Ausweitung des EFSF durch Hebel - Fragen und Antworten Nachricht, 28. Oktober 2011 Bereits nach der Abstimmung Ende September im Bundestag über die Ausweitung des EuroRettungsschirm EFSF wurde debattiert, wie die zur Verfügung gestellten Mittel mit Kredithebeln nochmals erhöht werden können. Doch was ist ein Kredithebel, wie funktioniert er, welche Vorteile und welche Risiken birgt er? Nun ist es offiziell: Der Bundestag hat mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP die Hebelung durch den EFSF erlaubt. Aber warum? Der Ende September aufgestockt Rettungsschirm kann Kredite im Volumen von 440 Milliarden Euro vergeben. Davon sind rund 150 Milliarden durch bestehende Kreditzusagen an Griechenland, Portugal und Irland bereits ausgegeben bzw. reserviert. Allerdings wurden nicht nur die Mittel des Rettungsschirms aufgestockt, sondern auch seine Kompetenzen erweitert. Da die herrschende Politik sich als unfähig erwiesen hatte, die Krise erfolgreich zu bewältigen, drohte sich die Krise in der Eurozone nun zusätzlich noch auf große Volkswirtschaften wie Italien auszudehnen. Für die gesamten Aufgaben sind zusätzliche erhebliche Mittel erforderlich. Welche Aufgaben hat der EFSF eigentlich? Zunächst laufen über den EFSF die Finanzierung der bereits zugesagten Hilfen an Griechenland, Portugal und Irland. Der Fond soll zukünftig "bedrohten“ Ländern (z.B. Italien) präventive Kreditlinien einräumen, Kredite zur Rekapitalisierung von Banken vergeben und Anleihen von Krisenländern kaufen, um so deren Zinsen zu drücken. Da der EFSF aufgrund der ausstehenden Zustimmung in den nationalen Parlamenten bislang noch nicht einsatzbereit war, hat die Europäische Zentralbank zwischenzeitlich die Aufgabe des Aufkaufs von Staatsanleihen übernommen. Sie hat dafür in den letzten drei Monaten knapp 100 Milliarden Euro eingesetzt. Zwar lässt sich diese Zahl nicht einfach auf das Jahr hochrechnen. Trotzdem macht der Betrag deutlich, dass der EFSF schon allein mit dieser Aufgabe bald überfordert wäre. Warum sollen gerade Hebelinstrumente die Lösung bringen? Durch sogenannte Hebelinstrumente lässt sich das Volumen der Hilfskredite des Rettungsfonds vergrößern, ohne dass der Garantierahmen (im Fall Deutschlands 253 Milliarden Euro zuzüglich Zinskosten) aufgestockt werden müsste. Dies ist insofern wichtig, als eine nochmalige Aufstockung der Mittel für den Rettungsschirm politisch in vielen Euro-Ländern als nicht mehr durchsetzbar gilt. Was sind diese Hebel nun eigentlich? Zur Verfügung stehende Mittel werden durch den Einsatz von Krediten oder finanztechnische Tricksereien vergrößert. Damit gemeint ist der Einsatz von Derivaten und Zweckgesellschaften, die US-Spekulant Warren Buffet bekanntermaßen als „finanzielle Massenvernichtungswaffen“ bezeichnet hat. Durch den Einsatz von Hebelinstrumenten steigt natürlich auch der potenzielle Verlust um ein Vielfaches. Nach diesem Prinzip haben Banken und Hedgefonds ihre Bilanzen aufgeblasen und jahrelang ihre Profite gehebelt. Dann kam die Finanzkrise und das Eigenkapital war für die Verluste zu niedrig. Es ist schon bezeichnend, dass jetzt der Ausweg aus einer Krise mit einem Instrument gesucht wird, das in die Krise hineingeführt hat. Kann man das an einem Beispiel deutlich machen? Nehmen wir im ersten Fall an, jemand investiert 100 Euro eigenes Geld und erzielt damit innerhalb eines Jahres eine zehnprozentige Rendite. Dann bekommt er nach einem Jahr 110 Euro zurück. Nehmen wir im zweiten Fall an, dass jemand seine eigenen 100 Euro und zusätzlich 100 Euro fremdes Geld – also insgesamt 200 Euro – in die gleiche Anlage investiert hat. Für die fremden 100 Euro zahlt er fünf Prozent Zinsen. Nach einem Jahr bekommt er 220 Euro zurück. Damit kann er die 100 Euro zurückgeben und zahlt fünf Euro Zinsen. Nach einem Jahr bleiben im zweiten Fall 115 Euro übrig. Fünf Euro mehr als im ersten Fall – also im Fall der Investition ohne Kredit. Die Eigenkapitalrendite liegt demnach am Ende bei 15 Prozent, anstatt bei zehn ohne Kredithebel. Welche Hebelinstrumente sind für den EFSF-Rettungsfond im Gespräch? Folgende zwei Optionen soll es geben: Der EFSF fungiert als Versicherung für Staatsanleihen. In diesem Fall übernimmt er zum Beispiel zu einem Viertel die Verluste eines Investors, wenn beispielsweise Italien zahlungsunfähig wird. Würden auf diese Art genug Investoren für Staatsanleihen angelockt, ergäbe das ein vielfach höheres Kreditvolumen. Die Attraktivität dieser Lösung soll dadurch erhöht werden, indem der EFSF das erste Viertel der Verluste übernimmt – eine sogenannte first-loss Versicherung. Damit steigt das Risiko, dass die Garantien voll in Anspruch genommen wird um ein Vielfaches. Der Grund: Kann ein betroffenes Land zum Beispiel 25 Prozent seiner Schulden nicht zurückzahlen, dann trägt der Steuerzahler den Zahlungsausfall zu 100 Prozent. Banken und private Gläubiger müssen dagegen auf keinen Cent verzichten. Zweite Hebelidee: Ähnlich funktionieren auch die angedachten Zweckgesellschaften. Die Zweckgesellschaften sollen Kredite an die angeschlagenen Länder vergeben. Der EFSF beteiligt sich an den Zweckgesellschaften. Kommt es zu einem Ausfall der Forderung werden die zuerst die „risikolosen“ Schuldtitel bedient, danach die mit einem höheren Risikorang, als letztes der EFSF. Auch bei dieser Hebelvariante steigt also das Verlustrisiko um ein Vielfaches. Der französische Staatspräsident Sarkozy fordert eine Banklizenz für den EFSF. Was ist der Unterschied zu dem Modell, dass sich die Staaten über eine öffentliche Bank bei der EZB zu niedrigen Zinsen finanzieren, so wie es DIE LINKE fordert? Es ist richtig die öffentliche Kreditaufnahme von der Diktatur der Finanzmärkte zu befreien. Insofern geht der französische Vorschlag in die richtige Richtung. Aber: Die Notrettung der betroffenen Staaten durch den EFSF ist an Bedingungen geknüpft. Die hilfsbedürftigen Staaten müssen sich einem Kürzungs- und Privatisierungsdiktat unterwerfen. Je nach Kooperationsbereitschaft könnte der EFSF also entweder Länder bei der Finanzierung helfen oder sie den Finanzmärkten zum Fraße vorwerfen. DIE LINKE fordert stattdessen, dass alle Staaten gleichberechtigt und ohne Bedingungen einen Zugang zu günstigen Krediten bei der EZB mithilfe einer öffentlichen Bank und ohne weiteren Umweg über die Finanzmärte eingeräumt bekommen. Das ist nur sinnvoll, wenn dann die Staatsschuldenkrise gleichzeitig durch einen Schuldenschnitt und eine europaweite Vermögensabgabe auf ein tragfähiges Niveau gesenkt werden. Dazu gehört auch, dass die unsozialen Kürzungsprogramme gestoppt und eine solide Finanzierung der Staatshaushalte durch eine ausreichende Besteuerung von Millionären und Großkonzernen sichergestellt wird. Sonst wird die Europäische Zentralbank zum Friedhof für Ramschanleihen. Für die EZB haftet am Ende der Steuerzahler. Muss der Bundestag erneut zustimmen, wenn die konkreten Details zur Ausgestaltung der Hebel für den Rettungsschirm ausformuliert sind? Das ist noch nicht ganz klar. Entweder wird sich erneut das Plenum oder der Haushaltsausschuss mit den technischen Details der Hebelinstrumente des Rettungsfonds beschäftigen.