Felder und Wellen Uwe Sörgel Institut für Photogrammetrie und GeoInformation (IPI) Leibniz Universität Hannover Radarfernerkundung, Kapitel 2, Sommersemester 2008 [email protected] Inhalt • Elektrisches und magnetisches Feld • Die Maxwell-Gleichungen • Schwingungen und Wellen • Elektromagnetische Wellen • Wechselwirkungen von EM-Wellen mit Materie Dank für Unterstützung: Dr. Süß, Prof. Bamler (beide DLR), Dr. Reigber (TU Berlin) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 2 Wichtige Feld- und Materialgrößen • Feldgrößen [Er ] = V m [Hr ] = A m – Elektrische Feldstärke – Magnetische Feldstärke [Bv ] = Vs m – Magnetische Induktion – Elektrische Raumladungsdichte – Elektrische Leitungsstromdichte ρ = As 2 m r J =A 2 m [] = Tesla 3 • Materialgrößen [ε ] = As Vm – Dielektrizitätskonstante ε = ε 0 ⋅ ε r – Permeabilität µ = µ0 ⋅ µ r [µ ] = Vs Am – ε 0 , µ0 elektr. und magn. Feldkonstanten – ε r , µ r materialabhängig, dimensionslos Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 3 Das elektrische Feld Das elektrische Feld E (zunächst statischer Fall) – besteht in Umgebung elektrisch geladener Körper – bezeichnet Raum, in dem die Kräfte der Ladungen wirken – Richtung: von positiver zu negativer Ladung positive Punktladung („Monopol“) [E ] = V m negative Punktladung B Spannung U [V]: verursacht Strom in Leitern U AB r v = ∫ E ⋅ ds A Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 4 Kraft im elektrischen Feld Abstoßung gleicher Ladung und Anziehung verschiedener Ladung Coulombsches Gesetz F= q1q2 4πεr 2 Dielektrizitätskonstante gleichnamige Ladungen ungleichnamige Ladungen (Dipol im engeren Sinn) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 5 Leiter im elektrischen Feld • In einem Leiter (z.B. Metall) sind Ladungen frei beweglich • Ein äußeres Feld verursacht entsprechende Ladungsverteilung an der Leiteroberfläche (Influenz) – Die Oberflächenladung kompensiert das äußere Feld: • Das resultierende E-Feld innerhalb des Leiters ist Null (Faraday-Käfig) • Der Feldstärkevektor steht senkrecht auf der Leiteroberfläche (Tangentialkomponenten würden sofort durch Strom verschwinden) Metallkugel in einem E-Feld Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 6 Dielektrische Polarisation Ein externes E-Feld verursacht Ausrichtung elektrischer Dipole Atome Moleküle Wasser Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 7 Nichtleiter im elektrischen Feld • • In einem Nichtleiter (Dielektrikum) existieren keine frei beweglichen Ladungen Polarisation kann dennoch durch äußeres E-Feld auftreten: – Orientierungspolarisation: • – in unpolaren Molekülen wird Ladungsverschiebung induziert Verschiebungspolarisation: • bereits polarisierte Moleküle richten sich im E-Feld aus Orientierungspolarisation Verschiebungspolarisation Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 8 Der Kondensator Elektr. Bauelement zur Speicherung der Energie eines E-Feldes – – Auf den beiden Platten lagern sich ungleichnamige Ladungen an ε8 67 Die Kapazität C hängt ab von: A • • • C = εr ⋅ε0 ⋅ Fläche A, Abstand d und Dielektrizitätskonstante ε: ε0 ist die elektrische Feldkonstante εr ist komplex: Betrag variiert stark Fernerkundung – – q+ d ≈ 1 für Vakuum, Luft; > 1 sonst (Wasser:81) q- CDiel > CVak Plattenkondensator im Dielektrikum Plattenkondensator im Vakuum Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 9 Das magnetische Feld Statische magnetische Felder werden verursacht von: – – Dauermagneten (Stabmagnet) Gleichströmen Dauermagnet A m magn. Feldstärke H: [H ] = magn. Induktion B: [B] = Vs2 = Tesla r r B = µ r ⋅ µ0 ⋅ H Permeabilitätszahl m magn. Feldkonstante Permeabilitätszahl variiert kaum für die meisten relevanten Stoffe Magnetische Effekte vernachlässigbar in Fernerkundung! Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 10 Das magnetische Feld Statische magnetische Felder werden verursacht von: – – Dauermagneten (Stabmagnet) Gleichströmen Stromdurchflossener Draht (technische Stromrichtung: + nach - !) Stromdurchflossene Spule (Induktivität [L] = Vs/A = Henry, H) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 11 Inhalt • Elektrisches und magnetisches Feld • Die Maxwell-Gleichungen • Schwingungen und Wellen • Elektromagnetische Wellen • Wechselwirkungen von EM-Wellen mit Materie Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 12 Wiederholung: Vektoroperatoren r r ∂ ∂ ∂ Skalar Φ , Vektor F Nabla-Operator ∇= , , ∂x ∂y ∂z r ∂Φ r ∂Φ r ∂Φ r grad Φ = ∇Φ = ex + ey + ez ∂x ∂y ∂z r r r ∂Fx ∂Fy ∂Fz + divF = ∇ ⋅ F = + ∂x ∂z ∂y ∂Fz ∂Fy − ∂z ∂y r r r ∂Fx ∂Fz rotF = ∇ × F = − ∂z ∂x ∂F ∂ F y − x ∂x ∂y Gradient: Vektor der partiellen Ableitungen eines Skalars, liefert Richtung der größten Steigung Divergenz: sagt aus, ob Vektorfeld Quellen oder Senken hat Rotation: Gibt an, wie schnell und um welche Achse ein Objekt im Strömungsfeld „mitschwimmt“ Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 13 Maxwell-Gleichungen: Übersicht Die vier Maxwellschen Gleichungen beschreiben: • die Erzeugung von elektrischen und magnetischen Feldern durch Ladungen und Ströme • die Wechselwirkung zwischen diesen beiden Feldern, die bei zeitabhängigen Feldern in Erscheinung tritt. Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 14 Maxwell-Gleichungen: 1. Quellen der Felder Existieren „Monopole“ als Quellen der Felder? Gleichungen in differentieller Form ( ) r div εE = ρ r divB = 0 Physikalische Bedeutung Ladungen sind die Ursache (Quelle) des elektrischen Feldes Magnetische Feldlinien sind in sich geschlossen, es gibt keine magnetischen Monopole (Quellenfreiheit des B-Feldes) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 15 Maxwell-Gleichungen: 2. Wirbel des E-Feldes Die M.-Gl. beschreiben die Wechselwirkung zwischen elektrischen und magnetischen Feldern bei zeitveränderlichen Feldern Gleichung in differentieller Form Physikalische Bedeutung Faradaysches Induktionsgesetz: zeitveränderliche magnetische Felder erzeugen elektrische Wirbelfelder r r ∂B rotE = − ∂t Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 16 Maxwell-Gleichungen: 3. Wirbel des B-Feldes Die M.-Gl. beschreiben die Wechselwirkung zwischen elektrischen und magnetischen Feldern bei zeitveränderlichen Feldern Gleichung in differentieller Form Physikalische Bedeutung Biot-Savartsches Durchflutungsgesetz: Ströme sowie zeitveränderliche E-Felder erzeugen magnetische Wirbelfelder r r r ∂E rotB = µ J + ε ∂t [Jr ] = mA r ∂E ∂t r i = konst. r B = konst. 2 r E r B Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 17 Inhalt • Elektrisches und magnetisches Feld • Die Maxwell-Gleichungen • Schwingungen und Wellen • Elektromagnetische Wellen • Wechselwirkungen von EM-Wellen mit Materie Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 18 Schwingungen Energieumwandlung zwischen zwei Formen innerhalb des Systems Gleichung ungedämpfter Schwingungen Eine mögliche Lösung ∂ x + ω2x = 0 2 ∂t 2 x = x0 ⋅ sin(ωt ) Federpendel Elektrischer Schwingkreis 2 ∂ 2q 1 + q=0 2 ∂t LC ∂2 x k + x = 0 2 ∂t m q: Ladung des Kondensators L: Spuleninduktivität C: Kondensatorkapazität Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 19 Zeigerdarstellung von Schwingungen Die Gleichung der ungedämpften Schwingung: hat zwei Lösungen: E = E0 ⋅ cos(ωt ) und ∂2E 2 + ω E =0 2 ∂t E = E0 ⋅ sin(ωt ) Die beiden Lösungen kann man als die Projektionen eines rotierenden Zeigers auf die x- und y-Achsen auffassen rotierender Zeiger Vorteile der komplexen Schreibweise: • Drehsinn des Zeigers erfasst • rechnerisch günstig E (t ) = E0 ⋅ (cos(ωt ) + j sin(ωt ) ) = E0 ⋅ e j (ωt ) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 20 Wellen Räumliche Ausbreitungen von Schwingungen nennt man Wellen. – – Wellen sind orts- und zeitabhängige Vorgänge Wellen breiten sich im Raum aus und transportieren Energie Beispiele für Wellen Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 21 Inhalt • Elektrisches und magnetisches Feld • Die Maxwell-Gleichungen • Schwingungen und Wellen • Elektromagnetische Wellen • Wechselwirkungen von EM-Wellen mit Materie Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 22 Wellengleichung für EM-Wellen im Vakuum I Die Schwingungsgleichung und eine mögliche Lösung sind: ∂2 x + ω2x = 0 2 ∂t x(t ) = x0 ⋅ sin(ωt ) Die Wellengleichung braucht zusätzlich eine räumliche Komponente: r r r r 2 2 2 ∂ E ∂ E ∂ E 1 ∂ E + 2 + 2 − 2 2 =0 2 ∂x c ∂t ∂y ∂z 2 Eine Lösung für eine sich nur in z-Richtung ausbreitende Welle: r E (t , z ) = E0 ⋅ sin(ωt − kz ) 2π 2π k= ω= T λ E E Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 23 Wellengleichung für EM-Wellen im Vakuum II r E (t , z ) = E0 ⋅ sin(ωt − kz ) Die gegebene mögliche Lösung: • gilt für periodische • und ebene Wellen (Ausbreitung in nur einer Richtung) sind in Fernerkundung meist erfüllt (Fernfeldbedingungen) Auch hier ist die allgemeinere komplexe Form häufig vorteilhaft: r E (t , z ) = E0 ⋅ (cos(ωt − kz ) + j sin(ωt − kz ) ) = E0 ⋅ e j (ωt −kz ) Kreisfrequenz ω= 2π T Wellenzahl k= 2π λ Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 24 Wellengleichung für EM-Wellen im Vakuum III Annahmen über Welle: • periodisch • breitet sich in z-Richtung aus • E-Feld schwingt nur in x-Richtung r r E = E0 ⋅ e j (ωt −kz ) ⋅ ex Lösung der Differentialgleichung r r r r 2 2 2 r r ∂ E ∂ E ∂ E 1 ∂ E 2 2 2 + 2 + 2 − 2 2 =0⇒ω E =c k E 2 ∂x ∂y ∂z c { ∂t { { { r r 2 0 0 −k 2 E Die Phasengeschwindigkeit entspricht der jeweiligen Lichtgeschwindigkeit −ω 2 E Vakuum v ph _ 0 = c0 = Materie v ph _ mat = cmat = ω k0 1 = ω kmat µ0ε 0 = 1 µε Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 25 Eigenschaften periodischer, ebener EM-Wellen I Annahmen über Welle: • periodisch • breitet sich in z-Richtung aus • E-Feld schwingt nur in x-Richtung Maxwell: r r ∂B rotE = − ∂t ∂Bx ∂Bz = = 0 ⇒ Bx , Bz ∂t ∂t r r E = E0 ⋅ e j (ωt −kz ) ⋅ ex ∂Bx ∂ t 0 0 r ∂Ex ∂ B = − jkEx = − y rotE = ∂t ∂z ∂Bz 0 0 ∂ t = konst. Es kann nur in y-Richtung ein zeitveränderliches B-Feld existieren: • E-Feld und B-Feld stehen aufeinander senkrecht! • Beide Felder stehen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung! Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 26 Eigenschaften periodischer, ebener EM-Wellen II • E, B und Ausbreitungsrichtung r bilden ein Rechtssystem • E-Feld und B-Feld sind gleichphasig Die Welle transportiert Energie in Ausbreitungsrichtung: I= Mittlere Intensität [I]=W/m2 Wellenwiderstand des Mediums: Reflexion, Brechung Z= 1 E ⋅H* 2 E = H µ ε 2 E I= 2Z Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 27 Erzeugung elektromagnetischer Wellen EM-Wellen können z.B. mit Dipol erzeugt werden: – Schwingkreis wird „am Kondensator nach außen gebogen“ Schwingkreis: E-Feld nur im Kondensator Dipol: E-Feld kann sich ablösen Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 28 Ausbreitung vom Dipol in den Raum • E-Feld und B-Feld lösen sich nach und nach ab • Die Felder sind im Nahfeld noch phasenverschoben • Erst im Fernfeld Gleichphasigkeit Leistungsabstrahlung eines Dipols: Keine Strahlung in Längsrichtung!! Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 29 Polarisation Unter der Polarisation der Welle versteht man die Schwingungsebene des E-Feldes – Beim Sendedipol entspricht das dessen Längsrichtung Optimaler Empfang: gleich langer Empfängerdipol parallel zum Sendedipol orientiert (idealisiert) Kein Empfang: Empfängerdipol quer dazu orientiert Ebenfalls kein Empfang: Sender und Empfänger kollinear Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 30 Elektromagnetische Wellen und Materie • Übersicht • Beugung • Absorption • Streuung • Reflexion und Brechung Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 31 Übersicht der im Radarbereich wichtigen Effekte Beugung • Beugung – Auffächerung von Wellen an Hindernissen in den Schattenbereich hinein • Absorption – Energieaufnahme abhängig von Wellenlänge und Leitfähigkeit • Streuung – Änderung der Ausbreitungsrichtung durch Partikel in der Atmosphäre (Moleküle, Wassertropfen) spiegelnd • Reflexion – tritt an Oberflächen auf diffus Reflexion Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 32 Beugung Ausbreitung von Wellen nach Hindernissen in den Schattenbereich Huygenssches Prinzip: • Jeder Punkt einer Wellenfront ist Ausgangspunkt einer Elementarwelle • Durch Überlagerung der Elementarwellen entsteht neue Wellenfront (Interferenz) Beugung am Spalt: • nur im Spalt können Elementarwellen entstehen Auffächerung der Welle Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 33 Beugung geringe Beugung starke Beugung • Je schmaler der Spalt, um so stärker der Beugungseffekt • Bedeutung für Radarfernerkundung: – Langwelliges Signal füllt praktisch den Raum – Kleinere Hindernisse (z.B. Laub) werden auch von Mikrowellen im Zentimeterbereich “umlaufen” und führen nicht zu Abschattung Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 34 Beugung begrenzt das Auflösungsvermögen Auch Signal von punktförmigen Objekten wird auf Flächen abgebildet d Rayleigh-Kriterium für Auflösungsgrenze: Maximum des ersten Objektes fällt mit Minimum (Interferenz) des zweiten zusammen Beugung an kreisförmiger Öffnung: Abstand d der Minima 1. Ordnung d = 2,44 λ D Objektivöffnung/ Antennengröße Winkelauflösung ∆θ = 1,22 λ D Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 35 Verbesserung des Auflösungsvermögens Winkelauflösung ∆θ ≈ Winkelauflösung verbessern durch: 1. Wellenlänge λ verkleinern • λ D Problem: je kleiner die Wellenlänge, um so stärker die Dämpfung des Signals in der Atmosphäre • • Allwetterfähigkeit: λ kleiner als 3 cm (X-Band) kaum brauchbar TerraSAR-X (X-Band), ERS (C-Band, λ ≈ 5,7 cm) Antenne 2. Antennenausdehnung D vergrößern • Problem: Baugröße begrenzt durch Träger (Flugzeug, Satellit) • ERS: 10 m in Azimut x 1 m in Elevation Schmalere Antennenkeule in Azimut große Abdeckung in Elevationsrichtung (Streifenbreite des SAR-Bildes) ERS Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 36 Elektromagnetische Wellen und Materie • Übersicht • Beugung • Absorption • Streuung • Reflexion und Brechung Institut für Photogrammetrie und GeoInformation EM-Strahlung und Materie Optischer Spektralbereich (VIS) Bestimmte Wellenlängen regen Resonanzen in der Molekülstruktur des Objekts an, die zu erhöhter Absorption dieser Wellenlänge führen Besondere Sensitivität hinsichtlich chemischer Zusammensetzung Thermalstrahlung (TIR) Maß für die Oberflächentemperatur Lokalisierung von künstlichen oder natürlichen Wärmequellen Mikrowellenbereich (MW) Absorption und Reflexion der Welle hauptsächlich bestimmt durch physikalische Eigenschaften des Objektes. Besondere Sensitivität hinsichtlich Leitfähigkeit, Rauhigkeit und morphologischen Effekten Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 37 Absorption Die Energie einer EM-Welle ist proportional zur Frequenz langwellige MW energieärmer als z.B. sichtbares Spektrum Im Mikrowellenbereich wird die Absorption vor allem bestimmt von der Leitfähigkeit bzw. der Dielektrizitätskonstante des Materials: • Anregung von elektrischen Strömen im Material • Rotation von Molekulardipolen (z.B. Wasser) Wärme • Geringe Leitfähigkeit führt zu Transmission Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 39 Absorption: Eindringtiefe der EM-Welle in Medium I Die Dielektrizitätskonstante ist komplex: Die Wellenzahl k ist materialabhängig: ε = ε 0 ⋅ ε r = ε 0 ⋅ (ε r′ + jε r′′) k = k0 ⋅ ε r′ + jε r′′ Wellenzahl im Vakuum E0 ⋅ e j (ωt −kz ) = E0 ⋅ e j (ωt −k0 ε r′ + jε r′′ z ) = E0 ⋅ e j (ωt +( β + jα ) z ) = E0 ⋅ e −αz ⋅ e j (ωt −βz ) Dämpfungsfaktor reelle Phasenkonstante Eindringtiefe: Tiefe, nach der die Amplitude um 1/e abgefallen ist gedämpfte Welle Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 40 Absorption: Eindringtiefe der EM-Welle in Medium II E0 ⋅ e Dämpfung der Welle: −αz ⋅e j ( ωt − β z ) Der Dämpfungsfaktor hängt von Wellenlänge und Material ab: { } ⋅ ε r′ + jε r′′ λ0 2π α = Im jk0 ⋅ ε r′ + jε r′′ = Im j Für gegebenes Material steigt die Eindringtiefe mit der Wellenlänge Wassergehalt (|εr| ≈ 81) hat starken Einfluss auf Eindringtiefe (viel Wasser kaum Eindringung) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Eindringvermögen von Mikrowellen Einfluss der Wellenlänge Einfluss der Feuchte (Beispiel Lehm) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 41 Gletscherdickenbestimmung mit Radar Das BGR führte mit einem Radarsensor am Hubschrauber Messungen in der Antarktis durch: • 150 MHz 2m Wellenlänge • Messung in Tiefe bis zu 3 km möglich Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Elektromagnetische Wellen und Materie • Übersicht • Beugung • Absorption • Streuung • Reflexion und Brechung Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 44 Streuung von Strahlung einfallende Strahlung ausfallende Strahlung Transmission Streuung Unter Streuung versteht man • die Änderung der Ausbreitungsrichtung von Strahlung, verursacht durch Partikel in der Atmosphäre wie Atome oder Moleküle und Aerosole. • die Strahlung wird absorbiert und sofort wieder emittiert • dabei bleiben Energie und Wellenlänge unverändert Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Rayleigh-Streuung Streuung an Objekten, die klein gegenüber der Wellenlänge sind: • Moleküle im optischen Bereich (blauer Himmel) • Regentropfen im Mikrowellenbereich Stark wellenlängenabhängig: • Die gestreute Intensität fällt mit der vierten Potenz von λ ab: I~ 1 λ4 große Wellenlänge günstig für wetterunabhängige Fernerkundung Pfeillänge entspricht Intensität Winkelabhängigkeit Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Mie-Streuung Streuung an Objekten in der Größenordnung der Wellenlänge: • Aerosole im optischen Bereich (milchige Farbe von Dunst) • Vögel im Mikrowellenbereich Wellenlängenabhängigkeit aufgrund von Resonanzeffekten Winkelabhängigkeit von - Wellenlänge - Größe der Streuer - Brechungsindex Im optischen Bereich σ ~ r 2π Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Tropenregen in einem SAR-Bild Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Elektromagnetische Wellen und Materie • Übersicht • Beugung • Absorption • Streuung • Reflexion und Brechung Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 49 Phasengeschwindigkeit ist materialabhängig Die Phasengeschwindigkeit vph ist mit ε und µ verknüpft: v ph _ mat = 1 µε = c0 nmat Brechungsindex > 1 • Die Frequenz bleibt erhalten, die Wellenlänge wird kleiner Der Brechungsindex ist zudem von der Wellenlänge abhängig • Dispersion Lichtauffächerung in Prisma Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 50 Reflexion und Brechung Richtungsänderung an Grenzflächen – Frequenz bleibt erhalten – Reflexion: Einfallswinkel α = Ausfallswinkel α‘ – Brechungsgesetz nach Snellius: n1 ⋅ sin(α ) = n2 ⋅ sin( β ) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 51 Ursache der Brechung 1. Wellenfront erreicht Grenzfläche unter schrägem Winkel 2. Dipole werden zu erzwungenen Schwingungen angeregt 3. Die Änderung der Wellenlänge hat einen Knick in der Ausbreitungsrichtung zur Folge Brechung Luft λ1 n1 λ2 Materie n2>n1 Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 52 Grenzbedingungen bei Dielektrika E-Feld B-Feld Tangentialkomponente stetig, wenn µr = 1 (meist erfüllt), Normalkomponente springt: sind Feldkomponenten stetig: E1_tan = E2_tan B1_tan = B2_tan ε1E1_norm = ε2E2_norm B1_norm = B2_norm Brechung Luft B-Feld geht unverändert durch E1_tan E1_norm B1_tan B1_norm E2_tan E2_norm B2_tan B2_norm Dielektrikum Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion und Brechung an Grenzfläche I 1. E-Feld senkrecht zur Einfallsebene E1_tan = E2_tan B1_tan = B2_tan Einfallsebene Einfallswinkel = Ausgangswinkel θi = θ r = θ1 B µ B-Feld E-Feld Ei + Er = Et H= − Bi µ1 cos(θ1 ) + Br µ1 cos(θ1 ) = − Bt µ2 cos(θt ) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion und Brechung an Grenzfläche II 2. E-Feld parallel zur Einfallsebene E1_tan = E2_tan B1_tan = B2_tan Einfallsebene Einfallswinkel = Ausgangswinkel H= θi = θ r = θ1 B µ B-Feld E-Feld Ei cos(θ1 ) − Er cos(θ1 ) = Et cos(θt ) Bi µ1 + Br µ1 = Bt µ2 Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion: Fresnelsche Formeln Aus Grenzbedingungen: • Die Amplitudenkoeffizienten geben die Verhältnisse der einfallenden (e) und reflektierten/gebrochenen Amplituden (A) an – – – – – Index s: E-Feld senkrecht zu Einfallsebene Index p: E-Feld parallel zu Einfallsebene Reflexion: ρ (auch r) Transmission: τ (auch t) Brechungsindizes: n E-Feld senkrecht zu Einfallsebene E-Feld parallel zu Einfallsebene Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Ars Reflexion: Fresnelsche Formeln Die Amplitudenkoeffizienten haben Werte zwischen -1 und 1 • Besonderheit: parallele Reflexion – Bei Brewster-Winkel Null • Verlauf der Kurven abhängig: – Material – Wellenlänge Grenzfläche: Luft (n=1), Glas (n=1,5) Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Abhängigkeit von Wellenlänge und Material Diese Abhängigkeiten sind auf ε zurückzuführen • Brewster-Winkel ändert sich Reflexion an Wasserflächen in Fernerkundung: • parallel = vertikale Polarisation, senkrecht= horizontale Pol. • |rh| immer größer als |rv| Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Brewster-Winkel Anregung der Dipole in Material – α + β = 90 Grad – ρp: Nenner unendlich – kein Signal in Reflexionsrichtung β Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Brewster-Winkel Effekt in Fotographie vor allem wichtig bei Reflexion an glatten, horizontalen Flächen – Bei Brewster-Winkel verschwindet die vertikale Polarisation – Fotographie/Sonnenbrille (Polaroid): • Polarisationsfilter beseitigt dominante, störende horizontale Signalanteile Fernerkundung: Hinweise auf Objektgeometrie und Ausrichtung aus Polarisation Polarisation: horizontale, vertikale Anteile eines Fotos Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Phasensprung Phasensprung um 180 Grad findet statt • bei senkrechter Polarisation immer • bei paralleler Polarisation wenn – Einfallswinkel > Brewster-Winkel – sonst nicht Polarimetrische Auswertung ist von großer Bedeutung in der Radarfernerkundung Vertiefende Vorlesung später Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Beispiel für polarimetrisches SAR Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion: senkrechter Einfall Einfallswinkel α=0 Fresnelsche Formeln ergeben unterschiedliches Vorzeichen, aber: – ρp dreht sich zwar nicht relativ zur Welle jedoch bezogen auf den Raum Phasensprung um 180 Grad unabhängig von Polarisation Ep dreht sich im Raum Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion: senkrechter Einfall auf Metall Das Metall wirkt wie ein Spiegel: Keine Transmission, Welle wird vollständig reflektiert Auf der Metalloberfläche kann kein tangentiales E-Feld existieren: Eeinfallend + Ereflektiert = 0 Phasensprung um 180 Grad Energie steckt im B-Feld Stehende Welle durch Überlagerung der einfallenden und reflektierten Wellen Stehende Welle: Knotenabstand λ/2 Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion: Einfluss der Rauhigkeit I Bislang wurden glatte Oberflächen betrachtet: Spiegelnde Reflexion Bei rauher Oberfläche (im Verhältnis zur Wellenlänge): – Diffuse Reflexion λ σh > – Rayleigh-Kriterium für Rauhigkeit: 8 ⋅ cos(θ ) • Standardabweichung Höhe σh • Inzidenzwinkel θ (zw. Einfallsrichtung und Flächennormaler) Im Normalfall liegen Mischformen vor. spiegelnde Reflexion Diffuse Reflexion an rauher Oberfläche gerichtete diffuse Reflexion Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion: Einfluss der Rauhigkeit II Die Stärke der Reflexion ist unter anderem abhängig von • der lokalen Rauhigkeit • der Signalwellenlänge • dem Inzidenzwinkel (Zwischen Signaleinfall und Flächennormaler) Grassfläche Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion: Einfluss der Bodenfeuchte Der sogenannte Rückstreukoeffizient σ0 (beschreibt Reflexion an einer Fläche) ist proportional zur Dielektrizitätskonstante ε Bodenfeuchte wegen großem ε von Wasser im Mikrowellenbereich oftmals bestimmender Faktor © TU Berlin, 2002 Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Reflexion: Rauhigkeit und Feuchte Spiegelnde Reflexion am Wasser (keine Wellen) Land: Reflexion abhängig von lokaler Rauhigkeit/Feuchte Die beiden Einflüsse sind oftmals nur schwer zu unterscheiden © TU Berlin, 2002 Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Spezialfall der diffusen Reflexion: Bragg-Resonanz Enthält die rauhe Oberfläche periodische Elemente, kann es zu Resonanzerscheinungen kommen • Vor allem bei landwirtschaftlichen Flächen und Wasserflächen • Starke Aspektabhängigkeit einfallene Strahlung Signal zum Sensor ∆R = n ⋅ λ 2 Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Spezialfall der diffusen Reflexion: Bragg-Resonanz © TU Berlin, 2002 Variierende Rückstreuung bei 3 Grad Änderung des Blickwinkels Winkel 2: keine Resonanz ≠λ/2 Winkel 1: Resonanz erfüllt =λ/2 Institut für Photogrammetrie und GeoInformation 69 Mehrfachreflexionen • Oberflächen weisen durch spiegelnde Reflexion eine relativ geringe Rückstreuung auf • Senkrechte Masten, Hauswände, etc. führen zu sehr starken Zweifachreflexionen • Dreifachreflexionen an Ecken ( Referenzstreuer für Kalibrierung) • Richtwirkung zurück zum Sensor plus Bündelung mehrerer Reflexionen einfallende Strahlung einfallende Strahlung Signal zum Sensor Signal zum Sensor Zweifachreflexion Oberflächenreflexion Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Beispiel für Mehrfachreflexionen Zweifachreflexionen an Häuserkanten Dreifachreflexionen an Eckenreflektor © TU Berlin, 2003 Diese Effekte werden im Zusammenhang mit der Abbildung von Gebäuden später genauer betrachtet Institut für Photogrammetrie und GeoInformation Übersicht Rückstreumechanismen Spiegelnde Reflexion an glatten Oberflächen Zweifachreflexion an vertikalen Objekten (Double-Bounce) Diffuse + spiegelnde Reflexion an rauhen Oberflächen Streuung an Volumenzielen Institut für Photogrammetrie und GeoInformation