Nr. 93-ANF der Beilagen

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Nr. 93-BEA der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(5. Session der 15. Gesetzgebungsperiode)
Beantwortung der Anfrage
der Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl und Scheinast an Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Stöckl
(Nr. 93-ANF der Beilagen) betreffend Krankenhausaufenthalte von älteren Menschen
Hohes Haus!
Zur Beantwortung der Anfrage der Abg. Mag.a Dr.in Humer-Vogl und Scheinast betreffend
Krankenhausaufenthalte von älteren Menschen vom 14. Dezember 2016 erlaube ich mir, Folgendes zu berichten:
Zur Beantwortung der gegenständlichen Landtagsanfrage wurden alle Fondskrankenhäuser
und das Unfallkrankenhaus Salzburg um eine Stellungnahme gebeten. Folgende Krankenanstalten haben einen Bericht abgegeben:
 Tauernkliniken GmbH
 A.ö. Krankenhaus Oberndorf
 Salzburger Landeskliniken SALK (Landeskrankenhaus Salzburg – Universitätsklinikum der
PMU, Christian-Doppler-Klinik Salzburg – Universitätsklinikum der PMU, Landesklinik St.
Veit)
 Kardinal Schwarzenberg Klinikum GmbH
 Unfallkrankenhaus Salzburg.
Zu Frage 1: Welche Maßnahmen werden in den Salzburger Fondskrankenhäusern gesetzt, um
die Akutaufenthalte von älteren Patientinnen und Patienten im Sinne der Präambel zu verbessern?
Landeskrankenhaus Salzburg – Universitätsklinikum der PMU:
Die zunehmende Problematik in der Behandlung deliranter Patientinnen und Patienten an
den SALK hat zur Einrichtung einer abteilungsübergreifenden, multidisziplinären Arbeitsgruppe unter der Leitung von OA Dr. Kartnig (UK für Psychiatrie und Psychotherapie) im Jahr 2012
geführt mit dem Ziel, Behandlungsempfehlungen für das nichtentzugsbedingte Delir zu erstellen. Wie in der Präambel der Anfrage richtig dargestellt, sind davon vielfach - aber nicht ausschließlich - ältere und/oder demente Menschen betroffen.
Diagnostik, Prävention und Behandlung dementer/deliranter Patientinnen und Patienten im
Akutspital stellen eine komplexe Herausforderung dar, die interdisziplinäre Zusammenarbeit
an den Kliniken unter Einbeziehung von Spezialisten (Geriatrie, Psychiatrie) erfordert und
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neben der Therapie zugrundeliegender körperlicher Erkrankungen spezielle nichtmedikamentöse und medikamentöse Behandlungsangebote beinhaltet.
Aus der Tätigkeit der oben genannten Arbeitsgruppe ist das Pilotprojekt „Delirscreening“
hervorgegangen, in dessen Rahmen an zwei Modellstationen für drei Monate ein Delirscreening mittels DOSS erfolgt. An einer der beiden Stationen (M3AD) ist diese Erfassung abgeschlossen, an der 2. Station (UFA3) wurde die Umsetzung noch nicht gestartet. Neben der
Delirhäufigkeit zum Zeitpunkt der Aufnahme bzw. während des stationären Aufenthalts soll
dieses Projekt auch klären, welche Risikogruppe in Zukunft von einem systematischen Delirscreening profitieren kann und wie ein solches an den SALK zu implementieren ist. Die Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Stationsteams, ist berufsgruppenübergreifend und wird in der Auswertung von der PMU, Pflegewissenschaft, Prof. Ewers unterstützt.
Die bisher erhobenen Daten werden zurzeit ausgewertet und in der Folge dem Vorstand präsentiert.
Christian-Doppler-Klinik Salzburg – Universitätsklinikum der PMU:
Die in der Anfrage referierten Feststellungen bezüglich des Delirrisikos alter Menschen in
Krankenanstalten decken sich mit der aktuellen Literatur zum Thema. Das Hospital Elder Life
Program (HELP) wurde in den 90-iger Jahren in den Vereinigten Staaten entwickelt, die Ressourcen können internetbasiert abgefragt werden und es liegen auch erfolgreiche Interventionsstudien vor. HELP bezieht sich nicht explizit auf geriatrische Einrichtungen, das Programm
wurde entwickelt, um auf existierende Krankenhauseinheiten (z. B. Innere Medizin, Chirurgie) aufgesetzt zu werden. HELP umfasst im Wesentlichen ein Screening bei Aufnahme, das
bei allen über 70-Jährigen durchgeführt wird und die Domänen kognitive Beeinträchtigung,
Schlafstörung, Immobilität, Dehydratation und sensorische Einschränkungen abfragt. Bei
Identifikation eines Risikos werden gezielte Interventionen gesetzt, die ein interdisziplinäres
Team erfordern (spezialisierte geriatrische Pflege, Geriater, interdisziplinäre Besprechungen
und auch geschulte Personen aus dem Ehrenamt). Da sich das amerikanische Gesundheitssystem wesentlich von europäischen Systemen unterscheidet, ist die 1:1-Übertragbarkeit auf
europäische Verhältnisse ungewiss. In den Niederlanden läuft aktuell eine Studie, die die
Übertragbarkeit auf das holländische Gesundheitssystem überprüfen soll. Vereinzelt ist das
System auch in Spanien und in Deutschland implementiert.
An der UK Geriatrie ist die Erfassung des neurokognitiven Status sowie der Funktionalität für
Alltagsaktivitäten Teil des geriatrischen Assessments, welches zur systematischen Evaluierung
des Gesundheits- und Funktionszustandes älterer, meist multimorbider Menschen oder hochund höchstbetagter Personen eingesetzt wird. Das Ergebnis erlaubt eine bedarfsgerechte Betreuungsplanung gezielter Interventionen zur Vermeidung weiterer Funktionsverluste. Zudem
stehen für alte Menschen mit neurokognitiven Störungen (Delir und Demenz) eigens gewidmete Funktionseinheiten (GEC, GEA Galeriebereich) zur Verfügung, die über verdichtete Personalressourcen (Validation nach N. Feil) verfügen. Eine Zusammenarbeit mit der UKPP ist
etabliert und wird im Rahmen der Neustrukturierung der UKPP weiter ausgebaut.
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Landesklinik St. Veit:
Alle Maßnahmen wurden in enger Abstimmung mit den UK für Psychiatrie und Geriatrie erarbeitet und es wurden/werden dazu auch immer wieder interne Fortbildungen abgehalten. Ein
streng strukturiertes Programm wie z. B. „HELP“ wird derzeit nicht angewandt.
Grundsätzlich werden alle Patientinnen und Patienten über 70 Jahre, mit Delir in der Anamnese, kognitiver Einschränkung und Psychopharamakatherapie sowohl ärztlich als auch pflegerisch genauer evaluiert. Von ärztlicher/internistischer Seite wird die medikamentöse Therapie überprüft und adaptiert, ein MMSE angeordnet sowie bei Bedarf ein psychiatrisches
oder neurologisches Konsil initiiert. Generell wird versucht, eine Polypharmazie möglichst zu
vermeiden. Selbstverständlich werden die internistischen Komorbiditäten bestmöglich behandelt.
Von pflegerischer Seite wird eine möglichst aktive Tagesbegleitung angestrebt, seitens der
Physiotherapie wird ein adaptiertes Bewegungsprogramm erstellt und während der etwa
zweiwöchigen Aufenthalte auch umgesetzt. Das Entlassungsmanagement setzt sich frühzeitig
mit der sozialen Situation der Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen nach der
Entlassung auseinander. Sollte trotz aller präventiven Maßnahmen ein Delir auftreten, halten
wir uns an die Empfehlungen der Richtlinie zur Delirtherapie, welche zusammen mit OA Dr.
Kartnig erstellt wurde.
A.ö. Krankenhaus Oberndorf:
Im A.ö. Krankenhaus Oberndorf wird im Rahmen des geriatrischen Aufnahmeprozesses und
während der gesamten stationären Betreuungsphase auf Risikofaktoren und Situationen, die
ein Delir begünstigen könnten, sehr genau eingegangen. Dies passiert interprofessionell sowohl pflegerisch, medizinisch (internistisch, neuro-psychiatrisch) wie therapeutisch, inkl. der
Anwendung von Assessmentinstrumenten.
Tauernkliniken GmbH:
Laut Pflegeleitung wird mit Orientierungshilfen und der Pflegediagnose „veränderter Denkprozess“ gearbeitet. Aus medizinischer Sicht werden die Patientinnen und Patienten nach
den modernen Empfehlungen für geriatrische Patienten behandelt.
Kardinal Schwarzenberg Klinikum GmbH:
Wie bereits in der Anfrage angeführt hat sich das Klinikum aufgrund der demographischen
Entwicklung und der Zunahme von deliranten Zustandsbildern im Rahmen des Krankenhausaufenthaltes dazu entschlossen, ein Delirpräventionsprojekt zu starten. In Hinblick auf die
Umsetzbarkeit hat man sich für das Projekt „HELP“ beziehungsweise „help-plus“ entschieden. Dieses richtet sich speziell auf medizinische, pflegerische, sozial- und persönliche Be-
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dürfnisse der älteren Patientinnen und Patienten im Akutspital und stellt somit einen innovativen Ansatz zur Verbesserung der Behandlung da. Im Rahmen der Umsetzungsphase hat das
Krankenhaus frühzeitig damit begonnen, Abteilungen im Haus über das Projekt zu informieren und im ersten Anlauf die interdisziplinäre Sonderklassestation (IOS) und eine chirurgische
Station (Chir.III) als Pilotstationen gewinnen können.
Das Programm beinhaltet vier Bestandteile, die von verschiedenen Berufsgruppen und freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchgeführt werden sollen. Ein Bestandteil des Programms sind fachärztliche Beratungen. Dieser Teil erfolgt durch das ärztliche Personal, welche im Rahmen von fachärztlichen Beratungen (Delirpräventionskonsile) Risikofaktoren frühzeitig identifizieren, delirogene Medikamente bzw. eine bestehende Polypharmazie möglichst
schonend adaptieren und delirpräventive Maßnahmen verordnen. Ein weiterer Bestandteil ist
das Screening und Assessment, welches von diplomierten Pflegekräften durchgeführt wird.
Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt wird anhand definierter Ein- und Ausschlusskriterien
über die Aufnahme der Patienten ins Programm entschieden. Durch die Identifizierung von
möglichen Risikofaktoren, der gezielten Diagnostik und Verlaufsbeobachtung durch zwei Mal
täglich durchgeführten Screenings (CAM) soll es gelingen, möglichst früh delirogene Symptome zu erkennen und um frühzeitig mit speziellen Maßnahmen zu intervenieren.
Das Herzstück dieses Programms sind spezielle, nicht medikamentöse Interventionen, die laut
den Vorgaben des Programms von Freiwilligen durchgeführt werden sollen. Schwerpunkt der
Freiwilligenarbeit liegt vor allem in der persönlichen Zuwendung und Unterstützung der Patientinnen und Patienten während des Krankenhausaufenthaltes. Freiwillige sollen durch tägliche Besuche und Gespräche die Patientinnen und Patienten ansprechen, über das aktuelle
Programm bzw. Tagesablauf informieren und bei der zeitlichen und örtlichen Orientierung
unterstützen. Mit mobilisierenden Angeboten sollen die Patientinnen und Patienten möglichst
aktiv und beweglich bleiben. Darüber hinaus begleiten Freiwillige bei Mahlzeiten, leisten
Gesellschaft, regen durch Gesellschaftsspiele, Vorlesen aus Zeitungen oder leichtem Gedächtnistraining die geistigen Fähigkeiten an und bieten entspannungs- bzw. schlaffördernde
Maßnahmen an. Alle involvierten Berufsgruppen sind an den über das Jahr stattfindenden
Schulungen zum Thema Delir beteiligt. Dieses Angebot wird von den unterschiedlichen Fachrichtungen gerne angenommen und soll somit die geforderten Qualitätskriterien bzgl. des
Wissenstandes erfüllen.
Unfallkrankenhaus Salzburg:
Durch die Umsetzung von Case Management kann für die einzelne Patientin/den einzelnen
Patienten sehr viel erwirkt werden:
a) Durch die Klienten-Orientierung wird der Fokus auf den einzelnen Menschen - mit seinen
Befindlichkeiten - gelegt.
b) Durch die Berücksichtigung der Lebensweltnähe - d. h., es werden Menschen aus seinem
Umfeld in die Beratungsgespräche partizipativ miteinbezogen.
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c) Durch die Ressourcenorientiertheit, d. h., die vorhandenen Fähigkeiten des Patienten
werden ermittelt, gestärkt und weiter ausgebaut.
d) Durch Empowerment, d. h., den Patienten als Mensch sehen, ihn dazu ermächtigen, dass
er selbst wieder seine Gestaltungsspielräume wahrnehmen und auch weiterhin selbstbestimmt in seinem gewohnten Umfeld leben kann.
Erreicht wird dadurch:
a) Verbesserung des gesundheitlichen, pflegerischen und sozialen Zustandes des Patienten,
b) Stressreduktion für die Angehörigen; sie werden schon zeitig über mögliche bevorstehende
Unterstützungsangebote informiert und können dies mit den eigenen beruflichen Gegebenheiten abstimmen,
c) lediglich angemessene Verweildauer im KH - Kostenoptimierung auf allen Ebenen,
d) Stärkung der Kooperationspartnerschaften durch Vernetzung: durch Berichtweitergabe an
die weiterbetreuenden KH können auch diese ihre Verweildauern optimieren,
e) die Zielvorgabe: ambulant vor teilstationär vor stationär - ist leichter umsetzbar und auch
jedem einzelnen Menschen ist natürlich sehr geholfen, wenn er in seinen eigenen vier
Wänden zu Hause bleiben oder sobald wie möglich vom Krankenhaus wieder nach Hause
entlassen werden kann.
Zu Frage 2: Gibt es gezielt geriatrische (Delir-)Diagnostik bzw. Delirpräventionsmaßnahmen?
Siehe Beantwortung Frage 1.
Zu Frage 3: Wenn nein, sind Projekte im Bereich der Delirprävention geplant?
Ich ersuche das Hohe Haus um Kenntnisnahme dieser Anfragebeantwortung.
Salzburg, am 23. Jänner 2017
Dr. Stöckl eh.
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