Psychiatrische Krankheitsbilder -Depression im AlterAndreas Altaner, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Oberarzt der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zülpich, MARIENBORN gGmbH Affektive Störungen – – – – – depressive Episode /Störung rezidivierende depressive Störung manische Episode bipolare affektive Störung anhaltende affektive Störung (Dysthymia, Zyklothymia) Ätiopathogenese der Depression Die Entstehung affektiver Erkrankungen ist am ehesten im Sinne des Vulnerabilitätskonzepts (anlagebedingte Verletzlichkeit) als multifaktoriell anzusehen. Ätiopathogenese der Depression -genetische Faktoren (Zwillings- und Adoptionsstudien) -neurobiologische Faktoren (Dysbalance der Neurotransmittersysteme, neuroendokrinologische / chronobiologische Dysregulation) -kritische Lebensereignisse, Stressreaktionen -Persönlichkeitsfaktoren (Typus melancholicus) -somatische Faktoren (Erkrankungen, Medikamente) -Entwicklungsfaktoren (ängstlich-fürsorglicher Erziehungsstil, unzureichend verarbeitete Verlusterlebnisse /Traumata) Symptomatik der Depression I -depressive Verstimmung für die meiste Zeit des Tages -deutlicher Verlust von Freude und Interesse -Gefühl des Energieverlusts und vermehrter Müdigkeit -somatische Beschwerden (Obstipation, Übelkeit, Kopfschmerzen, Ohrgeräusche, Herzbeschwerden) Symptomatik der Depression II -Gefühl der Wertlosigkeit -übermäßige Schuldgefühle -reduzierter Appetit mit Gewichtsverlust -verringerte Konzentrations- und Entscheidungsfähigkeit -Schlafstörungen und Grübelzwang -psychomotorische Verlangsamung, aber auch psychomotorische Unruhe -Angst und Hoffnungslosigkeit -Suizidgedanken, bis hin zu konkreten Suizidplanungen Häufigkeit von Depressionen im Alter -Frauen erkranken auch im höheren Lebensalter häufiger an Depressionen (Verhältnis 2:1) gegenüber Männern -Depressionen sind im höheren Lebensalter nicht häufiger als in anderen Altersgruppen -nur ca. 10% der Erstmanifestationen depressiver Episoden erfolgen nach dem 60. Lebensjahr -depressive Symptome treten häufiger auf bei Komorbiditäten (bis zu 50%) Besonderheiten von Depressionen im Alter -Depressionen älterer Menschen haben häufiger altersspezifische Auslöser (Umstellung des sozialen Umfeldes, Beendigung des Arbeitsverhältnisses, vermehrter Verlust von körperlicher und sozialer Selbständigkeit, Verluste von Partnern, gleichaltrigen Freunden und Bekannten -Intrazerebrale Veränderungen bewirken eine Störung der Neurotransmitter mit erhöhtem Risiko negativer Selbstwahrnehmung und vermehrter Anfälligkeit für kognitive und affektive Dysfunktionen Subtypen der Depression -gehemmte Depression (Reduktion von Antrieb und Psychomotorik) -agitierte Depression (ängstliche Getriebenheit, Bewegungsunruhe, Jammern) -larvierte, somatisierte Depression -psychotische Depression (Wahnideen) Diagnostik der Depression -Anamnese und psychopathologischer Befund -diagnostisches Basisprogramm (körperliche Untersuchung, Laborparameter, EKG, EEG, evtl. cerebrale Bildgebung) -standardisierte Beurteilungsskalen (z. B. Hamilton-Depressionsskala) Differentialdiagnose der Depression - Ausschluss organischer Ursachen (körperliche Erkrankungen) - pharmakogene Ursachen (Betablocker, Kortison, Cimetidin, Gyrasehemmer, Digitalispräparate) - beginnende Demenz - Angsterkrankungen Therapie der Depression -Grundlage ist das stützende Gespräch -medikamentöse Therapie mit Antidepressiva -Psychotherapie -andere Therapieformen (Psychoedukation, Schlafentzug, Lichttherapie, Elektrokrampftherapie, Ergotherapie, Training von Konzentration und Ausdauer, Tagesstrukturierung) Einteilung der Antidepressiva I - trizyklische und tetrazyklische AD (Saroten, Trimipramin/Stangyl, Doxepin/Aponal) - selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) (Sertralin/Zoloft, Cipramil/Citalopram, Fluoxetin, Paroxetin, Cipralex) - selektiv serotonerg und / oder noradrenerg wirkende AD (Mirtazapin/Remergil, Venlafaxin/Trevilor, Duloxetin/Cymbalta) Einteilung der Antidepressiva II - Monoaminooxidase A-Hemmer (MAO-Hemmer) (Moclobemid/Aurorix) - Lithiumsalze (Quilonum, Hypnorex) - Phytopharmaka (Johanniskraut/Jarsin, Laif)) Suizidalität im Alter I - die Suizidziffern steigen mit dem Lebensalter an - jede 2. Frau, die sich das Leben nimmt, ist über 60 Jahre alt - der Anteil an Älteren nimmt an der Gesamtheit der Suizide zu - Ältere benutzen harte Suizidmethoden (z. B. Erhängen oder Erschießen) - mehr körperliche Erkrankungen im Vorfeld eines Suizidversuches Suizidalität im Alter II - Risikofaktoren: Einsamkeit, somatische Erkrankungen (Multimorbidität, maligne Erkrankungen, Schmerzen, Immobilität, Sehbehinderung), finanzielle Probleme und Beziehungsprobleme - Therapie: pharmakologische Behandlung (Antidepressiva, Neuroleptika, Schlafmedikamente), Krisenintervention (stationär, ambulant, Beratungszentren)