Eine Zintl-Phase mit isolierten SnSb 4 8 -Anionen: Na 8 SnSb 4 A Zintl Phase with Isolated S n S b / - Anions, Na 8 SnSb 4 Brigitte Eisenmann* und Jürgen Klein Abteilung II für Anorganische Chemie im Eduard-Zintl-Institut der Technischen Hochschule Darmstadt, Hochschulstraße 4, D-6100 Darmstadt Herrn Professor Dr. Albrecht Rabenau zum 65. Geburtstag gewidmet Z. Naturforsch. 43b, 6 9 - 7 1 (1988); eingegangen am 10. September 1987 Crystal Structure, Semimetallic Anions, Zintl Phases The new compound Na 8 SnSb 4 has been prepared from appropriate mixtures of the elements at 700 °C in evacuated silica ampoules coated with glassy carbon. The structure has been determined by single crystal X-ray diffraction data (cubic, space group F d 3 m , a — 1481.6(3) pm, Z = 8, R = 0.044 for 263 reflections). There are isolated tetrahedral SnSb 4 8 - units (bond length Sn —Sb = 284.3 pm), proving the compound to belong to the Zintl phases. Dem Orthosilicatanion Si0 4 4 ~ isostere Anionen E(IV)E(V) 4 8 - , in denen der Sauerstoff durch die Elemente der fünften Hauptgruppe ersetzt ist, wurden in den Erdalkaliphosphido- bzw. -arsenidosilicaten und -germanaten E(II) 4 E(IV)E(V) 4 (E(II) = Ca, Sr, Ba, E(IV) = Si, Ge, E(V) = P, As) nachgewiesen [1—4], Entsprechende isolierte Einheiten der schwereren Halbmetalle Sn bzw. Sb fehlten bisher. Isolierte Antimonidoaluminat- AlSb 4 9 - bzw. -indatanionen InSb4y~ sind hingegen Bausteine der Anionenteilstrukturen von Ca 14 AlSb u [5] bzw. Ca n InSb 9 [6]. Im Rahmen unserer Arbeiten zu Zintl-Phasen mit komplexen Anionen gelang uns nun die Synthese und Strukturbestimmung von Na 8 SnSb 4 . Darstellung Na 8 SnSb 4 wurde durch Umsetzung von der Stöchiometrie entsprechenden Gemengen der Elemente erhalten. Als Gefäßmaterial dienten Quarzglasampullen, deren Innenwandung mit einem Überzug aus glasartigem Kohlenstoff gegen den Angriff der aggressiven Schmelze geschützt wurde. Die Proben wurden im Handschuhkasten unter trockenem Argon (H 2 0-Gehalt < 1 ppm) als Schutzgas vorbereitet, die Gesamtmenge der Proben betrug jeweils ca. 3 g. Die Ampullen wurden evakuiert, abgeschmolzen und in einem Silitrohrofen unter Argon mit einem Gradienten von 50 °C/h auf 700 °C aufgeheizt, dort 2 h gehalten und mit einer Rate von 30 °C/h auf Raumtemperatur abgekühlt. Die entstandenen Re- * Sonderdruckanforderungen an Dr. Brigitte Eisenmann. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0100 - 0069/$ 01.00/0 guli waren dunkel metallisch und außerordentlich luftempfindlich. Die Proben wurden daher im Handschuhkasten geöffnet und zur weiteren Handhabung mit über Natrium getrocknetem, dickflüssigem Paraffinöl bedeckt. Strukturbestimmung Zur Strukturbestimmung wurde ein unregelmäßig begrenztes Einkristallbruchstück mit Öl bedeckt in eine Röntgenkapillare eingesaugt und festgeklemmt. Nach Drehkristall- und Weißenbergaufnahmen (CuK„) kristallisiert Na 8 SnSb 4 in einem kubisch flächenzentrierten Gitter der Laueklasse m 3 m . Die zusätzlich beobachtete Auslöschungsbedingung Reflexe ( 0 k l ) nur vorhanden für k+1 = An führt zur Raumgruppe F d 3 m . Die Gitterkonstante wurde an einem automatischen Vierkreisdiffraktometer (PW 1100, MoK a , Graphitmonochromator) aus den Winkelwerten von 25 sorgfältig zentrierten Reflexen nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate optimiert. Zur Bestimmung der Atomlagen wurden in einem Quadranten der Ewaldkugel die Intensitäten von 2139 Reflexen vermessen. Die Absorption wurde über eine empirische Korrektur mit Hilfe des Programms DIFABS [7] berücksichtigt. Nach den üblichen winkelabhängigen Korrekturen und Mittelung über symmetrieäquivalente Reflexe verblieben 263 unabhängige Meßwerte. Die Lösung der Struktur gelang über rechnergestützte Pattersonmethoden [8j und anschließende Fourier- und Differenzfouriersynthesen. Die Lageparameter aller Atome einschließlich anisotroper Temperaturfaktoren wurden nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate verfeinert [9], Der R-Wert konvergierte bei 0,044 (Tab. I). Unauthenticated Download Date | 10/27/17 9:21 PM B. Eisenmann —J. Klein • Eine Zintl-Phase mit isolierten SnSb 4 8 -Anionen: Na 8 SnSb 4 70 Kristallsystem Raumgruppe Gitterkonstante (pm) V E Z [*106 pm 3 ] o, [ g c m ' 3 ] Zahl der Formeleinheiten MMoK„) [cmH] Quelle der Tables Atom 48 Na 1 auf 16 N a 2 auf 8 Sn 1 auf 32 Sb2 auf Tab. I. Die kristallographischen Daten der Phase Na K SnSb 4 (in Klammern die Standardabweichungen, U-Werte in pm : ). kubisch F d 3 m (Nr. 227) a = 1481.6(3) 3252.32 3.23 8 82.25 zur Rechnung benutzten Atomformfaktoren: International z 8f 16c 8a 32 e 0.3978(6) 0 1/8 0.2358(1) Zahl der beobachteten Reflexe Zahl der freien Parameter R-Wert 1/8 1/8 0 0 1/8 0.2358(1) 1/8 0,2358(1) Ucq 375(33) 390(33) 168(5) 185(3) 263 11 0.044 Der äquivalente isotrope Temperaturfaktor ist definiert als U e 1/3 ( Z Z UJJÖ*JÖ*IOJÖJ) i j Strukturbeschreibung und D i s k u s s i o n I s o l i e r t e S n S b 4 - E i n h e i t e n mit i d e a l e r l ä n g e b e t r ä g t 2 8 4 . 3 p m u n d ist d a m i t d e r S u m m e d e r Tetraeder- K o v a l e n z r a d i e n n a c h P a u l i n g [10] v o n 281 p m v e r - s y m m e t r i e s i n d die B a u s t e i n e d e r A n i o n e n t e i l s t r u k - g l e i c h b a r . A u ß e r d e n vier A n t i m o n n a c h b a r n sitzen t u r v o n N a 8 S n S b 4 ( A b b . 1). D i e Sn — S b - B i n d u n g s - in d e r e r s t e n K o o r d i n a t i o n s s p h ä r e d e s S n - A t o m s im b o Na © o Sn Sb Abb. 1. Perspektivische Darstellung der Struktur des Na 8 SnSb 4 . Unauthenticated Download Date | 10/27/17 9:21 PM B. E i s e n m a n n - J . Klein • Eine Zintl-Phase mit isolierten SnSb 4 8 -Anionen: Na s SnSb 4 71 Abstand von je 320,8 pm vier Na(2)-Teilchen in ebenfalls tetraedrischer Anordnung, die das Koordinationspolyeder zu einem stark verzerrten Würfel ergänzen. Die Sb-Atome haben neben dem Sn-Atom noch sechs Na(l)-Nachbarn in Abständen von 319,5 pm ( 3 x ) bzw. 333,9 pm ( 3 x ) , die ein verzerrtes trigonales Prisma mit einem zusätzlichen Atom über einer Vierecksfläche aufspannen. Um die Na(l)-Teilchen sind 4 Sb-Nachbarn verzerrt tetraedrisch im Abstand von 319,5 pm ( 2 x ) bzw. 333,9 pm ( 2 x ) angeordnet, zusätzlich sitzen zwei Na(2)-Atome im Abstand von je 341,4 pm über zwei Dreiecksflächen. Das Koordinationspolyeder um die Na(2)-Atome ist ein verzerrter Würfel aus zwei SnAtomen im Abstand von je 320,8 pm und sechs Na(l)-Nachbarn im Abstand von jeweils 341,4 pm. Als nächstweitere Koordinationssphäre spannen sechs Antimonatome im Abstand von je 350,7 pm ein Oktaeder auf. Die Summe der Metallradien für Na und Sb beträgt bezogen auf KZ 6 343 pm, die Summe der Ionenradien nach Pauling 340 pm. Die kürzesten beobachteten Na—Na-Abstände von 341.4 pm sind deutlich kürzer als die Abstände im Element von 371,6 pm, dieser Befund deutet auf den Übergang zum kleineren Kation. Nach den beobachteten Bindigkeiten ist die isolierte tetraedrische Einheit achtfach negativ geladen. Na 8 SnSb 4 ist das erste Beispiel, in dem diese hohe Ladung durch acht einfach positiv geladene Gegenanionen kompensiert wird, so daß gleichsinnig geladene Teilchen zwangsläufig räumlich dicht zueinander gepackt werden müssen. Es überrascht auch, daß trotz der geringen Elektronegativitätsdifferenz zwischen Sn und Sb ein Bauprinzip beibehalten wird, das für die Anionen der komplexen Säuren typisch ist. Von einer geordneten Verteilung der beiden röntgenographisch nicht unterscheidbaren Elemente Sn und Sb kann aus Analogie zu bekannten tetraedrischen Anionen wie SiAs 4 8_ oder GeP4x~ in den Erdalkaliverbindungen ausgegangen werden. Außerdem konnten wir diesen Schluß durch die Synthese der einander isotypen Verbindungen Na,SnAs 3 und K 5 SnSb 3 [11] stützen, in denen oligomere Einheiten auftreten, die aus zwei kantenverknüpften Tetraedern gebildet werden. [1] B. Eisenmann, H. Jordan und H. Schäfer. Z. Anorg. Allg. Chem. 475, 74 (1981). [2] B. Eisenmann. H. Jordan und H. Schäfer, Mat. Res. Bull. 17, 95 (1982). [3] B. Eisenmann. H. Jordan und H. Schäfer. Aneew. Chem. 93, 211 (1981). [4] M. Guigueno, J. Guyader und J. Lang. C. R. Acad. Sei. Paris, Ser. C276, 351 (1973). [5] G. Cordier. H. Schäfer und M. Stelter, Z. Anorg. Allg. Chem. 519, 183 (1984). [6] G . Cordier, H. Schäfer und M. Stelter, Z. Naturforsch. 40b, 5 (1985). [7] D I F A B S : An Empirical Method for Correcting Diffractometer Data for Absorption Effects. N. Walker. D. Stuart. Acta Crystallogr. A39, 158 (1983). [8] G. M. Sheldrick. Programmsystem SHELXS-86, Göttingen, unveröffentlicht. [9] G. M. Sheldrick, Programmsystem SHELX-76, Cambridge, unveröffentlicht. [10] L. Pauling. Die Natur der chemischen Bindung. Verlag Chemie, Weinheim (1968). [11] B. Eisenmann und J. Klein, in Vorbereitung. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Fonds der chemischen Industrie sowie der Vereinigung von Freunden der Technischen Hochschule Darmstadt danken wir für ihre Unterstützung. Unauthenticated Download Date | 10/27/17 9:21 PM