Kapitel 1 Integration auf Flächen Literatur: Jänich, Vektoranalysis Forster, Analysis III Bröcher, Analysis III 1.1 Mannigfaltigkeiten 1.1.1 Definition. Sei X ein topologischer Raum. Unter einer n-dimensionalen Karte (U, h) versteht man einen Homöomorphismus h : U → U ′ von einer offenen Teilmenge U ⊆ X in eine offene Teilmenge U ′ ⊆ Rn . X heißt lokal euklidisch, falls es zu jedem x ∈ X eine Karte (U, h) gibt mit x ∈ U . 1.1.2 Definition. Eine Menge von offenen Teilmengen U eines topologischen Raumes X heißt Basis der Topologie von X, wenn sich jede offene Teilmenge von X als Vereinigung von (offenen) Teilmengen aus U schreiben lässt. Ein topologischer Raum X erfüllt das zweite Abzählbarkeitsaxiom, wenn er eine abzählbare Basis der Topologie besitzt. 1.1.3 Beispiel. Rn mit der üblichen Topologie besitzt eine abzählbare Basis der Topologie, nämlich die offenen Kugeln mit rationalen Mittelpunkten und rationalen Radien. 1.1.4 Definition. Ein topologischer Hausdorffraum, der das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt und lokal euklidisch ist, heißt eine topologische Mannigfaltigkeit. 1.1.5 Definition. Sind (U, h) und (V, k) zwei n-dimensionale Karten für einen topologischen Raum X, so heißt die Abbildung k◦h−1 |h(U∩V ) der Kartenwechsel. Grafik 1.1.6 Definition. Eine Menge n-dimensionaler Karten, die X überdecken, heißt ein (n-dim.) Atlas für X. Ein Atlas heißt differenzierbar, falls seine Kartenwechsel differenzierbar sind. Zwei differenzierbare Atlanten A und B von X heißen 2 äquivalent, wenn A ∪ B ein differenzierbarer Atlas für X ist. Eine differenzierbare Struktur auf X ist ein maximaler differenzierbarer Atlas für X. 1.1.7 Definition. Eine topologische Mannigfaltigkeit zusammen mit einer ndimensionalen differenzierbaren Struktur heißt eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Vereinbarung: Unter einer Mannigfaltigkeit werden wir stets eine differenzierbare Mannigfaltigkeit verstehen. 1.1.8 Beispiel. abc 1. Rn mit dem Atlas, der nur aus einer Karte, nämlich id:Rn → Rn besteht. Ebenso sind alle offenen Teilmengen von Rn Mannigfaltigkeiten. 2. S 1 ⊆ C ist 1-dimensionale Mannigfaltigkeit. Sei eiϕ ∈ S 1 . eine π π i(ϕ+t) 1 Sei U := e ∈ S |t ∈ (− 4 , 4 ) h:U ei(ϕ+t) π π −→ (− , ) 4 4 7→ t Grafik 3. Sn Ui+ Ui− h+ i = = : {x ∈ S n |xi < 0} Ui+ −→ Ḋn ⊆ Rn = x ∈ Rn+1 | ||x|| = 1 n {x ∈ S |xi > 0} x = (x1 , . . . , xn+1 ) (x1 , ..., xn+1 ) → 7 (x1 , ..., x̂i , ..., xn+1 ) := (x1 , ..., xi−1 , xi+1 , ..., xn+1 ) n D = {x ∈ Rn | |x| ≤ 1} Ḋn = {x ∈ Rn | |x| < 1} (innere Punkte) Diese Karten bilden einen differenzierbaren Atlas für S n . Beachte die Kartenwechsel: z.B. für i < j Grafik ξ := (ξ1 , ..., ξn ) 7→ (ξ1 , ..., ξi−1 , p 1 − |ξ|2 , ξi , ..., ξˆj−1 , ..., ξn ) Also sind die Kartenwechsel differenzierbar und diese Karten bilden einen differenzierbaren Atlas für S n , bestehend aus 2(n+1) Karten. 4. Graphenflächen Ist U ⊆ Rn offen, f : U → R diffbar, so ist Gf := (x, f (x)) ∈ Rn+1 | x ∈ U 3 eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Ein Atlas ist durch Gf −→ U, (x, f (x)) 7→ x (Projektion auf x-Achse) gegeben. 5. Keine Mannigfaltigkeiten sind zum Beispiel: (x, y) ∈ R2 | xy = 0 (Achsen) (x, y, z) ∈ R3 | x2 + y 2 = z 2 („Sanduhr-Kegel“) 1.1.9 Notiz. Sind M und N differenzierbare Mannigfaltigkeiten der Dimension m und n, so ist M × N eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension m + n. Sind (U, h) und (V, k) Karten von M und N , so ist (U × V, h × k) eine Karte von M × N (h × k : U × V (x, y) −→ 7→ 1.1.10 Beispiel. Torus: S 1 × S 1 U ′ × V ′ ∈ Rn+m (h(x), k(y)) Grafik eines Donuts 1.1.11 Definition. Sei N eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit, M ⊂ N eine Teilmenge, sodass es um jedes x ∈ M eine Karte (U, h) von N gibt mit x ∈ U , sodass h(U ∩ M ) = h(U ) ∩ (Rk × {0}) ist. Dann heißt M eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit von N . (U, h) heißt Untermannigfaltigkeitskarte oder Flachmacher für M . Untermannigfaltigkeiten von Rn der Dimension k + n − 1 nennt man Hyperflächen. Allgemein heißt n − k die Kodimension der Untermannigfaltigkeit. 1.1.12 Notiz. Jede k-dimensionale Untermannigfaltigkeit einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit ist in kanonischer Weise eine k-dimensionale Mannigfaltigkeit, die Karten sind durch Einschränkungen der Flachmacher von N gegeben. 1.2 Differenzierbare Abbildung 1.2.1 Definition. Seien M, N Mannigfaltigkeiten Eine stetige Abbildung f : M → N heißt differenzierbar bei p ∈ M , falls für eine (dann jede) Karte (U, h), p ∈ U und (V, k), f (U ) ⊆ V gilt: k ◦ f ◦ h−1 : h(U ) → k(V ) ist differenzierbar bei h(p). f heißt differenzierbar, falls f differenzierbar bei p für alle p ∈ M (analog: f ist C k ). f heißt ein Diffeomorphismus, falls f bijektiv ist und f und f −1 differenzierbar sind. 1.2.2 Notiz. Ist f : M → N differenzierbar, M0 ⊂ M eine Untermannigfaltigkeit, so ist f |M0 ebenfalls differenzierbar. 4 1.2.3 Definition. Ist f : M → N differenzierbar bei p ∈ M , dann heißt Rang Jk◦f ◦h−1 (h(p)) =: Rangp f für k, h wie in 1.2.1 der Rang von f bei p, dieser ist unabhängig von der Kartenwahl. Grafik 1.2.4 Definition. Ist f : M → N differenzierbar, p ∈ M mit Rangp f = dim N , so heißt p regulärer Punkt von f , ansonsten heißt p singulärer oder kritischer Punkt. Die Bilder der kritischen Punkte heißen kritische oder singuläre Werte, die anderen Punkte in N heißen reguläre Werte. 1.2.5 Satz. (Satz von der inversen Funktion) Ist f : M → N eine differenzierbare Abb. zwischen Mannigfaltigkeiten der Dimension n. Ist rgp f = n, dann ist f bei p ein lokaler Diffeomorphismus, d.h. es gibt eine Umgebung U von p und V von f (p) (U, V offen), sodass f |U ein Diffeomorphismus ist. Beweis: Wende den Umkehrsatz auf f˜ : k ◦ f ◦ h−1 h(U ) → k(V ) an, (U, h), (V, k) wie in 1.2.1. Dann gibt es also eine offene Teilmenge Ṽ ⊆ k(V ), Ũ ⊆ h(U ) und eine Abbildung g̃ : Ṽ → Ũ mit g̃ ◦ f˜|Ũ = idŨ und f˜ ◦ g̃ = idṼ Setze: g : k −1 (Ṽ ) → h−1 (Ũ ) g = h−1 ◦ g̃ ◦ k|k−1 (Ṽ ) Dies ist die lokale Inverse von f . 1.2.6 Beispiel. a) R → S 1 , t 7→ eit ist ein lokaler Diffeomorphismus. b) Ist U ⊆ M offen, (U, h) eine Karte von M, so ist h : U → h(U ) ein Diffeomorphismus. 1.2.7 Satz. vom regulären Punkt Ist f : B → Rm eine differenzierbare Abbildung, B ⊆ Rn offen, x0 ∈ B ein regulärer Punkt. Dann gibt es eine offene Umgebung von x0 und eine Abbildung: h : U → Rn , h : U → h(U ) ein Diffeomorphismus, sodass f ◦ h−1 (x1 , ..., xn ) = (x1 , ..., xm ), f ◦ h−1 = prm Jf (x0 ) n m+n Beweis: Sei A : R → R linear, sodass ein Isomorphismus ist. A n Definiere: F : B → R , F (x)= (f (x), Ax). Jf (x0 ) Dann ist JF (x0 ) = , also bijektiv. A Also existiert eine Umgebung U von x0 und V von F (x0 ), sodass F |U ein Diffeomorphismus ist. Setze h := F |U . Dann ist für x = (x1 , ..., xn ) ∈ F (U ) (x1 , ..., xn ) = F ◦ h−1 (x1 , .., xn ) = (f ◦ h−1 (x1 , ..., xn ), Ah−1 (x1 , ..., xn )) also f ◦ h−1 (x1 , ..., xn ) = (x1 , ..., xm ) 1.2.8 Satz. vom regulären Wert Seien M und N differenzierbare Mannigfaltigkeiten der Dimension m und n, 5 f : M → N differenzierbar, c ∈ N ein regulärer Wert von f. Dann ist f −1 (c) eine m-n-dimensionale Untermannigfaltigkeit von M. Beweis: Sei p ∈ f −1 (c), (U, h) und (V, k) Karte um p und c mit f (U ) ⊆ V und o.B.d.A. h(p) = 0, k(c) = 0. Dann ist 0 regulärer Punkt von k ◦ f ◦ h−1 = f˜, also existiert nach dem Satz vom regulären Punkt ein Diffeomorphismus h̃ : U ′ → Ũ mit f˜ ◦ h̃−1 = prm , o.B.d.A. U ′ = h(U ). Also: (f˜ ◦ h̃−1 )−1 (0) = (0 × Rm−n ) ∩ (h̃ ◦ h)(U ), ⇔ h̃(f˜−1 (0) ∩ h(U )) = (0 × Rm−n ) ∩ (h̃ ◦ h)(U ) || (h̃ ◦ h)(f −1 (c) ∩ U ) Sei T : Rn × Rmn → Rmn × Rn , (x, y) 7→ (y, x) Dann ist T ◦ h̃ ◦ h die gesuchte Untermannigfaltigkeitskarte. n o 2 1.2.9 Beispiel. S n = x ∈ Rn+1 | |x| = 1 ist ein n-dim. Untermannigfaltig- keit des Rn+1 , denn S n = F −1 (1) für F : Rn+1 → R, x 7→ |x|2 . Es bleibt zu zeigen, dass 1 regulärer Wert von F ist. JF (x) = 2x. Dies ist surjektiv für x 6= 0, und 0 ∈ / S n = F −1 (1) 1.2.10 Beispiel. O(n) = {A ∈ M (n × n, R),t AA = 1} ist 12 n(n − 1)-dim. Un2 termannigfaltigkeit des IRn . Beweis: siehe Übungen. 6 1.3 Der Tangentialraum einer Untermannigfaltigkeit des Rn Sei M ⊆ Rn eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit. 1.3.1 Definition. Ist (U, h) eine Karte von M, h : U → U ′ mit U ′ ⊆ Rk offen, U ⊆ M offen, so heißt ϕ = h−1 : U ′ → U ⊆ Rn eine lokale Parametrisierung von M (die durch (U, h) gegeben ist). 1.3.2 Definition. Ist p ∈ M und (U, h) eine Karte um p, ϕ die dadurch gegebene Parametrisierung, so heißt dϕh(p) (Rk ) ⊆ Rn der Tangentialraum von M bei p, Tp M := dϕh(p) (Rk ) v ∈ Tp M heißt Tangentialvektor, T M := [ {p} × Tp M p∈M heißt das Tangentialbündel von M . Ist U ⊆ M , dann schreiben wir [ T M |U = ({p} × Tp M ) p∈U für die Einschränkung von T M auf U . 1.3.3 Notiz. Offenbar ist Tp M wohldefiniert, also unabhängig von der Wahl der Karte, da der Kartenwechsel ein Diffeomorphismus ist. 1.3.4 Lemma. Es gilt dim Tp M = k, denn dϕh(p) ist injektiv. Beweis: Sei p ∈ M, Ω ⊆ Rn eine offene (offen in Rn ) Umgebung von p. (Ω, H) eine Untermannigfaltigkeitskarte für M , also (U := Ω ∩ M, h := H|U ) eine Mannigfaltigkeitskarte für M . Sei ϕ := h−1 die dadurch gegebene Parametrisierung. Dann ist H ◦ ϕ = id, also idRk = d(H ◦ ϕ)h(p) = dHp ◦ dϕh(p) Also ist dϕh(p) injektiv 1.3.5 Notiz. Sind (U, h), (V, k) Karten um p ∈ M mit Parametrisierungen ϕ, ψ. Ist w ∈ Tp M, w = dϕh(p) (u) = dψk(p) (v) so ist v = d(k ◦ h−1 )h(p) u, dies folgt aus der Injektivität von dϕx und dψy und der Kettenregel. dϕk(p) ◦ d(k ◦ h−1 )h(p) u = d(ψ ◦ k ◦ h−1 )h(p) u = dϕh(p) u 7 1.3.6 Definition. Ist M eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit, (U, h) eine Karte von M, ϕ = h−1 . Dann heißt ∂i : U p −→ T M |U 7→ (p, dϕh(p) (ei )) =: (p, ∂i,p ) das i-te Koordinatenbasisfeld (bzgl. (U, h)), ∂i,p der i-te Koordinatenbasisvektor. Dabei ist (e1 , . . . , ek ) die Standardbasis des Rk . 1.3.7 Notiz. Offenbar bilden (∂1,p , . . . , ∂k,p ) ∈ (Tp M )k eine Basis für Tp M für jedes p ∈ U . Es gilt ∂ϕ ∂i,p = (h(p)) ∂xi 1.3.8 Notiz. Ist w = (w1 , . . . , wk ) ∈ Rk so ist dϕh(p) (w) = k X wi ∂i,p i=1 1.3.9 Notiz. Ist (U, h) eine Karte von M P , und vi : U → R differenzierbare Funktionen (i = 1, . . . , k), so ist durch v = vi ∂i für jedes p ∈ U ein Tangentialvektor vp ∈ Tp M wohldefiniert. v(p) = (p, vp ) 1.3.10 Definition. Sei v : M → T M mit v(p) = (p, vp ), vp ∈ Tp M heißt ein stetiges (bzw. differenzierbares) Vektorfeld bei p, falls für die Komponenten P von v bezüglich einer (dann jeder) Koordinatenbasis, v = ki=1 vi ∂i auf einer offenen Umgebung U von p vi : U → R gibt, dass vi an der Stelle p stetig (bzw. diffbar) ist. Beweis von „dann jeder“: Sind (U, h̃) und (U, h) Karten um p mit Parametrisierungen ϕ̃ und ϕ und dadurch gegebenen Koordinatenbasisfeldern ∂˜1 , . . . , ∂˜k und ∂1 , . . . , ∂k so gilt nach Notiz 1.3.5 und 1.3.8 v(p) = k X vi (p)∂i (p) i=1 = k X k X hei , Jh̃◦h−1 (h(p))vj ej i∂˜j k X k X vj hei , Jh̃◦h−1 (h(p))ej i∂˜j i=1 j=1 = i=1 j=1 abc 1.3.11 Lemma. (geometrische Beschreibung des Tangentialraums) a) Sei γ : (−ε, ε) → M eine differenzierbare Kurve, γ(0) = p, so ist γ̇(0) ∈ Tp M 8 b) Ist v ∈ Tp M , so gibt es eine Kurve γ : (−ε, ε) → M mit γ̇(0) = v 1.3.12 Definition. γ heißt dann v repräsentierende Kurve. Beweis von Lemma 1.3.11: Grafik a) Sei γ : (−ε, ε) → M, (U, h) eine Karte um γ(0) = p. Sei w = (h ◦ γ̇(0)), dann ist γ̇(0) = dϕh(p) (w) ∈ Tp M b) Sei v ∈ Tp M, v = dϕh(p) (w). Dann ist γ̃(t) = h(p) + tw eine repräsentierende Kurve von w und erfüllt γ̃(0) = h(p) ˙ γ̃(0) =w Also ist γ(t) = ϕ(h(p) + tw) eine repräsentierende Kurve für v 1.3.13 Notiz. Ist (U, h) eine Karte von M, ϕ = h−1 , so sind repräsentierende Kurven der Koordinatenbasisfelder ∂i,p durch ϕ(h(p) + tei ) gegeben. 1.3.14 Definition (und Lemma). (algebraische Beschreibung) Ist v ∈ Tp M, U eine offene Umgebung von p in M , und f : U → Rm . Dann ist d vf := (f ◦ γ)(t) dt t=0 für eine v repräsentierende Kurve γ wohldefiniert und die dadurch gegebene Abbildung C ∞ (U ) → Rm heißt die durch v gegebene Derivation. Beweis: der Wohldefiniertheit Sind γ, γ̃ zwei v repräsentierende Kurven, also γ(0) = γ̃(0) = p und d d (h ◦ γ) = h ◦ γ̃ =: ṽ dt t=0 dt t=0 Also d (f ◦ γ) = dt t=0 = = = d (f ◦ ϕ ◦ h ◦ γ) dt t=0 d(f ◦ ϕ)h(p) (ṽ) d (f ◦ ϕ ◦ h ◦ γ̃) dt t=0 d (f ◦ γ̃) dt t=0 1.3.15 Notiz. Es ist v(f g) = (vf )g(p) + f (p)(vg) für f, g ∈ C ∞ (U ). 1.3.16 Lemma. Ist ∂i ein Koordinatenbasisfeld bezüglich (U, h), ϕ = h−1 so ist d ∂ f (ϕ(p + tei )) = (f ◦ ϕ)(h(p)) ∂i,p f = dt t=0 ∂xi 9 1.3.17 Lemma. Ist f : B → Rn−k differenzierbar, B ⊂ Rn offen, c regulärer Wert, M = f −1 (c), so ist Tp M = Kern dfp Beweis: Ist v ∈ Tp M und γ repräsentierende Kurve, so ist f ◦ γ ≡ c 1.3.18 Beispiel. Sei f : R → R differenzierbar. n Gf = {(x, f (x))|x ∈ Rn } ⊆ Rn+1 Berechne T(p,f (p)) Gf für p ∈ Rn Möglichkeit 1: Berechne eine Basis von T(p,f (p)) Gf . Durch ϕ : x 7→ (x, f (x)) ist eine Parametrisierung von Gf gegeben. Also ist eine Basis von T(p,f (p)) Gf durch d |t=0 ϕ(p + tei ) dt d = |t=0 (p + tei , f (p + tei )) dt ∂f = (ei , (p)), i = 1, ..., n ∂xi dϕp (ei ) = gegeben, wobei (e1 , ..., en ) die Standardbasis im Rn ist. Grafik Möglichkeit 2: Gf = F −1 (0), wobei 0 regulärer Wert der Abbildung: F : Rn+1 → R, (x, y) 7→ (−f (x), x) ∈ Rn , y ∈ R Also ist T(p,f (p)) Gf = Kern dF(p,f (p)) = (grad(p,f (p)) F )⊥ = 1.4 −grad fp ⊥ 1 Differential und 1-Formen 1.4.1 Definition. Sei f : M → N eine differenzierbare Abb. zwischen Untermannigfaltigkeiten der Dimension m und n. Sei p ∈ M . Dann ist das Differential von f an der Stelle p durch dfp : Tp M → Tf (p) N, v 7→ d |t=0 f (γ(t)) dt wobei γ eine Kurve ist, die v repräsentiert, also γ(0) = p, γ̇(0) = v, wohldefiniert. Das Differential von f ist dann die Abbildung S df : M → p∈M {p} × End(Tp M, Tp(0) N ), p 7→ (p, dfp ) Beachte: Ist M ⊆ Rm , N ⊆ Rn , beide offen, so ist Tp M = Rm und Tq N = Rn also End(Tp M, Tq N ) = End(Rm , Rn ) also df : M → M × End(Rm , Rn ) Beweis der Wohldefiniertheit: Analog zu 1.3.16. (Kettenregel angewandt auf f ◦ ϕ ◦ h ◦ γ) 10 1.4.2 Notiz. Sind ∂1 , ..., ∂m Koordinatenbasisfelder auf U ⊆ M , so ist dfp (∂i,p ) = ∂i,p f , denn dfp (∂i,p ) |{z} = d dt |t=0 f (ϕ(h(h(p) + tei )) = ∂ ∂xi (f 1.3.13 ◦ ϕ)(h(p)) |{z} = ∂i,p f 1.3.17 1.4.3 Lemma. und Definition: Ist f : M → N differenzierbar, (U, h) eine Karte für M um p, ϕ = h−1 , (V, k) eine Karte für N um f (p), f (U ) ⊆ V, ψ = k −1 , v ∈ Tp M , v =: dϕh(p) (ṽ), ṽ ∈ Rm Dann ist dfp (v) = dψk(f (p)) (df˜h(p) (ṽ)), wobei f˜ = k ◦ f ◦ h−1 Also ist Grafik Beweis: dfp (v) = = = = 1.4.4 Korollar. d |t=0 f (ϕ(h(p) + tṽ)) dt d |t=0 (ψ ◦ k ◦ f (ϕ(h(p) + tṽ)) dt d |t=0 (ψ ◦ f˜(h(p) + tṽ) dt dψk(f (p)) (df˜h(p) (ṽ)) i) Das Differential der Identität ist die Identität d idp = idTp M ii) Die Kettenregel gilt. Sind g : M1 → M2 , f : M2 → M3 differenzierbar, dann ist d(f ◦ g)p = dfg(p) ◦ dgp Beweis: (ii) folgt aus dem Lemma und damit der Kommutativität des Diagramms. Diagramm Sei M → Rdifferenzierbar, so ist dfp ∈ End(Tp M, R) = Tp∗ M S also df : M → p∈M {p} × Tp∗ M =: T ∗ M 1.4.5 Definition. Eine 1-Form oder Pfaffsche Form auf einer differenzierbaren Untermannigfaltigkeit ist eine Abbildung ω : M → T ∗ M, p 7→ (p, ωp ), ωp ∈ Tp∗ M sodass für alle Koordinatenbasisfelder gilt: ω(∂i ) : U → R, ω(∂i )(p) = ωp (∂i,p ) ist differenzierbar auf U. 11 1.4.6 Notiz. Ist f ∈ C ∞ (M ), so ist df eine 1-Form. 1.4.7 Definition. Ist (U, h) eine Karte für M , h = (x1 , ..., xm ), also xi ∈ C ∞ (U ), i = 1, ..., m. Dann heißt dxi die i-te Koordinatenbasisform (bzgl. (U, h)). 1.4.8 Notiz. Es gilt dxi (∂j ) = δij , für die Koordinatenbasisformen bzgl. einer Karte (U, h), denn dxi,p (∂j,p ) d |t=0 xi (ϕ(h(p) + tej ) dt = |{z} 1.3.13 d |t=0 (xi (p) + tδij) dt δij = = 1.4.9 Notiz. Die Koordinatenbasisformen dx1,p , ..., dxm,p bzgl. einer Karte (U, h) bilden an jeder Stelle p ∈ U eine Basis von Tp∗ M . Ist eine 1-Form, ω|U ihre Einschränkung auf U , so gibt es also eindeutig bestimmte Funktionen ω1 , ..., ωm ∈ C ∞ (U ), sodass ω= m X ωi dxi . i=1 Die Funktionen ωi sind durch ω(∂i ) = ωi eindeutig bestimmt. 1.4.10 Lemma. Sei (U, h) eine Karte für M , f : U → R differenzierbar, so ist df = m X (∂i f )dxi (֒→ 1.4.2) i=1 1.5 Multilinearformen Erinnere: Sei V ein Vektorraum (später V = Tp M ). Eine multilineare Abb. (eine k-lineare Abb.) ist eine Abbildung α : V × ... × V → R mit {z } | k α(v1 , ..., vi + w, ...vk ) = α(v1 , ..., vi , ..., vk ) + α(v1 , ..., |{z} w , ..., vk ) i und α(v1 , ..., λvi , ..., vk ) = λα(v1 , ..., vi , ..., vk ) Sie heißt symmetrisch, falls α(v1 , ..., vi , ..., vj , ..., vk ) = α(v1 , ..., vj , ..., vi , ..., vk ) 12 und antisymmetrisch, falls α(v1 , ..., vi , ..., vj , ..., vk ) = −α(v1 , ..., vj , ..., vi , ..., vk ) 1.5.1 Notiz. abc i) Ist t eine Permutation von {1, . . . , k} so ist α(v1 , . . . , vk ) = sgn(t)α(vt(1) , . . . , vt(k) ) für alternierende Multilinearformen α. ii) Ist α eine alternierende Multilinearform, so ist α(v1 , . . . , vk ) = 0 falls vi = vj für ein i 6= j ist. iii) Ist α eine Multilinearform für die gilt α(v1 , . . . , vk ) = 0 falls vi = vj für ein i 6= j dann ist α alternierend, denn α(v1 , ..., vi , ..., vj , ..., vk ) + α(v1 , ..., vji−teStelle , ..., vij−teStelle , ..., vk ) = α(v1 , ..., vi , ..., vj , ..., vk )+ α(v1 , ..., vi , ..., vi , ..., vk )+α(v1 , ..., vj , ..., vj , ..., vk )+α(v1 , ..., vj , ..., vi , ..., vk ) = α(v1 , ..., vi + vj , ..., vi + vj , ..., vk ) = 0 1.5.2 Notiz (und Notation). Wir bezeichnen den Vektorraum der alternierenden k–Formen auf V mit Altk V , den Vektorraum der symmetrischen Formen auf V mit Symk V . 1.5.3 Definition. Sei (e1 , ..., en ) eine Basis von V , dann heißen für eine k– Multilinearform α die Zahlen αe1 ,...,en := α(ei1 , ..., eik ) 1 ≤ ij ≤ n die Komponenten von α (bzgl. der Basis e1 , ..., en ) 1.5.4 Beispiel (V = Rn ). Sei h·, ·i := g dann ist g eine symmetrische Bilinearform, gij = δij 1.5.5 Beispiel. Ist A ∈ M (n×n, R) symmetrisch, so ist durch α(v, w) = t wAv eine symmetrische Bilinearform gegeben. Dann ist αij = aij , wobei (aij ) = A 1.5.6 Beispiel. Ist A ∈ M (n × n, R) schiefsymmetrisch (d.h. t A = −A), so ist α(v, w) = t vAw eine alternierende Bilinearform αij = aij 1.5.7 Beispiel. Durch det ist eine alternierende n–Form gegeben α(v1 , ..., vn ) = det(v1 , ..., vn ) 1 falls (i1 , ..., in ) = (1, ..., n) αi1 ,...,in = 0 falls 1 ≤ i1 ≤ · · · ≤ in ≤ n 1.5.8 Lemma. Ist (e1 , ..., en ) eine Basis von V , so ist a) Symk V α n+k+1 −→ R( k ) 7→ (αi1 ,...,ik )1≤i1 ≤···≤ik ≤n 13 b) n Altk V −→ R(k ) α 7→ (αi1 ,...,ik )1≤i1 ≤···≤ik ≤n ein Isomorphismus. 1.5.9 Korollar. abc i) dim Altk V = 0 für dim V < k ii) Altn V = 1, für n = dim V also auf Rn gilt für jedes α ∈ Altn Rn , dass α = λ det für ein λ ∈ R iii) Sym1 V = Alt1 V = V ⋆ Ist e1 , ..., en eine Basis von V , so ist durch δ1 , ..., δn ; Basis von V ⋆ , die duale Basis zu e1 . . . en gegeben. δi (ej ) = δij eine 1.5.10 Definition. abc i) Ist α eine k–Multilinearform auf V, v ∈ V , so ist durch (v ⊣ α)(v1 , ..., vk−1 ) := α(v, v1 , ..., vk−1 ) eine (k − 1)-Multilinearform v ⊣ α gegeben { v ⊣ α bezeichne hier „v in α einsetzen“} ii) Ist A : W → V linear, α eine k-Multilinearform auf V so ist durch (A⋆ α)(w1 , ..., wk ) = α(Aw1 , ..., Awu ) eine Multilinearform auf W gegeben. 1.5.11 Notiz. abc i) A⋆ : Altk V −→ Altk W ist linear, ebenso A⋆ : Symk V −→ Symk W ii) Ist v ∈ V, α ∈ Altk V , so ist v ⊣ α ∈ Altk−1 V , ebenso für α ∈ Symk V ist v ⊣ α ∈ Symk−1 V iii) Ist dim W = k, α ∈ Altn V , mit n > k, so ist A⋆ α = 0 1.5.12 Beispiel. Ist A : V −→ V, A = λ id, α eine k-Multilinearform, so ist (A⋆ α)(v1 , ..., vk ) = α(λv1 , ..., λvk ) = λk α(v1 , ..., vk ) 1.5.13 Beispiel. Ist V = Rn , α ∈ Altn V , also α = λ det für ein λ ∈ IR. Ist A ∈ End(V ), so ist (A⋆ α)(e1 , ..., en ) = λ det(Ae1 , ..., Aen ) = λ det A Also A⋆ α = α det A 14 1.5.14 Beispiel. Sei W ein (n − 1)-dimensionaler Untervektorraum von Rn , N ∈ W ⊥ , |N | = 1. Sei w1 , ..., wn−1 eine Orthonormalbasis von W mit det(N, w1 , ..., wn−1 ) = 1. Dann ist: (i⋆ N ⊣ det)(w1 , ..., wn−1 ) = det(N, w1 , ..., wn−1 ) = 1. Wobei i : W → Rn die Inklusion ist, also i⋆ (N ⊣ det) ∈ Altn−1 W , ist eine Basis von Altn−1 W 1.5.15 Beispiel. Ist g ∈ Sym2 Rn durch g(v, w) = t vGw für eine symmetrische n × n-Matrix G, so ist (A⋆ g)(v, w) = t (Av)GAw = t v(t A)GAw 15