Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität zu Lübeck Direktor: Prof. Dr. med. Fritz Hohagen Prävalenz, Charakteristika und Prädiktoren fremdaggressiven Verhaltens bei hospitalisierten psychisch Kranken Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Universität zu Lübeck -Aus der Medizinischen Fakultät- vorgelegt von Regina Ketelsen aus Aachen Lübeck 2005 1 1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Martin Driessen 2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Fritz Hohagen Tag der mündlichen Prüfung: 12.12.2005 Zum Druck genehmigt. Lübeck, den 12.12.2005 gez. Prof. Dr. med. Wolfgang Jelkmann - Dekan der Medizinischen Fakultät - 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1. Stand der Forschung 7 1.1. Einführung und Definition aggressiven Verhaltens 7 1.2. Prävalenz und Charakteristika aggressiven Verhaltens im 8 einschließlich 10 psychiatrischen Kontext 1.3. Interventionen bei aggressivem Verhalten Zwangsmaßnahmen 1.4. Rechtliche Grundlagen 13 1.5. Einflussfaktoren auf aggressives Verhalten 16 1.5.1. Soziodemografische Merkmale 16 1.5.2. Erkrankungsfaktoren 16 1.5.3. Institutionelle Faktoren 17 1.6. Aggressives Verhalten gegenüber Mitarbeitern und die Folgen 18 1.7. Verfahren zur Erfassung aggressiven Verhaltens 20 2. Fragestellungen und Ziele der Arbeit, Hypothesen 24 2.1. Fremdaggressives Verhalten 24 2.2. Interventionen 25 3. Methoden 26 3.1. Erhebungsinstrumente 26 3.2. Umfeld und Durchführung der Studie 28 3.3. Statistik 31 3.4. Stichprobe 31 3.4.1. Gesamtkollektiv 31 3.4.2. Untersuchungsgruppe und Kontrollgruppe 31 3.5. Untersuchte Variablen 32 4. Ergebnisse 34 4.1. Fremdaggressives Verhalten 34 4.1.1. Prävalenz 34 4.1.2. Charakteristika 34 3 4.1.3. Zusammenhang zwischen Patienten- und Erkrankungsmerkmalen und dem Schweregrad der Vorfälle 37 4.1.4. Vergleich von Patienten mit und ohne fremdaggressives Verhalten 38 4.1.5. Prädiktoren 43 4.2. Interventionen 45 4.2.1. Interventionen zur Beendigung der Aggression 45 4.2.2. Analyse des Zusammenhangs zwischen der Schwere fremdaggressiver Vorfälle und der nachfolgenden Intervention 4.2.3. 45 Merkmale von Patienten mit leichtgradig aggressivem Verhalten und nachfolgende Interventionen 46 5. Diskussion 48 5.1. Methodendiskussion 48 5.2. Ergebnisdiskussion 50 5.3. Schlussfolgerung und Ausblick 62 6. Zusammenfassung 64 Literaturverzeichnis 66 Anhang 80 Danksagung 85 Lebenslauf 86 Anmerkung In der vorliegenden Arbeit wurde für Personengruppen, die sich aus Männern und Frauen zusammensetzen, der maskuline Plural verwendet. Für Einzelpersonen, die sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechts sein können, wurde der männliche Singular eingesetzt. Diese Schreibweise wurde verwendet, da geschlechtsneutrale Formulierungen nicht immer realisierbar sind und der Schreibstil mit Schrägstrichen häufig auf Kosten 4 der Lesbarkeit des Textes geht. Vorwort Meinungsstereotype in der Öffentlichkeit sind dadurch geprägt, dass psychisch Kranke für gefährlich und unberechenbar gehalten werden (Steinert, 2001). Die Stigmatisierung psychisch Kranker wird durch diese öffentliche Meinung beeinflusst. Dieser Mythos steht im Widerspruch zu Studien aus dem angelsächsischem Raum und den USA, die lediglich ein moderat erhöhtes Gewalttatenrisiko bei psychisch Kranken bestätigen (Steinert, 2001). Die in der Psychiatrie Tätigen werden in der Öffentlichkeit einerseits immer wieder kritisiert, zu oft und zu häufig Zwangsmaßnahmen anzuwenden, und andererseits, zu sorglos mit psychisch Kranken umzugehen und dadurch dazu beizutragen, dass Gewalttaten durch psychisch Kranke begangen werden (Finzen, 1990, Finzen et al., 1993). Vermutlich ist dieses Spannungsfeld ein wesentlicher Grund dafür, dass trotz des gehäuften Vorkommens von aggressivem Verhalten und Zwangsmaßnahmen im akut-psychiatrischen Behandlungsalltag diese Problematik in Lehrbüchern selten dargestellt und ein therapeutischer Umgang in der Ausbildung meist nicht systematisch vermittelt wird. Zwangsmaßnahmen sind für die betroffenen Patienten massiv eingreifende Ereignisse und können sich auch traumatisierend auswirken. Angriffe auf Mitarbeiter aller Berufsgruppen, Mitpatienten oder andere Personen können andererseits ebenfalls traumatisierend erlebt werden mit - in seltenen Fällen - körperlichen Verletzungen bis hin zu lebensbedrohlichen Auswirkungen. Betrachtet man die weit reichenden möglichen Konsequenzen aggressiven Verhaltens und von Interventionen gegen den Willen der Patienten (Zwangsmaßnahmen) in der psychiatrischen Behandlung, wird deutlich, dass eine systematische Erfassung und Prävention hohe Priorität haben sollten. So wird es am ehesten gelingen, dieses für Medizin und Psychiatrie schwierige Thema insgesamt zu enttabuisieren und die Diskussion auf eine sachliche und durch Daten fundierte Ebene zu stellen. Im letzten Jahrzehnt sind zunehmend Untersuchungen zu aggressivem Verhalten und Zwangsmaßnahmen auch im deutschsprachigen Raum durchgeführt und publiziert worden, im englischsprachigen ist dies bereits seit über 20 Jahren der Fall. -5- Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich seit 1995 eine Arbeitsgruppe unter wesentlicher Beteiligung der Autorin in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bethel, Evangelisches Krankenhaus Bielefeld, mit dem Thema. Ziel war es von Anfang an, aggressives Verhalten und notwendige Zwangsmaßnahmen so weit wie möglich zu reduzieren. Dazu dienten die Einführung von Behandlungsstandards, regelmäßige Fortbildungen zum Thema „Umgang mit aggressivem Verhalten" und die Einführung einer sich laufend weiter entwickelnden systematischen Dokumentation von Zwangsmaßnahmen. In diesem Zusammenhang entstand die vorliegende Arbeit. Sie stellt die Ergebnisse der Erfassung von aggressivem Verhalten, Merkmale der betroffenen Patienten und die darauf folgenden Interventionen dar. Zusätzlich sollten Prädiktoren für Patienten mit aggressivem Verhalten identifiziert werden, um so spezifische Präventionsmaßnahmen entwickeln zu können. -6- 1. Stand der Forschung 1.1. Einführung und Definition aggressiven Verhaltens Zunächst werde ich in die Problematik der Begriffsdefinition des Begriffes Aggression/ aggressives Verhalten/ Gewalt einführen und die dieser Arbeit zu Grunde liegende Begriffsdefinition darstellen. Die Begriffe Aggression und Gewalt werden in der psychiatrischen Fachliteratur teilweise synonym benutzt, eindeutige und allgemein akzeptierte Definitionen und Operationalisierungen existieren für beide Begriffe bisher nicht (Steinert, 1995a). Das Wort Aggression/ Aggressivität leitet sich von dem lateinischen „aggredior“ ab mit der Bedeutung herangehen, sich an jemanden wenden, an oder zu jemandem heranschreiten, auf jemanden oder etwas zugehen, zukommen, sich nähern. Später wurde dieser Begriff auch mit feindseliger Bedeutung im Sinne eines offenen Angriffs verwendet. Es können also zwei voneinander verschiedene Bedeutungen abgeleitet werden, erstens eine Handlung ohne und zweitens eine Handlung mit zerstörerischer Auswirkung (Huber und Striebel, 1978; Müller et al., 1986). In der ersten Bedeutung ist der Begriff positiv konnotiert, in der zweiten negativ als meist affektgeladenes Angriffsverhalten, das nach außen gegen andere Menschen, Gegenstände oder Institutionen, aber auch gegen das eigene Ich (Autoaggression), gerichtet sein kann. Definitionen aus dem englischsprachigen psychiatrischen Kontext beziehen „aggression“ auf die Absicht, jemandem gegen seinen Willen zu schaden oder ihn zu verletzen (Breakwell, 1996). So können z.B. Erschrecken oder Drohung Formen von Aggression sein. Aggression kann verschiedene Formen von Schäden/ Verletzungen zur Folge haben, incl. psychische und emotionale. Der Begriff der instrumentellen, zielgerichtet eingesetzten Aggression (z.B. bei antisozialen Persönlichkeitsstörungen) wird einer spontanen, impulsiven bzw. emotional induzierten Aggression gegenüber gestellt (Steinert, 1995a, Breakwell, 1998). Unter dem Begriff „violence“ werden dagegen Handlungen verstanden, die die direkte Absicht implizieren, jemandem physischen Schaden zuzufügen (Breakwell, 1995). Eine weitere Differenzierung nehmen Littrell und Littrell (1998) vor: „Aggression“ stellt ein böswilliges Verhalten oder Drohen gegen andere dar, das verbaler, physischer oder sexueller Natur sein kann und „violence“ dagegen den -7- Ausbruch von physischer Kraft, durch die eine andere Person oder Gegenstand missbraucht, verletzt oder ihr Schaden zugefügt wird. Eine Abstufung hierzu ist „agitation“ als eine offensive verbale, stimmliche oder motorische Aktivität, die situativ inadäquat ist. Sie kann durch Verwirrung, medikamentöse Nebenwirkungen oder Störungen im Umfeld bedingt sein. Als Einteilungsgrade werden vorgeschlagen: Ruhe < Ängstlichkeit < Agitation < Aggression < Gewalt (violence). Probleme bestehen darüber hinaus bei der Durchführung standardisierter Untersuchungen zum Vorkommen von Aggression und Gewalt. Die Bedingungen, die zu aggressiven Handlungen führen, sind komplex und von unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst, die auf einer strukturellen Ebene (wie die institutionelle Ebene mit Stationsmilieu, Mitarbeiterbesetzung und -qualifikation, Belegungsdichte, Behandlungskonzepte), auf der Patientenebene (z.B. soziodemografische- und erkrankungsbezogene Merkmale) und auf der Mitarbeiterebene (z.B. Merkmale der Person, konkreter Interaktionsstil mit dem Patienten) angesiedelt sind. Im psychiatrischen Bereich existiert also bisher keine allgemein akzeptierte Definition zu Aggression/ aggressivem Verhalten und Gewalt. In der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bethel erfolgte nach inhaltlicher Auseinandersetzung mit der Thematik folgende Einteilung, die auch Grundlage der vorliegenden Arbeit ist: Aggressives Verhalten bei Patienten wird differenziert in verbal aggressiv (z.B. beschimpfen, beleidigen, drohen mit tätlicher Aggression), non-verbal aggressiv (z.B. Drohung durch Gebärden, Gestik, Symbolik) und tätlich aggressiv (physische Aggression gegen Sachen und Personen). 1.2. Prävalenz und Charakteristika aggressiven Verhaltens im psychiatrischen Kontext Im Folgenden werde ich mich insbesondere auf Untersuchungsergebnisse im psychiatrisch stationären Behandlungskontext beziehen, da diese den Hintergrund der vorliegenden Studie darstellen. Die bisherigen Studien wurden teilweise prospektiv, häufiger aber retrospektiv über unterschiedliche Untersuchungszeiträume, Stichproben und mit unterschiedlichen Erhebungsinstrumenten durchgeführt. Daher ist eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse nur eingeschränkt möglich. -8- Untersuchungen auf psychiatrischen Akutstationen ergaben eine Prävalenz aggressiven Verhaltens von 7,5% bis 35,0% (Saverimuttu und Lowe, 2000; Grassi et al., 2001; Nijman et al., 2002c; Heinze et al., 2005) aller aufgenommenen Patienten. In klinischen Gesamtpopulationen wurde aggressives Verhalten für 1,8%-10,3% aller aufgenommenen Patienten angegeben (Myers und Dunner, 1984; Spießl et al., 1998; Soliman et al., 2001; Finzel et al., 2003; Rüesch et al., 2003). Eine weitere Möglichkeit, die Häufigkeit aggressiven Verhaltens zu definieren, ist die Angabe aggressiven Verhaltens pro Bett und Jahr. Daten hierzu schwanken von 0,4-55,9 (Nijman et al., 1999b; Heinze, 2000; Nijman et al., 2005). Berücksichtigt werden muss auch die Gefahr von Dunkelziffern bei der Erfassung aggressiven Verhaltens (Lion et al., 1981; Steinert et al., 1995b; Iverson und Hughes, 2000; Ehmann et al., 2001; Sjöström et al., 2001; Richter, 2004). Mehrere Autoren berichten, dass aggressives Verhalten unter stationären psychiatrischen Patienten zunimmt (Noble und Rodger, 1989; James et al., 1990; Harris und Vaney et al., 1994; Tardiff et al., 1997). Da ein systematisches klinisch-epidemiologisches Monitoring aber fehlt, bleibt diese Annahme etwas spekulativ. Physische Aggression wurde in 38-84% der dokumentierten aggressiven Vorfälle beobachtet (Palmstierna et al., 1991; Cheung et al., 1997; Nijman et al., 2002b; Omérov et al., 2002; Rüesch et al., 2003), bei 19-64% gegen Objekte (Grassi et al., 2001; Soliman et al., 2001), in 41-82% gegen Personal (Myers und Dunner, 1984; Palmstierna et al., 1991; Grassi et al., 2001; Nijman et al., 2002b; Omérov et al., 2002; Miserez, 2003) und in 14-31% gegen Mitpatienten (Myers und Dunner, 1984; Palmstierna et al., 1991; Grassi et al., 2001; Soliman et al., 2001; Nijman et al., 2002b; Omérov et al., 2002; Miserez, 2003). Verletzungen mit nachfolgender medizinischer Behandlung wurden bei 1,7-7,0% der aggressiven Vorfälle beobachtet (Palmstierna et al., 1991; Spießl et al., 1998; Omérov et al., 2002, Miserez, 2003; Heinze et al., 2005). Wenige Patienten waren in den meisten Studien für einen großen Teil der Vorfälle verantwortlich (Palmstierna et al., 1991; Kennedy et al., 1995; Tam et al., 1996; Cheung et al., 1997; Saverimuttu und Lowe, 2000; Grassi et al., 2001; Soliman et al., 2001; Rüesch et al., 2003). Vor allem in den ersten Tagen der Behandlung trat aggressives Verhalten auf (Arango et al., 1999; Grassi et al., 2001; Miserez 2003). -9- In 30–44 % des beobachteten aggressiven Verhaltens konnte der jeweilige Anlass nicht identifiziert werden (Palmstierna et al., 1991; Grassi et al., 2001; Nijman et al., 2002b; Omérov et al., 2002; Rüesch et al., 2003). 1.3. Interventionen bei aggressivem Verhalten einschließlich Zwangsmaßnahmen Zunächst möchte ich einen allgemeinen Überblick zur Aggressionsprävention und Interventionsmöglichkeiten geben und im Weiteren den aktuellen Forschungsstand vorstellen. Bei der Aggressionsprävention können drei Präventionsebenen unterschieden werden: die primäre Prävention von Aggressionen, das Vorgehen bei akutem aggressiven Verhalten (sekundäre Prävention) und die Nachbereitung von aggressiven Vorfällen (tertiäre Prävention) (Ketelsen et al., 2004). Auf der Ebene der primären Prävention müssen zunächst mögliche Risikofaktoren – u. a. Patienten bezogene und institutionelle - frühzeitig identifiziert und in der Behandlungsplanung berücksichtigt werden mit dem Ziel, aggressivem Verhalten vorzubeugen (Rupp und Rauwald, 2004). Interventionen bei manifest aggressivem Verhalten sind vom Ausmaß des aggressiven Verhaltens abhängig. Bei der Wahl der Intervention ist das Ziel durchgehend, im Sinne der sekundären Prävention, eine weitere Zuspitzung zu vermeiden (Schulz und Zechert, 2004). Nach Breakwell (1998) können typische Phasen im Verlauf eines aggressiven Vorfalls unterschieden werden: Auslösephase, Eskalationsphase, Krisenphase, Erholungsphase und Depression. Deeskalierende Gesprächsstrategien bei möglichst ruhigem und sicherem Auftreten, Ablenken auf der Handlungsebene und Rückzug in ein ruhigeres Milieu zur Reizabschirmung sind mögliche Interventionen in der Auslösephase und zu Beginn der Eskalation. Bei Zuspitzung der Eskalation und der Einschätzung, dass tätlich aggressives Verhalten nicht mehr sicher ausgeschlossen werden kann, ist die zusätzliche Präsenz von mehreren Mitarbeitern erforderlich. In der Krisenphase wird tätlich aggressives Verhalten immer wahrscheinlicher, da der Patient zunehmend körperlich, gefühlsmäßig und psychisch erregt ist und sich seine Kontrolle über aggressive Impulse verringert. In dieser Phase ist die Anwendung von Zwangsmaßnahmen oft nicht mehr vermeidbar. In der - 10 - Erholungsphase sinkt das Anspannungsniveau wieder. Eine enge Betreuung ist jetzt insbesondere deshalb erforderlich, weil bei noch erhöhtem Anspannungsniveau eine Anfälligkeit für erneute Krisen besteht. Der Erholungsphase folgt oft die Depressionsphase, in der der Patient Reue, Schuld oder Scham empfindet und verstört und verzweifelt ist. Hier sind Interventionen zum Abbau von Schuldgefühlen notwendig. Nach aggressiven Vorfällen ist die Nachbesprechung des Vorfalles im Sinne der tertiären Prävention erforderlich, um den Zwischenfall zu verstehen und Strategien mit dem Ziel zu entwickeln, zukünftige Eskalationen zu vermeiden (Ketelsen und Pieters, 2004). Bei der Anwendung von Zwangsmaßnahmen werden mechanische Fixierung mit Gurten oder Zwangsjacke (Luiselli et al., 1998; Kostecka und Zardecka, 1999), physische Fixierung im Sinne von Festhalten (Smith und Humphreys, 1997), Isolierung und Zwangsmedikation unterschieden. Alle diese Maßnahmen sind offensichtliche Formen von Zwang. Ausgangsbeschränkungen, deutliche Forderungen an Patienten zu einem bestimmten Verhalten (z.B. Medikamente einzunehmen, ohne dass konkret eine zwangsweise Gabe angedroht wird), gehen nahtlos in Graubereiche zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen über. Sie sind in der gesamten Medizin wahrscheinlich häufig und stellen rechtlich und ethisch dann ein Problem dar, wenn die freie Willensbestimmung des Patienten dadurch subjektiv oder objektiv berührt wird. Dieser Themenkomplex ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit und bleibt im Folgenden unberücksichtigt. Hier geht es also nur um offensichtliche Maßnahmen gegen den Willen des Patienten. Obgleich Zwangsmaßnahmen in jeder psychiatrischen Klinik und Abteilung mit Pflichtversorgungsauftrag durchgeführt werden, liegen im deutschsprachigen Raum nur wenige systematische Studien hierzu vor. In der angelsächsischen Literatur werden für Fixierungen Häufigkeiten bei den behandelten Patienten zwischen 1,0% und 24% (Telintelo et al., 1983; Bornstein, 1985; Ray und Rappaport, 1995; Forquer et al., 1996; Porat et al., 1997; Luiselli et al., 1998; Kaltiala-Heino et al.; 2000) und in deutschen Erhebungen 2,0% bis 24,7 % - 11 - angeführt (Fritz et al., 1991; Hirsch et al., 1992; Steinert et al., 1993; Kranzhoff und Hirsch, 1997; Bastiaan et al., 1998; Klimitz et al., 1998; Ketelsen et al., 2001). Anlass für eine Fixierung war überwiegend manifestes oder als unmittelbar bevorstehend eingeschätztes fremdaggressives Verhalten, störendes oder agitiertes Verhalten, Selbstgefährdung und bei gerontopsychiatrischen Patienten Schwindel oder Sturzgefahr (Bornstein, 1985: Fritz et al., 1991; Kranzhoff und Hirsch, 1997; Porat et al., 1997; Klimitz et al., 1998; Luiselli et al., 1998; Ketelsen et al., 2001). Fixiert wurden v. a. schizophrene, geistig behinderte und hirnorganisch veränderte Patienten (Bornstein, 1985; Way und Banks, 1990; Sheridan et al., 1990; Steinert et al., 1993; Kranzhoff und Hirsch, 1997; Bastiaan et al., 1998; Kostecka und Zardecka, 1999; Ketelsen et al., 2001). Die Fixierungsdauer reichte von weniger als einer Stunde bis zu mehreren Tagen (Bornstein et al., 1985; Fritz et al., 1991; Hirsch et al., 1992; Kranzhoff und Hirsch, 1997; Porat et al., 1997; Klimitz et al., 1998; Kostecka und Zardecka, 1999; Ketelsen et al., 2001) mit großen Unterschieden bei der durchschnittlichen Anordnungshäufigkeit pro Patient (Porat et al., 1997; Ketelsen et al., 2001). Für Isolierungen liegen ähnliche Untersuchungsergebnisse vor. Abhängig von den untersuchten Stichproben wurden 2,8-36,0% der behandelten Patienten isoliert (Way und Banks, 1990; Steinert et al., 1993; Morrison und Lehane, 1996; Savage und Salib, 1999, El-Badri und Mellsop, 2002). Gründe waren meist Tätlichkeit/ Angriff, Erregungszustände, Reizabschirmung, selbstverletzendes Verhalten (Steinert et al., 1993; Morrison und Lehane, 1996; Bénayat-Guggenbühler et al., 1998; Savage und Salib, 1999). Betroffen waren insbesondere Patienten mit den Diagnosen Schizophrenie und Persönlichkeitsstörung (Steinert et al., 1993; Bénayat- Guggenbühler et al., 1998; Savage und Salib, 1999). Angaben zur Dauer schwankten zwischen 15 Minuten und 24 Stunden (Morrison und Lehane, 1996; BénayatGuggenbühler et al., 1998; Savage und Salib, 1999). Zur Prävalenz von Zwangsmedikationen gibt es kaum systematische Untersuchungen. Die Operationalisierung des Begriffes Zwangsmedikation ist hierbei zusätzlich uneinheitlich. In einigen Untersuchungen wird unter Zwangsmedikation lediglich die parenterale Verabreichung von Psychopharmaka verstanden, in anderen wird die orale mit eingeschlossen (Kaltiala-Heino et al., 2000; Längle et al., 2000; Poulsen und - 12 - Engberg, 2001). In den untersuchten Stichproben wurden 2,8–15,0% der Patienten zwangsmediziert (Munk-Jørgensen, 1999; Kaltiala-Heino et al., 2000; Längle et al., 2000; Steinert und Gebhardt, 2000; Wynn, 2002), wobei möglicherweise am häufigsten schizophrene Patienten betroffen sind (Längle et al., 2000). Insgesamt werden länder- und institutionsspezifisch unterschiedliche Zwangsmaßnahmen durchgeführt (Goren und Curtis, 1996; Gordon et al., 1999; Gebhardt und Steinert, 1998; Ketelsen et al., 2001; Needham et al., 2002). Die Häufigkeit und Dauer von Zwangsmaßnahmen variiert beträchtlich zwischen den einzelnen psychiatrischen Kliniken (Soloff et al., 1985; Way und Banks, 1990; Crenshaw und Francis, 1995; Ray und Rappaport, 1995; Porat et al., 1997; Kranzhoff und Hirsch, 1997; Ketelsen et al., 2001; Korkeila et al., 2002). Allgemeingültige Kriterien, welche Zwangsmaßnahmen bei welchen Patienten abhängig von Diagnose und Art des Vorfalles angewendet werden sollten, existieren nicht. Die Schwere des aggressiven Vorfalles scheint keinen Zusammenhang mit der nachfolgenden Intervention zu haben (Steinert et al., 1995b). Die Entscheidung, ob und welche Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden, scheint also mehr von Klinikgewohnheiten als von patientenorientierten Indikationsstellungen abhängig zu sein. Indikation und Kontraindikation für Zwangsmaßnahmen sind uneinheitlich und umstritten. Wie schwierig die Untersuchung von Maßnahmen gegen den Willen des Patienten ist, zeigt auch die Tatsache, dass einige Patienten berichten, häufiger Zwangsmaßnahmen ausgesetzt gewesen zu sein als dies dokumentiert wurde (Smolka et al., 1997; Poulsen und Engberg, 2001). 1.4. Rechtliche Grundlagen Nach einer Darstellung der rechtlichen Grundlagen werde ich auf den aktuellen Forschungsstand zu Zwangseinweisungen eingehen. Die Anwendung von Zwang ist nur rechtmäßig, wenn sie durch eine gesetzliche Grundlage gedeckt ist. Bei allen Zwangsmaßnahmen muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden mit der Überprüfung, ob nicht ein milderes, weniger belastendes Mittel zur Verfügung steht, das angestrebte Ziel zu erreichen. Alle Maßnahmen, die ohne oder gegen den natürlichen Willen des betroffenen - 13 - Patienten erfolgen, fallen unter den Begriff Zwang. Voraussetzung für ihre Rechtmäßigkeit ist, dass der Patient krankheits- oder behinderungsbedingt nicht zu einer freien Willensbildung in der Lage ist. Unterbringung: Eine Unterbringung liegt vor, wenn der betroffene Patient ohne oder gegen seinen natürlichen Willen am Verlassen eines bestimmten räumlichen Bereiches gehindert wird. Eine solche Unterbringung psychisch kranker Menschen kann sowohl zivilrechtlich nach den Bestimmungen des Betreuungsrechtes (BGB) als auch öffentlichrechtlich auf der Grundlage des Landesunterbringungsrechtes, das in den einzelnen Bundesländern durch die jeweiligen Gesetze über Schutz und Hilfen für psychisch kranke Menschen (PsychKG) geregelt ist, erfolgen. In Fällen der Eigengefährdung ist bei Patienten, die unter rechtlicher Betreuung stehen, die betreuungsrechtliche Unterbringung vorrangig. Die Unterbringung nach dem Betreuungsrecht darf nur zum Wohl des Patienten und nicht vorrangig zur Abwendung von Schäden Dritter erfolgen. Unterbringungsgründe nach dem BGB sind: 1. Die Abwendung einer erheblichen Selbstgefährdung, d.h., dass auf Grund einer psychischen, geistigen oder seelischen Behinderung des Patienten die Gefahr bestehen muss, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt und 2. die Durchführung notwendiger Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztlicher Eingriffe, die ohne Unterbringung des Patienten nicht durchgeführt werden können und hinsichtlich derer er aufgrund seiner Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsehen oder nach dieser Einsicht nicht handeln kann. Die jeweiligen Gesetze über Schutz und Hilfen für psychisch kranke Menschen (PsychKG) ermöglichen die Unterbringung von psychisch Kranken, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, weil sie andere oder sich selbst in erheblichem Maß gefährden und die Gefahr nicht anders (z.B. durch ambulante Behandlung) abgewendet werden kann. - 14 - Fixierung und Isolierung: Bei Fixierung und Isolierung handelt es sich um so genannte unterbringungsähnliche Maßnahmen, die nach dem BGB nur mit Einwilligung des Betreuers, dessen Aufgabenkreis hierzu die Aufenthaltsbestimmung umfassen muss, zulässig sind. Wenn diese Maßnahmen regelmäßig (z.B. stets zur selben Zeit, aus wiederkehrendem Anlass oder über längere Dauer) durchgeführt werden, ist eine vormundschaftliche Genehmigung erforderlich. Die Regelungen bei der Anwendung von Fixierung und Isolierung auf der Grundlage der jeweiligen für die Länder geltenden PsychKGs zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen können hier nicht im Einzelnen für die Bundesländer wiedergegeben werden sondern nur beispielhaft für das PsychKG NRW (NordrheinWestfalen). Im PsychKG NRW bedürfen die Maßnahmen der Fixierung und Isolierung nicht der zusätzlichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes, sondern können aufgrund ärztlicher Anordnung erfolgen, wenn sie zur Abwendung einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung oder einer gegenwärtigen erheblichen Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer erforderlich sind. Die Gefahr darf nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abwendbar sein. Forschungsstand zu Zwangseinweisungen: Aus verschiedenen Regionen Deutschlands wird seit mehreren Jahren ein Anstieg der Zwangseinweisungen in psychiatrischen Kliniken berichtet (Darsow – Schütte und Müller, 2001; Richter und Reker, 2003; Müller und Josipovic, 2003; Müller, 2004). In einer Untersuchung zu Zwangsunterbringungen psychisch Kranker in den Ländern der Europäischen Union von Dressing und Salize (2004) unterschieden sich die Zwangsunterbringungsquoten (Anteil der Zwangseinweisungen an allen stationärpsychiatrischen Aufnahmen) und der Zwangsunterbringungsraten (Zahl der Zwangseinweisungen pro 100000 Einwohner) erheblich. In einigen Ländern fand sich ein deutlicher Anstieg der Zwangsunterbringungsraten in den letzten Jahren, aber kein relevanter Anstieg der Zwangsunterbringungsquoten. Dieses Ergebnis könnte nach Meinung der Autoren eine veränderte psychiatrische Behandlungspraxis mit kürzeren Verweildauern und häufigeren Wiederaufnahmen widerspiegeln. Spengler et al. (2005) kommen zu der Einschätzung, dass kein markanter Anstieg der Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken eingetreten ist. - 15 - 1.5. Einflussfaktoren auf aggressives Verhalten 1.5.1. Soziodemografische Merkmale In bisherigen Studien wurden verschiedene patientenbezogene Risikofaktoren mit z. T. widersprüchlichen Ergebnissen untersucht. Folgende Risikomerkmale wurden beschrieben: Männliches Geschlecht (Rossi et al., 1986; Spießl et al., 1998; Steinert et al., 1999; Haller et al., 2001; Richter und Berger, 2001; Soyka und Ufer, 2002; Rüesch et al., 2003), weibliches Geschlecht (Palmstierna und Wistedt, 1989; Binder und McNiel, 1990; Ehmann et al., 2001), aber auch keine Geschlechtsunterschiede (Myers und Dunner, 1984; Kennedy et al., 1995; Tardiff et al., 1997; Steinert et al., 2000; Grassi et al., 2001; Grube, 2001; Sjöström et al., 2001; Nijman et al., 2002b), jüngeres Alter (Myers und Dunner, 1984; Palmstierna und Wistedt, 1989; Convit et al., 1990; Tardiff et al., 1997; Grassi et al., 2001; Walsh et al., 2001; Bowers et al., 2002; Soyka und Ufer, 2002; Rüesch et al., 2003), alleinlebend, nie verheirat oder geschieden (Rossi et al., 1986; Schwarz et al., 1997, Steinert et al., 1999; Grassi et al. 2001), Arbeitslosigkeit/ ohne Beschäftigung (Klassen und O`Connor, 1988; Schwarz et al., 1997; Milton et al., 2001; Rüesch et al., 2003), aggressives Verhalten vor stationärer Aufnahme (Binder und Mc Niel, 1990; Spießl et al., 1998; Arango, 1999) und aggressives Verhalten/ Gewalt in der Vorgeschichte (Myers und Dunner, 1984; Palmstierna und Wistedt, 1989; Walker und Seifert, 1994; Agarwal und Roberts, 1996; Walsh et al., 2001; Grassi et al., 2001). 1.5.2. Erkrankungsfaktoren Folgende Erkrankungsfaktoren waren in bisherigen Untersuchungen mit aggressivem Verhalten assoziiert: Psychopathologie (Lowenstein, 1990; Krakowski und Czobor, 1997; Arango et al., 1999; Krakowski et al., 1999; Nolan et al., 1999; Steinert et al., 2000; Milton et al., 2001; Soyka und Ufer, 2002), - 16 - Schizophrenie (Myers und Dunner, 1984; Rossi et al., 1986; Noble und Rodger, 1989; Binder und McNiel, 1990; Convit et al., 1990; Tam et al., 1996; Spießl et al., 1998; Grassi et al., 2001), dissoziale/ antisoziale Persönlichkeitsstörung (Tardiff et al., 1997; Spießl et al., 1998; Saverimuttu und Lowe, 2000; Soliman und Reza 2001), Demenz (Cooper und Mendonca, 1989; Spießl et al.,1998), geistige Behinderung (Spießl et al., 1998; Richter und Berger, 2001), Substanzabusus (Myers und Dunner, 1984; Palmstierna und Wistedt, 1989; Walker und Seifert, 1994; Tardiff et al., 1997; Soliman und Reza, 2001; Steinert, 2002), komorbider Substanzabusus (Palmstierna und Wistedt, 1987; Schwarz et al., 1997; Swartz et al., 1998; Citrome und Volavka, 1999; Steinert et al., 1999; Milton et al., 2001; Walsh et al., 2001), keine Unterschiede in Diagnosegruppen (Aiken, 1984; Kay et al., 1988; Kennedy et al., 1995; Rüesch et al., 2003), Hospitalisierungshäufigkeit (Rossi und Dunner, 1986; Noble und Rodger, 1989; Steinert et al.,1999; Grassi et al., 2001; Rüesch et al., 2003), unfreiwillige Aufnahme (Myers und Dunner, 1984; Rossi et al., 1986; Grube, 2001; Soliman und Reza, 2001; Nijman et al., 2002c; Rüesch et al., 2003) und geringe Krankheitseinsicht (Arango et al., 1999). 1.5.3. Institutionelle Faktoren Strukturell waren eine höhere Belegung, eine Konzentration schwieriger Patienten nach Bettenabbau (Brooks et al., 1994; Snyder, 1994; Palmstierna und Wistedt, 1995; Nijman und Rector, 1999c; Ng et al., 2001), eine geringere Relation von Mitarbeiterzahl zu Patientenzahl und weniger Erfahrung oder Qualifikation der Mitarbeiter (James et al., 1990; De Cangas, 1993; Lanza et al., 1994; Morrison und Lehane, 1995; Apel und Bar-Tal, 1996) mit mehr aggressivem Verhalten und Zwangsmaßnahmen assoziiert. Es gibt Hinweise auf eine Zunahme in der Anwendung von Zwangsmaßnahmen, was durch Deinstitutionalisierung und höhere Bettenauslastung erklärt wird (Snyder, 1994; Munk-Jørgensen, 1999). Andererseits konnte nach Einführung von Standards, Dokumentationsverfahren, Fallsupervisionen oder Fortbildungen zum Umgang mit aggressivem Verhalten eine - 17 - Reduktion der Häufigkeit von aggressivem Verhalten und Zwangsmaßnahmen und/ oder der Dauer der Maßnahmen gezeigt werden (Phillips und Rudestam, 1995; Goren et al., 1996; Nijman et al., 1997b; Whittington und Wykes, 1996; Visalli et al., 1997; Bénayat-Guggenbühler et al., 1998; Längle et al., 2000; Currier und FarleyToombs, 2002; Donat, 2003). Ein rigider und kontrollierender Interaktionsstil einerseits, aber auch ein zu gewährender (laxer) Stil andererseits, fördert offenbar aggressives Verhalten (Morrison, 1990; Roper und Anderson, 1991; Morrison, 1992; Lanza et al., 1994; Flannery et al., 1996; Ray und Subich, 1998). Situative Konflikte zwischen Patienten und Personal werden als Auslöser aggressiven Verhaltens benannt (Harris und Varney, 1986; Bensley et al., 1995; Cheung et al., 1997; Hallsteinsen et al., 1998; Morken et al., 1999; Nijman et al.; 2002b). Aggressive Vorfälle werden insbesondere in Räumen beobachtet, in denen sich Patienten gemeinsam aufhalten, und zu Tageszeiten mit wenig strukturiertem therapeutischen Angebot (Harris und Varney, 1986; Lanza et al., 1994; Morrison und Lehane, 1995; Nijman und aCampo, 2002a), allerdings wurde auch in einer anderen Untersuchung wochentags in Zeiten mit Therapieprogramm signifikant mehr aggressives Verhalten beobachtet als außerhalb dieser Zeiten (Morken et al., 1999). Strukturierte Tagesabläufe und eine klare Organisationsstruktur auf den Stationen scheinen insgesamt jedoch zu einer geringeren Frequenz und Ausprägung aggressiven Verhaltens beizutragen (Katz und Kirkland, 1990). 1.6. Aggressives Verhalten gegenüber Mitarbeitern und die Folgen Die Folgen von Angriffen auf Mitarbeiter wurden vor allem im englischsprachigen Raum untersucht. Das Verletzungsrisiko für Angestellte staatlicher psychiatrischer Krankenhäuser in den USA war höher als für Angestellte in Arbeitsfeldern mit traditionell hohem Verletzungsrisiko (Love und Hunter, 1996). Männer waren häufiger betroffen, Psychiater etwas mehr als pflegerisches Personal. Ein hoher Anteil der Vorfälle wurde auf den Stationen beobachtet und führte besonders häufig zu Kopfverletzungen (Carmel und Hunter, 1993). Eine Untersuchung aller physischen Angriffe in Minnesota, die zu Entschädigungen führten, machte deutlich, dass Angestellte im - 18 - Gesundheitssystem (health care) hinter Angestellten in Justiz und Sicherheitsdienst und in sozialen Einrichtungen an dritter Stelle der gefährdeten Berufsgruppen stehen, hier insbesondere Angestellte aus den niedrigeren Lohngruppen (McGovern et al., 2000). Bei Befragungen von Personal psychiatrischer Stationen gaben 58-88% an, Opfer aggressiven Verhaltens in den letzten 1-2 Jahren gewesen zu sein (Ernst, 1975; Caldwell, 1992; Delaney et al., 2001). Eine anzunehmende Dunkelziffer gegenüber offiziellen Dokumentationen der Angriffe von Patienten gegen Personal und der Mangel an Prävalenzschätzungen aus prospektiven Untersuchungen erschweren die Einschätzung der wahren Prävalenz (Bensley et al., 1997; Cheung et al., 1997). Die individuell geschilderten Folgen waren in den Studien sehr unterschiedlich. Neben physischen Verletzungen und psychischer Erschütterung wurden Müdigkeit, Irritierbarkeit, Intrusionen, Albträume und andere Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Substanzabusus, mehr Angst und Unsicherheit im Umgang mit Patienten, Ärger, Traurigkeit und Anspannung geschildert (Flannery et al., 1991; Murray und Snyder, 1991; Caldwell, 1992; Whittington und Wykes, 1992; Cheung et al., 1997; Richter und Berger, 2001) sowie eine erhöhte Stressreagibilität bei jüngeren und weniger berufserfahrenen Mitarbeitern (Grube, 2003). Leichte körperliche Verletzungen werden in 34-73% der Vorfälle angegeben (Flannery et al., 1991; Bensley et al., 1997), Symptome einer PTBS in 14–61% (Caldwell, 1992; Delaney et al., 2001; Richter und Berger, 2001) und in 10% waren die Kriterien einer PTBS vollständig erfüllt (Caldwell, 1992). Eine nachfolgende ärztliche Behandlung war bei 1,7-10,0% erforderlich (Palmstierna et al., 1991; Steinert et al., 1995b; Spießl et al., 1998; Richter und Berger, 2001; Miserez, 2003); arbeitsunfähig waren 5% (Richter und Berger, 2001). Nach physischen Angriffen beklagten 23% der Mitarbeiter nach einem Jahr noch eine psychische Folgesymptomatik (Ryan und Poster, 1989). Die Befragung psychiatrischen Pflegepersonals, das Augenzeuge von gewaltsamen Angriffen geworden war, ergab, dass 68% der Männer und 32% der Frauen das Gefühl hatten, versagt zu haben, nur 6% fühlten sich nachfolgend nicht beeinträchtigt (Rees und Lehane, 1996). Insgesamt sind pflegerische und therapeutische Mitarbeiter im psychiatrischen Arbeitsalltag einem erhöhten Risiko ausgesetzt, Opfer aggressiven Verhaltens von - 19 - Patienten zu werden. Psychische Störungen, wie einzelne Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung, körperliche Schäden und Zeiten von Arbeitsunfähigkeit sind in nennenswertem Ausmaß die Folge. 1.7. Verfahren zur Erfassung aggressiven Verhaltens Insbesondere in den letzten zwanzig Jahren wurden Messinstrumente zur Erfassung aggressiven Verhaltens publiziert. Bei diesen handelt es sich um Selbst- und Fremdbeurteilungsskalen. Eine übersichtliche Auflistung von Erfassungsinstrumenten kann bei Netter et al. (1995) und Steinert und Gebhardt (1998) nachgelesen werden. Da für die Fragestellung dieser Arbeit die Fremdbeurteilungsskalen relevant sind, soll lediglich auf diese eingegangen werden. Die Overt Aggression Scale (OAS) wurde 1986 von Yudofski et al. veröffentlicht. Sie besteht aus vier Skalen mit je 4 Items zu 1. verbaler Aggression, 2. tätlich autoaggressivem Verhalten, 3. tätlich aggressivem Verhalten gegen Objekte und 4. tätlich fremdaggressivem Verhalten gegen Personen. Zusätzlich werden die im Anschluss an das dokumentierte Verhalten durchgeführten Interventionen, das heißt Maßnahmen, um die Aggression zu beenden und medizinische Maßnahmen wegen Verletzungen erfasst (11 Items). Bei dieser Skala handelt es sich um eine Rangskala, ein Summenscore kann nicht bestimmt werden. Die OAS ist reliabel bei der Erfassung aggressiven Verhaltens. Mit ihr können offene verbale oder physisch aggressive Vorfälle erfasst und quantifiziert werden. Gefordert wird ein Training des Personals, um eine ausreichende Reliabilität und Validität erreichen zu können (Yudodoski et al., 1986). Eine überarbeitete Form der OAS ist die Modified Overt Aggression Scale (MOAS). Die Skalenunterteilung der OAS ist erhalten geblieben, sie wurden aber überarbeitet und ergänzt, ein Summenscore kann mit dieser Version gebildet werden. Interventionen werden nicht erfasst. Die Validität und Reliabilität der MOAS wird als gut beschrieben, insbesondere bei einem höheren Ausmaß von Aggression (Kay et al., 1988). Die Staff Observation Aggression Scale (SOAS) wurde als einfach zu handhabendes Erfassungsinstrument zur Erfassung aggressiven Verhaltens durch Pflegepersonal entwickelt und wird im Methodikteil dieser Arbeit ausführlich - 20 - beschrieben (Palmstierna und Wistedt, 1987; Nijman und Palmstierna, 2002d). Eine gute Interraterreliabilität ohne vorheriges Training und eine differenzierte Erfassung verschiedener Aspekte aggressiver Vorfälle, speziell Häufigkeit, Art der Provokation und Schwere der aggressiven Ereignisse werden berichtet (Palmstierna und Wistedt, 1987; Nijman et al., 1999a; Nijman et al., 1999b; Palmstierna und Wistedt, 2000; Nijman et al., 2002b). Eine vergleichende Erfassung aggressiven Verhaltens mit der SOAS und der Rating Scale for Aggressive Behaviour in the Elderly (RAGE) zeigte eine hochsignifikante Korrelation beider Skalen und der individuellen Items als Hinweis auf eine gute externe Validität (Shah und De, 1997). Ein Nachteil der SOAS ist die fehlende Möglichkeit zur Erfassung autoaggressiven Verhaltens. Eine revidierte Version der SOAS, die SOAS-R, wurde 1999 veröffentlicht (Nijman et al., 1999b). Zur Überprüfung der Validität der SOAS wurde dazu die Korrelation der SOAS mit der Einschätzung der Schwere des Vorfalles auf einer Visuellen Analogskala (VAS) untersucht, ohne dass Kriterien zur Einschätzung der Schwere vorgegeben wurden. Die Scores (SOAS-R mit einem Scoring von 0-22) wurden daraufhin verändert und die Erfassung autoaggressiven Verhaltens integriert. Die Schweregrade von SOAS und SOAS-R korrelieren hoch miteinander (Nijman et al., 2002b). Die Rating Scale for Aggressive Behaviour in the Elderly (RAGE) von Patel und Hope (1992) wurde speziell zur qualitativen und quantitativen Erfassung (Schwere) aggressiven Verhaltens gerontopsychiatrischer Patienten entwickelt. Sie besteht aus 21 Items mit jeweils einer 4-Punkteskala (0-3) und der Möglichkeit, einen Summenscore zu bilden. Die RAGE wird, wie bereits erwähnt, als reliables und valides Instrument beschrieben (Patel und Hope, 1992; Shah und De, 1997). Ein von Morrison (1993) entwickeltes Instrument, die Violence Scale (VS), wurde nicht vollständig veröffentlicht (Steinert und Gebhardt, 1998) und hatte in einer vergleichenden Untersuchung verschiedener Erfassungsinstrumente die schlechteste Interraterreliabilität (Steinert et al., 2000). Die Social Dysfunction and Aggression Scale (SDAS) hat das Ziel, auch weniger ausgeprägte und offensichtliche Formen von aggressivem Verhalten zu erfassen (Wistedt et al., 1990). Sie besteht aus neun Items für nach außen gerichtete Aggression und zwei Items für nach innen gerichtete Aggression mit Scores von 0-4. - 21 - Über einen Zeitraum von 3-7 Tagen wird für die behandelten Patienten im Team die Skala ausgefüllt. Für retrospektive Datenerhebungen bei psychiatrischen Patienten aus Krankenakten eignet sich der Patienten - Fremdaggressions - Index (PFI) mit 6 Items zur Quantifizierung fremd-aggressiven Verhaltens als reliables und valides Instrument (Gebhardt et al., 1997). Ein speziell für den neuropsychiatrischen Behandlungskontext von Iverson und Hughes (2000) entwickeltes Instrument ist das Problem Behavior Recording System (PBRS). Mit diesem Instrument werden sieben Kategorien - Art der Aggression, anderes problematisches Verhalten (z.B. Schreien oder Stehlen), Auslöser, Beteiligte, Verletzungen, Konsequenzen und Ort des Geschehens - erfasst. Nach einem Training der Mitarbeiter sei dieses Instrument leicht zu implementieren gewesen, und mehr Vorfälle seien identifiziert worden als mittels der offiziellen Vorfallserfassung und der Patientendokumentation. Dieses Instrument scheint besonders für ein Monitoring geeignet zu sein. Mit dem Ziel einer fokussierteren Erfassung von interpersonaler physischer Aggression/ Gewalt und versuchten Angriffen wurde die Attempted and Actual Assault Scale (ATTACKS) von Bowers et al. (2002) entwickelt. Bisher wurde dieses Instrument meines Wissens nicht veröffentlicht und in Untersuchungen im größeren Umfang noch nicht eingesetzt. Problematisch ist bei allen Instrumenten die Überprüfung der Validität bedingt durch die Problematik, dass keine allgemein gültige Operationalisierung für Aggression/ Gewalt existiert und somit insbesondere Schwellensituationen nicht klar zugeordnet werden können. Besonders erschwert ist daher die Erfassung und Bewertung von Vorfällen, in denen Verhaltensweisen von Patienten als bedrohlich wahrgenommen werden, ohne dass konkret ein physischer Angriff erfolgt. Solche Situationen sind für das Personal teilweise schwerer zu ertragen und werden als schwerwiegender eingestuft als körperliche Angriffe (Steinert und Gebhardt, 1998). Daher besteht die oben bereits erwähnte Dunkelziffer durch fehlende Erfassung von insbesondere leichteren aggressiven Vorfällen (Steinert et al., 1995b). - 22 - Für die retrospektive Erfassung aggressiven Verhaltens werden für schwerere aggressive Vorfälle MOAS und SOAS empfohlen, für autoaggressives Verhalten die MOAS und die SDAS als sensibelste Skala für leichtere aggressive Vorfälle (Steinert et al., 2000). Eine hohe Interraterreliabilität kann für MOAS und SOAS und eine mäßige für die SDAS angenommen werden (Steinert et al., 2000). Palmstierna und Wistedt (2000) empfehlen zur Evaluation aggressiven Verhaltens MOAS, SDAS, RAGE und SOAS/ SOAS-R als psychometrisch evaluierte Instrumente. Gefordert wird darüber hinaus eine genaue Beschreibung der Stichprobe, der institutionellen Rahmenbedingungen, der zeitlichen Zusammenhänge von Aggression und damit potenziell assoziierter Faktoren und der Interventionsansätze (Palmstierna und Wistedt, 2000). Die Einhaltung dieser Empfehlungen würde nach Einschätzung der Autoren zukünftig die Vergleichbarkeit erhobener Daten deutlich verbessern. - 23 - 2. Fragestellungen und Ziele der Arbeit, Hypothesen Das Ziel dieser Untersuchung war einerseits die prospektive Erfassung von Prävalenz und Charakteristika aggressiven Verhaltens über den Zeitraum eines vollen Jahres in einer psychiatrisch stationär behandelten Gesamtpopulation und andererseits die Charakterisierung der Indexpatienten sowie personenbezogener Prädiktoren. Im einzelnen sollen folgende Fragen untersucht werden: 2.1. Fremdaggressives Verhalten 2.1.1. Wie hoch ist die Prävalenz fremdaggressiven Verhaltens in einer klinischen Gesamtpopulation? Dieser Frage soll ereignis- und personenbezogen nachgegangen werden. Hypothese: Die Prävalenz liegt in einer klinischen Gesamtpopulation niedriger als in den Studien an ausgewählten Stichproben mit a priori erhöhtem Aggressionsrisiko. 2.1.2. Welche Charakteristika fremdaggressiven Verhaltens lassen sich identifizieren? Hypothese: Der Schweregrad der aggressiven Vorfälle in der klinischen Gesamtpopulation ist geringer ausgeprägt als in Untersuchungen auf ausgewählten Stationen. 2.1.3. Welche soziodemografischen, Erkrankungs- und Verlaufsmerkmale sind mit der Schwere fremdaggressiven Verhaltens assoziiert? Hypothese: Jüngeres Alter, männliches Geschlecht, die Diagnose einer Schizophrenie und häufigere Behandlungsepisoden in der Vorgeschichte gehen mit einem höheren Schweregrad fremdaggressiven Verhaltens einher. 2.1.4. Welche soziodemografischen-, Erkrankungs- und Verlaufsmerkmale unterscheiden fremdaggressive Patienten von nicht aggressiven? Hypothese: Fremdaggressive Patienten unterscheiden sich von nicht aggressiven durch jüngeres Alter, männliches Geschlecht, Leben ohne Partnerschaft/ Familie, die Diagnose einer Schizophrenie, unfreiwillige Aufnahme und häufigere Hospitalisierungen in der Vorgeschichte. - 24 - 2.1.5. In welchem Ausmaß Verlaufsmerkmale das können soziodemografische-, Auftreten von Erkrankungs- fremdaggressivem und Verhalten vorhersagen? Hypothese: Das Auftreten aggressiven Verhaltens ist insbesondere auch durch situative Faktoren mit beeinflusst, so dass die Vorhersage fremdaggressiven Verhaltens durch soziodemografische, Erkrankungs- und Verlaufsmerkmale nur in einem begrenzten Ausmaß möglich ist. 2.2. Interventionen 2.2.1. Welche Interventionen folgen fremdaggressivem Verhalten? Hypothese: Unterschiedliche Interventionen mit und ohne Ausübung von Zwang werden bei fremdaggressivem Verhalten durchgeführt. 2.2.2. Besteht ein Zusammenhang zwischen der Schwere fremdaggressiver Vorfälle und der nachfolgenden Intervention? Hypothese: Bei schwereren fremdaggressiven Verhaltensweisen werden eher Zwangsmaßnahmen durchgeführt als bei leichtgradigen. 2.2.3. Besteht ein Zusammenhang von Geschlecht, rechtlichem Status, Alter und aggressiven Episoden vor dem Indexvorfall mit der nachfolgenden Intervention bei leichten Vorfällen? Hypothese: Männliches Geschlecht, jüngeres Alter, unfreiwillige Behandlung und eine höhere Frequenz aggressiver Episoden vor dem Indexvorfall führen eher zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen. - 25 - 3. Methoden 3.1. Erhebungsinstrumente Staff Observation Aggression Scale (SOAS) Unser Ziel war, neben der Erfassung von Zwangsmaßnahmen (Fixierung, Isolierung und Zwangsmedikation), die prospektive Erfassung von aggressivem Verhalten. Um die Dunkelziffer bei der Erfassung durch eine erhöhte Schwelle bei der Nutzung des Erfassungsbogens aufgrund eines zu hohen Dokumentationsaufwands gering zu halten, strebten wir eine möglichst einfache Handhabung an. Nach Überprüfung der oben beschriebenen existierenden Instrumente zur Erfassung aggressiven Verhaltens (OAS, MOAS, SOAS, VS, SDAS) entschieden wir uns für den Einsatz der Staff Observation Aggression Scale (SOAS), deren revidierte Fassung zu Beginn noch nicht veröffentlicht war. Für die SOAS sprachen die einfache Handhabung und die Übersichtlichkeit dieses Erfassungsinstrumentes. Die SOAS ist ein reliables und m. E. valides Erfassungsinstrument mit hoher Interraterreliabilität und einer mittlerweile häufigen Anwendung insbesondere im europäischen Raum (Palmstierna und Wistedt, 1987; Grassi et al., 2001; Soliman und Reza, 2001; Nijman et al., 2002b; Nijman et al., 2002c; Omérov et al., 2002; Finzel et al., 2003, Heinze et al., 2005). Die SOAS erfasst das Ausmaß und die Häufigkeit von aggressivem Verhalten bei psychiatrischen Patienten. Systematisiert werden fremdaggressive Ereignisse mittels operationalisierten Kriterien für das Ausmaß des aggressiven Vorfalles dokumentiert. Der Bogen ist übersichtlich und erfasst nicht nur tätliches sondern auch verbal fremdaggressives Verhalten. Die fünf Spalten sind unterteilt in 1. Auslöser der aggressiven Handlung, 2. vom Patienten benutzte Mittel, 3. Ziel der Aggression, 4. Konsequenz(en) für das/ die Opfer und 5. Interventionen zur Beendigung der Aggression. Die Spalten 2-4 beschreiben den aggressiven Vorfall im engeren Sinne, das heißt, bei diesen erfolgt ein Scoring auf einer Fünf-Punkte Likert-Skala (von 0-4). Bei Gesamtpunktwerten von 1-5 handelt es sich um einen leichten Vorfall, bei 6-8 um einen mittelgradig schweren und bei ≥9 um einen schweren Vorfall. Zusätzlich kann der Bogen für Untersuchungen zu den Anlässen von aggressiven Vorfällen und den Konsequenzen genutzt werden. Eine gute Interraterreliabilität ist auch ohne - 26 - vorheriges Training bzw. Einführung in den Bogen gezeigt worden (Palmstierna und Wistedt, 1987; Steinert et al., 2000). Wir übersetzten den Bogen ins Deutsche und ergänzten für unsere Erfassung in der Spalte „Ziel der Aggression“ das Geschlecht des Opfers. Da in unserer Klinik weitere als die im Originalbogen aufgeführten Interventionen (Gespräch mit dem Patienten, ruhiges Wegbegleiten des Patienten, perorale und parenterale Medikation und Festhalten des Patienten) praktizeirt wurden, ergänzten wir diese (Zwangsmedikation, Isolierung, Fixierung und Einzelbetreuung) in der Spalte „Interventionen zur Beendigung der Aggression“. Diese Version der SOAS ist Teil eines Formulars, auf dem zusätzlich die zuständige Station, die rechtliche Situation, der Ort des Vorfalles, eine kurze zusammenfassende Beschreibung des Vorfalles, die anwesenden Mitarbeiter auf Station und autoaggressive Vorfälle mit einer kurzen freien Beschreibung erfasst werden (siehe Anlage). Interraterreliabilität Zur Prüfung der Interraterreliabilität wurden zehn fremdaggressive Vorfälle, die durch mindestens zwei Mitarbeiter beobachtet worden waren, durch diese unabhängig voneinander auf dem Erfassungsbogen dokumentiert. Die Interraterreliabilität Korrelationskoeffizienten war gut ICC=.87 bis für sehr den gut mit Gesamtscore einem der Intraclass- SOAS (95% Konfidenzintervall CI=.50-.97). Die Intraclasskoeffizienten der drei Subskalen waren .94 (benutzte Mittel, 95% - CI=.75-.99), .82 (Ziele, 95% - CI=.27-.96) und .97 (Konsequenzen, 95% - CI=.89-.99). Basisdokumentation Die soziodemografischen-, erkrankungsbezogenen- und verlaufsbezogenen unten aufgeführten untersuchten Merkmale wurden mit einer leicht modifizierten Version der psychiatrischen Basisdokumentation (BADO) erfasst. Bei der BADO handelt es sich um ein von der DGPPN empfohlenes Instrument zur Qualitätssicherung im (teil-) stationären Bereich (Cording et al., 1995). Sie wird von den fallverantwortlichen Ärzten bzw. Psychologen ausgefüllt. In der BADO fehlende Daten wurden den Krankenakten entnommen. - 27 - 3.2. Umfeld und Durchführung der Studie Umfeld: Kurzbeschreibung der Klinik Die Untersuchung erfolgte an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bethel die für die Pflichtversorgung der Stadt Bielefeld zuständig ist. Für den stationären Bereich standen im Jahr 2000 274 Betten in drei Abteilungen zur Verfügung: Allgemeine Psychiatrie, Abhängigkeitserkrankungen und Gerontopsychiatrie. Die allgemeinpsychiatrische Abteilung arbeitete auf sechs Stationen nach dem Sektorprinzip, das heißt, für den Sektor Ost der Stadt waren 2 Stationen mit jeweils 18 Betten zuständig, für den Sektor West 2 Stationen mit 19 bzw. 16 Betten und für den Sektor Süd 2 Stationen mit 16 bzw. 12 Betten. Die Sektorstationen behandelten insbesondere Patienten mit Schizophrenie, schizoaffektiver und bipolarer Störung (Manie) und Patienten in Krisen mit akuter Selbst- bzw. Fremdgefährdung. Ein erklärtes Ziel der Sektorstationen war die Öffnung der Stationen. Für jeden Sektor existierte eine fakultativ schließbare Station. Zwei weitere Stationen arbeiteten mit spezialisierten Behandlungsangeboten. Die Station A7 mit 12 Betten für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung und Patienten in aktuellen Krisensituationen und die Station A8 mit 18 Betten für Patienten mit Depressionen. Die allgemeinpsychiatrische Abteilung wurde im April 2000 um eine Station (16 Betten) erweitert. Sie nahm in den Räumen einer ehemaligen Station der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen ihre Arbeit auf. Dort wurde das bisher fehlende therapeutische Angebot für Patienten mit Angst- und Zwangsstörungen und psychosomatischen Störungen eingerichtet. Im September 2000 erhielt eine der Sektorstationen den Auftrag, ein therapeutisches Angebot für ältere Menschen mit depressiven Störungen bereitzustellen, die einen geringen (somatischen) Pflegebedarf aufweisen. Hierzu wurde die Station aus der Sektorversorgung des Ostens ausgegliedert, nachdem sich herausstellte, dass der Versorgungsbedarf des Sektors durch nur eine Station inklusive eines Intensivbereiches mit insgesamt 23 Betten ausreichend gedeckt war. Die Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen bestand aus fünf Stationen, von denen drei ebenfalls nach dem Sektorprinzip arbeiteten, zwei Stationen mit jeweils 23 - 28 - Betten, eine mit 18 Betten. Auf diesen Stationen wurden insbesondere Patienten mit Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit behandelt. Zwei Stationen mit jeweils 16 Betten arbeiteten mit dem Schwerpunkt der Behandlung drogenabhängiger Patienten. Bei diesem Angebot der Klinik zeigte sich, dass zwei Stationen für die Behandlung drogenabhängiger Patienten einem Überangebot entsprachen und eine Station nicht ausgelastet war. Daher wurde diese Station im Frühjahr 2000 aufgelöst (siehe oben). Die Abteilung für Gerontopsychiatrie arbeitete mit den drei Stationen F1 - F3 ebenfalls sektorisiert mit 18, 16 und 15 Betten. Dort wurden die Patienten ab dem 60. Lebensjahr behandelt. Darüber hinaus stellten die Versorgung in jedem allgemeinpsychiatrischen Sektor jeweils eine allgemeinpsychiatrische Tagesklinik sicher und für die Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen und Gerontopsychiatrie jeweils eine sektorübergreifend zuständige Tagesklinik. Die Institutsambulanz ergänzte das Behandlungsangebot. Die Einteilung der Sektoren ist abgestimmt auf die Sektorgrenzen im Gemeindepsychiatrischen Verbund in enger Kooperation mit den komplementären Diensten. Der Bettenschlüssel ist mit 0,84 Betten je 1000 Einwohner relativ hoch (274 Betten bei 325000 EW). Die Stationen hatten durchschnittlich 17,13 Betten. Eine Besonderheit in den Versorgungsstrukturen ist die Zuständigkeit für die stationäre Behandlung eines großen Heimbereiches (Epilepsie, Behindertenhilfe, Psychiatrie). Die Klinik war mit einer Belegung von 94.8% ausgelastet. Durchführung der Studie Nach Ankündigung des Vorhabens in Ärztebesprechungen, Stationsleitungsrunden, Abteilungskonferenzen und in den Konzeptgesprächen der Stationen und einer Erprobungsphase auf ausgewählten Stationen wurde das Instrument ab dem 01.01.2000 auf den o. g. Stationen eingeführt. Prospektiv wurden auf allen Stationen die aggressiven Vorfälle für die Dauer von 12 Monaten (01.01.2000–31.12.2000) erfasst. - 29 - Die Bögen wurden nach jeder auto- und fremdaggressiven Handlung durch Patienten von einem Mitarbeiter, der diesen Vorfall beobachtet hatte, ausgefüllt. Neben dem konkret beobachteten aggressiven Verhalten war bei non-verbal und verbal aggressivem Verhalten ein Kriterium für die Entscheidung, einen Bogen auszufüllen, das Gefühl der Bedrohung bei dem anwesenden Mitarbeiter. Damit sollte dem interaktionellen Merkmal aggressiven Verhaltens Rechnung getragen werden. Das Ausfüllen erfolgte sobald wie möglich nach dem Vorfall, in der Regel in derselben Schicht, in der der Vorfall auftrat, seltener am nächsten Tag. Nach dem Ausfüllen wurde der Bogen an die Sekretariate der ärztlichen Leitung und der Pflegedienstleitung gefaxt, damit diese über den Vorfall informiert waren. Vom Sekretariat der ärztlichen Leitung wurde das Formular an die Abteilung für Forschung, Qualitätssicherung und Dokumentation zur statistischen Erfassung weitergeleitet. Bei notwendigen Rückfragen bezüglich fehlender, uneindeutiger oder missverständlicher Angaben wurde ich informiert und überprüfte im Gespräch mit den Mitarbeitern und aus den Eintragungen in der Patientenakte die Informationen, die noch ergänzt werden mussten. Bei jedem Bogen erfolgte durch mich und einen Mitarbeiter der Abteilung für Forschung, Qualitätssicherung und Dokumentation unabhängig voneinander eine Plausibilitätsprüfung. Bei der Auswertung der Erfassungsbögen auf der Ereignisebene fielen folgende Besonderheiten auf: • Bei 7 Bögen (4 Personen) führte das Abhalten von autoaggressiven Handlungen zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen und bei deren Durchführung kam es dann zu fremdaggressivem Verhalten. Diese Vorfälle wurden den fremdaggressiven Vorfällen zu geordnet. • Bei einem Vorfall kam autoaggressives und fremdaggressives Verhalten gemeinsam vor. Da das fremdaggressive Verhalten im Vordergrund stand, ging er in die fremdaggressiven Vorfälle ein. - 30 - 3.3. Statistik Die als Paper – Pencil - Version ausgefüllten Erhebungsbögen wurden in eine SPSSDatendatei übertragen. Die Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS, Version 10.1. Auf der Ereignisebene wurden die fremdaggressiven Vorfälle deskriptiv ausgewertet. Gruppenvergleiche (Indexgruppe der aggressiven Patienten als Gruppe 1, alle nicht aggressiven Patienten als Gruppe 2 und eine nach Geschlecht, Alter und Diagnose parallelisierte Vergleichsgruppe als Gruppe 3) wurden mit univariaten statistischen Methoden, CHI - Quadrat- und t - Tests, und bei der Untersuchung des Zusammenhangs von Patientenmerkmalen mit der Schwere des Indexvorfalls zusätzlich ANOVA (einfaktoriell) und Pearson - Korrelation, durchgeführt. Die Analyse der Prädiktoren erfolgte mit der binären logistischen Regressionsanalyse. Mit dem Verfahren der binären logistischen Regression wird die Abhängigkeit einer dichotomen Variable (hier aggressive versus nicht aggressive Patienten) von unabhängigen Variablen untersucht und die prädiktive Kraft der unabhängigen Variablen geprüft. Dazu wurden die ausgewählten unabhängigen Variablen dichotomisiert und nach der Vorwärts - Methode (Wald) schrittweise in die logistische Regression eingeführt. Für die Prüfung der Modellgüte wurde der Hosmer – Lemeshow - Test (Goodness – of - Fit Statistik) durchgeführt. 3.4. Stichprobe 3.4.1. Gesamtkollektiv 2246 Patienten wurden im Jahr 2000 in unserer Klinik aufgenommen, 36 Patienten mussten wegen fehlender Daten aus der Auswertung ausgeschlossen werden. Die verbleibenden 2210 Patienten wurden in die Gesamtstichprobe aufgenommen mit insgesamt 4320 Behandlungsepisoden. Demografische und klinische Daten können der Tab. 3 entnommen werden. 3.4.2. Untersuchungsgruppe und Kontrollgruppe Die mit der SOAS erfassten Daten wurden personenbezogen ausgewertet, um zu vermeiden, dass durch wiederholtes aggressives Verhalten einzelner Patienten diese die Ergebnisse einseitig beeinflussen. - 31 - 171 Personen, bei denen mindestens ein fremdaggressiver Vorfall erfasst wurde, bildeten die Index-Stichprobe (Gruppe 1). Der im Jahr 2000 zuletzt ausgefüllte Bogen markiert den Indexvorfall. Die vorausgegangenen Vorfälle wurden zusätzlich erfasst und bildeten die Basis für die ereignisbezogene Auswertung. Alle anderen Patienten ohne aggressiven Vorfall (N=2039) bildeten die Kontrollgruppe (Gruppe 2). Um den Einfluss zahlreicher potenzieller Merkmale, die hier nicht untersucht wurden, zu reduzieren, wurde aus der Gruppe 2 zusätzlich eine zur Index-Stichprobe gematchte Kontrollgruppe (Gruppe 3) gebildet. Parallelisierungskriterien waren: Geschlecht, Diagnose, Alter in Fünfjahres-Altersgruppen, Abteilung des Zentrums. 3.5. Untersuchte Variablen Für den Vergleich der Indexpatienten und der parallelisierten Kontrollgruppe wurden neben den direkt erhobenen Variablen zusätzliche Daten aus den Krankenakten erhoben. Für den Gruppenvergleich der Gruppen 1 und 2 wurden folgende Variablen untersucht. Soziodemografische Merkmale: Alter, Geschlecht, Nationalität (Deutsch ja/ nein), Familienstatus (allein stehend, verheiratet, getrennt/ geschieden, verwitwet), Wohnsituation (Privatwohnung, ambulant betreute Wohnform, Heimunterbringung, Obdachlosigkeit). Erkrankungsbezogene Merkmale: Diagnosen (ICD 10) als Einzelvariable jeweils von F0 bis F7 (ja/ nein), Anzahl bisheriger stationärer Aufenthalte ab dem Jahr 1988 in unserer Klinik (die PC gestützte Dokumentation erfolgte erst ab diesem Zeitpunkt zuverlässig), Alter bei der ersten Aufnahme ab 1988 (Differenz aktuelles Jahr minus Erstaufnahmejahr ab 1988). Behandlungs- und Verlaufsmerkmale: Zeit von der stationären Aufnahme bis zum Indexvorfall, Einweisungsmodus, Beteiligte bei der Aufnahme, rechtlicher Status bei der Aufnahme (freiwillig ja/ nein), Dauer der letzten stationären Behandlung im Jahr 2000, bisherige aggressive Vorfälle während der stationären Behandlungsepisoden im Jahr 2000. - 32 - Für den Vergleich der Gruppen 1 und 3 wurden bei den soziodemografischen Merkmalen zusätzlich die berufliche Situation bei Aufnahme und der finanzielle Unterhalt des Patienten untersucht. - 33 - 4. Ergebnisse 4.1. Fremdaggressives Verhalten 4.1.1. Prävalenz Im Jahr 2000 verhielten sich 171 Patienten von 2210 aufgenommenen Patienten (7.7%) fremdaggressiv Durchschnittlich und entfielen verursachten 2,6±3,4 441 dokumentierte fremdaggressive Ereignisse Ereignisse. auf einen Indexpatienten mit einer Spannweite von 1-31 Vorfällen. Dies entspricht bei einer 95%igen Bettenauslastung einer Rate von 1,69 pro belegtem Bett und Jahr. Eine differenzierte Berechnung bezogen auf die Stationen ergab deutliche Prävalenzunterschiede. Auf den spezialisiert psychotherapeutisch ausgerichteten allgemeinpsychiatrischen Stationen (Schwerpunkte: Depression, Psychosomatik, Emotional instabile Persönlichkeitsstörung, psychosoziale Krisen) waren 0,12 aggressive Vorfälle pro Bett und Jahr zu verzeichnen, auf den Stationen für Abhängigkeitserkrankungen 0,83, auf den gerontopsychiatrischen Stationen 1,27 und auf den allgemeinpsychiatrischen Sektorstationen 3,2 (Schwerpunkt: psychotische Störungen). Häufigkeit der Vorfälle pro Patient Die Verteilung der Vorfälle (Tab. 1) macht deutlich, dass eine relativ kleine Patientengruppe von 8,2% (n=14) 6 mal und häufiger fremdaggressiv war und mit 38,8 % für einen großen Teil der Vorfälle verantwortlich. Patienten n=171 Vorfälle n=441 % 88 51,5 1x 69 40,4 2–5 x 14 8,2 ≥6 x Tab. 1: Häufigkeit der Vorfälle auf der Patientenebene % 19,9 41,3 38,8 4.1.2. Charakteristika Auslöser In 34,7% (n=153) aller 441 aggressiven Vorfälle konnte ein Auslöser für das aggressive Verhalten nicht beobachtet werden. Unter den sonst genannten Auslösern - 34 - wurden, wie unten aufgelistet, insbesondere Konflikte zwischen dem betroffenen Patienten und Mitpatienten oder Mitarbeitern (34,7%) genannt. Auslöser für das aggressive Verhalten Häufigkeit % Nicht nachvollziehbar 34,7 Konflikt mit Mitpatienten 13,4 Personal verlangt Medikamenten- 7,0 einnahme Pat. verneint etwas/ will etwas nicht 10,2 Pflegerische Tätigkeiten 4,1 Andere Gründe 30,6 Art der aggressiven Handlung Bei 24,0% (n=106) der dokumentierten Vorfälle (n=441) wurde nur verbal aggressives Verhalten beobachtet und bei 75,0% (n=331) physisch aggressives Verhalten. Bei 49,0% (n=216) kam es dabei zur aggressiven Handlung durch Körperteile, bei 21,5% (n=95) durch verfügbare Gegenstände und bei 4,5% (n=20) durch gefährliche Gegenstände. Ziel der Aggression Gegenstände waren bei 6,3% (n=28) der Vorfälle Ziel der Aggression. In 66,4% (n=293) der Fälle waren Teammitglieder das Ziel aggressiver Handlungen, in 21,8% (n=96) Mitpatienten, in 3,6% (n=17) andere Personen und in 1,8% (n=8) war kein Ziel für die aggressive Handlung erkennbar. Konsequenzen für das Opfer In 12% (n=53) der Fälle wurden keine Sachschäden oder Verletzungen beobachtet. Bei 74,6% (n=329) der Fälle kam es entweder zu Sachschäden oder die betroffenen Personen erlebten ein Gefühl von Bedrohung oder einen kurzen Schmerz ohne sichtbare Verletzung. Bei 5,4% (n=24) der Fälle kam es zu einer sichtbaren Verletzung. Nach 4,3% (n=19) der Vorfälle war eine medizinische Behandlung der Opfer erforderlich, in keinem Fall kam es zu bleibenden physischen Schäden. - 35 - Durchschnittlicher Schweregrad Die SOAS sieht eine Schweregradeinteilung des Vorfalles vor, die Werte von 1-12 annehmen kann. Die durchschnittliche Schwere der Vorfälle betrug 5,40±1,49. Dabei fiel auf, dass der Schweregrad bei den weiblichen Patienten (5,52±1,48) nicht niedriger lag als bei den männlichen (5,32±1,49; T=1,405, p=.161). Die prozentuale Verteilung des Schweregrades der Vorfälle gibt die Tab. 2 wieder. Geschlecht % SOASSchweregrad männlich weiblich (SOAS-Score) Leicht (1-5) 62,6 55,4 Mittelgradig (6-8) 33,0 41,7 Schwerwiegend (94,4 3,0 12) Tab. 2: SOAS-Schweregrad, N=441 Vorfälle Gesamt % 59,9 36,3 3,9 Eine Umrechnung der Werte in die Systematik der revidierten Fassung SOAS-R (Werte 0-22) ergab keine andere Bewertung, durchschnittlich lag der Schweregrad hier bei 12,39±3,94, für Patienten bei 12,13±3,79 und für Patientinnen bei 12,80±4,15. Zeitliche Merkmale fremdaggressiven Verhaltens In Abb. 1 wird eine höhere Frequenz von fremdaggressiven Ereignissen in den Monaten Januar - März und im Dezember deutlich, in diesen 4 Monaten ereigneten sich 48.7% der dokumentierten Vorfälle. 16,0% 14,0% 12,0% 14,5 12,5 11,3 10,0% 10,4 8,0% 7,0 7,5 7,5 6,0% 6,3 4,8 4,0% 6,6 6,8 10 11 4,8 2,0% 0,0% 1 2 3 4 5 6 7 8 9 12 Abb. 1: Verteilung der Vorfälle auf die Monate 1-12, N=441 - 36 - Bei der Auswertung des zirkadianen Ablaufs (Abb. 2) wurden in den Zeiten der Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr (6,6% aller Ereignisse) und in den Nachtzeiten von 23 bis 7 Uhr nur wenige fremdaggressive Vorfälle beobachtet (12,7%), deutliche Spitzen fanden sich dagegen vormittags zwischen 9 und 13 Uhr (25,9%) und am Nachmittag und Abend zwischen 15 und 22 Uhr (44,5%). 10,0% 8,9 8,0% 8,0 6,8 6,0% 6,6 6,4 6,2 5,9 5,5 5,2 4,0% 4,1 5,7 5,2 4,1 3,4 2,7 2,0% 1,8 2,1 1,4 1,6 1,6 2,5 2,3 1,8 0,0% 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Abb.: 2: Tageszeit der Vorfälle 0-24 Uhr, N=441 Der durchschnittliche Zeitraum zwischen Aufnahme und Indexvorfall (N=171) lag bei 21,08±38,52 Tagen (Range 0-295). 51,5% der Vorfälle fanden in der ersten Woche nach der Aufnahme statt. 4.1.3. Zusammenhang zwischen Patienten- und Erkrankungsmerkmalen und dem Schweregrad der Vorfälle Bei der Untersuchung des Zusammenhangs von Patientenmerkmalen und der Schwere des Indexvorfalls ergaben sich keine Zusammenhänge mit dem Geschlecht (T=-1,552, p=.123), Alter (r=.095, p=.219), Staatsangehörigkeit (T=1,180, p=.240), Familienstand (F=0,402, p=.752), der Wohnsituation (F=1,228, p=.301), der beruflichen Situation (F=0,256, p=.774), der Diagnose (F=1,076, p=.379), der Einweisung durch nichtärztliche Stellen (F=0,797, p=.529), den beteiligten ärztlichen Zuweisern (F=1,301, p=.235), der Anzahl der aggressiven Vorfälle vor dem Indexvorfall (r=.131, p=.087) und der Dauer der Behandlung (r=.014, p=.853). - 37 - 4.1.4. Vergleich von Patienten mit und ohne fremdaggressives Verhalten Bei 171 Patienten (7,7% aller Patienten) wurde zumindest einmal fremdaggressives Verhalten beobachtet. Vergleich der Indexpatienten mit allen Patienten ohne fremdaggressives Verhalten: Diese Indexpatienten waren im Vergleich zu allen anderen Patienten (Gruppe 2) jünger, häufiger allein stehend und lebten seltener in einer Privatwohnung und häufiger im Heim (Tab. 3). Gesamtstichprobe GruppenUnterschiea de Signifikanz Chi2=2,6 p=.11 Männlich (%) n=2210 55,5 Gruppe 1 Gruppe 2 Indexpatien alle ten anderen Pat. n=171 n=2039 61,4 55,0 Alterb (MW±SD) 46,9±18,4 42,1±5,6 47,3±18,5 T=4,1 < 40 Jahre (%) 44,0 55,6 43,1 Chi2=103,1 p<.001 Deutsche Staatsangehörigkeit (%) 94,5 91,8 94,8 Chi2=2,6 p=.11 Familienstand (%) n=1406 n=171 n=1235 Allein stehend Verheiratet Getrennt/ Geschieden Verwitwet Wohnsituationb (%) 54,3 27,3 68,4 19,3 52,3 28,4 11,7 6,7 9,4 2,9 12,1 7,2 77,0 4,7 13,6 60,2 5,8 27,5 78,5 4,6 12,3 Privatwohnung Betreutes Wohnen Heim Ohne Wohnung/ Obdachlosenunterkunft Tab. 3: Vergleich der 2 Chi =16,8 p<.001 p=.001 df=3 2 Chi =35,0 p<.001 df=3 4,8 6,4 4,6 Indexpatienten mit allen Patienten ohne fremdaggressives Verhalten a Chi2-Werte mit df=1, wenn nicht anders angegeben; bVariablen u./o. Kategorien, die in die logistische Regression Gruppe 1 versus 2 (Tab. 5) eingingen - 38 - Gesamtstichprobe ICD-10 Diagnose b (%) n=2210 Gruppe 1 Gruppe 2 Indexpatien alle ten anderen Pat. n=171 n=2039 n=2180 n=171 GruppenUnterschiea de n=2009 2 Chi =90,7 F0: Organische Störungen F1: Störungen durch psychotrope Substanzen F2: Schizophrene, schizotype u. wahnhafte Störungen F3: Affektive Störungen F4: Neurot., Belastungs- u. somato forme Störungen F6: Persönlichkeitsstörungen Andere Anzahl früherer psych. stat. b Behandlungen (MW ±SD) Alter bei b,c Erstaufnahme (MW±SD) Ärztliche Einweisung durch (%) - Psychiatrische Amb bulanz - Niedergelassner b Arzt - Ärztl. Notdienst - Ohne - Ärztlicher Dienst d. b Heimbereichs - Sozialpsychiatrischer Dienstb Fortsetzung Tab. 3: Signifikanz p<.001 df=6 7,5 5,3 7,7 41,8 24,6 43,3 23,5 50,9 21,2 10,7 5,3 11,2 9,2 2,9 9,8 4,6 2,6 3,2±10,9 7,0 4,1 16,8±26,9 4,4 2,5 2.0±7,3 T=7,1 p<.001 45,0±18,6 36,6±15,8 45,7±18,7 T=7,1 p<.001 2 Chi =56,3 23,4 10,5 p<.001 24,6 df=5 26,4 2,9 20,3 16,4 2,3 21,1 27,3 2,9 20,2 20,0 33,3 18,8 7,0 16,4 6,2 Vergleich der Indexpatienten mit allen Patienten ohne fremdaggressives Verhalten - 39 - Gesamtstichprobe GruppenUnterschiea de n=2210 Gruppe 1 Gruppe 2 Indexpatien alle ten anderen Pat. n=171 n=2039 3,1 1,8 3,2 Chi =88,9 60,2 6,2 31,6 5,3 62,8 6,3 df=4 9,8 23,4 8,6 20,6 85,6 36,0 62,6 19,0 87,5 Signifikanz Einweisung durch nicht-ärztliche Stellen (%) - Ohne - Angehörige, Beb kannte - Beratungsstellen - Sozialpsych. Dienst o. Krisendienst b u./o. Polizei - Mitarbeiter d. Heimbereichs b Freiwillige Aufnahmeb (%) 2 Chi2=79,3 p<.001 p<.001 28,2±40,9 64,2±85,6 25,0±2,4 T=6,0 Dauer der letzten p<.001 stat. Behandlung in 2000 (MW±SD) Fortsetzung Tab. 3: Vergleich der Indexpatienten mit allen Patienten ohne fremdaggressives Verhalten Die Indexpatienten unterschieden sich im diagnostischen Spektrum durch eine höhere Rate an schizophrenen Erkrankungen und eine niedrigere Rate an Abhängigkeitserkrankungen und affektiven Störungen. Darüber hinaus waren sie in der Vorgeschichte häufiger stationär in unserer Klinik behandelt worden und bei der ersten Hospitalisierung etwa 9 Jahre jünger. Die Einweisung bei der Indexaufnahme (letzte Aufnahme im Jahr 2000) war häufiger durch den Sozialpsychiatrischen Dienst und den psychosozialen Krisendienst veranlasst worden, die für Zwangseinweisungen zuständig sind. Entsprechend geringer war die Rate an freiwilligen Aufnahmen. Vergleich der Indexpatienten mit der parallelisierten Kontrollgruppe: Diese parallelisierte Kontrollgruppe (siehe Abschnitt Methodik) wurde gebildet, um mögliche Besonderheiten der Indexgruppe spezifischer herauszuarbeiten. Im Vergleich zu dieser Kontrollgruppe (Gruppe 3) waren die Indexpatienten häufiger ohne berufliche Beschäftigung und bezogen häufiger Sozialhilfe, in weiteren - 40 - soziodemografischen Merkmalen unterschieden sich die beiden Gruppen nicht (Tab. 4). Gruppe 1 Gruppe 3 Indexpatient gematchte en Kontrollgruppe n=171 n=171 61,4 61,4 Gruppenuna terschiede (1 versus 3) Signifikanz Gematcht - Alter (MW + SD) <40 years (%) Deutsche Staatsangehörigkeit (%) Familienstand (%) 42,1±15,6 55,6 91,8 42,2±15,7 56,1 95,9 Gematcht p=.12 Alleinstehend Verheiratet Getrennt/ Geschieden Verwitwet Wohnsituation (%) 68,4 19,3 9,4 2,9 67,1 18,8 10,6 3,5 Chi =0,3 Privatwohnung Betreutes Wohnen Heim Ohne Wohnung/ Obdachlosenunterkunft Berufliche Situation (%) 60,2 5,8 27,5 70,2 7,6 19,3 Chi =6,4 6,4 2,9 64,3 9,9 9,4 2,3 11,7 2,3 48,5 13,4 10,5 7,0 17,5 2,9 Männlich (%) c Arbeitslos Vollzeit / Teilzeit Beschützt beschäftigt Ausbildung Rente/ Pension Andere / Unbekannt Lebensunterhalt (%) Chi2=2,5 2 p=.97 df=3 2 p=.09 df=3 2 Chi =11,1 p<.05 df=5 2 Berufstätigkeit p=.003 12,9 17,4 Chi =16,0 Arbeitslosengeld/-hilfe 3,5 12,6 c df=4 Sozialhilfe 49,7 32,9 Unterhalt durch Familie 7,6 7,2 Rente/ Pension 26,3 29,9 Tab. 4: Vergleich der Indexpatienten mit der parallelisierten Kontrollgruppe ohne fremdaggressives Verhalten a Chi2-Werte mit df=1, wenn nicht anders angegeben; cVariablen u./o. Kategorien, die in die logistische Regression Gruppe 1 versus 3 (Tab. 6) eingingen - 41 - ICD-10 Diagnose (%)c F0: Organische Störungen F1: Störungen durch psychotrope Substanzen F2: Schizophrene, schizotype u. wahnhafte Störungen F3: Affektive Störungen F4: Neurot., Belastungsu. somatoforme Störungen F6: Persönlichkeits störungen Andere Anzahl früherer psych. c stat. Behandlungen (MW±SD) Alter bei Erstaufnahmec (MW±SD) Ärztliche Einweisung durch (%) 2 5,3 5,3 Chi =1,8 24,6 23,4 df=6 50,9 5,3 53,8 5,3 Parallelisierungskriterium 2,9 2,9 7,0 4,1 16,8±26,9 7,6 1,8 8,8±15,7 T=3,4 p=.001 36,6±15.8 37,9±15,9 T=0,73 p=.47 - Psychiatrische Ambulanz c - Niedergelassner Arzt - Ärztl. Notdienst - Ohne - Ärztlicher Dienst d. Heimbereichs - Sozialpsychiatrischer Dienst Einweisung durch nichtärztliche Stellen (%) 10,5 16,4 2,3 21,1 18,9 23,1 1,8 23,1 Chi =13,4 2 p=.02 33,3 25,4 16,4 7,7 - Ohne c - Angehörige, Bekannte - Beratungsstellen - Sozialpsych. Dienst o. Krisendienst u./o. Polizeic - Mitarbeiter d. Heimbereichs Freiwillige Aufnahmec (%) 1,8 31,6 5,3 1,2 58,0 4,1 23,4 8,9 36,0 62,6 27,8 84,2 Chi2=20,5 p<.001 64,2±85,6 28,0±45,3 T=4,9 p<.001 c Dauer der letzten stat. Behandlung in 2000 (MW±SD) Fortsetzung Tab. 4: Vergleich der df=5 2 Chi =27,4 - 42 - p<.001 df=4 Indexpatienten Kontrollgruppe ohne fremdaggressives Verhalten p=.94 mit der parallelisierten Das Alter bei der Erstaufnahme in unsere Klinik war in beiden Gruppen vergleichbar, die Indexpatienten zeigten allerdings in der Vorgeschichte mehr stationäre Behandlungsepisoden und wurden häufiger gegen Ihren Willen aufgenommen (Bezugszeitpunkt: letzte Aufnahme im Jahr 2000). Die Dauer der letzten Behandlungsepisode der Indexpatienten im Jahr 2000 war doppelt so lang wie diejenige der Patienten der Kontrollgruppe. 4.1.5. Prädiktoren Die Analyse mittels binärer logistischer Regression wurde analog dem obigen Vorgehen zunächst für die Zugehörigkeit zu Gruppe 1 (Indexpatienten) oder Gruppe 2 (alle übrigen Patienten) als abhängiger Variable durchgeführt (Tab. 5). Beta SE Wald df=1 14,93 7,40 30,41 Sign. Odds Ratio <.001 1,07 .007 2,15 <.001 0,90 1,04–1,11 1,24–3,73 0,87–0,94 1,05 1,04–1,07 2,93 1,70–5,04 4,80 1,15–10.,2 0,36 0,16–0,80 3,32 3,57 2,85 2,11–5,24 1,50–8,54 1,94–4,20 Alter (bei Vorfall) 0,70 0,02 Unterbringung im Heim 0,77 0,28 Alter bei psych. -0,10 0,02 Erstaufnahme Anzahl früherer psych. stat. 0,05 0,01 48,23 <.001 Behandlungen Einweisung durch 1,07 0,28 15,05 <.001 Krisendienst Einweisung durch 1,57 0,41 14,66 <.001 Heimmitarbeiter Einweisung durch ärztl. -1,04 0,42 6,22 <.013 Dienst des Heimbereichs Unfreiwillige Aufnahme 1.20 0,23 26,65 <.001 Organische Störung 1,27 0,44 8,21 .004 Schizophrene, 1,05 0,20 28,29 <.001 schizoaffektive, schizotype, wahnhafte Störungen Konstante -2,92 0,31 87,81 <.001 Tab. 5: Prädiktorvariablen: Indexpatienten mit aggressivem 95% - CI 0,05 Verhalten (Gruppe 1) versus alle anderen Patienten mit logistischer Regression, n=2180 Omnibus-Test: Chi2=350,0; df=10, p<.001; Nagelkerkes’ R2=0,35; 10 Iterationen; Hosmer-Lemeshow Test: Chi2=9,55; df=8, p=.30; Korrekte Vorhersage: Gesamte Patientengruppe in 92,2%, Indexgruppe in 22,8%, Gruppe 2 in 98,9% - 43 - Die Unterbringung in einem Heim (Odds Ratio, OR=2,15), die Beteiligung des psychosozialen Krisendienstes (OR=2,93) oder des Heimpersonals (OR=4,80) an der Einweisung/ Aufnahme und eine unfreiwillige Aufnahme (OR=3,32) zeigten sich als bedeutsame Risikofaktoren. Diagnostisch wiesen Patienten mit den Diagnosegruppen F0 (Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen) und F2 (Schizophrenie, schizoaffektive, schizotype und wahnhafte Störungen) mit einer OR von 3,57 bzw. 2,85 ein deutlich erhöhtes Risiko für die Zugehörigkeit zu der Gruppe 1 mit fremdaggressivem Verhalten auf. Die Einweisung durch einen für den Heimbereich zuständigen Arzt scheint dagegen zu einer Reduktion des Risikos beizutragen (OR=0,36), ebenso, wenn auch in geringem Ausmaß, ein höheres Alter bei der ersten stationären Aufnahme (OR=0,90). Die logistische Regressionsanalyse mit der Zugehörigkeit zur Indexgruppe (Gruppe 1) oder zur gematchten Kontrollgruppe (Gruppe 3) als abhängiger Variable zeigte die unfreiwillige Aufnahme als höchsten Risikofaktor (OR=3,06) für die Zugehörigkeit zur Indexgruppe. Unter den soziodemografischen Merkmalen war lediglich eine fehlende Beschäftigung ein weiterer Risikofaktor (OR=1,94). Die Beteiligung von Angehörigen oder Bekannten bei der Aufnahme schien zu einer Reduktion des Risikos für aggressives Verhalten zu führen (OR=0,40) (Tab. 6). Beta SE Wald Sign. df=1 Arbeitslosigkeit 0,67 0,24 7,56 Anzahl früherer psych. stat. 0,02 0,01 10,39 Odds 95%- CI Ratio <.01 .001 1,94 1,21–3,12 1,02 1,10–1,04 Behandlungen Einweisung mit -0,91 0,25 13,71 <.001 0,40 0,25–0,65 Angehörigen, Bekannten Unfreiwillige Aufnahme 1,12 0,28 15,48 <.001 3,06 1,75–5,33 Konstante -0,53 0,24 4,95 <.03 0,59 – Tab. 6: Prädiktorvariablen: Indexpatienten mit aggressivem Verhalten versus gematchte Kontrollgruppe mit logistischer Regression (n=342) Omnibus-Test: Chi2=59,0; df=4; p<.001; Nagelkerkes’ R2=0,21; 4 Iterationen; Hosmer-Lemeshow Test: Chi2=6,67; df=8, p=.57; Korrekte Vorhersage: Gesamte Patientengruppe in 66,1%, Indexgruppe in 64,9%, Kontrollgruppe zu 67,3% - 44 - 4.2. Interventionen 4.2.1. Interventionen zur Beendigung der Aggression 856 Maßnahmen zur Beendigung der Aggression wurden angegeben. 34,1% (n=292) der Interventionen waren Zwangsmaßnahmen wie Fixierung (36,3%), Festhalten (26,0%), Isolierung (13,0%) oder Zwangsmedikation (24,6%). Bei 10,6% (n=60) der Interventionen ohne Anwendung von Zwangsmaßnahmen wurde angegeben, dass keine Intervention erfolgte, bei 33,3% (n=188) wurde ein Gespräch geführt, bei 27,7% (n=156) die Situation entzerrt, bei 11% (n=62) der Patient einzelbetreut und bei 17,4% (n=98) orale Bedarfsmedikation verabreicht. Jeweils die eingreifendste Intervention bei den 441 Vorfällen berücksichtigend kam es bei 36,7% der Vorfälle zu Zwangsmaßnahmen wie Fixierung, Festhalten und Isolierung, bei 17,7% zur Gabe von Psychopharmaka und bei 45,6% zu Interventionen ohne Zwang bzw. Psychopharmakagabe. 4.2.2. Analyse des Zusammenhangs zwischen der Schwere fremdaggressiver Vorfälle und der nachfolgenden Intervention Im Weiteren untersuchte ich den Zusammenhang zwischen der Schwere des Vorfalles (SOAS-Gesamtscore) und der Wahl der Intervention, um das aggressive Verhalten zu beenden. In diese Analyse ging ausschließlich der letzte Indexvorfall (n=171) ein, um Einflüsse vorheriger Ereignisse mit analysieren zu können. Zum Zeitpunkt des Vorfalles wurden 61,4% (n=105) der Patienten in der Abteilung für Allgemeine Psychiatrie behandelt, 25,1% (n=43) in der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen, 12,3% (n=21) in der Abteilung für Gerontopsychiatrie und 1,2% (n=2) befanden sich zum Zeitpunkt des Vorfalles nicht in vollstationärer Behandlung. Ein Patient hatte sich zum Zeitpunkt des Vorfalles in der Pforte zur Aufnahme vorgestellt und wurde dann aufgenommen und der andere befand sich auf einer Station der Abteilung für Allgemeine Psychiatrie in teilstationärer tagesklinischer Behandlung. Die prozentuale Verteilung des Schweregrades der Indexvorfälle gibt die Tab. 7 wieder. - 45 - SOAS-Schweregrad (SOAS-Score) Geschlecht % männlich weiblich N=105 N=66 61,0 50,0 34,3 45,5 4,8 4,5 Gesamt % Leicht (1-5) 56,7 Mittelgradig (6-8) 38,6 Schwerwiegend (94,7 12) Gesamt 100% 100% 100% Tab. 7: Prozentuale Verteilung des Schweregrads der Indexvorfälle Die Interventionen wurden entsprechend der Systematik der revidierten Version SOAS-R unterteilt (Tab. 8). Wenn mehrere Interventionen angegeben waren, wurde die jeweils gravierendste berücksichtigt. Schweregrad des aggressiven Verhaltens Intervention N=171 Keine/ Gespräch/ Begleiten in ruhigere Umgebung Orale oder parenterale Medikation/ andere Maßnahmen Festhalten / Isolierung / Fixierung Gesamt Leicht N=97 Mittelgradig N=66 % Schwerw. N=8 40,2 37,9 25,0 24,7 18,2 25,0 35,1 43,9 50.0 100% 100% 100% Tab. 8: Schweregrad nach SOAS und Intervention (Chi²=2,289, df=4, p=.683) Bei der Gesamtbetrachtung fand sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Schwere des Vorfalles und der gewählten Intervention. Schwerwiegenderen Vorfällen wurde zwar häufiger mit Zwangsmaßnahmen begegnet, aber auch in einem Drittel der als leicht eingestuften Vorfälle kam es zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen. 4.2.3. Merkmale von Patienten mit leichtgradig aggressivem Verhalten und nachfolgende Interventionen Um dieses Ergebnis genauer zu analysieren, wurde die Subgruppe der Indexpatienten mit leichtgradig aggressivem Verhalten in zwei Gruppen, ohne und mit Interventionen gegen ihren Willen (Zwangsmaßnahmen), unterteilt. Die beiden Gruppen wurden hinsichtlich einiger Merkmale miteinander verglichen (Tab. 9). Es fand sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen den untersuchten Variablen - 46 - und der Wahl der nachfolgenden Intervention nach leichtgradigen aggressiven Verhaltensweisen. Interventionen Keine/ Gespräch/ Begleiten in ruhigere Umgebung/ Psychopharmakon N=63 Festhalten/ Isolierung/ Fixierung Gruppenunterschiede Signifikanz N=34 % Männlich 65,6 34,4 Zwangsunterbringung 58,5 41,5 Chi²=0,038 df=1 Chi²=2,140 df=1 p=.846 p=.143 Mean Alter Aggr. Episoden in 2000 41,75±15.12 37,21±14,12 T=1,443 p=.152 2,62±4,28 2,0±2,92 T=0,753 p=.453 Tab. 9: Zusammenhang von Interventionstyp bei leichtgradig aggressivem Verhalten mit Geschlecht, rechtlichem Status, Alter und früheren aggressiven Episoden - 47 - 5. Diskussion 5.1. Methodendiskussion Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung von 1. Prävalenz und Charakteristika aggressiven Verhaltens stationär behandelter psychisch kranker Patienten, 2. Zusammenhängen zwischen dem Schweregrad von aggressiven Vorfällen und nachfolgenden Interventionen und 3. soziodemografischen, Erkrankungs- und Verlaufsmerkmalen als mögliche Prädiktoren für fremdaggressives Verhalten. Die Erfassung aggressiven Verhaltens war dadurch erschwert, dass es im psychiatrischen Bereich keine allgemein akzeptierte Definition für aggressives Verhalten/ Gewalt gibt. Bei den meisten bisher entwickelten Instrumenten zur Erfassung aggressiven Verhaltens ist die Überprüfung der Validität bedingt durch die fehlende Operationalisierung erschwert, insbesondere wenn es nicht zu einem physischem Angriff kommt, sondern Verhaltensweisen von Patienten (u. a. verbal, Körperhaltung, Gesten) durch Mitarbeiter als bedrohlich wahrgenommen werden. Palmstierna und Wistedt (2000) empfehlen daher zur Untersuchung aggressiven Verhaltens bei psychiatrisch stationär behandelten Patienten u. a. die Staff Observation Aggression Scale (SOAS) als psychometrisch evaluiertes Instrument. Gefordert wird darüber hinaus eine genaue Beschreibung der Stichprobe, der institutionellen Rahmenbedingungen, der zeitlichen Zusammenhänge von Aggression und damit potenziell assoziierter Faktoren und der Interventionsansätze (Palmstierna und Wistedt, 2000). Die Einhaltung dieser Empfehlungen gilt nach Einschätzung der Autoren als Voraussetzung bzw. Standard bei klinischen Studien zu aggressivem Verhalten/ Gewalt. In dieser Untersuchung entschieden wir uns deshalb für die Staff Observation Aggression Scale (SOAS) als Erhebungsinstrument. Die SOAS ist übersichtlich und schnell auszufüllen, was nach unserer Einschätzung zu einer höheren Akzeptanz bei den Mitarbeitern führt. Darüber hinaus ist eine gute Interraterreliabilität dieses Instrumentes ohne vorheriges Training bekannt. In dieser Untersuchung zeigte sich ebenfalls eine ausreichend gute Interraterreliabilität mit einem ICC=.87 für den Gesamtscore der SOAS. Die breite Vorankündigung der Einführung der SOAS, die - 48 - seit 1996 bestehende Routine der Mitarbeiter im Ausfüllen der Erfassungsbögen für durchgeführte Zwangsmaßnahmen (Fixierung, Isolierung, Zwangsmedikation) und regelmäßige Fortbildungen zum Umgang mit aggressivem Verhalten waren Faktoren, die uns erwarten ließen, dass die Dunkelziffer beim Ausfüllen gering sein würde. Darüber hinaus wurden aggressives Verhalten und Zwangsmaßnahmen regelmäßig in den morgendlichen Frühbesprechungen (anwesend sind Klinikleitung, Oberärzte, fallverantwortliche Therapeuten und pflegerische Mitarbeiter) thematisiert. Dennoch lässt sich auch durch dieses Vorgehen die wahre Prävalenz manifester aggressiver Verhaltensweisen von Patienten nicht mit Sicherheit bestimmen, da die lückenlose Beobachtung einer gesamten Klinik nicht möglich ist und eine Unterschätzung gerade leichterer aggressiver Vorfälle nicht ausgeschlossen werden kann (Lion et al., 1981; Steinert et al., 1995b; Volvaka und Citrome, 1999; Sjöström et al., 2001). Die Untersuchung einer gesamten Klinik war aber eines der Hauptziele der vorliegenden Studie, zumal prospektive Studien aller klinisch behandelten Patienten einer psychiatrischen Klinik/ Abteilung über einen längeren Zeitraum (hier ein Jahr) kaum existieren. Ebenso wenig wurden bislang selten multivariate Statistikverfahren bei der Untersuchung von Prädiktoren aggressiven Verhaltens eingesetzt Bei der Untersuchung der Prädiktoren fremdaggressiven Verhaltens muss kritisch angemerkt werden, dass das Spektrum der untersuchten Variablen nur begrenzt erfolgte. Aggressives Verhalten in der Vorgeschichte, Ausprägung der Psychopathologie, komorbide Diagnosen, hier insbesondere Substanzabusus, wurden nicht mit untersucht, da die Datenqualität der klinischen Dokumentation hierzu nicht ausreichte. Ein Zusammenhang zwischen aggressivem Verhalten in der Vorgeschichte und während einer psychiatrisch stationären Behandlung wurde in verschiedenen Untersuchungen festgestellt (Myers und Dunner, 1984; Palmstierna und Wistedt, 1987; Walker und Seifert, 1994; Arango et al., 1999; Citrome und Volavka, 1999; Grassi et al., 2001), ebenso zwischen Ausprägung der Psychopathologie (Lowenstein et al., 1990; Arango et al., 1999; Milton et al., 2001; Soyka und Ufer, 2002) und komorbidem Substanzabusus (Palmstierna und Wistedt, 1987; Schwarz et al., 1997; - 49 - Swartz et al., 1998; Citrome und Volavka, 1999; Steinert et al., 1999; Milton et al., 2001; Walsh et al., 2001) und Aggressivität. In diese Untersuchung gingen weitere, über die Patientenmerkmale hinausgehende institutionelle, interaktionelle und Mitarbeitermerkmale betreffende Faktoren nicht mit ein. Zukünftige Untersuchungen sollten diese Faktoren mit berücksichtigen, insbesondere, da für die Behandlungsplanung in diesen Bereichen verbesserte Strategien im Umgang mit aggressivem Verhalten mit dem Ziel der Reduktion von Zwangsmaßnahmen am ehesten ableitbar sind. 5.2. Ergebnisdiskussion Fremdaggressives Verhalten Prävalenz Der Anteil von 7,7% Patienten, die sich fremdaggressiv verhielten (bezogen auf die Patientengesamtpopulation an unserer Klinik), stimmt gut überein mit dem Ergebnis der bisher repräsentativsten Studie von Rüesch et al. (2003) an sechs psychiatrischen Kliniken in der Schweiz (7,4%). Im Vergleich zu anderen Studien (4,8-22,4%) liegen die vorliegenden Ergebnisse dagegen im unteren Bereich (Benjaminsen et al., 1995; Nijman et al., 1999b; Grassi et al., 2001; Soliman und Reza, 2001; Finzel et al., 2003; Heinze et al.; 2005). Der noch niedrigere Anteil von 2,7% aggressiven Patienten bei Spießl et al. (1998) ist dadurch erklärbar, dass er in seiner retrospektiv erfolgten Untersuchung nur tätlich aggressives Verhalten berücksichtigte. Das Ergebnis von 1,69 aggressiven Vorfällen pro Bett und Jahr lässt sich dagegen nur eingeschränkt mit anderen Untersuchungen vergleichen, da diese in der Regel auf selektierten Stationen, meistens geschlossenen Aufnahmestationen, durchgeführt wurden. Nijman et al. (2005) kommt in einer Überblicksarbeit über Untersuchungen, die innerhalb von 15 Jahren mit der SOAS durchgeführt wurden, zu im Mittel 0,4 Vorfällen pro Bett und Jahr als niedrigster Wert für eine offene Station und 59,9 Vorfällen pro Bett und Jahr als höchster für eine gerontopsychiatrische Station. Für akut psychiatrische Aufnahmestationen lagen die Werte zwischen 1,6 und 35,8 Vorfälle pro Bett und Jahr, wobei teilweise auch autoaggressive Ereignisse einbezogen wurden. Das Ergebnis von 3,2 Vorfällen pro Bett und Jahr für allgemeinpsychiatrische Sektorstationen mit dem Schwerpunkt der Behandlung von - 50 - psychotischen Störungen in dieser Untersuchung entspricht der Tendenz zu höheren Werten für psychiatrische Aufnahmestationen (Nijman et al., 2005). Bei dem Vergleich der Ergebnisse müssten die unterschiedlichen Behandlungskontexte auch über nationale Grenzen hinweg berücksichtigt werden. In unserem Zentrum wird zum Beispiel konsequent versucht, im allgemeinpsychiatrischem Bereich die Stationen mit offenen Türen zu führen (Ketelsen et al., 2003). Inwieweit sich dieses Vorgehen auch auf die Prävalenz aggressiven Verhaltens auswirkt bleibt unklar. Die Tatsache, dass in der vorliegenden Studie wenige Patienten für einen großen Teil der Vorfälle verantwortlich waren, entspricht den Ergebnissen früherer Studien (Cooper und Mendonca, 1989; Palmstierna et al., 1991; Walker und Seifert, 1994; Tam et al., 1996; Saverimuttu et al., 2000; Grassi et al., 2001; Soliman und Reza, 2001; Rüesch et al., 2003; Kraus und Sheitmann, 2004). Insgesamt bestätigen die Ergebnisse die unter 2.1.1. formulierte Hypothese, dass die Prävalenz aggressiven Verhaltens in einer klinischen Gesamtpopulation niedriger liegt als in selektierten Stichproben. Auch der Anteil von 7,7% aller Patienten (Personen) liegt im Vergleich zu anderen Studien an ausgewählten Stichproben niedriger, z.B. im Vergleich mit geschlossen Aufnahmestationen. Charakteristika Die Charakteristika aggressiven Verhaltens in dieser Untersuchung befinden sich in guter Übereinstimmung mit vergleichbaren Untersuchungen, die mit der SOAS oder einem ähnliche Merkmale operationalisierenden Erhebungsinstrument (Rüesch et al., 2003) durchgeführt wurden. Die Tatsache, dass ein nachvollziehbarer Anlass für aggressives Verhalten in einem Drittel der Fälle von den Mitarbeitern nicht erkannt wurde, findet sich mit ähnlichen Ergebnissen (30–39%) auch bei Palmstierna et al. (1991), Nijman et al. (2002b), Omérov et al. (2002) und Rüesch et al. (2003). Der Anteil physisch aggressiven Verhaltens von gut 75% befindet sich im mittleren Bereich von früher berichteten Ergebnissen (61-84%) (Palmstierna et al., 1991; Nijman et al., 2002b; Omérov et al., 2002; Rüesch et al., 2003). Das aggressive Verhalten richtete sich in den meisten Fällen (92%) gegen Personen, in früheren Studien waren dies 78-90%. Mit 66% war das Personal besonders häufig betroffen, auch dies ist vergleichbar mit Ergebnissen früherer Studien (41-77%) - 51 - (Palmstierna et al, 1991; Grassi et al., 2001; Nijman et al., 2002b; Omérov et al., 2002; Miserez, 2003). Bei Angriffen gegen Mitpatienten, bei denen eine höhere Dunkelziffer zu erwarten ist, liegt der Wert mit 21,8% nur unwesentlich höher als frühere Ergebnisse (14-20%) (Palmstierna et al., 1991; Nijman et al., 2002b; Omérov et al., 2002; Miserez, 2003), nur bei Kraus und Sheitmann (2004) lag der Anteil mit 46% höher. In der Folge von 4,3% der aggressiven Vorfälle war eine medizinische Behandlung des Opfers notwendig. Dies spiegelt, wie auch die Ergebnisse von 2-7% in anderen Studien (Palmstierna et al., 1991; Torpy und Hall, 1993; Spießl et al., 1998; Omérov et al., 2002; Miserez 2003; Heinze et al., 2005), die Tatsache wieder, dass schwerwiegendere Vorfälle mit notwendiger Behandlung körperlicher Schäden eher selten sind. Berücksichtigt werden muss allerdings, dass in dieser Untersuchung psychische Folgen bei Mitarbeitern nach aggressiven Ereignissen nicht erhoben wurden. Bei Untersuchungen von Mitarbeitern zeigte sich wiederholt, dass psychische Folgeprobleme eine nicht unerhebliche Rolle spielen (Ryan und Poster, 1989; Flannery et al., 1991; Murray und Snyder, 1991; Caldwell, 1992; Whittington und Wykes, 1992; Cheung et al. 1997; Richter und Berger, 2001). Die durchschnittliche Schwere der aggressiven Vorfälle ergab, gemessen mit dem SOAS – Gesamtscore, einen Wert von 5,4, der leicht höher lag als in anderen vergleichbaren Studien mit 4,3-5,0 (Nilsson et al., 1988; Nijman et al., 1997b; Nijman et al., 1999a; Nijman et al., 1999b; Grassi et al., 2001). Der ebenfalls berechnete durchschnittliche SOAS-R – Gesamtscore mit 12,39 lag höher als in den Studien von Grassi et al. (2001) und Nijman et al. (1999b), ist aber vergleichbar mit einer neueren Studie von Nijman et al. (2002c). Der etwas höhere SOAS-Gesamtscore könnte durch die Besonderheit in den Versorgungsstrukturen unserer Klinik mit der Zuständigkeit für die psychiatrisch stationäre Behandlung von Bewohnern aus einem großen Heimbereich (Epilepsie, Behindertenhilfe, Psychiatrie) bedingt sein. In diesem Heimbereich werden teilweise auch nicht aus der Versorgungsregion stammende Patienten mit komplexen Störungsbildern untergebracht, sodass eine höhere Dichte schwerer gestörter Patienten angenommen werden kann. Geschlechtsspezifische Unterschiede fanden sich nicht. Der Schweregrad der Vorfälle war bei den Patientinnen mit 5,52 nicht niedriger als bei den Patienten mit 5,32. Bei - 52 - Grassi et al. (2001) war der durchschnittliche SOAS-Gesamtscore für Patientinnen sogar signifikant höher als für Patienten. Lam et al. (2000) stellten in ihrer Untersuchung fest, dass das Geschlecht psychiatrisch stationär behandelter Patienten keinen Einfluss auf aggressives Verhalten bezüglich der Verletzungsfolgen bei Mitarbeitern hatte. Weitere Untersuchungen zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Schwere aggressiven Verhaltens sind mir nicht bekannt. In wie weit sich dieses Ergebnis in weiteren Untersuchungen bestätigen lässt, bleibt abzuwarten. Krakowski und Czobor (2004) stellten in ihrer Untersuchung fest, dass psychiatrisch stationär behandelte Frauen häufiger verbal aggressiv waren als Männer und in den ersten 10 Tagen der Behandlung auch ein höherer Anteil an physischer Aggression zu beobachten war. Dabei waren produktiv psychotische Symptome bei Frauen eher mit aggressivem Verhalten assoziiert als bei Männern. Andererseits waren bei den Männern häufiger Verletzungen als Folge von aggressivem Verhalten zu verzeichnen. Der Anteil leichterer Vorfälle in dieser Untersuchung war mit 59,9% vergleichbar mit einigen früheren Studien (Palmstierna und Wistedt, 1987; Benjaminsen et al., 1996; Nijman et al., 1997a), lag aber höher als in anderen Untersuchungen (22-48%) (Palmstierna und Wistedt, 1989; Palmstierna et al., 1991; Heinze, 2000; Soliman und Reza, 2001). Insgesamt bestätigen die Ergebnisse die unter 2.1.2. formulierte Hypothese nicht. Der Anteil physisch aggressiven Verhaltens befindet sich im mittleren Bereich vergleichbarer Untersuchungen in unterschiedlichen Patientenpopulationen. Der Schweregrad ist eher höher und nicht wie angenommen niedriger ausgeprägt. Anzunehmen ist eine Dunkelziffer bei der Dokumentation rein verbal aggressiven Verhaltens, das im psychiatrischen Behandlungsalltag selten als bedrohlich wahrgenommen wird, wenn der Patient nicht darüber hinaus tätlich aggressives Verhalten zeigt. Der höhere Schweregrad könnte, wie bereits oben erwähnt, durch eine höhere Dichte schwerer gestörter Patienten erklärbar sein. Zusammenfassend fällt in dieser Untersuchung eine eher niedrigere Prävalenz aggressiven Verhaltens auf, vermutlich dadurch bedingt, dass die gesamte Klinikpopulation in die Stichprobe mit einging, und nicht wie in den meisten anderen Studien lediglich einzelne, meistens akute, geschlossene Aufnahmestationen. Die - 53 - Charakteristika aggressiven Verhaltens gleichen den Ergebnissen früherer Studien in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Versorgungssystemen. Schwere Vorfälle mit notwendiger ärztlicher Behandlung sind insgesamt selten. Untersuchungen zu saisonalen Variationen aggressiven Verhaltens bei psychiatrisch stationär behandelten Patienten sind selten. In unserer Studie fiel eine höhere Rate in den Wintermonaten (Dezember bis März) auf. Der Anteil lag mit 49% aller Vorfälle deutlich über dem bei Gleichverteilung zu erwartenden Drittel. Kennedy et al. (1995) fanden einen signifikant höheren Anteil aggressiver Vorfälle (55%) in den Monaten April bis September. Allerdings bestand bei Berücksichtigung der höheren Bettenauslastung in diesem Zeitraum kein signifikanter Unterschied mehr. Kelsall et al. (1995) stellten ein höhere Rate aggressiver Vorfälle von Mai bis Juli und im Oktober fest und die geringste von Februar bis April. In einer Untersuchung von Morken und Linaker (2000) zur saisonalen Variation von Gewaltvorkommen in der norwegischen Bevölkerung lag die Rate im Mai und Oktober besonders hoch. Insgesamt ist in diesen Untersuchungen also keine vergleichbare Häufung von aggressiven Vorfällen im Winter erkennbar. Eine Erklärung für die erhöhte Rate aggressiver Vorfälle im Winter in dieser Untersuchung könnte darin zu sehen sein, dass die kühlere Witterung und die kürzeren Tage dazu führen, dass die Patienten sich mehr auf den Stationen aufhalten und dadurch häufiger soziale Spannungen entstehen. Die zirkadiane Verteilung der aggressiven Vorfälle mit einer höheren Frequenz tagsüber und einer geringeren nachts findet sich ebenfalls in anderen Untersuchungen (Noble und Rodger, 1989; Walker und Seifert, 1994; Kelsall et al., 1995; Omérov et al. 1995; Tam et al., 1996; Nijman et al., 1997b; Morken et al., 1999; Grassi et al., 2001; Manfredini et al., 2001; Omérov et al.; 2002; Miserez, 2003; Heinze et al., 2005). Bei den Höchstwerten tagsüber waren unterschiedliche Verteilungsmuster zu beobachten, teilweise lagen sie vormittags und nachmittags/ abends (Walker und Seifert, 1994; Grassi et al., 2001; Omérov et al., 2002; Heinze et al., 2005), teilweise entweder vor- oder nachmittags/ abends (Kelsall et al., 1995; Kennedy et al, 1995; Miserez, 2003) oder in der Mittagszeit (Nijman et al., 1997b). Unklar ist, in wie weit ein Zusammenhang zu strukturellen Abläufen in den jeweiligen - 54 - Institutionen besteht. Für unsere Klinik waren keine Zusammenhänge mit z. B. Mahlzeiten, Übergabezeiten, Therapieangeboten erkennbar. Der durchschnittliche Zeitraum zwischen Aufnahme und Indexvorfall ist mit 21 Tagen im Vergleich zur Untersuchung von Nijman et al. (2002c) mit 5 Tagen hoch. Allerdings ging aus methodischen Gründen nur der letzte Vorfall als Indexvorfall in die vorliegende Untersuchung ein, sodass hier keine gesicherten Aussagen gemacht werden können. Andererseits ist der Anteil der Vorfälle mit 52% in der ersten Woche vergleichbar mit dem Ergebnis von Grassi et al. (2001). Im Vergleich zu Tam et al. (1996) und Miserez (2003) gingen sogar mehr Vorfälle (52% im Vergleich zu 38% bzw. 24%) aus der ersten Behandlungswoche in die Untersuchung ein. Möglicherweise finden die Indexvorfälle der Patienten, die weniger häufig aggressiv sind (92% der Patienten verursachen nur 61% der Ereignisse), eher in der ersten Behandlungswoche statt. Zusammenhang zwischen Patienten- und Erkrankungsmerkmalen und dem Schweregrad der Vorfälle In Untersuchungen Zusammenhang des zu aggressivem Verhalten Schweregrades von wurde bisher aggressivem selten Verhalten der mit Patientenmerkmalen untersucht. In der Regel wird zwischen aggressiven und nicht aggressiven Patienten unterschieden oder seltener zwischen Patienten mit einer und mehreren aggressiven Handlungen (Convit et al., 1990; Rüesch et al., 2003). Rüesch et al. (2003) haben in ihrer Untersuchung zusätzlich zwischen Patientengruppen mit handgreiflich aggressivem Verhalten und verbal aggressivem Verhalten unterschieden und dazu die Merkmale Aggressionsvorgeschichte, Schweregrad der Erkrankung (CGI), Hospitalisationshäufigkeit und Diagnose herangezogen. Schwerkranke Patienten hatten ein erhöhtes Risiko für handgreifliche Aggression, Patienten mit aggressivem Verhalten in der Vorgeschichte und rehospitalisierte Patienten, insbesondere mit der Diagnose Substanzmissbrauch, neigten eher zu verbaler Aggression. Grassi et al. (2001) fanden einen höheren Schweregrad aggressiven Verhaltens bei Patienten mit akuter Psychose, bei Substanzabusus und weiblichem Geschlecht. - 55 - Bei der Untersuchung des Zusammenhangs von Patienten- und Erkrankungsmerkmalen mit der Schwere des Indexvorfalls ergaben sich bei den hier untersuchten Variablen (Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Wohnsituation, berufliche Situation, Diagnose, Einweisung durch nichtärztliche Stellen, beteiligte ärztliche Zuweiser, Anzahl der aggressiven Vorfälle vor dem Indexvorfall, Dauer der Behandlung) allerdings keine wesentlichen Zusammenhänge. Dieses Ergebnis bestätigt nicht die unter 2.1.3. formulierte Hypothese, dass jüngeres Alter, männliches Geschlecht, die Diagnose einer Schizophrenie und häufigere Behandlungsepisoden in der Vorgeschichte Merkmale für fremdaggressives Verhalten mit größerer Schwere darstellen. Vergleich von Patienten mit und ohne fremdaggressives Verhalten Ein Vergleich der Gruppe der aggressiven Patienten (Gruppe1) mit allen anderen Patienten (Gruppe 2) und mit der gematchten Kontrollgruppe (Gruppe 3) ergab signifikante Unterschiede bei soziodemografischen und klinischen Variablen mit Übereinstimmung in beiden Gruppenvergleichen. Aggressive Patienten waren jünger, häufiger allein stehend, ohne Beschäftigung, Sozialhilfe beziehend und in Heimen untergebracht. Diese Unterschiede können als Hinweise auf einen im Vergleich schlechteren Verlauf der Erkrankung bei Patienten gewertet werden, die zu fremdaggressivem Verhalten neigen. Neben diesem schlechteren sozioökonomischen Status und psychosozialen Verlauf fanden sich in der Indexgruppe auch häufigere Aufnahmen in der Klinik, ein weiterer Indikator für einen ungünstigeren Verlauf. Die Gesamtumstände der Aufnahmesituation im Krankenhaus waren durch einen höheren Anteil unfreiwilliger Aufnahmen und die Beteiligung von Psychosozialem Krisendienst, sozialpsychiatrischem Dienst und - bei Heimbewohnern - von Personal aus diesem Bereich geprägt. Seltener waren Angehörige oder Bekannte an der Einweisung beteiligt. Im Vergleich der Indexgruppe mit den anderen Patienten litten die aggressiven Patienten auch häufiger an einer psychotischen Störung (ICD-10: F2) und seltener an einer Abhängigkeitserkrankung (ICD: F1). Diese Ergebnisse bestätigen diejenigen Studien, bei denen einerseits ebenfalls keine besondere Geschlechterverteilung bei aggressiven Patienten festgestellt wurden (Myers und Dunner, 1984; Kennedy et al., 1995; Tardiff et al., 1997; Steinert et al., - 56 - 2000; Grube, 2001; Grassi et al., 2001; Sjöström et al., 2001; Nijman et al., 2002b), die aggressiven Patienten aber auch häufiger jünger (Myers et al., 1984; Palmstierna und Wistedt, 1989; Convit et al., 1990; Tardiff et al., 1997; Walsh et al., 2001; Grassi et al., 2001; Bowers et al., 2002; Soyka und Ufer, 2002; Rüesch et al.. 2003), allein stehend (Rossi et al., 1986; Schwarz et al., 1997; Steinert et al., 1999; Grassi et al., 2001) und ohne Beschäftigung (Klassen und O`Connor, 1988; Schwarz et al., 1997; Milton et al., 2001; Rüesch et al., 2003) waren, und in denen höhere Hospitalisierungsraten in dieser Patientengruppe festgestellt wurden (Rossi und Dunner, 1986; Noble und Rodger, 1989; Steinert et al.,1999; Grassi et al., 2001; Rüesch et al., 2003). Ein höherer Anteil aggressiver Patienten mit unfreiwilligen Aufnahmen fand sich ebenfalls in früheren Studien (Myers und Dunner, 1984; Rossi et al., 1986; Grube, 2001; Soliman und Reza, 2001; Nijman et al., 2002c; Rüesch et al., 2003). Bestätigt werden auch die Untersuchungen, die einen höheren Anteil schizophren erkrankter Patienten unter aggressiven Patienten feststellten (Myers und Dunner, 1984; Rossi et al., 1986; Noble und Rodger, 1989; Binder und McNiel, 1990; Convit et al., 1990; Tam et al., 1996; Spießl et al., 1998; Grassi et al., 2001). Die unter 2.1.4. formulierte Hypothese wurde mit diesem Ergebnis weitgehend bestätigt. Prädiktoren von Patienten mit aggressivem Verhalten Ein weiteres und über den univariaten Gruppenvergleich hinausgehendes Ziel dieser Studie war die Überprüfung von Prädiktoren aggressiver Patienten mittels logistischer Regression. Mit diesem multivariaten Vorgehen konnten drei Merkmalsbereiche als wesentliche Prädiktoren identifiziert werden: 1. Ungünstiger Krankheitsverlauf: Das Leben in Heimen und eine fehlende Beschäftigung sind Indikatoren für einen ungünstigeren Verlauf der psychischen Erkrankung. Die Unterbringung in Heimen erhöhte das Risiko lediglich bei der Analyse der signifikanten Variablen aus dem Gruppenvergleich der Gruppen 1 und 2. Dieser Unterschied könnte damit zusammenhängen, dass in der gematchten Kontrollgruppe eine ähnlich Rate an Heimunterbringungen zu verzeichnen war wie in der Gruppe 1. Bei der Analyse der - 57 - signifikanten Variablen der Gruppe 1 und 3 wurde wiederum die fehlende Beschäftigung als Risikofaktor deutlich, was darauf hindeutet, dass selbst eine Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte auf Grund der Schwere der Erkrankung nicht möglich war. 2. Schwierige Einweisungsumstände: Kritische Einweisungsumstände vor der Aufnahme können durch die Risikofaktoren einer unfreiwilligen Aufnahme, Einbezug von psychosozialem Krisendienst und Heimpersonal angenommen werden. Für diese Fälle ist davon auszugehen, dass (drohendes) eskalierendes aggressives Verhalten häufig als Einweisungsgrund vorlag. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Beteiligung von Bekannten oder Angehörigen das Risiko für aggressives Verhalten zu reduzieren scheint. Dies könnte einerseits auf einen günstigeren Verlauf mit Erhalt eines funktionierenden sozialen Netzes hinweisen und/ oder auf den positiven Einfluss von Vertrauenspersonen der Kranken. Die Reduktion des Aggressionsrisikos bei Veranlassung der Einweisung durch die in den Heimen tätigen Psychiater könnte darauf zurückzuführen sein, dass hier in der Regel geplante Aufnahmen vorlagen. In beiden Fällen werden die Aufnahmeumstände weniger dramatisch gewesen sein und die Patienten zu einer geordneten Aufnahme noch in der Lage. 3. Diagnosen: Organische psychische Störungen wurden mittels der logistischen Regression als ein Hauptrisikofaktor identifiziert, obwohl diese Diagnose in der Indexgruppe nicht häufiger gestellt wurde. Die zweite Diagnosengruppe, die sich als deutlicher Risikofaktor herausstellte, war die Gruppe der schizophrenen, schizoaffektiven, schizotypen und wahnhaften Störungen (F2). Diese Diagnosegruppen wurden auch in einigen früheren Studien gehäuft als Riskofaktor identifiziert (Myers und Dunner, 1984; Rossi et al., 1986; Cooper und Mendonca, 1989; Noble und Rodger, 1989; Binder und McNiel, 1990; Convit et al., 1990; Tam et al., 1996; Räsänen et al., 1998; Spießl et al., 1998; Grassi et al., 2001). Der Vergleich dieser Ergebnisse mit früheren Untersuchungen ist nur begrenzt möglich, da die Untersuchungen mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen durchgeführt wurden. Prospektive Studien aller klinisch behandelten Patienten unter - 58 - Anwendung multivariater statististischer Verfahren existieren kaum. Diese Studie ist am ehesten in Design und Methodik mit der Studie von Rüesch et al. (2003) vergleichbar, die über 6 Monate an 6 psychiatrischen Kliniken durchgeführt wurde mit einem ähnlich operationalisierten Erhebungsinstrument wie der SOAS. Die Autoren fanden bei jüngeren, männlichen Patienten ohne Beschäftigung, mit höherem Schwergrad der Erkrankung, häufigeren Rehospitalisierungen und unfreiwilligen Aufnahmen ein erhöhtes Risiko für aggressives Verhalten. Ein Zusammenhang diagnostischer Gruppen mit einem erhöhten Risiko für aggressives Verhalten wurde in dieser Studie allerdings nicht nachgewiesen. Frühere Aggressionen und plötzliche Zornausbrüche erhöhten in der Rüesch - Studie dagegen die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens erheblich. Die in dieser Studie mit logistischer Regression identifizierten Risikofaktoren erklären nur einen begrenzten Teil der Varianz. Dies bestätigt die unter 2.1.5. formulierte Hypothese, dass die Vorhersage fremdaggressiven Verhaltens durch soziodemografische, Erkrankungs- und Verlaufsmerkmale nur in einem begrenzten Ausmaß möglich ist. Bei zukünftigen Untersuchungen sollten interaktionelle, personelle und institutionelle Faktoren zusätzlich berücksichtigt werden. Darüber hinaus gingen Untersuchungen in diese Untersuchung identifizierte Merkmale patientenbezogene, wie aktuelle in früheren Psychopathologie, Substanzabusus und aggressives Verhalten in der Vorgeschichte, wie bereits bei der kritischen Betrachtung des methodischen Vorgehens ausgeführt, nicht mit ein. Interventionen Interventionen zur Beendigung der Aggression Die Anwendung von Zwangsmaßnahmen war bei etwa einem Drittel der Interventionen zur Beendigung des aggressiven Verhaltens notwendig. Am häufigsten wurde Fixierung, dann Festhalten und Zwangsmedikation und am seltensten Isolierung angegeben. Bei 7% der Nennungen war keine Intervention erforderlich. Bei den Interventionen ohne Zwang wurde mit 33% am häufigsten das Gespräch mit dem Patienten genannt, dann die Entzerrung der Situation, z. B. durch Wegbegleiten des Patienten, und orale Bedarfsmedikation, am seltensten eine Einzelbetreuung (11%). Insgesamt kam - 59 - es unter Berücksichtigung der eingreifendsten Intervention bei den 441 Vorfällen bei gut einem Drittel zu Zwangsmaßnahmen und bei 18% zur Gabe von Psychopharmaka, bei 46% war weder die Anwendung von Zwang noch die Gabe von Psychopharmaka notwendig. Bowers et al. (2002) beschrieben für 74% der aggressiven Vorfälle auf einer akuten psychiatrischen Aufnahmestation das Festhalten als häufigste Intervention und mit jeweils 32% eine orale bzw. intramuskuläre Gabe von Psychopharmaka als zweithäufigste. In lediglich 2% der Fälle wurde eine Isolierung durchgeführt und in 17% der Fälle war länger anhaltendes Festhalten (continuous holding) notwendig. Bei weiteren Untersuchungen Psychosestationen wurden auf bei gut akutpsychiatrischen der Hälfte der Aufnahmeaggressiven bzw. Vorfälle Zwangsmaßnahmen durchgeführt bzw. Psychopharmaka verabreicht (Grassi et al., 2001; Omérov et al., 2002). In der Untersuchung von Grassi et al. (2001) wurden jeweils für 19% Festhalten bzw. Fixierung als Zwangsmaßnahme genannt und in einer früheren Untersuchung von Torpy und Hall (1993) bei 15% Isolierung und 12% Festhalten. Als Interventionen ohne Anwendung von Zwang wurden am häufigsten Gespräche und Wegführen des Patienten genannt (Omérov et al., 1995; Grassi et al., 2001; Omérov et al., 2002). Bei dementen Patienten wurde nach aggressivem Verhalten in 76% bzw. 95% der Fälle auf Interventionen verzichtet (Palmstierna und Wistedt, 1987; Nilsson et al., 1988). Insgesamt sind diese Untersuchungen nur eingeschränkt vergleichbar, da unterschiedliche Erhebungsinstrumente angewendet wurden. Deutlich wird, dass abhängig vom Behandlungskontext unterschiedliche Zwangsmaßnahmen angewendet werden. Die Untersuchungen von Grassi et al. (2001) und Omérov et al. (2002) entsprechen am ehesten den Ergebnissen dieser Studie mit jeweils gut 50% Anwendung von Zwangsmaßnahmen bzw. Gabe von Psychopharmaka. Gespräche und Wegführen des Patienten scheinen übereinstimmend mit unserer Untersuchung die häufigsten Interventionen ohne Anwendung von Zwang zu sein. Dies bestätigt die unter 2.2.1. formulierte Hypothese, dass eine Bandbreite unterschiedlicher Interventionen mit und ohne Zwang, häufig Mehrfachmaßnahmen, angewendet wird. Insgesamt gibt es keine klar umrissenen Indikationen für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen (Steinert, 2004) und die Häufigkeit und Art der Zwangsmaßnahmen scheint nicht nur von den Patienten- und Erkrankungsvariablen, - 60 - sondern ebenfalls von den Kliniken selbst und im internationalen Vergleich von Gesetzen und Verordnungen abhängig zu sein (siehe auch S. 11-13). Analyse des Zusammenhangs zwischen der Schwere fremdaggressiver Vorfälle und der nachfolgenden Intervention In dieser Untersuchung fand sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Schweregrad des aggressiven Vorfalles und der nachfolgenden Intervention. Benjaminsen et al. (1995) stellten eine deutliche positive Korrelation zwischen der Anwendung von Zwangsmaßnahmen und aggressivem Verhalten fest, ohne den Schweregrad mit zu berücksichtigen. Darüber hinaus fand ich bei meiner Recherche keine Untersuchung, die sich mit dieser speziellen Fragestellung beschäftigt hat. Die unter 2.2.2. aufgeführte Hypothese, dass bei fremdaggressivem Verhalten mit größerer Schwere Zwangsmaßnahmen wahrscheinlicher durchgeführt werden, bestätigt sich nicht. Merkmale von Patienten mit leichtgradig aggressivem Verhalten und nachfolgende Intervention Bei der Untersuchung von Alter, Geschlecht, rechtlichem Status und der Frequenz von vorherigen aggressiven Episoden im Untersuchungsjahr und der nachfolgenden Intervention fand sich, entgegen unserer unter 2.2.3. formulierten Hypothese, kein signifikanter Zusammenhang. Gudjonsson et al. (2004) untersuchten den Zusammenhang verschiedener Faktoren mit der Wahl der Intervention (Gabe von Medikation, Festhalten und Isolierung) nach aggressivem Verhalten. Der größte Zusammenhang für alle drei Interventionen zeigte sich nach Angriffen auf Pflegepersonal (OR=2,53–3,38), Agitation (OR=2,04-2,50) und bei Fluchtversuchen mit Festhalten (OR=3,73) und Medikation (OR=2,37). Korkeila et al. (2002) stellten einerseits einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Zwangsmaßnahmen und der jeweiligen Institution fest und andererseits waren frühere Einweisungen und unfreiwilliger rechtlicher Status Prädiktoren für häufigere Zwangsmaßnahmen bzw. eine längere kumulative Dauer („heavy use“: Isolierung oder/ und Fixierung ≥3x und kumulative Dauer ≥24 Stunden). Wynn et al. (2002) fanden einen Zusammenhang zwischen Alter, - 61 - Geschlecht und Diagnose und der angewendeten Zwangsmaßnahme. Festhalten (physical restraint) wurde häufiger bei männlichen, jüngeren, nicht psychotischen Patienten angewendet, eine Zwangsmedikation bei weiblichen bzw. älteren Patienten mit der Diagnose einer psychotischen Störung und Isolierung bei älteren Patienten mit einer organischen psychotischen Störung. Ein standardisiertes Instrument zur Erhebung des aggressiven Verhaltens wurde in den zitierten Studien leider nicht eingesetzt, sodass ein Zusammenhang zwischen der Schwere des aggressiven Verhaltens und der Intervention nicht untersucht werden konnte. Ein Vergleich der mir bekannten Studien mit unserem Untersuchungsansatz ist nur äußerst eingeschränkt möglich. Möglicherweise spielen antizipatorische Beurteilungen über die zu erwartenden Verhaltensweisen von Indexpatienten eine größere Rolle als Merkmale des Ereignisses selbst. Diese Frage bedarf jedoch dringend der weiteren Forschung, da rationale und nachvollziehbare Entscheidungen über Interventionen auch unter ethischen Gesichtspunkten dringend zu fordern sind. 5.3. Schlussfolgerung und Ausblick Obwohl schwere aggressive Vorfälle mit Verletzungen, die eine Behandlung des Opfers erforderlich machen, relativ selten sind, zeigen Befragungen von Personal aus dem psychiatrisch-stationären Bereich und die klinische Erfahrung, dass der Umgang mit aggressiven oder bedrohlich wirkenden Patienten den Arbeitsalltag erheblich prägt, insbesondere auf allgemeinpsychiatrischen Akutstationen. Ein ungünstigerer Krankheitsverlauf (Indikatoren: keine Beschäftigung, Leben im Heim), die Umstände, die zur Aufnahme führen (Einbezug Krisendienst, Personal aus Heimen, PsychKG) und bestimmte Diagnosegruppen (ICD10: F0 und F2) sind Risikofaktoren für aggressives Verhalten. Die Aussagekraft zur Prädiktion aggressiven Verhaltens unter Berücksichtigung dieser Patientenmerkmale ist im begrenzten Umfang möglich. Die Größen der Stichproben einiger diagnostischer Gruppen in dieser Untersuchung waren relativ klein, multizentrische Studien mit größeren Stichproben wären hier zukünftig notwendig. Zukünftige Forschung sollte zusätzlich den Einfluss von Umgebungsfaktoren und Interaktionsmustern auf aggressive Verhaltensweisen verstärkt berücksichtigen. - 62 - Da wenige Patienten für einen großen Teil der Vorfälle verantwortlich sind, ist ein notwendiger weiterer Schwerpunkt die Untersuchungen der Dynamik sich häufig wiederholender fremdaggressiver Vorfälle einzelner Patienten, insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Diagnosegruppen. Im klinischen Alltag könnte eine zeitnahe Fallsupervision bei wiederholt aggressiven Patienten eine Möglichkeit sein, aggressionsverstärkende Faktoren frühzeitig zu identifizieren und in der Behandlungsplanung zu berücksichtigen. Das fortlaufende Monitoring von aggressivem Verhalten durch Patienten und der durchgeführten Schweregrad Zwangsmaßnahmen von aggressivem ermöglicht Verhalten das und Vorkommen die und Anwendung den von Zwangsmaßnahmen zu evaluieren. Handlungsansätze mit dem Ziel der Reduktion von aggressivem Verhalten und Zwangsmaßnahmen können so in ihrer Wirksamkeit im Verlauf überprüft werden. Erforderlich sind Studien zur Effektivität von Interventionen zur Vermeidung und Reduktion aggressiven Verhaltens und von Zwangsmaßnahmen. Insgesamt verdeutlichen die Untersuchungsergebnisse die Komplexität aggressiver Verhaltensmuster und die Schwierigkeit bei der Wahl der Interventionen zur Bewältigung der Eskalation auf professioneller Seite. Ziel sollte eine indikationsspezifischere, weniger von institutionellen Gewohnheiten abhängige Entscheidung bei der Wahl der Interventionen sein. Hierzu bedarf es weiterer Forschung, um die Komplexität der Einflussfaktoren auf die Wahl der jeweiligen Intervention bei aggressivem Verhalten besser analysieren und die Indikationen spezifischer stellen zu können. Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass eine konsequente ambulante psychiatrisch/ psychotherapeutische Behandlung mit der Integration aufsuchender Hilfen und rehabilitativer Beschäftigungsmaßnahmen wichtige Ansätze zur Reduktion aggressiven Verhaltens schon im Vorfeld einer psychiatrisch stationären Behandlung sein könnten. - 63 - 6. Zusammenfassung Fragestellung: In dieser klinischen Studie wurden Prävalenz und Charakteristika fremdaggressiven Verhaltens, die darauf folgenden Interventionen und Prädiktoren für Patienten mit fremdaggressivem Verhalten mit einer systematischen Dokumentation aggressiver Vorfälle in einer klinischen Gesamtpopulation untersucht. Material/ Methoden: Im Jahr 2000 wurden alle fremdaggressiven Vorfälle mit der Staff Observation Aggression Scale (SOAS) auf den Stationen der Abteilungen Allgemeine Psychiatrie, Abhängigkeitserkrankungen und Gerontopsychiatrie erfasst. Die SOAS wurde von den Autoren ins Deutsche übersetzt und in das eigene Dokumentationsverfahren integriert. Sie ergänzt die in dieser Klinik ebenfalls systematisch erfassten Anordnungen der Fixierungen, Isolierungen und Zwangsmedikationen. Gleichzeitig wurden diese Daten auf der Personenebene mit der klinischen Basisdokumentation verknüpft. Die Patienten mit aggressivem Verhalten (n=171) bildeten die Untersuchungsgruppe. Alle anderen aufgenommen Patienten (n=2039) Vergleichsgruppe bildeten nicht die aggressiver erste Vergleichsgruppe. Patienten (n=171) Eine wurde zweite nach den Parallelisierungskriterien Geschlecht, Diagnose, Alter und Abteilung gematcht. Die personenbezogene Auswertung erfolgte in Bezug auf den letzten Indexvorfall im Jahr 2000. Als potentielle Prädiktoren für Patienten mit fremdaggressivem Verhalten wurden soziodemografische, Erkrankungs- und Verlaufsmerkmale mittels logistischer Regression untersucht. Ergebnisse: 441 fremdaggressive Vorfälle von 171 Personen wurden erfasst. Mit der Einteilung zur Schwere des Vorfalles nach der SOAS konnten von den 441 Vorfällen 59,9% als leicht, 36,3% als mittelschwer und 3,9% als schwerwiegend eingestuft werden. Wenige Patienten (8,2%) waren für einen großen Teil der Vorfälle (38,8%) verantwortlich. Behandlungsbedürftige körperliche Verletzungen als Folge von aggressiven Handlungen waren selten (4,3%). Die Anwendung von Zwangsmaßnahmen war bei etwa einem Drittel der Interventionen zur Beendigung des aggressiven Verhaltens notwendig. Prädiktoren für Patienten mit fremdaggressivem Verhalten während der psychiatrisch stationären Behandlung waren vor allem Heimunterbringung, fehlende Beschäftigung, Beteiligung des psychosozialen Krisendienstes oder von Heimmitarbeitern bei der Aufnahme, - 64 - unfreiwillige Aufnahme (Betreuungsrecht oder Landesunterbringungsrecht) und Diagnose einer organischen psychischen Störung oder einer Schizophrenie (ICD10: F0, F2). Diskussion: Ein ungünstiger Krankheitsverlauf, kritische Einweisungsumstände und die Diagnose einer organischen psychischen Störung oder einer Schizophrenie (ICD10: F0, F2) wurden als Risikofaktoren identifiziert. Die Entwicklung therapeutischer Interventionen für schwer gestörte Patienten mit diesen Diagnosen während der stationären Behandlung und deeskalierende Maßnahmen bereits vor der Aufnahme könnten zu einer effektiven Prävention von aggressivem Verhalten führen. Weitere prospektive und multivariate Studien unter Berücksichtigung zusätzlicher Variablen sind notwendig um zusätzliche Risikofaktoren identifizieren zu können. - 65 - Literaturverzeichnis Agarwal M, Roberts M: Violence among psychiatric in-patients at an Interim Secure Unit: changes in pattern over a two-year period. Med Sci Law 1996; 36: 31-36 Aiken GJ: Assaults on staff in a locked ward: prediction and consequences. Med Sci Law 1984; 24: 199-207 Apel D, Bat-Tal Y: Nursing staff responses to violent events in closed psychiatric wards: a comparison between attributional and cognitive-neo-associationistic analyses. Br J Soc Psychol 1996; 35: 509 Arango C, Calcedo Barba A, Gonzalez-Salvador TM, Calcedo Ordonez A: Violence in inpatients with schizophrenia: a prospective study. Schizophr Bull 1999; 25: 493-503 Bastiaan P, Debus S, Haltenhof H: Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie. 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Zeitpunkt des Vorfalls (Datum/Uhrzeit):...................................... ...................................................................................................................................................................................................... ……………………………………………………………………………………………………………………………..…… …………………………………………………………………………......……………………….…………………………... ………………………………………………………………………………………………………………………………….. 2. Anwesende MitarbeiterInnen zum Zeitpunkt des Vorfalls Pflege Auszub./Prakt. Ärztin/Arzt Ergoth. Psychol./Soz.-Päd./SozialarbeiterInnen 3. Autoaggressive Handlungen: ................................................................................................................................................................................................... 4. Fremdaggressive Handlungen: Vom/von PatientIn benutzte Mittel Auslöser der aggressiven Handlungen Kein nachvollziehVerbale Gewalt, z.b. barer Auslöser Beschimpfungen/ Bedrohungen, incl. Konflikt mit Mitpat. sexuelle Inhalte PflegerischeTätigkeiten wie: physische Bedrohung (durch drohende ............................. Körperhaltung) ............................. Faustschläge o.ä. ............................. Fußtritte o.ä. ............................. Zuhilfenahme von Personal verlangt Gegenständen MedikamentenWelche:................... Einnahme Beißen/Spucken PatientIn verneint/ Würgeversuch will etwas nicht Andere Gründe: Messer Andere Mittel: ................................ ................................ ................................ ................................ ................................ ................................ ............................... Ziel der Aggression Ziellos Gegenstände Konsequenz(en) für das/die Opfer keine Gegenstände: Zerstört, nicht Mitarbeiter: ersetzt Pflege Zerstört, ersetzt Auszub./Prakt. Ärztin/Arzt Personen: Hauswirtschaft Gefühl von Andere Berufsgruppen: Bedrohung ................................. Schmerzdauer Andere/r < 10 Min PatientInnen Schmerzdauer Andere Person/en >10 Min Sichtbare Verletzung Geschlecht: Behandlung durch weiblich Arzt nötig männlich Interventionen zur Beendigung der Aggression Keine Gespräch mit Patient Situation wird entzerrt, z.B. PatientIn aufs Zimmer gebeten Einzelbetreuung orale Bedarfsmedikation Zwangsmedikation: orale i.m. i.v. Festhalten des Patienten mit Anwendung von Gewalt Isolierung Fixierung Isolierungen/Fixierungen und Zwangsmedikation müssen auf den dafür vorgesehenen Formularen erfaßt werden Datum: Zeit: per Fax an das Sekretariat Ärztliche Leitung - 3841 per Fax an das Sekretariat Pflegedienstleitung - 2108 Formular ist erhältlich im Sekretariat Frau Osenger. Unterschrift: - 81 - - 82 - - 83 - - 84 - Danksagung Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Martin Driessen für seine Ermutigung, die engagierte Betreuung und die schnelle fachliche Korrektur der Arbeit. Dem Soziologen Christian Zechert verdanke ich die fachliche Unterstützung bei der statistischen Auswertung der Daten. Darüber hinaus möchte ich den vielen Mitarbeitern unserer Klinik danken, die durch ihr Engagement und Interesse diese Studie erst möglich gemacht haben. Mein persönlicher Dank richtet sich an meinen Ehemann und meine Kinder, die mir durch ihre Geduld und Nachsicht geholfen haben, diese Arbeit fertig zu stellen. - 85 - Lebenslauf Name Regina Ketelsen Geburtsdatum 16.09.1957 Geburtsort Aachen Eltern Ernst Günter Ketelsen Christel Marianne Ketelsen, geb. Leißner Ehemann Hans Kohl - Ketelsen Kinder Mara Ketelsen, geb. 29.04.1985 Jan Ketelsen, geb. 06.06.1987 Malte Ketelsen, geb. 16.10.1992 1964-1967 Evangelische Volksschule Reumontstraße, Aachen 1967-1973 Städt. Realschule für Jungen und Mädchen, Aachen 1973-1976 Einhard - Gymnasium, Aachen 1976-1983 Studium der Medizin an der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen 1983-1988 Auslandsaufenthalt 1988-1995 Assistenzärztin, Psychiatrische Klinik, Gilead, Bethel, Bielefeld 1990-1994 Ausbildung in Familientherapie am Institut für Familientherapie Weinheim 11.03.1995 Fachärztin für Psychiatrie Seit 1995 Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bethel, Evangelisches Krankenhaus Bielefeld 07.02.2001 Zusatzbezeichnung Psychotherapie 17.11.2002 Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie 1999-2004 Datenerhebung 2001-2005 Auswertung der Daten des Jahres 2000 und Anfertigung der Dissertation - 86 -