den oberen, vorderen Darmbeinstachel (Abb.80 roter Punkt, spina anterior superior) Bogen, welcher die geschwungene einen iliaca schwarzen Form des Beckenkammes (Abb.80: grüner Punkt, Crista iliaca) und imitiert einem schwarzen Pfeil, dessen Spitze direkt vor dem Abb.80: Anatomische Landmarken am Darmbein Großen Rollhügel (Abb.80: schwarzer Punkt, Abb.81: schwarzer Pfeil, Trochnter major) endet. 5.2.1.2 AUFKLEBEN DER LOKALISATIONSPLATTE Wurden die korrekten anatomischen Punkte aufgefunden, kann die Schutzfolie von der selbsthaftenden Unterseite der Lokalisationsplatte abgezogen werden. Es ist darauf zu achten, dass die Schutzfolie nur von der Druckplatte entfernt wird, nicht aber von den Haftfolienlaschen. Die Stützlaschen der chirurgischen Haftfolie sollten erst nach dem exakten positionieren der Druckplatte von der Schutzfolie befreit Abb.81: Aufgeklebte Lokalisationsplatte werden, um ein fehlerhaftes Verkleben der Druckplattenausläufer zu verhindern. Die rote Punktmarkierung am Rahmen der Druckplatte verdeutlicht a.) den Darmbeinstachel (Abb.81: roter Pfeil, spina iliaca anterior superior), ein schwarzer Bogen b.) den Beckenkamm (Abb.81: grüner Pfeil, Crista iliaca). Die - 68 - Diplomarbeit Mario Wieser Basis der Pfeilmarkierung (Abb.81 schwarzer Pfeil, Trochanter major), befindet sich ebenfalls an der Druckplatte, die Spitze hingegen liegt auf der Femorallasche (Haftfolie) und weißt unmissverständlich in Richtung des c.) großen Rollhügels (Abb.81: schwarzer Pfeil, Trochanter major). Es ist darauf zu achten, dass die beschriebenen Markierungen möglichst deckungsgleich auf die Haut über den anatomischen Fixpunkten des Beckenknochens verklebt werden. Eine erfolgreiche Gewebeentnahme kann nur durch die exakte Positionierung der Navigationselemente gewährleistet werden. Weiters empfiehlt sich, die Markierungen für den Beckenkamm und den Darmbeinstachel als erstes anzuheften. Daraufhin kann die Druckplatte von proximal (Beckenkamm) nach distal in Richtung Trochanter major abgesenkt und mit leichtem händischen Druck gegen die Haut gepresst werden. 5.2.1.3 VERKLEBEN DER STABILISATIONSMEMBRAN Die Stabilisationsmembran sitzt an der Unterseite der Druckplatte und verschließt dessen zentrale Öffnung (Auge). Das Aufkleben der Stabilisationsmembran wird zusammen mit der Druckplatte in einem Arbeitsschritt verrichtet, dadurch fällt zu diesem Zeitpunkt keine zusätzliche Arbeit an. Strukturell handelt es sich um zwei getrennte Module, die durch eine temporär unlösbare Klebeverbindung auf Prozessebene, der „anatomischen Navigation“, funktionell zusammen gehören. Postoperativ wird die Klebeverbindung (Sollbruchstelle) gelöst und somit auch funktionell separiert. Die beiden Einzelteile sorgen dann im Rahmen der „Wundheilung“ für ausreichende Blutstillung und einen optimalen Gewebeschluss. Das so genannte Auge liegt im Krümmungsmittelpunkt der Druckplatte und ist jene Öffnung, durch welche die Biopsiewerkzeuge an den Beckenknochen herangeführt werden. Im selben Arbeitsschritt erfolgt die passive Platzierung der Stabilisationsmembran. Betrachtet man die auf die Haut geklebte Lokalisationsplatte durch das zentrale Auge, so ist die von der Unterseite aufsitzende Stabilisationsmembran zu erkennen. Weiters sorgt eine schwarze, balkenförmige Markierung an der Stabilisationsmembran für die Verdeutlichung der Faserverlaufsrichtung von regionären, muskulären und bindegewebigen Strukturen, die für die Gewebe- - 69 - Diplomarbeit Mario Wieser entnahme durchsetzt werden müssen. Diese Markierung sollte annähernd parallel zur Körperlängsachse liegen, wobei die Position bereits beim Ankleben der Druckplatte vorweg fixiert wurde. Liegt die Markierung quer zur Körperlängsachse sollte die Position der Druckplatte überprüft werden, um spätere Verletzungen der darunter liegenden anatomischen Strukturen durch die Biopsiewerkzeuge zu vermeiden. 5.2.2 POSITIONIERUNG DER HAFTFOLIE Am Rahmen der Lokalisationsplatte liegt die chirurgische Haftfolie in zirkulärer Anordnung als laschenartige Ausläufer. Diese dient der Stabilisation des Biopsieareals (Haut, Weichteile) und in den folgenden Arbeitsschritten auch der exakten Zentrierung bzw. Fixierung der Kernlochfräse. Haftfolie fungiert Die perioperativ wichtige Schutzbarriere vor als Keimen Abb.82: Aufgeklebte der Haftfolienlaschen der Hautflora und ist, wie auch die Lokalisationsplatte, an ihrer Unterseite selbsthaftend. Um die korrekte anatomische Position über dem Beckenknochen zu halten, empfiehlt es sich, die Laschen einzeln und spannungsfrei auf das entsprechende Hautareal zu kleben. Die Schutzfolien sollten einzeln und erst nach dem Befestigen der vorhergehenden Lasche entfernt werden. Aufgrund der Oberfläche, ist es wichtig, die größte der drei, die Abdominallasche (Abb.82: roter Pfeil), als erste zu verkleben. Nach dem Abziehen der Schutzfolie kann der Ausläufer mit leichten Streichbewegungen der Handfläche, vom Rahmen der Druckplatte an, in Richtung der seitlichen Bauch- bzw. Leistenregion auf die Haut ausgestrichen werden. Im Anschluss folgt das Verkleben der Gluteallasche (Abb.82: grüner Pfeil), die mit derselben Technik nach dorsal auf dem Gesäß platziert Arbeitsschritt empfiehlt es sich, die richtige wird. Im letzten anatomische Lage der Lokalisationsplatte und die spannungsfreie Befestigung der Haftfolienlaschen zu - 70 - Diplomarbeit Mario Wieser kontrollieren. Danach kann auch die letzte der drei Laschen, die Femorallasche (Abb.82: schwarzer Pfeil), auf den Oberschenkel geheftet werden. 5.2.3 LAGEKONTROLLE Wurde die Druckplatte korrekt auf der Haut, über dem Beckenknochen, angebracht und die Laschen der chirurgischen Haftfolie auf die entsprechenden Regionen geklebt, ist noch einmal die richtige Position der beschriebenen Prozesselemente zu kontrollieren. Abb.83: Lagekontrolle 9 Lagekontrolle des Patienten (die Betriebsanleitung beschreibt den Patienten in Linksseitenlage) 9 Die Ausläufer der Haftfolie sollen spannungsfrei verklebt sein (rote Pfeile) 9 Die Markierungen der Druckplatte liegen über den anatomischen Fixpunkten (Farbringe) 9 Die Markierung auf der Stabilisationsmembran sollte annähernd parallel zur Körperlängsachse liegen (blauer Kreis) - 71 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.2.4 FUNKTIONSZUSTÄNDE DER LOKALISATIONSPLATTE FUNKTIONSPOSITION 1 (F 1) 5.2.4.1 Die Bauweise der Druckplatte er- möglicht das Wechseln zwischen zwei unterschiedlichen Funktionszuständen bzw. Positionen. Die Richtfläche der Druckplatte ist in konvexer, die Druckfläche in konkaver Position (Abb.84: roter Kreis). Dieser Zustand beschreibt die Form der Druckplatte vor dem Eingriff bzw. nach dem Verkleben der Lokalisationsplatte. Während der ersten Abb.84: Nicht aktivierte Lokalisationsplatte Prozessstufe verweilt die Druckplatte in F 1 und dient ausschließlich der Fixierung des Biopsieareals. Der Rahmen der Lokalisationsplatte setzt die Druckplatte unter Spannung. Die potentielle Energie, welche die Druckplatte durch die Vorspannung speichert, wird bei der Aktivierung (Umformung von F 1 in F 2) der Kompressionsvorrichtung frei und komprimiert das darunter liegende Bindegewebe samt den Blutgefäßen. 5.2.4.2 FUNKTIONSPOSITION 2 (F 2) In F2 steht die Lokalisationsplatte nicht unter Spannung. Es ist die ursprüngliche Fertigungsform und diejenige, welche die Lokalisationsplatte nach der Aktivierung einnimmt. Ist die Lokalisationsplatte in F2, muss sie bereits an ihrer korrekten Position über sein. dem Beckenknochen verklebt Abb.85: Aktivierte Lokalisationsplatte - 72 - Diplomarbeit 5.2.4.3 Die Mario Wieser AKTIVIERUNG DER LOKALISATIONSPLATTE Aktivierung der Kompressions- vorrichtung erfolgt mittels Daumendruck auf den Krümmungsmittelpunkt (Auge) der Druckplatte. Infolge der Vorspannung formt sich die Druckplatte passiv Umformung in F2. Durch die entfernt sich der Krümmungsmittelpunkt der Platte vom Rahmen der Kompressionseinrichtung und presst sich in das Weichteil- gewebe der Regio glutaea. Abb.86: Kompression der Weichteile Gleichermaßen erhebt sich der Rahmen des Werkzeuges und zieht die an der Druckfläche (Unterseite) haftende Haut mit in die Höhe. Die Lokalisationsplatte verspannt sich mit dem Bindegewebe und sorgt im anschließenden Arbeitschritt für die Stabilisation, welche für das Einführen des Gewebekanals von Nöten ist. Jene Kraft, die bei der Umformung der Druckplatte frei wird, geht in das Bindegewebe über und sorgt ohne dabei Gewebe zu beschädigen, durch die Verspannung der Lokalisationsplatte und der Retraktionskraft der Haut, für optimalen Halt. Infolgedessen presst sich die Bombierung in die Weichteile und komprimiert die örtlichen Blutgefäße (Blutstillung). - 73 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.3 PATHFINDER Prozesselemente: Î Lokalisationsplatte mit Haftfolie Î Gewebekanal (Fixierte Module, 1. Schale) Î Arbeitskanal (Fixierte Module, 2. Schale) Funktion: o Zugang zu Beckenknochen, Führung für den Biopsiefräser o Stabilisation, Fixierung des Biopsieareals o Weichteilschutz, Abgrenzung der Weichteile von Biopsiebesteck 5.3.1 EINBRINGEN DES GEWEBEKANALS 5.3.1.1 Der BIOPSIEFENSTER Krümmungsmittelpunkt der Lokalisationsplatte, das Auge, markiert das Biopsiefenster, durch das die Entnahme der Knochenprobe erfolgt. Wurde die Lokalisationsplatte korrekt angebracht, liegt das Biopsiefenster inmitten des Dreiecks, das sich aus den drei anatomischen Fixpunkten ergibt. Die Stabilisationsmembran verschließt das zentral gelegene Auge und trägt eine bereits beschriebene, balken- Abb.87: Biopsiefenster förmige Markierung (Abb.87: roter Pfeil) die für die grobe Lagekontrolle der Navigationswerkzeuge herangezogen werden kann. Doch in erster Linie, dient die Markierung der Darstellung der Faserverlaufsrichtungen, des zu durchsetzenden Gewebes (Faserverlauf der Muskel und Sehnen, nicht der Haut). Die Spannungs- - 74 - Diplomarbeit Mario Wieser linien der Haut hingegen, verlaufen 90º zur Balkenmarkierung und müssen teilweise durchtrennt werden. 5.3.1.2 AUSRICHTEN DES GEWEBEKANALS Der Gewebekanalschnabel trägt an seiner Spitze eingegossene, über- Abb.86: Faserverlaufsmarkierung einander liegende Metallklingen, die als schneidender Anteil für die Inzision der Weichteile sorgen. Die schnabelartig konfigurierten Klappen sind für die schonende Gewebeverdrängung konzipiert. Betrachtet man den Gewebekanalschnabel in der Seitenansicht, erscheint die Schneide mit den Metallklingen flach, um 90º axial rotiert, stellt sich der Schnabel nadelartig Abb.88: Balkenmarkierung zu- gespitzt dar. Wird der Kanal für die Einführung (durchstechen der Weichteile) in Stellung gebracht, ist darauf zu achten, dass der Schnabel bzw. die Klappen parallel in „Schlüssellochstellung“ zur Balkenmarkierung (Abb.88: schwarzer Balken) auf der Stabilisationsmembran ausgerichtet ist. In dieser Position stehen die Metallklingen in Faserverlaufsrichtung Sehnen. Die Abb.89: Gewebekanal in richtiger Position der Muskeln und Durchtrennung der Weichteilstrukturen wird dadurch weitgehend verhindert. Die zirkulär verlaufenden Spannungslinien (relaxed - 75 - Diplomarbeit Mario Wieser skin tensions lines) der Haut, müssen teilweise von den Metallklingen durchtrennt werden, der größere Anteil der Fasern, wird aber lediglich zur Seite gedrängt. Post operative Komplikationen wie übermäßige Schmerz- entwicklung, Blutungen und Narbenbildung werden dadurch reduziert. Abb.90: Faserverlauf der Fascia glutaea 5.3.1.3 DURCHSETZEN DER WEICHTEILE Der Gewebekanal besitzt, ähnlich wie eine handelsübliche Spritze, zwei Fingergriffe (Abb.91: blaue Pfeile) an seinem Fuß, die das Einführen des Kanals erleichtern sollen. Der Spacer (Abb.91: grüner Pfeil) am Arbeitskanal verhindert eine vorzeitige Betätigung des Klappenöffnungs- mechanismus. In teleskopartiger Konfiguration liegt der Abb.91: Schlüssellochstellung Arbeitskanal im Inneren des Gewebekanals und überragt diesen in seiner Länge. Das Fußende des Gewebekanals fungiert als Druckstempel (Abb.91: roter Pfeil) für den Öffnungsmechanismus der Klappen und dient im Kraft- weiteren Sinne der übertragung, die für das Durchstechen der Weichteile benötigt wird. Abb.92: Gewebekanal im Weichteilgewebe - 76 - Diplomarbeit Mario Wieser Ist der Gewebekanal in gewünschter Position, können die Sicherungs- membran mit der an ihr haftenden Haut und die darunter liegenden Weichteile mit forciertem Druck durchsetzt wer- den. Der Druck sollte so lange ausgeübt werden, bis die Schneide des Kanals den Beckenknochen inseriert und ein deutlicher Widerstand zu spüren ist. Dabei ist darauf zu achten, dass der Gewebekanal möglichst Abb.93: Weichteilkanal ohne Biopsiebesteck geradlinig, ohne Drehbewegung durch das Gewebe geführt wird. Die Schneide des Gewebekanals ist nun an der Kortikalis des Beckenknochens positioniert. 5.3.1.4 Der ÖFFNEN DER GEWEBEKLAPPEN UND VERANKERUNG DES KANALS Klappenöffnungsmechanismus besteht aus den beiden Klappen des Gewebekanals und dem Arbeitskanal, der als Druckstempel bei der Öffnung des Gewebeschnabels dient. Vor der Betätigung des Öffnungsmechanismus muss der Spacer vom Arbeitskanal abgenommen werden. Liegt die Spitze der Metallklingen an der Kortikalis des Beckenknochens, kann der Gewebe- schnabel durch Eindrücken des Fingerstempels am Arbeitskanals geöffnet werden. Das umliegende Muskel- gewebe wird währenddessen schonend zur Seite geschoben, ohne dabei Schaden zu nehmen. Bei der Betätigung des Abb.94: Entfernen des Spacers Öffnungsmechanismus - 77 - Diplomarbeit Mario Wieser sollten die beiden Kanäle nicht gegen den Beckenknochen gepresst werden, um eine Sperrstellung der Klappen während der Öffnungsphase zu verhindern. Sind die Gewebeklappen ganz geöffnet, muss der Stempel des Arbeitskanals vollständig durchgedrückt sein, um die Verankerung der (Käfig) der Fixierungszacken in Kortikalis zu gewährleisten. Nur ein gut gesicherter Arbeitskanal ist in der Lage den Fräskopf beim Anschnitt der Knochenoberfläche in Ruhe zu halten. Abb.95: Klappenöffnung Im selben Arbeitsschritt dringen die Metallklingen der Gewebeklappen in die Knochenoberfläche ein und sperren den Schnabel in gespreizter Stellung. Der Weichteildruck lastet nun auf den Gewebeklappen Arbeitskanal, und das teilweise am Muskelgewebe kommt jedoch zu keiner Zeit mit den rotierenden Biopsiewerkzeugen (siehe „Dynamische Module“ Kapitel 2.1.2) in Abb.96: Klappenöffnugsmechanismus 1 Kontakt. Im letzten Schritt muss der Gewebekanal an die Lokalisationsplatte gekoppelt werden, Biopsiefräser entnahme Dazu während optimal muss die zu um den der Probe- stabilisieren. Lokalisationsplatte soweit angehoben werden, dass die Spannlippe (Kapitel 2.6.3.2 Lokalisationsplatte mit Stabilisationsmembran) in die Sicherungsrasten am Abb.97: Klappenöffnugsmechanismus 2 - 78 - Diplomarbeit Mario Wieser Gewebekanalschaft inseriert. An welcher Sicherungsraste bzw. Höhe die Lokalisationsplatte am Ende einrastet, ist individuell verschieden und hängt stark von der körperlichen Konstitution des Patienten ab. Je nach Geschlecht und Fettverteilung, entsprechender bietet der Spann- mechanismus dem Arzt die Möglichkeit, sich in einem gewissen Rahmen an die Abb.98: Klappenöffnugsmechanismus 3 variierende Weichteilstärke der Regio glutaea anzupassen. Für Patienten mit überproportionalen Körperdimensionen (zb. Adipositas permagna) wurden die Weichteilkanäle in zwei unterschiedlichen Längen gefertigt. In weiterer Folge können Konturunterschiede zwischen Hautoberfläche darunter liegenden und dem Darmbeinrelief, durch das Inserieren mit der Spannlippe, an unterschiedlich hoch gelegenen Sicherungsrasten aus- geglichen Abb.99: Ideale Stellung des Gewebekanals werden. Der Gewebekanal liegt dadurch im günstigen Winkel von 90º zur Darmbeinoberfläche. Erst wenn alle vier Verankerungssicherungen in Position sind, ist der Gewebezugang an den Beckenknochen genügend stabilisiert und bereit für die Entnahme der Knochenprobe. Die Verankerung sollte im Anschluss aus Sicherheitsgründen kontrolliert werden. Abb.100: Gewebekanal in Endposition - 79 - Diplomarbeit 5.3.1.5 Mario Wieser VERANKERUNGSSICHERUNGEN 1. Sperrstellung der Klappen durch den Arbeitskanal 9 Liegt der Arbeitskanal mit den Fixierungzacken in der Kortikalis des Beckenknochens, sind die Klappen automatisch in Sperrstellung (Abb.101: rote Pfeile). Abb.101: Verankerung durch den Arbeitskanal 2. Durchdrücken des Stempels am Arbeitskanal (Fixierungszacken in der Kortikalis) 9 Arbeitskanal kann mit verankerter Krone nicht mehr verdreht werden (Verdrehprobe). Abb.102: Durchgedrückter Stempel 3. Verankerung der Gewebeklappen in der Kortikalis 9 Sind die Klappen mit den Metallklingen in der Kortikalis versenkt, kann der Gewebekanal nicht mehr bewegt werden (Abb.103: rote Pfeile) Abb.103: Verankerung der Gewebeklappen - 80 - Diplomarbeit Mario Wieser 4. Gewebekanal mit Lokalisationsplatte gekoppelt 9 Lokalisationsplatte liegt am Gewebekanalfuße. Spannlippen und Halterasten sind in Sperrstellung (Abb.104: roter Pfeil) Abb.104: Gewebekanal mit Lokalisationsplatte und Arbeitskanal - 81 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.4 AUSFRÄSEN DES KNOCHENZYLINDERS Prozesselemente: Î Zentriersystem (Lokalisationsplatte mit Haftfolie, Gewebekanal, Arbeitskanal) Î Zylinderkernlochfräser Î Sicherungseprouvette Î Antriebseinheit Funktion: o Stabilisation, Fixierung des Biopsieareals und der Kernlochfräse o Weichteilschutz, Abgrenzung der Weichteile von Biopsiebesteck o Auslösen der Knochenprobe o Bergen des Biopsates o Vorschub und Arbeitsbewegung 5.4.1 DAS ZENTRIERSYSTEM Die Prozesselemente (Lokalisationsplatte mit Haftfolie, Gewebekanal, Arbeitskanal) die in den vorhergehenden Arbeitsschritten genutzt wurden, bilden als Einheit das Zentriersystem. Im Laufe der Prozessstufen wurden die Einzelteile komplementiert und dienen in weiterer Folge der Zentrierung und Führung der Zylinderkernlochfräse. Es wird darauf hingewiesen, dass das Zentriersystem nur als Einheit vollständig funktionsfähig ist! Einzelteile: 1. Lokalisationsplatte mit chirurgischer Haftfolie Navigationselement, stabilisiert die Weichteile 2. Gewebekanal Zugangselement, Weichteilschutz - 82 - Diplomarbeit 3. Mario Wieser Arbeitskanal Fixiert Biopsiestelle, Verlaufschutz der Kernlochfräse 5.4.2 KOPPELUNG DER ZYLINDER KERNLOCHFRÄSE MIT DEM ZENTRIERSYSTEM Die von der Antriebseinheit generierte Arbeitsbewegung (Rotations- und Vorschubbewegung) wird über eine Steckkupplung auf den Zylinderkernlochfräser Übertragen. Die Kupplung liegt am Schaftende des Fräsers bzw. an der Antriebswelle der Antriebseinheit und ermöglicht die schnelle Trennung der beiden Werkzeuge. Der Arbeitskanal wurde bereits im Zuge der Klappenöffnung mit dem Käfig in der Kortikalis des Beckenkammes verankert, ist aber noch durch den Druckstempel verschlossen. Um den Zylinderkernlochfräser in den Arbeitskanal einführen und ihn mit dem Zentriersystem verbinden zu können, muss der Kunststoffstempel am Ende des Kanals entfernt werden. Anschließend kann die Kernlochfräse über die freiliegende Öffnung des Arbeitskanals an den Beckenkamm geführt und mit dem Zentriersystem gekoppelt werden. 5.4.3 AUSFRÄSEN DER KNOCHENPROBE 5.4.3.1 EINSTELLUNG DER FRÄSTIEFE Um die Knochenprobe vollständig aus ihrem Gewebsverband lösen zu können, muss die gesamte Stärke des Beckenknochens mit dem Fräswerkzeug durchsetzt werden. Dabei besteht die Gefahr, zu tief in das große Becken einzudringen und Muskeln, Gefäße oder Organe zu perforieren. Um das Risiko derartiger Zwischenfälle zu senken, sorgt ein Distanzring an der Antriebseinheit für die gewünschte Tiefenkontrolle während des Fräsvorganges. Wird die gewünschte Eindringtiefe erreicht, stoppt der automatische Vorschub der Antriebseinheit in der vorab eingestellten Position. Auch ein weiterer unerwünschter Druck des Anwenders würde den Fräser nicht tiefer vordringen lassen. Der Tiefenkontrollmechanismus liegt an der Kupplung, zwischen Antriebseinheit und Zylinder- - 83 - Diplomarbeit Mario Wieser kernlochfräser. Der Distanzring am Tiefenkontrollmechanismus wird nach dem Einführen des Kernlochfräsers in den Arbeitskanal, am Niveau der Knochenoberfläche, auf Tiefe 0 gestellt. Bevor der Fräsvorgang fortgesetzt werden kann, muss man die gewünschte Biopsietiefe, durch Verdrehen des Distanzringes festlegen. Es ist anzuraten, die geschätzte durchschnittliche Beckenstärke dieser Region circa 15 mm zu unterschreiten und einen Sicherheitsabstand von mindestens 4 mm einzuhalten (Einstelltiefe 8 mm). 5.4.3.2 ANSCHNITT DER KORTIKALIS Der Fräser liegt mit seiner gesamten Länge im Arbeitskanal dicht über der Knochenoberfläche und rotiert mit der gewünschten Drehzahl. Es kann nun die Kortikalis des Beckenknochens, durch behutsames Vorschieben der Antriebseinheit, angeschnitten werden. Infolge der zirkulär angeordneten Zähne des Fräskopfes, sollte der initiale Kontakt möglichst gleichmäßig und im Winkel von 90º zur Knochenoberfläche Abb.105: Anschnitt der Kortikalis (ohne Weichteile) erfolgen (Abb.106: Rote gestrichelte Linie). Diese Idealsituation wird aufgrund der schrägen Beckenkontur oder durch Fehlpositionierung meist nicht erreicht, sodass sich der Kontakt zwischen Kortikalis und dem Fräskopf auf nur einzelne Zähne des Kronenumfangs reduziert. Der Fräskopf kann infolge der rotierenden Arbeits- bewegung über den Umfang verlaufen. Die Lage des Biopsiegerätes würde Abb.106: Anschnitt einer Kunststoffoberfläche sich daraufhin signifikant verändern und - 84 - Diplomarbeit könnte im Mario Wieser schlimmsten Fall das umliegende Gewebe destruieren. Um den gesicherten Anschnitt der Knochenoberfläche zu gewährleisten und einen ausreichenden Weichteilschutz zu bieten, wurde bereits der Arbeitskanal (Fixierungszacken) in der Kortikalis des Beckenknochens verankert. Translationsbewegungen parallel zur Knochenoberfläche sind nicht mehr möglich. Der Fräskopf trägt an seinem Umfang abwechselnd eine Hauptschneide (Abb.108: rote Linien bzw. Pfeile) und eine Vorschneide (Abb.108: grüne Linien bzw. Pfeile), jeweils 3 an der Zahl. Die Abb.107: Vor- und Hauptschneiden am Fräskopf Haupt- schneiden übernehmen den größeren Anteil des Spanvolumens und besitzen den flacheren Spitzenwinkel als die Vorschneiden. Die Vorschneiden hin- gegen überragen die Hauptschneiden in Bearbeitungsrichtung und weisen den kleineren Spitzenwinkel auf. Infolge der Längendifferenz und dem wesentlich geringeren Spitzenwinkel, dienen diese Zähne dem verlaufsfreien Anschnitt der Knochenoberfläche. Die Überlänge der Vorschneiden sorgt in weiterer Folge, zusammen mit dem Arbeitskanal, für die exakte des Kernlochfräsers gewebe. im Führung KnochenAbb.108: Schneidengeometrie - 85 - Diplomarbeit 5.4.3.3 Mario Wieser SCHNITTFÜHRUNG IM KNOCHENGEWEBE Rotiert der Fräser mit seinem gesamten Umfang in der Schnittfuge, kann der automatische Vorschub der Antriebseinheit aktiviert werden. Die Arbeitsbewegung (Vorschub, Rotation) wird dann ausschließlich vom Antriebsmodul ausgeführt, Vorschub drehungsgeschwindigkeit einander abgestimmt und Um- sind auf- und können stufenlos geändert werden. Eine rein Abb.109: Schnittführung im Knochen händische Vorschubkontrolle wäre nicht präzise genug und würde durch zuviel oder zuwenig Druck die Schnittleistung der einzelnen Zähne unter oder überschreiten. Die Folgen wären eine Überwärmung und Mikrofrakturen in der Substantia spongiosa. Für genügend Freistellung in der Schnittfuge sorgt die konische Form (Abb.110: rote Linien) des Fräskopfs, dabei verjüngt sich der Fräser in Richtung Schaft und lässt Abb.110: Konische Fräskopfform genügend Spielraum für Ausgleichsbewegungen. In weiterer Folge verhindert der hinterschliffene Fräskopf, das Reiben des Fräserschaftes am Kochengewebe (Schnittfuge) und die damit verbundene Entwicklung von Reibungswärme. Wie schon erwähnt, wird die primäre Zerspanungsarbeit von den 3 Hauptschneiden ausgeführt. Abb.111: Schnittprofil - 86 - Diplomarbeit Mario Wieser Die Vorschneiden spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Das aus dem Knochenverband gelöste Knochenmehl (Abb.109: roter Pfeil) wird während der Bearbeitung über Spannuten aus der Schnittfuge abgeleitet und zwischen Arbeitskanal und Fräserschaft gespeichert. Wurde der Biopsievorgang erfolgreich beendet und die Knochenprobe unversehrt von der Sicherungseprouvette geborgen, kann der Kernlochfräser aus dem Arbeitskanal entfernt werden. Das gespeicherte Knochenmehl wird bei der Rückbewegung des Fräskopfes aus dem Biopsiekanal befördert, ohne dabei Rückstände in der Wunde zu hinterlassen. Ist die gewünschte Frästiefe erreicht, stoppt der automatische Vorschub der Antriebseinheit. Die verbleibende Distanz, bis zur vollständigen Lösung des Biopsiezylinders, kann durch Drehen am Distanzring (Tiefenkontrolle) überwunden werden. Aufgrund der speziell für den Einsatz am Knochen konstruierten Vorschneiden, erfolgt die Abtrennung des Biopsiezylinders noch bevor die Hauptschneiden die gesamte Stärke des Beckenknochens durchsetzt haben. Der Fräsvorgang kann noch im Beckenkamm abgeschlossen werden, lediglich die Vorschneiden (Abb.106: grüne Pfeile) müssen die Gesamtstärke des Knochens überwinden. Das Risiko für einen Durchbruch der Biopsiewerkzeuge in das große Becken ist sehr unwahrscheinlich. 5.4.3.4 ABSETZEN DES BIOPSIEZYLINDERS Während die Hauptschneiden des Fräskopfes in den Beckenknochen vordringen, formen die Vorschneiden das Hauptprodukt den des Biopsievorgangs: Knochenzylinder. Die Vor- schneiden übernehmen den fehlenden Anteil der Zerspanungsarbeit die im Rahmen des Fräsvorganges anfällt und sind das primäre formgebende Element für den Biopsiezylinder. Wie auch die konisch geformte Außenkontur des Fräskopfs gestaltet sich das Innen- Abb.112: Geborgener Knochenzylinder - 87 - Diplomarbeit Mario Wieser leben. Von den Spitzen der Vorschneiden (Abb.113: rote Pfeile) am Innendurchmesser der Krone, nimmt die lichte Weite in Richtung Fräserschaft zu (Abb.113: grüne Linien). Dadurch entsteht, wie auch am Außendurchmesser des Fräskopfs, eine Freistellung des Werkzeugs in der Schnittfuge. Der Durchmesser des Abb.113: Fräskopf in Schnittdarstellung ausgefrästen Knochenzylinders ist ident mit der lichten Weite an den Spitzen der Vorschneiden. Das Produkt des Fräsvorganges erstreckt sich mit fortlaufender Arbeitsbewegung immer weiter in den Schaft des Kernlochfräsers, direkt in die Sicherungs- eprouvette (Abb.112: roter Pfeil), die mit ihrer Öffnung an der Basis des Fräskopfes liegt. Die zentral geschlitzte Abb.114: Schnittprofil Schlussmembran sitzt dem offenen Ende der Eprouvette kappenförmig auf. Durch die Arbeitsbewegung des Fräswerkzeugs wird die gewonnene Knochenprobe, schon vor der vollständigen Ablösung aus dem Beckenkamm, in die schlitzförmige Öffnung der Schlussmembran gepresst. Die Retraktionskraft der Membran fixiert das Biopsat an seinem Umfang, ohne die Knochenstruktur zu zerstören. Abb.115: Innere Kortikalis Noch bevor die Hauptschneiden (Abb.114: roter Pfeil) die gesamte Stärke des Beckenknochens durchsetzt haben, lösen die vorragenden Vorschneiden - 88 - Diplomarbeit Mario Wieser (Abb.114: grüner Pfeil) den Knochenzylinder aus dem Gewebeverband. Aus- schließlich die Vorschneiden durchsetzen den Beckenkamm zur Gänze. Dadurch wird das Verletzungsrisiko von Beckenorganen reduziert. Während die Kernlochfräse (Vorschneiden) die innere Kortikalis (Abb.115: roter Pfeil) durchbricht, erfolgt zeitgleich die Abtrennung der Beinhaut. Dabei rotiert der Fräser im Beckenknochen, ohne eine Vorschubbewegung auszuführen, so lange, bis das Periost durch die Vorschneiden abgesetzt wurde. Die Schlussmembran sichert die Knochenprobe währenddessen in ihrer Lage, um sie nach der Abtrennung von der Beinhaut, ohne strukturelle Defizite an den Speicher der Sicherungseprouvette, abzugeben. - 89 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.5 BERGUNG UND SICHERUNG DES KNOCHENZYLINDERS Prozesselemente: Î Zentriersystem Î Zylinderkernlochfräser Î Sicherungeprouvette Funktion: o Stabilisation, Fixierung des Biopsieareals und der Kernlochfräsers o Weichteilschutz, Abgrenzung der Weichteile von Biopsiebesteck o Bergen des Biopsats Nachdem die Knochenprobe über die Schlussmembran in der Sicherungseprouvette zu liegen gekommen ist, kann der Kernlochfräser gespeicherten Biopsat mit aus dem dem Gewebekanal entfernt werden. Löst man die formschlüssige Steckkupplung nach abgeschlossener Bergung, wird die im Fräserschaft platzierte Sicherungseprouvette (Abb.117: roter Pfeil) sichtbar. Ein speziell (Abb.116: gefertigter grüner Pfeil) Fingergriff an der Abb.116: Funktion der Sicherungseprouvette Eprouvette überragt den Fräserschaft am Kupplungsende in seiner Länge und erleichtert die händische Entnahme des Sicherungsreservoirs. Der transparente Kunststoff (Abb.116: gestrichelte Pfeile) der Eprouvette ermöglicht die optische Inspizierung Abb.117: Sicherungseprouvette in Arbeitsposition - 90 - Diplomarbeit Mario Wieser des Knochenzylinders direkt im Anschluss an den Biopsievorgang. Strukturelle Defizite bzw. qualitative Minderwertigkeit der Knochenprobe fordern eine Neupositionierung des Gewebekanals und die Wiederholung der Fräsarbeiten („mehrfach Probeentnahmen“ siehe Kapitel 5.5.1). Ist das Biopsat in einwandfreiem Zustand, kann es für die osteologische Basisdiagnostik freigegeben werden. Die Abb.118: Geöffnete Sicherungseprouvette Sicherungseprouvette dient in weiterer Folge als Transportgefäß Knochenzylinder und für sollte den erst unmittelbar vor der Analyse geöffnet (Abb.118) werden, um die Gewebeprobe vor schädigenden Einflüssen zu schützen. Bricht man den Fingergriff am Ende der Eprouvette ab, kann der Knochenzylinder dem Sicherungsgefäß über die entstandene Öffnung ent- Abb.119: Biopsat nommen werden. 5.5.1 MEHRFACHE PROBEENTNAHME Das Biopsieset ist für die mehrmalige (3 mal) Anwendung innerhalb eines Arbeitszyklus ausgelegt. Wurde, aus welchen Gründen auch immer, eine qualitativ minderwertige Probe aus dem Beckenkamm entnommen, entsteht die Möglichkeit, während desselben Eingriffs, mit den gleichen Werkzeugen, weitere, hochwertige Knochenzylinder auszufräsen. Dafür muss lediglich der Gewebekanal neu positioniert werden. Das Auge der Lokalisationsplatte ist für Ausgleichsbewegungen entsprechend weit gefertigt. Die Stabilisationsmembran verhindert eine zu abrupte Lageveränderung und sichert den Gewebekanal in seiner neuen Position - 91 - Diplomarbeit Mario Wieser am Beckenknochen. Vor einem Positionswechsel erfolgt immer das Lösen der vier Verankerungssicherungen (5.3.1.4 Öffnen der Gewebeklappen und Verankerung des Kanals). Lageveränderungen mit verankerten Werkzeugen können erhebliche Weichteilverletzungen verursachen und sollten infolgedessen unterlassen werden. Die neu ausgerichteten Biopsiewerkzeuge müssen anschließend wieder an der Biopsiestelle verankert werden, dabei sind die Arbeitsschritte der Kapitel 5.3.1.3 – 5.4.3.4 in derselben Reihenfolge durchzuführen, wie auch bei dem ersten Biopsieversuch. Eine weitere (3. Versuch) Probeentnahme fordert eine nochmalige Durchführung der beschriebenen Einzelschritte. Alle Sicherheitsmaßnahmen, wie die Kontrolle der richtigen anatomischen Position und der Verankerungssicherungen am Gewebekanal, sind vor jedem Biopsieversuch durchzuführen. Es ist darauf hinzuweisen, dass alle Prozesselemente, außer der Antriebseinheit und dem Zylinderkernlochfäser, ausschließlich für den einmaligen (an einem Patienten ein Arbeitszyklus) Gebrauch konstruiert wurden. Einwegteile können nur für einen Arbeitszyklus eingesetzt werden. Die mehrfache Benützung (mehrere Arbeitszyklen) der Kunststoffteile ist mit einem signifikanten Qualitätsverlust der Knochenprobe und einem hohen Infektionsrisiko für den Patienten verbunden. Deshalb ist vor der mehrmaligen Verwendung von Einwegteilen abzuraten. - 92 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.6 3-STUFEN-WUNDHEILUNGSEINHEIT Prozesselemente: Î Lokalisationsplatte mit Haftfolie Î Sicherung Î [Gewebekanal (Fixierte Module, 1. Schale)] Î [Arbeitskanal (Fixierte Module, 2. Schale)] Funktion: • Blutstillung durch Gefäßkompression • Keimbarriere • Wundrandstabilisation, Wundrandadaptierung, • (Weichteilschutz, Abgrenzung der Weichteile von Biopsiebesteck) 5.6.1 ALLGEMEINE FUNKTIONSBESCHREIBUNG Es haben sich im Laufe der Jahre verschiedene Techniken für die Entnahme von Organproben etabliert. Jedes Gewebe erfordert dabei, bedingt durch die individuelle Struktur und materielle Beschaffenheit, spezifisch konstruierte Instrumente. Speziell gefertigte Biopsiewerkzeuge trennen das Zielgewebe aus dem Organverband und speichern das gewonnene Material für das anschließende Analyseverfahren. Bei jeder Probeentnahme, besonders im Fall einer Beckenkammbiopsie, müssen mehrere Schichten anderer Gewebearten durchsetzt werden, um das entsprechende Biopsieareal zu erreichen. Dazu ist ein willkürlich gesetzter Defekt an der Haut und anderen Weichteilen erforderlich, durch die das Biopsiebesteck an das Zielgewebe herangeführt wird. Die temporäre Kontinuitätsunterbrechung entspricht dabei einer chirurgischen Wunde, die keine Fremdkörper oder Keime enthält und glatte Ränder aufweist. Das Wundgebiet ist meist sehr gut durchblutet und hat keine nekrotischen Anteile. Bei einer Beckenkammbiopsie, z.B. im Rahmen der osteologischen Basisdiagnostik, - 93 - Diplomarbeit Mario Wieser entstehen Läsionen an der Haut, dem Fettgewebe, der Muskulatur und dem dazwischen liegenden Bindegewebe. Die neue konstruierte Wundversorgungseinheit, oder auch „wound healing unit“, der Knochenbiopsiefräse, unterstützt das Gewebe schon vor dem Eingriff rund um die Inzisionsstelle. Die Stabilisationsmembran verhindert die Einklemmung der Wundränder während des Biopsievorganges und stabilisiert speziell nach der Probenentnahme das Wundgebiet. Regionäre Gefäße werden über die Dauer des Eingriffs durch die Druckplatte komprimiert; ungewollte Nachblutungen in das Biopsieareal werden infolgedessen unterbunden. Um die Primärheilung des Gewebes zu unterstützen, wird bei der Einführung des Gewebekanals auf den Verlauf der Hautspannungslinien und dem Faserwerk des Muskelbindegewebes geachtet. Die Inzision erfolgt dementsprechend immer parallel zur Faserrichtung. Die weitere Öffnung des Zugangs wird ausschließlich durch Aufdehnen und Verdrängen der einzelnen Gewebeschichten bewerkstelligt, ohne dabei übermäßigen Schaden an der Gewebestruktur anzurichten. Gewebe- und Arbeitskanal grenzen die rotierenden Werkzeugteile - speziell den Fräskopf gegenüber den umliegenden Weichteilen ab und verhindern demnach ungewollte Gewebsverletzungen. Um die Minimalinvasivität der Probeentnahme zu gewährleisten, muss die Gewebskontinuität rund um die Biopsiestelle, während dem Eingriff, so gut wie möglich, bewahrt werden. Die Devise lautet: „Schadensbegrenzung durch Schonung des Gewebes schon während dem Eingriff und Unterstützung der physiologischen Wundheilung danach“. Infolgedessen beschränkt sich die Förderung der Wundheilung nicht ausschließlich auf die letzte der fünf Prozessstufen (3- Stufen Wundversorgung), sondern erfolgt über die gesamte Dauer des Biopsievorgangs. - 94 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.6.2 3-STUFEN-WUNDVERSORGUNGSEINHEIT Die „3-Stufen-Wundversorgungseinheit“ (Abb.120) ist ein speziell entwickeltes System, zur Unterstützung der physiologischen Wundheilung, der Prävention von Wundheilungsstörungen und Vermeidung übermäßiger postoperativer Schmerzentwicklung. Die Wundversorgungseinheit setzt sich aus Prozesselementen zusammen, die bereits der anatomischen Navigation dienten und für die Stabilisierung der Fräswerkzeuge genutzt wurden. Gegliedert in drei Stufen ersetzen die drei Kunststoffteile einen her- kömmlichen Wunddruckverband. Nach ihrem Einsatz können die Elemente der Wundversorgungseinheit hinter- Abb.120: Wundversorgungseinheit einander (in drei Stufen) abgetrennt und entsorgt werden. 5.6.2.1 STUFE 1 - ENTFERNUNG DER INTRAOPERATIVEN SCHUTZEINRICHTUNGEN (GEWEBEKANAL, ARBEITSKANAL, HAFTFOLIE) Zusammenfassung Funktion: Î Keimbarriere (prä- intra- postoperativ) Prozesselement: o Haftfolie o (Gewebekanal) o (Arbeitskanal) - 95 - Diplomarbeit Mario Wieser Wurde die Probeentnahme erfolgreich abgeschlossen und die qualitativen Ansprüche hinsichtlich der Knochenstruktur erreicht, erfüllen die fixierten Gewebekanäle (Gewebekanal, Arbeitskanal) keine Aufgabe mehr und können aus den Weichteilen entfernt werden. Dazu muss die Spannlippe der Lokalisationsplatte von den Sicherungsrasten am Gewebekanalhals getrennt werden. Folglich vermindert sich der vertikale Druck der auf den Gewebeklappen lastet. Anschließend können die Kunststoffklappen, durch zurückziehen des durchgedrückten Arbeitskanals, gelöst werden. Die Klappen leisten dann keinen Widerstand gegen den Gewebedruck und kollabieren in die geschlossene Schnabelstellung. Der Gewebekanal (+ Arbeitskanal) kann nun ohne größere Kraftaufwendung aus der Operationswunde gezogen werden. Die rund um den Rahmen der Lokalisationsplatte fixierte Haftfolie diente vor, während und auch nach dem Eingriff als Keimbarriere bzw. Stützelement, muss aber direkt im Anschluss an die Probeentnahme von der Lokalisations- Abb.121: Lösen der Haftfolie 1 platte getrennt werden (Abb.121,122). Dafür wurde Rahmen eine am Übergang zum Sollbruchstelle ein- gearbeitet, die das Abspalten der Folie erleichtert. Die Druckplatte (Funktionsposition 2) dient weiterhin der Blutstillung und verweilt für eine weitere Stunde an ihrer ursprünglichen Stelle. Die abgetrennte Haftfolie wird nicht weiter gebraucht und kann nach der Ablösung von der Haut verworfen Abb.122: Lösen der Haftfolie 2 werden. - 96 - Diplomarbeit 5.6.2.2 Mario Wieser STUFE 2 - LÖSEN DER BLUTSCHRANKE (DEAKTIVIERUNG DER DRUCKPLATTE) Zusammenfassung Funktion : Î Blutschranke (prä- intra- postoperativ) Prozesselement : Lokalisationsplatte Mit der Aktivierung (Kapitel 5.2.4.3), bzw. Verlagerung der Druckplatte von Funktionsposition 1 in Funktions- position 2, wurden die Blutgefäße über die Dauer der Probeentnahme komprimiert und dadurch eine übermäßige Einblutungen in das Biopsieareal verhindert. Auch postoperativ bietet die Druckplatte Schutz vor Nachblutungen, indem sie eine weitere Stunde in aktivierter Form an ihrem ur- Abb.123: Lokalisationsplatte mit Schlussmembran sprünglichen Platz verweilt und die Blutgefäße rund um die Regio glutaea komprimiert. Mit Abschluss der 2. Stufe erfolgt die Trennung der Lokalisationsplatte von der Stabilisationsmembran (Abb.124). Hierbei ermöglicht wiederum eine Sollbruchstelle (Klebeverbindung) die Abspaltung der Lokalisationsplatte (Lokalisationsplatte ist in Funktionsposition 2) von Haut und Sicherungs- Abb.124: Lösen der Lokalisationsplatte membran. - 97 - Diplomarbeit Mario Wieser 5.6.2.3 STUFE 3 – LÖSEN DER STABILISATIONSMEMBRAN Zusammenfassung Funktion : Î Einführungshilfe für den Gewebekanal (Faserrichtung der Weichteile, Spannungslinien der Haut), Wundrandstabilisation (Kompressionsschutz, Perfusionshilfe) Wundrandadaptierung , Unterstützung der physiologischen Wundheilung Prozesselement : o Stabilisationsmembran Die Stabilisationsmembran (Abb.125) wurde für Protektion weiterer die der Folge prä-, perioperative Weichteile zur und in Wundheilungs- unterstützung der Haut konstruiert. Bei der Einführung der Weichteilkanäle (Gewebekanal und Arbeitskanal) dient die Membran als Schablone und weist mit ihrer Balkenmarkierung (Abb.125: roter Pfeil) an der Oberseite (Richtfläche der Druckplatte) Abb.125: Modell der Schlussmembran unmissver- ständlich auf den senkrechten Verlauf der zu durchsetzenden Muskelfasern und Sehnenplatten hin. Die Spannungslinien der Haut (relaxed skin tensions lines) hingegen liegen im Winkel von ca. 90º zur Faserung des Musculus glutaeus medius (anatomisch relevanter Muskel), nahezu horizontal. Abb.126: Inzision der Weichteile - 98 - Diplomarbeit Mario Wieser Wird der Gewebekanal anhand der Markierung auf der Sicherungs- membran in Stellung gebracht, stehen die Metallklingen bzw. dessen Schnittrichtung senkrecht zu den Spannungslinien der Haut. Bei der Inzision werden diese zwangsläufig gekreuzt. Die Muskeln und Faszien wiederum, erleiden durch das Einführen der Weichteilkanäle kaum Läsionen, da die schnabelförmige Spitze (Metallklingen) Abb.127: Nach der Entfernung der Stabilisationsmembran des Gewebekanals parallel zur Verlaufsrichtung der Fasern ausgerichtet ist. Priorität liegt dabei im Schutz von muskulären Bestandteilen, da der Großteil der postoperativen Komplikationen (Blutungen, Schmerzen ect.) infolge intra- muskulärer Traumata entstehen. Der Hautschnitt beträgt nur ca. 7mm. Die weitere Öffnung auf den Durchmesser des Gewebekanals erfolgt durch schonendes Aufdehnen, über die Länge des Gewebeschnabels Die mit der Epidermis verklebte Stabilisationsmembran wirkt dabei als Kompressionsschutz (wirkt durch die Elastizität gegen eine übermäßige Aufdehnung der Hautinzision) der Wundränder und gewährleistet eine ausreichende Durchblutung, rund um die Inzisionsstelle. Kann die Perfusion über die Dauer der Probeentnahme aufrechterhalten werden, sinkt die Gefahr für Gewebenekrosen. Nach abgeschlossener Probeentnahme, wird der Gewebekanal händisch aus der Biopsiewunde herausgezogen. Dabei gleitet die Außenkontur des Werkzeugs entlang der Stabilisationsmembran. Diese kontrahiert sich währenddessen, solange bis sie ihre Ausgangsposition (geschlossene Membran) erreicht hat und die an ihr klebenden Wundränder ohne Druck adaptiert wurden. Die Stellung der Haut entspricht dann annähernd der physiologischen Grundstellung; herkömmliche Wundeversorgungsmethoden mittels Nahtmaterial werden überflüssig. Auch Komplikationen wie etwa Nekrosen der Wundränder durch zu festes adaptieren, oder unschöne Narbenbildung (ausgenommen angeborene Wundheilungsstörungen) werden weitgehend verhindert. Für die Gewährleistung der optimalen Wundheilung empfiehlt es sich die Sicherungs- - 99 - Diplomarbeit Mario Wieser membran bis zu 4 Tage (entspricht der Exsudationsphase der physiologischen Wundheilung) auf der Wunde verweilen zu lassen. Danach kann auch diese abgelöst und verworfen werden (Abb.127). - 100 - Diplomarbeit Mario Wieser Abb.128: Knochenzylinder 1 Abb.129: Knochenzylinder 2 - 101 - Diplomarbeit Mario Wieser 6 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb.1: Schema der Diagnose Sicherung bei neoplastischem Geschehen…… 1 Abb.2: Herkömmliches Biopsiewerkzeug………………………………………… 4 Abb.3: Biopsiewerkzeug…………………………………………………………… 4 Abb.4: Schalenmodell……………………………………………………………… 7 Abb.5: Schnittdarstellung des Schalenmodells…………………………………… 8 Abb.6: Gewebekanal 3-dimensional……………………………………………… 9 Abb.7: Gewebekanal in der Seitenansicht ……………………………………… 9 Abb.8: Gewebekanal im Vorderansicht…………………………………………… 9 Abb.9: Klappen geschlossen……………………………………………………… 10 Abb.10: Sollbruchstellen…………………………………………………………… 11 Abb.11: Klappenöffnung 1…………………………………………………………... 11 Abb.12: Klappenöffnung 2………………………………………………………… 11 Abb.13: Gewebekanalhals………………………………………………………… 12 Abb.14: Zentriersystem……………………………………………………………… 13 Abb.15: Gewebekanalfuß 3-dimensional………………………………………… 14 Abb.16: Gewebekanalfuß in der Draufsicht……………………………………… 14 Abb.17: Zentriersystem mit Biopsiefräser………………………………………… 14 Abb.18: Gewebekanal mit Arbeitskanal, Druckstempel und Distanzhülse … 15 Abb.19: Arbeitskanal………………………………………………………………… 16 Abb.20: Spacer……………………………………………………………… 16 Abb.21: Einführen des Gewebekanals…………………………………………… 17 Abb.22: Beckenkamm……………………………………………………………… 20 Abb.23: Entnommene Knochenzylinder…………………………………………… 20 Abb.24: Zähnezahl und Zahnteilung ……………………………………………… 21 Abb.25: Abmaße des Fräskopfes ………………………………………………… 21 Abb.26: Abmaße des Fräskopfes ………………………………………………… 22 Abb.27: Winkel am Fräser………………………………………………………… 22 Abb.28: Hauptschneiden…………………………………………………………… 24 Abb.29: Fräskopf in Schnittdarstellung…………………………………………… 24 Abb.30: Vorschneiden……………………………………………………………… 24 - 102 - Diplomarbeit Mario Wieser Abb.31: Fräserkrone in der Vorderansicht……………………………………… 25 Abb.32: Fräserkrone in Schnittdarstellung……………………………………… 25 Abb.33: Spannuten ……………………………………………………………… 26 Abb.34: Fräserschaft……………………………………………………………… 27 Abb.35: Zylinderkernlochfräser…………………………………………………… 29 Abb.36: Sicherungseprouvette mit Knochenzylinder…………………………… 30 Abb.37: Fingergriff………………………………………………………………… 30 Abb.38: Sicherungseprouvette in Arbeitsposition……………………………… 30 Abb.39: Bergungsvorgang durch die Sicherungseprouvette ………………… 31 Abb.40: Sicherungseprouvette in der Detailzeichnung ……………………… 31 Abb.41: Abbrechen des Fingergriffs…………………………………………… 32 Abb.42: Sicherungseprouvette………………………………………………… 32 Abb.43: Zentriersystem bzw. 3-Stufen Wundversorgungseinheit…………… 34 Abb.44: Abbrechen des Fingergriffs………………………………………… 35 Abb.45. Ausläufer der Haftfolie………………………………………………… 36 Abb.46: Sollbruchstellen an der Lokalisationsplatte………………………… 37 Abb.47: Teile der Lokalisationsplatte…………………………………………… 38 Abb.48: Positionierung der Lokalisationsplatte………………………………… 38 Abb.49: Begrenzungen der Gesäßregion ……………………………………… 41 Abb.50: Gesäßregion von lateral……………………………………………… 41 Abb.51: Begrenzungslinien des Biopsieareals……………………………… 42 Abb.52: Biopsieareal mit anatomischen Fixpunkten………………………… 42 Abb.53: Hautspannungslinien………………………………………………… 43 Abb.54: Hautnerven der Regio glutaea……………………………………… 43 Abb.55: Faserverlauf des Bindegewebes…………………………………… 43 Abb.56: Fascia lata mit darunter liegender Muskulatur…………………… 44 Abb.57: Fascia lata gespalten.. ………………………………………… 44 Abb.58: Gewebeschichten der Regio glutaea………………………… 45 Abb.59: Biopsieareal am Darmbeinkamm………………………………… 45 Abb.60: Topgraphische Lage des Biopsieareals………………………… 46 Abb.61: Anatomische Strukturen der Regio glutaea…………………………… 46 Abb.62: Anteile des Darmbeins………………………………………………… 47 - 103 - Diplomarbeit Mario Wieser Abb.63: Ansatzlinien der Gesäßmuskulatur…………………………………… 47 Abb.64: Position des Beckenknochens………………………………………… 47 Abb.65: Begrenzung des Biopsieareals……………………………………… 48 Abb.66: Grenzen des Biopsieareals……………………………………………… 48 Abb.67: Knochenzylinder ……………………………………………………… 48 Abb.68: Knochenzylinder ……………………………………………………… 49 Abb.69: Rechte Gesäßregion in Linksseitenlage……………………… 51 Abb.70: Haftfolienausläufer ……………………………………………… 51 Abb.71: Biopsieareal bei richtiger Lagerung………………………… 51 Abb.72: Knöcherne Grundlage des Biopsieareals ………………………… 52 Abb.73: Biopsieebene …………………………………………………………… 52 Abb.74: Position der Kernlochfräse am Darmbein………………...................... 52 Abb.75: Fräser steht 90º zur Biopsiefläche ……………………………… 53 Abb.76: Lagerungsposition von dorsal………………………………………… 53 Abb.77: Lokalisationsplatte in F2…………………………………………… 53 Abb.78: Organigramm der Prozessstufen mit den entsprechenden Werk......... 55 Abb.79: Position des Biopsieareals……………………………………………….. 58 Abb.80: Anatomische Landmarken am Darmbein………………………………. 59 Abb.81: Aufgeklebte Lokalisationsplatte…………………………………………. 59 Abb.82: Aufgeklebte der Haftfolienlaschen………………………………………. 61 Abb.83: Lagekontrolle ……………………………………………………………… 62 Abb.84: Nicht aktivierte Lokalisationsplatte……………………………………….. 63 Abb.85: Aktivierte Lokalisationsplatte …………………………………………….. 63 Abb.86: Kompression der Weichteile…………………………………………….. 64 Abb.87: Biopsiefenster……………………………………………………………… 65 Abb.88: Balkenmarkierung …………………………………………………………. 66 Abb.89: Gewebekanal in richtiger Position……………………………………….. 66 Abb.90: Faserverlauf der Fascia glutaea………………………………………… 67 Abb.91: Schlüssellochstellung……………………………………………………. 67 Abb.92: Gewebekanal im Weichteilgewebe ……………………………………… 67 Abb.93: Weichteilkanal ohne Biopsiebesteck ……………………………………. 68 Abb.94: Entfernen des Spacers …………………………………………………… 68 Abb.95: Klappenöffnung …………………………………………………………… 69 - 104 - Diplomarbeit Mario Wieser Abb.96: Klappenöffnugsmechanismus 1…………………………………… 69 Abb.97: Klappenöffnugsmechanismus 2………………………………… 69 Abb.98: Klappenöffnugsmechanismus 3………………………………… 70 Abb.99: Ideale Stellung des Gewebekanals…………………………… 70 Abb.100: Gewebekanal in Endposition…………………… 70 Abb.101: Verankerung durch den Arbeitskanal………………………… 71 Abb.102: Durchgedrückter Stempel ……………………………… 71 Abb.103: Verankerung der Gewebeklappen ………………………… 71 Abb.104: Gewebekanal mit Lokalisationsplatte und Arbeitskanal … 72 Abb.105: Anschnitt der Kortikalis (ohne Weichteile) ……………………… 75 Abb.106: Anschnitt einer Kunststoffoberfläche………………………… 75 Abb.107: Vor- und Hauptschneiden am Fräskopf…………………… 76 Abb.108: Schneidengeometrie ……………………………………………… 76 Abb.109: Schnittführung im Knochen…………………………………… 77 Abb.110: Konische Fräskopfform ………………………………………… 77 Abb.111: Schnittprofil ………………………………………………………… 77 Abb.112: Geborgener Knochenzylinder…………………………………… 78 Abb.113: Fräskopf in Schnittdarstellung ……………………………………… 79 Abb.114: Schnittprofil …………………………………………………………… 79 Abb.115: Innere Kortikalis……………………………………………………… 79 Abb.116: Funktion der Sicherungseprouvette………………………………… 81 Abb.117: Sicherungseprouvette in Arbeitsposition……………………… 81 Abb.118: Geöffnete Sicherungseprouvette………………………………… 82 Abb.119: Biopsat…………………………………………………………… 82 Abb.120: Wundversorgungseinheit……………………………………… 86 Abb.121: Lösen der Haftfolie 1…………………………………………………… 87 Abb.122: Lösen der Haftfolie 2…………………………………………………… 87 Abb.123: Lokalisationsplatte mit Schlussmembran……………………………… 88 Abb.124: Lösen der Lokalisationsplatte…………………………………… 88 Abb.125: Modell der Schlussmembran……………………………………… 89 Abb.126: Inzision der Weichteile …………………………………………… 89 Abb.127: Nach der Entfernung der Stabilisationsmembran ………………… 90 - 105 - Diplomarbeit Mario Wieser Abb.128: Knochenzylinder 1…………………………………………………… 92 Abb.129: Knochenzylinder 2………………………………………………… 92 - 106 - Diplomarbeit Mario Wieser 7 LITERATURVERZEICHNIS Anton Haferl, Walter Thiel (1969) Lehrbuch der Topographischen Anatomie (3. Auflage, neu überarbeitet von Walther Thiel) Springer- Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1969 Hans-Dieter Doberl, Werner Doll, Ulrich Fischer, Werner Günter, Max Heinzler, Dr. Eckhard Bobbert, Reinhard Vetter (2003) Fachkunde Metall (54 Auflage) Verlag Europa- Lehrmittel; Düsselberger Straße 23, 42781 Haan- Gruiten H. Leonhardt, B. Thillmann, G. Töndury, K. Zilles (1998) Rauber/Kopsch Anatomie des Menschen, Bewegungsapparat (2., verbesserte Auflage) Georg Thiemen Verlag Stuttgart, New York Werner Platzer (2005) Taschenatlas der Anatomie, Bewegungsapparat (9., überarbeitete Auflage) Georg Thieme Verlag Rüdigerstraße 14,D- 70469 Stuttgart - 107 - Diplomarbeit Mario Wieser 8 ANHANG Abschließend werden hier die gesamten Fertigungszeichnungen der einzelnen Biopsiewerkzeuge nach ihrem Entwicklungsstand aufgelistet. - 108 - Diplomarbeit Mario Wieser - 109 - Diplomarbeit Mario Wieser - 110 - Diplomarbeit Mario Wieser - 111 - Diplomarbeit Mario Wieser - 112 - Diplomarbeit Mario Wieser - 113 - Diplomarbeit Mario Wieser - 114 - Diplomarbeit Mario Wieser - 115 - Diplomarbeit Mario Wieser - 116 - Diplomarbeit Mario Wieser - 117 - Diplomarbeit Mario Wieser - 118 - Diplomarbeit Mario Wieser - 119 -