“Was die Welt im Innersten zusam menhält” Emmerich Kneringer Inst. f. Astro- und Teilchenphysik Schnupperwoche – 17. Feb. 2011 Einführung Am Institut für Astro- und Teilchenphysik gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Untersuchung der elementaren Bausteine der Materie befasst. Zusammenarbeit mit dem CERN (Europäisches Zentrum für Teilchenphysik, Genf, Schweiz) 2 Übersicht 1. Kräfte 2. Elementarteilchen 3. 7. Aufbau, Wirkungweise Aktuelle Forschungsziele 6. Prinzip Experimente/Detektoren 5. Systematik Teilchen-Beschleuniger 4. 4 Grundkräfte Frage: Wie erforscht man, was die Welt im Innersten zusammenhält? z.B. Entdeckung des Higgs-Teilchens Häufig gestellte Fragen Anwendungen (der Grundlagenforschung) Praktische Aufgabe(n) am Nachmittag 3 Was hält die Welt zusammen? Kapitel 1: Kräfte Gravitationskraft (Simulation) 4 Was hält die Moleküle zusammen? Elektrische Kraft Physics 2000 5 Was hält die Atomkerne zusammen? Die Gravitationskraft ist viel zu schwach und Protonen stoßen einander ab! Starke Kraft ein Proton Das Proton wird von den sogenannten Gluonen zusammengehalten, diese bilden sozusagen den Klebstoff. 6 Die 4 fundamentalen Naturkräfte 1. Gravitation 2. Elektromagnetische Kraft 3. Verbindet negativ geladene Elektronen und positiv geldadene Atomkerne zu Atomen Schwache Kraft 4. Apfel fällt vom Baum Mond kreist um die Erde Ermöglicht die Erzeugung von Strahlungsund Wärmeenergie in der Sonne Starke Kraft Hält die elementaren Bausteine der Materie zusammen. 7 Zutaten für ein Universum Materie Kräfte Strahlung? 8 Urknallreaktionen im Labor heißes expandierendes Universum alle Teilchen haben hohe Energie (Temperatur) und kollidieren unkontrolliert Materie-Antimaterie-Kollisionen bei hohen Energien (= Temperaturen) gezielte, kontrollierte einzelne Kollisionen und deren Aufzeichnung 9 Was sind die Bausteine der Materie? Wir machen eine Reise in den Mikrokosmos Kapitel 2: Elementarteilchen 10 Die alten Griechen Grundbausteine? Grundbausteine? Web Atome! Atome! Was glauben Sie, gibt es Grundbausteine für Raum und Zeit? Oder sind Raum und Zeit kontinuierlich? 11 Typisches Beobachtungsinstr. das Auge 12 Typisches Nachweisgerät: das Mikroskop 13 Typisches Nachweisgerät: Kernspinresonanzspektrometer 14 Typisches Nachweisgerät: Rastertunnelmikroskop 15 Typisches Nachweisgerät: Teilchenbeschleuniger 16 Das DasProton Protonist istkein kein Elementarteilchen! Elementarteilchen! 17 Systematik der Elementarteilchen Vergleich: Mendelejew 1869 e νμ Nur Teilchen der 1. Familie sind stabil! Die ganze stabile Materie besteht nur aus 4 elementaren Bausteinen. su u u μ d c cν e s s t t bb b d d c ντ τ t 18 Beispiel: Wasser-Molekül: H2O Wasserstoff Atom (H) Ein Wassermolekül besteht aus: Sauerstoff Atom (O) 10 Elektronen 28 u-Quarks 26 d-Quarks 19 Kräfte werden durch Austauschteilchen vermittelt Diese Teilchen halten die Welt im Kleinsten zusammen. 20 4 fundamentale Wechselwirkungen n n pp n p n p nnn p pp n ppnp q q schwächste 'Kraft' im Mikrokosmos, völlig unbedeutend 21 Kräfte - Wechselwirkungen Kraft = Wechselwirkung = Austausch von Boten W W 22 Was ist bei unserer Reise zu den Elementarteilchen aufgefallen? Je kleiner die Dinge sind, die man beobachten möchte, desto größere Instrumente braucht man. Warum? 23 Zum Verständnis: Antwort: Um immer kleinere Strukturen finden zu können, braucht man immer höhere Energien! Warum? 24 Wellennatur von Licht und Materie: Wellenlänge ist umgekehrt proportional zur Energie: E = h⋅f = h⋅c/λ Schnecke Rennauto große Wellenlänge kleine Wellenlänge 25 W Wellenlänge ist größer als das zu beobachtende Objekt: λ > d: Objekt nicht bemerkbar Die Welle sieht das Objekt nicht! Wellenlänge ist kleiner als das zu beobachtende Objekt: λ < d: Objekt bemerkbar Das Objekt verändert die Welle! 26 λ > d: Objekt nicht bemerkbar Schwimmender Korken kein Schatten! λ < d: Objekt bemerkbar Schiff hinterlässt Schatten 27 Auflösung von Strukturen groß, langsam, “weich” Umriss klein, schnell, “hart” Umriss + Struktur 28 Wie erreicht man hohe Energien? Kapitel 3: Beschleuniger 29 Wo stehen wir heute, im Jahr 2011? Neuer Beschleuniger LHC (27 km) in Genf/Schweiz * ** ** * ** * * * * * * ** * * * *** * * * * * * * * * * * * * * * * ** * → Video 30 Hochenergiephysik 1 2 kinetische Energie z Einstein: ¾ z neue Materie E = mc2 hier: ¾ mneu = Ekin/c2 + m1 + m2 Wenn ich einen Quantencomputer bauen will, geht es um das Manipulieren von Ionen bzw. Atomen mit elektromagnetischen Feldern (z.B. Laser) Wenn ich die Grundbausteine der Welt verstehen will, muss ich sie zertrümmern bzw. ihre Struktur untersuchen bzw. auflösen → Teichenkollisionen Man findet: neue Teilchen werden erzeugt → Systematik der Elementarteilchen → Untersuchung über Zerfallsprodukte 31 Erzeugung von neuen Teilchen (1) z In der Natur: ¾ ¾ Myonen (μ) werden bei Kollisionen von Protonen mit Atomkernen der Luftmoleküle erzeugt. → Studiere den Myonzerfall! Es gelang die theoretische Beschreibung (nächste Folie) μ − ( p ) → e − ( p ') + ν e (k ') + ν μ (k ) ¾ Das nennt man VERSTEHEN ! In der Theorie tritt das W-Teilchen auf: μ− → νμ + W − W − → e− + ν e 32 aus meiner Vorlesung: z z Myon lifetime Process: μ − ( p ) → e − ( p ') + ν e (k ') + ν μ (k ) Applying the Feynman rules to the following 4-momentum Feynman diagram one obtains ν (k) p=k+q⇒q=p−k μ q = 4-momentum transfer the matrix element M: squared (= invariant 2 mass squared of the W) γα … vector coupling γα γ5 … axial-vector γ5 coupling := μ−(p) W−(q) vertex factor (coupling) i γ0 γ1 γ2 γ3 ⎯νe(k′) propagator (internal line) e−(p′) q q α β g − ⎡ ⎤ 2 αβ g α1 mW 5 ⎢ ⎥ M = −i ⎢u ν (k ) γ 2 (1 − γ )uμ (p )⎥ 2 2 μ m q − 2 ⎣ ⎦ W outgoing particle ¾ incoming particle Here mW2 >> q 2 (80 GeV ) 2 >> (~ 0.1GeV) 2 Use indices α, β with the metric to not mix up with the particles μ and ν! u … particle spinor υ … for antiparticle ⎡ ⎤ g β 5 1 ⎢u (p ') γ 2 (1 − γ )υν (k ')⎥⎥ ⎢ e e 2 ⎣ ⎦ outgoing particle GF g2 = and 2 8mW 2 outgoing anti-particle This relates the parameters of the Standard Model to the “old” Fermi constant. 33 Erzeugung von neuen Teilchen (2) z Am CERN ¾ ¾ Erzeugung und Studium dieser W-Teilchen (und des verwandten Z0-Teilchens) 0 → 1 + 2 mW/Z → m1 + m2 + Ekin kurzlebig: Umkehrprozess zu vorne Warum Studium der W- und Z-Teilchen? Sie sind der Schlüssel zum sogenannten Higgs-Teilchen! H → Z + Z → (e+ e−) + (μ+ μ−) 34 Myonzerfall μ− νμ ⎯νe W− z e− W− W-Zerfall ¾ ¾ ⎯νe in Elektron in Myon e− μ− νμ W− 35 Prinzip Beschleuniger klassisch modern: Hohlraumresonator Teilchen “surft” W 36 Zirkularbeschleuniger http://www.colorado.edu/physics/2000/applets/cyclotron.html Prinzip: Ablenkung und Beschleunigung 37 Elemente eines Teilchenbeschleunigers 38 Der Große Hadronenbeschleuniger (LHC) Proton- Proton Collider 7 TeV + 7 TeV 1,000,000,000 Kollisionen/Sekunde Erste Erkundung des TeV Energiebereichs 39 Warum müssen die Beschleuniger so riesig sein? Die Teilchenbeschleuniger am CERN sind größten je gebauten Maschinen (27 km). Um die Teilchen auf so hohe Energien bringen zu können 99.999 999 998 72 % der Lichtgeschwindigkeit Die Teilchen ‚kriegen‘ gerade noch die Kurve Brauche Energie um die Masse von ~100 Protonen erzeugen zu können (entsprechend der Einstein’schen Gleichung E = mc2) 40 Installation der LHC Magnete 41 Installation der LHC Magnete 42 Wie untersucht man Kollisionen von Elementarteilchen? Grundsätzlich: Man muss rund um den Kollisionspunkt Detektoren aufbauen! Kapitel 4: Experimente 43 Detektor rundherum 44 Nochmal: Warum müssen die Experimente so riesig sein? Vergleich: Space-Shuttle Absturz Rekonstruktion der Ursache Video! 45 Rekonstruktion der Explosion 46 100 m Der LHC (Large Hadron Collider = Proton-Proton Kollisionen) wurde 2008 fertiggestellt; an diesem Beschleuniger wurden Experimente installiert, u.a. das ATLAS Experiment, an dem die Universität Innsbruck beteiligt ist. 47 ATLAS Experiment Durchmesser Magnetspulenlänge Länge Gesamtgewicht 25 m 26 m 46 m 7000 t 48 POSTER 49 leere Experimentierhalle 50 Installation der supraleitenden Magnete 51 Videoclip Proton-Proton Kollision Beschleunigung – Kollision – Detektion – Analyse http://physik.uibk.ac.at/hephy/clips/atlas.avi 52 e+e– Kollision 53 Wozu treibt man den ganzen Aufwand? Kapitel 5: Forschungsziele 54 Forschungsgebiete (Arbeitsgruppe Hochenergiephysik) Hadronische Endzustände Suche nach dem Higgs-Teilchen Test der Theorie der starken Kräfte (QCD) vom Standardmodell der Elementarteilchen-Physik gefordert (noch nicht gefunden) B0s- Oszillationen Übergänge zwischen dem B0s-Meson und seinem Antiteilchen _ b _ s t t s b 55 Suche nach dem Higgs Teilchen Genaue Analyse der Zerfallsprodukte! Die Zerfallsstruktur neuer Teilchen [Higgs] unterscheidet sich (per Definition) von den Zerfallsprodukten bekannter Teilchen. 56 Ein Higgs Teilchen im ATLAS Detektor Simuliertes Ereignis In dieser Kollision wurde ein Jet von Teilchen erzeugt, der nach unten fliegt, das Higgs Teilchen wurde mit einem Impuls nach oben produziert, aber es zerfällt praktisch sofort: H→Z+Z Z → e− + e+ Z → μ − + μ+ 57 Gibt es vielleicht zu jedem Teilchen noch einen Partner? 58 59 60 Mikroskopisch kleine Schwarze Löcher? 61 62 6. Fragen zum Abschluss ¾ Warum muss der Beschleuniger so groß sein? ¾ Warum werden die Teilchen im Kreis beschleunigt? ¾ Warum ist der Beschleuniger 100 m unter der Erde? ¾ Warum müssen die Detektoren so groß sein? ¾ Warum muss die Energie so hoch sein? ¾ Warum dauern die Experimente so viele Jahre? 63 Und was habe ich davon? Kapitel 7: Anwendungen Ausgewählte Beispiele: Positronen-Emissions-Tomographie Krebs-Therapie 64 65 Zusammenfassung 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Kräfte Elementarteilchen Beschleuniger Experimente/Detektoren Aktuelle Forschungsziele Häufig gestellte Fragen Anwendungen (der Grundlagenforschung) nun: Praktische Aufgaben am Nachmittag 66 Praktische Aufgaben A. Messung der mittleren Myonlebensdauer B. Bestimmung der Zerfallsverhältnisse von W- und Z-Teilchen mit ATLAS ¾ bei beiden Aufgaben spielt die schwache WW eine Rolle 67 A. Messung der mittleren Lebensdauer des Myon Teilchens Ein Hochenergiephysikexperiment für das Fortgeschrittenen-Praktikum (Uni Innsbruck) Ein Experiment mit natürlicher „Radioaktivität” aufbauend auf die bekannte Physik der Radioaktivität: z exponentielles Zerfallsgesetz 68