16 © Schattauer 2009 Osteologie und Labor Laboruntersuchungen bei metabolischen Osteopathien Rachitis und Osteomalazie, Hypophosphatasie, M. Paget F. Jakob1; R. Ebert1; L. Seefried1; Ch. Beck2; H. Girschick2 1Orthopädisches Zentrum für Muskuloskelettale Forschung, Universität Würzburg; 2Funktionsbereich Pädiatrische Rheumatologie, Immunologie und Osteologie, Kinderklinik und Poliklinik, Universität Würzburg Schlüsselwörter Keywords Osteomalazie, Hypophosphatasie, Morbus Paget, Knochenmarker Osteomalacia, hypophosphatasia, Paget´s disease, bone marker Zusammenfassung Summary Bei Verdacht auf metabolische Knochenerkrankungen werden leitliniengerecht die Parameter des sogenannten Basislabors zur Screening-Diagnostik eingesetzt. Die Aktivität der alkalischen Phosphatase (AP) und die Serum-Spiegel für Kalzium und Phosphat geben erste Informationen zum Knochenstoffwechsel. Auffällige Parameter im Basislabor und die klinische Problemstellung, beurteilt durch einen erfahrenen Spezialisten in osteologischen Zentren sind die Eingangskriterien für eine erweiterte Diagnostik. Klassische Konstellationen sind die isoliert erhöhte oder erniedrigte AP bei Morbus Paget und Hypophosphatasie, der sekundäre Hyperparathyreoidismus bei Rachitis/Osteomalazie, und Phosphatverlust-Syndrome mit inadäquat niedrigem Parathormon und Vitamin-D-Hormon. Die Untersuchung der Kalzium- und Phosphat-Bilanz und von FGF23 ermöglicht die Differenzialdiagnose der Rachitis und Osteomalazie. Die genannten Parameter erlauben eine breite und sichere Differenzialdiagnose, spezielle Parameter sind nur selten notwendig. Verlaufsuntersuchungen bei chronischen Erkrankungen sind oft mit einzelnen Markern in größeren Abständen zuverlässig. Laboratory testing of metabolic bone disease is initiated using a screening panel of clinical chemistry parameters according to osteoporosis guidelines, comprising measurements of alkaline phosphatase (AP) and of serum levels for calcium and inorganic phosphate, to get basic information about bone metabolism. Based on these results and on the clinical query the expansion of laboratory testing using specific bone markers and hormone levels is evaluated by a specialist for metabolic bone disease and osteology. The classical constellations found are e. g. elevated or low AP activity levels in Paget´s disease of bone or hypophosphatasia respectively, secondary hyperparathyroidism in rickets and osteomalacia and phosphate wasting syndromes showing inadequately low levels of parathyroid hormone and vitamin D-hormone. Measuring the balance of calcium and phosphate metabolism and serum FGF23 levels allows for differential diagnosis of rickets and osteomalacia. Using these parameters a broad differential diagnosis can be covered and only rarely is there a need for further expansion of special bone marker measurement. Follow-up tests in chronic diseases can often be reliably done using single bone markers or a reduced panel of the above. Korrespondenzadresse Univ.-Prof. Dr. Franz Jakob Orthopädisches Zentrum für MuskuloskelettaleForschung Brettreichstrasse 11 97074 Würzburg Tel.: 09 31/80 31 580 Fax: 09 31/80 31 599 E-mail: [email protected] Laboratory testing in metabolic bone diseases – rickets and osteomalacia, hypophosphatasia, Paget´s disease of bone Osteologie 2009; 18: 16–23 eingereicht: 13. Januar 2009 angenommen: 21. Januar 2009 Störungen des Knochenstoffwechsels können zumindest teilweise durch Bestimmung von Serumparametern diagnostiziert, in ihrer Aktivität eingeschätzt und bezüglich der Effizienz therapeutischer Interventionen verfolgt werden. Parameter, die im peripheren Blut die Verhältnisse im Knochen widerspiegeln, sind neben den Elektrolyten, die für den Knochenaufbau und -abbau eine Bedeutung haben, die organischen Bestandteile des Knochens, die sowohl beim Aufbau als auch beim Abbau messbar sind sowie sezernierte Produkte von Osteoblasten und Osteoklasten. Weiterhin sind skelettrelevante Hormone und Prohormone/Vitamine für die Diagnostik metabolischer Osteopathien von erheblicher Bedeutung. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Laborparametern, die man im Serum zuverlässig meist mit Immuno-Assays messen kann (1, 2). Nicht jede dieser Bestimmungen ist allerdings für die Routine geeignet, noch ist jede Bestimmung für die Routine notwendig. Ökonomische Überlegungen fließen heute unmittelbar in die Indikation zur Diagnostik ein, nur selten werden Screeningparameter verwendet, die so stark erscheinen, dass sich in bestimmten Lebensphasen oder Risikogruppen eine breit angelegte Screeninguntersuchung lohnt. Neben der Bestimmung der Mineralstoffe Kalzium und Phosphat im Serum und im Urin hat sich lediglich die Bestimmung der Aktivität der alkalischen Phosphatase im Blut als Massenparameter durchgesetzt, die auch in Automaten für die klinische Chemie verfügbar ist. Daher kommt dem sogenannten Basislabor (siehe Beiträge über die Diagnostik bei Osteoporose in diesem Heft und in den Leitlinien des Dachverbands Osteologie unter www. dv-osteologie.de) eine große Bedeutung für die Screeningdiagnostik der Osteopathien zu. Osteologie 1/2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-10-27 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. F. Jakob et al.: Laboruntersuchungen bei metabolischen Osteopathien Zusammensetzung des Basislabors nach den Leitlinien des DVO ● ● ● ● ● ● ● ● ● BSG oder CRP (Empfehlungsgrad D) Blutbild (Empfehlungsgrad D) Serumkalzium (Empfehlungsgrad B) Serumphosphat (Empfehlungsgrad D) Alkalische Phosphatase (AP) (Empfehlungsgrad B) GGT (zu AP) (Empfehlungsgrad B) Kreatinin (Empfehlungsgrad C) basales TSH (Empfehlungsgrad B) Eiweißelektrophorese (Empfehlungsgrad C) Es gibt jedoch durchaus klinisch relevante Störungen, die sich nicht zwangsläufig in auffälligen Werten für das sogenannte Basislabor äußern müssen, so dass die Indikation für eine erweiterte Labordiagnostik nicht nur durch ein auffälliges Basislabor indiziert wird, sondern auch aus der Zusammenschau sämtlicher klinisch verfügbarer Daten und der klinischen Erfahrung des betreuenden Arztes. Es erscheint wesentlich, im Zusammenhang mit der Diagnose und Betreuung spezieller Osteopathien ein ökonomisch vertretbares Vorgehen zu etablieren, das dennoch ein Höchstmaß an diagnostischer und therapeutischer Sicherheit gewährleistet. Im Folgenden sollen Laborveränderungen besprochen werden, die bei der Erstdiagnose Tab. 1 Differenzialdiagnose der Osteomalazie und bei der Verlaufsbeobachtung einiger spezieller Osteopathien von Bedeutung sind. Rachitis und Osteomalazie Das klinische Bild einer Rachitis oder Osteomalazie ist – hier nur bezogen auf den Knochen – Ausdruck einer verminderten Mineralisierung von organischer Knochenmatrix, die als Osteoid beim Wachstum oder bei der Regeneration vorgelegt wird. Solange die Wachstumsfugen bis zum Abschluss der Adoleszenz noch geöffnet sind, führt dies zu Formveränderungen der Knochen und zu Problemen im Längenwachstum. Nach Abschluss des Wachstums entsteht das Problem nur im Rahmen der Knochenregeneration und des Remodelling. Formveränderungen des Knochens sind eher die Seltenheit. Hier entstehen häufiger charakteristische Insuffizienz-Frakturen. Der Terminus Rachitis ist für die Erkrankung des noch wachsenden Organismus vorbehalten, Störungen im Erwachsenenalter werden als Osteomalazie bezeichnet (3–6). Die unterschiedlichen Ursachen sind in 씰Tabelle 1 aufgelistet. Vor Abschluss des Skelettwachstums ergibt sich aus der Sicht der Labormedizin das Problem, dass der wachsende Knochen in sehr unterschiedlicher Weise zu einem erhöhten Knochenumsatz und damit einer Erhöhung von Kno- chenumsatzparametern führt. Relevante Diagnosen sind hier unter Umständen nur in Zusammenschau mit klinischen Problemen und einer erweiterten Laboruntersuchung zu stellen. Die seltenen Störungen der Produktion und der Funktion von FGF23 kommen im Rahmen der tumorinduzierten (oder auch onkogenen) Osteomalazie (TIO) durch FGF23-Überproduktion der Tumore zustande, durch Überproduktion von FGF23 bei fibröser Dysplasie (meist im Rahmen des Morbus McCune-Albright) oder durch Mutationen von FGF23 oder eines Enzyms für die Modifikation der Glykosylierung des Polypeptids. Die TIO wird vermutlich zu selten diagnostiziert, sie entsteht meist bei benignen mesenchymalen Tumoren, wahrscheinlich jedoch auch häufiger als angenommen bei malignen Tumoren. Für die detaillierte Beschreibung der einzelnen Syndrome sei auf die Literatur verwiesen (5, 7–10). Die fibröse Dysplasie, besonders im Rahmen des Morbus McCune-Albright verursacht eine Reifungsund Differenzierungsstörung der von der somatischen G-Protein-Mutation betroffenen Osteoblasten-Vorläufer. Es kann dadurch zu Überproduktion von FGF23 kommen, die abhängig vom betroffenen Knochenvolumen zum massiven klinisch relevanten Phosphatverlust führen kann. Die Zusatzkomplikation ist oft sowohl klinisch als auch laborchemisch Ursache der Osteomalazie diagnostischer Hinweis Ernährung und Sonnenlichtexposition Anamnese, Serum-AP Kalziummangel durch extrem niedrige Kalziumzufuhr Anamnese Malabsorptionssyndrom (z. B. Sprue, Lambliasis, Morbus Crohn) Anamnese, Diarrhö, grenzwertiges Untergewicht, hypochrome Anämie Malassimiliations-Syndrom Oberbauchschmerzen mit rez. Pankreatitiden, Fettstühle Cholestatische Lebererkrankungen Anamnese, Klinik, Basislabor Phosphatverlust-Syndrom, erblich oder erworben (X-chromosomale Hypophosphatämie, FGF23-Mutationen, FGF23-Überproduktion bei Tumor und Knochenläsionen, Tubulopathien) Familienanamnese, Myopathie, Hypophosphatämie, erhöhte Phosphat-Clearance, eingeschränkte Nierenfunktion chronische Niereninsuffizienz erhöhte Retentionswerte, erniedrigte Creatinin-Clearance (cave scheinbar normale Werte in höherem Alter) Medikamente (Antiepileptika, Rifampicin, Orlistat, Barbiturate) Anamnese erbliche Formen der Rachitis mit verminderter D-Hormon-Wir- Anamnese, Erstdiagnose im Kindesalter, Wachstumskung (Pseudomangelrachitis Typ 1 und 2, Mutationen von VDR störungen, totale Alopezie (bei VDR-Mutationen) oder 1alpha-Hydroxylase) © Schattauer 2009 Osteologie 1/2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-10-27 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 17 18 F. Jakob et al.: Laboruntersuchungen bei metabolischen Osteopathien Abb. 1 Laboruntersuchungen können bei der Differenzialdiagnose von Knochenläsionen hilfreich sein; links Darstellung einer ausgedehnten fibrösen Dysplasie bei Morbus McCuneAlbright mit histologisch nachgewiesener ausgeprägter Osteomalazie und erhöhtem FGF23; rechts Befall des linken Femur durch einen Morbus Paget mit konsekutiver pathologischer Fraktur schwer von den Auswirkungen der zugrundeliegenden Erkrankungen zu trennen (씰Abb. 1) (11, 12). Labor bei Vitamin-D-Mangel renziert, so dass man im Zweifelsfall auf die immunologische Bestimmung der knochenspezifischen alkalischen Phosphatase (BAP) zurückgreifen muss. Der Gebrauch des Serummarkers eignet sich besonders dann nicht, wenn durch gleichzeitig vorliegende Leberstoffwechselstörungen das Leber-Isoenzym ebenfalls erhöht ist. Bei jeglicher unklarer klinischer Situation ist heute die Bestimmung der BAP unbedingt sinnvoll. Im Kindesalter ergibt sich ein spezielles Problem dadurch, dass der wachsende Knochen zu erhöhten Serumwerten für die alkalische Phosphatase führt. Man muss hier von anderen Normbereichen ausgehen, die im Übrigen einer erheblichen Schwankung unterworfen sind, so dass die Diagnose eines gestörten Knochenumsatzes eher durch die Bestimmung von Parathormon und Vitamin D differenziert werden muss. Alkalische Phosphatase Vitamin-D-Bestimmung im Serum Die alkalische Phosphatase wird organspezifisch als Isoenzym exprimiert. Sie begünstigt die Mineralisierung durch lokale Verstoffwechselung von Phosphaten. Sie gilt als charakteristisches Enzym der reifenden Osteoblasten. Die im Serum gemessene Aktivität ist nicht bezüglich ihrer Organspezifität diffe- Der stabilste Parameter für die Abschätzung eines Vitamin-D-Mangels ist das 25-Hydroxy-Vitamin D3 (25-D3). Diese Form ist die verbreitetste Form im Organismus und wird in der Niere und im Gewebe zum 1,25-Dihydroxy-Vitamin D-Hormon (1,25-D3) umgesetzt. Da die Spiegel von 1,25-D3 sehr lange in Kindliche Rachitis Die kindliche Rachitis führt in der Regel zu Wachstums- und Gedeihstörungen, verbunden mit Muskelschwäche, gestörtem Gangbild und Infektionsneigung. Die häufigsten Formen der kindlichen Rachitis sind auf einen Vitamin-D-Mangel zurückzuführen, die seltenen vererbten Formen der Mutationen in der 1α-Hydroxylase oder im Vitamin-D-Rezeptor bedingen eine verminderte Vitamin-D-Wirkung respektive eine verminderte Produktion des aktiven Vitamin-D-Hormons. einem normalen Bereich gehalten werden, auch wenn das Angebot von Substrat bereits mangelhaft ist und das PTH angestiegen ist, ist die Bestimmung des 1,25-D3 in der Routine sehr selten indiziert. Darüber hinaus mehren sich die Hinweise, dass die Spiegel von 25-D3 besser mit dem PTH korrelieren als die 1,25-D3-Spiegel, was daran liegen mag, dass auch in den Nebenschilddrüsen lokal eine Aktivierung von 25-D3 zum VitaminD-Hormon stattfinden kann und damit die PTH-Ausschüttung gesteuert wird (13). Mehr und mehr setzt sich eine Einteilung der Interpretation des Spiegels für 25-D3 im Serum durch, die angibt, welche Zielbereiche mit welchen Störungen am häufigsten assoziiert sind. Gemessen in ng/ml findet sich unterhalb von einem Spiegel von 10 ng/ml regelmäßig ein ausgeprägter Vitamin-D-Mangel mit sekundärem Hyperparathyreoidismus, während auf der anderen Seite der Skala erst oberhalb eines Spiegels von 30 ng/ml alle möglichen Vitamin-D-Effekte in den peripheren Geweben erreicht werden. Dazwischen befinden sich Übergangszonen, in denen ein Vitamin-D-Mangel oder eine Vitamin-D-Insuffizienz diagnostiziert werden kann (14, 15). Diese Einteilung gilt für alle weiteren metabolischen Osteopathien, wobei lediglich bei der hypophosphatämischen Rachitis eine andere Ausgangssituation vorliegt (siehe unten). Man kann also davon ausgehen, dass bei der Diagnose der kindlichen Rachitis die Bestimmung des 25-D3-Spiegels im Serum eine zentrale Bedeutung hat, sie korrespondiert sehr eng mit der Bestimmung des Parathormons. Parathormon Parathormon wird von den Nebenschilddrüsen ausgeschüttet. Die Promotorregion des PTH wird durch den Vitamin-D-Rezeptor und durch die Kalzium-Sensing-Rezeptor vermittelte Signaltransduktion gesteuert. Bei mangelnder Vitamin-D-Wirkung und bei Kalziummangel wird die Sekretion stimuliert, bei Überschuss an Kalzium und/oder 1,25-D3 wird die Sekretion supprimiert. Für den klinischen Alltag erbringt die Bestimmung des PTH eine wesentliche Zusatzaussage zur Relevanz eines gemessenen 25-D3-Werts im Serum (16–18). Für die Wahl des PTH-Assays gelten die auch für andere metabolische Osteopathien gültigen Aussagen, der am besten dafür geeignete Pa- Osteologie 1/2009 © Schattauer 2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-10-27 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. F. Jakob et al.: Laboruntersuchungen bei metabolischen Osteopathien rameter sei die Messung des intakten Parathormons. Es sei jedoch in aller Kürze darauf hingewiesen, dass in jüngerer Zeit bei den Assays für PTH zwei Probleme diskutiert werden. Das eine ist, dass der sogenannte PTHintakt-Assay auch N-terminal veränderte Unterformen von PTH erkennt und dass daher eine nächste Generation von Assays entwickelt wurde. Diese sind nach der Literatur bisher den Beweis der Überlegenheit gegenüber dem intakten PTH schuldig geblieben. Das zweite Problem ist, dass mit dem Aufkommen neuer Erkenntnisse über veränderte „Normalwerte“ bei den 25-D3-Spiegeln die Normwerte für das PTH einer neuen Festlegung bedürften, indem die für die Evaluation normaler PTH-Werte ausgewählte Population vorher auf optimale 25-D3-Werte getestet sein sollte (17, 18). Verlaufsuntersuchungen bei Rachitis Die Verlaufsuntersuchungen bei Rachitis sind bezüglich des Labors unter normalen Umständen, was die Resorption und die Versorgung mit Vitamin D angeht, nur sehr selten notwendig. Da beim Kind die Bestimmung der alkalischen Phosphatase ohnehin keine genaue Aussage zulässt, wäre eine einmalige Kontrolle zur Dokumentation der Remission indiziert; nur bei klinischen Zweifeln an der Wirksamkeit der Therapie ist eine Nachbestimmung von 25-D3 und PTH im Serum in größeren Abständen eine sinnvolle Maßnahme. Tab. 2 Labor bei Kalzium-Mangel-Rachitis Eine sehr seltene Sondersituation der kindlichen Rachitis ist die Kalziummangel-Rachitis, die in bestimmten Bereichen Südostasiens und in Zentralafrika und gelegentlich auch bei uns in Zentraleuropa vorkommt. Eine solche Form der Rachitis entsteht unter den extremen Ernährungsbedingungen einer Kalziumaufnahme, die meist definitiv unter 400 mg täglich gelegen ist, in den Endemiegebieten in Nigeria liegt die tägliche Zufuhr bei etwa 200 mg Kalzium täglich. Unter diesen Umständen kann es zu schweren Formen der Rachitis kommen, die sich laborchemisch völlig anders darstellen als die Vitamin-D-Mangelrachitis. Zwar liegt ebenfalls ein erhöhter Wert der alkalischen Phosphatase und des Parathormons vor, im Sinne eines sekundären Hyperparathyreoidismus, die Spiegel für 25-D3 und 1,25-D3 sind jedoch in der Regel normal, wenn nicht gar im Falle des letzteren erhöht (19). Eine suffiziente Kalziumversorgung führt hier zu einer Absenkung der Alkalischen Phosphatase und des Parathormonspiegels in den Normbereich. Osteomalazie Vitamin-D-Mangel Noch immer sind die häufigsten Ursachen im Erwachsenenalter, insbesondere beim alten Menschen, ein Vitamin-D-Mangel durch mangelnde Sonneneinstrahlung. Eine wichtige Variante davon ist die Osteomalazie bei mangelnder Sonnenexposition durch verhüllende Kleidung. Es gibt aber im Erwachsenenalter auch eine ganze Serie von Erkrankungen, die mit Vitamin-D-Mangel verknüpft sind, in der Hauptsache intestinale Störungen (씰Tab. 1). Gewöhnlich führt die Klinik dieser Erkrankungen zur Diagnostik. Die Indikation für eine Labordiagnostik ist jedoch auch gegeben, wenn die eher unspezifischen Symptome der Osteomalazie, wie Muskelschwäche und Abgeschlagenheit, in Zusammenhang mit der Anamnese den Verdacht ergeben. Hypophosphatämische Formen Das Charakteristikum der hypophosphatämischen Rachitis ist entweder der erniedrigte Spiegel des anorganischen Phosphats im Serum und/oder die erhöhte Phosphat-Clearance. Wir kennen heute mehrere sogenannte Phosphatonine, die zur Phosphaturie führen, Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF23) und „secreted frizzled related protein 4“ (sFRP4). FGF23 verursacht gleichzeitig eine Phosphaturie und verhindert auf einem molekular noch nicht bekanntem Weg einen adäquaten Anstieg der 1α-Hydroxylase-Aktivität, so dass hier, zusätzlich zum Phosphatmangel, ein Kalziummangel bei ungenügender Vitamin-D-Hormonwirkung vorliegt. Differenzialdiagnose metabolischer Osteopathien im Speziallabor Diagnose Laborveränderungen Verlaufsparameter AP* BAP PTH Ca iP FGF23 25-OH D3 1,25-OH D3 Vitamin-D-Mangel-Rachitis ↑ ↑ ↓→ ↓→ →↑ ↓ ↓→ AP, (25-D3, PTH) VDR-Mutationen (VDDRI) ↑ ↑ ↓→ ↓→ n. u. → →↑ n. u. 1α-Hydroxylase-Mutationen (VDDRII) ↑ ↑ ↓→ ↓→ n. u. → ↓↓ AP, PTH Kalzium-Mangel-Rachitis ↑ ↑ ↓→ →↓ n. u. → →↑ AP, (PTH) Osteomalazie ↑ ↑ ↓→ →↓ →↑ ↓ → AP, (25 D3, PTH) phosphopenische Rachitis-Formen ↑ → ↓→ ↓→ ↑↑ → →↓ AP, iP, FGF23 bei TIO fibröse Dysplasie ↑ → ↓→ ↓→ ↑↑ → →↓ AP, iP, FGF23 Hypophosphatasie ↓ → →↑ → n. u. →↓ → keine Morbus Paget ↑ →↓ →↑ → (↑) → → AP ↑ = erhöht; ↓ = erniedrigt; → = nicht verändert resp. nicht pathognomonisch; bei zwei Zeichen ist das erstgenannte wahrscheinlicher, aber das zweite möglich; *bei Leberstoffwechselstörungen ersetzt die Bestimmung der BAP die undifferenzierte AP-Bestimmung; wenn eine PTH-Bestimmung ohnehin erforderlich ist, kann man aus ökonomischen Gründen meist auch alleine mit der PTH-Bestimmung für die Diagnostik und den Verlauf auskommen © Schattauer 2009 Osteologie 1/2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-10-27 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 19 20 F. Jakob et al.: Laboruntersuchungen bei metabolischen Osteopathien Labor bei Vitamin-D-Mangel des Erwachsenen Alkalische Phosphatase Im Erwachsenenalter kann, wie diskutiert, die alkalische Phosphatase als wichtiger Screeningparameter für das Vorliegen einer metabolischen Osteopathie angesehen werden. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die antiresorptive Therapie mit Bisphosphonaten den Anstieg der AP als Hinweis auf einen sekundären Hyperparathyreoidismus verhindern kann. Ähnliches gilt, wenn z. B. Trägerschaft für eine Mutation des AP-Gens vorliegt. Generell ist eine unerklärt erhöhte alkalische Phosphatase im Erwachsenenalter ein Parameter, der Diagnostik nach sich ziehen sollte. Wenn sich Zweifel ergeben, inwiefern der erhöhte Wert durch die knochenspezifische AP verursacht wird, ist auch hier die immunologische Bestimmung der knochenspezifischen BAP das Vorgehen der Wahl. Vitamin-D-Bestimmungen im Serum Auch bei der Osteomalazie des Erwachsenen kommt dem 25-Hydroxy-Vitamin D3 die größte Bedeutung zu. Eine Bestimmung des Vitamin-D-Hormons ist nur in den seltensten Fällen und besonders bei nicht konklusi- ven Befunden vonnöten. In der Initialbestimmung ist 25-D3 Bestandteil der Diagnose des sekundären Hyperparathyreoidismus bei Osteomalazie aufgrund von Vitamin-D-Mangel und ist somit auch geeignet für die Verfolgung der therapeutischen Intervention. bei ohnehin laufender Langzeitsubstitution wegen Malabsorption oder bei ausgeschalteter sekundärer Ursache eigentlich verzichtet werden. Bei Problemen mit der AP-Bestimmung ist auch die alleinige PTH-Bestimmung als Verlaufparameter geeignet. Parathormon Labor bei hypophosphatämischer Rachitis Die Bestimmung des intakten PTH ist bei der Osteomalazie des Erwachsenen für die Initialdiagnostik sinnvoll. Wenn das Krankheitsbild eindeutig identifiziert ist und eine Behandlung eingeleitet ist, kann auch die Bestimmung zum Nachweis der Normalisierung und damit Dokumentation der Remission sinnvoll sein. Verlaufsparameter bei Osteomalazie Da die Bestimmung der nicht differenzierten AP im Serum ein ökonomisch sehr gut vertretbarer Parameter ist und in vielen Laborautomaten zur Routinediagnostik gehört, ist er im Falle der Therapie der Osteomalazie auch zur klinischen Überwachung in bestimmten Abständen geeignet. Wenn die klinische Remission der Osteomalazie erreicht ist und eine Normalisierung der AP einmal nachgewiesen ist, kann eine Überwachung des erweiterten Labors bei fehlendem Risiko, Abb. 2 Schematische Darstellung der proteolytischen Inaktivierung von FGF23, links das N-terminale Fragment, rechts das C-terminale Fragment, das jeweils durch unterschiedliche Antikörper erfasst werden kann (10) Die komplexe Regulationsstörung führt zu einer charakteristischen Laborkonstellation, deren führendes Merkmal der renale Phosphatverlust ist, die erhöhte alkalische Phosphatase im Serum und die inadäquate Antwort des PTH auf einen teilweise wesentlichen Mangel an Vitamin-D-Hormon. In einer solchen durch die Basisdiagnostik und das erweiterte Labor nicht konklusiven Situation ist es auch einmal gerechtfertigt, eine Bestimmung des 1,25-D3-Hormons vorzunehmen. FGF23 Der Fibroblastenwachstumsfaktor 23 wurde im Rahmen der Diagnostik von onkogener Osteomalazie charakterisiert. Die Hauptquelle für die Produktion von FGF23 sind mesenchymale Vorläuferzellen und Osteozyten. Für die Messung im Serum stehen im Prinzip zwei verschiedene Assays zur Verfügung. Der eine Assay misst das intakte FGF23 durch eine Kombination von Antikörpern, die am C-Terminus und am N-Terminus angreifen, so dass das proteolytisch gespaltene und damit inaktive Polypeptid im Assay nicht erfasst wird. Der zweite zur Verfügung stehende Assay ist der C-terminale Assay, der nur die C-terminalen Fragmente angreift und damit auch inaktive Fragmente misst (씰Abb. 2). Dieser Assay ist sehr viel sensitiver bei Veränderungen des Knochenstoffwechsels, jedoch weniger spezifisch für das Vorliegen einer phosphaturischen Störung. Infolge dessen kann der Wert eines C-terminalen FGF23-Assays klinisch nur in Zusammenhang mit der Diagnose des Phosphatverlusts als in diesem Sinne pathologisch eingestuft werden (5, 8, 9, 20–23). Die Wertigkeit der Serumbestimmung ist somit für andere metabolische Osteopathien noch nicht letztlich geklärt (씰Tab. 2). Verlaufsbestimmungen sind bei der onkogenen Osteomalazie zum Ausschluss von Rezidiven sinnvoll, gegebenenfalls auch bei der fibrösen Dyspla- Osteologie 1/2009 © Schattauer 2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-10-27 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. F. Jakob et al.: Laboruntersuchungen bei metabolischen Osteopathien sie unter Therapie. Hier, wie auch bei den ererbten Formen der Hypophosphatämie, ist der klinische Steuerparameter eher die AP und das Serum-Phosphat. Vitamin-D-Bestimmungen Die Bestimmung von 25-D3 im Serum ist bei der hypophosphatämischen Rachitis variabel, je nach Risiko für einen Vitamin-D-Mangel. Sie ist notwendig, um den Vitamin-D-Mangel auszuschließen. Ausschlaggebend ist, dass hier durch die Konstellation der Phosphaturie und der nicht konklusiven Befunde bezüglich des Parathormons die Bestimmung von 1,25-D3-Hormon indiziert ist. Die Verfolgung dieser beiden Parameter im Rahmen der Therapie der Erkrankung ist lediglich in größeren Abständen bei den Fällen sinnvoll, die z. B. nicht durch einen Tumor erklärlich sind oder auf Grund erblicher Störungen lebenslang therapiert werden müssen. Diese Untersuchungen sollten nur in spezialisierten Zentren erfolgen und beurteilt werden. Parathormon Die Bestimmung von intaktem PTH bei der hypophosphatämischen Rachitis trägt insofern etwas zur Diagnose bei, als die gemessenen Werte inadäquat normal oder hoch normal gefunden werden. Ein PhosphatverlustSyndrom mit normalem Spiegel an PTH muss immer den Verdacht auf eine Überproduktion von FGF23 erheben lassen. Nach erfolgreicher Behandlung der TIO findet sich PTH episodisch erhöht, um dann wieder in den Normalbereich zurückzukehren (8). Hypophosphatasie Die Hypophosphatasie ist eine erbliche Skeletterkrankung, die autosomal rezessiv vererbt wird und durch Mutationen des Gens der gewebeunspezifischen AP ([TNSALP, tissue non specific ALP], chromosomaler Genlokus 1p36.1) verursacht wird. Die Korrelation zwischen Phänotyp und Genotyp ist noch nicht ganz geklärt. Dies erscheint gerade auch für die heterozygote Trägersituation umso wichtiger, als manche Austausche von Aminosäuren bei der AP auf der Proteinebene eine dominante Auswirkung haben, indem sie bei Heterodimerbildung mit gesunder AP die Aktivität derselben beeinträchtigen (24). Die Diagnosestellung der Hypophosphatasie (HPP) bereitet nicht selten erhebliche Probleme. Sie ist eine seltene Erkrankung mit einer Vielzahl von Differenzialdiagnosen und die unterschiedlichen Krankheitsformen können eine große Bandbreite an Symptomen zeigen, die oftmals denen anderer Erkrankungen ähneln. Sie reichen von der perinatal letal verlaufenden Manifestation bis zur asymptomatischen Trägerschaft. Die Letztere führt nicht selten in der vierten/fünften Lebensdekade zu Arthritiden, Zahnproblemen, Knochenschmerzen und vermutlich trägt sie auch zur Manifestation einer Osteoporose bei. Als Hilfestellung für die Diagnostik steht unter anderem die Website www.hypophos phatasie.net zur Verfügung. Auf der Grundlage der oben genannten klinischen Symptome wird die Diagnose der HPP insbesondere mit Hilfe von laborchemischen Analysen, genetischer Testung und radiologischer Bildgebung gestellt (siehe Auflistung Basislabor) (24–26). Laboruntersuchungen bei Hypophosphatasie Alkalische Phosphatase Klassischerweise findet sich eine Erniedrigung der alkalischen Phosphatase im Serum bzw. der TNSAP in Leukozyten unter den altersentsprechenden Normwert (씰Tab. 2). Die im Serum messbare Aktivität der AP ist vom Alter, vom Geschlecht und auch von der laborchemischen Technik abhängig. Eine niedrige AP-Aktivität kann als hilfreicher diagnostischer Indikator gelten, ist jedoch nicht spezifisch für die HPP und findet sich u. a. auch in der frühen Schwangerschaft, bei Anämie, Hypothyreose, Zinkmangel oder Anorexie (27, 28). Generell lässt sich feststellen, dass die AP-Aktivität in Bezug auf den Altersnormwert mit dem Ausprägungsgrad der Erkrankung negativ korreliert (씰Tab. 2). Patienten mit perinataler Form besitzen eine AP mit Werten von <10 IU/l, während auch bei grenzwertigen oder leicht erniedrigten Werten (Werte um 100 IU/l im Kindes- und Adoleszenten-Alter) bei entsprechender Klinik an das Vorliegen einer milden Form (infantile oder kindliche Form) gedacht werden muss. Bei erwachsenen heterozygoten Trägern findet man Werte zwischen 10 und 40 U/l. Somit ergeben sich hierbei Werte, die durchaus mit dem niedrigen Normbereich im Erwachsenenalter oder mit dem Bereich unter einer antiresorptiven Therapie überlappen. Phosphoäthanolamin und Pyridoxalphosphat Aufgrund des Enzymmangels resultiert eine Akkumulation der Substrate, so dass erhöhte Werte für anorganisches Pyrophosphat (iPP), Pyridoxalphosphat (PLP) und Phosphoäthanolamin (PEA) in Serum und Urin nachgewiesen werden können (26, 28–30). PEA im Urin ist zwar häufig erhöht, ist aber nicht pathognomisch. Man findet eine erhöhte Ausscheidung auch bei anderen metabolischen Knochenerkrankungen und andererseits kommen auch bei Betroffenen normale Werte vor. Es kann aber die Verdachtsdiagnose auch bei heterozygoten Trägern mit funktionell stark beeinträchtigender Mutation stützen. Die Bestimmung von Pyridoxalphosphat scheint ein sehr sensitiver Parameter für die Hypophosphatasie zu sein. Andere krankheitsrelevante Laborparameter In der Regel ergeben sich meist normale bis leicht erhöhte Werte für Serum-Kalzium und -Phosphat. Auch die Kalziumausscheidung im Urin kann unter Umständen leicht erhöht sein. Bei erwachsenen Patienten, insbesondere bei immobilisierten und hausgebundenen Betroffenen findet sich oft ein deutlicher Vitamin-D-Mangel, der bestimmte Symptome noch verstärken kann. Im längeren Verlauf sollte die Nierenfunktion ein wichtiger Kontrollparameter sein, da die häufige Nephrokalzinose in Kombination mit dem chronischen Gebrauch nichtsteroidaler Antirheumatika eine deutliche Beeinträchtigung der Nierenfunktion hervorrufen kann. Eine zusätzliche Komponente der metabolischen Osteopathie im Sinne der beginnenden renalen Osteopathie kompliziert die Situation erheblich und ist laborchemisch nur schwer zu erkennen wegen des fehlenden Anstiegs der AP. Genetische Diagnostik Eine Sequenzierung des TNSALP-Gens erlaubt eine genaue Analyse vorhandener Mutationen und erscheint insbesondere bei klinischen und laborchemischen Unsicherheiten im Rahmen der Diagnosestellung oder © Schattauer 2009 Osteologie 1/2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-10-27 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 21 22 F. Jakob et al.: Laboruntersuchungen bei metabolischen Osteopathien zur Pränataldiagnostik bei von schweren Formen betroffenen Familien gerechtfertigt (24, 31). Eine humangenetische Beratung ist auf alle Fälle zu fordern (24). Die Untersuchung wird von Speziallaboratorien angeboten (Informationen unter http://www.hpp-ev.de/ und http://www.orpha.net/data/patho/GB/ uk-hypophosphatasia.pdf). Auch bei heterozygoten Trägern, für die keine Indexpatienten bekannt oder erreichbar sind, ist eine genetische Analyse gegebenenfalls sinnvoll, da zunehmend Erfahrung benötigt wird zum Genotyp/Phänotyp-Verhältnis, da es, wie erwähnt, proteinchemisch dominante Mutationen gibt, und da zunehmend auch erwachsene Träger etwa ab ihrer vierten Lebensdekade mit skelettalen und Zahnsymptomen zur Diagnostik vorstellig werden. Insbesondere für die Differenzialtherapie einer manifest werdenden Osteoporose kann gegebenenfalls die genetische Diagnostik differenzialtherapeutische Konsequenzen haben. Morbus Paget Der Morbus Paget ist eine fokale, teilweise polyostotisch auftretende Knochenerkrankung, die mit einer Inzidenz zwischen zwei bis fünf Prozent in Zentraleuropa auftritt. Über die molekulare Aufklärung der seltenen erblichen Fälle hat man das Verständnis für die Pathologie erweitern können und festgestellt, dass praktisch alle Störungen mit der Signalkaskade des RANK/RANK-LigandSystems zusammenhängen. Damit wird klar, dass es sich beim M. Paget um eine Osteoklasten-Erkrankung handelt, deren Auslöser allerdings noch immer nicht bekannt ist (32–36). Da die Paget-Erkrankung immer mit einer pathologischen Osteoklastenaktivität einhergeht und diese mit einer überstürzten Osteoblasten-Aktivität gekoppelt ist, kann man unschwer ableiten, dass die klassischen Parameter des erhöhten Knochenumsatzes die Erkrankung anzeigen (씰Tab. 2) (씰Abb. 1). Laboruntersuchungen bei M. Paget Alkalische Phosphatase Der M. Paget kommt durch klinische Beschwerden und/oder eine unerklärte Erhöhung der AP bei anderweitigen Screening- Untersuchungen zur Diagnose. Die Höhe der AP-Aktivität korreliert einerseits mit der Aktivität der Krankheit und ihrem Stadium, andererseits auch mit dem Volumen der befallenen Knochenareale. Die Bestimmung der AP ist in diesen Fällen verlässlich und bleibt nur dann unergiebig, wenn die Krankheit bereits „ausgebrannt“ und damit nicht mehr vermehrt metabolisch aktiv ist oder wenn ein zu geringes Volumen einer Paget-Läsion nicht für eine signifikante Änderung der messbaren Aktivität ausreicht. Eine Erhöhung misst man in über 85 Prozent der unbehandelten Fälle (Leitlinien des DVO unter http://www.dv-osteologie.de/50.html) (35). Andere KnochenmarkerUntersuchungen Theoretisch kann man eine ganze Reihe von Veränderungen von Knochenmarkern bei der Paget-Erkrankung finden, die den überhöhten Knochenumsatz anzeigen. Die klinische Praxis zeigt, dass eine Ausweitung der Labordiagnostik bei eindeutiger Diagnose nicht notwendig ist. Man würde nur einen geringen Gewinn an Spezifität erreichen. Die Sensitivität wäre zwar möglicherweise deutlich gesteigert, hätte aber bis auf absolute Ausnahmefälle keine therapeutischen Konsequenzen. Verlaufsbeobachtung Die Normalisierung der AP stellt einen verlässlichen Parameter für das Ansprechen der Therapie dar (37, 38). Es wird empfohlen, drei Monate nach Therapie eine weitere Bestimmung vorzunehmen, um den Tiefpunkt der AP zu erfassen und die Rezidiv-Diagnose danach auszurichten. Eine erneute Steigerung der AP um 25 Prozent über diesen Tiefpunkt hinaus kann ein Rezidiv anzeigen (Leitlinien unter http://www.dv-osteologie.de/50.html). Genetische Diagnostik Wenn bei sehr jungen Patienten mit einer positiven Familienanamnese eine Erkrankung neu diagnostiziert wird, kann man eine genetische Diagnostik in Speziallaboratorien durchführen. Die sehr aufwändigen Untersuchungen gehören allerdings heute nicht zur Routine. Es ist zu empfehlen, solche Patienten zumindest begleitend in auf solche Fragen spezialisierten Zentren vorzustellen. 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