Massengefilterte Eisennanopartikel auf ultradünnen Kobaltfilmen – eine in situ Studie mit weicher Röntgenstrahlung Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor rerum naturalium der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Rostock vorgelegt von Armin Kleibert aus Neubrandenburg Rostock 2005 Betreuer: Gutachter: PD Dr. rer. nat. J. Bansmann (Universität Rostock) Prof. Dr. rer. nat. K.-H. Meiwes-Broer (Universität Rostock) Prof. Dr. rer. nat. P. M. Oppeneer (Uppsala University) Prof. Dr. rer. nat. C. M. Schneider (Forschungszentrum Jülich) Prof. Dr. rer. nat. K.-H. Meiwes-Broer (Universität Rostock) Tag der Disputation: 30.01.2006 Kurzzusammenfassung Die vorliegende Arbeit widmet sich der experimentellen Untersuchung magnetischer Nanopartikel und dünner Filme. In den unter Ultrahochvakuumbedingungen durchgeführten Experimenten wurde Synchrotronstrahlung im weichen Röntgenbereich mit linearer bzw. zirkularer Polarisation zur resonanten Spektroskopie der elementspezifischen Absorptions- und Reflexionseigenschaften in der Umgebung der 2p-Rumpfniveaus der untersuchten Proben genutzt. Die Ergebnisse zeigen einerseits, dass die Analyse der reflektierten, linear polarisierten Strahlung im Fall des – experimentell besonders einfach zu realisierenden – transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes (T-MOKE) eine interessante Alternative zur Spektroskopie des entsprechenden magnetischen Dichroismus bei der Absorption zirkular polarisierter Röntgenstrahlung (XMCD) darstellt. Andererseits ermöglichte die Kombination beider Techniken die in situ Untersuchung der Kopplung massengefilterter deponierter Fe-Nanopartikel mit Durchmessern im Bereich von 6 − 10 nm an die Magnetisierung dünner epitaktischer Kobaltfilme auf W(110). Besonderes Gewicht wurde dabei auf die größenabhängige Bestimmung der magnetischen Spin- und Bahnmomente gelegt. Die Experimente ergeben, dass insbesondere die Bahnmomente der Nanopartikel im Vergleich zum entsprechenden Festkörper deutlich erhöhte Werte zeigen und demonstrieren damit die besonderen Eigenschaften von kondensierter Materie mit Abmessungen im Nanometerbereich. Abstract The aim of this work is an experimental investigation on magnetic nanoparticles and thin films. Linearly as well as circularly polarized synchrotron radiation has been used in order to employ element-specific soft x-ray spectroscopy in the vicinity of the 2p core levels of the samples under investigation. In the experiments both absorption and reflectivity spectra have been measured under ultrahigh vacuum conditions. The results of this work show on the one hand that analysing the reflectivity in the geometry of the transverse magneto-optical Kerr-effect (T-MOKE) – being easily applied in experiments – might serve as an attractive alternative when compared to the related xray magnetic circular dichroism (XMCD) in photoabsorption. On the other hand, combining both techniques allowed for an exhaustive in situ study concerning the magnetic properties of mass-filtered deposited Fe nanoparticles between 6 − 10 nm in diameter. A special focus of this work was to separately determine the size-dependent magnetic spin and orbital moments of the particles. The experimental findings show that the particles possess enhanced orbital moments when compared to the corresponding bulk value and demonstrate therefore the peculiar properties of condensed matter with dimensions on the nanometer scale. i ii Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Grundlagen 2.1 Magnetismus von Clustern und Nanopartikeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Bahn- und Spinmagnetismus – der Übergang vom Atom zum Festkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Magnetische Eigenschaften von Fe-Clustern und Nanopartikeln – Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit magnetischer Materie . . 2.2.1 Verallgemeinertes Lorentz-Drude-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Lösung der Maxwellschen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Zirkularer magnetischer Röntgendichroismus an den Rumpfniveaus XMCD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Summenregeln“ – Bestimmung von Spin- und Bahnmomenten . . . . ” 2.3.3 Näherungen und Anwendbarkeit der Summenregeln . . . . . . . . . . 5 5 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen 3.1 Messung des linearen Absorptionskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 TEY eines halbunendlichen Substrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 TEY dünner Filme auf einem Substrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen . . . . . . . 3.2.1 Beschreibung magneto-optischer Effekte in Reflexion mit Hilfe des Jones-Matrix-Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Reflexion an einem halbunendlichen magnetischen Substrat bei transversaler Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Beschreibung der Reflexion an Multilagensystemen . . . . . . . . . . . 3.2.4 Transversaler MOKE eines dünnen Films auf einem Substrat . . . . . 3.2.5 Einfluss der Rauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Experimenteller Aufbau, Probenpräparation und -charakterisierung 4.1 Wachstum und Magnetismus von epitaktischen Kobaltfilmen auf W(110) . . . 4.2 Fe-Nanopartikel aus der ACIS-Clusterquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 9 10 11 15 18 21 25 27 31 33 36 39 42 44 45 49 52 53 55 55 57 iii 4.3 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE 5.1 XMCD an Co/W(110) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Bestimmung der optischen Konstanten . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Anwendung der Summenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS . . . . . . . . . . . 5.2.1 Vergleich von Experiment und Rechnung . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Anisotropie des transversalen Kerr-Effektes . . . . . . . . . . . 5.2.3 Reflektivität im Submonolagenbereich . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse an den Kobaltfilmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) 6.1 Form und Struktur von Fe-Nanopartikeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Fe-Nanopartikel in einer Al-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Nanopartikel auf epitaktischen Substraten - allgemeine Aspekte . . . 6.2 Magnetische Kopplung der Fe-Nanopartikel an Co/W(110) . . . . . . . . . 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Abzug des Untergrundes und Anwendung der Summenregeln . . . . 6.3.2 Größenabhängigkeit der magnetischen Spin- und Bahnmomente . . . 6.3.3 Sättigungseffekte bei der TEY-Detektion an Nanopartikeln . . . . . 6.3.4 Korrektur der Sättigungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.5 Analyse der Oberflächenbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.6 Vergleich mit anderen Arbeiten an deponierten Fe-Clustern . . . . . 6.4 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse an den Fe-Nanopartikeln 61 . . . . . . . . 63 63 64 68 71 75 78 80 82 . . . . . . . . . . . . 85 86 87 89 90 94 96 99 103 105 108 111 114 7 Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 117 A Berechnung des TEY von Mehrlagensystemen 119 B Die Form der Eisennanopartikel 123 C Fe-Referenzspektrum und Momente 127 D TEY von Nanopartikeln – Sättigungseffekte 131 E Berechnung des Reflexionskoeffizienten in der T-MOKE-Geometrie 135 Erklärung 155 Liste der Publikationen 157 Lebenslauf 159 Danksagungen 161 iv 1 Einleitung Am 29. Dezember 1959 entwarf Richard P. Feynman in seinem Vortrag There’s plenty of ” room at the bottom“ vor der American Physical Society die Vision einer radikal miniaturisierten Technologie, deren Grundelemente aus nicht mehr als einigen hundert Atomen bestehen sollten. Da er sich dabei offenbar von den Erkenntnissen über den Aufbau und die Funktionsweise lebender Zellen und insbesondere der DNA inspirieren ließ, hatte er dabei nicht nur die Weiterentwicklung von Computern im Blick, sondern ebenso die gezielte Manipulation einzelner Atome zur Synthese neuer Moleküle sowie die Entwicklung kleinster Roboter für den mikroinvasiven Einsatz in der Medizin. Erstaunlicherweise haben sich die später von Norio Taniguchi als Nanotechnologie bezeichneten Methoden mit Präzision im Nanometerbereich in fast allen von Feynman genannten Bereichen als äußerst fruchtbar erwiesen. Allgegenwärtig spürbar sind vor allem die rasanten Fortschritte im Bereich der Kommunikation, der Medien und der Computer, deren Leistungsfähigkeit sich dem Mooreschen Gesetz“ folgend etwa ” alle 18 Monate verdoppelt. Die gezielte Manipulation von Strukturen aus einzelnen Atomen ist auch gut 45 Jahre nach Feynmans Rede zwar immer noch nur im Labor möglich, aber die Miniaturisierung der Strukturen in der Computertechnik ist mittlerweile soweit vorangeschritten, dass fundamentale physikalische Gesetze der Nanowelt das Tempo der Entwicklung bremsen könnten. Das Problem betrifft nicht nur die weitere Verkleinerung der Strukturen in integrierten Schaltkreisen, sondern auch die Erhöhung der Speicherdichte in magnetischen Massenspeichermedien. Im ersten Fall stören quantenmechanische Tunnelprozesse zunehmend die Signalverarbeitung, im zweiten Fall verlieren die magnetischen Speicherbereiche die in ihnen gespeicherte Information bei Erreichen des so genannten superparamagnetischen Limits“. ” Unabhängig von den technologischen oder okönomischen Problemstellungen ist die Grundlagenforschung – freilich ganz im Sinne Feynmans – an den vielfältigen und neuartigen Phänomenen, die sich aus der Reduktion der Abmessungen physikalischer Systeme ergeben, interessiert. So hat insbesondere die Clusterphysik in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte erzielt. Es zeigte sich, dass Aggregate aus bis zu einigen hundert Atomen derselben Spezies eine starke Größenabhängigkeit ihrer elektronischen, magnetischen und optischen Eigenschaften aufweisen, die nicht nur stark von denen des isolierten Atoms und des entsprechenden Festkörpers abweichen, sondern darüber hinaus das Potenzial besitzen, die Basis für neuartige Anwendungen darzustellen [1]. Zur Untersuchung von Clustern und Nanostrukturen wurden nicht nur neue Methoden zu ihrer Herstellung, sondern auch Techniken zu ihrer Charakterisierung entwickelt. Für die Präparation von Partikeln im Größenbereich einiger Nanometer kommen heute sowohl chemische als auch physikalische Verfahren in Frage [2–8]. Die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Eisennanopartikel mit Durchmessern von 6 − 10 nm werden so mit Hilfe einer Gasaggregationsquelle, d. h. mit einer physikalischen Methode, hergestellt 1 1 Einleitung und für die nachfolgenden Untersuchungen zerstörungsfrei auf epitaktische Kobaltfilme im Ultrahochvakuum deponiert. Die Partikel sind dabei sowohl wegen ihrer katalytischen als auch wegen ihrer magnetischen Eigenschaften für zahlreiche Anwendungen von großem Interesse. Ihre Einsatzmöglichkeiten erstrecken sich von der Ammoniaksynthese im Haber-BoschVerfahren über die Hyperthermie in der Medizin bis hin zur magnetischen Datenspeicherund Sensortechnik [8]. Auch aus Sicht der Grundlagenforschung sind Eisennanopartikel sehr interessant, da Eisen sicherlich das prominenteste und eines der am intensivsten untersuchten ferromagnetischen Metalle darstellt. Die vorhandenen umfangreichen Erkenntnisse sollten ein detailliertes Verständnis der spezifischen Eigenschaften entsprechender Nanopartikel ermöglichen. Die hier untersuchten Partikel bestehen aus einigen 10.000 Atomen und liegen damit auf den ersten Blick weit jenseits des oben erwähnten Bereiches starker Abweichungen von den Festkörpereigenschaften. Die vorliegende Arbeit wird daher der Frage nachgehen, ob und in welchem Maße insbesondere die atomaren, magnetischen Momente dieser Partikel festkörperähnlich sind oder ob vielmehr Effekte auftreten, die auch bei Teilchen dieser Größe noch Anlass zu deutlichen Abweichungen vom Festkörpermagnetismus geben. Die magnetischen Eigenschaften der deponierten Eisennanopartikel werden in dieser Arbeit mit Hilfe des resonanten, magnetischen Zirkulardichroismus im weichen Röntgenbereich (x-ray magnetic circular dichroism, XMCD) untersucht. Dabei handelt es sich um eine besonders empfindliche Methode zur Untersuchung der magnetischen Eigenschaften von Nanostrukturen. Die Existenz des zugrunde liegenden Effektes wurde im Jahr 1975 von Erskine und Stern vorausgesagt und 1987 von Schütz u. a. experimentell nachgewiesen [9, 10]. Heute erlauben verbesserte experimentelle Techniken die detaillierte Untersuchung kleinster Materialmengen bis hin zu atomaren Ketten und isolierten Atomen auf epitaktischen Substraten [11–14]. Neben der hohen Empfindlichkeit und der Elementspezifität der Messung ist die Bedeutung von XMCD-Experimenten vor allem auf die Möglichkeit zurückzuführen, mit Hilfe von Summenregeln“ die magnetischen Spin- und Bahnmomente separat zu bestimmen ” und so den Zusammenhang zwischen makroskopischen und mikroskopischen magnetischen Eigenschaften zu studieren [15, 16]. Neben der Untersuchung von Eisennanopartikeln mit Hilfe des XMCD-Effektes bei der Absorption weicher Röntgenstrahlung versucht die vorliegende Arbeit durch eine systematische Analyse des korrespondierenden resonanten, transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes (T-MOKE) in Reflexion einen Beitrag zur Weiterentwicklung der experimentellen Methoden zur Untersuchung nanostrukturierter Materie zu leisten. Das Interesse an Reflexionsexperimenten im weichen Röntgenbereich ergibt sich sowohl aus der – auch an makroskopisch dicken Proben – erreichbaren hohen Informationstiefe als auch aus der Unempfindlichkeit der Detektion gegenüber starken Magnetfeldern. Darüber hinaus sind die auftretenden, elementspezifischen Effekte in vielen Fällen stärker ausgeprägt als in entsprechenden Absorptions- und Transmissionsexperimenten. Der transversale magnetooptische Kerr-Effekt zeichnet sich zudem dadurch aus, dass er sich in einer leicht detektierbaren Intensitätsänderung der reflektierten Strahlung manifestiert und dabei lediglich standardmäßig verfügbare, linear polarisierte Synchrotronstrahlung erfordert. Obwohl der resonante T-MOKE im weichen Röntgenbereich bereits im Jahr 1990 von Kao u. a. an den 2p-Kanten eines Eisenfilms experimentell nachgewiesen werden konnte, sind systematische 2 Untersuchungen bis heute verhältnismäßig selten zu finden [17]. Die in dieser Arbeit an ultradünnen Kobaltfilmen durchgeführten T-MOKE-Experimente sollen diese Lücke schließen, der Schwerpunkt liegt dabei einerseits auf der quantitativen Reproduzierbarkeit der gemessenen Spektren und andererseits auf dem Nachweis einer mit XMCD vergleichbaren Empfindlichkeit gegenüber der magnetokristallinen Anisotropie. Darüber hinaus soll geprüft werden, inwiefern der T-MOKE zur Untersuchung der deponierten Fe-Nanopartikel geeignet ist. Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: Im Anschluss an diese Einleitung werden im Kap. 2 die Grundlagen des Magnetismus von nanostrukturierten Systemen kurz vorgestellt. Besonderes Gewicht liegt dabei auf den atomaren Spin- und Bahnmomenten und ihrer Verknüpfung mit den makroskopischen Eigenschaften magnetischer Proben. Dabei wird auch der Stand der Forschung im Hinblick auf die hier untersuchten Fe-Nanopartikel dargelegt. Weiterhin werden die Grundlagen der in dieser Arbeit angewandten spektroskopischen Methoden in Reflexion und Absorption erläutert. Anhand des klassischen Lorentz-Drude-Modells und der Maxwellschen Theorie wird zunächst demonstriert, dass die verschiedenen magneto-optischen Methoden wie XMCD und T-MOKE nicht unabhängig voneinander, sondern über den dielektrischen Tensor der untersuchten Systeme miteinander verknüpft sind. Im Anschluss an die klassische Beschreibung der den Methoden zugrunde liegenden magneto-optischen Effekte wird der mikroskopische, quantenmechanische Hintergrund des dielektrischen Tensors und die Interpretation des magnetischen Zirkulardichroismus vorgestellt. Wegen des Auftretens von Interferenz- bzw. Sättigungseffekten bei den in dieser Arbeit vorgestellten T-MOKE- und XMCD-Experimenten werden im Kap. 3 die zur Analyse der Reflexions- und Absorptionsspektren notwendigen Grundlagen diskutiert. Angaben zur Probenherstellung und -charakterisierung sowie eine kurze Beschreibung der experimentell genutzten Geometrien finden sich im Kapitel 4. Die Darstellung und Diskussion der Ergebnisse wird in den Kapiteln 5 und 6 gegeben, gefolgt von einer übergreifenden Diskussion und Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. 3 1 Einleitung 4 2 Grundlagen In diesem Kapitel werden zunächst die für die Arbeit wesentlichen Grundlagen des Magnetismus von Clustern und Nanopartikeln sowie der Stand der Forschung im Fall von Eisenpartikeln dargestellt. Das Gewicht wird dabei auf die Diskussion der magnetischen Spin- und Bahnmomente gelegt. Im Abschnitt 2.2 wird dann die Wechselwirkung von Licht mit magnetischer Materie anhand des klassischen Lorentz-Drude-Modells und der daraus resultierende Dielektrizitätstensor diskutiert. Die Lösung der Maxwellschen Gleichungen zeigt die Komplementarität der verschiedenen magneto-optischen Effekte. Die mikroskopische Ursache der Elemente des hergeleiteten Dielektrizitätstensors wird im Abschnitt 2.3 dargestellt und die zur Bestimmung der Spin- und Bahnmomente benutzten Summenregeln“ erläutert. ” 2.1 Magnetismus von Clustern und Nanopartikeln Die magnetischen Eigenschaften von Clustern und Nanopartikeln liegen im Übergangsbereich zwischen dem Magnetismus einzelner Atome und dem itineranten Bandmagnetismus der 3d-Übergangsmetalle. Der Übergang von den atomaren zu den Festkörpereigenschaften ist dabei keineswegs linear, sondern hängt stark von der Größe der betrachteten Partikel ab. Im folgenden Abschnitt sollen zunächst – am Beispiel von Eisen – die beiden Grenzfälle des isolierten Atoms auf der einen Seite und des ferromagnetischen Metalls auf der anderen Seite diskutiert werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den magnetischen Spin- und Bahnmomenten. Weiterhin wird auf die Verknüpfung des magnetischen Bahnmomentes mit der magnetokristallinen Anisotropieenergie und der Zusammenhang zwischen strukturellen und magnetischen Eigenschaften hingewiesen. Im Abschnitt 2.1.2 werden die für die Arbeit relevanten Ergebnisse an Fe-Clustern und Nanopartikeln kurz zusammengefasst. 2.1.1 Bahn- und Spinmagnetismus – der Übergang vom Atom zum Festkörper Die Beiträge zum magnetischen Gesamtmoment des Eisenatoms ergeben sich aus den Erwartungswerten des Gesamtspins S und -bahndrehimpulses L der Elektronen in der nicht abgeschlossenen 3d-Schale. Die Hundschen Regeln fordern die Maximierung des Spins und des Bahndrehimpulses (unter Beachtung des Paulischen Ausschließungsprinzip) beim sukzessiven Auffüllen der elektronischen Zustände. Im Fall des Eisenatoms mit einer 3d6 4s2 Elektronenkonfiguration ergibt sich für die 6 Elektronen in der 3d-Schale demnach eine ProP jektion des Spins auf die z-Achse von Sz = ms = 2 ~ und die entsprechende Projektion des 5 2 Grundlagen P Bahndrehimpulses von ebenfalls Lz = ml = 2 ~. Der Zusammenhang zwischen Sz bzw. Lz und den daraus resultierenden magnetischen Momenten mspin bzw. morb ist durch: µB mspin = −gs Sz ~ µB morb = − Lz ~ (2.1) (2.2) gegeben. Dabei ist gs ≈ 2 der Landé-Faktor. In Einheiten des Bohrschen Magnetons µB besitzt das Eisenatom demnach ein magnetisches Spinmoment mspin von 4 µB und ein magnetisches Bahnmoment morb von 2 µB . Die Situation im Festkörper wird durch die Wechselwirkung der benachbarten Atome bestimmt, bei der aus den Valenzzuständen des Atoms Energiebänder entstehen. Insbesondere sind die 4s-Zustände wegen der großen räumlichen Ausdehnung ihrer Orbitale von der Wechselwirkung betroffen. Sie delokalisieren fast vollständig und bilden breite Energiebänder (s-Bänder), die zum Teil durch das – vorwiegend aus den 4s-Elektronen der entsprechenden Atome gebildete – Elektronengas des Metalls aufgefüllt werden. Die 3d-Elektronen bzw. ihre Zustände bleiben auch im Metall stärker lokalisiert. Die diskreten Energieniveaus des Atoms verschmelzen jedoch ebenfalls zu einer Bandstruktur, die allerdings im Vergleich zu den s-Bändern deutlich schmaler ist und eine vergleichsweise hohe Zustandsdichte aufweist. Im Eisenfestkörper hat die mit der Ausbildung der Bandstruktur einhergehende Energieverschiebung der elektronischen Zustände eine Änderung der Elektronenkonfiguration zur Folge. Insbesondere können 4s-Elektronen in energetisch günstigere freie Zustände der 3d-Bänder wechseln. Theoretische Untersuchungen ergeben, dass im metallischen Eisen daher etwa 6,6 Zustände der insgesamt 10 möglichen Zustände des 3d-Bandes (pro Atom) besetzt sind, statt 6 im Fall des Atoms [18, 19]. Im Hinblick auf die Untersuchung des Überganges vom isolierten Atom zum Festkörper ist es intuitiv, die Wirksamkeit der Hundschen Regeln auch im Grenzfall des Festkörpers zu betrachten. Im Festkörper ließe sich mit ihrer Hilfe aus der oben diskutierten Umbesetzung der Zustände eine Reduktion des Spinmomentes mspin auf etwa 3,0 − 3,5 µB pro Atom bei gleichzeitiger Erhöhung des magnetischen Bahnmomentes morb auf 2,5 − 3,0 µB pro Atom ableiten, was im offensichtlichen Widerspruch zum experimentellen Befund steht (mspin ∼ 2,0 µB und morb ∼ 0,1 µB ). Die Ursache liegt in der – im Vergleich zum Atom – reduzierten Symmetrie des Kristallpotenzials, das die erfolgreiche Anwendung der Hundschen Regeln auf die Valenzelektronen im metallischen Festkörper verhindert. Das Kristallpotenzial verursacht einerseits das beinahe vollständige Verschwinden des Bahnmomentes (Quenching) und wirkt durch die Delokalisierung der Valenzelektronen außerdem einer parallelen Ordnung der Spins entgegen. Letzteres kann aus einer Betrachtung der Zustandsdichte und Energiedispersion delokalisierter Elektronen gefolgert werden. Die Parallelstellung der Spins erfordert wegen des Paulischen Ausschließungsprinzips eine Verdopplung des Volumens der Fermi-Kugel. Aus der Dispersionsrelation freier Elektronen ergibt sich eine Erhöhung der Gesamtenergie um einen Faktor von etwa 1,6. Die Austauschwechselwirkung bewirkt im Fall von Eisen bei Parallelstellung der Spins zwar einen Energiegewinn. Dieser kann aber die Erhöhung der Gesamtenergie im Fall freier Elektronen nicht kompensieren (siehe z. B. Ref. [20]). 6 2.1 Magnetismus von Clustern und Nanopartikeln Die delokalisierten Elektronen eines Metalls zeigen daher keine Neigung zur Parallelstellung der Spins, so dass metallischer Ferromagnetismus eher die Ausnahme als die Regel ist. Im Fall der 3d-Übergangsmetalle ergibt sich die Möglichkeit ferromagnetischer Ordnung allerdings aus der Existenz der oben bereits erwähnten 3d-Bänder in der Nähe der Fermi-Kante. Dem Aufblähen der Fermi-Kugel bei Parallelstellung der Spins wirken in diesem Fall sowohl die Umbesetzung von 4s-Elektronen in die freien 3d-Zustände als auch die deutlich veränderte Energiedispersion der 3d-Zustände effektiv entgegen. Der gleichzeitige Energiegewinn aus der Austauschwechselwirkung bewirkt für Eisen, Kobalt und Nickel eine ferromagnetische Ordnung. Dabei spaltet die elektronische Bandstruktur in spin-up und spin-down Zustände auf, die energetisch um einen zum Austauschintegral proportionalen Betrag verschoben sind (vgl. auch Abb. 2.4 im Abschnitt 2.3.1). Dieser rein quantenmechanische Effekt wirkt damit wie ein effektives, inneres Magnetfeld auf die Elektronen. Dieses Feld wurde in den frühen Arbeiten zum kollektiven Magnetismus der Metalle phänomenologisch eingeführt und als Molekularfeld bezeichnet. Das auf der Existenz dieses Feldes basierende Stoner-Modell 1 ermöglicht die Bestimmung der Bedingungen für das Auftreten von Ferromagnetismus in den 3d-Übergangsmetallen. Das resultierende Stoner-Kriterium lautet: I · n(Ef ) > 1, (2.3) d. h. das Produkt der Austauschenergie I und der nicht aufgespaltenen Zustandsdichte n(Ef ) an der Fermi-Kante muss größer sein als 1. Trotz der starken Vereinfachungen bei seiner Ableitung gibt es die Verhältnisse in der Reihe der 3d-Übergangsmetalle sehr gut wieder und wird durch quantenmechanische Rechnungen bestätigt. Darüber hinaus erlaubt es ein intuitives Verständnis des Magnetismus an Oberflächen und von Systemen mit reduzierten Dimensionen. Trotz des Erfolges bei der Vorhersage ferromagnetischer Ordnung in den Übergangsmetallen erlaubt das Stoner-Modell nicht, quantitativ richtige Aussagen über die CurieTemperaturen dieser Ferromagnete zu machen. Dieses kann nur eine verallgemeinerte Theorie im Rahmen des Hubbard-Modells leisten. Das magnetische Bahnmoment und die magnetokristalline Anisotropie Das Gesamtmoment der 3d-Übergangsmetalle wird fast ausschließlich von den Spins der 3dElektronen getragen, das stark reduzierte Bahnmoment spielt für die Gesamtmagnetisierung nur eine untergeordnete Rolle. Eine besondere Bedeutung kommt ihm jedoch im Hinblick auf die Orientierung der Magnetisierung ohne äußeres Magnetfeld zu. Die spontane Ausrichtung der Magnetisierung wird durch die Konkurrenz von Form- und magnetokristalliner Anisotropie festgelegt. Der Formbeitrag ergibt sich aus der Dipol-Dipol-Wechselwirkung und gilt als sehr gut verstanden. Die magnetokristalline Anisotropie hat ihre Ursache in der Spin-BahnWechselwirkung und ist daher mit dem magnetischen Bahnmoment verknüpft. Während der Spin eine isotrope Eigenschaft ist, bewirkt eine aus der Kristallsymmetrie resultierende Anisotropie des Bahnmomentes eine Anisotropie der Spin-Bahn-Wechselwirkung und damit einen magnetokristallinen Anisotropiebeitrag [16, 21, 22]. 1 Das Stoner-Modell entspricht der Molekularfeldnäherung des Hubbard-Modells, das für die Beschreibung itineranter Magnete verwendet wird. Die Beschreibung lokalisierter Ferromagnete wird dagegen durch das Heisenberg-Modell vorgenommen. 7 2 Grundlagen Magnetische Spin- und Bahnmomente im Übergangsbereich Eine für die Diskussion der magnetischen Eigenschaften von Clustern und Nanopartikeln wichtige Aussage des Stoner-Kriteriums nach Glg. (2.3) liegt in der geforderten hohen Zustandsdichte an der Fermi-Kante. Die Zustandsdichte ist etwa umgekehrt proportional zur energetischen Breite der betrachteten Bänder und wird daher stark durch die lokale Umgebung beeinflusst. Im Allgemeinen gilt, dass die Bandbreite mit der Zahl der nächsten Nachbarn bzw. dem Grad der Delokalisierung der Elektronen abnimmt und für den Fall des isolierten Atoms gegen Null geht. Daraus folgt, dass das Stoner-Kriterium für Atome immer erfüllt ist. In Bereichen geringer Koordination, wie im Fall der Cluster und an der Oberfläche größerer Nanopartikel, führt die Erhöhung der Zustandsdichte im Allgemeinen zu einer entsprechenden Erhöhung der magnetischen Momente oder sogar zum Auftreten von Ferromagnetismus in ansonsten paramagnetischen Materialien, wie beispielsweise im Fall kleiner, massenselektierter Rhodiumcluster aus 12 − 32 Atomen experimentell demonstriert werden konnte [23]. Theorie und Experiment zeigen, dass neben den Spinmomenten vor allem die Bahnmomente bei reduzierter Koordination eine signifikante Erhöhung erfahren [13, 14, 24–26]. Ein detailliertes Verständnis der magnetischen Eigenschaften von Clustern und Nanopartikeln erfordert darüber hinaus die Kenntnis von deren Form und Struktur [7, 27–29]. Im Fall kleinerer Cluster ist die Untersuchung der Struktur sowohl von der theoretischen als auch der experimentellen Seite eine große Herausforderung, da einerseits die atomare Konfiguration mit sich ändernder Zahl der Atome drastisch variieren kann und andererseits selbst bei fester Zahl von Atomen eine Vielzahl von Strukturisomeren möglich ist [1]. Von besonderer Bedeutung bei der Suche nach Gleichgewichtsstrukturen sind die so genannten magischen Zahlen“, ” die durch das Auftreten elektronischer bzw. geometrischer Schalenabschlüsse charakterisiert sind und bei denen die Cluster eine besonders hohe Stabilität aufweisen. Bei weiterer Erhöhung der Zahl der Atome pro Cluster stabilisiert sich die Struktur und geht bei hinreichender Größe in das entsprechende atomare Gitter des Festkörpers über. Die äußere Gestalt der Partikel wird in diesem Fall durch die Konkurrenz von Volumen- und Oberflächenbeiträgen zur Gesamtenergie bestimmt und kann durch eine Wulff-Konstruktion angegeben werden. Da die Oberflächenenergie selbst von der Größe der Partikel abhängt und durch sie die strukturellen Eigenschaften durch Verspannungen modifiziert werden können, ist der Übergang von der Clusterstruktur zum Festkörpergitter allerdings keineswegs trivial, sondern erfordert im Allgemeinen eine explizite Untersuchung [5, 30, 31]. Dies wird auch dann deutlich, wenn man bedenkt, dass die Nanopartikel infolge des Herstellungsprozesses häufig nicht in der thermodynamischen Gleichgewichtsform vorliegen. So werden die Cluster in Gasaggregationsquellen mit teils sehr hohen Kühlraten abgekühlt, so dass kinetische Effekte das Erreichen des thermodynamischen Gleichgewichts auf experimentell zugänglichen Zeitskalen verhindern können [5, 32]. Bei den chemischen Verfahren befinden sich die Partikel während des Wachstums in stark wechselwirkenden Medien, die sogar gezielt zur Manipulation der Form genutzt werden können [8]. Werden Nanopartikel aus der Gasphase auf ein Substrat deponiert, kann sowohl der Depositionsprozess selbst als auch die spätere spezifische Wechselwirkung mit dem Substrat einen signifikanten Einfluss auf die Partikelform und damit auf ihre physikalischen, chemischen und magnetischen Eigenschaften haben [6, 7, 33, 34]. 8 2.1 Magnetismus von Clustern und Nanopartikeln 2.1.2 Magnetische Eigenschaften von Fe-Clustern und Nanopartikeln – Stand der Forschung Untersuchungen an Eisenpartikeln lassen sich bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhundert zurückverfolgen [8]. Aus diesen frühen Arbeiten ließen sich wichtige Schlussfolgerungen über die magnetischen Eigenschaften von kleinen Partikeln ziehen. Neben Untersuchungen zur Domänenstruktur und magnetischen Anisotropie und konnte auch der von Néel vorhergesagte Phasenübergang vom Ferro- zum Superparamagnetismus experimentell nachgewiesen werden [35–37]. Mit verbesserten experimentellen Methoden waren größenabhängige Untersuchungen zur Magnetisierung und Anisotropie von Fe-Nanopartikeln möglich. Ein großes Problem der frühen Experimente stellte die hohe chemische Reaktivität der Fe-Nanopartikel dar. Gangopadhyay u. a. konnten im Jahr 1992 zeigen, dass das Aussetzen von Partikeln mit mittleren Durchmessern von 5 − 16 nm an Luft zur Ausbildung einer Schalenstruktur führte, bei der der reine α-Fe-Kern von einer etwa 2nm dicken Oxidschicht umgeben ist [38]. Die im Vergleich zur Festkörpermagnetisierung, reduzierten und größenabhängigen magnetischen Momente und Anisotropiekonstanten wurden daher als Resultat der Oxidation interpretiert. Erste in situ Experimente aus dem Jahr 1994 an Fe-Nanopartikeln mit Durchmessern von 2 − 6 nm ergaben, dass die auf Kohlenstoff deponierten Partikel im Wesentlichen α-Fe-Eigenschaften aufwiesen und dass auch die Volumenanisotropie dieser Partikel etwa dem Festkörperwert entspricht [39]. Die vergleichsweise kleine Oberflächenanisotropie wurde mit der sphärischen Form der Partikel in Verbindung gebracht. Etwa zur gleichen Zeit konnten Billas u. a. in ihren wegweisenden Stern-Gerlach-Experimenten die starke Abhängigkeit der magnetischen Eigenschaften von der Clustergröße zeigen [40, 41]. Den Autoren gelang es, die magnetischen Momente von Fe-, Co- und Ni-Clustern mit Größen zwischen etwa 30 − 700 Atomen in Abhängigkeit von der Clustergröße zu bestimmen. Die Experimente an den Eisenclustern ergaben dabei für Clustergrößen bis zu etwa 100 Atomen im Vergleich zum Festkörperwert stark erhöhte magnetische Momente im Bereich von etwa ∼ 3 µB . Mit zunehmender Clustergröße sank das magnetische Gesamtmoment jedoch ab und erreichte den Festkörperwert bei etwa 500 Atomen. Die starke Erhöhung der magnetischen Momente wurde auf die reduzierte Koordination der untersuchten Cluster zurückgeführt, die ebenfalls beobachteten Oszillationen wurden mit Schalenabschlüssen in Verbindung gebracht. Die genaue Interpretation der Stern-Gerlach-Experimente ist insbesondere im Fall der Eisencluster bis heute Gegenstand der Debatte [42, 43]. XMCD-Messungen wurden bisher an massenselektierten Fe-Clustern auf Ni/Cu(001) und an kleinen Nanopartikeln zwischen 200 und 700 Atomen auf hoch orientiertem pyrolytischem Graphit (HOPG) durchgeführt. Die massenselektierten Fe-Cluster auf Ni/Cu(001) aus 2-9 Atomen zeigten stark erhöhte magnetische Spin- und Bahnmomente (bezogen auf die Zahl der unbesetzten 3d-Zustände), die zudem stark mit der Clustergröße schwankten [44, 45]. An den Fe-Nanopartikeln auf HOPG wurden festkörperähnliche Spin- aber stark erhöhte magnetische Bahnmomente gefunden [46, 47]. Aus den genannten Arbeiten können im Hinblick auf die hier untersuchten großen Nanopartikel folgende Schlussfolgerungen gezogen werden: (i) Eine Untersuchung der intrinsischen Eigenschaften von Fe-Clustern und Nanopartikeln erfordert wegen der hohen chemischen Re- 9 2 Grundlagen aktivität in situ Experimente. (ii) Die Stern-Gerlach-Experimente am Clusterstrahl geben Hinweise darauf, dass die magnetischen Gesamtmomente für Cluster mit mehr als 500 Atomen bereits festkörperähnlich sind. (iii) Die XMCD-Untersuchungen an deponierten Clustern zeigen stark erhöhte und größenabhängige magnetische Bahnmomente für Partikel mit bis zu 700 Atomen und geben einen Hinweis darauf, dass zwar das Spinmoment für Partikel mit mehr als 500 Atomen festkörperähnlich ist, die Bahnmomente jedoch auch bei größeren Partikeln von den Festkörpereigenschaften abweichen können. Die vorliegende Arbeit wird den Größenbereich der bisherigen XMCD-Untersuchungen zu Partikeln aus einigen 10.000 Atomen erweitern und dabei prüfen, ob es auch noch bei deutlich größeren Partikeln Abweichungen von den Spin- und Bahnmomenten des Festkörpers gibt. 2.2 Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit magnetischer Materie In diesem Abschnitt sollen die grundlegenden Wechselwirkungen zwischen elektromagnetischen Strahlungsfeldern und magnetisierter Materie dargestellt werden. Die aus der Lösung der Maxwellschen Gleichungen hergeleiteten Effekte sind Grundlage der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Experimente. Der Ausgangspunkt zur Untersuchung der Wechselwirkung von Licht mit Materie sind die Maxwellschen Gleichungen für Medien ohne Oberflächenladungen und -ströme: ∇ × E = −µ0 ∂H , ∂t ∂D , ∂t ∇ · D = 0, ∇×H = ∇ · H = 0. (2.4) (2.5) (2.6) (2.7) Dabei sind E, D und H das elektrische Feld, die dielektrische Verschiebung im Medium und das magnetische Feld. Der Einfluss der Magnetisierung des Mediums macht sich bei optischen und höheren Frequenzen nicht in einer direkten Wechselwirkung mit dem magnetischen Feld des Lichtes bemerkbar, sondern geht indirekt durch einen – von der Magnetisierung M der Probe abhängigen – Dielektrizitätstensor εr über die Beziehung: D = ε0 εr · E (2.8) ein.2 Der Einfluss der Magnetisierung auf den Dielektrizitätstensor kann anhand des klassischen Lorentz-Drude-Modells diskutiert werden, das im Abschnitt 2.2.1 vorgestellt und diskutiert 2 In den oben angegebenen Gleichungen wurde die Wechselwirkung der Magnetisierung mit den magnetischen Feldern des Lichtes bereits vernachlässigt, indem B = µ0 H eingesetzt wurde. Die dabei für den Permeabilitätstensor gemachte Näherung µr = 1 beruht auf der Tatsache, dass die Magnetisierung des Mediums gegenüber optischen und höheren Frequenzen zu träge ist, als das sie dem äußeren Feld folgen könnte. 10 2.2 Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit magnetischer Materie wird. Mit Hilfe einer verallgemeinerten Form des Dielektrizitätstensors werden anschließend die Maxwellschen Gleichungen für verschiedene Orientierungen zwischen Magnetisierung und Ausbreitungsrichtung ebener Wellen gelöst. Aus den Eigenschaften der resultierenden Brechungsindizes werden im Abschnitt 2.2.2 die fundamentalen magneto-optischen Effekte bei der Transmission von Licht durch magnetisierte Materie hergeleitet. 2.2.1 Verallgemeinertes Lorentz-Drude-Modell Mit Hilfe des klassischen Lorentz-Drude-Modells kann auf physikalisch intuitive Weise die allgemeine Form des Dielektrizitätstensors in einem isotropen, magnetischen Medium hergeleitet werden. Ausgangspunkt des Modells ist die Bewegungsgleichung für ein Elektron in einem harmonischen Potenzial unter dem Einfluss eines periodischen elektrischen Feldes3 E = E0 exp(iωt) und einer statischen magnetischen Induktion B entlang der z-Achse : r̈ + γ · ṙ + ω02 · r = e · (E + ṙ × B). me (2.9) Dabei sind ω0 die Resonanzfrequenz des Elektrons im harmonischen Potenzial, γ der Dämpfungsfaktor und me die Masse des Elektrons4 . Glg. (2.9) wird mit dem Ansatz r = r0 exp(iωt) gelöst. Mit den Schwingungs- und Feldamplituden r0 = (x, y, z), E0 = (Ex , Ey , Ez ) ergibt sich folgendes Gleichungssystem: X · x + 2iωL ω · y = X · y − 2iωL ω · x = X ·z = e · Ex , me e · Ey , me e · Ez . me (2.10) (2.11) (2.12) Dabei wurde die Definition X := ω02 −ω 2 −iγω und die dem Magnetfeld proportionale LarmorFrequenz ωl := eBz /2me eingesetzt. Mit den Definitionen x± := x ± iy bzw. E± := Ex ± iEy lassen sich die Gleichungen (2.10)−(2.12) auf folgende, reduzierte Form bringen: x± = z = e me E± X ± 2ωl ω e me Ez . X , (2.13) (2.14) Damit sind bei gegebenem magnetischen Feld Bz die Amplituden x± zweier zirkularer Schwingungsmoden und z einer linearen Mode des Elektrons eindeutig durch die Amplituden der anregenden Moden des elektrischen Feldes bestimmt. Offensichtlich zeigt die z-Komponente 3 Befindet sich das Elektron in einem Medium, dann wirkt auf das Elektron ein zusätzlicher Beitrag, der durch die Polarisation P dieses Mediums erzeugt wird (Lorenz-Lorentz-Kopplung). Soll diese Kopplung berücksichtigt werden, ist E durch die lokale Feldstärke Elok = E+P/(30 ) zu ersetzen. Im hier vorgestellten Fall wirkt diese Korrektur im Wesentlichen nur als skalierender Faktor, so dass sie für die hier durchgeführte qualitative Betrachtung keine Bedeutung hat. 4 In einer genaueren Beschreibung müsste me durch die effektive Elektronenmasse m∗e ersetzt werden. 11 2 Grundlagen der Schwingungsamplitude des Elektrons bei Variation der Anregungsfrequenz ω das typische Verhalten eines durch γ gedämpften, harmonischen Oszillators mit der Resonanzfrequenz ω0 . Das Magnetfeld hat auf diese - ihm parallele - lineare Schwingungsmode keinen Einfluss. Im Gegensatz dazu werden die Resonanzfrequenzen der zirkularen Schwingungen in der x-y-Ebene durch die Terme ±2ωl ω in Abhängigkeit vom Drehsinn der Bewegung um die nichtmagnetische“ Resonanz ω0 herum verschoben. ” Um von den Schwingungsamplituden zum Dielektrizitätstensor zu gelangen, wird zunächst auf die Definition der makroskopischen Polarisation durch P = (N/V )er zurückgegriffen. Mit der Definition P± := Px ± iPy ergibt sich dann durch Multiplikation der Gleichungen (2.13) und (2.14) mit der Dipoldichte (N/V ) und der Elementarladung e für die Komponenten der Polarisation: P± = Pz = N e2 V me N e2 V me 1 · E± , X ± 2ωl ω 1 · · Ez . X · (2.15) (2.16) Die Elemente des Dielektrizitätstensors ergeben sich dann durch Vergleich mit dem Zusammenhang zwischen der Polarisation und dem elektrischen Feld, der mit der Polarisierbarkeit χ durch P = ε0 χE = ε0 (εr − 1)E gegeben ist. Die entsprechenden Komponenten lauten: P± = ε0 · (ε± r − 1) · E± , Pz = ε 0 · (εzr − 1) · Ez . (2.17) (2.18) Der Vergleich mit Glg. (2.15) und (2.16) ergibt für die Komponenten des Dielektrizitätstensors N e2 ε0 V me N e2 = 1+ ε0 V me ε± = 1+ r εzr 1 , X ± 2ωl ω 1 · . X · (2.19) (2.20) Für kleine Larmor-Frequenzen, d. h. ωl ω0 , kann Gleichung (2.19) nach Potenzen in ωl entwickelt werden: N e2 1 2ωl ω (2ωl ω)2 ± 3 εr = 1 + ∓ + ∓ O (2ωl ω) . (2.21) ε0 V me X X2 X3 Die Frequenz- und Magnetfeldabhängigkeit der Elemente des Dielektrizitätstensors Die Gleichungen (2.19) und (2.20) können daher zunächst auf folgende Form gebracht werden: ε± r := εxx ∓ iεxy und εzr := εzz . (2.22) Löst man die erste Gleichung nach εxx und εxy auf, so erhält man folgende, instruktive Darstellung der Tensorelemente: εxx = 12 − ε+ r + εr , 2 εxy = i − ε+ r − εr 2 und εzz = εzr . (2.23) 2.2 Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit magnetischer Materie 0 ,0 1 5 I m ( εx x ) I m ( εx y ) R e ( εx x ) - 1 R e ( εx y ) I m ( εz z ) 0 ,0 1 0 x 5 0 ,0 0 5 0 ,0 0 0 x 1 0 I m ( εz z ) - I m ( εx x ) -0 ,0 0 5 x 5 7 0 0 7 1 0 7 2 0 7 0 0 7 1 0 7 2 0 7 0 0 7 1 0 7 2 0 P h o t o n e n e n e r g ie ( e V ) Abb. 2.1: Elemente des Dielektrizitätstensors nach dem Lorentz-Drude-Modell. Die Darstellung entspricht dabei etwa den Verhältnissen an der Fe-2p3/2 -Kante. Der linke und mittlere Teil der Abbildung zeigen εxx bzw εxy . Die Imaginärteile sind dabei als durchgezogene, die Realteile als gestrichelte Linien dargestellt. Im rechten Teil ist der Imaginärteil von εzz als durchgezogene Linie gegeben. Die gestrichelte Linie gibt die Differenz Im(εzz ) − Im(εxx ) wieder. Die Frequenzabhängigkeit von εzz folgt einem Lorentz-Profil mit der Resonanzfrequenz ω0 und der Breite γ. Im Gegensatz dazu ergibt sich der Imaginärteil von εxx aus der Mittelung von zwei um die Larmor-Frequenz (±ωl ) verschobenen Lorentz-Profilen zirkularer Schwingungsmoden (ε± r ). Dieser Mittelwert weicht mit zunehmender Verschiebung ωl immer mehr vom nichtmagnetischen Diagonalelement εzz ab. Das Nichtdiagonalelement εxy ergibt sich aus der Differenz der beiden zirkularen Moden und nimmt ebenfalls mit der Aufspaltung (±ωl ) zu. In Abb. 2.1 sind beispielhaft nach dem Lorentz-Drude-Modell berechnete Elemente des Dielektrizitätstensors abgebildet. Die Parameter wurden dabei so angepasst, dass in etwa die experimentell gefundenen Verhältnisse an der Fe-2p3/2 -Kante nachempfunden werden konn2 ten (~ω0 = 710 eV, ~ωl = 0,3 eV, ~γ = 4 eV und ε0NVeme = 40). Die Larmor-Frequenz ist demnach deutlich kleiner als die Resonanzfrequenz und die Linienbreite, so dass die aufgespaltenen zirkularen Moden nicht als diskrete Linien messbar sind. Der Einfluss der Magnetisierung macht sich in den Spektren lediglich durch relativ kleine Abweichungen vom nichtmagnetischen Lorentz-Profil bemerkbar. In einem ferromagnetischen Metall erfahren die frei beweglichen Elektronen infolge der Austauschwechselwirkung magnetische Feldstärken im Bereich von etwa 30 T. Daher erwartet man eine Larmor-Frequenz von etwa 0,001 eV, die damit deutlich kleiner ist als die angepasste. Aus dieser starken Abweichung wird klar, dass 13 2 Grundlagen das klassische Lorentz-Drude-Modell zwar nicht geeignet ist, eine quantitativ befriedigende Erklärung realer Spektren zu geben, dennoch erlaubt es einen physikalisch intuitiven Zugang zu den Eigenschaften des Dielektrizitätstensors. Die Abhängigkeit der Tensorelemente vom Magnetfeld Die qualitative Abhängigkeit der Tensorelemente von der Magnetisierung wird vom LorentzDrude-Modell ebenfalls korrekt wiedergegeben. Durch einen Vergleich der Glgn. (2.20)−(2.22) ergibt sich: N e2 1 (2ωl ω)2 εxx = 1 + , (2.24) + ε0 V me X X3 N e2 2ωl ω εxy = i · , (2.25) ε0 V me X 2 N e2 1 εzz = 1 + · . (2.26) ε0 V me X Das Diagonalelement εxx hängt folglich nur durch einen kleinen Korrekturterm quadratisch vom effektiven Magnetfeld ab, während das Nichtdiagonalelement εxy dagegen direkt proportional zur Magnetisierung ist. Das Element εzz ist unabhängig von ωl und entspricht dem nichtmagnetischen Fall. Eine quantenmechanische Behandlung zeigt zwar, dass reale Spektren als Überlagerung mehrerer Lorentz-Profile verstanden werden können. Die Intensität und die energetische Lage der einzelnen Strukturen ergibt sich jedoch aus den - nach den Dipolauswahlregeln erlaubten - Übergangsmatrixelementen und den darin berücksichtigten intra- und interatomaren Wechselwirkungen: Spin-Bahn-Wechselwirkung der Rumpfniveaus, das Kristallfeld bzw. die Bandstruktur und die Austauschwechselwirkung in den Endzuständen [48, 49]. Eine ausführliche Darstellung der quantenmechanischen Behandlung wird im Abschnitt 2.3 gegeben. Der Dielektrizitätstensor in kartesischen Koordinaten - allgemeine Eigenschaften Zuletzt soll noch der Dielektrizitätstensor in kartesischen Koordinaten angegeben werden. Dazu wird der Zusammenhang zwischen den zirkularen und linearen Moden des elektrischen z Feldes und der dielektrischen Verschiebung, D± = ε0 ε± r E± bzw. Dz = ε0 εr Ez , ausgenutzt [siehe Glg. (2.8)] und nach den kartesischen Koordinaten aufgelöst. Es ergibt sich dann folgende, häufig angegebene Form von εr : Ex Dx εxx εxy 0 Dy = ε0 · −εxy εxx 0 · Ey . Dz 0 0 εzz Ez (2.27) Der Dielektrizitätstensor hängt nur von den drei unabhängigen, oben hergeleiteten Tensorelementen ab. Für die Nichtdiagonalelemente gilt darüber hinaus offenbar εxy = −εyx . Diese 14 2.2 Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit magnetischer Materie Beziehung ist unabhängig vom zugrunde liegenden Modell und in verallgemeinerter Form als Onsager-Relation bekannt [50]. Mit Hilfe der Onsager-Relation und gruppentheoretischer Überlegungen zur Symmetrie des betrachteten Mediums lassen sich allgemeine Aussagen über die Gestalt des Dielektrizitätstensors machen. Eine solche Herleitung ist beispielsweise in Ref. [51] zu finden. 2.2.2 Lösung der Maxwellschen Gleichungen Nun soll der Einfluss des oben hergeleiteten dielektrischen Tensors auf die magneto-optischen Eigenschaften des betrachteten Mediums untersucht werden. Zur Lösung der Maxwellschen Gleichungen (2.4)−(2.7) werden ebene Wellen der Form E(r, t) = E0 ·ei(k·r−ωt) , D(r, t) = D0 · ei(k·r−ωt) bzw. H(r, t) = H0 · ei(k·r−ωt) mit dem komplexen Wellenvektor k und der Frequenz ω angesetzt. Es ergibt sich das folgende gekoppelte Gleichungssystem für die Amplituden E0 , H0 und D0 : k × E0 = µ0 ωH0 , (2.28) k × H0 = −ωD0 , (2.29) k · H0 = 0, (2.30) k · D0 = 0. (2.31) Eine Entkopplung der Gleichungen erreicht man durch vektorielles Multiplizieren von Glg. (2.28) mit k: k × (k × E0 ) = µ0 ω(k × H0 ) = −µ0 ω 2 D0 . (2.32) Die rechte Seite ergibt sich durch Einsetzen von Glg. (2.29). Ersetzt man dort weiterhin D0 durch ε0 εr · E0 [siehe Glg. (2.8)] erhält man eine Gleichung zur Bestimmung der elektrischen Feldkomponente E0 . Die resultierende Gleichung kann durch Ausnutzen der Vektoridentität a × (b × c) = (a · c) · b − (a · b) · c auf die folgende Form gebracht werden5 : k · (k · E0 ) − k2 E0 + ω2 ε · E0 = 0. c2 (2.33) Ohne Beschränkung der Allgemeinheit nehmen wir im Folgenden eine feste Ausbreitungsrichtung des Lichtes parallel zur z-Achse an [k = (0, 0, k)]. Da wir uns für Effekte interessieren, die bei unterschiedlichen Orientierungen der (gesättigten) Magnetisierung m = M/Ms bezüglich der Ausbreitungsrichtung des Lichtes auftreten, soll hier anstelle des oben hergeleiteten Dielektrizitätstensors mit fester Magnetisierungsrichtung (m k z) ein verallgemeinerter Tensor, der eine beliebige Orientierung der Magnetisierung beschreibt, verwendet werden. Wird die Ausrichtung der Magnetisierung durch die Winkel ϕ bezüglich der z-Achse und γ bezüglich der x-Achse beschrieben, hat der Richtungsvektor folgende Komponenten: m1 cos γ sin ϕ m = m2 = sin γ sin ϕ . (2.34) m3 cos ϕ 5 Diese Gleichung wird auch als Fresnel-Gleichung bezeichnet. 15 2 Grundlagen Der Dielektrizitätstensor lässt sich dann in folgender Form angeben (siehe beispielsweise Ref. [52]): 1 iQm3 −iQm2 B1 m21 B2 m1 m2 B2 m1 m3 εr = ε −iQm3 1 iQm1 + B2 m1 m2 B1 m22 B2 m2 m3 . iQm2 −iQm1 1 B2 m1 m3 B2 m2 m3 B1 m23 (2.35) Hierbei ist Q = −iεxy /εxx die Voigt-Konstante und B1 bzw. B2 Parameter, die die in m quadratischen Effekte beschreiben. Liegt die Magnetisierung parallel zur z-Achse, nimmt der Tensor (2.35) mit ε = εxx und B1 = εzz − εxx die oben hergeleitete Form nach Glg. (2.27) an. Magnetisierung parallel zur Ausbreitungsrichtung Sind k und m parallel zur z-Achse orientiert, ergibt sich aus Glg. (2.33) mit dem Dielektrizitätstensor nach Glg. (2.35) das folgende Gleichungssystem zur Bestimmung der Komponenten von E0 = (Ex , Ey , Ez ): 2 2 ( ωc2 εxx − k 2 )Ex + i ωc2 εxy Ey −i ω2 c2 = 0, ω2 c2 εxx − k 2 )Ey = 0 , εzz Ez = 0. εxy Ex + ( (2.36) Das Gleichungssystem liefert nur dann eine nichttriviale Lösung für Ex und Ey , wenn die Determinante der oberen beiden Gleichungen verschwindet. Aus dieser Bedingung ergeben sich zwei mögliche Werte für k: k± = ωp εxx ± iεxy c , d. h. n± = p εxx ± iεxy . (2.37) Einsetzen in die Welle der Form E(z, t) = E0 · ei(k·z−ωt) zeigt, dass die Lösungen zwei zirkular polarisierten Moden entgegengesetzter Helizität entsprechen. Da k ± bzw. n± komplexe Größen sind, unterscheiden sich bei der Transmission von zirkular polarisiertem Licht sowohl der Real- als auch der Imaginärteil für entgegengesetzte Helizitäten. Die Abhängigkeit des Realteils des Brechungsindex n± von der Helizität wird als zirkulare Doppelbrechung und die Abhängigkeit des Imaginärteils von der Helizität als zirkularer Dichroismus bezeichnet. Der Einfluss der Magnetisierung auf linear polarisiertes Licht, das sich parallel zur Magnetisierungsrichtung ausbreitet, wird klar, wenn man letzteres aus zwei entgegengesetzt zirkular polarisierten Moden zusammengesetzt denkt. Bei Eintritt in das magnetische Medium erfahren beide Moden unterschiedliche Brechungsindizes und damit eine unterschiedliche Verzögerung und Absorption. Dadurch wird eine Drehung der Polarisationsebene und eine leichte Elliptizität im transmittierten Licht erzeugt. Der so genannte Faraday-Effekt ist also Folge einer zirkularen Doppelbrechung und eines zirkularen Dichroismus. 16 2.2 Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit magnetischer Materie Magnetisierung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung Um für diesen Fall die Brechungsindizes zu berechnen, wird die Magnetisierung parallel zur x-Achse gedacht. Nach Glg. (2.33) ergibt sich dann folgendes Gleichungssystem: 2 ( ω2 c2 [ ωc2 εzz − k 2 ]Ex = 0, ω2 c2 εxy Ez = 0 , εxx − k 2 )Ey + i ω2 (−iεxy Ey c2 + εxx Ez ) (2.38) = 0. Für Wellen, die entlang der x-Achse polarisiert sind, d. h. E k m, ergibt sich der Brechungsindex zu √ nk = εzz . (2.39) Der Brechungsindex für Wellen, die in der y-z-Ebene polarisiert sind, d. h. E ⊥ m, lautet: s ε2xx + ε2xy n⊥ = . (2.40) εxx Dieses Ergebnis gilt analog für m k y, wenn in obigen Betrachtungen die x- und y-Achsen vertauscht werden. Der Brechungsindex für linear polarisiertes Licht hängt also von der Polarisationsrichtung bezüglich der Magnetisierung ab. Der aus den Realteilen der Brechungsindizes n resultierende Effekt wird lineare Doppelbrechung genannt und bewirkt eine Drehung der Polarisationsebene des Lichtes, das die Probe unter einem beliebigem Polarisationswinkel durchdringt. Der korrespondierende lineare Dichroismus wird durch die unterschiedlichen Imaginärteile verursacht und bewirkt eine Elliptizität im transmittierten Licht. Der Einfluss der zur Ausbreitungsrichtung senkrechten Magnetisierung auf die Eigenschaften linear polarisierten Lichtes nach der Transmission ist als Voigt-Effekt bekannt. Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild: Bei paralleler Orientierung der Magnetisierung und der Lichtausbreitung treten Effekte auf, die linear in m sind. Nach Umkehr der Magnetisierung ändern sich die Polarisationseigenschaften, die transmittierte Intensität und der Brechungswinkel. Im hier interessierenden Fall von Photonenenergien, die resonant auf die 2p-Rumpfniveaus der untersuchten magnetischen 3d-Metalle abgestimmt werden, sind die zu erwartenden Effekte sehr stark, d. h. von der Größenordnung > 10 % in der Absorption/Transmission zirkular polarisierter Strahlung bzw. > 10 ◦ bei der Drehung linear polarisierten Lichtes. Die zugehörigen Effekte bei senkrechter Magnetisierung sind von quadratischer Ordnung, d. h. ∝ m2 . Das Umkehren der Magnetisierung (m → −m) hat daher keinen Einfluss auf die genannten Eigenschaften, die Drehung der Polarisationsebene oder der Magnetisierung um 90◦ hingegen schon. Im Bereich der 2p-Kanten sind die zu erwartenden Effekte allerdings sehr klein (∼ 1 %). Ihr Potenzial liegt vorwiegend in der Untersuchung antiferromagnetischer Materialien mit verschwindender Nettomagnetisierung. Kürzlich wurde darauf hingewiesen, dass zwischen dem linearen Dichroismus und der magnetischen Anisotropieenergie ein quantitativer Zusammenhang besteht, so dass die Untersuchung ferromagnetischer Proben mit Hilfe des linearen Dichroismus ein neues Interesse gefunden hat [53, 54]. 17 2 Grundlagen In der vorliegenden Arbeit werden sowohl Absorptions- als auch Reflexionsexperimente an magnetischen dünnen Filmen und Nanopartikeln durchgeführt. Die Ausführungen in den vorangegangenen Abschnitten zeigen, dass alle beobachtbaren magneto-optischen Effekte durch einen Dielektrizitätstensor bestimmt werden. Die für Experimente relevante Größe ist der komplexwertige Brechungsindex n (siehe Kapitel 3). Hier wurde gezeigt, dass der Brechungsindex je nach Orientierung von Magnetisierung und Ausbreitungsrichtung sowie Polarisation der einfallenden Strahlung durch verschiedene Kombinationen der Elemente des Dielektrizitätstensors bestimmt wird. Unterschiedliche experimentelle Geometrien erlauben folglich die Messung der entsprechenden Tensorelemente. Da Real- und Imaginärteile des Dielektrizitätstensors über Kramers-Kronig-Relationen miteinander verknüpft sind, genügt es zur vollständigen Kenntnis des Tensors, nur einen der beiden Anteile – im Allgemeinen den Imaginärteil – experimentell zu ermitteln. Dies gilt auch für die daraus abgeleiteten Größen wie den Brechungsindizes. 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung In den vorhergehenden Abschnitten wurden die Maxwellschen Gleichungen für die Wechselwirkung elektromagnetischer Wellen mit einem magnetischen Medium gelöst. Dabei verursacht die Magnetisierung eine Anisotropie dieser Wechselwirkung, die sich in anisotropen und polarisationsabhängigen Brechungsindizes niederschlägt. Die resultierenden Brechungsindizes sind Funktionen der komplexen Elemente des Dielektrizitätstensors (2.35). Für die Diagonalelemente, die linear von m abhängen, wurde im Abschnitt 2.2.1 eine klassische Herleitung gegeben, die die Symmetrieeigenschaften des ersten Summanden von (2.35) erklärt. Tatsächlich lässt sich die allgemeine Form des Tensors (2.35) allein aus Symmetriegründen angeben (Onsager-Relation). Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass Real- und Imaginärteile des Dielektrizitätstensors und der daraus abgeleiteten Brechungsindizes eindeutig miteinander verknüpft sind. Dennoch bleiben die Tensorelemente lediglich phänomenologische Parameter, denen bis hierhin keine mikroskopische Ursache zugeordnet ist. Die Verbindung zwischen mikroskopischen Eigenschaften und makroskopischen Parametern wird im Folgenden über den Zusammenhang zwischen den Absorptionseigenschaften und den Imaginärteilen des Dielektrizitätstensors hergestellt. Die Wechselwirkung zwischen Röntgenstrahlung und Materie wird im Allgemeinen durch den Wechselwirkungsquerschnitt σ beschrieben. Er ist definiert als Quotient aus der Zahl der vom Zustand |ii in den Zustand |f i pro Sekunde angeregten Elektronen Γi→f und dem einfallendem Photonenfluss IPh : Γi→f σ= . (2.41) IPh Da der Photonenfluss IPh als Zahl einfallender Photonen pro Sekunde und Flächeneinheit definiert ist, hat σ die Einheit einer Fläche und wird üblicherweise in cm2 oder barn angegeben (1 cm2 = 1024 barn) (siehe Ref. [55]). In Abb. 2.2 sind der totale Wechselwirkungsquerschnitt und seine Beiträge aus konkurrierenden Prozessen beispielhaft für Cu im Energiebereich von 10 eV bis 109 eV dargestellt. Die in dieser Arbeit untersuchten Energiebereiche in der Nähe 18 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung W e c h s e lw ir k u n g s q u e r s c h n itt ( b a r n /A to m ) L -K a n te n C u (Z = 2 9 ) 6 L 1 0 3 L 1 0 3 L 2 1 T h o m s o n e le c tr o n p o s itr o n p a ir s 1 0 0 p h o to n u c le a r a b s o r p tio n C o m p to n 1 0 1 1 0 3 5 1 0 1 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) 7 1 0 9 Abb. 2.2: Totaler Wechselwirkungsquerschnitt der Photoabsorption für Kupfer über einen großen Energiebereich nach [56]. Die durchgezogene schwarze Linie ist die Summe der einzelnen, dargestellten Beiträge. Der für die hier vorgestellten Experimente relevante Bereich in der Nähe der L3,2 -Kanten ist durch den rot gestrichelten Rahmen im Inset markiert. der L3,2 -Kanten sind durch den rot gestrichelten Rahmen im Inset kenntlich gemacht. Die Wechselwirkung in diesen Energiebereichen wird im Wesentlichen durch photoelektrische Absorption bestimmt, bei der das einfallende Licht Elektronen in gebundene bzw. ungebundene Zustände anregt. Elastische Rayleigh- bzw. Thomson-Streuung und inelastische ComptonStreuung spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Anregungswahrscheinlichkeit der Elektronen Γi→f lässt sich mit Hilfe der Goldenen ” Regel der Quantenmechanik“ berechnen (siehe z. B. [55, 57, 58]): Γi→f 2 2π × hf | Ĥint |ii × ρ(Ef ) × δ(Ef − Ei − ~ω). = ~ | {z } | {z } Übergangsmatrixelement (2.42) Zustandsdichte Sie ist proportional zu den Übergangsmatrixelementen und der Dichte der (freien) Endzustände oberhalb der Fermi-Energie. Die δ-Funktion sorgt für Energieerhaltung. Der Wechselwirkungsoperator Ĥint beschreibt die zeitabhängige Störung des atomaren Potenzials durch das elektromagnetische Feld des einfallenden Lichtes. 19 2 Grundlagen In Coulomb-Eichung ist der Wechselwirkungsoperator näherungsweise durch Ĥint ≈ − e A·p me (2.43) gegeben. Dabei ist p der Impulsoperator des Elektrons und A das Vektorpotenzial des Feldes. Vernachlässigt wurde dabei ein Term mit quadratischer Abhängigkeit von A, der ZweiPhotonen-Prozesse beschreibt. Das Vektorpotenzial wird durch A(r, t) = e · A0 [exp {i(k · r − ωt)} + exp {−i(k · r − ωt)}] (2.44) beschrieben. Hierbei ist e der Polarisationsvektor des Feldes. Von beiden Termen ist der linke Term [∝ exp(−iωt)] von Bedeutung, da nur er für eine Absorption des Lichtes bei der Bildung des Betragsquadrates in Glg. (2.42) sorgt. Da die Wellenlängen in den hier untersuchten Energiebereichen mit λ ∼ 20 Å deutlich größer sind als die Ausdehnung der untersuchten Orbitale r ∼ 0,2 − 0,8 Å und damit k · r 1 gilt, kann der linke Term in Glg. (2.44) in folgender Form entwickelt werden: 1 2 A(r, t) = e · A0 exp(−iωt) 1 − ik · r + (ik · r) + ... . 2 (2.45) Die Entwicklungsterme in der Klammer beschreiben elektrische Dipolübergänge E1, elektrische Quadrupolterme E2 und magnetische Dipolübergänge M 1. In Dipolnäherung (nur erster Term in der Klammer) ergibt sich daher durch Einsetzen von Glg. (2.45) und Glg. (2.43) in Glg. (2.42) folgender Ausdruck für die Anregungswahrscheinlichkeit: Γi→f = 2π ~ −e me 2 |A0 |2 |hf | e · p |ii|2 × ρ(Ef ) × δ(Ef − Ei − ~ω). (2.46) Durch Ausnutzen der Beziehung: p= h i i me Ĥ0 , r ~ (2.47) mit Ĥ0 |ii = Ei |ii und der Definition des Photonenflusses IPh = A0 2 ω 2π~c (2.48) erhält man für den photoelektrischen Wechselwirkungsquerschnitt in Dipolnäherung: σ(~ω) = 4π 2 α~ω X |hf | e · r |ii|2 × ρ(Ef ) × δ(Ef − Ei − ~ω), (2.49) i,f wobei α = 1/137 die Feinstrukturkonstante ist. Somit ist der Wechselwirkungsquerschnitt durch Dipolmatrixelemente ausgedrückt. Im Folgenden wird gezeigt, wie aus den daraus resultierenden Übergängen und unter Beachtung der Auswahlregeln für polarisierte Strahlung eine Abhängigkeit des resonanten Wechselwirkungsquerschnittes von der Spin- und Bahnmagnetisierung einer untersuchten Probe folgt. 20 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung 2p3/2 A b s o r p tio n ( b . E .) 6 Fe 2p1/2 3 µ + µ - Kontinuum (b . E .) 0 0 ∆µ = µ - µ X M C D + - -3 7 0 0 7 1 0 7 2 0 7 3 0 Photonenenergie (eV) 7 4 0 Abb. 2.3: Oben: Magnetisierungsabhängige Absorptionsspektren (XAS) zirkular polarisierter Strahlung im Bereich der 2p-Rumpfniveaus von Fe. Unten: Zugehöriges Differenzsignal (XMCD). 2.3.1 Zirkularer magnetischer Röntgendichroismus an den Rumpfniveaus XMCD Die Existenz eines magnetischen zirkularen Dichroismus wurde im Abschnitt 2.2.2 mit Hilfe des verallgemeinerten Lorentz-Drude-Modells hergeleitet und seine Verwandtschaft zum Faraday-Effekt herausgestellt. Während diese Phänomene im sichtbaren Licht seit langem bekannt sind, konnten die analogen Effekte im weichen Röntgenbereich erst mit der Verfügbarkeit intensiver Synchrotronstrahlung experimentell untersucht werden. Resonanter magnetischer Zirkulardichroismus im weichen Röntgenbereich wurde 1975 von Erskine und Stern vorhergesagt und erstmals 1987 von Schütz u. a. an der K -Schale einer Eisenfolie experimentell nachgewiesen [9, 10]. Die besondere Bedeutung des magnetischen, zirkularen Dichroismus im (weichen) Röntgenbereich (x-ray magnetic circular dichroism, XMCD) liegt in der Möglichkeit, aus Absorptionsspektren in der Umgebung spin-bahn-aufgespaltener Rumpfniveaus mit Hilfe so genannter Summenregeln“ elementspezifische Aussagen über die magnetischen ” Spin- und Bahnmomente zu erhalten. Zur Illustration der in dieser Arbeit vielfach untersuchten Spektren an den 2p-Rumpfniveaus der 3d-Übergangsmetalle sind in Abb. 2.3 beispielhaft Photoabsorptionsspektren (x-ray absorption spectra, XAS) eines Fe-Films dargestellt. Die rot bzw. blau gestrichelt dargestellten Spektren wurden mit zirkular polarisierter Strahlung fester Helizität bei entgegengesetz- 21 2 Grundlagen ter Magnetisierung aufgenommen. Die Peaks resultieren aus der Anregung von 2p3/2 - bzw. 2p1/2 -Elektronen in unbesetzte 3d-Zustände. Deutlich ist der starke Dichroismus zu erkennen, der üblicherweise an den 2p-Kanten von Fe, Co und Ni gefunden wird. Außerdem ist der stufenförmige Untergrund, der durch Streuung in Kontinuumszustände hervorgerufen wird, dargestellt. Im unteren Teil der Abbildung ist das zugehörige Differenzspektrum zu sehen. Die weiter unten dargestellten Summenregeln“ erlauben durch numerische Integration der ” Peakstrukturen einen direkten Zugriff auf verschiedene Grundzustandseigenschaften der angeregten Atome. Das Zwei-Stufen-Modell Der Mechanismus des XMCD wird üblicherweise im Rahmen eines Zwei-Stufen-Modells behandelt (siehe beispielsweise [22, 59, 60]). Demnach werden im ersten Schritt durch Absorption zirkular polarisierten Lichtes an spin-bahn-aufgespaltenen Rumpfniveaus spinpolarisierte Elektronen erzeugt. Diese Elektronen werden im zweiten Schritt spinselektiv in die freien Zuständen über der Fermi-Kante aufgenommen. Beide Stufen sind in Abbildung 2.4 für den wichtigen Fall der resonanten Absorption an den 2p-Kanten der 3d-Übergangsmetalle dargestellt und werden im Folgenden erläutert. Die Spinpolarisation der angeregten Elektronen kann dabei als Folge eines Drehimpulsübertrages von den absorbierten, zirkular polarisierten Photonen (±~) an die angeregten Elektronen aufgefasst werden. Der erreichbare Grad der Spinpolarisation der Elektronen hängt sowohl von den Anfangs- als auch den Endzuständen ab. Die effektive Polarisation der Elektronen bei der Anregung von den 2p-Kanten in die freien Zustände oberhalb der Fermi-Kante EF eines 3d-Übergangsmetalls kann man abschätzen, indem man sowohl für die Anfangs- als auch die Endzustände atomare Zustände annimmt. Da für die Absorption im weichen Röntgenbereich im Wesentlichen Dipolübergänge eine Rolle spielen, müssen die Dipolauswahlregeln beachtet werden, die durch: ∆l = ±1, ∆ml = ±1, 0 (zirk., lin. Polarisation), ∆s = (2.50) 0 gegeben sind. Erlaubt sind demnach Übergänge der Form 2p → 3d und 2p → 4s. Letztere liefern im Fall der 3d-Übergangsmetalle allerdings einen vernachlässigbar kleinen Beitrag, so dass in entsprechenden Rechnungen nur Übergänge in die 3d-Zustände betrachtet werden [61]. Um die resultierende Spinpolarisation der angeregten Elektronen zu berechnen, benötigt man den Anteil von spin-up und spin-down Elektronen in den 2p-Zuständen und die Übergangswahrscheinlichkeiten in die betrachteten 3d-Endzustände. Zunächst müssen daher die spin-bahn-aufgespaltenen Zustände |ji mit j = l + s in Komponenten nach |ml , ms i durch Berechnung der zugehörigen Clebsch-Gordan-Koeffizienten aufgelöst werden (siehe z. B. [57]). Für den Fall des 2p1/2 -Rumpfniveaus ist in Abb. 2.5 eine solche Zerlegung in Kombinationen 22 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung 3d-Zustände spin-up spin-down EF linkszirk. rechtszirk. + - 2p3/2 2p1/2 Abb. 2.4: Schematische Darstellung des Zwei-Stufen-Prozesses. Zirkular polarisierte Strahlung regt aus den spin-bahn-aufgespaltenen 2p-Rumpfniveaus polarisierte Elektronen an, die von den austauschaufgespaltenen Zuständen oberhalb des FermiNiveaus spinsensitiv aufgenommen werden. Die effektive Spinpolarisation der angeregten Elektronen ist für die beiden Rumpfniveaus entgegengesetzt (nach [22]). von ml und ms dargestellt. Die Zahlen neben den Kästchen geben die resultierende Gewichtung des jeweiligen Zustands an. Weiterhin sind die nach den Dipolauswahlregeln möglichen Übergänge ∆ml = +1 in die 3d-Endzustände durch Pfeile dargestellt. Für die Berechnung der Übergangsmatrixelemente nach Glg. (2.49) kann der Dipoloperator e · r nach Kugelflächenfunktionen Ylml entwickelt werden: r 4π 0 e Y10 + e+1 Y11 + e−1 Y1−1 · r. e·r= (2.51) 3 Die Vektoren e0 , e+1 und e−1 beschreiben dabei linear bzw. zirkular polarisiertes Licht mit entgegengesetzter Helizität (±~). Für den in Abb. 2.5 illustrierten Fall der Absorption eines zirkular polarisierten Photons mit paralleler Orientierung von Helizitätsvektor und Magnetisierung (∆ml = +1) ergeben sich die dort neben den Pfeilen notierten Übergangswahrscheinlichkeiten. Zur Bestimmung der effektiven Spinpolarisation der angeregten Elektronen berechnet man den Erwartungswert der Spinquantenzahl hms i, der gegeben ist durch: P ms ms · pms hms i = P . (2.52) ms pms 23 2 Grundlagen ∆ml =+1 |+2, -1/2> |+1, +1/2> 2p1/2 4/5 mj=+1/2 l=1, j=1/2 2/3 2/5 | 0, +1/2> |+1, -1/2> 1/3 |+1, -1/2> | 0, +1/2> 2/15 2/3 mj=-1/2 | ml , ms > = | -1, +1/2> 2/5 1/3 | 0, -1/2> Abb. 2.5: Zerlegung des 2p1/2 -Rumpfniveaus (j = 1/2) in Anteile ungekoppelter Zustände mit den Quantenzahlen ml und ms und die dazugehörigen, nach Dipolauswahlregeln erlaubten, 3d-Zustände. Das Gewicht der Anfangszustände wird durch die links neben den Kästchen vermerkten Clebsch-Gordan-Koeffizienten bestimmt. Die Übergangswahrscheinlichkeiten in die Endzustände sind neben den Pfeilen notiert (nach [60]). Die Summe wird über ms = ±1/2 ausgeführt. Die Gewichte pms der beiden Summanden können aus Abb. 2.5 abgelesen werden und liefern für den betrachteten Fall der 2p1/2 -Kante: p+1/2 ∝ 2 2 1 2 2 · + · = 3 15 3 5 9 p−1/2 ∝ 2 2 4 1 2 · + · = . 3 5 3 5 3 Damit ergibt sich hms ij=1/2 = −1/4. Eine entsprechende Berechnung für die 2p3/2 -Kante liefert hms ij=3/2 = 1/8. Die Spinpolarisation ist eine Folge der Spin-Bahn-Aufspaltung der angeregten Niveaus. Bei Umkehr der Lichthelizität (∆ml = −1) wechselt das Vorzeichen von hms i an beiden Kanten. Auf gleiche Weise lässt sich die Polarisation bezüglich des Bahnmomentes hml i, die durch P+l hml i = m =−l Pl +l ml · pml ml =−l pml (2.53) gegeben ist, berechnen. Es ergibt sich hml ij=1/2 = +3/2 und hml ij=3/2 = +3/2. Während die Spinpolarisation der Elektronen ihr Vorzeichen und ihren Wert beim Übergang von den 2p1/2 - zu den 2p3/2 -Kanten ändert, bleibt die Bahnpolarisation demnach gleich. In der zweiten Stufe des Modells dienen die freien 3d-Zustände als Filter“ für die Spin” und Bahnpolarisation der angeregten Elektronen. In den Atomen der 3d-Übergangsmetalle 24 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung Fe, Co und Ni sind infolge der Elektronenkonfiguration 4, 3 bzw. 2 der 10 möglichen 3dZustände unbesetzt. Weil diese nach den Hundschen Regeln parallele Spinpolarisation, d. h. die gleiche Spinquantenzahl ms , besitzen und nach den Dipolauswahlregeln nur Übergänge mit ∆ms = 0 erlaubt sind, können nur Elektronen mit entsprechender Spinpolarisation absorbiert“ bzw. überhaupt erst angeregt werden. Da beim Wechsel der Lichthelizität die ” Polarisation der Elektronen ihr Vorzeichen wechselt, können entsprechend weniger Absorptionsprozesse stattfinden. Daraus folgt ein starker Dichroismus bei der Absorption zirkular polarisierter Strahlung. In den zugehörigen Metallen sind die atomaren 3d-Zustände durch die benachbarten Atome im Kristallgitter gestört, und es bilden sich stattdessen d-artige Energiebänder aus. Dennoch bleibt – wie in Abb. 2.4 dargestellt – eine deutliche Signatur der atomaren 3d-Zustände in der spinaufgespaltenen Zustandsdichte dieser Metalle sichtbar. Die magnetischen Eigenschaften werden wie in den Atomen im Wesentlichen durch Elektronen in diesen Zuständen getragen (siehe Abschnitt 2.1). Auch bei der Anregung in die freien Bandzustände der 3dÜbergangsmetalle gelten die Auswahlregeln, so dass die angeregten Elektronen nur in Zustände gleicher Polarisation gestreut werden können. Die freien Zustände agieren dabei wie oben als Filter“ für Spin- und Bahnpolarisation der angeregten Elektronen. ” 2.3.2 Summenregeln“ – Bestimmung von Spin- und Bahnmomenten ” Die im Folgenden vorgestellten Summenregeln“ wurden zunächst für einfache Ionen im Kris” tallfeld mit teilweise gefüllter Valenzschale hergeleitet. Die erste Summenregel wurde 1992 von Thole u. a. publiziert und gibt den Zusammenhang zwischen den Absorptionsspektren und dem Bahnmoment des untersuchten Systems an [11]. Die zweite, die den Zusammenhang der Absorptionseigenschaften und dem Spinmoment herstellt, wurde wenig später von Carra u. a. veröffentlicht [12]. Später wurden beide Regeln in der Näherung unabhängiger Partikel in anschaulicherer und physikalisch intuitiverer Form ein weiteres Mal hergeleitet [62, 63]. Beide Ansätze gehen von einem atomaren Bild aus und berücksichtigen daher nicht die vielfältigen Wechselwirkungen im Festkörper. Dennoch konnte die Anwendbarkeit der Summenregeln zur Bestimmung von Spin- und Bahnmomenten für viele wichtige Fälle experimentell und theoretisch demonstriert werden (siehe hierzu auch Abschnitt 2.3.3). Die zuerst gefundene Summenregel verknüpft das Integral eines Differenzspektrums über den Energiebereich der spin-bahn-aufgespaltenen Rumpfzustände (j + bzw. j − ) mit dem Erwartungswert des Bahndrehimpulses hLz i: Z 1 1 l(l + 1) + 2 − c(c + 1) (I + − I − )dE = hLz i. (2.54) N j + +j − 2 l(l + 1)(4l + 2 − n) Dabei ist Z N= (I + + I − + I 0 )dE (2.55) j + +j − das Integral über die Summe dreier Absorptionsspektren mit rechts- bzw. linkszirkularer und linearer Polarisation [mit der Polarisationsebene parallel zur Magnetisierung (siehe auch Abschnitt 2.2.2)]. Es wird im Folgenden auch als Summenintegral bezeichnet. Die durch I 0 , 25 2 Grundlagen I + , und I − bezeichneten Terme beschreiben die Intensität“ der in den Spektren beobach” teten Peaks und sind bis auf eine Konstante den Dipolmatrixelementen bei entsprechender Polarisation nach Glgn. (2.49) und (2.51) proportional. Die Konstanten c und l sind die Drehimpulsquantenzahlen des Grund- und des angeregten Zustandes, und n ist die Zahl der darin besetzten Zustände. Die zweite Summenregel stellt folgenden Zusammenhang zwischen dem Erwartungswert des Spinoperators hSz i und den integrierten Absorptionsspektren her: 1 N Z c+1 (I − I )dE − c j+ + − Z + − (I − I )dE j− + = l(l + 1) − 2 − c(c + 1) hSz i 3c(4l + 2 − n) l(l + 1) [l(l + 1) + 2c(c + 1) + 4] − 3(c − 1)2 hTz i. (2.56) 6lc(l + 1)(4l + 2 − n) Dabei ist hTz i der so genannte Dipolterm. Er beschreibt das magnetische Quadrupolmoment, d. h. die Anisotropie der Spin- bzw. Ladungsdichte in der Valenzschale. Bei der in dieser Arbeit vorwiegend betrachteten Anregung von 2p-Rumpfelektronen in 3d-Zustände der Übergangsmetalle Fe, Co und Ni vereinfachen sich die Summenregeln wegen c = 1 und l = 2 zu: Z 2nh (I + − I − )dE, (2.57) hLz i = N j + +j − Z Z 3nh 2hSz i + 7hTz i = (I + − I − )dE − 2 (I + − I − )dE . (2.58) N j+ j− Die Integrale in Glgn. (2.57) und (2.58) sowie das Summenintegral N nach Glg. (2.55) werden über die spin-bahn-aufgespaltenen Rumpfniveaus j − = 2p1/2 bzw. j + = 2p3/2 ausgeführt (siehe Abb. 2.3). Die Zahl der freien Valenzzustände nh = 4l + 2 − n ist im atomaren Bild durch die Hundschen Regeln eindeutig bestimmt. In metallischen Systemen ist nh experimentell nur schwer zu bestimmen und in der Praxis wird daher auf berechnete Werte zurückgegriffen [64]. Allerdings ist die Definition von nh in der Theorie nicht eindeutig und stellt somit eine mögliche Unsicherheit bei der Bestimmung von hSz i bzw. hLz i dar. Da durch die Summenregeln nur Übergänge in die d-Zustände berücksichtigt werden, müssen für die Berechnung des Summenintegrals Absorptionsbeiträge durch Kontinuumszustände oberhalb der Fermi-Kante abgezogen werden (schraffierter Bereich im oberen Teil in Abb. 2.3). Auch der Abzug dieser Beiträge ist einer gewissen Willkür unterworfen (siehe Abschnitt 2.3.3). Daher wird oft das Verhältnis von Glg. (2.57) und (2.58) angeben, bei dem sowohl nh als auch N durch Division eliminiert werden: R + − hLz i 2 j + +j − (I − I )dE R R . (2.59) = 2hSz i + 7hTz i 3 j + (I + − I − )dE − 2 j − (I + − I − )dE Neben der Anwendung der Summenregeln durch direkte Integration über die Spektren ist durch eine so genannte Momentenanalyse ein alternativer Zugang zu den Spin- und Bahnmomenten möglich. Dabei wird versucht, auch aus der Form und spektralen Zusammensetzung 26 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung der Absorptionssignale Informationen über verschiedene Grundzustandseigenschaften der untersuchten Materialien zu erhalten [48]. Diese Methode ist besonders dann von Interesse, wenn sich – wie beispielsweise bei den frühen 3d-Elementen – wegen geringer Spin-BahnWechselwirkung die angeregten Rumpfniveaus überlappen [65]. Die Anwendbarkeit dieser Methode ist jedoch nicht in allen Fällen gesichert [49, 66]. Der Zusammenhang zwischen den Erwartungswerten und den magnetischen Momenten ist schließlich durch µB mspin = −gs hSz i, ~ µB morb = − hLz i und ~ µB mT = − hTz i ~ (2.60) (2.61) (2.62) gegeben, wobei der Dipolterm mT das intraatomare Quadrupolmoment bezeichnet [22]. 2.3.3 Näherungen und Anwendbarkeit der Summenregeln Zur Herleitung der Summenregeln werden einige Näherungen gemacht, die bei deren Anwendung berücksichtigt werden sollten [67]. So wurde bei der Ableitung beispielsweise die erlaubten Dipolübergänge 2p → 4s vernachlässigt. Entsprechende Rechnungen zeigen allerdings, dass die radialen Matrixelemente dieser Übergänge deutlich kleiner als die der entsprechenden 1 1 ... 50 |h3d | r | 2pi|2 . Daher spielen Übergänge in die 3d-Zustände sind [61, 68]: |h4s | r | 2pi|2 ≈ 20 diese Übergänge für die Gültigkeit der Summenregeln eine geringe Rolle. Die problematischeren Vereinfachungen bei der Herleitung der Summenregeln sind die Vernachlässigung: (i) der Hybridisierungen der d- mit den s- und p-Zuständen und (ii) der Energieabhängigkeit der Radialmatrixelemente und der Spin-Bahn-Wechselwirkung. Voraussetzungen dieser Art sind in metallischen Proben nicht erfüllt und geben daher Anlass zu einer bis heute fortdauernden Debatte über die Gültigkeit der Summenregeln nach Glgn. (2.58) und (2.57). Generell ergeben sich durch die Hybridisierungen im Festkörper Schwierigkeiten bei der Zuordnung von Strukturen in den berechneten/gemessenen Absorptionsspektren zu s-, pund d-Zuständen, die durch Wahl der Integrationsgrenzen behoben werden müssen [18]. Die – wenn auch leichte – Delokalisierung der d-Elektronen erschwert außerdem die Zuordnung von d-Zuständen zu einem Atom und erfordert eine angemessene Definition von nh [67, 69–71]. Die Vernachlässigung der Hybridisierung führt zu Abweichungen in den Bahnmomenten, die nach den Summenregeln bestimmt werden. Die Energieabhängigkeit der Radialmatrixelemente und der Spin-Bahn-Wechselwirkung hat auf das Bahnmoment nur geringen Einfluss. Wesentlich stärker sind hier die Spin- und Dipolterme betroffen [19]. Die Abweichungen, zwischen berechneten Spin- und Bahnmomenten und solchen, die mittels Summenregeln aus den zugehörigen Absorptionsspektren bestimmt wurden, variieren zwischen 10 − 15 %, in manchen Fällen wurden Abweichungen von bis zu 50 % gefunden [18, 19, 67, 71]. Guo konnte zeigen, dass die Summenregeln nach Glgn. (2.56), (2.55) und (2.54) auch in Festkörpern ihre 27 2 Grundlagen Gültigkeit bewahren - allerdings ebenfalls nur bei Annahme von konstanten radialen Matrixelementen [69]. Daher sind systematische Abweichungen der Summenregeln (i. Allg. scheinen sie etwas zu kleine Momente wiederzugeben [67]) zwar nicht geklärt, aber die stärkeren Unterschiede beim Vergleich der oben genannten Arbeiten können wahrscheinlich auf individuelle Definitionen von nh und unterschiedliche Wahl der Integrationsgrenzen zurückgeführt werden [69, 71]. Jüngst wurde eine exakte Summenregel für das Schwerpunktsbahnmoment in Festkörpern publiziert [72]. Sie umgeht alle oben genannten Schwierigkeiten, erfordert aber die Messung eines Differenzspektrums über den gesamten Energiebereich und ist in der vorliegenden Form daher zunächst von geringerem praktischen Nutzen. Neben den genannten Problemen wurde auch der Einfluss weiterer intraatomarer Wechselwirkungen auf die Anwendbarkeit der Summenregeln untersucht. Insbesondere zeigte sich, dass der Einfluss der Elektron-Loch-Wechselwirkung bei den frühen 3d-Übergangsmetallen zu einem Zusammenbruch“ der Summenregel für das Spinmoment führt [66]. Im Fall der hier ” interessierenden Elemente Fe, Co und Ni wurde zudem ein geringerer Einfluss der Aufspaltung der Rumpfniveaus (als Folge der Austauschwechselwirkung) auf die Differenzspektren gefunden [67, 71, 73]. Im Gegensatz dazu hat diese Aufspaltung starke Auswirkungen auf den linearen Dichroismus [74]. Rechnungen zum Einfluss reduzierter Dimensionen auf die Summenregeln zeigen, dass der Dipolterm mit Erniedrigung der Probendimension an Bedeutung gewinnt und nicht mehr durch Messungen unter dem magischen Winkel“ unterdrückt werden ” kann [59]. Darüber hinaus sind die Summenregeln für die Spin- und Bahnmomente bei Fe und Co selbst für eindimensionale Ketten gut erfüllt [75]. Trotz der Unsicherheiten auf Seiten der Theorie konnten Chen u. a. 1995 in einem Präzisionsexperiment zeigen, dass eine geeignete Anwendung der Summenregeln zu einer hervorragenden Übereinstimmung zwischen XMCD und Messungen des gyromagnetischen Verhältnisses bei Fe und Co führt [64]. Die geringen Abweichungen im Bereich von nur einigen Prozent zeigen, dass XMCD eine geeignete Methode zur elementspezifischen Untersuchung von Spinund Bahnmomenten ist. Um die Beiträge der 3d-Zustände von Kontinuumszuständen im Absorptionssignal zu trennen, zogen die Autoren eine doppelte Stufenfunktion vom Summenspektrum ab (siehe auch Abb. 2.3). Zwar ist die Annahme einer solchen Stufenfunktion willkürlich und kann unter Umständen zu verfälschten Ergebnissen führen, allerdings zeigten Chen u. a. auch, dass kleinere Veränderungen an der Stufenfunktion nur einen geringen Einfluss auf die erhaltenen Spin- und Bahnmomente haben. Die Berechnung eines realistischeren Untergrundes durch das Kontinuum wurde von Nesvizhskii u. a. unter Berücksichtigung von Mehrfachstreuprozessen und den damit verbundenen magnetischen bzw. nichtmagnetischen Oszillationen in den Absorptionsspektren (extended x-ray absorption fine structure, EXAFS) vorgestellt [70]. Eine solche Korrektur, die mit frei verfügbarem Code durchgeführt werden kann (siehe beispielsweise in [76]), führt allerdings nur zu geringfügig veränderten Ergebnissen und wird daher im Allgemeinen vernachlässigt. Eine weitere, kleinere Fehlerquelle ergibt sich aus der Praxis der Messung. Bei der Berechnung des Summenintegrals N nach Glg. (2.55) wird aus experimentellen Gründen häufig das Summenspektrum durch die Mittelung der 28 2.3 Photoabsorption im Bereich weicher Röntgenstrahlung beiden orthogonalen, zirkular polarisierten Spektren angenähert: 3 I + + I − + I 0 ≈ (I + + I − ). 2 (2.63) Diese Näherung vernachlässigt also einen Beitrag aus dem linearen Dichroismus (siehe Abschnitte 2.3.2 und 2.2.2). Messungen zum linearen Dichroismus an den 2p-Rumpfniveaus von metallischem Fe, Co und Ni belegen jedoch, dass diese Näherung eine verschwindend kleine Fehlerquelle ist (siehe beispielsweise [77–79]). Aus den hier genannten Gründen ergeben sich im Wesentlichen Einschränkungen bei der Bestimmung absoluter Spin- und Bahnmomente. Veränderungen in den Spin- bzw. Bahnmomenten können jedoch mit hoher Empfindlichkeit festgestellt werden. Gute Praxis ist es daher, experimentelle Ergebnisse mit Spektren ähnlicher oder gut bekannter Proben zu vergleichen [67]. 29 2 Grundlagen 30 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen Nach den Ausführungen im Abschnitt 2.3 ist die Bestimmung von Spin- und Bahnmomenten im Fall der in dieser Arbeit untersuchten 3d-Übergangsmetalle durch die Messung des magnetischen Dichroismus bei der Absorption zirkular polarisierter Strahlung in der Umgebung der 2p-Rumpfniveaus möglich. Da aber auch die übrigen magneto-optischen Eigenschaften einer Probe – wie z. B. die Drehung der Polarisationsebene beim Faraday-Effekt in Transmission oder beim magneto-optischen Kerr-Effekt in Reflexion – durch denselben Dielektrizitätstensor εr bestimmt werden, ist es möglich, die gesuchten Größen durch Untersuchung komplementärer magneto-optischer Effekte zu bestimmen. Generell können dabei drei unterschiedliche experimentelle Ansätze zur Anwendung kommen: Messungen in (i) Transmission, (ii) Absorption und (iii) Reflexion. Abb. 3.1 gibt einen Überblick über die möglichen Effekte und ihre Abhängigkeit von den Elementen des Dielektrizitätstensors. Die dort vorgenommene Einteilung in Polarisationsund Intensitätseffekte erfolgt im Wesentlichen aus experimentellen Erwägungen, da eine Polarisationsanalyse im weichen Röntgenbereich viel aufwendiger ist als eine reine Intensitätsmessung. Außerdem ist die Unterscheidung von Effekten, die linear oder quadratisch von der Magnetisierung abhängen, nicht nur für die Ausführung der Experimente entscheidend, sondern bestimmt, welche Tensorelemente zugänglich sind: die in m linearen Effekte erlauben die Messung von εxx und εxy , die in m quadratischen Effekte geben Auskunft über εxx und εzz . Ein weiteres, aus experimenteller Sicht wichtiges Kriterium ist die Polarisation der einzusetzenden Strahlung, denn trotz immer besserer Ausstattung der Experimente an modernen Synchrotronstrahlungsquellen ist zirkular polarisierte Strahlung ausreichender Brillanz nicht an allen Strahlrohren verfügbar. Die in m linearen Effekte lassen sich nach Abb. 3.1 sowohl mit linearer als auch zirkularer Polarisation messen. Einfache Intensitätseffekte sind bei der Absorption, Transmission und Reflexion zirkular polarisierter Strahlung bzw. bei der Reflexion linear polarisierten Lichtes in der transversalen MOKE-Geometrie zu beobachten. Ist eine Polarisationsanalyse möglich, kann der Faraday-Effekt bei der Transmission oder die polaren und longitudinalen magneto-optischen Kerr-Effekte in Reflexion zur Bestimmung der Tensorelemente εxx und εxy ausgenutzt werden. Die in m quadratischen Effekte lassen sich am besten unter Verwendung linear polarisierter Strahlung untersuchen. Intensitätseffekte lassen sich bei Drehung der Magnetisierung um 90◦ in Absorption, Transmission und Reflexion beobachten. Ist die 31 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen e- Analyse Intensität Polarisation Magn. Empf. Lichtpola. m εxx, εxy zirk. Transmission Absorption XMCD lin. Reflexion XRMS T-MOKE m2 εxx, εzz lin. m εxx, εxy lin. FaradayEffekt Kerr-Effekte: L-, P-MOKE m2 εxx, εzz lin. Voigt-Effekt Voigt-Effekt in Refl. XMLD XMLD in Reflexion Abb. 3.1: Übersicht der magneto-optischen Effekte, die zur Bestimmung der Elemente des Dielektrizitätstensors genutzt werden können (nach Ref. [80]). Polarisation um einen Winkel von 45◦ bzgl. der Magnetisierung gedreht, können sowohl in der transmittierten als auch in der reflektierten Strahlung Änderungen des Polarisationszustandes detektiert werden. In der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich die in Abb. 3.1 durch rote, dick gestrichelte Rahmen hervorgehobenen Intensitätseffekte untersucht: XMCD in Absorption sowie der transversale magneto-optische Kerr-Effekt (T-MOKE) in Reflexion. Unabhängig von der experimentellen Geometrie und der gewählten Detektionsmethode wird die im Experiment erreichbare Informationstiefe grundsätzlich von der begrenzten Eindringtiefe des einfallenden Strahlungsfeldes begrenzt. Die Intensitätsabnahme der Strahlung wird durch das Lambertsche Gesetz beschrieben: I(z) = I0 · e−µs , (3.1) wobei s die zurückgelegte Wegstrecke des Lichtes und µ den linearen Absorptionskoeffizienten bezeichnen. Nach der Strecke 1/µ sinkt die Intensität auf 1/e der Ausgangsintensität I0 ab. Die so definierte mittlere Eindringtiefe λx = 1/µ ist in Abb. 3.2 für unpolarisierte Strahlung im Bereich der 2p-Kanten von Eisen dargestellt. Die starke Energieabhängigkeit des Wechselwirkungsquerschnittes verursacht entsprechend ausgeprägte Variationen der mittleren Eindringtiefe. Während die Strahlung vor den Resonanzen etwa 6000 Å zurücklegen kann, 32 3.1 Messung des linearen Absorptionskoeffizienten 1 0 3 1 0 2 ~ 100 Å 4 mittl. Eindringtiefe λx(Å) 1 0 F e 7 0 0 7 1 0 7 2 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) 7 3 0 7 4 0 Abb. 3.2: Die mittlere Eindringtiefe unpolarisierter, weicher Röntgenstrahlung in der Umgebung der 2p-Kanten von Eisen. Zum Vergleich ist ein Nanopartikel mit einer – für diese Arbeit – charakteristischen Größe dargestellt. wird sie im Bereich der 2p3/2 -Kante nach etwa 200 Å zum größten Teil absorbiert. Obwohl die Eindringtiefe an den Rumpfniveaus stark abnimmt, werden die in dieser Arbeit untersuchten Nanopartikel mit einem maximalen, mittleren Durchmesser von etwa 100 Å offenbar ausreichend durchstrahlt“, um grundsätzlich sowohl die Oberfläche als auch das Volumen ” der Partikel untersuchen zu können. Bei dünnen Filmen, Festkörperoberflächen und Multilagensystemen kann die endliche Eindringtiefe des Lichtes durch Variation des Einfallswinkels gezielt zur Erstellung magnetischer Tiefenprofile ausgenutzt werden. Im Folgenden werden die in dieser Arbeit angewandten Absorptions- und Reflexionstechniken im Hinblick auf die später dargestellten Experimente erläutert und verglichen. 3.1 Messung des linearen Absorptionskoeffizienten Die Anwendung der im Abschnitt 2.3 hergeleiteten Summenregeln [siehe Glgn. (2.49) und (2.54)-(2.59)] erfordert die experimentelle Bestimmung des Wechselwirkungsquerschnittes σ oder einer ihm proportionalen Größe. Zwischen σ und dem im Abschnitt 2.2 vorgestellten Dielektrizitätstensor und den Imaginärteilen der daraus abgeleiteten Brechungsindizes bestehen einfache Beziehungen (siehe z. B. [81]). Ebenso ist er mit dem oben eingeführten linearen Absorptionskoeffizienten µ verknüpft, der direkt aus geeigneten Transmissionsmessungen nach dem Lambertschen Gesetz [siehe Glg. (3.1)] bestimmt werden kann: µ σ= . (3.2) na Dabei ist na die atomare Dichte des untersuchten Materials. Wegen der starken Absorption im weichen Röntgenbereich müssen die Proben für derartige Experimente jedoch auf freistehenden, gut transmittierenden Membranen (bspw. aus (C8 H8 )n oder SiN) präpariert werden, 33 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen was Untersuchungen an epitaktischen Systemen deutlich erschwert. Im Fall einfacher, dünner Filme liefern Transmissionsexperimente jedoch sehr gute Ergebnisse und können für Präzisionsmessungen von Spin- und Bahnmomenten verwendet werden [64]. Erst bei Schichten dicker als 200 Å sind stärkere systematische Probleme bei der Bestimmung des linearen Absorptionskoeffizienten bekannt, die im Wesentlichen auf spektrale Verunreinigungen im einfallenden Licht zurückgeführt werden können [77]. Alternativen zu den direkten Transmissionsmessungen ergeben sich aus einer Betrachtung der sekundären Relaxationsprozesse nach Absorption eines Photons, siehe Abb. 3.3. Auch wenn in dieser Arbeit keine zeitaufgelösten Experimente durchgeführt worden sind, sollen an dieser Stelle die Zeitskalen der zugrunde liegenden Anregungs- und Relaxationsprozesse ihre Erwähnung finden. So geschieht die Anregung auf einer Zeitskala, in der ein Photon das angeregte Atom passiert, d. h. im Bereich von etwa 10−20 s (= 0,01 Attosekunden). Die anschließende Relaxation kann durch zwei konkurrierende Kanäle erfolgen: (i) entweder durch die Emission eines Fluoreszenzphotons oder (ii) eines Auger-Elektrons. Beide in Abb. 3.3 dargestellten Prozesse laufen auf der deutlich längeren Femtosekundenskala, d. h. im Bereich von 10−15 s (= 1000 Attosekunden) ab. In der Zeit der Relaxation sind Wechselwirkungen zwischen den Valenzelektronen und dem Rumpfloch möglich, die im Fall der frühen 3dElemente zum Zusammenbruch der oben dargestellten Summenregeln führen können [66]. Mit den seit kurzem verfügbaren Attosekundenpulsen sollte in Zukunft die Möglichkeit bestehen, diese intraatomaren Relaxationsprozesse auf der Subfemtosekundenskala genauer zu untersuchen [82]. Bei den hier untersuchten Elementen Fe und Co spielt diese Wechselwirkung jedoch keine Rolle. Die Relaxation nach der Anregung der 2p-Elektronen erfolgt bei beiden Metallen zu etwa 99,2 % durch Emission eines Auger-Elektrons und zu 0,8 % durch Emission eines Fluoreszenzphotons [83, 84]. In entsprechenden Experimenten können daher sowohl Elektronen als auch Fluoreszenzphotonen nachgewiesen werden. Die Emission von Elektronen kann außerdem zur elektrischen Aufladung der untersuchten Proben führen, wenn diese gut isolierend oder nicht geerdet sind. Im Fall der Anregung von Molekülen oder ionischen Oberflächen kann die lokale Ladung eines Atoms sogar zur Coulomb-Explosion der untersuchten Strukturen führen, so dass auch die Detektion der dabei freigesetzten Ionen zur Messung von σ vorgeschlagen wurde. Da nur Ionen aus der Oberfläche entkommen können, ist deren Detektion besonders oberflächenempfindlich. Allerdings ist die Proportionalität des Ionenstromes zu σ nicht in allen Fällen gewährleistet [55, 85]. Eine nennenswerte Degradation der untersuchten Oberflächen oder Strukturen braucht wegen der geringen Wahrscheinlichkeit dieser Prozesse allerdings nicht befürchtet werden [85]. Die Messung der Fluoreszenz ermöglicht Detektionstiefen, die nur durch die mittleren Eindringtiefen der einfallenden und emittierten Photonen begrenzt sind. Daher ist diese Methode besonders zur Untersuchung von verdünnten magnetischen Legierungen geeignet. Obwohl Abweichungen des Fluoreszenzsignals (fluorescense yield, FY) vom Wechselwirkungsquerschnitt auftreten können, werden die Summenregeln in entsprechenden Experimenten unter Berücksichtigung von Korrekturen genutzt [78, 86, 87]. Die Detektion der emittierten Elektronen kann auf drei Arten erfolgen: (i) Detektion der Auger-Elektronen (Auger electron yield, AEY). Dazu wird ein energieempfindlicher Detektor 34 3.1 Messung des linearen Absorptionskoeffizienten e-Auger ~0,01 as Anregung ~1000 as Emission eines Auger-Elektrons Emission eines Fluoreszenzphotons Abb. 3.3: Prozesse bei der Innerschalenanregung. Die Anregung eines Rumpfelektrons in einen freien Valenzzustand erfolgt im Bruchteil einer Attosekunde und erzeugt ein Rumpfloch (links). Innerhalb von etwa 1000 Attosekunden erfolgt die Relaxation des Atoms entweder durch einen strahlungslosen Auger-Prozess (Mitte) oder durch Fluoreszenz (rechts). auf ein schmales Energiefenster um die feste Energie der interessierenden Auger-Elektronen eingestellt. Der bei variierender Photonenenergie gemessene Elektronenstrom ist dann proportional zum Wechselwirkungsquerschnitt, liefert allerdings nur ein niedriges Messsignal und damit ein schlechtes Signal-zu-Rausch-Verhältnis. (ii) Viele der freigesetzten Auger-Elektronen erfahren inelastische Stöße und verlieren auf diese Weise einen Teil ihrer Energie. Da auch ihre Zahl proportional zum Wechselwirkungsquerschnitt ist, können in einem zweiten Schema alle Elektronen oberhalb einer festen Energieschwelle (einige eV unter der zu untersuchenden Resonanz) detektiert werden. Diese Methode ist als partielle Elektronenausbeute (partial electron yield, PEY) bekannt. Auch sie erfordert eine Energieselektion, unterdrückt aber weiterhin den größten Teil des substratinduzierten Untergrunds im Signal. Wegen der hohen Energie der detektierten Elektronen ist diese Methode sehr oberflächenempfindlich. (iii) Detektion der gesamten Elektronenausbeute (total electron yield, TEY). Dies ist die einfachste Detektionsmethode, die das größte Signal liefert und ohne energieselektierende Detektoren auskommt. Sie ist als Standardmethode für XMCD-Experimente etabliert und findet vielfache Anwendung. In den in dieser Arbeit vorgestellten XMCD-Experimenten wird der Wechselwirkungsquerschnitt mit Hilfe der letztgenannten Methode, dem totalen Absorptionsstrom (TEY) bestimmt. Das dabei gemessene Signal setzt sich aus elastisch und inelastisch gestreuten Elektronen zusammen. Der größte Teil der detektierten Elektronen stammt aus einer Kaskade von niederenergetischen Sekundärelektronen, die durch die höherenergetischen Photound Auger-Elektronen ausgelöst wird. Die damit einhergehende, geringe mittlere kinetische Energie von < 20 eV führt zu einer, im Vergleich zu den hochenergetischen Auger-Elektronen, 35 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen großen mittleren freien Weglänge Λe und damit zu einer Informationstiefe von etwa 20-40 Å. Eine direkte Proportionalität des TEY zum Wechselwirkungsquerschnitt bzw. linearen Absorptionskoeffizienten ist allerdings nur bei sehr dünnen Filmen und/oder senkrechtem Einfall der Photonen gegeben. Im Fall von Festkörperoberflächen, dickeren Filmen (ab ca. 20 Å), Nanostrukturen ähnlicher Dimensionen und/oder bei streifenderen Lichteinfall treten systematische Abweichungen von der direkten Proportionalität zu σ auf, die durch so genannte Selbstabsorptionseffekte hervorgerufen werden. Ihre Beschreibung und das Vorgehen zu ihrer Korrektur werden im folgenden Abschnitt für den Fall einer Festkörperoberfläche vorgestellt. 3.1.1 TEY eines halbunendlichen Substrates Die in diesem Abschnitt in Anlehnung an Ref. [88] dargestellte Berechnung der totalen Elektronenausbeute in einem Photoabsorptionsexperiment an einer halbunendlichen Festkörperoberfläche muss einerseits die (energieabhängig) abnehmende Lichtintensität in der Probe und andererseits die endliche Austrittstiefe der erzeugten Elektronen berücksichtigen. Das zugrunde liegende Problem ist in Abb. 3.4 dargestellt. Links oben ist die – über die Energie gleichverteilt angenommene – Intensität der einfallenden Strahlung I(z = 0) = I0 an der Oberfläche der Probe dargestellt. Wegen des mit der Energie variierenden Absorptionskoeffizienten verändert sich das Intensitätsprofil mit der Tiefe z gemäß dem Lambertschen Gesetz [siehe Glg. (3.1)] und der Energieabhängigkeit des oben in Abb. 3.2 dargestellten linearen Absorptionskoeffizienten µ. Die resultierende Intensitätsverteilung I(z) ist expemplarisch bei einer Tiefe, die der effektiven Austrittstiefe λe der detektierten Elektronen entspricht, links unten in Abb. 3.4 dargestellt. Da die Intensität der ausgelösten Elektronenkaskade in der Tiefe z proportional zur lokalen Strahlungsintensität und zum linearen Absorptionskoeffizienten µ ist, bewirkt die bei z = λe im Bereich der Absorptionskanten reduzierte Intensität eine entsprechende Reduktion der Peakhöhen im erzeugten Elektronenstrom. Dies ist im rechten Teil von Abb. 3.4 zu erkennen. Oben ist das TEY-Signal bei z = 0 dargestellt, das wegen I(z = 0) = konst. direkt proportional zu µ ist. Der untere Teil zeigt das entsprechende TEYSignal bei z = λe , das eine reduzierte Peakhöhe aufweist (vgl. grau gestrichelte Linien). Da sich das Gesamtsignal aus Beiträgen verschiedener Tiefen zusammensetzt, ergibt sich eine Reduktion der Peakhöhen im Vergleich zum tatsächlichen Absorptionsquerschnitt. Die Gewichtung der Beiträge in Abhängigkeit von der Tiefe ergibt sich aus der, in der Mitte von Abb. 3.4 dargestellten, exponentiell sinkenden Austrittswahrscheinlichkeit der Elektronen. Die in Abb. 3.4 dargestellten Verhältnisse gelten bei senkrechtem Einfall der Strahlung. In der entsprechenden Rechnung wird ein beliebiger Einfallswinkel des Lichtes berücksichtigt, indem die Tiefe z in Glg. (3.1) durch die im Medium zum Erreichen von z zurückgelegte Wegstrecke s ersetzt wird. Definiert man den Einfallswinkel θ bezüglich der Oberfläche1 (siehe 1 Diese Definition des Einfallswinkels ist in der Röntgenoptik üblich. Die im Zusammenhang mit der TEYDetektion publizierten Arbeiten bevorzugen hingegen die Definition des Einfallswinkels bezüglich der Oberflächennormalen. Um eine konsistente Beschreibung der Winkel in den hier vorgestellten Experimenten zu gewährleisten, folgt die Arbeit der Definition der Röntgenoptik. In den folgenden Gleichungen zum TEY sind daher sin“ und cos“ scheinbar vertauscht. ” ” 36 3.1 Messung des linearen Absorptionskoeffizienten Austrittswahrscheinlichkeit der Elektronen 0,9 - z=0 0,5 z=0 z=0 0,8 700 720 740 1,0 Tiefe z Intensitätsprofil I(z) e 1,0 700 720 740 0,0 1,0 z=λe 0,9 z=λe z=λe 0,5 0,8 700 720 740 Photonenenergie (eV) 700 720 740 Photonenenergie (eV) Ausgelöste Elektronen Ye,0(z) 1,0 0,0 Abb. 3.4: Links: Intensitätsverteilung der einfallenden Strahlung bei z = 0 und z = λe . Mitte: Exponentiell abnehmende Austrittswahrscheinlichkeit der Elektronen. Rechts: Intensitätsverteilung der ausgelösten Elektronen bei z = 0 und z = λe (nach [88]). auch Inset im linken Teil von Abb. 3.5), ergibt sich die entsprechende Wegstrecke im Medium zu s = z/ sin θ und damit für die tiefen- und energieabhängige Intensität: z I(z) = I0 · e−µ(E) sin θ . (3.3) Hierbei wurde vorausgesetzt, dass die Brechung des Lichtes nach Eintritt in das Medium und die Reduktion von I0 um den an der Grenzfläche reflektierten Anteil vernachlässigt werden kann. Beide Annahmen sind im weichen Röntgenbereich üblicherweise für θ > 10 ◦ gut erfüllt. Die Zahl der bei z ausgelösten Photoelektronen dYe,0 (z) wird durch die Konversionseffizienz G bestimmt2 und ist proportional zur dort vorhandenen Intensität I(z) und zum Absorptionskoeffizienten µ: dYe,0 (z, E) = I0 G −µ(E) z sin θ · µ(E)dz ·e sin θ (3.4) Der sin θ-Term im Nenner des Vorfaktors berücksichtigt den Anteil der in der Schicht dz absorbierten Photonen. Auf dem Weg zur Probenoberfläche werden die Elektronen gemäß ihrer mittleren freien Weglänge Λe gestreut, so dass die Zahl der Elektronen, die die Probenoberfläche erreichen und somit detektiert werden können, mit der Erzeugungstiefe abnimmt. Vereinfachend wird angenommen, dass die Wahrscheinlichkeit, die Elektronen an der Oberfläche zu detektieren, exponentiell mit z abnimmt (vgl. mittlerer Teil in Abb. 3.4). Die effektiv 2 Die Konversionseffizienz G ist proportional zur Photonenenergie hν. Bei den in dieser Arbeit untersuchten Energieintervallen ergeben sich dabei allerdings nur Änderungen von hν im Bereich einiger Prozent, so dass C in guter Näherung als konstant angesehen werden kann. 37 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen zur Messung beitragende Zahl der Elektronen dYe (z) ergibt sich zu: dYe (z, E) = dYe,0 (z, E)e−z/λe . (3.5) Die gesamte Elektronenausbeute erhält man durch Integration über den gesamten (halbunendlichen) Festkörper. Es ergibt sich folgende Energie- und Winkelabhängigkeit des Probenstromes: I0 G 1 Ye (E, θ) = · µ(E) · µ(E) ≡ C(θ) · µ(E) · Γ(µ, θ, λe ). (3.6) 1 sin θ sin θ + λe Die direkte Proportionalität des TEY-Signals vom Absorptionsquerschnitt wird demnach durch den energieabhängigen Term Γ(µ, θ, λe ) gestört. Zwei interessante Grenzfälle können unterschieden werden. Erstens: bei kleinem Einfallswinkel und/oder sehr starker Absorption. In diesem Fall dominiert der erste Term den Nenner von Γ(µ, θ, λe ) und Glg. (3.6) geht über in Ye (E, θ) ∝ I0 G, d. h. die Energieabhängigkeit des TEY verschwindet. Dies lässt sich verstehen, wenn man berücksichtigt, dass unter diesen Bedingungen die gesamte Lichtintensität nahe der Oberfläche absorbiert wird und die dabei freigesetzten Elektronen die Probe nahezu vollständig verlassen können. Sie spiegeln damit nur die strukturlose, einfallende Lichtintensität wider. Im zweiten Fall ist die Absorption gering im Vergleich zum Inversen der Austrittstiefe der Elektronen, und der Einfallswinkel wird als senkrecht angenommen. Damit wird Γ(µ, θ, λe ) vom ersten Term im Nenner dominiert und geht in Γ(µ, θ, λe ) = 1/λe = konst. über. Das TEY-Signal ist dann folglich direkt proportional zu µ, d. h. Ye (E, θ) ∝ µ(E). Dies ist in guter Näherung bei senkrechtem Photoneneinfall und/oder bei niedrigen Absorptionsquerschnitten vor oder hinter den Absorptionskanten der Fall. Um einen Eindruck von der Wirkung der Sättigungseffekte auf gemessene TEY-Spektren zu geben, zeigt Abb. 3.5 simulierte TEY-Spektren einer Fe-Festkörperoberfläche für zwei verschiedene Einfallswinkel. Für die Berechnung wurde eine effektive Austrittstiefe der Elektronen von λe = 17 Å angenommen. Der linke Teil zeigt ein TEY-Spektrum für fast senkrechten Einfall (θ = 80 ◦ ), während der rechte Teil unter Annahme streifenden Einfalls mit θ = 10 ◦ gerechnet wurde (blau durchgezogene Linien). Außerdem ist in beiden Bildern der spektrale Verlauf des linearen Absorptionskoeffizienten µ als gestrichelte Linie dargestellt. Der Vergleich zeigt eine gute Übereinstimmung von µ und dem TEY-Signal bei fast senkrechtem Einfall, während die Höhe der Absorptionspeaks bei streifendem Einfall deutlich reduziert ist. Das Inset im rechten Bild zeigt die aus Glg. (3.6) folgende Winkelabhängigkeit des TEY-Signals, die im Wesentlichen durch die (1/ sin θ)-Abhängigkeit von C(θ) bestimmt wird. Das TEYSignal lässt sich demnach durch Übergang zu streifenderem Einfall erhöhen, wobei allerdings die Sättigungseffekte im Fall der Festkörperoberfläche stärker wirksam werden. Nach dem bisher Genannten hängt die Proportionalität des TEY zum Absorptionskoeffizienten von der, durch die Absorption und den Einfallswinkel bestimmten, effektiven Eindringtiefe der Strahlung und der Austrittstiefe der Elektronen ab. Eine große Eindringtiefe des Lichtes (senkrechter Photoneneinfall und geringe Absorption) minimiert die Sättigungseffekte. Die weitere Analyse zeigt, dass eine geringe Austrittstiefe der Elektronen für eine direkte Proportionalität günstig ist. Der Einfluss der Abweichungen des TEY vom tatsächlichen Wechselwirkungsquerschnitt auf die nach den Summenregeln ermittelten Spin- und 38 TEY, µ (bel. Einheiten) 3.1 Messung des linearen Absorptionskoeffizienten 1,0 @ 705eV 0,5 TEY µ θ=80° 0,0 0° 30° 60° 90° θ θ=10° 700 710 720 730 740 700 710 720 730 740 Photonenenergie (eV) Photonenenergie (eV) Abb. 3.5: TEY-Spektren nach Glg. (3.6) bei θ = 80 ◦ (links) und θ = 10 ◦ (rechts). Zum Vergleich ist jeweils der tatsächliche lineare Absorptionskoeffizient (gestrichelte Linien) dargestellt. Das Inset auf der linken Seite zeigt die Definition des Einfallswinkels θ. Die Winkelabhängigkeit des TEY an der 2p3/2 -Kante mit E = 705 eV wird im Inset auf der rechten Seite demonstriert. Bahnmomente wird bei der Vorstellung der experimentellen Ergebnisse in den Kapiteln 5 und 6 dargestellt. Im folgenden Abschnitt soll zunächst der TEY dünner Filme auf einem Substrat näher untersucht werden. 3.1.2 TEY dünner Filme auf einem Substrat Im Fall dünner Filme sind die Selbstabsorptionseffekte im zugehörigen TEY-Signal im Allgemeinen geringer ausgeprägt als in einem entsprechenden Festkörper. Die Berechnung des TEY-Signals eines dünnen Films auf einem halbunendlichen Substrates sowie die Erweiterung auf zwei Filme ist im Anhang A dargestellt. Hier soll nur das Ergebnis im Fall eines Films auf einem halbunendlichen Substrat diskutiert werden. Neben der Bestimmung des Wechselwirkungsquerschnittes und der Korrektur von Selbstabsorptionseffekten helfen diese Betrachtungen das Signal-zu-Untergrund-Verhältnis in Experimenten mit geringen deponierten Materialmengen, wie den in dieser Arbeit untersuchten Nanopartikelproben, sowie bei abgedeckten Proben abzuschätzen. Das TEY-Signal eines Films mit der Dicke d auf einem halbunendlichen Substrat ist durch folgende Gleichung gegeben: 39 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen 26,0 Å Fe auf Wolfram 1,0 Å Fe auf Wolfram 0 ,7 ∞ T E Y ( b e l. E in h e ite n ) 1 ,0 h /h 2 0 ,5 0 ,6 0 ,0 3 0 d (Å) 0 1 6 0 h 0 ,5 Ye 7 0 0 7 2 0 7 4 0 0 7 0 0 7 2 0 7 4 0 Photonenenergie (eV) 7 0 0 7 2 0 7 4 0 Photonenenergie (eV) Abb. 3.6: Simulierte TEY-Spektren von Eisenfilmen auf Wolfram [siehe Glg. (3.7)]. Links: Film mit einer Dicke von 26 Å, d. h. etwa 13 atomare Monolagen und die Definition der Kantenhöhe h. Das Inset zeigt die Schichtdickenabhängigkeit der relativen Kantenhöhe h/h∞ . Rechts: TEY eines Films mit einer Dicke von 1 Å (ca. 0,5 ML) und vergrößerte Darstellung der Peakstrukturen im Inset. Ye (E, θ) = Cf · | −d 1−e µf (E) + 1f sin θ λe {z Filmterm ! µf (E) · Γf } −d + Cs · e | µf (E) + 1f sin θ λe {z · µs (E) · Γs . (3.7) } Substratterm Dabei sind µf (E) und µs (E) die linearen Absorptionskoeffizienten des Films bzw. des Substrates. λfe und λse sind die effektiven Austrittstiefen. Die Korrekturterme Γf bzw. Γs sowie die Vorfaktoren Cf bzw. Cs des Films und des Substrates haben die gleiche Form wie im oben diskutierten Fall des halbunendlichen Substrates. Das Gesamtsignal setzt sich aus einem Film- und dem Substratterm zusammen. Die beiden Terme sind durch zusätzliche exponentielle Faktoren abgeschwächt, wobei der Faktor vor dem Filmterm berücksichtigt, dass nur ein von der Dicke d abhängiger Teil der einfallenden Intensität im Film absorbiert wird und Elektronen zum Gesamtsignal beisteuert. Der Faktor vor dem Substratterm beschreibt die verbleibende Intensität und schwächt außerdem das vom Substrat kommende Elektronensignal entsprechend der Streuung auf dem Weg durch den Film zur Oberfläche ab. In Abb. 3.6 sind nach Glg. (3.7) berechnete TEY-Spektren für zwei unterschiedliche Eisenfilme repräsentativer Dicke auf Wolfram dargestellt. Der Einfallswinkel beträgt jeweils 40 3.1 Messung des linearen Absorptionskoeffizienten θ = 20 ◦ , die effektiven Austrittstiefen wurden mit λfe = λse = 17 Å angenommen. Unterschiede in den Konversionseffizienzen wurden vernachlässigt, d. h. Gf = Gs = 1. Das links in Abb. 3.6 dargestellte Spektrum ergibt sich bei Annahme einer Fe-Schichtdicke von 26 Å. Dies entspricht etwa 13 atomaren Monolagen. Eine Analyse zeigt, dass der vom Substrat stammende Anteil in diesem Fall gering ist, so dass das TEY-Signal im Wesentlichen durch den TEY-Anteil des Films bestimmt wird. Im rechten Teil der Abbildung ist zum Vergleich das TEY-Signal eines Fe-Films mit einer geringen Bedeckung von etwa 0,5 ML dargestellt. Eine vergleichbare Materialbedeckung ist für die später untersuchten Nanopartikelproben typisch. In diesem Fall wird das TEY-Signal vom substratinduzierten Untergrund dominiert, und die Fe-Absorptionskanten erscheinen als schwache Strukturen auf dem Substratbeitrag. Im Inset ist eine Vergrößerung des Spektrums dargestellt. Sie spiegelt das übliche Erscheinungsbild von TEY-Spektren bei geringen Bedeckungen wider, bei denen der ansonsten kaum wahrnehmbare, leichte Abfall des Substratsignals deutlich sichtbar wird. Ein Maß für die Dicke eines Films ergibt sich aus der Höhe der Absorptionskanten h im Vergleich zur Höhe des Absorptionssignals vor den Resonanzen (edge jump). Im linken Teil von Abb. 3.6 ist h durch die Höhe der Kontinuumsbeiträge, d. h. der Stufenfunktion, definiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass h wegen der endlichen Austrittstiefe der Elektronen und der endlichen Eindringtiefe der Strahlung gegen den Wert der entsprechenden Festkörperoberfläche h∞ konvergiert. Wegen des kleinen Absorptionsquerschnittes bei diesen Energien ist – selbst bei nahezu streifendem Einfall – die Schichtdickenabhängigkeit von h in guter Näherung durch f h = h∞ (1 − e−d/λe ) (3.8) gegeben.3 Die Abhängigkeit der relativen Kantenhöhe h/h∞ von der Dicke des Films ist im Inset des linken Teils von Abb. 3.6 dargestellt und zeigt, dass h bis etwa 20 Å in guter Näherung linear mit der Schichtdicke skaliert. Bei dickeren Schichten wird die Abhängigkeit schwächer und geht schließlich in den Sättigungswert h∞ über. Die Verhältnisse bei den übrigen Energien sind ähnlich, nur dass die Sättigung im Bereich der Resonanzen wegen der stärkeren Absorption bereits bei geringeren Schichtdicken einsetzt. Die in den TEY-Spektren beobachtbaren Selbstabsorptionseffekte sind unter üblichen Bedingungen bei Bedeckungen kleiner als 4 ML vernachlässigbar und gehen mit zunehmender Dicke gegen die entsprechenden Effekte an der oben untersuchten Festkörperoberfläche. Mit Hilfe der in diesem Abschnitt vorgestellten Gleichungen ist es durch entsprechende Analyse gemessener TEY-Spektren möglich, die Dicke der untersuchten Filme bzw. die deponierte Materialmenge abzuschätzen und die tatsächlichen Absorptionsquerschnitte zu ermitteln. Letzteres ist durch numerisches Auflösen von Glg. (3.7) nach µf (E) möglich. Bei der Anwendung von Glgn. (3.7) und (3.8) treten in der Praxis allerdings verschiedene Schwierigkeiten auf. So sind die Konversionseffizienzen und die effektiven Austrittstiefen für viele Materialien im untersuchten Energiebereich nicht bekannt. Außerdem bewirken unerwünschte Adsorbate, mögliche Aufladungseffekte sowie strahlrohrseitige Probleme kleinere zusätzliche Beiträge, die beim Vergleich von gemessenen und berechneten Spektren berücksichtigt wer3 Dies folgt unter der Annahme µf (E)/ sin θ 1/λfe aus Glg. (3.7). 41 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen den müssen. Praktische Schwierigkeiten bei der Detektion von TEY-Spektren ergeben sich bei magnetisierungsabhängigen Messungen aus magnetischen Streufeldern der Probe und Inhomogenitäten in gegebenenfalls extern angelegten Magnetfeldern, die magnetisierungsabhängige Detektionseffizienzen zur Folge haben können und zu unerwünschten Offsets bei der Auswertung von Differenzspektren führen. 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen Ein alternativer Zugang zum Wechselwirkungsquerschnitt und damit zu den magnetischen Eigenschaften einer Probe ist durch die Auswertung von Reflexionsspektren möglich. Im Vergleich zur TEY-Detektion bietet die Reflexionsanalyse grundsätzlich zwei Vorteile. Erstens wird die mögliche Detektionstiefe in entsprechenden Experimenten nur durch die mittlere Eindringtiefe der Strahlung (200 − 1000 Å) und nicht durch die geringere Austrittstiefe der detektierten Elektronen (20 − 40 Å) begrenzt. Im Vergleich zu TEY-Messungen sind daher Experimente an abgedeckten Proben und tiefer liegenden Schichten in Multilagensystemen leicht möglich. Zweitens ist die Detektion des reflektierten Lichtes völlig unempfindlich gegen äußere Felder und ermöglicht so Untersuchungen unter starken Magnetfeldern. Die quantitative Beschreibung und Analyse von Reflexionsspektren ist jedoch komplexer als die der TEY-Spektren. Die für die vorliegende Arbeit wesentlichen Aspekte sollen im Folgenden dargestellt werden. Die Analyse des reflektierten Lichtes ist seit langem eine Standardmethode zur Untersuchung der optischen und elektronischen Eigenschaften von Oberflächen und dünnen Filmen und findet vor allem unter Verwendung von sichtbarem Licht Anwendung. Da im Allgemeinen dabei nicht nur eine winkel- und wellenlängenabhängige Intensitätsmessung vorgenommen wird, sondern auch Polarisationsanalysen durchgeführt werden, ist diese Methode als Ellipsometrie bekannt [89]. Polarisations- und Intensitätseffekte bei der Reflexion linear polarisierten Lichtes an ferromagnetischen Proben wurden bereits 1877 von John Kerr entdeckt [90]. Die später nach ihm als magneto-optische Kerr-Effekte (MOKE) benannten Effekte in Reflexion treten in drei konventionellen Geometrien auf. Sie sind in Abb. 3.7 dargestellt. Der longitudinale und polare Kerr-Effekt (L-MOKE bzw. P-MOKE) treten sowohl bei sals auch bei p-Polarisation auf und äußern sich in einer Drehung der Polarisationsebene in Verbindung mit einem Wechsel von linearer zu leicht elliptischer Polarisation des reflektierten Lichtes [siehe Abb. 3.7 (a) und (b)]. Die Magnetisierung ist dabei in der Probenoberfläche entlang der Einfallsebene (longitudinal) bzw. senkrecht zur Probenoberfläche (polar) orientiert. Der transversale magneto-optische Kerr-Effekt (T-MOKE) [siehe Abb. 3.7 (c)] wird nur bei p-polarisiertem Licht beobachtet und äußert sich in einer Intensitätsänderung beim Umklappen der in der Probenoberfläche und senkrecht zur Einfallsebene orientierten Magnetisierung (transversal). Die Untersuchung dieser Effekte stellt im sichtbaren Licht einen Spezialfall der Ellipsometrie dar und kann auf die dort bekannten und weit entwickelten Techniken zurückgreifen. Obwohl die beobachtbaren Effekte klein sind – Fe-, Co- und Ni-Oberflächen zeigen 42 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen Ei Ei Er Er m m (a) Ei (b) m Er (c) Abb. 3.7: Die drei konventionellen Geometrien des magneto-optischen Kerr-Effektes mit (a) longitudinaler, (b) polarer und (c) transversaler Magnetisierung. Drehungen und Elliptizitäten in der Größenordnung von 0,1 ◦ bzw. Intensitätsänderungen von etwa 0,1 % – werden in situ Untersuchungen von atomaren Monolagen im Ultrahochvakuum heute standardmäßig durchgeführt. Der Einsatz von Femtosekundenlaserpulsen und innovativen interferometrischen Detektionstechniken erlaubt heute detaillierte Einblicke in statische und dynamische Eigenschaften magnetischer Materialien (siehe z. B. [91, 92]). Die Situation im weichen Röntgenbereich unterscheidet sich von Experimenten mit sichtbaren Licht im Wesentlichen durch die vergleichsweise geringe Reflektivität an den untersuchten Grenzflächen. Dennoch konnten durch die Entwicklung von Verfahren zur Beschichtung reflektierender optischer Elemente und lithographischer Methoden zur präzisen Herstellung Fresnelscher Zonenlinsen und Gittern in den letzten Jahren viele Standardtechniken aus dem Sichtbaren in den Bereich extrem ultravioletter Strahlung (EUV) und in den weichen Röntgenbereich übertragen werden [81]. Wegen ihrer hohen Brillanz erlauben die heute verfügbaren Synchrotronquellen der dritten Generation detaillierte und präzise Untersuchungen an geringsten Materialmengen bei Absorption, Transmission und Reflexion der Strahlung. So konnten nach der Entdeckung des resonant erhöhten, transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes an den 2p-Resonanzen von Eisen im Jahr 1990 durch Kao u. a. sowohl der Faraday-Effekt als auch der Voigt-Effekt (in Transmission) im Bereich der Rumpfniveaus der ferromagnetischen 3d-Metalle mittels Polarisationsanalyse nachgewiesen werden [17, 93–95]. Kürzlich wurden erste Messungen des magneto-optischen Kerr-Effektes in der longitudinalen Geometrie bei diesen Energien publiziert [96]. Die im reflektierten Licht gefundenen Drehungen in der Größenordnung von 10 ◦ sind demnach erheblich größer als die entsprechenden Effekte im sichtbaren Licht. 43 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen 3.2.1 Beschreibung magneto-optischer Effekte in Reflexion mit Hilfe des Jones-Matrix-Formalismus Eine Beschreibung der magneto-optischen Effekte in Reflexion erfordert die Berechnung der Fresnelschen Reflexionskoeffizienten, die komplexe Funktionen der experimentellen Randbedingungen und der makroskopischen/mikroskopischen Beschaffenheit der Probe bzw. ihrer Konstituenten sind (siehe z. B. [97, 98]). Aus den Reflexionskoeffizienten lässt sich die Änderung der Polarisation bzw. Intensität des reflektierten Lichtes mit Hilfe des Jones-MatrixFormalismus (siehe [89, 99]) in allgemeiner Form nach folgendem Ausdruck ! ! ! Esi rss rsp Esr (3.9) · = Epi rps rpp Epr berechnen. Hierbei sind Esi (Esr ) und Epi (Epr ) die s- bzw. p-polarisierten Komponenten des elektrischen Feldvektors Ei (Er ) des einfallenden (reflektierten) Lichtes. Die Diagonalmatrixelemente rss und rpp der Reflexionsmatrix entsprechen im Fall verschwindender Nichtdiagonalelemente rsp und rps den Fresnelschen Reflexionskoeffizienten eines isotropen Mediums. Die Nichtdiagonalelemente rsp und rps beschreiben eine Drehung der Polarisationsebene und beeinflussen im Allgemeinen auch die reflektierte Intensität. Im Fall des longitudinalen/polaren bzw. transversalen MOKE nimmt die Reflexionsmatrix in Glg. (3.9) folgende Form an [100–102]: ! ! rss ∆rsp rss 0 bzw. , (3.10) −∆rsp rpp 0 rpp + ∆rpp | {z } | {z } transversal longitudinal/polar wobei ∆rsp und ∆rpp in guter Näherung in m lineare Funktionen sind und daher beim Umklappen der Magnetisierung ihr Vorzeichen ändern. Die Berechnung der magneto-optischen Effekte erfolgt durch die Auswertung von Glg. (3.9) mit der entsprechenden Reflexionsmatrix. Die Beschreibung von Intensitätseffekten erfolgt im Allgemeinen durch die Angabe der Reflektivität R, die durch das Verhältnis von reflektierter zu einfallender Intensität gegeben ist. Die einfallende Intensität ergibt sich aus 2 2 2 I0 = Esi + Epi , während die reflektierte Intensität I durch I = |Esr |2 + Epr gegeben ist. Der Formalismus erlaubt nicht nur die Untersuchung von linear s- und p-polarisiert einfallendem Licht, sondern durch geeignete Superposition von Epi und Esi die Behandlung jeder beliebigen Polarisation. Im Allgemeinen geschieht dies durch Verwendung der so genannten Stokes-Parameter (siehe [89, 97–99]). Eine entsprechende Darstellung der polarisations- und magnetisierungsabhängigen Reflektivität findet sich in Ref. [103]. Im Fall der transversalen Magnetisierung ergeben sich die Reflektivitäten für s- und p-polarisiertes Licht zu RTs = |rss |2 (3.11) RTp = |rpp + ∆rpp |2 . (3.12) Die quantitative Analyse erfordert daher die Kenntnis von rss und rpp + ∆rpp . Obwohl in den weiter unten dargestellten Experimenten nur die p-polarisierte Reflektivität von Interesse ist, 44 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen sollen in der Darstellung auch die Reflexionseigenschaften des s-polarisierten Lichtes berücksichtigt werden. In den folgenden Abschnitten werden daher die Eigenschaften von RTp und RTs im Wellenlängenbereich weicher Röntgenstrahlung und insbesondere in der Umgebung der Rumpfresonanzen im Fall einer Festkörperoberfläche diskutiert. 3.2.2 Reflexion an einem halbunendlichen magnetischen Substrat bei transversaler Magnetisierung Bevor die spezifischen Eigenschaften des transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes dargestellt werden, sollen zunächst die allgemeinen Reflexionseigenschaften einer im weichen Röntgenbereich reflektierenden Probe näher untersucht werden. Den Ausgangspunkt dazu bildet der Fall einer nicht absorbierenden (n reell) und nichtmagnetischen Festkörperoberfläche (∆rpp = 0). In diesem Fall sind die Reflektivitäten für s- und p-polarisiertes Licht Rs und Rp nach Glgn. (3.11) und (3.12) allein durch die Fresnelschen Reflexionskoeffizienten rss und rpp bestimmt. Die Herleitung von rss und rpp basiert auf einer Betrachtung der Stetigkeitsbedingungen für die einfallenden, transmittierten und reflektierten D-, E- und H-Felder und ist beispielsweise in den Lehrbüchern [97, 98] dargestellt. Für die Reflexionskoeffizienten ergibt sich die folgende Form: √ n2 sin θ − n2 − cos2 θ √ rpp = (3.13) n2 sin θ + n2 − cos2 θ √ sin θ − n2 − cos2 θ √ rss = . (3.14) sin θ + n2 − cos2 θ Dabei ist θ der Einfallswinkel, gemessen von der Oberfläche, und n der Brechungsindex des Mediums, wobei angenommen wird, dass das Licht vom Vakuum auf die Probe fällt. Im weichen Röntgenbereich muss eine Beschreibung der Reflektivität die absorbierenden Eigenschaften des reflektierenden Mediums beinhalten. Dazu genügt es, den reellen Brechungsindex in Glgn. (3.14)und (3.13) durch einen komplexwertigen Brechungsindex zu ersetzen. Da der Brechungsindex im weichen Röntgenbereich nur geringfügig von 1 abweicht, wird er oft in folgender Form angegeben: n = 1 − δ + i · β, (3.15) wobei δ die Abweichung des Realteils von 1 und β den mit der Absorption verknüpften Imaginärteil von n bezeichnet. Die Wirkung der endlichen Absorption auf die Reflektivität ist in Abb. 3.8 für im weichen Röntgenbereich charakteristische Werte dargestellt, wobei in allen Fällen δ = 0 angenommen wurde. Der linke Teil von Abb. 3.8 zeigt Rs und Rp für β = 0,0005. Dieser Wert entspricht der typischerweise geringen Absorption (und damit verbundenen hohen Eindringtiefe) der Strahlung vor den Absorptionskanten (vgl. auch Abb. 3.2). Die Reflektivitäten zeigen das aus dem nicht absorbierenden Fall bekannte Verhalten: während Rs monoton mit zunehmendem Einfallswinkel abfällt, zeigt Rp einen starken Einbruch in der Umgebung des Brewster-Winkels des entsprechenden nicht absorbierenden Mediums. 45 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen Reflektivität Rs, Rp 10 10 -1 β= 0 , 0 0 0 5 β= 0 , 0 0 2 β= 0 , 0 1 -6 R 0° 30° 60° 90° 30° 60° 90° E in fa lls w in k e l θ E in fa lls w in k e l θ s R p 30° 60° 90° E in fa lls w in k e l θ Abb. 3.8: Reflektivitäten Rs und Rp einer Festkörperoberfläche für s- und p-polarisiertes Licht bei unterschiedlich starker Absorption β. Der Realteil des Brechungsindex wurde in allen Fällen gleich 1 gesetzt. Allerdings fällt die Reflektivität im absorbierenden Fall nicht auf 0 ab, sondern erreicht stattdessen einen endlichen Minimalwert, das Brewster-Minimum. Der mittlere und rechte Teil von Abb. 3.8 zeigen den Übergang zu stärkerer Absorption. Der in der Mitte dargestellte Fall entspricht mit β = 0,002 den Verhältnissen hinter den Absorptionskanten, während der rechte Teil mit β = 0,01 etwa die starke Absorption an der 2p3/2 -Kante widerspiegelt. Klar zu erkennen ist, dass die Reflektivität mit zunehmender Absorption β ansteigt. Die mit der Absorption zunehmende Reflektivität erscheint zunächst paradox, folgt aber aus der Tatsache, dass die Reflexion mit der Stärke der Wechselwirkung des einfallenden Lichtes mit den Elektronen des Mediums skaliert. Die Energieerhaltung ist dadurch gewährleistet, dass mit steigender Reflektivität die Transmission der Grenzfläche sinkt. Bei im Experiment üblichen Einfallswinkeln von 5 ◦ − 30 ◦ sind Reflektivitäten von 10−3 − 10−6 typisch. Untersuchungen der Reflektivität im weichen Röntgenbereich sind daher erst seit der Verfügbarkeit von hochintensiven Synchrotronstrahlungsquellen möglich. In allen Fällen nehmen die Reflektivitäten Rs und Rp gleiche Werte bei streifendem (θ = 0 ◦ ) bzw. senkrechtem Einfall (θ = 90 ◦ ) an, wobei die Reflektivität im ersten Fall unabhängig von β den Wert 1 annimmt. Die Berechnung der Reflexionskoeffizienten für ein magnetisches Medium basiert ebenfalls auf der Betrachtung der Stetigkeitsbedingungen für die Komponenten von D, E und H an der Grenzfläche, muss jedoch die komplexeren Verhältnisse durch den Dielektrizitätsten∗ = r + ∆r sor ε berücksichtigen. Eine entsprechende Herleitung von rpp pp pp und rss im Fall 46 10 0 s 10 -2 10 -4 10 -6 - R + 0,3 R p p 0,0 β= 0 , 0 1 0° 30° 60° E in fa lls w in k e l θ 0,6 A s y m m e tr ie R - + Reflektivitäten Rp, Rp und Rs 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen 90° Q = - 0 ,0 0 0 6 + i0 ,0 0 1 5 30° 60° E in fa lls w in k e l θ -0,3 90° Abb. 3.9: Links: Berechnete Winkelabhängigkeit der Reflektivität von p- und s-polarisiertem Licht. Der T-MOKE äußert sich in der magnetisierungsabhängigen Intensität der reflektierten p-polarisierten Strahlung. Rechts: Winkelabhängigkeit der Asymmetrie. transversaler Magnetisierung ist im Anhang E dargestellt. Es ergibt sich q 2 n⊥ sin θ − n2⊥ − cos θ2 − iQ cos θ ∗ q rpp = n2⊥ sin θ + n2⊥ − cos θ2 + iQ cos θ q sin θ − n2k − cos2 θ q sowie rss = . sin θ + n2k − cos2 θ (3.16) (3.17) Dabei ist Q die durch Q = i · εxy /εxx gegebene Voigt-Konstante, die definitionsgemäß linear in m ist. Die Brechungsindizes n⊥ und nk entsprechen den im Abschnitt 2.2.2 hergeleiteten Fällen bei Ausbreitung des Lichtes senkrecht zur Magnetisierung mit der Polarisierung senkrecht bzw. parallel zu m. Wie oben bereits erwähnt, ist der Unterschied beider Indizes im Fall der hier betrachteten 2p-Resonanzen von Fe und Co sehr klein, so dass die Brechungsindizes n⊥ und nk in guter Näherung durch den isotropen Brechungsindex n ersetzt werden können. ∗ in guter Näherung in eine Summe Es kann gezeigt werden, dass der Reflexionskoeffizient rpp aus dem nichtmagnetischen Term rpp und dem in m linearen Term ∆rpp separiert werden kann.4 Bei verschwindender Magnetisierung (εxy → 0) gehen beide Ausdrücke in den oben betrachteten, nichtmagnetischen Fall über [siehe Glgn. (3.13) und (3.14)]. Resultierende, winkelabhängig simulierte Reflektivitätskurven Rs und Rp+ bzw. Rp− für 4 pn p cos θ + n Dies ergibt sich aus Glg. (3.16), wenn in Q quadratische Terme vernachlässigt werden. Es gilt dann [99, 102]: ∗ rpp ≈ n2⊥ cos θi − n2⊥ i 2 ⊥ 2 ⊥ − sin θi2 − sin θi2 + 2iQ · (n2⊥ p n2⊥ cos θi sin θi = rpp + ∆rpp . cos θi + n2⊥ − sin θi2 )2 47 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen die beiden entgegengesetzten Magnetisierungsrichtungen sind links in Abb. 3.9 dargestellt. Der zugrunde liegende Brechungsindex n entspricht den Verhältnissen im Bereich der 2p3/2 Kante der 3d-Übergangsmetalle. Die Reflektivitäten können daher mit dem rechten Teil von Abb. 3.8 verglichen werden. Für den Realteil von n gilt wie oben δ = 0. Die Voigt-Konstante wurde mit Q = 0,0006 + i0,0015 so gewählt, dass die resultierenden Winkelabhängigkeiten den experimentellen Befunden möglichst nahe kommen. Die dargestellten Reflektivitäten zeigen zunächst das gleiche generelle Verhalten wie oben in Abb. 3.8. Bei etwa gleich großen absoluten Werten für die Reflektivitäten sinkt Rs mit zunehmendem Einfallswinkel monoton, während die Kurven Rp+ bzw. Rp− für p-polarisiertes Licht wieder einen Einbruch in der Nähe des Brewster-Winkels zeigen. Als Folge des transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes existieren jedoch für die beiden Magnetisierungsrichtungen unterschiedliche Brewster-Winkel und unterschiedliche Verläufe der Reflektivität. Die Winkelabhängigkeit des T-MOKE wird noch deutlicher im dem rechts in Abb. 3.9 dargestellten Verlauf der durch A = (Rp+ − Rp− )/(Rp+ + Rp− ) (3.18) definierten Asymmetrie A sichtbar. Sie verschwindet bei senkrechtem und streifendem Einfall und hat einen Nulldurchgang in der Nähe des nichtmagnetischen Brewster-Winkels. Die Asymmetrie ist unabhängig von absoluten Werten der Reflektivität und wird daher häufig in der Literatur angegeben. Außerdem lässt sich im Fall der Reflexion an einer Festkörperoberfläche ein geschlossener Ausdruck angeben, wenn bei der Berechnung in Q quadratische Terme vernachlässigt werden. Es gilt dann [99, 101, 102, 104]: A = 4 cos(2θ) · Re iQn2 . n4 sin2 θ − n2 + cos2 θ (3.19) Die Asymmetrie ist folglich proportional zu Q und damit zur Magnetisierung und verschwindet für θ = 0◦ und θ = 90◦ . Die rechts in Abb. 3.9 gezeigten Asymmetriewerte von bis zu 0,5 sind typisch für die resonanten magneto-optischen Effekte im weichen Röntgenbereich und übersteigen damit die korrespondierenden Effekte im sichtbaren Licht – wie bereits im Fall der oben erwähnten Faraday- und Kerr-Drehungen – um zwei Größenordnungen. Der genaue Verlauf der Asymmetrie hängt auf komplexe Weise von den optischen und magneto-optischen Konstanten n und Q ab. Andererseits ist es durch Anpassung von Glg. (3.19) an den Winkelverlauf der experimentell ermittelten Asymmetrie möglich, n und Q zu bestimmen. Bei den in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe des transversalen magneto-optischen KerrEffektes untersuchten Proben handelt es sich hauptsächlich um ultradünne Co-Filme auf W(110). In diesem Fall lassen sich weder für die Reflektivität noch für die Asymmetrie einfache, geschlossene Ausdrücke angeben, die die experimentellen Kurven mit befriedigender Genauigkeit wiedergeben können5 . Beide Größen werden durch Vielfachreflexionen an den 5 Zwar wurden einige genäherte Ausdrücke publiziert (beispielsweise in [104, 105]), die dabei gemachten Voraussetzungen (z. B. λ d und/oder vergleichbare optische Konstanten von Film und Substrat im untersuchten Energiebereich) sind aber mit den Bedingungen der resonanten Spektroskopie im weichen Röntgenbereich nur bedingt kompatibel. 48 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen beiden Grenzflächen (Vakuum-Film und Film-Substrat) beeinflusst. Die entsprechenden Interferenzeffekte führen sowohl zu winkel- als auch schichtdickenabhängigen Modulationen beider Größen. Mit Hilfe eines geeigneten Formalismus können allerdings auch in diesem Fall durch Anpassungsrechnungen Informationen aus den experimentellen Spektren gewonnen werden. Der hier verwendete (4 × 4)-Matrix-Formalismus und die Auswirkung der Interferenzeffekte auf die Reflektivität und Asymmetrie werden in den folgenden zwei Abschnitten kurz vorgestellt. 3.2.3 Beschreibung der Reflexion an Multilagensystemen Die Beschreibung der optischen Eigenschaften von Multilagensystemen ist von großer Bedeutung für viele optische Anwendungen im sichtbaren Licht wie auch im weichen Röntgenbereich. Insbesondere können Multilagen zur Erhöhung oder Herabsetzung der reflektierten Intensität (z. B. dielektrische Spiegel, Antireflexschichten, Strahlteiler usw.) verwendet werden. Entsprechend viele Algorithmen wurden zur numerischen Berechnung der Reflexion und Transmission durch derartige Systeme entwickelt und publiziert (siehe [98] und die dort angegebenen Referenzen). Auch für die Behandlung magnetischer Multilagen existieren eine Reihe von Algorithmen unterschiedlicher Komplexität und Allgemeinheit [104, 106–111]. Der in dieser Arbeit verwendete (4 × 4)-Matrix-Formalismus von Zak u. a. erlaubt die gleichzei” tige“ Berechnung der Reflexions- und Transmissionskoeffizienten von magnetischen Multilagensystemen mit beliebiger Orientierung der Magnetisierung und ermöglicht damit eine hohe Flexibilität bei der Berechnung verschiedener magneto-optischer Effekte [108]. In diesem Abschnitt sollen nur die Grundzüge des Formalismus skizziert und für den einfacheren Fall nichtmagnetischer Medien diskutiert werden. Eine ausführlichere Darstellung der Entwicklung des (4×4)-Formalismus findet sich in weiteren Arbeiten von Zak und Mitarbeitern [108, 112–114]. Ausgangspunkt des Formalismus ist die Aufstellung so genannter Grenzflächenmatrizen A. Sie hängen von den optischen und magneto-optischen Eigenschaften der aneinander grenzenden Medien ab, realisieren die Stetigkeitsbedingungen für die Tangentialkomponenten der E- und H-Felder unter beliebiger Orientierung der Magnetisierung und erlauben die Berechnung der Reflexions- und Transmissionskoeffizienten aus ihren Matrixelementen. Die ebenfalls material- und magnetisierungsabhängigen Änderungen von Phase und Amplitude der Felder beim Durchgang durch eine Schicht werden durch so genannte Fortpflanzungsmatrizen beschrieben. Die Grenzflächenmatrizen sind so konstruiert, dass sie die Berechnung der Tangentialkomponenten von E und H an der Grenzfläche in Abhängigkeit von den s- und ppolarisierten Komponenten der einfallenden und reflektierten elektrischen Felder ermöglicht. Erstere werden durch einen Vektor F und letztere durch einen Vektor P in folgender Form dargestellt: (i) Es ) Ex (i) Ep Ey , P = (3.20) F= (r) . Es Hx (r) Hy Ep 49 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen Die von Zak u. a. angegebene Grenzflächenmatrix A beschreibt den Zusammenhang von F und P durch folgende Gleichung: F = AP. (3.21) Im nichtmagnetischen Fall ist A gegeben durch: 1 0 A= 0 cos θi 0 −n cos θi n 0 1 0 − cos θi . 0 −n − cos θi n 0 0 (3.22) Die Erhaltung der Tangentialkomponenten von E und H erlaubt im Fall der Grenzfläche zwischen zwei halbunendlichen Medien 1“ und 2“ (d. h. F1 = F2 ) die Aufstellung folgender ” ” Gleichung: A1 P1 = A2 P2 . (3.23) Letztere stellt ein Gleichungssystem aus vier Gleichungen zur Bestimmung der acht Kom(i) (i) ponenten von P1 und P2 dar. Von diesen Komponenten sind vier bekannt: (i) E1s und E1p werden durch die einfallende Intensität bestimmt und (ii) für die vom Medium 2“ reflektier” (r) (r) ten Felder gilt E2s = E2p = 0, da es keine zweite reflektierende Grenzfläche gibt. Folglich ist das Gleichungssystem (3.23) zur Berechnung der verbleibenden vier Feldkomponenten ausreichend bestimmt. Es kann leicht gezeigt werden, dass die im Abschnitt 3.2.2 dargestellten (r) (i) (r) (i) Reflexionskoeffizienten mit rss = E1s /E1s und rpp = E1p /E1p aus Glg. (3.23) in der durch Glg. (3.14) bzw. Glg. (3.13) gegebenen Form berechnet werden können. Zu beachten ist dabei, dass θi der Winkel zwischen der Ausbreitungsrichtung und der z-Achse im jeweiligen Medium ist, und daher nur im Vakuum mit dem Einfallswinkel übereinstimmt. Andernfalls muss er nach dem Snelliusschen Brechungsgesetz aus dem Einfallswinkel und dem jeweiligen Brechungsindex n berechnet werden. Die von Zak u. a. angegebene Grenzflächenmatrix für ein magnetisches Medium bei beliebiger Orientierung der Magnetisierung hat eine komplexere Form und hängt neben dem Brechungsindex und dem Winkel der Lichtausbreitung auch von der magneto-optischen Konstante Q und den Winkeln, die die Orientierung der Magnetisierung im Medium beschreiben, ab [108]. Im Falle eines oder mehrerer Filme auf einem Substrat müssen die Stetigkeitsbedingungen an jeder Grenzfläche erfüllt werden. Die Berechnung der an den Grenzflächen wirksamen Felder geschieht über die Fortpflanzungsmatrizen D. Sie erlauben es, die Feldkomponenten P an der oberen Grenzfläche in Abhängigkeit von den Feldern in der Tiefe z über folgende Relation zu berechnen: P(0) = DP(z). 50 (3.24) 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen Im Fall eines nichtmagnetischen Films der Dicke d hat D die folgende Form 0 0 0 exp −i 2π λ nd cos θi 0 exp −i 2π nd cos θ 0 0 i λ . D= 2π 0 0 exp i λ nd cos θi 0 2π 0 0 0 exp i λ nd cos θi (3.25) Mit den so bestimmten Fortpflanzungsmatrizen kann das Multilagenproblem durch Matrizenmultiplikation gelöst werden. Enthält das betrachtete System drei Medien, z. B. VakuumFilm-Substrat, so gilt unter Verwendung der Relationen (3.23) und (3.24): A1 P1 = A2 P2 (0) = A2 DP2 (d) = A2 DA2 −1 A2 P2 (d) = A2 DA2 −1 A3 P3 (d), (3.26) so dass – wie oben – ein System von vier Gleichungen zur Bestimmung der Komponenten von (i) (i) P1 und P3 gewonnen worden ist. Wieder sind E1s und E1p durch die einfallende Intensität (r) (r) bestimmt und es gilt E3s = E3p = 0. Im allgemeinen Fall gilt für die Beziehung zwischen den Feldern an der ersten und der letzten Grenzfläche Pi bzw. Pf : Pi = MPf , (3.27) wobei M = Ai −1 Y m Am Dm Am −1 Af ≡ G H ! . I (3.28) J Die Multiplikation wird über alle Filme ausgeführt. Die Zerlegung von M in die (2 × 2)Matrizen G, H, I, J erlaubt die Berechnung der Reflexionsmatrixelemente aus folgender Beziehung: ! rss rsp = IG−1 . (3.29) rps rpp Das Problem der Berechnung der Reflexionskoeffizienten ist damit auf die numerisch leicht durchzuführende Multiplikation von komplexwertigen Matrizen zurückgeführt worden. Neben den Elementen der Reflexionsmatrix lässt sich aus M auch die zugehörige Transmissionsmatrix bestimmen [108]. Der Formalismus vernachlässigt in der angegebenen Form den Einfluss des linearen Dichroismus. Zur Berechnung der Reflexionsspektren wird daher nur der durch √ n = εxx (3.30) definierte isotrope Brechungsindex und die Voigt-Konstante Q = i · εxy /εxx benötigt. Die numerische Berechnung entsprechender Reflexionsspektren wurde im Rahmen dieser Arbeit durch ein in Origin C“ geschriebenes Programm unter Verwendung vorgefertigter, schnel” ler Routinen zur Multiplikation komplexwertiger Matrizen ausgeführt. Die Routinen und die genannte Programmiersprache sind Bestandteil des kommerziell erhältlichen Datenauswertungsprogrammes OriginPro 7.5“, das für alle in dieser Arbeit gezeigten Anpassungsrech” nungen verwendet wurde. 51 10 0 Film (d=30Å) A s y m m e tr ie -2 0,0 10 -4 R 10 -0,3 s R - R + -6 0° 0,6 0,3 Substrat 10 - + Reflektivitäten Rp, Rp und Rs 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen p p 30° 60° E in fa lls w in k e l θ 90° 30° 60° E in fa lls w in k e l θ -0,6 90° Abb. 3.10: Links: Simulierte Winkelabhängigkeit der Reflektivität von p- und s-polarisiertem Licht an einem dünnen Film auf einem Substrat. Rechts: Winkelabhängigkeit der zugehörigen Asymmetrie. 3.2.4 Transversaler MOKE eines dünnen Films auf einem Substrat Hier soll der Einfluss von Interferenzeffekten auf den T-MOKE an einem dünnen Film demonstriert werden. Ergebnisse entsprechender Simulationsrechnungen für einen 30 Å dicken Film auf Wolfram sind links in Abb. 3.10 dargestellt. Für die Rechnungen wurden tabellierte Werte für den Brechungsindex von Wolfram bei 705 eV (β = 0,0017 und δ = 0,0033 sowie Q = 0) verwendet [115]. Für den Film wurden die optischen und magneto-optischen Konstanten der in Abb. 3.9 gezeigten Rechnungen angenommen (β = 0,01 und δ = 0 sowie Q = 0,0006 + i0,0015), so dass die Ergebnisse beider Rechnungen miteinander verglichen werden können. Die Reflektivitäten links in Abb. 3.10 zeigen sehr deutlich ausgeprägte Modulationen. Die Modulationen überlagern die charakteristischen Einbrüche der Reflektivität p-polarisierten Lichtes in der Nähe des Brewster-Winkels. Gleichzeitig erzeugen sie ähnliche Strukturen in der Reflektivität des s-polarisierten Lichtes, so dass eine klare Unterscheidung der Spektren (ohne Kenntnis der Randbedingungen) im Prinzip nur durch die magnetische Empfindlichkeit bei der Reflexion der p-polarisierten Strahlung möglich ist. Entsprechend zeigt auch die rechts in Abb. 3.10 dargestellte Asymmetrie eine komplexe Winkelabhängigkeit, die kaum noch mit der entsprechenden Asymmetrie bei Reflexion an der Festkörperoberfläche vergleichbar ist (siehe rechter Teil von Abb. 3.9). Die hier gezeigten Spektren machen klar, dass die Verhältnisse bei der Reflexion an einem dünnen Film auf einem Substrat bereits deutlich komplexer sind als im Fall einer Festkörperoberfläche. Die dort entwickelten analytischen Ausdrücke können nicht mehr angewandt werden. Die bisherigen Ausführungen in diesem Abschnitt demonstrieren darüber hinaus, dass das Reflexionsproblem numerisch erheblich aufwendiger zu behandeln ist als das im Abschnitt 3.1 vorgestellte Problem der Absorption bzw. Transmission. Die später im Kapi- 52 3.2 Zugriff auf magnetische Eigenschaften über Reflexionsmessungen tel 5 dargestellten Ergebnisse der Reflexionsanalyse im Fall ultradünner Co-Filme auf W(110) sollen jedoch zeigen, dass es mit Hilfe aktuell verfügbarer numerischer Verfahren und Rechnertechnik ohne weiteres möglich ist, ein detailliertes Verständnis von Reflexionssignalen selbst im Fall geringer Bedeckungen zu erhalten. Zuletzt soll in diesem Abschnitt noch kurz auf das Problem der Rauigkeit eingegangen werden. 3.2.5 Einfluss der Rauigkeit In den bisherigen Betrachtungen wurde das Problem nichtidealer Grenzflächen nicht behandelt. Auch der von Zak u. a. in Ref. [108] beschriebene Formalismus vernachlässigt den Einfluss der Rauigkeit auf die Reflexionsspektren. Zwar ist es möglich, eine entsprechende Korrektur nachträglich in den Formalismus zu integrieren, allerdings erfordert eine adäquate Beschreibung des Problems eine genaue Kenntnis von der Beschaffenheit der Grenzflächen. Da die zur Beschreibung notwendigen Parameter oftmals nicht aus unabhängigen Experimenten bekannt sind, wird in entsprechenden Anpassungsrechnungen die Zahl der freien Parameter entsprechend erhöht. In der vorliegenden Arbeit wird versucht, das Problem der Rauigkeit durch die Auswahl der untersuchten Probensysteme weitestmöglich zu umgehen. Die in dieser Arbeit untersuchten Co-Filme lassen sich atomar glatt und ohne Vermischungsneigung an der Substratgrenzfläche präparieren, und stellen somit nahezu perfekte Spiegel dar. Generell führt die Rauigkeit zu Streuung des Lichtes aus der Richtung des spekularen Reflexes und reduziert auf diese Weise die gemessene Intensität. Im einfachsten Fall einer Probe mit einer RMS-Rauigkeit σR kann die Intensität des reflektierten Lichtes Rrau durch folgende Gleichung beschrieben werden: Rrau 4πσR sin θ 2 = exp − , (3.31) Rspek λ wobei Rspek die Reflektivität der entsprechenden glatten Oberfläche ist. Die Gleichung zeigt, dass der Einfluss der Rauigkeit vom Verhältnis der Wellenlänge des Lichtes λ und der Rauigkeit σR abhängt. Ist die RMS-Rauigkeit einer Probe vergleichbar mit der Wellenlänge des Lichtes, wird die reflektierte Intensität – abhängig vom Einfallswinkel – deutlich reduziert. Eine detailliertere Behandlung des Reflexion an nichtidealen Grenzflächen findet sich beispielsweise in [116]. 53 3 Absorption und Reflexion im weichen Röntgenbereich: Methodik und Simulationsrechnungen 54 4 Experimenteller Aufbau, Probenpräparation und -charakterisierung In diesem Kapitel werden die experimentellen Aufbauten und die Präparation der Proben erläutert. Die in dieser Arbeit vorgestellten Reflexions- und Absorptionsmessungen erfordern intensive und durchstimmbare Strahlung im weichen Röntgenbereich, daher wurden alle Experimente am Elektronenspeicherring BESSY II in Berlin durchgeführt. Für die in situ Absorptions- und Reflexionsmessungen wurden eigene UHV-Apparaturen (Ultrahochvakuum, UHV) verwendet, die jeweils aus Präparations- und Messkammer bestanden. Da die Absorptions- und Reflexionsmessungen unterschiedliche experimentelle Geometrien voraussetzten, wurden die Aufbauten für die jeweiligen Messungen angepasst. Für die Experimente an den deponierten Nanopartikeln wurde außerdem die UHV-taugliche Clusterquelle ACIS (arc cluster ion source, ACIS) eingesetzt. Das Kapitel ist wie folgt gegliedert: Zunächst wird die Präparation der Kobaltfilme und des W(110)-Substrates dargestellt. Anschließend wird die ACIS-Clusterquelle vorgestellt und die von ihr erzeugten Nanopartikel vorcharakterisiert. Im dritten Abschnitt werden die beiden Geometrien, die entsprechenden Aufbauten und genutzten Strahlrohre beschrieben. 4.1 Wachstum und Magnetismus von epitaktischen Kobaltfilmen auf W(110) Die in dieser Arbeit untersuchten und als Substrat verwendeten ultradünnen Kobaltfilme auf W(110) zeichnen sich für die Experimente durch ihre verhältnismäßig einfache Präparation und ihre gut bekannten mikroskopischen und magnetischen Eigenschaften aus. Sie wachsen unter UHV-Bedingungen auf der Wolfram-(110)-Oberfläche lagenweise und besitzen eine uniaxiale magnetische in-plane Anisotropie. Das lagenweise Wachstum führt dabei zu atomar glatten Grenzflächen, die in idealer Weise sowohl für Reflektivitätsmessungen im weichen Röntgenbereich als auch für die Untersuchung deponierter Nanopartikel geeignet sind. In diesem Abschnitt werden die Präparation der Oberflächen und der Schichten sowie deren strukturellen Eigenschaften dargestellt, soweit dies zum Verständnis der Arbeit nötig ist. Dabei wird teilweise auch auf die Ergebnisse anderer Gruppen zurückgegriffen. Der als Substrat für die Filmpräparation verwendete Wolfram-(110)-Kristall besitzt ein kubisch raumzentriertes Gitter (bcc) und zeichnet sich durch seine hohe Schmelztemperatur und seine geringe Neigung zur Interdiffusion und Legierungsbildung aus [117]. Außerdem 55 4 Experimenteller Aufbau, Probenpräparation und -charakterisierung ist er nicht magnetisch und lässt sich relativ leicht präparieren. Kohlenstoff stellt die wesentliche Verunreinigung der W(110)-Oberfläche dar. Er segregiert bei Erwärmung aus dem Kristallvolumen an die Oberfläche und kann durch ca. 10-minütiges Heizen mit einer Elektronenstoßheizung bei 1100 K und einem Sauerstoffpartialdruck von 2 · 10−6 mbar (thermisch aktivierte Oxidation) und anschließendes Flashen, d. h. kurzes Heizen auf 2400 K, entfernt werden. Dieses Verfahren wird von vielen Autoren angegeben (siehe [118] und die darin angegebenen Referenzen). Im Allgemeinen muss diese Prozedur in mehreren Zyklen wiederholt werden, bis alle Kohlenstoffverunreinigungen entfernt sind. Der Zustand der Oberfläche wird mit Hilfe von LEED-Bildern (low energy electron diffraction, LEED) überprüft. Für die hier vorgestellten Experimente wurden dann epitaktische Kobaltfilme mit Schichtdicken zwischen 4 ML und 12 ML unter Verwendung eines Elektronenstrahlverdampfers, dessen Abstand zum Kristall ca. 15 cm betrug, hergestellt. Der Kammerdruck betrug während des Verdampfens 5,5 · 10−10 mbar. Die Verdampfungsrate kann mit etwa 1,5 ML/min bei einem gemessenen Ionenstrom von 100 nA angegeben werden. Das Wachstum von Kobalt auf der W(110)-Oberfläche ist von einigen Arbeitsgruppen sehr genau untersucht worden [119–124]. Man beobachtet ein Frank-van-der-Merwe- oder lagenweises (layer-by-layer ) Wachstum, bei dem erst auf einer fertigen Monolage die nächste aufwächst. Kobalt wächst bis zu einer Bedeckung von 0,7 ML 1 pseudomorph (ps), d. h. mit der Gitterkonstanten des bcc-Wolframs, auf. Da sich die Gitterkonstante von Wolfram mit aW = 3,16 Å und die von hcp-Kobalt aCo = 2,51 Å stark unterscheiden, bedeutet dies eine erhebliche Verspannung gegenüber dem hcp-Kobaltgitter. Ab der ersten (relaxierten) Monolage liegen die Kobaltschichten als hcp-Co(0001) in Nishiyama-Wassermann-Orientierung vor. Dabei ist der größte Teil der Verspannung des Kobalts bereits abgebaut [121]. Es verbleibt bis zur achten Monolage eine konstante Kompression des Kobaltfilms von etwa 1,5 % entlang der Co[11̄00]-Richtung (kW[001]) und eine Expansion von 3,08 % entlang der Co[112̄0]-Achse(kW[11̄0]). Bei weiterer Erhöhung der Schichtdicke d nimmt die Verspannung mit 1/d ab [125]. Die in den hier vorgestellten Experimenten hergestellten Filme wurden nach dem Aufdampfen bei etwa 420 K getempert, um einen glatten, relaxierten Film zu erhalten. Der Ausheilprozess kann im LEED-Bild beobachtet werden, wobei die zunächst diffusen Spots immer schärfer werden. Das LEED-Bild eines getemperten Films ist im linken Teil von Abb. 4.1 dargestellt. Es zeigt die quasihexagonal angeordneten, scharfen LEED-Spots. Eine STM-Aufnahme (scanning tunneling microscope, STM) der Oberfläche eines Kobaltfilmes befindet sich rechts in Abb. 4.1. Zu erkennen sind monoatomar hohe, etwa 100 nm breite Terrassen mit den Stufenkanten entlang der Co[112̄0]-Achse(kW[11̄0]). Die magnetischen Eigenschaften der Filme werden durch die Verspannung des Filmgitters bestimmt [125]. Sie zeigen eine uniaxiale Anisotropie in der Filmebene (in-plane), wobei die magnetisch leichte Achse mit der W[11̄0]-Richtung und die schwere Achse mit der W[001]-Richtung zusammenfällt. Die Anisotropiekonstante ist bis zur achten Monolage konstant und fällt dann wie die Verspannung mit 1/d ab. Weitere Details finden sich in Ref. [125]. 1 Dies entspricht einer Substrat-, d. h. Wolframmonolage. 56 4.2 Fe-Nanopartikel aus der ACIS-Clusterquelle Co[1100] || W[110] 250 nm 0,91 0,76 200 Co[1120] || W[001] 0,61 nm 150 0,46 100 0,30 50 0,15 0,00 0 0 100 nm 200 300 Abb. 4.1: LEED-Bild (links) und STM-Aufnahme eines getemperten Kobaltfilms auf W(110) (rechts). Der Kobaltfilm ist über große Bereiche atomar glatt und zeigt monoatomar hohe Terrassen [126]. 4.2 Fe-Nanopartikel aus der ACIS-Clusterquelle Die in dieser Arbeit untersuchten Nanopartikel wurden mit Hilfe der ACIS-Clusterquelle hergestellt und in situ auf die oben beschriebenen ferromagnetischen Co-Filme deponiert. Eine ausführliche Beschreibung und Charakterisierung des Quellenaufbaus sowie unterschiedlicher Clusterdeponate finden sich in [127, 128]. Das Funktionsprinzip der Quelle ist schematisch oben in Abb. 4.2 dargestellt. Die eigentliche Clusterquelle ist im linken Teil zu erkennen. Sie besteht aus einer Hohlkathode aus dem gewünschten Clustermaterial und einer Anode, die in den Hohlraum ragt. Zwischen Anode und Hohlkathode wird zum Betrieb der Quelle (durch kurzzeitiges Anlegen einer Zündspannung von etwa 600 V) eine Bogenentladung gezündet. Durch ein äußeres Magnetfeld von einigen mT (s. Spulenkörper) wird der elektrische Bogen mit einer Stromstärke von etwa 20 A im Bereich des Kathodeninnenraums gehalten und eine gleichmäßige Erosion von Kathodenmaterial gewährleistet. Das erodierte Material wird durch einen (in der Abbildung von links kommenden) Edelgasstrom bei einem Druck von etwa 20 mbar durch den Expansionskanal aus dem Kathodenraum transportiert. Das einströmende Edelgas hat etwa Raumtemperatur, infolge der Bogenentladung erhöht sich seine Temperatur um etwa 50 ◦ C im Quellenbereich [127]. Bildung und Wachstum der Cluster aus dem übersättigten Dampf des Kathodenmaterials finden sowohl im Kathodenbereich als auch im Expansionskanal statt. Bereits im Kanal sollte eine weitgehende Thermalisierung der Partikel durch Stöße mit dem Edelgas erfolgen. Beim Austritt aus dem Kanal expandiert das Cluster-Edelgas-Gemisch adiabatisch. Gas und Cluster kühlen dabei weiter ab und werden beschleunigt. Die für die Entstehung und das Wachstum relevanten Bereiche in der ACIS-Quelle sind im unteren Teil von Abb. 4.2 vergrößert dargestellt. Der bei der Expansion bereits stark reduzierte Druck wird durch den Einsatz zweier Skimmer und entsprechender Pumpstufen entlang der Bewegungsrichtung weiter abgesenkt (mittlerer Bereich im oberen Teil von Abb. 4.2. Da ein großer Teil der entstandenen Partikel elektrisch geladen ist, kann ein elektrostatischer Quadrupol zur Massenfilterung verwendet 57 4 Experimenteller Aufbau, Probenpräparation und -charakterisierung Clustererzeugung Druckreduktion, Kollimation Deposition im UHV Probe Spulenkörper Skimmer Anode Flussmessung Massenfilterung +Uquad Blende Gaseinlass Kathode elektrostatischer Quadrupol Expansionskanal Hochvakuum Kathodenraum Plasma Edelgas Metalldampf Clusternukleation Clusterwachstum -Uquad Expansionskanal Clusterwachstum Thermalisierung adiabatische Expansion Kühlung weitere Beschleunigung Beschleunigung Abb. 4.2: Oben: Schematische Darstellung der ACIS-Clusterquelle und ihrer funktionellen Einheiten. Unten: Vergrößerte Ansicht der für die Clusterformung relevanten Bereiche in der Clusterquelle. werden. Im Bereich des Quadrupols beträgt der Druck während des Quellenbetriebs noch etwa 10−6 mbar. Dieser Druck ist im Wesentlichen dem verbleibenden Edelgas zuzuschreiben; wird die Edelgaszufuhr unterbrochen und die Quelle abgeschaltet, sinkt der Druck in diesem Bereich innerhalb kurzer Zeit auf etwa 10−10 mbar, was für die Reinheit des Systems spricht. Der Quadrupol lenkt – abhängig von der angelegten Spannung Uquad – Partikel gleicher Ladung q und kinetischer Energie Ekin = mv 2 /2 um 90 ◦ ab. Bei fester Geschwindigkeit ist die Masse m der umgelenkten Partikel proportional zur Spannung Uquad . Der genaue Zusammenhang zwischen diesen Größen wird durch die Quadrupolgeometrie bestimmt [127, 128]. Da die Geschwindigkeitsverteilung der Partikel im Strahl und die genauen geometrischen Randbedingungen im Allgemeinen nicht mit ausreichender Genauigkeit bekannt sind, müssen unabhängige Untersuchungen für die Kalibrierung der Quelle und zur Charakterisierung der Clusterdeponate durchgeführt werden (siehe unten). 58 4.2 Fe-Nanopartikel aus der ACIS-Clusterquelle In den hier beschriebenen Experimenten werden die Cluster vom Quadrupol auf die vorbereiteten ferromagnetischen Substrate gelenkt. Die untersuchten Fe-Nanopartikel haben Durchmesser im Bereich von 6−10 nm. Unter der Annahme sphärischer Geometrie – die Form der Partikel wird weiter unten diskutiert – und einer atomaren Dichte nFe ∼ 85 Atome/nm3 bestehen sie daher aus ∼ 104 − 105 Atomen. Bei der Auflandung haben die Cluster Geschwindigkeiten von etwa 400 − 600 m/s [127, 128]. Die kinetische Energie der Partikel beträgt demnach bei der Deposition 0,05 − 0,10 eV pro Atom. Bei diesen Energien ist eine fragmentationsfreie und oberflächenschonende Aufladung, das so genannte soft landing, der Nanopartikel zu erwarten [129]. Zur Bestimmung der Deponatmenge wurde der von den geladenen Partikeln erzeugte Strom an der Probe und/oder einem am Quadrupolausgang befestigten Goldnetz alle 100 ms gemessen und über die Depositionszeit integriert. Üblicherweise konnten zwischen 20 pA und 200 pA fluktuierende Ströme gemessen werden. Die Depositionszeiten variierten je nach Clusterfluss zwischen 5 und 20 Minuten, um auf der Probe eine Dichte von etwa 200 Partikeln pro µm2 zu erreichen. Zur Bestimmung des Zusammenhanges zwischen der Quadrupolspannung und der Größenverteilung der Partikel wurden zahlreiche ex situ Untersuchungen mit Hilfe von Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) durchgeführt [127, 128]. Dazu wurden die massengefilterten Partikel auf ein TEM-Gitter deponiert und ohne weitere Abdeckung an Luft zum TEM transportiert. Ein resultierendes, typisches Deponat bei einer Quadrupolspannung von 2,0 kV ist in Abb. 4.3 (a) gegeben. Man erkennt Partikel leicht variierender Größe mit überwiegend quadratischem Umriss. Das obere Inset zeigt eine Seitenansicht der Partikel, die offenbar eine kubische Gestalt haben.2 Oxidierte, kubische Fe-Nanopartikel dieser Größe wurden von verschiedenen Autoren beobachtet und beschrieben [130, 131]. Kleinere Partikel scheinen sphärische Formen zu bevorzugen. Die ausgeprägt dreidimensionale Struktur legt nahe, dass die Partikel auf der Kohlenstoffoberfläche der TEM-Substrathalter keine starke Neigung zur Benetzung mit der damit verbunden Abflachung besitzen [127]. Das untere Inset zeigt links eine Vergrößerung zweier oxidierter Partikel. Die rechts davon dargestellte Skizze soll den – in den TEM-Bildern bei genauer Betrachtung erkennbaren – Aufbau der Partikel aus einem metallischen Kern aus α-Fe und einer Eisenoxidhülle variierender Stöchiometrie verdeutlichen.3 Die in Abb. 4.3 (b) gezeigte Größenverteilung des Deponats ist leicht asymmetrisch mit einer steileren Flanke bei kleinen Clustern und einem flacheren Verlauf bei größeren Partikeln. Ein angepasstes Gauss-Profil ergibt einen mittleren Durchmesser von (12,0 ± 1,4) nm. Tabelle 4.1 gibt die mittleren Durchmesser der oxidierten Fe-Nanopartikel Doxi. für vier verschiedene Ablenkspannungen wieder. Durch Variation der Quadrupolspannung im Bereich von 0,2 − 5,0 kV lassen sich demnach massengefilterte Nanopartikel im Bereich von etwa 6 − 17 nm herstellen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Oxidation der Nanopartikel durch das Aussetzen an Luft zu einer Vergrößerung der Partikel durch Bindung von Sauer2 Diese Aufnahme entstand an einer defekten Stelle des TEM-Grids. Der mit Nanopartikeln bedeckte Kohlenstofffilm des TEM-Gitters rollte sich an dieser Stelle nach hinten auf [127]. 3 Dabei ist zu beachten, dass die Ränder der Partikel in den Bildern durch Beugungseffekte im TEM beeinflusst sein können. 59 4 Experimenteller Aufbau, Probenpräparation und -charakterisierung (a) (b) α-Fe FexOy Abb. 4.3: (a) TEM-Aufnahme eines typischen Deponats von (oxidierten) Fe-Nanopartikeln bei einer Ablenkspannung von 2,0 kV. Das Inset zeigt eine Seitenansicht der kubischen Nanopartikel. (b) Größenverteilung mit einem mittleren Teilchendurchmesser von (12,0 ± 1,4) nm. stoff führt. In den weiter unten vorgestellten Experimenten wurden jedoch nicht oxidierte, in situ deponierte Cluster untersucht. Die Partikelgröße muss daher um die durch Oxidation verursachte Änderung des Durchmessers korrigiert werden. Für oxidierte Fe-Nanopartikel ist bekannt, dass die Partikel eine relativ scharf abgegrenzte, etwa 2 nm dicke Oxidschale (unabhängig von der Clustergröße) um den reinen Fe-Kern besitzen [38, 39, 130, 132]. In der Oxidschicht wird ein gradueller, von der Partikelgröße abhängiger Übergang von Fe2 O3 (außen) zu Fe3 O4 (innen) beobachtet [133]. Zur Korrektur der Partikelgröße wird mit Hilfe der atomaren Eisendichte in den Oxiden, die in der Schale befindliche Eisenmenge bestimmt und ihr Beitrag zum reinen Fe-Kern addiert, um unter Annahme einer sphärischen Geometrie – die Form der nicht oxidierten Partikel wird weiter unten diskutiert – die Abmessung des ursprünglich reinen Eisenclusters Drein zu rekonstruieren. Da sich die Dichten der beiden Oxidationsstufen nicht stark unterscheiden, wurde zur Korrektur ein gemittelter Wert für die Eisendichte verwendet. Tabelle 4.1 zeigt, dass die Durchmesser der reinen Fe-Partikel etwa 2 nm geringer sind als die der vergleichbaren oxidierten Cluster. Uquad (kV) 0,2 0,5 2,0 5,0 Doxi. (nm) aus [127] 6,6 ± 1,5 8,4 ± 0,5 12,0 ± 1,4 16,4 ± 6,5 Drein (nm) 3,9 ± 1,7 5,9 ± 0,5 9,7 ± 1,5 14,2 ± 1,6 Tabelle 4.1: Aus TEM-Messungen bestimmter Zusammenhang zwischen Quadrupolspannung und Partikeldurchmesser Doxi. und um Oxidation korrigierte Größe Drein . 60 4.3 Experimenteller Aufbau ϕ θ W[110] (a) W[001] W[001] Hext zirkular polarisierte Strahlung - XMCD (b) W[110] Hext linear p-polarisierte Strahlung - T-MOKE Abb. 4.4: Schematische Darstellung der in dieser Arbeit genutzten experimentellen Geometrien. Links: (a) XMCD-Geometrie. Rechts: (b) T-MOKE-Geometrie. Nähere Erläuterungen finden sich im Text. 4.3 Experimenteller Aufbau Die Absorptions- und Reflexionsmessungen im weichen Röntgenbereich wurden an den Undulatorstrahlrohren UE56/1-PGM, U49/1-SGM1 und U49/2-PM1 am Elektronenspeicherring BESSY II in Berlin durchgeführt. Diese Strahlrohre stellen hochintensive, energetisch durchstimmbare Strahlung im Energiebereich der hier untersuchten Fe- und Co-2p-Kanten (∼ 650 − 850 eV) mit linearer oder zirkularer (UE56/1-PGM) bzw. ausschliesslich linearer Polarisation (U49/1-SGM1, U49/2-PM1) zur Verfügung. Die polarisierte Strahlung wird dabei von den Undulatoren erzeugt, mit Hilfe von Gittermonochromatoren energetisch selektiert und durch die Strahlrohroptik auf den Ort der Probe fokussiert. Ein Überblick über die Erzeugung, Monochromatisierung und Fokussierung polarisierter Synchrotronstrahlung findet sich beispielsweise in Ref. [81]. In diesem Abschnitt sollen lediglich die spezifischen Gegebenheiten der durchgeführten Experimente dargestellt werden. Die Messungen an den Kobaltfilmen und den darauf deponierten Fe-Nanopartikeln wurden in zwei Geometrien ausgeführt, die schematisch in Abb. 4.4 dargestellt sind. Der linke Teil der zeigt dabei die Geometrie bei den Absorptionsexperimenten zum magnetischen Zirkulardichroismus (XMCD), der rechte zeigt die T-MOKE-Geometrie. Aufbau für die XMCD-Messungen Da die Messung des XMCD-Effektes zirkular polarisierte Strahlung hoher Intensität erfordert, wurden die entsprechenden Experimente am UE56/1-PGM-Strahlrohr bei gekoppelter Ansteuerung von Undulator und Monochromator durchgeführt [134]. Ein hoher Photonenfluss und eine gleichzeitig hohe energetische Auflösung im hier interessierenden Energiebereich von 650 − 850 eV wurde bei Verwendung des Gitters mit 1200 Linien/mm und Ausnutzen der dritten Harmonischen erreicht. Mit einem Austrittsspalt von etwa 100 µm ergibt sich eine Energieauflösung von etwa E/∆E ∼ 7000 bei einer Photonenenergie von 900 eV. Die energetische Auflösung des Experiments ist damit deutlich kleiner als die natürliche Linienbreite der untersuchten Rumpfresonanzen. Der zirkulare Polarisationsgrad betrug im untersuchten Energiebereich etwa Pc = 0,9. Die Experimente wurden im Fokus der Strahlrohroptik durch- 61 4 Experimenteller Aufbau, Probenpräparation und -charakterisierung geführt. Nach der Justage der Messkammer fiel das Licht bei einem fest gewählten Einfallswinkel von θ = 30◦ auf die Probe (siehe Abb. 4.4). Diese war mit der W[11̄0]-Richtung parallel zur rot gestrichelt dargestellten Einfallsebene orientiert, so dass die Co-Filme durch einen kurzen Puls eines externen Magnetfeldes entlang der magnetisch leichten Achse ummagnetisiert werden konnten. Die Helizität der Strahlung wurde während der Messungen konstant gehalten. Das Absorptionssignal wurde über den Probenstrom, d. h. durch die oben beschriebene TEY-Detektion gemessen. Das gemessene Signal wurde auf den gleichzeitig gemessenen Strom am letzten Spiegel oder einem am Ende des Strahlrohrs befindlichen Goldnetzes normiert, um Schwankungen in der Eingangsintensität, den abfallenden Ringstrom und die spektrale Übertragungsfunktion der Strahlrohroptik und des Monochromators zu korrigieren. Zu jeder Probe wurden zunächst Überblicksspektren im Bereich der Fe- und Co-Resonanzen (bei fester Magnetisierung pro Spektrum) aufgezeichnet. Diese Spektren dienten zur Charakterisierung der Kobaltfilme und zur Abschätzung der deponierten Fe-Menge. Zur Charakterisierung der Fe-Nanopartikel wurden höher aufgelöste und differentiell4 gemessene Spektren aufgezeichnet. Aufbau für die T-MOKE-Experimente Die T-MOKE-Messungen an den Co-Filmen auf W(110) wurde in der rechts in Abb. 4.4 dargestellten Geometrie an den Strahlrohren U49/1-SGM1 bzw. U49/2-PGM1 durchgeführt [135]. Um eine hohe Eingangsintensität zu erreichen, wurden Undulator- und Monochromatorsteuerung wieder gekoppelt. Ebenso wurde die dritte Harmonische ausgenutzt und ein Gitter mit 1200 Linien/mm zur Monochromatisierung verwendet. Die energetische Auflösung lag wie bei den XMCD-Experimenten unterhalb der natürlichen Linienbreite der untersuchten Resonanzen. Die Größe des Spots im Fokus kann mit etwa 200 × 200 µm2 angegeben werden. Das linear p-polarisierte Licht fiel unter einem festen nominellen Winkel von 22 ◦ auf die Probe. Zur Detektion der reflektierten Intensität wurde eine Photodiode verwendet. Das Absorptionssignal wurde gleichzeitig über den Probenstrom gemessen. Beide Signale wurden auf den Spiegelstrom bzw. den Photostrom eines Goldnetzes normiert. Bei den Experimenten wurde insbesondere die Drehbarkeit der Probe um ihre Oberflächennormale ausgenutzt (siehe Abb. 4.4). Mit Feldstärken von bis zu 5 kOe des senkrecht zur Einfallsebene orientierten, externen Magnetfeldes konnte die Magnetisierung der Kobaltfilme auch entlang der schweren Richtung magnetisch gesättigt werden. Alle Experimente wurden bei Raumtemperatur durchgeführt. Der Druck lag dabei unter 5 · 10−10 mbar. 4 Dabei wurde die Probe bei jeder Photonenenergie nach dem Schema +,-,-,+“ remanent ummagnetisiert ” und jeweils der Probenstrom gemessen. 62 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE In diesem Kapitel werden die Ergebnisse von Absorptions- und Reflexionsexperimenten an ultradünnen Co-Filmen auf W(110) vorgestellt und analysiert. Dieses wird auch die Diskussion der später vorgestellten Experimente an massengefilterten deponierten Fe-Nanopartikeln vorbereiten. Unabhängig von der vorbereitenden Funktion der folgenden Abschnitte ist die systematische Untersuchung des transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes an den CoFilmen von großem Interesse. Denn die Analyse des reflektierten Lichtes, insbesondere im experimentell am einfachsten zu realisierenden Fall des T-MOKE, stellt – wie in den Kapiteln 2 und 3 beschrieben – eine interessante Alternative für detaillierte und elementspezifische Untersuchung magnetischer dünner Filme, Multilagen oder Nanostrukturen dar. In diesem Kapitel soll daher einerseits untersucht werden, inwiefern es möglich ist, gemessene Reflexionsspektren rechnerisch zu reproduzieren und welche Informationen sich mit Hilfe geeigneter Anpassungsrechnungen aus ihnen gewinnen lassen. Andererseits wird untersucht, inwiefern die anisotropen magnetischen Eigenschaften der Co-Filme sich in den T-MOKE-Spektren in Analogie zu entsprechenden XMCD-Experimenten in der Literatur nachweisen lassen. Das vorliegende Kapitel ist wie folgt gegliedert: Im Abschnitt 5.1 werden aus XMCDSpektren einerseits die optischen und magneto-optischen Konstanten (n bzw. Q) der CoFilme im Bereich der 2p-Rumpfniveaus bestimmt und andererseits durch Anwendung der Summenregeln die Spin- und Bahnmomente ermittelt. Dabei wird insbesondere der Einfluss der Selbstabsorptionseffekte bei der TEY-Detektion berücksichtigt. Anschließend werden im Abschnitt 5.2 die Schichtdickenabhängigkeit der Reflexions- und Absorptionsspektren der Co-Filme dargestellt und diskutiert. Die Reflexionsdaten werden mit Anpassungsrechnungen verglichen und der Einfluss von Interferenzeffekten auf die Reflexion im weichen Röntgenbereich demonstriert. Weiterhin werden mögliche Anisotropien von nichtmagnetischen und magnetischen Absorptions- bzw. Reflexionsspektren untersucht sowie Spektren von Proben mit Bedeckungen im Submonolagenbereich analysiert. Die hier vorgestellten Ergebnisse wurden kürzlich publiziert [136]. Im Abschnitt 5.3 werden die Ergebnisse schließlich zusammengefasst und im Kontext dieser Arbeit diskutiert. 5.1 XMCD an Co/W(110) Der Zusammenhang zwischen gemessenen Absorptionsspektren in der XMCD-Geometrie und den optischen und magneto-optischen Konstanten ergibt sich aus den im Abschnitt 2.2 dar- 63 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE stellten Betrachtungen zur Wechselwirkung von Strahlung mit magnetischer Materie. Die XMCD-Geometrie wird dabei durch den Fall der zur Magnetisierung parallelen Ausbreitung des Lichtes beschrieben. Im Abschnitt 2.2.2 wurde gezeigt, dass der Brechungsindex in diesem Fall von der Magnetisierungsrichtung bzw. der Helizität der zirkular polarisierten Eigenmoden abhängt [siehe Glg. (2.37)]. Der dort hergeleitete Brechungsindex n± kann im weichen Röntgenbereich in folgender Form angegeben werden [60]: n± = 1 − δ ± ± iβ ± . (5.1) Dabei sind δ ± die Realteile und β ± die Imaginärteile des Brechungsindex. Die Messung von Absorptionsspektren ermöglicht durch Bestimmung der linearen Absorptionskoeffizienten aus den TEY-Spektren die Berechnung der absorbierenden Imaginärteile von n± . Die Realteile ergeben sich durch Kramers-Kronig-Transformation (KKT) der Imaginärteile [77, 137]. Da die Berechnung der linearen Absorptionskoeffizienten gleichbedeutend mit der Korrektur der Sättigungseffekte ist, können die so erhaltenen Spektren zur Charakterisierung der magnetischen Eigenschaften der untersuchten Proben verwendet werden. 5.1.1 Bestimmung der optischen Konstanten Zur Bestimmung der optischen und magneto-optischen Konstanten wurden magnetisierungsabhängige TEY-Spektren in der XMCD-Geometrie (vgl. Abb. 4.4) aufgezeichnet. Die Strahlung fiel dabei mit fester Helizität und einem zirkularen Polarisationsgrad von Pc = 0,9 unter einem Einfallswinkel von θ = 30 ◦ auf die Probe. Diese wurde mit der magnetisch leichten Richtung des Kobaltfilms parallel zur Einfallsebene orientiert, so dass die Magnetisierung des Co-Films durch einen kurzen, externen Magnetfeldpuls Hext in der Oberflächenebene (remanent) umgepolt werden konnte. Die resultierenden Absorptionsspektren eines 13 ML dicken Co-Films auf W(110) sind in Abb. 5.1 dargestellt. Der obere Teil der Abbildung zeigt die zwei TEY-Spektren bei entgegengesetzter Magnetisierung als rot durchgezogene bzw. blau gestrichelte Linien (Ye− bzw. Ye+ ). Der untere Teil zeigt das zugehörige Differenzspektrum mit dem resonanten, magnetischen Zirkulardichroismus an den 2p3/2 - und 2p1/2 -Kanten des Kobaltfilms. Die gemessenen TEY-Spektren weichen wegen der Sättigungseffekte von den wahren Absorptionskoeffizienten ab und können daher nur unter Einschränkungen zur direkten Bestimmung der optischen und magneto-optischen bzw. der Bestimmung der magnetischen Momente verwendet werden. Mit Hilfe der im Abschnitt 3.1.2 angegebenen Glg. (3.7) zur Berechnung des TEY eines dünnen Films auf einem Substrat können die (vom Einfluss der Sättigungseffekte freien) linearen Absorptionskoeffizienten jedoch aus den Spektren extrahiert werden. Das Verfahren ist in Abb. 5.2 illustriert. Zunächst werden theoretisch“ zu erwartende ” TEY-Spektren mit Hilfe tabellierter Absorptionskoeffizienten von Co und W im betrachteten Energiebereich und den oben genannten Parametern des Experiments simuliert [115]. Das entsprechende Spektrum ist als grau gepunktete Linie im linken Teil von Abb. 5.2 dargestellt. Anschließend werden die gemessenen Spektren vor und hinter den Resonanzen durch Skalie- 64 X A S A b s o r p tio n ( b e l. E .) 5.1 XMCD an Co/W(110) 3 2p3/2 2p1/2 2 13ML Co/W(110) 1 θ = 30° Ye PC = 0,9 + Ye - ( b e l.E .) 0 X M C D 0 -1 Ye-Ye - 7 7 0 7 8 0 7 9 0 8 0 0 Photonenenergie (eV) 8 1 0 + 8 2 0 Abb. 5.1: Oben: Mittels TEY gemessene Photoabsorptionsspektren von 13 ML Co auf W(110) bei entgegengesetzter Magnetisierung entlang der W[11̄0]-Richtung. Unten: Zugehöriges Differenzspektrum. rung und gegebenenfalls durch Abzug eines kleineren, linearen Beitrages1 an die berechneten angepasst (schwarz durchgezogene bzw. rot gestrichelte Linie im linken Teil von Abb. 5.2). Durch numerische Auflösung von Glg. (3.7) bei jeder Energie können die Absorptionskoeffizienten des Co-Films aus den Spektren extrahiert werden. Der resultierende Energieverlauf der linearen Absorptionskoeffizienten ist im rechten Teil der Abbildung in absoluten Werten dargestellt. Die Kurven sind mit µ± γ bezeichnet, da noch der endliche Winkel γ zwischen der Magnetisierung m und dem Wellenvektor k sowie der unvollständige zirkulare Polarisationsgrad (Pc = 0,9) zur Bestimmung der tatsächlichen Werte µ± korrigiert werden müssen. Dazu werden nichtmagnetische und magnetische Anteile des Absorptionskoeffizienten separiert: 0 µ± (5.2) γ = µγ ± ∆µγ . Unter der Annahme, dass die nichtmagnetischen Eigenschaften der Probe isotrop sind und der lineare Dichroismus vernachlässigbar klein ist, sind die Beiträge µ0 bzw. ∆µ des tatsächlichen Absorptionskoeffizienten über die folgenden Beziehungen µ0 = µ0γ 1 und ∆µ = ∆µγ cos γPc (5.3) Dieser Beitrag korrigiert neben möglichen anderen Einflüssen auch die leichte Energieabhängigkeit der Konversionseffizienz G (vgl. Abschnitt 3.1.1). 65 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE theor. + Ye µγ + µγ Ye - -1 3 -3 0 ,1 0 ,0 6 - µ (10 Å ) TEY (bel. Einheiten) 0 ,2 Co 13ML Co/W(110) 7 7 0 7 8 5 8 0 0 Photonenenergie (eV) 0 7 7 0 7 8 5 8 0 0 Photonenenergie (eV) Abb. 5.2: Links: Das mit tabellierten Werten gerechnete und die daran angepassten TEYSpektren. Rechts: Die aus den experimentellen Spektren nach Glg. (3.7) extrahierten linearen Absorptionskoeffizienten. mit den experimentell bestimmten Anteilen verknüpft. Die Korrektur berücksichtigt dabei, dass der gemessene Dichroismus nur die Projektion des Wellenvektors auf die Magnetisierung enthält und durch den unvollständigen Polarisationsgrad linear abgeschwächt wird. Im Fall der hier untersuchten 3d-Übergangsmetalle ist die Annahme der Isotropie von µ0 im Allgemeinen gut erfüllt, so dass die Korrektur nach Glg. (5.3) zur Bestimmung von µ± = µ0 ± ∆µ standardmäßig durchgeführt wird [64].2 Die so ermittelten Spektren µ± können zur Berechnung des durch Glg. (5.1) gegebenen Brechungsindex verwendet werden. Dabei ist der Imaginärteil des Brechungsindex β ± mit dem linearen Absorptionskoeffizient µ durch folgende einfache Relation verknüpft: β ± = µ± · λ/4π, (5.4) wobei λ die Wellenlänge des Lichtes bezeichnet. Die analog zu Glg. (5.2) in nichtmagnetische und magnetische Anteile separierten Imaginärteile des Brechungsindex β 0 bzw. ∆β sind als schwarz durchgezogene Linien links bzw. rechts in Abb. 5.4 dargestellt. Die rot gestrichelt eingezeichneten Realteile δ 0 und ∆δ resultieren aus Kramers-Kronig-Transformationen der entsprechenden Imaginärteile. Die KKT von β 0 wurde dabei mit Hilfe tabellierter Daten über einen Energiebereich von 50 − 30.000 eV durchgeführt [77, 115]. Zwischen den magnetischen und nichtmagnetischen Anteilen des Brechungsindex n± und dem in die weiter unten durchgeführten Rechnungen eingehenden isotropen Brechungsindex n sowie dem Voigt-Parameter 2 Die magnetischen Eigenschaften (z. B. morb und mT ) und damit der spektrale Verlauf von ∆µ hängen wegen der häufig anisotropen Spin-Bahn-Wechselwirkung jedoch von der Orientierung der Magnetisierung m bezüglich der kristallographischen Achsen ab. Ist m im Experiment bezüglich einer kristallographischen Richtung α fixiert, liefert die Korrektur nach Glg. (5.3) auch bei Variation des Einfallswinkels – Isotropie und Homogenität der sonstigen Eigenschaften vorausgesetzt – immer das gleiche zugehörige Spektrum ∆µα . 66 5.1 XMCD an Co/W(110) 3 x 1 0 -3 -3 x 1 0 2 p 1 x 1 0 3 /2 2 p 0 1 /2 C o 0 -3 7 5 5 -3 ∆β, ∆δ -3 β0, δ0 6 x 1 0 β0 δ0 ( K K T ) -1 x 1 0 -3 -2 x 1 0 -3 ∆β ∆δ ( K K T ) 7 7 0 7 8 5 8 0 0 8 1 5 7 7 0 7 8 5 8 0 0 8 1 5 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) Abb. 5.3: Links: Nichtmagnetische Beiträge β0 und δ0 zum Brechungsindex. Rechts: Die entsprechenden magnetischen Anteile ∆β und ∆δ. Q (siehe Abschnitt 3.2) bestehen dabei folgende einfache Beziehungen: n ≈ 1 − δ0 + iβ0 und Q ≈ 2 ∆δ − i∆β . 1 − δ0 + iβ0 (5.5) Die in Abb. 5.3 dargestellten Daten können mit Literaturwerten verglichen werden, siehe z. B. [59, 88, 96, 138]. Die dort angegebenen Werte des Imaginärteils an der Co-2p3/2 -Kante schwanken zwischen β2p3/2 = 0,006 − 0,008, während die entsprechenden Werte des magnetischen Anteils im Bereich von |∆β2p3/2 | = 0,001 − 0,002 zu finden sind. Die in dieser Arbeit ermittelten Daten (β2p3/2 = 0,0066 bzw. |∆β2p3/2 | = 0,0020) liegen damit innerhalb der publizierten Spanne. Die recht starke Streuung der Literaturwerte ist sowohl auf die spezifischen Eigenschaften der untersuchten Proben (Multilagen, abgedeckte Proben, auch deren mögliche magnetischen und nichtmagnetischen Anisotropien) als auch auf die unterschiedlichen, experimentellen Ansätze zur Bestimmung der optischen Konstanten zurückzuführen. Darüber hinaus wurde auch darauf hingewiesen, dass spektrale Verunreinigungen der einfallenden Strahlung durch höhere Harmonische, Sättigungseffekte und die transversale Kohärenz einen Einfluss auf die Höhe der ermittelten Absorptionspeaks haben können [77, 139]. Im Fall der hier bestimmten optischen Konstanten muss außerdem berücksichtigt werden, dass die Magnetisierung in den zugrunde liegenden XMCD-Experimenten parallel zur W[11̄0]-Richtung orientiert war. Die magnetischen Anteile müssen daher streng genommen mit ∆β W[11̄0] bzw. ∆δ W[11̄0] bezeichnet werden. Ebenso erfolgte die Absorption im Experiment vorwiegend entlang der W[11̄0]-Richtung, so dass die entsprechenden nichtmagnetischen Anteile ebenfalls als β 0,W[11̄0] bzw. δ 0,W[11̄0] gekennzeichnet werden müssten. Die Isotropie/Anisotropie der optischen und magneto-optischen Konstanten der hier untersuchten Co-Filme wird weiter unten im Abschnitt 5.2 ausführlich durch Vergleich von Absorptions- und Reflexionsspektren untersucht. 67 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE 5.1.2 Anwendung der Summenregeln Wie im Kapitel 2.3 dargestellt, können die Erwartungswerte des Spin-, Bahndrehimpuls- und Dipoloperators (hSz i, hLz i bzw. hTz i) und die damit verbundenen Momente (mspin , morb bzw. mT ) ferromagnetischer Materialien durch Integration über die resonanten Peaks des Wechselwirkungsquerschnittes im Bereich der 2p-Rumpfniveaus bestimmt werden. Für die Anwendung der Summenregeln müssen dazu die Beiträge der resonanten Streuung in die 3dZustände der untersuchten Probe durch Abzug der Kontinuumsbeiträge extrahiert werden. Da der Wechselwirkungsquerschnitt direkt proportional zum linearen Absorptionskoeffizienten ist [vgl. Kap. 3 und dort insbesondere Glg. (3.2)], kann die Integration im Prinzip direkt über die so vorbereiteten Absorptionsspektren ausgeführt werden. Der Abzug der Kontinuumsbeiträge sowie die Anwendung der Summenregeln wurden in dieser Arbeit in Anlehnung an Ref. [64] durchgeführt. Das Verfahren wird im Folgenden kurz vorgestellt. Um den Einfluss der Sättigungseffekte bei der TEY-Detektion zu demonstrieren, werden die Resultate der Auswertung korrigierter und nicht korrigierter Spektren miteinander verglichen. Vor der Anwendung der Summenregeln muss der Untergrund von den gemessenen Spektren abgezogen werden. Im Allgemeinen geschieht dies durch Subtraktion einer linearen Funktion. Die extrahierten TEY-Spektren bzw. die um die Sättigungseffekte korrigierten linearen Absorptionskoeffizienten (Ye± bzw. µ± ) werden dann auf 0 und 1 vor bzw. hinter den Absorptionspeaks normiert. Auf diese Weise können die Spektren von Filmen unterschiedlicher Dicke auf einer pro Atom“-Basis diskutiert werden. Da diese Normierung von vielen Auto” ren durchgeführt wird, können die Daten außerdem oft direkt mit der Literatur verglichen werden. Zur Bestimmung der Spin- und Bahnmomente werden die Summe und die Differenz der Spektren benötigt. Die nicht korrigierten bzw. korrigierten normierten Summenspektren − des hier diskutierten Co-Films (Ye+ + Ye− bzw. µ+ e + µe ) sind im linken, oberen Teil von Abb. 5.4 als rot gestrichelte bzw. schwarz durchgezogene Linie dargestellt. Der linke untere Teil der Abbildung zeigt die dazugehörigen Differenzspektren (XMCD), die bereits – gemäß Gleichung (5.2) – um den Einfluss experimenteller Parameter, wie dem Winkel γ sowie dem Polarisationsgrad Pc , bereinigt sind und somit ebenfalls direkt mit anderen Daten verglichen werden können. Die Reduktion der Peakhöhen in den TEY-Daten (im Vergleich zu den korrigierten Spektren) infolge der Sättigungseffekte ist in beiden Bildern zu erkennen. Der Unterschied zwischen korrigierten und nicht korrigierten Spektren ist dabei im Fall der Differenzspektren etwas deutlicher ausgeprägt. Die Summenregeln wurden im Abschnitt 2.3.2 dargestellt und sind dort durch die Glgn. (2.55), (2.57)-(2.59) gegeben. Bei der von Chen u. a. in [64] durchgeführten Auswertung der Spektren wird zunächst das Integral über das Summenspektrum nach Abzug der links oben schraffiert dargestellten Kontinuumsbeiträge gebildet. Letztere werden durch eine doppelte Stufenfunktion modelliert [64]. Die Integrale über die hier betrachteten Spektren sind im oberen rechten Teil von Abb. 5.4 dargestellt. Ihre Werte sind im nicht korrigierten Fall mit r und im korrigierten Fall mit r∗ bezeichnet und sind proportional zu dem in Glg. (2.55) definierten Wert N . Aus dem Integral über das Differenzspektrum werden die Werte p bzw. p∗ (kurz vor dem Einsetzen des 2p1/2 -Peaks) und q bzw. q∗ am Ende des 68 r* Ye+Ye + - µ +µ + X A S (b . E .) 8 - r 4 0 2 0 4 0 p Ye-Ye + -2 + 7 7 0 q* - µ -µ -4 q p* - 7 8 5 8 0 0 8 1 5 Photonenenergie (eV) 7 7 0 -2 -4 -6 X M C D 0 0 In te g . (b . E .) 0 (b . E .) X M C D X A S In te g . (b . E .) 5.1 XMCD an Co/W(110) 7 8 5 8 0 0 8 1 5 Photonenenergie (eV) Abb. 5.4: Links: XAS- und XMCD-Spektren vor (rot gepunktete Linien) und nach der Korrektur der Sättigungseffekte (schwarz durchgezogene Linien). Rechts: Dazugehörige Integrale zur Anwendung der Summenregeln. Spektrums ermittelt (rechter unterer Teil von Abb. 5.4). Der Wert q entspricht dem Integral in Glg. (2.57) und geht entsprechend in die Gleichung zur Bestimmung des Bahnmomentes morb ein. In der Schreibweise von Chen u. a. ergibt sich: morb = − 4q nh , 3r (5.6) wobei nh (wie oben) die Zahl der freien 3d-Zustände bezeichnet. In analoger Weise lässt sich das Spinmoment mit Hilfe von Glg. (2.58) und den Parametern p und q durch mspin + 7mT = − (6p − 4q) nh r (5.7) angeben. Der Dipolterm mT beschreibt die Anisotropie der Spindichte in der Wigner-SeitzZelle und trägt nicht zur effektiven Magnetisierung einer Probe bei. Im Volumen kubischer Kristalle und in isotropen Materialien ist er üblicherweise vernachlässigbar. An Oberflächen, dünnen Schichten und Nanostrukturen kann er jedoch vergleichbar mit den Spin- und Bahnmomenten werden. Da dieser Term in der vorliegenden Arbeit nicht separat bestimmt werden konnte, wird im Folgenden die Summe mspin + 7mT angegeben, die auch als effektives Spinmoment meff spin bezeichnet wird. Das durch Glg. (2.59) gegebene Verhältnis von Spin- zu 69 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE meff spin morb (µB ) (µB ) nicht korr. 1,67 ± 0,03 0,16 ± 0,01 0,10 ± 0,01 korrigiert 1,71 ± 0,03 0,19 ± 0,01 0,11 ± 0,01 Co-Festkörper [64] 1,62 0,154 0,095 morb /meff spin Tabelle 5.1: Magnetische Spin- und Bahnmomente des 13 ML dicken Co-Film auf W(110). Die Werte entsprechen der magnetisch leichten W[11̄0]-Richtung. Zum Vergleich sind die von Chen u. a. ermittelten Festkörperwerte angegeben. Bahnmoment ergibt sich mit p und q schließlich zu morb 2q morb = eff = . mspin + 7mT 9p − 6q mspin (5.8) Mit den Werten aus Abb. 5.4 und den Gleichungen (5.6)−(5.8) ergeben sich die in Tabelle 5.1 zusammengefassten Werte für die magnetischen Momente des Co-Films. Die in der Tabelle angegebenen Fehler spiegeln ausschließlich die statistische Unsicherheit wider. Für die Zahl der Löcher wurde nh = 2,49 angenommen [64]. Das aus den nicht korrigierten Daten ermittelte effektive Spinmoment meff spin = mspin +7mT beträgt demnach (1,67±0,03) µB , während die Auswertung des korrigierten Spektrums einen leicht höheren Wert von (1,71±0,03) µB liefert. Weitaus stärker wirkt sich die Korrektur auf das ermittelte magnetische Bahnmoment aus. Aus den nicht korrigierten Daten ergibt sich morb =(0,16 ± 0,01) µB . Das aus den korrigierten Spektren ermittelte Bahnmoment beträgt morb =(0,19 ± 0,01) µB . Die Auswertung der nicht korrigierten Spektren ergibt unter den experimentellen Bedingungen demzufolge zwar 98 % des effektiven Spinmomentes aber nur etwa 80 % des tatsächlichen Bahnmomentes. Entsprechendes gilt für das angegebene Verhältnis morb /(mspin + 7mT ). Die Größe der gefundenen Abweichungen kann mit den in Ref. [88] angegebenen Werten verglichen werden. Die durch die Sättigungseffekte verursachten Abweichungen sind im Fall eines vergleichbaren Fe-Films wegen des höheren Absorptionskoeffizienten im Bereich der Resonanzen deutlich größer [88]. (Das aus TEY-Spektren ermittelte Spinmoment ergäbe 96 %, das Bahnmoment nur 61 % des tatsächlichen Wertes.) Die Sättigungseffekte müssen daher insbesondere im Fall der im Kap. 6 diskutierten Fe-Nanopartikel berücksichtigt werden. Im Vergleich zu den in Tab. 5.1 ebenfalls angegebenen Festkörperwerten sind die korrigierten Spin- und Bahnmomente deutlich erhöht (meff spin : +5 % bzw. morb : +25 %). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Dipolterm mT im Festkörper vernachlässigbar ist, und der in Ref. [64] ermittelte Wert meff spin im Wesentlichen das Spinmoment mspin wiedergibt. Im hier untersuchten dünnen Film kann der Dipolterm durchaus zu meff spin beitragen. Ein Vergleich beider Werte ist daher nur bedingt möglich. Allerdings ist bei Filmen dieser Dicke 70 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS kein besonders starker Einfluss des Dipolterms zu erwarten, da der Oberflächenanteil vergleichsweise gering ist. Experimente an Co(0001)-Filmen ergaben, dass der Dipolterm bei Magnetisierung entlang der leichten Richtung zu einem erhöhten effektiven Spinmoment bei konstantem mspin führt [16]. Bei Filmen dicker als etwa 8 Monolagen betrug die daraus resultierende Abweichung vom isotropen Wert des Spinmomentes allerdings weniger als 0,1 µB . Unter der Annahme, dass der Dipolterm im Fall des hier betrachteten Co-Films eine ähnliche Größe und das gleiche Vorzeichen hat, zeigt das verbleibende Spinmoment nach Abzug von mT etwa 1,6 µB und ist folglich mit dem Festkörperwert vergleichbar. Das Bahnmoment ist in jedem Fall im Vergleich zum Festkörper erhöht. Diese Erhöhung lässt sich verstehen, wenn man einerseits die reduzierte Koordination der Atome an der Oberfläche und die damit einhergehenden erhöhten Bahnmomente betrachtet [24]. Andererseits ist bekannt, dass das Bahnmoment üblicherweise entlang der hier untersuchten magnetisch leichten Richtung höhere Werte erreicht als in der schweren Richtung [16]. 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS In den beiden vorhergehenden Abschnitten wurde gezeigt, wie aus Absorptionsmessungen mit zirkular polarisierter Strahlung (i) ein vollständiger Satz optischer und magneto-optischer Konstanten ermittelt werden kann und (ii) die magnetischen Spin- und Bahnmomente mit Hilfe der Summenregeln bestimmt werden können. Im Folgenden wird untersucht, inwiefern es mit dem oben bestimmten Satz optischer Konstanten möglich ist, schichtdickenabhängig aufgezeichnete Reflexionsspektren unter Verwendung linear polarisierten Lichtes in der T-MOKE-Geometrie durch entsprechende Rechnungen zu reproduzieren. Anisotropien in den Reflexions- und simultan gemessenen Absorptionssignalen werden weiter unten im Abschnitt 5.2.2 behandelt. Die vorliegende Geometrie entspricht dem im Abschnitt 2.2.2 diskutierten Fall, der zur Magnetisierung senkrechten Ausbreitung des Lichtes, wobei der Vektor des elektrischen Feldes außerdem senkrecht zur Magnetisierung schwingt. Der Brechungsindex ist demnach durch q 2 n⊥ = (εxx + ε2xy )/εxx [siehe Glg. (2.40)] gegeben. Wie im Abschnitt 2.2.2 diskutiert, hat das Umkehren der Magnetisierung (m → −m) wegen der quadratischen Abhängigkeit des Brechungsindexes n⊥ von εxy keinen Einfluss auf die Ausbreitung der Strahlung innerhalb der untersuchten Kobaltfilme: Absorptions- und Polarisationseigenschaften der Strahlung verändern sich nicht. Anders liegt der Fall bei den Reflexionseigenschaften. Die Stetigkeitsbedingungen für die magnetischen Felder und die dielektrische Verschiebung verursachen – wie im Abschnitt 3.2.2 und im Anhang E dargestellt – eine in der Magnetisierung lineare Modifikation des Reflexionskoeffizienten und in der Folge die als T-MOKE bezeichneten Intensitätsänderungen des spekular reflektierten Lichtes. Die Reflektivität R ist im weichen Röntgenbereich mit Werten im Bereich von 10−6 − 10−3 verhältnismäßig gering (vgl. Abbildungen 3.8 bis 3.10 im Abschnitt 3.2). An der Vakuum-Film-Grenzfläche wird daher der größte Teil der Strahlung (unter den hier betrachteten Bedingungen etwa 99,9 %) durch die Grenzfläche transmittiert und im Film absorbiert. Selbst bei stärkeren relativen Änderungen der Reflektivität ist die 71 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE geringe absolute Änderung der Transmissionseigenschaften durch Messung des Absorptionssignals daher nur schwer detektierbar. Die hier vorgestellten Reflexions- und Absorptionsspektren wurden bei einem festen Einfallswinkel von θ = 22 ◦ und mit p-polarisierter Strahlung aufgezeichnet. Ein externes Magnetfeld konnte senkrecht zur Einfallsebene angelegt werden, um die Probe entlang der W[11̄0]Richtung zu magnetisieren [siehe Abb. 4.4 (b)]. Daher erfolgt die Absorption der Strahlung hauptsächlich entlang der W[001]-Richtung, während die magnetischen Eigenschaften, wie in den oben vorgestellten XMCD-Experimenten, durch die Verhältnisse entlang der W[11̄0]Richtung bestimmt werden (siehe Abschnitt 5.1.2). Die nominelle Dicke der untersuchten Schichten variierte zwischen 0,6 ML und 12 ML und wurde über die Verdampfungszeit eingestellt. Abb. 5.5 gibt einen Überblick über die experimentellen Daten in Absorption (linke Spalte) und Reflexion (mittlere Spalte) für vier verschiedene Schichtdicken. Die (nominelle) Schichtdicke nimmt dabei von oben nach unten zu und ist über den jeweiligen Absorptionsspektren in Monolagen angegeben. Alle Daten sind auf den Spiegelstrom normiert (vgl. Abschnitt 4.3). Die links gegebenen Absorptionsdaten zeigen ein monotones Anwachsen der Absorptionspeaks im Bereich der Co-2p-Resonanzen infolge der zunehmenden Schichtdicke von nominell ∼ 0,6 ML in Abb. 5.5 (a) bis zu 12 ML in (d), wie nach der Diskussion des TEY dünner Filme im Abschnitt 3.1.2 zu erwarten (vgl. dort auch Abb. 3.6). Das Umschalten der Magnetisierung hat in Übereinstimmung mit den obigen Ausführungen keinen Effekt auf das Absorptionssignal. Ein direkter Vergleich der Daten zeigt für die Filme mit d ≥ 4 ML innerhalb der experimentellen Genauigkeit keine signifikante Änderung der spektralen Form in Abhängigkeit von der Schichtdicke. Da die Höhe der Peaks durch die Zahl der freien 3d-Zustände nh , die spinabhängige Zustandsdichte und die Spin-Bahn-Wechselwirkung bestimmt wird [48, 74, 140–142], lässt sich schlussfolgern, dass die elektronischen Eigenschaften von Filmen dieser Dicke keine starken Änderungen mehr erfahren oder aber dass die Absorptionsspektroskopie nicht ausreichend empfindlich auf mögliche Änderungen dieser Eigenschaften ist. Allerdings wurden ähnliche Ergebnisse auch mit winkelaufgelöster Photoelektronenspektroskopie (angle-resolved photoemission spectroscopy, ARPES) und ortsaufgelöster Tunnelspektroskopie (scanning tunneling spectroscopy, STS) gefunden [121, 124], wobei letztere Methode deutlich oberflächenempfindlicher ist als die hier durchgeführten Absorptionsmessungen. Die Kobaltsubmonolage in Abb. 5.5 (a) zeigt hingegen ein signifikant verändertes XAS-Spektrum und wird daher im Abschnitt 5.2.3 genauer diskutiert. Eventuell auftretende Anisotropien der Absorptionsspektren entlang der W[001] und W[11̄0] werden im Abschnitt 5.2.2 diskutiert. Die Reflektivitäten Rp± (rot gestrichelte bzw. schwarz durchgezogene Linien) in der mittleren Spalte von Abb. 5.5 zeigen hingegen ein deutlich komplexeres Verhalten. Bei 0,6 ML Co starten die Reflexionsspektren mit starken Einbrüchen im Bereich der Absorptionskanten. Eine Erhöhung der Schichtdicke auf etwa 4 ML führt zunächst zur Herausbildung deutlicher Peaks in der Reflexion [siehe Abb. 5.5 (c)], deren Intensität bei weiterer Erhöhung der Schichtdicke auf 6 ML wieder abnimmt. Die Probe mit der größten Co-Schichtdicke von etwa 12 ML zeigt wiederum eine erhöhte Reflektivität [siehe Abb. 5.5 (d)]. Die beobachteten Os- 72 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS Experiment 3 (a) Experiment ~ 0,6ML Rechnung 0 ,1 1Å 2 1 (b) 3 12 Å 4ML Absorption (bel. Einheiten) 2 1 0 (c) 3 6ML 17 Å Co/W(110) 2 1 3 0 (d) 0 ,0 12ML 1 Reflektivität (bel. Einheiten) 0 0 1 35 Å 0 2 1 0 0 1 7 7 0 7 8 5 8 0 0 7 7 0 7 8 5 8 0 0 7 7 0 Photonenenergie (eV) 7 8 5 8 0 0 Abb. 5.5: Links: Schichtdickenabhängige Absorptionsspektren. Die nominelle Dicke ist in atomaren Monolagen (ML) angegeben. Mitte: Die zugehörigen Reflexionsspektren bei entgegengesetzter Magnetisierung (schwarz durchgezogene und rot gestrichelte Linien). Rechts: Berechnete Reflexionsspektren. Angegeben ist außerdem die für die Berechnung angenommene Schichtdicke in Å. 73 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE Abb. 5.6: Simulierte Schichtdickenabhängigkeit der nichtmagnetischen, p-polarisierten Reflektivität Rp0 von Co-Filmen auf Wolfram. zillationen werden offenbar durch Interferenzeffekte verursacht. Diese Vermutung wird durch die rechts in Abb. 5.5 dargestellten Ergebnisse entsprechender Rechnungen mit Hilfe des im Abschnitt 3.2.3 vorgestellten (4 × 4)-Matrix-Formalismus bestätigt. Die Rechnungen basieren auf den im Abschnitt 5.1 bestimmten optischen und magneto-optischen Konstanten für Co und tabellierten Daten für das Wolframsubstrat [115]. Der angenommene Einfallswinkel beträgt θ = 22 ◦ , die benutzten Schichtdicken sind im jeweiligen Teilbild angegeben, wobei 2 Å ≡ 1 ML. Zu bemerken ist weiterhin, dass die Submonolagenprobe in Abb. 5.5 (a) kein magnetisches Signal zeigt. Dies ist auf die bei ultradünnen Filmen reduzierte Curie-Temperatur zurückzuführen. Kobaltfilme zeigen bei Raumtemperatur erst ab etwa 1,6 ML eine ferromagnetische Ordnung [125, 143]. Die Probe in Abb. 5.5 (a) liegt mit 0,6 ML deutlich unterhalb dieser Grenze.3 Eine quantitative Diskussion der Reflexionsspektren wird für die Filme mit d ≥ 4 ML im Abschnitt 5.2.1 und für die Submonolage im Abschnitt 5.2.3 geführt. Um die Bedeutung der Interferenzeffekte für die Reflektivität im Bereich der weichen Röntgenstrahlung zu demonstrieren, ist in Abb. 5.6 die Schichtdickenabhängigkeit der simulierten, nichtmagnetischen Reflektivität Rp0 von Co-Filmen auf Wolfram dargestellt. Die Abbildung zeigt den sehr deutlichen Einfluss der Schichtdicke auf die reflektierte Intensität. Eine genauere Analyse der Simulationsergebnisse ergibt, dass in entsprechenden Experimenten die reflektierte Intensität bereits durch eine zusätzliche Monolage deutlich reduziert oder erhöht werden kann. Weiterhin zeigt sich, dass nicht nur die Intensität, sondern auch die Form der 3 In der entsprechenden Rechnung rechts in Abb. 5.5 (a) wurden die magneto-optischen Konstanten daher nicht berücksichtigt (Q = 0). 74 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS Reflektivitätsspektren signifikant von der Schichtdicke abhängt. Die Form der Spektren kann daher sogar als Fingerabdruck“ einer bestimmten Dicke genutzt werden. Die Ausprägung ” der Interferenzeffekte hängt natürlich von der Qualität der Grenzflächen der untersuchten Proben ab. Raue Grenzflächen zeigen nicht nur eine reduzierte Reflektivität, sondern reduzieren auch die Amplitude der schichtdickenabhängigen Intensitätsoszillationen. Die an den Co-Filmen auf W(110) gefundenen, ausgeprägten Interferenzeffekte in Abb. 5.5 belegen daher im Umkehrschluss die gute Grenzflächenqualität der untersuchten Proben. 5.2.1 Vergleich von Experiment und Rechnung Nach den ersten, eher qualitativen Betrachtungen wird im Folgenden ein quantitativer Vergleich zwischen Anpassungsrechnungen und experimentellen Daten durchgeführt. Reflexionsexperimente im Bereich der 2p-Kanten der 3d-Übergangsmetalle wurden in der Vergangenheit vorwiegend im Zusammenhang mit dem magneto-optischen Kerr-Effekt in der longitudinalen Geometrie oder bei Verwendung zirkular polarisierter Strahlung durchgeführt (siehe z. B. [77, 144–147]). Eine vergleichsweise geringe Zahl von Arbeiten widmete sich entsprechenden Versuchen beim transversalen magneto-optischen Kerr-Effekt. Gute Übereinstimmung zwischen Rechnungen und experimentellen Spektren wurde bei der Reflexion an einer Ni(110)-Kristalloberfläche erreicht [137]. Der Vergleich gerechneter T-MOKE-Spektren mit entsprechenden Daten konnte außerdem zur Charakterisierung von Fex Mn1−x -Legierungen genutzt werden [148, 149]. Für den Vergleich mit den hier vorgestellten Anpassungsrechnungen sind in Abb. 5.7 die Reflexionsspektren der Co-Filme auf W(110) (mit d ≥ 4 ML) aus Abb. 5.5 noch einmal als schwarz durchgezogene Linien dargestellt. Im Gegensatz zu Abb. 5.5 werden hier allerdings nicht die separaten Spektren Rp+ bzw. Rp− , sondern daraus abgeleitete Größen gezeigt. So finden sich im oberen Teil die Summen der Reflektivitäten Rpsum = Rp+ + Rp− ≈ 2 · R0 , die in guter Näherung dem Zweifachen der nichtmagnetischen Reflektivitäten entsprechen. Die Spektren wurden für die weiter unten diskutierten Anpassungsrechnungen auf 1 im 2p3/2 -Peak normiert. Im unteren Teil ist die Asymmetrie A des jeweiligen Films dargestellt, die sich aus A = (Rp+ − Rp− )/(Rp+ + Rp− ) ergibt und daher unabhängig von der absoluten Reflektivität der Proben ist. Im Fall der Reflexion an einer Festkörperoberfläche ist sie in guter Näherung außerdem proportional zum Voigt-Parameter Q [siehe Glg. (3.19) im Abschnitt 3.2.2]. Die Asymmetrie in Abb. 5.7 zeigt hohe Werte von bis zu 0,6 und eine schichtdickenabhängige spektrale Form. Im Fall dünner Filme gilt die oben erwähnte Proportionalität zum VoigtParameter wegen des Auftretens von Mehrfachreflexionen und dem Einfluss der optischen Eigenschaften des Substrates nicht mehr (siehe Abschnitt 3.2.4), so dass aus den experimentellen Daten im Allgemeinen nur qualitative Aussagen abgeleitet werden können. Erst durch Vergleich mit entsprechenden Rechnungen ist es möglich, quantitative Aussagen aus den Spektren zu gewinnen, wie beispielsweise in den Arbeiten [148, 149] demonstriert wurde. Die in Abb. 5.7 als rot gestrichelte Linien dargestellten Ergebnisse von Anpassungsrechnungen wurden für jede Schichtdicke durch simultane Anpassung der berechneten Spektren an die experimentelle Reflektivität und die zugehörige Asymmetrie gewonnen. In allen Fällen 75 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE R s u m p + = R p ~ 2 R - e x p . F it p 0 p p 0 ,5 + R R s u m ( b e l. E .) 1 ,0 0 ,0 A s y m m e tr ie A 0 ,6 4 M L 6 M L 1 2 M L 0 ,3 0 ,0 -0 ,3 7 7 0 7 8 5 8 0 0 7 7 0 7 8 5 8 0 0 7 7 0 P h o t o n e n e n e r g ie ( e V ) 7 8 5 8 0 0 Abb. 5.7: Schichtdickenabhängige Reflektivitäten Rpsum (oben) und zugehörige Asymmetrieparameter A (unten). Die experimentellen Daten sind als schwarz durchgezogene Linien, die aus Anpassungsrechnungen stammenden als rot gestrichelte Linien dargestellt. Die nominellen Schichtdicken sind im unteren Teil in ML angegeben. wurde eine gute bzw. sehr gute Übereinstimmung mit den Daten erreicht. Als freie Parameter gingen in die Anpassung die Schichtdicke d, der Einfallswinkel θ und ein Skalierungsfaktor s zur Korrektur der willkürlichen Skalierung von Rpsum ein, die für etwa gleiche Gewichtung beider Kurven in der Rechnung sorgt. Die aus der Anpassung resultierenden Schichtdicken und Einfallswinkel sind in Tabelle 5.2 wiedergegeben. Die absoluten Schichtdicken d weichen offensichtlich von den nominellen Werten ab. Die relativen Änderungen der nominellen und angepassten Schichtdicken stimmen allerdings sehr gut überein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Dicke im Experiment lediglich über die Aufdampfzeit bestimmt und über charakteristische Signaturen in den entsprechenden LEED-Bildern kalibriert wurden. Auf diese Weise ist es zwar möglich die relative Filmdicke gut zu kontrollieren, die absoluten Werte sind jedoch mit größeren Unsicherheiten behaftet. Da die Form der Spektren über die im Experiment genau definierte Wellenlänge sehr empfindlich an die Schichtdicke gekoppelt ist (siehe oben), sollte es möglich sein, eher den angepassten als den nominellen Schichtdicken zu vertrauen, wie bereits von Sacchi u. a. in [150] vorgeschlagen. Eine zusätzliche Analyse der Kantenhöhe h der zugehörigen Absorptionsspektren in Abb. 5.5 zeigt, dass die aus den Reflexionsspektren ermittelten Schichtdicken konsistent mit der nach Glg. (3.8) zu erwartenden Schichtdickenabhängigkeit von h sind (vgl. Abschnitt 3.1.2). Die aus der Anpassung stammenden Einfallswinkel liegen innerhalb der in den Experimenten erreichbaren Genauigkeit 76 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS Nom. Schichtdicke Dicke Einfallswinkel (ML) d (Å) θ 4 12,4 ± 0,1 20,0 ◦ ± 0,1 ◦ 6 16,9 ± 0,1 20,0 ◦ (fest) 12 35,1 ± 0,2 20,2 ◦ ± 0,2 ◦ Tabelle 5.2: Fitparameter zur Anpassung der Reflektivitäten und Asymmetrien in Abb.5.7. (vgl. Abschnitt 4.3). Eine genauere Betrachtung der Ergebnisse in Abb. 5.7 zeigt, dass die erreichte Übereinstimmung zwischen Rechnung und Daten für die Reflektivitäten im Allgemeinen besser ist als für die Asymmetrien. Größere Abweichungen treten hauptsächlich im Fall der 6 ML-Probe auf. Die Dicke dieser Probe (ca. 17 Å) liegt allerdings genau in einem Bereich, in dem sich sowohl die Reflektivität als auch die zugehörige Asymmetrie sehr stark mit der Schichtdicke ändern (vgl. Abb. 5.6). Leichte Variationen der Schichtdicke im untersuchten Bereich der Probe (im Fokus der Strahlung ca. 200 × 200 µm2 ) können somit starke Veränderungen in den Spektren hervorrufen. Zwar ist es im Prinzip möglich, lokale Änderungen der Schichtdicke in den Anpassungsrechnungen zu berücksichtigen und so eine bessere Übereinstimmung mit den Daten zu erreichen. Allerdings würden auf diese Weise vorwiegend neue (unbekannte) Parameter in die Rechnung eingebracht, die experimentell kaum zu prüfen sind. Im weiter unten diskutierten Fall der – einfacher zu beschreibenden – Co-Submonolage wird ein ähnlicher Ansatz jedoch erfolgreich zur Bestimmung der Co-Bedeckung verfolgt. Die beste Übereinstimmung zwischen Rechnung und Experiment wurde im Fall der 12 MLProbe (d = 35 Å) erreicht.4 Neben der für den Fit günstigeren Dicke als im Fall des 6 ML-Films sind dafür möglicherweise die vergleichbaren magnetischen Eigenschaften der untersuchten Schicht und dem für die Bestimmung der optischen Konstanten verwendeten Film (d = 26 Å) verantwortlich. So ist bei dieser Dicke bereits ein großer Teil der substratbedingten Verspannung abgebaut und beide Filme besitzen ähnliche magnetische Anisotropiekonstanten (vgl. Abschnitt 4.1) und damit höchstwahrscheinlich vergleichbare Bahnmomente, die über ihren Einfluss auf ∆µ in die durch den Voigt-Parameter Q beschriebenen magneto-optischen Eigenschaften der Probe eingehen (∆β,∆δ → Q). Auch der Einfluss des Dipolbeitrages mT , der ebenfalls über ∆µ in die magneto-optischen Konstanten eingeht, sollte bei beiden Filmen vergleichbar klein sein (vgl. Abschnitt 5.1.2). Umgekehrt ist es wahrscheinlich, dass sowohl morb als auch mT die magneto-optischen Eigenschaften der dünneren Filme modifizieren und so systematische Abweichungen von den berechneten Spektren verursachen. Dabei können neben der Schichtdickenabhängigkeit der magnetischen Eigenschaften auch präparationsbe4 Auch der 4 ML-Film zeigt eine sehr gute Übereinstimmung. Eine deutlichere Abweichung ist aber bei der Asymmetrie in der Umgebung der 2p3/2 -Kante zu erkennen. 77 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE dingte Modifikationen eine Rolle spielen. Die Empfindlichkeit des T-MOKE auf Variationen der genannten magnetischen Eigenschaften wird im nächsten Abschnitt genauer untersucht. Neben den genannten Faktoren hängt die erreichbare Qualität der Anpassung auch von der Genauigkeit bei der Bestimmung der optischen Konstanten ab. So können kleinere Variationen bei der Anpassung der Absorptionsdaten (vgl. Abschnitt 5.1) an die tabellierten Werte eventuell etwas bessere Resultate liefern. Auch finden sich kleinere Unterschiede bei den tabellierten Daten für das Wolframsubstrat, wenn man z. B. die Referenzen [115] und [151] vergleicht. 5.2.2 Anisotropie des transversalen Kerr-Effektes Um eine eventuelle Empfindlichkeit der T-MOKE-Messungen auf Veränderungen der mit der magnetischen Anisotropie assoziierten Bahnmomente direkt zu testen, werden hier Messungen bei unterschiedlichen Orientierungen der Probe vorgestellt. Bei den bisher vorgestellten T-MOKE-Daten war die Magnetisierung der Filme immer entlang der magnetisch leichten Richtung, d. h. entlang der W[11̄0]-Richtung orientiert. Durch Drehung der Probe um 90 ◦ bezüglich der Oberflächennormale lässt sich der transversale magneto-optische Kerr-Effekt bei Magnetisierung entlang der W[001]-Richtung an derselben Probe und ohne Änderung des Einfallswinkels studieren (siehe Abb. 4.4). Im Unterschied zu den oben in Abb. 5.5 gezeigten Absorptionsspektren wird bei dieser Orientierung der Probe die Strahlung vorwiegend entlang der W[11̄0]-Richtung absorbiert. Der (hier nicht gezeigte) Vergleich entsprechender Absorptionsspektren ergibt allerdings in keinem Fall einen Hinweis auf eine detektierbare Anisotropie der durch XAS geprobten, nichtmagnetischen Eigenschaften. Dies ist nicht unmittelbar einzusehen, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die Co-Filme eine schichtdickenabhängige kristallographische Verspannung aufweisen, die eine entsprechende uniaxiale Anisotropie der magnetischen Eigenschaften zur Folge hat. Dabei ist aber zu beachten, dass die magnetischen Eigenschaften empfindlich von der Balance der beiden spinabhängigen Zustandsdichten und deren Besetzung abhängen, während die nichtmagnetischen Eigenschaften durch die (robustere) Summe beider Beiträge bestimmt werden. Möglicherweise zeigen die nichtmagnetischen Absorptionsspektren der hier untersuchten Proben eine entsprechend reduzierte Empfindlichkeit gegenüber subtileren Veränderungen in der elektronischen Struktur der Proben. Umgekehrt erklärt dieser Befund – zusammen mit der oben bereits diskutierten Unabhängigkeit der XAS-Spektren von der Schichtdicke – den Erfolg bei der Berechnung der oben vorgestellten Reflexionsspektren. Anders ist die Situation im Fall des magneto-optischen Kerr-Effektes. In Abb. 5.8 sind links die Summenspektren Rpsum und rechts die zugehörigen Asymmetrien des 4 ML-Co-Films für die beiden untersuchten Orientierungen der Probe dargestellt. Die schwarz durchgezogenen Linien geben für den Vergleich noch einmal die bereits oben in Abb. 5.7 gezeigten Daten mit der Magnetisierung parallel/antiparallel zur magnetisch leichten W[11̄0]-Richtung wieder. Die rot gestrichelten Linien zeigen die entsprechenden Daten der Probe nach einer Drehung um 90 ◦ um ihre Oberflächennormale, so dass die magnetisch schwere Richtung senkrecht zur Einfallsebene orientiert ist. Das angelegte externe Magnetfeld erlaubte auch in diesem Fall, 78 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS m || W [1 1 0 ] m || W [0 0 1 ] 0 ,3 2 p 0 ,0 A s y m m e tr ie A 0 ,6 R s u m ( b e l. E in h e ite n ) 4 0 7 7 0 7 8 0 7 9 0 8 0 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) 7 7 0 7 8 0 7 9 0 8 0 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) -0 ,3 Abb. 5.8: Reflektivitäten (links) und Asymmetrien (rechts) des 4 ML-Co-Films bei zwei verschiedenen Orientierungen der Probe. die Probe magnetisch zu sättigen. (Dies ergibt sich aus hier nicht gezeigten Hysteresekurven.) Zu erkennen ist, dass die Reflektivitäten links in Abb. 5.8 nahezu identisch sind. (Die geringen Abweichungen ergeben sich wahrscheinlich durch eine, nach der Drehung, leicht veränderte Position des Spots auf der Probe.) Da die Summe der Reflektivitäten in guter Näherung proportional zur nichtmagnetischen Reflektivität der Probe ist, bestätigt dies die bereits bei den Absorptionsspektren gefundene Isotropie der nichtmagnetischen Eigenschaften und damit der entsprechenden Elemente des dielektrischen Tensors. Im Gegensatz dazu zeigen die Asymmetrien im rechten Teil von Abb. 5.8 deutliche Unterschiede. Da die experimentellen Parameter wie Dicke und Einfallswinkel praktisch unverändert sind, ist es plausibel anzunehmen, die beobachtete Anisotropie der Asymmetrien mit einer entsprechenden Anisotropie der magneto-optischen Voigt-Konstante Q in Verbindung zu bringen. Da die Voigt-Konstante über die magnetischen Anteile des Brechungsindex ∆β und ∆δ [siehe Glg. (5.5)] mit dem zugehörigen XMCD-Signal ∆µ verknüpft ist, kann daraus auf eine Anisotropie der durch XMCD geprobten magnetischen Eigenschaften geschlossen werden. Eine Analyse der Daten in Abb. 5.8 zeigt insbesondere im Bereich der 2p1/2 -Kante eine erhöhte Asymmetrie bei einer Magnetisierung entlang der schweren Richtung. Nimmt man an, dass die T-MOKE-Asymmetrie an den Kanten in erster Näherung proportional zu ∆µ ist, könnte dies mit einer erhöhten Intensität der mit dem 2p1/2 -Peak assoziierten Struktur im XMCD-Spektrum in Verbindung gebracht werden. Bei der Integration gemäß den Summenregeln ergäbe sich dann ein reduziertes magnetisches Bahnmoment morb . Dies wäre im Einklang mit der Beobachtung kleinerer Bahnmomente entlang der magnetisch schweren Richtung durch andere Autoren (siehe z. B. [16, 59, 78]). Es wäre wünschenswert, den zugehörigen neuen Satz magneto-optischer Konstanten und damit ein entsprechendes XMCDSpektrum durch eine geeignete, gleichzeitige Anpassung von ∆β und ∆δ (mittels simultaner KKT) zu gewinnen, um so eine quantitative Bestimmung der magnetischen Momente entlang 79 A b s o r p tio n ( b e l. E in h e ite n ) 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE 1 2 M L 0 ,6 M L 4 2 0 7 7 0 7 8 0 7 9 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) 8 0 0 Abb. 5.9: Vergleich normierter Absorptionsspektren des 12 ML-Films (rot gestrichelte Linie) und des 0,6 ML-Films (schwarz durchgezogene Linie). der W[001]-Richtung zu erhalten. In der Praxis erweist sich dies jedoch als schwierig, da sich die gesuchten Änderungen des Voigt-Parameters offenbar nicht durch einfaches Skalieren der zu den 2p3/2 - und 2p1/2 -Peaks gehörenden Strukturen in ∆β bzw. ∆µ äußert. Entsprechend verbesserte Ansätze sollten dies aber in der Zukunft leisten können. 5.2.3 Reflektivität im Submonolagenbereich Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die nichtmagnetischen Absorptions- und Reflexionseigenschaften für Filme dicker als d ≥ 4 ML praktisch als konstant und isotrop angesehen werden können. Die im Gegensatz dazu gefundenen Variationen und die Anisotropie der T-MOKE-Asymmetrie wurden mit den schichtdicken- und richtungsabhängigen magnetischen Eigenschaften, insbesondere mit Änderungen in den magnetischen Bahnmomenten morb und den damit verbundenen Modifikationen der magneto-optischen Konstanten in Verbindung gebracht. In diesem Abschnitt soll geprüft werden, inwiefern es möglich ist, das Reflexionssignal von Proben mit geringen Bedeckungen zu verstehen. Bereits bei der Vorstellung der Schichtdickenabhängigkeit der Daten im Abschnitt 5.2 wurde darauf hingewiesen, dass sich das Absorptionssignal der Probe mit Submonolagenbedeckung von dem der dickeren Filme signifikant unterscheidet. Ein entsprechender Vergleich zweier auf 0 und 1 normierter Spektren ist in Abbildung 5.9 gegeben. Das (um Sättigungseffekte bereinigte) Spektrum der 12 ML-Probe ist als rot gestrichelte, das Spektrum der 0,6 ML-Probe als schwarz durchgezogene Linie dargestellt. Das Submonolagenspektrum ist weitgehend frei von Sättigungseffekten. Beide Proben waren mit der W[001]-Richtung parallel zur Einfallsebene orientiert (wie oben in Abb. 5.5). Innerhalb der Messgenauigkeit wurde, wie schon bei den dickeren Filmen, auch im Fall der Submonolagenprobe keine Anisotropie bei Drehung der Probe gefunden. Das Submonolagenspektrum zeigt im Vergleich eine deutlich reduzierte Höhe und eine sicht- 80 Θ~ 0 ,5 5 Θ~ 0 ,7 5 0 ,9 0 ,6 Reflektivität (bel. E.) Reflektivität (bel. E.) 5.2 Schichtdickenabhängigkeit von T-MOKE und XAS 0 ,9 0 ,6 e x p . F it 7 7 0 7 8 0 7 9 0 8 0 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) 7 7 0 7 8 0 7 9 0 8 0 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) Abb. 5.10: Experimentelle (schwarz durchgezogene Linien) und gerechnete Reflexionsspektren (rot gestrichelte Kurven) von zwei Proben mit Submonolagenbedeckung. Die Anpassungsrechnung ergibt eine Bedeckung von Θ = 0,55 im linken Teil und von Θ = 0,75 im rechten Teil der Abbildung. bare Verbreiterung des 2p3/2 -Peaks und deutet auf eine starke Änderung der elektronischen Eigenschaften der Submonolage hin. Hinweise darauf wurden auch in anderen Arbeiten beobachtet [121, 123, 124]. Neben der reduzierten Koordination und der starken Verspannung der pseudomorphen Co-Bereiche können auch Hybridisierungen und ein elektronischer Austausch mit dem Substrat als Ursache für diese Änderungen diskutiert werden. Abb. 5.10 zeigt Reflexionsspektren von zwei unterschiedlichen Präparationen mit Bedeckungen im Submonolagenbereich. Die Analyse der Reflektivität erfordert nicht nur wegen der veränderten spektralen Form des Absorptionssignals, sondern auch wegen der reduzierten Dichte (70 % der entsprechenden Festkörperdichte) der pseudomorphen Submonolagen eine Neuberechnung der optischen Konstanten, da der Imaginärteil des Brechungsindex proportional zur Dichte des Material ist [81]. Die Reflektivität Rptot einer solchen Probe setzt sich zusammen aus der Reflektivität der unbedeckten W(110)-Oberfläche RpW und der ReflektiviCo/W tät Rp der Bereiche, die mit ∼ 2 Å Kobalt bedeckt sind. Ist Θ die Co-Bedeckung, kann die Reflektivität der Probe daher durch folgende Gleichung beschrieben werden: Rptot = Θ · RpCo/W + (1 − Θ) · RpW . (5.9) Das Ergebnis entsprechender Anpassungsrechnungen für die gezeigten Spektren ist durch die rot gestrichelten Linien in Abb. 5.10 dargestellt. Um die dort erkennbare gute Übereinstimmung zu erreichen, wurde in diesen Fällen eine kleine Korrektur des Anstieges der angepassten Spektren durch eine lineare Funktion erlaubt. Dies berücksichtigt kleinere Unsicherheiten bezüglich der Normierung der Daten und Abweichungen in den tabellierten optischen Konstanten des Wolframs (vgl. Referenzen [115, 151]). Die aus der Anpassung resultierenden Bedeckungen betragen Θ ∼ 0,55 und Θ ∼ 0,75 im linken bzw. rechten Teil der Abbildung. Wegen der reduzierten atomaren Dichte entspricht dies deponierten Mengen von 0,39 bzw. 81 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE 0,53 relaxierten Kobaltmonolagen. Die Analyse zeigt, dass es nicht nur möglich ist, das Reflexionssignal bei geringen Bedeckungen rechnerisch zu reproduzieren, sondern dass sich kleinere relative Änderungen der Bedeckung signifikant in den Spektren niederschlagen. Mit Hilfe von Anpassungsrechnungen ist es daher möglich, zusätzliche Informationen über die Beschaffenheit der untersuchten Proben zu erlangen. 5.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse an den Kobaltfilmen In diesem Kapitel wurden Ergebnisse von XMCD-, T-MOKE- und XAS-Untersuchungen im Bereich der 2p-Rumpfniveaus von ultradünnen Kobaltfilmen auf W(110) vorgestellt. Im Vordergrund der Experimente stand dabei die Frage, inwiefern es möglich ist, die beobachtete Schichtdickenabhängigkeit des transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes rechnerisch zu reproduzieren und so ein detailliertes Verständnis der entsprechenden Reflexionsspektren zu erhalten. Die Schichtdicken variierten dabei vom Submonolagenbereich bis zu (nominell) 12 ML. Für die entsprechenden Anpassungsrechnungen wurden die optischen und magneto-optischen Konstanten von Kobalt aus einem unabhängigen XMCD-Experiment und anschließender Kramers-Kronig-Transformation bestimmt. Die in der T-MOKE-Geometrie gemessenen XAS-Spektren erlaubten die schichtdickenabhängige Untersuchung der nichtmagnetischen, elektronischen Eigenschaften. Es zeigte sich, dass die mit XAS detektierten Eigenschaften der Filme mit d ≥ 4 ML praktisch identisch sind. Trotz der bekannten uniaxialen Verspannung der Filme ließ sich keine entsprechende Anisotropie in den XAS-Spektren nachweisen. Die Reflexionsspektren zeigten eine ausgeprägte Abhängigkeit von der Schichtdicke, die durch Interferenzeffekte hervorgerufen wird und durch die Rechnungen sehr gut reproduziert werden konnte. Der Vergleich mit Anpassungsrechnungen ergab vor allem im Fall der nichtmagnetischen Reflektivität sehr gute Übereinstimmung. Verbleibende Abweichungen in den zugehörigen Asymmetrien wurden im Wesentlichen auf die mit der Schichtdicke variierenden magnetischen Eigenschaften zurückgeführt. Die besondere Empfindlichkeit des T-MOKE auf Änderungen der magnetischen Eigenschaften konnte durch Vergleich von Messungen mit der Magnetisierung entlang der magnetisch leichten und schweren Richtung direkt nachgewiesen werden. Die in der T-MOKE-Asymmetrie gefundene Anisotropie wurde mit der magnetokristallinen Anisotropie der Filme in Verbindung gebracht. Zu beachten ist, dass in den hier vorgestellten Experimenten keine absoluten Reflektivitäten gemessen wurden. Die ausprägte Abhängigkeit der Form der Spektren von der Schichtdicke erlaubt offenbar dennoch eine detaillierte Analyse der Reflexionsspektren. Zwar ist es mit geeigneten experimentellen Aufbauten möglich, absolute Werte der Reflektivität zu bestimmen. Die Erfahrungen aus entsprechenden Experimenten zeigen jedoch, dass die dabei erreichbare Reproduzierbarkeit und Genauigkeit aufgrund von Driften im Strahlgang im Bereich von 5 % − 10 % liegt. Somit muss auch bei der Analyse so gemessener Reflektivitäten ein skalierender Korrekturfaktor zugelassen werden. Bei den Anpassungsrechnungen wurde außerdem der Einfluss der Rauigkeit auf die Spektren vernachlässigt. Nichtideale Grenzflä- 82 5.3 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse an den Kobaltfilmen chen bewirken im Allgemeinen eine Reduktion der Reflektivität [siehe Glg. (3.31) im Abschnitt 3.2.5]. Der energetische Verlauf der Spektren wird dabei im Wesentlichen durch die Wellenlängenabhängigkeit in Glg. (3.31) beeinflusst. Allerdings ist der in den vorgestellten Experimenten untersuchte Wellenlängenbereich vergleichsweise klein, so dass kein starker Einfluss auf die Form der Spektren zu erwarten ist. Darüber hinaus erscheint die Annahme einer RMS-Rauigkeit mit kontinuierlich variierender Schichtdicke für die hier untersuchten Kobaltfilme nicht angemessen. Vielmehr sollte der untersuchte Bereich der Proben in entsprechenden Rechnungen durch eine Kombination aus unterschiedlich dicken, atomar glatten Regionen mit diskreter (durch die Zahl der atomaren Lagen bestimmten) Filmdicke beschrieben werden, wobei allerdings die Zahl freier Parameter deutlich erhöht wird. Kürzlich wurde vorgeschlagen, einen ähnlichen Ansatz zur Analyse der experimentell ermittelten Winkelabhängigkeit der Reflektivität dünner Filme im weichen Röntgenbereich zu verwenden und auf diese Weise zusätzliche Informationen über die Morphologie der untersuchten Proben zu erhalten [152]. Bei den hier vorgestellten Experimenten wurde ein vergleichbares Modell zur Analyse der Submonolagenproben verwendet, deren Morphologie im Wesentlichen durch einen Parameter, die Bedeckung, beschrieben werden kann. Dabei zeigte sich, dass die Reflexionsspektren trotz der geringen deponierten Materialmenge eine deutlich bedeckungsabhängige Signatur zeigten und dass es daher mit Hilfe der Anpassungsrechnungen möglich war, die Bedeckung der Proben zu bestimmen. Die hier vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass es mit Hilfe von Anpassungsrechnungen möglich ist, Reflexionsspektren dünner Filmen in der T-MOKE-Geometrie zu reproduzieren und so die Diskussion gemessener Reflexionsspektren auf eine quantitative Basis zu stellen. In Kombination mit gleichzeitig gemessenen Absorptionsspektren ist eine Analyse der elektronischen und magnetischen Eigenschaften der untersuchten Proben mit Bedeckungen bis in den Submonolagenbereich möglich. Die Empfindlichkeit der T-MOKE-Asymmetrie gegenüber der magnetokristallinen Anisotropie der Kobaltfilme demonstriert darüber hinaus, dass T-MOKE eine attraktive Alternative zur derzeit gängigen Messung des XMCD durch Detektion des Probenstroms (TEY) darstellen kann. Eine quantitative Analyse der Asymmetrie konnte im Rahmen dieser Arbeit zwar noch nicht vorgelegt werden, sollte aber in Zukunft möglich sein. Das besondere Potenzial von Reflexionsexperimenten liegt dabei vor allem in der erreichbaren großen Informationstiefe, so dass auch abgedeckte Proben und tiefer liegende Schichten untersucht werden können, sowie der Unempfindlichkeit gegenüber von außen angelegten starken Magnetfeldern. Bei den hier untersuchten Proben handelte es sich um atomar glatte Filme, im folgenden Kapitel wird jedoch demonstriert, dass T-MOKE darüber hinaus auch zur Untersuchung von Nanopartikeln geeignet ist. 83 5 Co-Filme auf W(110) – Spektroskopie mit XAS, XMCD und T-MOKE 84 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) Im letzten Kapitel wurden die in dieser Arbeit verwendeten Spektroskopietechniken in Reflexion (T-MOKE) und Absorption (XAS und XMCD) am Beispiel von epitaktisch gewachsenen Co-Schichten auf W(110) vorgestellt. Insbesondere wurden die gut bekannten Eigenschaften dieser atomar glatten Filme ausgenutzt, um den transversalen magneto-optischen Kerr-Effekt und sein Potenzial für zukünftige Experimente ausführlich zu untersuchen. Nach diesem (methodischen) Teil der Arbeit werden in den folgenden Abschnitten Ergebnisse von Reflexionsund Absorptionsexperimenten an massengefilterten und in situ auf diese Filme deponierten Fe-Nanopartikeln vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Messungen des XMCD mit dem Ziel der separaten und größenabhängigen Bestimmung von Spin- und Bahnmomenten der deponierten Fe-Nanopartikel. Generell kann dabei auf die Ausführungen im Abschnitt 5.1.2 des letzten Kapitels zur Auswertung von Absorptionsspektren und zur Anwendung der Summenregeln zurückgegriffen werden. Im Fall der Nanopartikel sind jedoch zwei besondere Bedingungen bei der Auswertung und Analyse der Daten zu beachten. Dies betrifft einerseits das ungünstige Signal-zu-Untergrund-Verhältnis in den gemessenen Spektren. Andererseits erfordert die Beschreibung und Korrektur der ebenfalls im Abschnitt 5.1.2 diskutierten Sättigungseffekte in den TEY-Spektren von Nanopartikeln eine gesonderte Behandlung. Denn die für dünne Filme auf halbunendlichen Substraten entwickelten Ausdrücke für den TEY sind auf die geometrisch komplexeren Nanopartikel-Substrat-Systeme nicht anwendbar. Für die Interpretation der durch XMCD ermittelten magnetischen Momente ist es außerdem wichtig, die Struktur und Gestalt der untersuchten Nanopartikel zu kennen. Daher ist dieses Kapitel wie folgt gegliedert: Zunächst werden im Abschnitt 6.1 hochauflösende TEMAufnahmen von Fe-Nanopartikeln in einer Aluminiummatrix vorgestellt. Die Analyse und die anschließende Diskussion der Form und Struktur der Partikel ist nicht nur hilfreich für das Verständnis der später präsentierten magnetischen Momente, sondern liefert auch wichtige Informationen für die Analyse der TEY-Spektren und die Korrektur der Sättigungseffekte. Zur Untersuchung der magnetischen Kopplung der Fe-Nanopartikel an die Magnetisierung der Co-Filme wurde die Elementspezifität des transversalen magneto-optischen Kerr-Effekts ausgenutzt. Die Ergebnisse sind im Abschnitt 6.2 dargestellt. Im Abschnitt 6.3 stehen schließlich die Absorptionsexperimente und das Vorgehen zu deren Auswertung im Vordergrund. Die ermittelten Spin- und Bahnmomente werden um den Einfluss der Sättigungseffekte korrigiert, im Hinblick auf die spezifische Oberflächenempfindlichkeit der TEY-Detektion analysiert und im Zusammenhang mit Ergebnissen aus der Literatur diskutiert und schließlich im Abschnitt 6.4 zusammengefasst. 85 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) Ein Teil der in diesem Kapitel vorgestellten Ergebnisse wurde bereits in zwei Arbeiten veröffentlicht [7, 153]. Dabei wurden allerdings lediglich die größenabhängigen Verhältnisse der Bahn- und Spinmomente morb /(mspin +7mT ) der Fe-Nanopartikel erarbeitet. Die Bestimmung der separaten Momente morb und mspin + 7mT und die quantitative Diskussion des Einflusses der Sättigungseffekte blieben jedoch offen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher die Analyse der separaten Momente und die Untersuchung der auftretenden Sättigungseffekte. Es werden nicht nur die Methoden der Datenauswertung verbessert (siehe Abschnitt 6.3), sondern auch die strukturellen und geometrischen Eigenschaften der Fe-Nanopartikel genauer untersucht (siehe Abschnitt 6.1). Außerdem finden die magnetischen Momente der als Substrat dienenden Co-Filme Eingang in die Analyse. In der Folge ergeben sich im Vergleich zu den genannten Publikationen folgende Änderungen. Erstens: Die in dieser Arbeit genannten Partikelgrößen beziehen sich nicht mehr auf die Kalibrierung anhand der oxidierten Partikel Doxi. , sondern auf die entsprechend korrigierten Größen Drein (siehe Abschnitt 4.2). Zweitens: Die Analyse der Co-Filme ergab, dass die magnetischen Momente der Filme im Verlauf der Experimente infolge experimentell bedingter Schwierigkeiten zurückgingen. Während dies keinen Einfluss auf das Verhältnis morb /(mspin + 7mT ) hat, zeigen die Partikel entsprechend reduzierte Spin- und Bahnmomente. Für diese Arbeit wurden daher nur Proben mit hohen magnetischen Momenten der Co-Filme ausgewählt. Drittens: Die verbesserten Methoden zur Datenauswertung ergeben leicht veränderte Werte für die publizierten Verhältnisse morb /(mspin + 7mT ) [7, 153]. Die in den Publikationen [7, 153] dargestellten Ergebnisse an den Fe-Nanopartikeln bleiben in ihren wesentlichen Aussagen jedoch bestehen. Die Untersuchungen zur Form und Struktur sowie die Diskussion der TEY-Detektion und den dabei auftretenden Sättigungseffekten ergeben jetzt allerdings ein wesentlich detaillierteres Bild der magnetischen Eigenschaften der untersuchten Fe-Nanopartikel. 6.1 Form und Struktur von Fe-Nanopartikeln Da derzeit keine in situ Untersuchungen zur Struktur und Form der in dieser Arbeit untersuchten Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) vorliegen, wird zur Charakterisierung der Partikel auf hochauflösende, ex situ erstellte TEM-Aufnahmen von vergleichbaren Fe-Partikeln aus der ACIS-Quelle zurückgegriffen, die im folgenden Abschnitt vorgestellt und diskutiert werden. Zwar geben die TEM-Aufnahmen einen Eindruck von der intrinsischen strukturellen und geometrischen Beschaffenheit der Nanopartikel. Nach der Deposition auf ein Substrat können sich diese Eigenschaften nicht nur durch Verformung infolge des Depositionsprozesses oder Wechselwirkung mit dem Substrat sondern auch durch Diffusion und Agglomeration der Partikel ändern [34]. Daher werden im Abschnitt 6.1.2 aus der Literatur bekannte Aspekte der Wechselwirkungsprozesse auf Oberflächen zusammengefasst und im Zusammenhang mit den in dieser Arbeit untersuchten Proben diskutiert. 86 6.1 Form und Struktur von Fe-Nanopartikeln (a) (b) (c) (d) (001) (110) (001) (110) Abb. 6.1: Hochauflösende TEM-Bilder zweier in eine Aluminiummatrix eingebetteten Eisennanopartikel. Der Partikel in (a) ist etwa 13 nm, der in (b) etwa 7,5 nm groß. Atomar aufgelöste Bereiche wurden vergrößert. In (c) und (d) sind die TEM-Aufnahmen zusammen mit einer schematischen Rekonstruktion der Partikelform dargestellt. 6.1.1 Fe-Nanopartikel in einer Al-Matrix Abb. 6.1 zeigt von Julian Carrey1 angefertigte, hochauflösende TEM-Aufnahmen von zwei großen Fe-Partikeln aus der ACIS-Quelle, die in eine gegen Oxidation schützende Aluminiummatrix eingebettet sind. Der im rechten Bereich der Abbildung eingezeichnete Maßstab ist dabei für alle Teilbilder gültig. Der Partikel in Abb. 6.1 (a) hat eine Größe von etwa 13 nm, der in (b) ist etwa 7,5 nm groß. Eine Fouriertransformation beider Bilder zeigt die Präsenz von bcc-Fe mit einem Gitterebenenabstand von 2,05 Å [154]. Das umgebende Matrixmaterial besteht aus Al und einen Anteil an Al2 O3 infolge des Transportes der Proben an Luft. Die kristalline Struktur der bcc-Partikel ist in beiden Bildern in den Bereichen mit atomarer Auflösung klar zu erkennen. Sie sind in den Insets vergrößert dargestellt. Die weiß eingezeichneten Muster heben die signifikanten Strukturen hervor. Die im linken Bild erkennbaren atomaren Ebenen lassen sich den (110)-Ebenen des bcc-Gitters zuordnen. Der Partikel ist daher mit 1 Derzeitige Adresse: Unité Mixte de Physique CNRS/THALES, Domaine de Corbeville, 91404 Orsay Cedex, France. 87 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) seiner [001]-Richtung (nahezu) parallel zum Elektronenstrahl orientiert. Der kleinere Partikel rechts ist im Gegensatz dazu mit der [110]-Richtung parallel zum Strahl orientiert, so dass in der vergrößerten Darstellung die quasihexagonale Anordnung der Atome auf der (110)-Ebene erkennbar ist. Der große Partikel in Abb. 6.1 (a) zeigt einen achteckigen Umriss, dessen eine Hälfte vom Matrixmaterial verdeckt ist. Aus der relativen Orientierung des Umrisses und der Kristallebenen ist eine Identifizierung der Partikelform möglich. Die für Teilchen dieser Größe im thermodynamischen Gleichgewicht zu erwartende Form kann zunächst mit Hilfe einer Wulff-Konstruktion ermittelt werden [5]. Sie ergibt im Fall eines bcc-Kristalls einen rhombischen Dodekaeder, dessen 12 Flächen durch (110)-Facetten gebildet werden [155]. Bei der in Abb. 6.1 (a) gefundenen Orientierung des Partikels müsste demnach eine quadratische Form zu erwarten sein, deren Kanten parallel zu den (110)-Ebenen orientiert sind. Der stattdessen erkennbare achteckige Umriss des Partikel lässt auf eine Abstumpfung des Dodekaeders schließen und damit auf die Existenz zusätzlicher (001)-Facetten. Eine entsprechende schematische Rekonstruktion des Partikels in Form eines abgestumpften rhombischen Dodekaeders mit 6 quadratischen (001)- und 12 sechseckigen (110)-Facetten ist durch die weißen Linien in Abb. 6.1 (c) gegeben. Eine Rekonstruktion der Form des kleineren Partikels findet sich in Abb. 6.1 (d). Durch die schwarzen Punkte mit weißer Umrandung ist in beiden Bildern zur Orientierung eine gleichwertige Position auf den Partikeln gekennzeichnet. Die Identifikation der Partikelform als abgestumpfte rhombische Dodekaeder wird durch jüngst publizierte in situ TEM-Untersuchungen an Nanopartikeln mit einem Durchmesser von etwa 5 nm von Vystavel u. a. unterstützt [132]. Da die Nanopartikel in dieser Arbeit nach der Deposition auf ein schwach wechselwirkendes Substrat in situ getempert wurden, kann davon ausgegangen werden, dass die beobachtete Form der thermodynamischen Gleichgewichtsform entspricht. Aus Abb. 6.1 kann im Prinzip nur gefolgert werden, dass die untersuchten Fe-Nanopartikel die beschriebene Gestalt bei Einbettung in die AlMatrix haben. Die im Folgenden dargestellten Argumente sollten jedoch nahe legen, dass diese Partikelform auch nach der Deposition auf ein metallisches Substrat ohne Einbettung in eine Matrix vorzufinden ist. Die mit dem hochauflösendem TEM untersuchten Proben wurden durch Kodeposition von Fe-Partikeln aus der ACIS-Quelle und Aluminium aus einem Elektronenstrahlverdampfer auf ein TEM-Gitter bei Raumtemperatur hergestellt. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass viele Fe-Partikel im Verlauf der Deposition auf Bereiche der Probe treffen, der bereits mit einer metallischen Aluminiumschicht bedeckt sind. Der Relaxationsprozess nach der Auflandung erfolgt im Bereich einiger Nanosekunden, die anschließende Einbettung in die Al-Matrix findet auf einer Zeitskala mehrerer Minuten statt, sollte also für die Relaxation der Partikel keine Rolle spielen. Da die kinetische Energie der Partikel aus der ACIS-Quelle, wie im Abschnitt 4.2 dargestellt, im soft landing Bereich liegt, ist anzunehmen, dass die Partikel bei der Auflandung nicht zerstört wurden und die TEM-Aufnahmen daher keine Fragmente ursprünglicher Partikel wiedergeben. Molekulardynamische Simulationen zeigen weiterhin, dass Partikel der hier untersuchten Größe (6 − 10 nm) wegen ihres relativ großen Volumenanteils eine recht hohe Formstabilität besitzen [156]. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die in Abb. 6.1 beobachteten Formen im Wesentlichen bereits im Partikelstrahl vorliegen sollten. 88 6.1 Form und Struktur von Fe-Nanopartikeln Eine starke, qualitative Formveränderung infolge der Einbettung in die amorphe Al-Matrix erscheint eher unwahrscheinlich. Ihr Einfluss sollte sich im Wesentlichen auf eine mögliche Verspannung des Partikels beschränken. In den folgenden Abschnitten wird daher davon ausgegangen, dass die aus der ACISClusterquelle stammenden Fe-Nanopartikel die Form abgestumpfter rhombischer Dodekaeder haben. Im Anhang B findet sich eine ausführliche Darstellung und Diskussion dieser Geometrie. Neben einer Beschreibung der Konstruktion eines abgestumpften Dodekaeder werden dort auch einige nützliche Gleichungen zur Bestimmung charakteristischer Größen gegeben. Diese wurden in Anlehnung an das Konzept des geometrischen Schalenabschlusses entwickelt, auch wenn bei den hier diskutierten Partikelgrößen der Einfluss des Abschlusses einer geometrischen Schale auf die Stabilität eines Clusters kaum noch messbar sein sollte. Die in Abb. 6.1 gezeigten Partikel bestehen nach dieser Betrachtung aus 33 bzw. 19 Schalen des rhombischen Dodekaeders. Infolge der Abstumpfung fehlen jedoch 19 bzw. 11 äußere (001)-Ebenen an sechs Seiten des Partikels. Damit lässt sich die Zahl der Atome pro Cluster theoretisch exakt mit N = 133.195 bzw. N = 26.643 angeben. Natürlich können diese Zahlen nur als Richtwerte aufgefasst werden, da die Bestimmung der Partikeldimensionen und damit der Zahl der Schalen fehlerbehaftet ist und die äußeren Schalen nicht abgeschlossen sein müssen. 6.1.2 Nanopartikel auf epitaktischen Substraten - allgemeine Aspekte Die Form der Nanopartikel wird nicht nur durch die Bedingungen bei der Erzeugung oder während der Deposition bestimmt. Ein äußerst wichtiger Prozess ist die mögliche Diffusion der Partikel auf der Substratoberfläche im Anschluss an die Deposition. Starke Diffusion kann zur Bildung größerer Clusterinseln bzw. Agglomerate führen und hat damit einen effektiven Einfluss auf die Art und Beschaffenheit der Nanopartikelgrenzflächen (z. B. Koaleszenz). In den zur Charakterisierung der Nanopartikeldeponate durchgeführten TEM-Untersuchungen wurden bei den in dieser Arbeit üblichen geringen Bedeckungen zwar hauptsächlich separierte Nanopartikel beobachtet [127]. Das dazu verwendete Substrat aus amorphem Kohlenstoff unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von den Co/W(110)-Substraten in der vorliegenden Arbeit. Die Unterschiede betreffen nicht nur die Art und Stärke der Wechselwirkung, sondern auch die epitaktische Ordnung und Qualität der Oberflächen. Um dennoch ein möglichst realitätsnahes Bild von der Morphologie der untersuchten Proben zu erhalten, sollen im Folgenden einige wichtige Erkenntnisse aus der Literatur zusammengefasst werden. Der Schwerpunkt der Auswahl liegt dabei hauptsächlich auf größeren metallischen Nanopartikeln (D > 2 nm) auf metallischen Substraten. Ein Überblick über die Wechselwirkungen von Nanopartikeln mit bzw. auf Oberflächen findet sich in den Übersichtsartikeln [34] und [6] sowie in Ref. [33]. Die Diffusion von Partikeln auf einer Oberfläche wird durch zwei Eigenschaften bestimmt: (i) die Art der Wechselwirkung (Metall-Metall, Edelgas-Metall u. Ä.) und (ii) die Gitterkonstanten der beiden Systeme. Eine stärkere Wechselwirkung, wie z. B. an der Metall-MetallGrenzfläche, reduziert dabei im Allgemeinen die Beweglichkeit der deponierten Nanopartikel. Molekulardynamische Simulationen zeigen sogar, dass die Beweglichkeit selbst im Fall einer schwachen Wechselwirkung stark herabgesetzt werden kann, wenn die Gitterkonstanten der 89 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) beteiligten Materialien ähnlich sind [34, 129, 157–159]. Die experimentellen Arbeiten zeigen übereinstimmend, dass metallische Nanopartikel auf metallischen Substraten keine nennenswerte Diffusion zeigen [159–161]. Neben der Diffusion der Partikel auf Oberflächen, kann im Zusammenhang mit geordneten Oberflächen gefragt werden, inwiefern die Partikel epitaktisch in die Oberflächenstruktur einrasten“ können. Auch dazu wurden experimentelle ” und theoretische Untersuchungen publiziert. Das epitaktische Einrasten“ von deponierten ” Nanopartikeln wurde in einer Reihe von Arbeiten [31, 160–162] nach Tempern der Proben beobachtet. Auch in molekulardynamischen Simulationen wurde dies häufig beobachtet, in manchen Fällen sogar ohne thermische Aktivierung [156, 163]. Weiterhin ist es möglich, dass selbst große Nanopartikel in das Substrat einsinken können oder von einer Lage von Atomen des Substratmaterials bedeckt werden. Dies ist nach Tempern der Proben dann der Fall, wenn die Oberflächenenergien der Nanopartikel wesentlich größer ist als die des Substrates wie im Fall von Co-Partikeln (D ∼ 10 nm) auf Cu(001) oder Ag(001) [160, 161]. Für die in dieser Arbeit untersuchten Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) ergeben sich daher folgende Überlegungen: Sowohl die Metall-Metall-Wechselwirkung als auch die vergleichbare epitaktische Struktur der hcp-Co(0001)-Oberfläche und den (110)-Facetten der Fe-Nanopartikel legen eine deutlich herabgesetzte Mobilität nahe, so dass die laterale Verteilung der Nanopartikel auf der Oberfläche dem statistischen Prozess der Deposition entsprechen sollte. Bei geringen Bedeckungen sind separiert vorliegende Partikel daher sehr wahrscheinlich. Die Ähnlichkeit der Oberflächenenergien beider Materialien (γFe = 2,4 J/m3 und γCo = 2,8 J/m3 [164, 165]) macht ein Einsinken oder die Überdeckung der Fe-Nanopartikel mit einer Lage Co unwahrscheinlich. Ein Einrasten“ der Partikel mit den (110)-Facetten in die epitakti” sche Struktur der Oberfläche ist wegen der guten Epitaxie beider Grenzflächen im Prinzip möglich. In der Literatur wurde dies bisher jedoch im Experiment nur nach Tempern der Probe beobachtet, so dass zunächst von einer statistischen Orientierung der Partikel ausgegangen werden sollte. Für die weitere Analyse der Daten wird daher von folgendem Szenario ausgegangen: Die massengefilterten Fe-Nanopartikel aus der ACIS-Quelle liegen auf den atomar glatten Co(0001)-Oberflächen als abgestumpfte rhombische Dodekaeder mit (001)- und (110)-Facetten vor und sind dabei statistisch orientiert sowie statistisch auf der Oberfläche verteilt. Dies ist selbstverständlich nur als Arbeitshypothese zu betrachten, die einer späteren experimentellen Überprüfung unterworfen werden muss. 6.2 Magnetische Kopplung der Fe-Nanopartikel an Co/W(110) Nach den Überlegungen zur mikroskopischen Form und Ankopplung der Fe-Nanopartikel an das Co/W(110)-Substrat soll in diesem Abschnitt die magnetische Kopplung der Nanopartikel an die Magnetisierung der Co-Filme untersucht werden. Dazu wird die Elementspezifität des transversalen magneto-optischen Kerr-Effektes an den 2p-Rumpfniveaus der beteiligten Metalle ausgenutzt. Die Experimente wurden am U49/2-Strahlrohr des BESSY II mit der schon für die T-MOKE-Experimente an den Co-Filmen verwendeten Messkammer durchgeführt. Der (nominelle) Einfallswinkel der Strahlung betrug daher wie oben θ = 22◦ . Reflexions- und Absorptionskanal wurden simultan ausgelesen. 90 6.2 Magnetische Kopplung der Fe-Nanopartikel an Co/W(110) X A S ( b e l. E .) 4 3 Fe-Nanopartikel D = (9,6±1,5) nm Fe 2p 2 7 0 0 Co 2p hFe 7 2 0 7 8 0 Photonenenergie (eV) hCo 8 0 0 Abb. 6.2: Absorptionsspektren von Fe-Nanopartikeln mit hoher Bedeckung auf einem (nominell) 10 ML dicken Co-Film auf W(110) in der T-MOKE-Geometrie. Für die Reflexionsexperimente an den Nanopartikeln wurde eine hohe (nominelle) Bedeckung bzw. Nanopartikeldichte gewählt, da wegen der Vergleichbarkeit von Partikelgröße (6 − 10 nm) und verwendeter Wellenlänge (ca. 2 nm) eine starke Streuung der Strahlung und damit eine stark verminderte spekulare Reflektivität zu erwarten ist (vgl. auch Abschnitt 3.2.5). Die hohe Bedeckung spiegelt sich deutlich in den Absorptionsspektren wider, die in Abb. 6.2 dargestellt sind. Im linken Bereich sind die 2p-Absorptionspeaks der FeNanopartikel zu erkennen, rechts finden sich die Peaks des etwa 10 ML dicken Kobaltfilms. Die untersuchten Nanopartikel haben einen Durchmesser von D = (9,6 ± 1,5) nm. Da das Experiment in der T-MOKE-Geometrie ausgeführt wurde, zeigen die Spektren keine Abhängigkeit von der Magnetisierung. Als ein Maß für die deponierte Fe-Menge kann ein Vergleich der Kantenhöhen des Fe-Nanopartikelspektrums hFe und des Kobaltfilmspektrums hCo herangezogen werden. Die Analyse der Daten ergibt einen Wert von hFe /hCo ∼ 1/3. Für eine grobe Abschätzung der Partikeldichte auf der Oberfläche kann in guter Näherung angenommen werden, dass dieses Verhältnis die relativen Materialmengen auf der Probe widerspiegelt.2 Aus den (nominell) 10 ML Co ergibt sich folglich eine deponierte Fe-Menge von etwa drei ausgedehnten Monolagen. Der durch die genannten Näherungen gemachte Fehler ist gering, wenn man die Unsicherheit in der Dicke der Kobaltfilme von ±50 % betrachtet (vgl. Abschnitt 5.2.1). Berücksichtigt man außerdem die Größenverteilung der Nanopartikel ergibt sich eine Partikeldichte von ca. (600 ± 400) Partikel pro µm2 auf der Probe. Der mittlere 2 Die Näherung vernachlässigt die Nichtlinearität der Kantenhöhe bei zunehmender Schichtdicke (vgl. Abschnitt 3.1.2), die ebenfalls bei Spektren von Partikeln größer als etwa 2 nm zu erwarten ist, sowie die verhältnismäßig geringen Unterschiede in den Absorptionskoeffizienten von Fe und Co. Die deponierten Materialmengen werden aufgrund der erstgenannten Effekte generell etwas unterschätzt. Der Unterschied in den Absorptionskoeffizienten bewirkt einen geringen Fehler im Verhältnis der Materialmengen. Zusätzlich decken die deponierten Nanopartikel die Kobaltfilme ab und reduzieren so die relative Co-Kantenhöhe. In der Folge wird die Fe-Menge etwas überschätzt. Eine genauere Behandlung könnte daher mit den im Anhang A diskutierten Gleichungen für das TEY-Signal von zwei Filmen auf einem Substrat erfolgen. 91 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) Reflektivität (bel. E.) 2 ,0 1 ,5 Rp + Fe-Nanopartikel mit D=(9,6±1,5)nm auf etwa 10 ML Co/W(110) Rp - Fe 2p 1 ,0 Co 2p 0 ,5 0 ,0 7 0 0 7 2 0 7 8 0 Photonenenergie (eV) 8 0 0 Abb. 6.3: Reflexionsspektren in der T-MOKE-Geometrie im Bereich der 2p-Resonanzen von Fe-Nanopartikeln auf Co/W(110). Partikelabstand dcl-cl beträgt in diesem Fall dcl-cl = (40 ± 14) nm und ist folglich etwa viermal größer als der Partikeldurchmesser selbst. Die Partikel bedecken damit etwa (6 ± 2) % der Probenoberfläche. Diese Werte sind in guter Näherung konsistent mit der Kalibrierung des Partikelflusses durch die ex situ TEM-Untersuchungen. Die zugehörigen Reflexionsspektren sind in Abb. 6.3 dargestellt. Rechts im Bild sind deutlich die resonanten Co-Peaks und ihre ausgeprägte Abhängigkeit von der Magnetisierung zu erkennen. Die entsprechenden Strukturen im Bereich der Fe-2p-Kanten sind trotz der hohen Clusterbedeckung kaum erkennbar. Erst in der vergrößerten Darstellung im Inset links ist eine Signatur der Resonanzen und eine Magnetisierungsabhängigkeit der Reflektivität zu erkennen. Die Spektren zeigen – vergleichbar mit dem Fall der Co-Submonolagen im Abschnitt 5.2.3 – Einbrüche im Bereich der Resonanzen. Ähnliche Reflexionsspektren ergaben sich auch bei (unter denselben Bedingungen untersuchten) Fe-Inseln auf W(110) [166]. Im letzteren Fall wurde demonstriert, dass die beobachtete spektrale Form durch kohärente Überlagerung von Strahlung, die an unbedeckten Bereichen der W(110)-Oberfläche und Anteilen, die an der Inseloberfläche reflektiert wurden, beschrieben werden können [167]. Ein genaueres Modell der Reflektivität der Nanopartikel muss die Partikelgeometrie und die damit verbundenen Streueffekte und Vielfachinterferenzen berücksichtigen. Die detaillierte Beschreibung der Reflexion von weicher Röntgenstrahlung an Nanopartikeln geht allerdings über den Rahmen dieser Ar- 92 6.2 Magnetische Kopplung der Fe-Nanopartikel an Co/W(110) Co r e la tiv e M a g n e tis ie r u n g M /M S 1 0 ϕ = 0° -1 ϕ = 45° ϕ = 90° Fe 1 0 -1 -4 0 Hext (kOe) 4 -4 0 4 Hext (kOe) -4 0 Hext (kOe) 4 Abb. 6.4: Oben: Winkelabhängige Hysteresekurven des Co-Filmes. Unten: Entsprechende Hysteresekurven der deponierten Fe-Nanopartikel. beit hinaus. Das experimentell gefundene magnetische Signal dient hier der Aufzeichnung elementspezifischer Hysteresekurven. Die aus den Spektren Rp+ und Rp− berechneten Asymmetrien erreichen im Fall des Kobaltfilms die typischen hohen Werte von bis zu 0,6 (vgl. Kap. 5). Die entsprechende Asymmetrie der Fe-Nanopartikel zeigt im Gegensatz dazu sehr geringe Werte von lediglich bis zu 0,01. Dies ist jedoch vorwiegend auf den vergleichsweise hohen, substratinduzierten Untergrund im Bereich der 2p-Resonanzen des Eisens zurückzuführen. Zur Untersuchung der magnetischen Kopplung zwischen den deponierten Fe-Nanopartikeln und den Co-Filmen kann ausgenutzt werden, dass die T-MOKE-Asymmetrien nur in der näheren Umgebung der elementspezifischen Absorptionskanten von Null verschieden sind. Hysteresekurven, die bei den verschiedenen Photonenenergien aufgezeichnet werden, können daher den entsprechenden Elementen zugeordnet werden. Im vorliegenden Fall wurden Fe- und CoHystereseschleifen bei Photonenenergien von 705 eV bzw. 776 eV aufgezeichnet. Sie sind in Abb. 6.4 zusammengefasst. Die obere Reihe zeigt die an der Co-Kante aufgezeichneten Hysteresekurven, während die untere Reihe die entsprechenden Hysteresen der Fe-Nanopartikel wiedergibt. Die azimuthale Orientierung der Proben wurde von links nach rechts in zwei Schritten von ϕ = 0 ◦ (Hext k W[11̄0]) bis ϕ = 90 ◦ (Hext k W[001]) variiert. Die CoHysteresekurven zeigen die uniaxiale in-plane Anisotropie der Co-Filme mit der magnetisch leichten (schweren) Achse entlang der W[11̄0]-Richtung (W[001]-Richtung). Der winkelabhängig beobachtete Übergang kann durch Annahme einer Kombination von kohärenter Rotation und Domänenwandnukleation sowie -verschiebung erklärt werden. Die Hysteresekurven der Fe-Nanopartikel folgen dem Verlauf der Co-Hysteresen auf nahezu identische Weise und legen 93 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) damit eine ferromagnetische Kopplung der Partikel an die Filmmagnetisierung nahe. Die beobachtete Kopplung kann als Folge einer direkten Austauschwechselwirkung beider Systeme an der Partikel-Film-Grenzfläche aufgefasst werden und ist wegen des unmittelbaren Kontaktes zwischen beiden Metallen nach der in situ Deposition möglich [168]. Zwar fällt die Austauschwechselwirkung wegen ihrer kurzen Reichweite3 exponentiell sehr schnell mit dem Abstand von der Grenzfläche ab. Das effektiv auf die Partikel wirkende Feld kann aber dennoch leicht einige Tesla erreichen [168, 169]. Da die hier untersuchten Fe-Nanopartikel bei Raumtemperatur größtenteils superparamagnetisch sind4 , sollten bereits kleine effektive Felder zum Erreichen der magnetischen Sättigung ausreichen. Selbst im ferromagnetischen Fall begünstigt die im Allgemeinen geringe magnetokristalline Anisotropie des Eisens die Ummagnetisierung der Partikel. Auch die Oberflächenbeiträge zur magnetischen Anisotropie sollten wegen der nahezu sphärischen Geometrie und den Größen der untersuchten Partikel im Vergleich zu dünnen Filmen nur einen verhältnismäßig geringen Beitrag liefern [39, 155]. Weitere Wechselwirkungen, wie die Dipolwechselwirkung zwischen Substrat und Nanopartikeln, spielen nur eine untergeordnete Rolle, da das Streufeld des Substrates bei Magnetisierung in der Filmebene oberhalb der Grenzfläche nur an Defekten eine nennenswerte Größe erreichen sollte. Auch die längerreichweitige Dipolwechselwirkung zwischen den Partikeln ist im Vergleich zur Austauschwechselwirkung mit dem Substrat als klein zu betrachten, selbst bei der erhöhten Clusterbedeckung im hier untersuchten Fall. Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, die Kopplung zwischen der Magnetisierung der Fe-Nanopartikel und der Co-Filme mit Hilfe des transversalen magnetooptischen Kerr-Effektes zu untersuchen. Die Detektion der reflektierten Intensität wird im Gegensatz zur TEY-Detektion durch externe Felder nicht gestört und kann daher zur empfindlichen Untersuchung magnetischer Proben verwendet werden. Im Fall der hier untersuchten Fe-Nanopartikel war die reflektierte Intensität – trotz verhältnismäßig hoher Bedeckung – im Vergleich zu den Co-Filmen jedoch deutlich reduziert. Dies ist vorwiegend darauf zurückzuführen, dass die Teilchen Durchmesser in der Größenordnung der Wellenlänge besitzen, was eine effiziente Streuung der Strahlung an den Fe-Nanopartikeln zur Folge hat. Dennoch erlaubte das detektierte Signal die Aufzeichnung elementspezifischer Hystereseschleifen, die zeigen, dass die Fe-Nanopartikel ferromagnetisch an die Magnetisierung der Co-Filme ankoppeln. Die beobachtete Kopplung wird in den unten dargestellten Absorptionsexperimenten mit TEY-Detektion ausgenutzt, um die Partikel bei fast vollständiger magnetischer Sättigung in Remanenz, d. h. ohne permanent angelegtes äußeres Magnetfeld zu untersuchen. 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln Nach den Ausführungen der vorhergehenden Abschnitte über die mikroskopische und magnetische Kopplung der Fe-Nanopartikel an die als Substrat dienenden Co-Filme sollen im 3 4 Die Austauschlänge beträgt etwa 3 Å [168, 169]. Bei Annahme der Volumenanisotropiekonstante von Eisen von K = 4,5 ± 104 J/m3 erfolgt der Übergang in die superparamagnetische Phase bei Raumtemperatur für Partikel mit Durchmessern D < 16,5 nm [37, 167]. 94 XAS Absorption (bel. E.) 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln 2,4 Fe-Nanopartikel mit D = (7,6±1,5) nm auf etwa 13ML Co/W(110) Fe 2p 1,6 Ye + Ye - Co 2p hFe 0,8 0,0 hCo 700 720 780 Photonenenergie (eV) 800 Abb. 6.5: Überblicksspektrum der Photoabsorption von Fe-Nanopartikeln mit einem Durchmesser von (7,6 ± 1,5) nm auf 13 ML Co/W(110). Der Energiebereich enthält die 2p-Kanten beider Elemente (Fe, Co). Folgenden die XMCD-Experimente und die daraus ermittelten magnetischen Eigenschaften der Partikel vorgestellt werden. Bei der experimentellen Analyse wird insbesondere die ferromagnetische Kopplung der Partikel an die Filmmagnetisierung ausgenutzt. Bei entsprechender Orientierung der Proben können die Partikel mit den Filmen remanent ummagnetisiert werden. Die dadurch erreichte Verzichtbarkeit externer Magnetfelder während der Messung stellt bei der TEY-Detektion einen deutlichen Vorteil gegenüber entsprechenden Experimenten unter permanent angelegten Magnetfeldern dar. Im letzteren Fall führen Inhomogenitäten der Felder häufig zu deutlichen Offsets zwischen Spektren entgegengesetzter Magnetisierung, die sich insbesondere bei geringen Signalen bemerkbar machen und unter Umständen zu größeren Unsicherheiten in den bestimmten magnetischen Momenten führen. Diese Schwierigkeiten können zwar experimentell gelöst werden. Die Deposition der Fe-Nanopartikel auf die ferromagnetischen Co-Filme stellt allerdings eine praktisch leicht zu realisierende Alternative dazu dar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die hier diskutierten Experimente nicht an einer stationären Messkammer, sondern mit eigener, häufig auf- und abzubauender Ausrüstung durchgeführt wurden. Die hier vorgestellten Experimente nutzen die XMCD-Geometrie nach Abb. 4.4 (a) im Abschnitt 4.3, wobei die Probe dabei so orientiert wird, dass die magnetisch leichte Achse ent- 95 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) X A S ( b e l. E .) F e - N a n o p a r tik e l a u f C o /W (1 1 0 ) Y 8 ,8 e x p 8 ,4 9 ,2 8 ,8 8 ,4 Y 8 ,0 F it 7 0 0 Y s 7 1 0 7 2 0 7 3 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) ( F it) Y s s + Y re f ( F it) X A S ( b e l. E .) C o /W (1 1 0 ) 9 ,2 8 ,0 7 0 0 7 1 0 7 2 0 7 3 0 P h o to n e n e n e r g ie ( e V ) Abb. 6.6: Links: Spektrum eines Co-Films vor der Deposition der Nanopartikel. Rechts: Spektrum des Co-Films mit Nanopartikeln. lang der Einfallsebene des zirkular polarisierten Lichtes (Pc = 0,9) liegt. Die Magnetisierung der Co-Filme kann daher bei fester Helizität der Polarisation durch einen kurzen Magnetfeldpuls entlang dieser Richtung umgekehrt werden. Ein Überblicksspektrum einer typischen Fe-Nanopartikelprobe mit D = (7,6 ± 1,5) nm auf einem etwa 13 ML dicken Co-Film ist in Abb. 6.5 dargestellt. Im Energiebereich von 700−750 eV befinden sich – nur schwach aus dem substratinduzierten Untergrund hervortretend – die Peaks der 2p-Fe-Kanten der Nanopartikel. Die Absorptionspeaks des Co-Films im Bereich von 770 − 820 eV sind klar zu erkennen. Das Verhältnis der Kantenhöhen beträgt hier etwa hCo /hFe ∼ 30. Mit der im Abschnitt 6.2 gemachten Näherung ergibt sich eine Fe-Menge von etwa 0,4 Monolagen auf der Probe und damit nur etwa 1/10 der für die Reflexionsmessungen präparierten Probe. Da die hier untersuchten Partikel etwa nur das halbe Volumen der oben betrachteten Cluster haben, beträgt die Dichte zwar immer noch etwa (180 ± 130) Partikel pro µm2 . Der mittlere Partikelabstand dcl-cl ist in diesem Fall mit dcl-cl = (80 ± 30) nm allerdings deutlich größer und beträgt etwa das Zehnfache des Partikeldurchmessers. Die Partikel bedecken ca. (3,0 ± 2,5) % der Probenoberfläche. Wegen des in Abb. 6.5 erkennbaren geringen Signal-zu-Untergrund-Verhältnisses im Energiebereich der Nanopartikelspektren sind die Messungen besonders empfindlich gegen störende Einflüsse. Um dennoch eine reproduzierbare Datenauswertung zu gewährleisten, werden die in dieser Arbeit gemessenen Spektren unter Zuhilfenahme von Referenzdaten eines dickeren Fe-Films ausgewertet. Die entsprechenden Schritte der Auswertung finden sich im folgenden Abschnitt. 6.3.1 Abzug des Untergrundes und Anwendung der Summenregeln Zur separaten Bestimmung von Spin- und Bahnmomenten ist es notwendig, die Spektren der Nanopartikel vom substratinduzierten Untergrund zu trennen. Im Fall dickerer Filme wird dazu üblicherweise eine geeignete lineare Funktion von gemessenen Spektren subtrahiert, 96 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln die sowohl den Einfluss des Substrates als auch die intrinsische Wellenlängenabhängigkeit des linearen Absorptionskoeffizienten der Strahlung berücksichtigt (siehe Abschnitt 5.1.2). Die dabei in Kauf genommene Vernachlässigung möglicher Strukturen des nicht resonanten Absorptionskoeffizienten des Substrates kann im Fall geringer Bedeckungen allerdings problematisch werden, wenn die Höhe des interessierenden Absorptionssignals vergleichbar mit den entsprechenden Strukturen im Untergrund ist. Zur Auswertung der Spektren ist es daher notwendig, den Substratuntergrund im relevanten Energieintervall zu messen. Ein entsprechendes Spektrum eines 13 ML dicken Co-Films auf W(110) vor der Deposition der Fe-Nanopartikel ist im linken Teil von Abb. 6.6 durch rote offene Kreise dargestellt. Klar zu erkennen ist eine leicht wellige Struktur des so bestimmten Untergrundes, der im nächsten Schritt von den anschließend aufgezeichneten Nanopartikelspektren abgezogen werden muss. Um zu vermeiden, dass das Rauschen des gemessenen Untergrundes dabei in die weitere Analyse eingeht, wird dieser in den folgenden Schritten durch eine angepasste, glatte Funktion, die links in Abb. 6.6 als schwarz durchgezogene Linie dargestellt ist, ersetzt. Die anschließend gemessenen Spektren der Proben mit Nanopartikeln setzen sich aus dem Anteil der Nanopartikel, dem aus der separaten Messung bekannten Untergrund und einem zusätzlichen linearen Offset zusammen. Die beiden letztgenannten Beiträge können aus den gemessenen Nanopartikelspektren extrahiert werden, wenn man statt der magnetisierungsabhängigen Einzelspektren (Ye+ bzw. Ye− im Inset von Abb. 6.5) das zugehörige Summenspektrum betrachtet, das bei den hier betrachteten Partikelgrößen (> 10.000 Atome) nur geringfügig von entsprechenden Spektren dickerer Filme oder Festkörperoberflächen abweichen sollte. Unter dieser Annahme ist es möglich, das rechts in Abb. 6.6 durch rote offene Kreise dargestellte, experimentell ermittelte Summenspektrum Yexp durch eine geeignete Kombination des Untergrundes, der linearen Funktion und eines entsprechenden Referenzspektrums zu reproduzieren. Das Ergebnis der Anpassung des so modellierten Spektrums ist als schwarz durchgezogene Linie rechts in Abb. 6.6 dargestellt. Zur Verdeutlichung ist der aus der Anpassung resultierende Untergrundanteil (inklusive linearer Korrektur) separat als graue Linie eingezeichnet. Für die weitere Analyse wird er anschließend von Yexp bzw. den Einzelspektren Ye+ und Ye− abgezogen, um daraus den Anteil der Nanopartikel Ycl+ und Ycl− zu extrahieren. Die Anwendung der Summenregeln erfolgt nach den Ausführungen im Abschnitt 5.1.2 und ist für die vorliegende Probe in Abb. 6.7 zusammen mit den Ergebnissen des Fe-Referenzfilms dargestellt. Die Spektren des Referenzfilms sind dabei um Sättigungseffekte korrigiert. Links − oben ist das entsprechende Summenspektrum des Films (µ+ f + µf ) durch die schwarz durchgezogene Linie und das der Fe-Nanopartikel (Ycl+ + Ycl− ) durch die rot gestrichelte Linie dargestellt. Klar ist der Einfluss der Sättigungseffekte auf die Höhe des 2p3/2 -Peaks im Fall der Nanopartikel zu erkennen (vgl. auch Abb. D.2 im Anhang D). Er äußert sich entsprechend in den rechts oben dargestellten Integralen nach Abzug der Stufenfunktion. Die links unten in Abb. 6.7 gezeigten Differenzspektren sind wie oben im Abschnitt 5.1.2 um die unvollständige Polarisation sowie den Einfallswinkel korrigiert. Die Unterschiede in beiden Spektren können in diesem Fall nicht nur den Sättigungseffekten im Nanopartikelsignal zugeschrieben werden, da die magnetischen Eigenschaften der Partikel nicht mit denen des Referenzfilms identisch sind. Die zugehörigen Integrale sind rechts unten in Abbildung 6.7 dargestellt. 97 Ycl+Ycl + - 4 0 µf +µf + X A S (b . E .) 8 - r 4 2 0 0 0 + - µf -µf + - -4 7 0 0 7 1 0 7 2 0 7 3 0 Photonenenergie (eV) 7 4 0 7 0 0 7 1 0 -4 -6 -2 p Ycl-Ycl -2 0 In te g . (b . E .) q X M C D X M C D (b . E .) 0 7 2 0 7 3 0 Photonenenergie (eV) X A S In te g . (b . E .) 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) 7 4 0 Abb. 6.7: Auswertung von Summenspektren des Referenzfilms und der Nanopartikel (oberer Teil) und Differenzspektren (unterer Teil) nach Ref. [64]. Die Auswertung der Spektren ergibt die in Tab. 6.1 angegebenen magnetischen Momente. Ein Vergleich der Daten des Referenzfilms mit den Festkörperwerten zeigt ähnlich wie der oben im Abschnitt 5.1.2 dargestellte Kobaltfilm erhöhte effektive Spin- und Bahnmomente eff meff spin = mspin +7mT bzw. morb . Auch das Verhältnis morb /mspin ist im Vergleich zum Festkörper erhöht. Da die Dicke des hier betrachteten Fe-Films mit der Dicke des oben untersuchten Co-Films vergleichbar und die Magnetisierung auch in diesem Fall entlang der leichten Richtung orientiert ist, kann die Diskussion im Wesentlichen an die Darstellung im Abschnitt 5.1.2 anknüpfen. Demzufolge lässt sich ein Teil der Erhöhung des effektiven Spinmomentes möglicherweise auf einen entsprechenden Beitrag des Dipolterms zurückführen. Klärung würden XMCD-Experimente mit der Magnetisierung entlang der schweren Richtung oder unter dem magischen Winkel“ bringen. Das deutlich erhöhte Bahnmoment kann wieder sowohl mit der ” Orientierung der Magnetisierung entlang der magnetisch leichten Achse als auch mit erhöhten Momenten an der Oberfläche in Verbindung gebracht werden. Ein Vergleich des effektiven Spinmomentes meff spin der Nanopartikel mit den entsprechenden Werten des Films und des Festkörpers zeigt in beiden Fällen einen leicht reduzierten Wert. Das Bahnmoment morb ist hingegen vergleichbar oder sogar leicht erhöht im Vergleich zum Festkörperwert, bleibt aber deutlich unter dem des Referenzfilms. Für das Verhältnis morb /meff spin gilt Analoges. Dabei ist zu beachten, dass die angegebenen Werte der Nanopartikel bisher nicht um den Einfluss der Sättigungseffekte korrigiert wurden. Von einer ent- 98 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln meff spin morb (µB ) (µB ) Fe-Nanopartikel D = (7,6 ± 1,5) nm 1,92 ± 0,06 0,087 ± 0,018 0,046 ± 0,011 13 ML Fe/W(110) (korr.) 2,11 ± 0,03 0,139 ± 0,004 0,066 ± 0,005 Fe-Festkörper Ref. [64] 1,98 0,085 0,043 morb /meff spin Tabelle 6.1: Vergleich der magnetischen Momente der Nanopartikel mit D = (7,6 ± 1,5) nm des 13 ML-Fe/W(110)-Referenzfilms und der Werte für den Fe-Festkörper. sprechenden Korrektur ist zu erwarten, dass das resultierende Bahnmoment einen deutlich höheren Wert erhält. Ein direkter Vergleich der nicht korrigierten Nanopartikelwerte mit den korrigierten Filmdaten ist daher problematisch. Da das Spinmoment allerdings nur eine vergleichsweise geringfügige Änderung erfahren sollte (vgl. Abschnitt 5.1.2), kann der geringere Wert meff spin der Nanopartikel auf eine tatsächliche Reduktion hinweisen. Dies würde überraschen, da die Nanopartikel als bcc-Fe-Partikel vorliegen und der vergleichsweise hohe Anteil an Oberflächenatomen eher eine Erhöhung erwarten ließe. Auch sind in den Spektren der Nanopartikel keine Indizien für Oxidation zu finden, die eine Reduktion des Spinmomentes zur Folge hätte. Der Einfluss des Dipolterms kann – wie schon im Fall der Filme – nicht aus den experimentellen Daten abgeschätzt werden, da die Proben in den Experimenten ausschließlich entlang der magnetisch leichten Richtung des Films ummagnetisiert wurden. Unter der Voraussetzung, dass die Partikel statistisch orientiert sind, würde sich der Dipolterm allerdings herausmitteln, so dass der gemessene Wert auf ein reduziertes isotropes Spinmoment hinweisen würde. (Auch das Bahnmoment würde in diesem Fall den über alle Richtungen gemittelten Wert wiedergeben.) Bei der Betrachtung der Spinmomente ist jedoch zu beachten, dass die magnetischen Momente der Nanopartikel an die Magnetisierung der Co-Filme koppeln. Die Diskussion der hier vorgestellten Werte sollte daher die Eigenschaften der als Substrat dienenden Kobaltfilme berücksichtigen. Die entsprechenden Ergebnisse werden im folgenden Abschnitt vorgestellt. 6.3.2 Größenabhängigkeit der magnetischen Spin- und Bahnmomente Im vorigen Abschnitt zeigte sich, dass das effektive Spinmoment von Partikeln mit einer Größe von D = (7,6 ± 1,5) nm entgegen der Erwartung ein im Vergleich zum Festkörper leicht reduzierten Wert besitzt. Neben den Sättigungseffekten und einem möglichen Einfluss des Dipolterms kann die gemessene Reduktion des Spinmomentes auch durch eine unvollständige Magnetisierung der Partikel durch den Kobaltfilm verursacht werden. Da entsprechendes auch für die anderen Nanopartikelgrößen gilt, wird die Analyse hier für drei verschiedene Nanopartikelproben durchgeführt. In Abb. 6.8 sind die in den Experimenten größenabhängig ermittelten effektiven Spinmomente meff spin der Fe-Nanopartikel als graue Kreise dargestellt. 99 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) Fe-Nanopartikel Co-Filme Fe-Nanopartikel (korrigiert) mspin+7mT (µB) 2 ,4 0 2 ,1 0 1 ,8 0 1 ,5 0 6 8 Partikelgröße (nm) 1 0 Abb. 6.8: Magnetische Spinmomente der Fe-Nanopartikel und der dazugehörigen Co-Filme. Die Partikeldurchmesser betragen im einzelnen: D = (6,1 ± 0,5) nm, D = (7,6 ± 1,5) nm bzw. D = (9,6 ± 1,5) nm.5 Die Momente der zu den Präparationen gehörenden Co-Filme sind durch weiße Kreise wiedergegeben. Die Fehler sind in diesem Fall kleiner als die dargestellten Symbole. Zum Vergleich sind die jeweiligen Festkörperwerte für Fe (schwarz gepunktete Linie) und Co (grau durchgezogene Linie) angegeben [64]. Die Spinmomente meff spin der Nanopartikel liegen offenbar bis zu 10 % unter dem entsprechenden Festkörperwert, wobei die größten Partikel dabei die deutlichste Reduktion zeigen. Ein Blick auf die Werte der Kobaltfilme zeigt jedoch, dass nur im Fall der kleinsten Partikel ein effektives Spinmoment erreicht wird, das mit dem des im Kapitel 5.1 untersuchten Films vergleichbar ist [meff spin = (1,67 ± 0,03) µB , vgl. auch Tabelle 5.1 im Abschnitt 5.1.2]. In Abb. 6.8 fallen die Spinmomente der Filme in der gezeigten Reihenfolge – die in diesem Fall mit der chronologischen Reihenfolge der Präparationen übereinstimmt – ab. Eine Analyse aller Kobaltdaten ergibt im Verlauf der in dieser Messzeit durchgeführten Experimente einen stetigen Rückgang der Momente der Kobaltfilme (hier nicht gezeigt). Da alle Filme mit etwa gleicher Dicke von 13 ML präpariert wurden, ist ein schichtdickenabhängiger Einfluss des Dipolterms 7mT praktisch auszuschließen. Stattdessen läßt sich der beobachtete Rückgang wahrscheinlich auf technische Probleme bei der Präparation der W(110)-Kristalle während dieser Messzeit zurückführen, die mit einem zunehmenden Anteil magnetisch toter“ Bereiche ” bei den darauf präparierten Co-Filmen einhergingen.6 Da die Magnetisierung von Nanopartikeln auf diesen Bereichen in Remanenz nicht vollständig erhalten bleibt, tragen diese zwar zum nichtmagnetischen Gesamtsignal, aber nicht zum Dichroismus bei und verfälschen in 5 In den oben genannten Arbeiten [7, 153] entsprechen sie den Werten: 7,5 nm, 9,5 nm bzw. 12 nm, die nicht um den Einfluss der Oxidation auf den Teilchendurchmesser korrigiert sind (siehe Abschnitt 4.2). 6 Die veränderte Qualität der W(110)-Oberfläche machte sich in den LEED-Bildern durch schwach wahrnehmbare Halos um die eigentlichen Spots der W(110)-Oberfläche bemerkbar. Die ansonsten übliche Qualität der W(110)-Oberfläche ließ sich mit den vor Ort verfügbaren Mitteln nicht wieder herstellen. 100 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln der Folge die ermittelten Spin- und Bahnmomente. Für die vorliegende Arbeit wurden daher nur die Präparationen ausgewählt, die eine möglichst hohe Magnetisierung der Kobaltfilme zeigen. Das Resultat ist die in Abb. 6.8 dargestellte Auswahl. Die vorgenommene Selektion soll nicht nur sicherstellen, dass die hier vorgestellten magnetischen Momente der Partikel möglichst wenig durch die reduzierte magnetische Qualität der Co-Filme beeinflusst sind. Sie soll außerdem gewährleisten, dass der Einfluss einer möglicherweise veränderten Oberflächenqualität der Co-Filme weitestgehend ausgeschlossen werden kann. Um zu prüfen, inwiefern sich die reduzierte Magnetisierung der Kobaltfilme auf die Spinmomente der Fe-Nanopartikel auswirkt, liegt es nahe, letztere um diesen Einfluss durch eine entsprechende Skalierung zu korrigieren. Als Referenz wird der Co-Film mit dem höchsten magnetischen Moment ausgewählt. Die magnetischen Momente der zu dieser Präparation gehörenden Partikel mit D = (6,1 ± 0,5) nm bleiben daher im Folgenden erhalten. Die resultierenden effektiven Spinmomente der verbleibenden Nanopartikel sind als schwarze Kreise in Abb. 6.8 wiedergegeben. Nach der Korrektur schwanken die Spinmomente der Nanopartikel innerhalb der statistischen Fehlerbalken in einem Bereich von ±4 % um den Festkörperwert. Es liegt daher nahe anzunehmen, dass die Nanopartikel im Fall einer konstanten magnetischen Qualität der Kobaltfilme ein mit dem Festkörper vergleichbares Spinmoment zeigen würden. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass auch eine Reduktion der magnetischen Momente der Partikel denkbar ist. Neben einem möglichen Einfluss der Substrat-PartikelWechselwirkung7 oder einer Verzerrung des Gitters durch die erhöhte Oberflächenspannung kann dabei auch das Auftreten einer nichtkollinearen Spinstruktur eine Rolle spielen. Insbesondere zeigen mikromagnetische Simulationen, dass bei Fe-Nanopartikeln bereits ab einem Durchmesser von etwa 6 nm das Auftreten magnetischer Domänen zur Reduktion der magnetostatischen Energie möglich ist [176]. Dies spielt zwar bei Untersuchungen unter ausreichend starken, permanent angelegten Magnetfeldern keine Rolle. Im Fall der hier durchgeführten Experimente ist es wegen der geringen Reichweite der Austauschwechselwirkung allerdings denkbar, dass an der oberen“ Grenze der Partikel bereits erste Keime einer Domänenbildung, ” d. h. nichtkollineare Spinstrukturen, möglich sind [35]. Eine Prüfung dieser Möglichkeit unter Berücksichtung des Austauschfeldes ist eventuell mit Hilfe mikromagnetischer Simulationen möglich, konnte im Rahmen der Arbeit jedoch noch nicht durchgeführt werden. In Abb. 6.9 sind die magnetischen Spin- und Bahnmomente, meff spin bzw. morb , sowie die Verhältnisse morb /(mspin + 7mT ) der hier untersuchten Nanopartikel vor und nach der Korrektur der reduzierten Magnetisierung der Kobaltfilme zusammengefasst. Die direkt aus den Daten ermittelten Werte sind dabei als graue Kreise, die Werte nach Korrektur der unvollständigen Magnetisierung als schwarze Kreise dargestellt. Die aus Ref. [64] entnommenen zugehörigen Fe-Festkörperwerte sind wieder als gepunktete Linien eingezeichnet. Der obere Teil der Abbildung zeigt die Spinmomente (mspin + 7mT bzw. morb ) der Fe-Nanopartikel, der mittlere Teil stellt die Bahnmomente dar, die eine ausgeprägte Größenabhängigkeit zeigen. 7 Die Literatur zeigt allerdings, dass die magnetischen Momente von Eisen in Kontakt mit Kobalt in nahezu allen untersuchten geometrischen Konfigurationen deutlich erhöhte Werte zeigen, siehe z. B. [170–174]. Im Fall von Legierungen ist dieses Verhalten schon lange bekannt und findet seinen Niederschlag in der Pauli-Slater-Kurve [175]. 101 mspin+7mT (µB) 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) Fe-Nanopartikel Fe-Nanopartikel (korr.) 2 ,4 0 2 ,1 0 1 ,8 0 morb (µB) 0 ,2 0 morb/(mspin+7mT ) 0 ,1 0 0 ,1 0 0 ,0 5 6 8 Partikelgröße (nm) 1 0 Abb. 6.9: Partikelgrößenabhängigkeit der magnetischen Momente mspin + 7mT (oben), morb (Mitte) und des Verhältnisses beider Größen morb /(mspin + 7mT ) (unten). Sie nehmen dabei von den kleineren zu den größeren Partikeln, einem nahezu linearen Trend folgend, von ca. 0,12 µB auf 0,07 µB pro Atom ab. Die oben diskutierte Korrektur der unvollständigen Magnetisierung der Filme hat auf diesen Trend praktisch keinen Einfluss und kann daher für die Diskussion der Bahnmomente vernachlässigt werden. Der Vergleich mit dem Festkörperwert zeigt, dass nur die kleinsten Partikel [D = (6,1 ± 0,5) nm] Werte besitzen, die signifikant größer sind als der entsprechende Festkörperwert von 0,085 µB . Da die Spinmomente praktisch konstant sind, verhalten sich die Quotienten morb /(mspin + 7mT ) im unteren Teil wie die Bahnmomente, d. h. sie fallen mit zunehmender Partikelgröße von etwa 0,08 auf 0,03 ab und erreichen daher im Fall der großen Partikel [D = (9,6 ± 1,5) nm] nicht mehr den aus dem Festkörper bekannten Wert. Wie oben bereits erwähnt, sind insbesondere die aus TEY-Spektren ermittelten Bahnmomente starken Verfälschungen infolge der Selbstabsorptionseffekte ausgesetzt. Vor der weiteren Diskussion der Ergebnisse sollen daher die spezifischen Eigenschaften der TEY-Detektion im Fall deponierter Nanopartikel diskutiert werden. Dies betrifft einerseits den Einfluss und die Korrektur der Selbstabsorptionseffekte auf die ermittelten Spin- und Bahnmomente. Andererseits wird die Oberflächenempfindlichkeit des TEY im Fall der Nanopartikel näher untersucht. 102 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln 6.3.3 Sättigungseffekte bei der TEY-Detektion an deponierten Nanopartikeln Zur Korrektur der Sättigungseffekte in TEY-Spektren von deponierten Nanopartikeln können die für planare Proben entwickelten Gleichungen (siehe Abschnitt 3.1 und Anhang A) nicht verwendet werden. Ein Zugang ist jedoch durch numerische Simulationsrechnungen möglich, wie kürzlich von Fauth für den Fall deponierter, sphärischer Co-Nanopartikel demonstriert wurde [177]. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden äquivalente Rechnungen für Fe-Nanopartikel auf einem Substrat durchgeführt. Die Berechnung des Probenstroms ist in Abb. 6.10 am Beispiel zweier Nanopartikel mit D = 12 nm bzw. D = 6 nm illustriert. Die beiden Partikel sind links in der Abbildung schematisch dargestellt. Die angenommene Kugelgestalt stellt dabei einen Kompromiss zwischen der im Abschnitt 6.1 diskutierten dodekaedrischen Form der Partikel und einer möglichst einfachen geometrischen Beschreibung in den entsprechenden Rechnungen dar. Die Schattierung der Partikel soll die Präsenz des Substrates und den für die Simulation angenommenen senkrechten Lichteinfall verdeutlichen. Wie im Fall der im Abschnitt 3.1 dargestellten planaren Proben muss auch hier zunächst die Intensitätsverteilung des Lichtes in den Nanopartikeln bestimmt werden, da der generierte Elektronenstrom proportional zur lokalen Intensität ist. Die berechneten Intensitätsprofile beider Nanopartikel im mittleren Teil von Abb. 6.10 entsprechen dabei dem Fall der vergleichsweise starken Absorption im Bereich des 2p3/2 -Peaks. Dies geht im Fall des großen Partikels mit einer bevorzugten Ausleuchtung des oberen Teils des Partikels einher, wobei im Kontaktbereich zum Substrat nur noch 50 % der einfallenden Intensität vorliegen. Der kleinere Partikel zeigt dagegen ein gleichmäßigeres Intensitätsprofil mit 75 % Ausleuchtung in der untersten Schicht. Rechts in Abb. 6.10 ist die vom Ort der Erzeugung abhängige Detektionswahrscheinlichkeit der freigesetzten Elektronen dargestellt. Dabei wurde angenommen, dass die Elektronen mit homogener Wahrscheinlichkeit im Partikel ausgelöst werden und sich im Anschluss isotrop in den gesamten Raumwinkel ausbreiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron zum Probenstrom beiträgt, nimmt dabei entlang der Trajektorie exponentiell mit der entsprechen8 den mittleren Weglänge (ΛFe e ∼ 2,83 nm) ab. Außerdem tragen nur die Elektronen zum TEY bei, die in den oberen Halbraum emittiert werden, alle anderen Elektronen werden vom Substrat absorbiert. Das resultierende Profil der Detektionswahrscheinlichkeit ist für den großen Partikel oben rechts in Abb. 6.10 dargestellt, helle Töne entsprechen einer hohen Detektionswahrscheinlichkeit.9 Die Abbildung zeigt, dass wesentliche Beiträge zum Gesamtsignal aus dem oberen, grenzflächennahen Bereich des Partikels zu erwarten sind. Die Elektronen an der Partikel-Substrat-Grenzfläche müssen entweder seitlich nach oben austreten oder werden aufgrund des verhältnismäßig langen Weges durch den Partikel stark gestreut, so dass ihr Anteil zum TEY entsprechend gering ausfällt. Im Fall des kleineren Partikels trägt ein wesentlich größerer Anteil des Partikelvolumens zum TEY-Signal bei. Die Detektion des Probenstroms 8 Die mittlere, freie Weglänge Λe weicht von der effektiven Austrittstiefe λe zur Berechnung des TEY planarer Strukturen ab (λFe e = 1,7 nm). Siehe dazu: [177] und die Ausführungen im Anhang D. 9 Die höchste Wahrscheinlichkeit der Detektion ergibt sich für Elektronen, die am oberen Rand des Partikels erzeugt werden. Sie beträgt in diesem Fall W (r) = 1/2, da das Elektron mit dieser Wahrscheinlichkeit in den oberen Halbraum emittiert wird. 103 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) 12nm Intensitätsverteilung I(r) Detektionswahrscheinlichkeit W(r) e- 6nm W(r) I(r)/I0 1,00 0,50 0,75 0,25 0,50 0,00 Abb. 6.10: Links: Schematische Darstellung zweier Nanopartikel. Mitte: Berechnetes Intensitätsprofil der einfallenden Strahlung. Rechts: Simulierte Verteilungen der Detektionswahrscheinlichkeit ausgelöster Elektronen. Man beachte die unterschiedlichen Kontrastkodierungen. ist in diesem Fall nicht so oberflächenempfindlich wie im Fall des größeren Partikels. Zu beachten ist, dass die gezeigten Profile der Detektionswahrscheinlichkeit nicht vom Einfallswinkel der Strahlung abhängen, sondern ausschließlich aus der geometrischen Konfiguration resultieren. Der gesamte Probenstrom bei einem festen linearen Absorptionskoeffizienten µ(E) ergibt sich aus der Faltung der entsprechenden Intensitätsverteilung und der Detektionswahrscheinlichkeit und anschließender Integration über das interessierende Volumen: Z Ye (E) ∼ µ(E) I(r) · W (r)dV. (6.1) V Durch geeignete Wahl der Integrationsgrenzen ist es möglich, den Anteil des Probenstroms aus bestimmten Bereichen des Nanopartikels zu bestimmen bzw. das Signal von schalenartig aufgebauten Nanopartikeln (core-shell Systeme) zu simulieren. Für die Untersuchung des Einflusses von Sättigungseffekten auf die Spin- und Bahnmomente der Nanopartikel wurden mit den linearen Absorptionskoeffizienten des Fe-Referenzfilms (siehe Anhang C) TEY-Spektren 104 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln entsprechender Nanopartikel simuliert und anschließend mit Hilfe der Summenregeln ausgewertet. Abb. 6.11 zeigt das Verhältnis der so bestimmten Momente (mspin + 7mT )TEY , mTEY orb bzw. [morb /(mspin + 7mT )]TEY und den entsprechenden Werten aus den korrigierten Spektren (mspin +7mT )µ , mµorb bzw. [morb /(mspin +7mT )]µ . Der dargestellte Größenbereich erfasst Partikeldurchmesser bis zu 20 nm. Für Partikel mit Durchmessern bis zu 2 − 3 nm spielen die Sättigungseffekte offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Bei größeren Partikeln ist jedoch zu erkennen, dass insbesondere das Bahnmoment sehr stark abnimmt und bei Durchmessern von 20 nm nur noch etwa 16 % des tatsächlichen Wertes erreicht.10 Die effektiven Spinmomente betragen in diesem Fall wie erwartet immer noch 90 % des tatsächlichen Wertes. Die Verhältnisse morb /(mspin + 7mT ) werden daher im Wesentlichen durch die größenabhängige, scheinbare Reduktion der Bahnmomente bestimmt. Dabei ist zu beachten, dass die in Abb. 6.11 dargestellten Korrekturfaktoren durch Simulationen bei senkrechtem Lichteinfall ermittelt wurden. In Ref. [177] wurde gezeigt, dass die Resultate der vorgestellten Rechnungen – wenn auch geringfügig – von der Einfallsrichtung des Lichtes abhängen.11 Die Ergebnisse zeigen darüber hinaus, dass die Sättigungseffekte im Fall streifender Inzidenz stärker ausgeprägt sind als bei senkrechtem Einfall. Die hier vorgestellten Korrekturfaktoren unterschätzen den tatsächlichen Einfluss der Sättigungseffekte daher eher geringfügig. Im Anhang D finden sich weitere Details zu den Simulationsrechnungen. 6.3.4 Korrektur der Sättigungseffekte Mit den in Abb. 6.11 dargestellten Faktoren können die experimentell ermittelten magnetischen Momente aus Abb. 6.9 im Abschnitt 6.3.2 um den Einfluss der Sättigungseffekte korrigiert werden. Das Ergebnis der Korrektur ist in Abb. 6.12 zusammengefasst. Die zugrunde liegenden Daten aus Abb. 6.9 sind zum Vergleich als graue Kreise dargestellt, die entsprechenden Werte nach Korrektur der Sättigungseffekte sind durch schwarze Kreise wiedergegeben. Außerdem sind zur Orientierung wieder die Festkörperwerte durch gepunktete Linien markiert. Im oberen Teil sind die effektiven Spinmomente dargestellt. Nach der Korrektur der Sättigungseffekte liegen diese bei allen untersuchten Partikeln – unter Berücksichtung der oben im Abschnitt 6.3.2 vorgenommenen Skalierung – leicht über dem Festkörperwert. Die Bahnmomente sind sogar deutlich erhöht und erreichen im Fall der kleinsten Partikel mehr als das Doppelte des entsprechenden Festkörperwertes. Analoges gilt für das Verhältnis morb /(mspin + 7mT ). Da die hier untersuchten Nanopartikel Durchmesser von einigen Nanometern haben und nach den Ausführungen im Abschnitt 6.1 eine bcc-Struktur mit (001)- bzw. (110)-Facetten besitzen, liegt es nahe, die Ergebnisse mit XMCD-Messungen an entsprechend orientierten Fe-Oberflächen aus der Literatur zu vergleichen. Da nach dem Wissen des Autors bislang keine systematischen experimentellen Untersuchungen der magnetischen Momente an 10 Eine Analyse noch größerer Partikel zeigt, dass die aus den TEY-Spektren ermittelten Bahnmomente ähnlich wie bei dünnen Filmen sogar negative Werte erreichen können [88]. 11 Dies ergibt sich aus Abb. 6.10, wenn man berücksichtigt, dass sich bei Variation des Einfallswinkels zwar die Intensitätsverteilung I(r) ändert, nicht aber die Detektionswahrscheinlichkeit W (r). 105 sphärische Fe-Nanopartikel 1 ,0 0 0 ,9 5 eff (mspin) TEY eff /(mspin) µ 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) 0 ,9 0 TEY µ morb /morb 1 ,0 0 0 ,5 0 0 ,0 0 ratio TEY /ratio µ 1 ,0 0 0 ,5 0 0 ,0 0 0 5 1 0 1 5 Partikelgröße (nm) 2 0 Abb. 6.11: Größenabhängigkeit der Abweichungen der magnetischen Momenten aus simulierten TEY-Spektren von denen aus den Referenzspektren. Der für diese Arbeit relevante Größenbereiche ist durch den Kasten kenntlich gemacht. (Oben: Spinmomente. Mitte: Bahnmomente. Unten: Verhältnisse von Bahn- zu Spinmomenten.) den in Frage kommenden Oberflächen eines Fe-Einkristalls vorliegen, werden hier stattdessen Resultate an dickeren bcc-Fe-Filmen mit entsprechender Orientierung zum Vergleich herangezogen. Im Anhang C findet sich eine tabellarische Übersicht sowie eine kurze Diskussion der verschiedenen in Frage kommenden Arbeiten. Die Analyse der Daten zeigt recht starke Schwankungen in den publizierten magnetischen Momenten. So variieren die effektiven Spinmomente dickerer epitaktischer bcc-Eisenfilme mit (001)-orientierter Oberfläche zwischen 2,0 µB und 2,3 µB [178, 179]. Ein dickerer polykristalliner Eisenfilm zeigte ein Spinmoment von 1,97 µB [47]. Das effektive Spinmoment des in dieser Arbeit vorgestellten Referenzfilms [13 ML bcc-Fe/W(110)] beträgt meff spin ∼ 2,1 µB (siehe Tab. 6.1). Die in den genannten Arbeiten entsprechend ermittelten Bahnmomente variieren zwischen morb = 0,12 − 0,26 µB [47, 178, 179]. Die Analyse des Referenzfilms ergibt ein Bahnmoment von 0,14 µB (siehe Tab. 6.1). Die große Varianz der Werte hat verschiedene Ursachen. Neben den im Abschnitt 2.3.3 dargestellten, generellen Schwierigkeiten bei der Anwendung der Summenregeln spielen hier spezifische experimentelle und systematische Faktoren eine Rolle. Zu beachten ist auch, dass 106 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln v o r der Korrektur n a c h der Korrektur mspin+7mT (µB) 2 ,4 0 2 ,1 0 1 ,8 0 morb (µB) 0 ,2 0 morb/(mspin+7mT ) 0 ,1 0 0 ,1 0 0 ,0 5 6 8 Partikelgröße (nm) 1 0 Abb. 6.12: Größenabhängige, magnetische Spin- und Bahnmomente der Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) mit und ohne Korrektur der Sättigungseffekte. Die gestrichelten Linien markieren die entsprechenden Festkörperwerte. die genannten Arbeiten nicht mit dem Ziel einer systematischen Untersuchung der magnetischen Eigenschaften an der Fe-Oberfläche durchgeführt worden sind. Die hier erwähnten Ergebnisse wurden in den meisten Fällen als Grenzfall dickerer Schichten mit angegeben. In den erwähnten Arbeiten wurde die Magnetisierung jeweils nur entlang einer magnetischen Vorzugsrichtung orientiert, so dass der Einfluss des Dipolterms sowie die Anisotropie der Bahnmomente nicht abgeschätzt werden kann. Weiterhin wurden die TEY-Experimente bei verschiedenen Einfallswinkeln der Strahlung durchgeführt, so dass die Oberflächenempfindlichkeit der Messungen variiert (vgl. Abschnitt 3.1). Zudem ist wegen der intrinsischen Oberflächenempfindlichkeit der TEY-Detektion ein stärkerer Einfluss der Oberflächenmorphologie auf die Ergebnisse denkbar. So kann in einem einfachen Bild bereits die Ausbildung monoatomar hoher Inseln infolge einer unvollständigen Monolage je nach Größe der Inseln zu einem signifikanten Beitrag von Kantenatomen mit stark reduzierter Koordination und entsprechend erhöhten magnetischen Spin- und Bahnmomenten führen. Abschätzungen aus Experimenten an nanostrukturierten Fe-Proben auf Cu(111) bzw. Au(111) ergeben beispielsweise ein Bahnmoment von 0,5 µB für Atome an den Kanten entsprechender Inseln [180, 181]. 107 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) Daneben beeinflussen auch Abdeckmaterialien wie Gold die magnetischen Momente an der Grenzfläche. Der Vergleich mit den genannten Arbeiten und mit dem Referenzfilm zeigt dennoch, dass die in Abb. 6.12 dargestellten magnetischen Momente der Nanopartikel innerhalb der Schwankungsbreite der publizierten Untersuchungen liegen. Während systematische XMCD-Messungen der magnetischen Momente an den niedrigindizierten Fe-Oberflächen in der Literatur nicht gefunden wurden, gibt es eine Reihe theoretischer Arbeiten zu den magnetischen Spin- und Bahnmomenten an den Oberflächen der 3d-Übergangsmetalle, siehe beispielsweise [182] und die Referenzen darin. Auch die Anisotropie und Größe des Dipolterms in Abhängigkeit von der Tiefe wurden systematisch untersucht, z. B. in [183]. Die theoretischen Arbeiten erwarten in guter Näherung eine Verdopplung der Bahnmomente an den niedrigindizierten Oberflächen eines Fe-Einkristalls, d. h. morb ∼ 0,19 µB , wobei die offenere (001)-Oberfläche systematisch etwas höhere Wert zeigt [25]. Die beobachteten Anisotropien liegen im Bereich von etwa ∆morb ∼ 0,02 µB . Bereits in der nächsttieferen Lage erreichen die Bahnmomente nur noch eine mit dem Festkörperwert vergleichbare Größe [25, 182]. Die Spinmomente mspin sind isotrop und erreichen an der Oberfläche Werte von bis zu 3 µB [25, 182, 183]. Für den anisotropen Dipolterm 7mT ergeben sich an der Oberfläche im Fall von Eisen vergleichsweise kleine Werte von bis zu 0,2 µB [183]. Auch mspin und 7mT nähern sich bereits in der zweiten Lage in guter Näherung dem Festkörperwert [25, 182, 183]. Da bei den Experimenten mit TEY-Detektion stets ein zwar oberflächenempfindliches, aber dennoch integrales Signal über verschiedene Tiefen der Probe gemessen wird, müssen für einen Vergleich mit der Theorie die Oberflächen- und Volumenbeiträge separiert werden. Für die in dieser Arbeit untersuchten Nanopartikel wird dies im folgenden Abschnitt durchgeführt. 6.3.5 Analyse der Oberflächenbeiträge Die Diskussion des vorigen Abschnitts ergab, dass die um die Sättigungseffekte korrigierten Spin- und Bahnmomente der hier untersuchten Nanopartikel innerhalb der Spanne der für dicke Filme publizierten Werte liegen. Aus den theoretischen Arbeiten ging außerdem hervor, dass größere Änderungen der Spin- und Bahnmomente im Fall der entsprechenden Festkörperoberflächen nur in der obersten atomaren Lage zu erwarten sind. Für einen Vergleich mit der Theorie werden in diesem Abschnitt die Momente an der Oberfläche der Nanopartikel abgeschätzt. Dazu wird auf Ergebnisse aus den Simulationsrechnungen zurückgegriffen. Wie oben bereits dargestellt, ist es möglich, durch geeignete Wahl der Integrationsgrenzen die Beiträge aus verschiedenen Bereichen der Nanopartikel zu bestimmen. Für die Berechnung des Anteils der äußeren atomaren Lage zum gesamten Probenstrom wird angenommen, dass diese einer Kugelschale mit einer Dicke von 0,2 nm entspricht. Durch Vergleich der Kantenhöhen h in den simulierten TEY-Spektren des gesamten Nanopartikels und des reduzierten inneren Bereichs der Kugel ergeben sich für die in dieser Arbeit untersuchten Partikelgrößen die in Tab. 6.2 angegebenen Anteile der äußeren Schale zum Signal des gesamten Partikels Yeshell /Yetot . Zum Vergleich sind die entsprechenden Anteile der betrachteten Schalenvolumina V shell /V tot mit angegeben. Man erkennt, dass im Fall der kleineren Partikel mit D = 6,0 nm 108 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln etwa 24 % des gesamten Probenstromes aus der äußeren Schale stammen, während dieser Bereich nur etwa 19 % des gesamten Partikelvolumens ausmacht. Die folglich erhöhte Oberflächenempfindlichkeit der TEY-Detektion verstärkt sich mit zunehmender Partikelgröße, so dass der Anteil zum TEY der äußeren Schale im Fall des Partikels mit D = 9,6 nm beinahe doppelt so groß ist wie der Anteil des zugrunde liegenden Volumens. Die in Tab. 6.2 aufgeführten Werte Yeshell /Yetot können benutzt werden, um aus den korrigierten Werten in Abb. 6.12 die magnetischen Momente der äußeren Schale zu separieren. Dazu werden im Volumen der Partikel die entsprechenden Festkörperwerte angenommen [64]. An der Oberfläche der Partikel ergeben sich daraus Spinmomente von bis zu 3 µB . Die Bahnmomente erreichen in der äußeren Schicht Werte von 0,4 − 0,6 µB . (Vernachlässigt man die Oberflächenempfindlichkeit der TEY-Detektion und führt dieselbe Abschätzung nur unter Berücksichtigung der Verhältnisse der Volumina V shell /V tot durch, erhält man entsprechend höhere Bahnmomente von 0,6 − 0,7 µB .) Während die Spinmomente an der Oberfläche der Partikel demnach recht gut mit den Erwartungen der Theorie übereinstimmen, ergeben sich aus den Daten deutlich höhere Bahnmomente als von der Theorie erwartet. Zwar zeigt eine entsprechende Analyse des Oberflächenanteils des Referenzfilms ebenfalls Bahnmomente von etwa 0,5 µB . Nach den Abschätzungen aus [180, 181] müssten damit allerdings alle Oberflächenatome an Kantenpositionen oder auf Plätzen mit vergleichbar geringer Koordination sitzen, was selbst bei einer rauen Oberfläche nur schwer vorstellbar ist. Im Fall der Fe-Nanopartikel kann die Zahl der Atome an den Kanten und Ecken mit Hilfe der im Anhang B angegebenen Gleichungen abgeschätzt werden. Im Fall der größeren Nanopartikel (D = 9,6 nm) befinden sich etwa 10 % der Oberflächenatome an Kanten- bzw. Eckpositionen. Bei den Partikeln mit D = 6,1 nm sitzen etwa 16 % der Atome auf derartigen Positionen. Eine entsprechende Abschätzung ergibt, dass die Atome im Inneren“ der (110)- bzw. (001)” Facetten demnach ein Bahnmoment von morb ∼ 0,2 µB besitzen müssten. Auf den Kantenpositionen ergäbe sich allerdings ein unrealistischer Wert von morb ∼ 2,9 µB . (Das isolierte Fe-Atom hat ein Bahnmoment von 2 µB .) Auch wenn die Abschätzung nicht berücksichtigt, dass die Facetten unvollständig aufgefüllt sein können und somit die Zahl der Kanten- bzw. Eckatome unterschätzt wird, ist nach diesen Überlegungen klar, dass die oben durchgeführte Bestimmung der Bahnmomente an der Oberfläche der Nanopartikel zu Werten führt, die nur schwer mit den bekannten Ergebnissen in Einklang zu bringen sind. Bei der Analyse der Oberflächenmomente muss jedoch beachtet werden, dass die ermit- Partikelgröße (nm) 6,0 7,6 9,6 Yeshell /Yetot 0,24 0,21 0,19 V shell /V tot 0,19 0,15 0,12 Tabelle 6.2: Größenabhängig berechnete Oberflächenanteile Yeshell zum gesamten TEY-Signal Yetot . Die untere Zeile gibt den Anteil des Volumens dieser Schale im Vergleich zum Gesamtvolumen an. 109 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) telten magnetischen Momente – insbesondere unter der Annahme, dass nur die oberste Lage signifikant veränderte Werte zeigt – empfindlich vom Verhältnis der experimentell bestimmten und den im Volumen (hypothetisch) angenommenen Werten abhängen. So führen bereits verhältnismäßig geringe Variationen der Volumenwerte zu deutlichen Änderungen der berechneten Oberflächenmomente. Entsprechende Abweichungen können sich im Fall epitaktischer Filme vor allem durch grenzflächeninduzierte Verspannungen und Defekte ergeben. Bei den Nanopartikeln sind entsprechende Verspannungen infolge der vergleichsweise hohen Oberflächenspannung und des Kontaktes mit dem Substrat ebenfalls möglich [33, 184]. Weiterhin gehen die oben genannten theoretischen Arbeiten von Festkörpergittern ohne Oberflächenrelaxation aus. Während dies im Fall der ausgedehnten, niedrigindizierten Fe-Oberflächen sowohl durch experimentelle als auch durch theoretische Untersuchungen gestützt wird (siehe beispielsweise Ref. [164] und die darin angegebenen Arbeiten), weisen jüngere theoretische Arbeiten darauf hin, dass dies nicht ohne weiteres auf den Fall reduzierter Abmessungen verallgemeinert werden kann [185]. Die dort gefundenen Relaxationseffekte bei der Homoepitaxie von Cu auf Cu(111) zeigen, dass auf der Oberfläche gebildete monoatomar hohe Inseln nicht nur modifizierte innere“ Gitterabstände zeigen, sondern auch die lokale Gitterstruktur an ” der Oberfläche deformieren. Für die hier diskutierten Fe-Nanopartikel würde dies bedeuten, dass neben einer möglichen generellen Verspannung des Gitters auch lokale Modifikationen der atomaren Abstände infolge der endlichen Ausdehnung der vollständigen sowie der unvollständigen Facetten bei Nanopartikeln mit nicht abgeschlossenen Schalen möglich sind. Folglich wäre die oben gemachte Annahme von Festkörperwerten im Volumen und veränderten magnetischen Momenten in der obersten Lage fraglich. Allerdings ist zu beachten, dass die Oberflächenspannung im Allgemeinen zu einer Kontraktion der Gitterabstände führt, die mit einer Verbreiterung der d-Bänder und entsprechend reduzierten magnetischen Momenten einhergeht. So zeigen ab initio Rechnungen im Fall von kleinen Co-Inseln auf Cu(001), dass die Relaxationen zu reduzierten magnetischen Bahnmomenten führen [28]. Andererseits geben jüngst publizierte in situ Experimente an reinen Palladiumnanopartikeln mit Durchmessern im Bereich von ∼ 8 nm Hinweise auf die Möglichkeit entgegengesetzt wirksamer Effekte [186]. Die dort untersuchten Partikel zeigten wie der entsprechende nichtmagnetische Festkörper ein fcc-Gitter, allerdings mit einer geringfügig größeren (etwa 0,25 %) Gitterkonstante. Die Experimente demonstrierten außerdem die Existenz beachtlicher magnetischer Momente von ∼ (0,75 ± 0,31) µB in den oberen atomaren Lagen der (001)-Facetten der Partikel. Diese Ergebnisse überraschen einerseits wegen der leicht erhöhten Gitterkonstante und andererseits durch das Auftreten der beobachteten magnetischen Momente. Denn der Übergang in die ferromagnetische Phase wird beim entsprechenden Festkörper erst bei einer Expansion der Gitterkonstante von etwa 5 % erwartet [187, 188]. Auch in Rechnungen zu fcc-Pd-Clustern, die folglich die reduzierte Symmetrie an der Oberfläche berücksichtigen, wurde kein Hinweis auf eine ferromagnetische Ordnung gefunden [189]. Als Ursache für die experimentell beobachteten magnetischen Momente müssen demnach weitere Effekte wie mögliche Defekte in den Partikeln oder eine anisotrope Verspannung der Partikel, die zum Bruch der kubischen Gittersymmetrie führt, diskutiert werden. Letztere sind vorstellbar, wenn die Symmetrie der Partikel beispielsweise durch un- 110 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln gleichmäßige Anlagerung von Atomen einer unvollständigen Schale gestört wird. Im Fall der hier untersuchten Fe-Nanopartikel kommt zu den intrinsischen Eigenschaften der Partikel der Einfluss der Partikel-Substrat-Grenzfläche hinzu. Ohne weitere in situ Untersuchungen zur Morphologie und Struktur der hier untersuchten Nanopartikel ist daher eine sichere Analyse der Oberflächenmomente nicht möglich. 6.3.6 Vergleich mit anderen Arbeiten an deponierten Fe-Clustern Die bisherige Diskussion zeigt, dass die in Abb. 6.12 dargestellten magnetischen Momente der Nanopartikel zwar mit experimentellen Ergebnissen an dickeren Filmen vergleichbar sind. Die Analyse der Oberflächenbeiträge ergab jedoch, dass die erhöhten magnetischen Bahnmomente nicht ausschließlich in der äußeren Lage/Schale lokalisiert sein können und damit nicht mit den theoretischen Ergebnissen an der unendlich ausgedehnten Festkörperoberfläche vergleichbar sind. Als mögliche Ursachen wurden Relaxationseffekte an den Facetten und (anisotrope) Verspannungen der Partikel vorgeschlagen, in deren Folge veränderte magnetische Bahnmomente auch in tieferen Schalen bzw. im Volumen der Partikel vorstellbar sind. In diesem Abschnitt werden die oben ermittelten magnetischen Momente der hier untersuchten vergleichsweise großen Partikel mit experimentellen Ergebnissen an kleineren deponierten Fe-Nanopartikeln bzw. Clustern verglichen, um einen möglichen Trend über einen weiter ausgedehnten Bereich von Partikeldurchmessern zu identifizieren. Bei den in Frage kommenden Experimenten handelt es sich einerseits um XMCD-Untersuchungen von Lau u. a. an massenselektierten Fe-Clustern mit Größen im Bereich zwischen 2 und 9 Atomen, die auf Ni-Filme auf Cu(001) deponiert wurden [44, 45]. Andererseits kann dabei auf von Baker u. a. durchgeführte XMCD-Messungen an massengefilterten Fe-Partikeln mit Größen zwischen 200 und 700 Atomen auf HOPG zurückgegriffen werden [47]. Da insbesondere im Fall der kleinen Cluster größere Unsicherheiten bezüglich der Zahl der Löcher nh bestehen, sind in Abb. 6.13 nicht die absoluten magnetischen Momente mspin +7mT und morb , sondern die Momente pro Loch in den 3d-Zuständen, d. h. (mspin + 7mT )/nh und morb /nh dargestellt. Die offenen Kreise repräsentieren die Resultate an den massenselektierten Fe-Clustern auf Ni/Cu(001). Statt der atomar aufgelösten Momente wird in der Abbildung nur ein errechneter Mittelwert dargestellt. Die eingezeichneten horizontalen Fehlerbalken geben die in den Referenzen [44, 45] gefundene Variationsbreite der magnetischen Momente pro Loch wieder. Die grauen Kreise stammen aus den Experimenten an den massengefilterten FeNanopartikeln auf HOPG. Die Größe der Partikel wurde für die Darstellung in entsprechende Durchmesser in nm umgerechnet. Schließlich repräsentieren die schwarzen Punkte die in dieser Arbeit bestimmten Momente pro Loch. (Sind die Fehlerbalken nicht erkennbar, so sind die Fehler kleiner als die dargestellten Symbole.) Im oberen Teil von Abb. 6.13 sind die effektiven Spinmomente pro Loch dargestellt. Klar ist zu erkennen, dass die kleinen Cluster die höchsten Werte mit 0,9 − 1,5 µB pro Loch erreichen und damit um den entsprechenden Wert des isolierten Atoms in einer 3d6 4s2 -Konfiguration schwanken (1,0 µB pro Loch). Die Nanopartikel aus Ref. [47] und die hier untersuchten Nanopartikel schwanken dagegen nur leicht um den grau gestrichelt markierten Festkörperwert von ∼ 0,6 µB pro Loch. Die eingezeichnete rote 111 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) 1 ,5 (mspin+7mT)/nh (µB) Lau u.a. Binns u.a. diese Arbeit 1 ,2 0 ,9 0 ,6 morb/nh (µB) 0 ,3 0 ,2 Ni/Cu(001) HOPG 0 ,1 Co/W(110) 0 ,0 morb/(mspin+7mT ) 0 ,3 0 ,2 0 ,1 atom. Cluster ikos. 1 fcc, bcc bcc-Fe 2 6 8 Partikelgröße (nm) 1 0 Abb. 6.13: Vergleich der Resultate dieser Arbeit an großen Nanopartikeln (N = 14.000 − 51.000 Atome) auf Co/W(110) mit Ergebnissen von Lau u. a. an kleinen Fe-Clustern (N = 2−9 Atome) auf Ni/Cu(100) [44, 45] und massengefilterten Fe-Nanopartikeln (N = 200−700 Atome) auf HOPG von Baker u. a. [47]. Weitere Erläuterungen finden sich im Text. Linie stellt zum Vergleich einen einfachen 1/D-artigen Verlauf der magnetischen Momente dar, der sich unter der Annahme ergibt, dass im Volumen der Partikel die Festkörperwerte und in der äußeren Schale die von der Festkörperoberfläche bekannten Werte angenommen werden [182].12 Es zeigt sich, dass die kleineren Nanopartikel von Baker u. a. etwas unter den danach zu erwartenden Werten liegen. Wie im vorigen Abschnitt bereits dargestellt, stimmen die Spinmomente der in dieser Arbeit untersuchten größeren Nanopartikel mit dieser Vorstellung gut überein. Für die Bahnmomente ergibt sich folgendes Bild: Wieder erreichen die kleinsten Cluster die größten Werte, die allerdings den entsprechenden Wert des Atoms von 0,5 µB pro Loch in diesem Fall nicht erreichen. Die Fe-Nanopartikel auf HOPG zeigen eine deutliche Struktur im untersuchten Größenbereich, wobei die höchsten Werte bei den Partikeln aus etwa 300 12 Ein solcher Vergleich ist nur für Partikel möglich, bei denen eine Definition von Volumen- und Oberflächenanteil sinnvoll ist. Bei den kleinsten (größten) Partikeln auf HOPG [47] (graue Punkte in Abb. 6.13) befinden sich etwa 40 % (25 %) der Atome an der Oberfläche und 60 % (75 %) im Volumen. 112 6.3 XMCD-Untersuchungen an Fe-Nanopartikeln Atomen gefunden wurden. Ebenso wie die in dieser Arbeit untersuchten Nanopartikel, die aus 14.000 - 51.000 Atomen bestehen, erreichen alle Partikel Werte, die größer sind als der entsprechende Festkörperwert von ∼ 0,025 µB pro Loch (grau gepunktete Linie). Der Vergleich mit dem 1/D-Verlauf zeigt, dass in diesem Fall sowohl die kleineren Nanopartikel auf HOPG (mit Ausnahme der Partikel mit ∼ 700 Atomen) als auch die großen Nanopartikel auf Co/W(110) deutlich über den zu erwartenden Werten liegen. Die im unteren Teil der Abbildung dargestellten Verhältnisse morb /(mspin +7mT ) zeichnen sich neben ihrer Unabhängigkeit von der Zahl der Löcher nh auch dadurch aus, dass sie vom konkreten Abzug der Kontinuumsbeiträge unbeeinflusst sind (vgl. Abschnitt 2.3.3). Sie sind für Vergleichszwecke daher besonders geeignet. Auch in diesem Fall erreichen die kleinsten Cluster wegen ihrer geringen Koordination die höchsten Werte. Der atomare Werte liegt in diesem Fall bei 0,5. Die an den Nanopartikeln auf HOPG gefundenen Variationen des Bahnmomentes finden sich ebenso in den Verhältnissen entsprechenden morb /(mspin + 7mT ) wieder. Wie bei den Bahnmomenten liegen die Verhältnisse in beiden Experimenten ebenfalls über dem 1/D-Verlauf. Der Vergleich der in Abb. 6.13 dargestellten magnetischen Momente zeigt deutlich, dass die einfache Vorstellung einer einfachen 1/D-Abhängigkeit nicht auf die vorgestellten Experimente anwendbar ist. Die atomaren Cluster von Lau u. a. lassen sich wegen ihrer komplexen Abhängigkeit von der Größe grundsätzlich nicht durch ein derartiges Modell beschreiben. Aber auch die größeren Partikel, bei denen im Prinzip sinnvoll zwischen Oberflächen und Volumenbeiträgen unterschieden werden kann, zeigen quantitative und qualitative Abweichungen von dem gezeigten Verlauf der 1/D-Abhängigkeit. Am deutlichsten ist dies beim Vergleich der Bahnmomente sowie der Verhältnisse von Bahn- zu Spinmomenten zu erkennen. Selbst unter Annahme höherer Bahnmomente an der Oberfläche sowie im Volumen – die Theorie unterschätzt das Bahnmoment im Allgemeinen – kann wegen der Oszillationen bei den Nanopartikeln auf HOPG keine befriedigende Übereinstimmung zwischen Daten und Modellvorstellung hergestellt werden. Auch die Spinmomente der Nanopartikel auf HOPG zeigen quantitative Abweichungen von diesem Modell. Die Komplexität der Größenabhängigkeit der gezeigten Daten lässt sich durch Berücksichtigung verschiedener Faktoren erklären. Zunächst wurden die dargestellten Experimente an Fe-Clustern und Nanopartikeln durchgeführt, die auf unterschiedliche Substrate deponiert wurden. Für die kleinen Cluster von Lau u. a. ist klar, dass die Grenzfläche einen sehr starken Einfluss auf die strukturellen, elektronischen und magnetischen Eigenschaften hat. Die geringe durchschnittliche Koordination der Atome in diesen Teilchen schlägt sich in hohen magnetischen Spin- und Bahnmomenten pro Loch nieder. Die durchschnittliche Koordination der Atome sinkt mit zunehmender Partikelgröße und führt damit zu entsprechend geringeren magnetischen Momenten. Gleichzeitig ist mit zunehmender Zahl der Atome zu erwarten, dass der Einfluss der Grenzfläche auf die strukturellen Eigenschaften der Nanopartikel abnimmt, so dass ein Vergleich mit freien Nanopartikeln möglich sein sollte. Aus molekulardynamischen Simulationen und Experimenten ist bekannt, dass freie Cluster und Nanopartikel im Allgemeinen mit zunehmender Größe strukturelle Phasenübergänge folgender Form zeigen: ikosaedrisch → dekaedrisch → kristallin [5]. Für freie Nanopartikel sind kristalline Phasen ab etwa 100 Atomen pro Cluster zu erwarten [5]. Im Fall von Eisen geben molekulardyna- 113 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) mische Simulationen sowie Experimente an Teilchen im Clusterstrahl Hinweise darauf, dass Nanopartikel aus bis zu 700-1000 Atomen zunächst in fcc- bzw. hcp-Phase vorliegen [42, 190]. Das bcc-Fe-Gitter dominiert erst bei Partikeln ab 2000 Atomen pro Partikel [191, 192]. Die Grenzen der Übergänge zur kristallinen Phase und zur bcc-Phase sind im unteren Teil von Abb. 6.13 durch vertikale Linien markiert und legen nahe, dass die Nanopartikel auf HOPG von Baker u. a. sich im Übergangsbereich zum bcc-Gitter befinden. Jüngere Experimente von Baker u. a. an vergleichbaren Eisenpartikeln in einer Kohlenstoffmatrix zeigen tatsächlich die Koexistenz von fcc- und bcc-Phasen [193]. Die in dieser Arbeit untersuchten großen Partikel sollten dagegen mit einem bcc-Gitter vorliegen. Die Ausführungen legen nahe, dass neben den oben genannten Effekten der Oberflächenrelaxationen und möglichen intrinsischen Verspannungen infolge der hohen Oberflächenenergie auch größenabhängige strukturelle Phasenübergänge die magnetischen Eigenschaften der Nanopartikel beeinflussen können. Ein zusätzlicher Einfluss ist von der Substrat-Partikel-Grenzfläche zu erwarten, dieser sollte aber mit zunehmender Partikelgröße abnehmen. 6.4 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse an den Fe-Nanopartikeln In diesem Kapitel wurden XMCD- und T-MOKE-Experimente an deponierten Fe-Nanopartikeln mit Durchmessern im Bereich von 6 − 10 nm vorgestellt. Die strukturellen Eigenschaften und die Form der Fe-Nanopartikel konnten mit Hilfe hochauflösender TEM-Aufnahmen bestimmt werden. Elementspezifisch aufgezeichnete Hysteresekurven ergaben, dass die Magnetisierung der auf Co/W(110) deponierten Partikel infolge des starken Austauschfeldes an der Partikel-Substrat-Grenzfläche ferromagnetisch an die Magnetisierung der Kobaltfilme ankoppelt. Die beobachtete Kopplung wurde in den mittels TEY-Detektion durchgeführten XMCD-Experimenten genutzt, um entsprechende Untersuchungen in Remanenz, d. h. ohne äußeres magnetisches Feld, durchzuführen. Die so erreichte hohe Qualität der Daten ermöglichte die größenabhängige und separate Bestimmung der magnetischen Spin- und Bahnmomente, mspin + 7mT bzw. morb sowie der Verhältnisse morb /(mspin + 7mT ) der Nanopartikel. Mit Hilfe numerischer Simulationsrechnungen konnten die bei der Messung des Probenstromes auftretenden Sättigungseffekte korrigiert werden. Die aus einer entsprechenden Analyse resultierenden Spinmomente an der Oberfläche der Partikel stimmen gut mit den Werten aus theoretischen Arbeiten zu den magnetischen Eigenschaften der Festkörperoberfläche überein. Allerdings weisen die magnetischen Bahnmomente nicht nur eine ausgeprägte Abhängigkeit vom Partikeldurchmesser auf, sondern müssen darüber hinaus im Volumen bzw. in tieferen Schalen vom Festkörperwert abweichen. Andernfalls würden unrealistisch hohe Werte an der Oberfläche erreicht. Als mögliche Ursachen wurden Verspannungen und Relaxationen an der Oberfläche vollständiger und insbesondere unvollständiger Oberflächenfacetten diskutiert. Der Vergleich mit Ergebnissen an kleineren Nanopartikeln und deponierten Fe-Clustern und zeigte, dass die Größenabhängigkeit der magnetischen Momente der Teilchen nicht durch einen einfachen 1/D-Verlauf beschrieben werden kann. Neben den oben genannten Effekten 114 6.4 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse an den Fe-Nanopartikeln (Verspannung und Relaxation) müssen hierbei insbesondere der Einfluss des Kontaktes zum Substrat und größenabhängige strukturelle Phasenübergänge berücksichtigt werden. Die Ergebnisse dieser und der erwähnten Arbeiten demonstrieren damit die Vielfalt und Komplexität der magnetischen und strukturellen Eigenschaften von magnetischen Fe-Nanopartikeln. Offene Fragen betreffen beispielsweise die Details der strukturellen Eigenschaften und die Form der Fe-Nanopartikel nach der Deposition. Mit der Partikelform sind dabei nicht nur die magnetischen Eigenschaften verknüpft, sondern auch die Stärke der in den TEY-Spektren wirksamen Sättigungseffekte. Daraus resultieren Unsicherheiten bei den in dieser Arbeit aus Simulationsrechnungen ermittelten Korrekturfaktoren für die magnetischen Momente. Zwar ergeben sich aus weiteren – im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten – in situ XMCDExperimenten an deponierten Fe-Nanopartikeln Hinweise darauf, dass die Partikel einerseits tatsächlich als dreidimensionale, separierte Strukturen vorliegen und dass die Größenabhängigkeit der Sättigungseffekte sehr gut durch die Simulationen wiedergegeben werden. Die Ergebnisse erfordern allerdings eine weitere Analyse und wurden daher nicht in die vorliegenden Arbeit aufgenommen. Endgültige Klarheit können jedoch nur ortsauflösende Techniken wie STM oder hochauflösende Photoemissionselektronenmikroskopie (PEEM) erbringen. Weiterhin bleibt ungeklärt, ob die Partikel auf der Oberfläche epitaktisch einrasten“. Dieses könnte ” durch Beugung hochenergetischer Elektronen oder durch Röntgenstreuexperimente bei streifendem Einfall untersucht werden. Mit der Frage nach der Orientierung der Partikel ist die Frage nach der Isotropie der ermittelten magnetischen Momente verknüpft. Dies betrifft einerseits die mögliche Anisotropie des magnetischen Bahnmomentes und die damit verbundene magnetokristalline Anisotropie. Andererseits kann nur so der in dieser Arbeit nicht separat untersuchte Dipolterm experimentell bestimmt und damit eine sichere Aussage über das isotrope Spinmoment der Partikel gemacht werden. Entsprechende XMCD-Messungen müssen unter höheren Magnetfeldern durchgeführt werden und erfordern daher entsprechend optimierte Messapparaturen. Ungeklärt bleibt auch der Einfluss des Co/W(110)-Substrates auf die magnetischen Eigenschaften der Partikel. Zur Beantwortung dieser Frage wurden bereits erste Experimente durchgeführt, die einen deutlichen Einfluss des Substrates erkennen lassen [127]. Damit einher geht auch die Frage, inwiefern die Größenabhängigkeit der magnetischen Momente durch das Substrat beeinflusst wird. 115 6 Massengefilterte Fe-Nanopartikel auf Co/W(110) 116 7 Zusammenfassende Diskussion und Ausblick In der vorliegenden Arbeit wurden T-MOKE- und XMCD-Experimente an den 2p-Rumpfniveaus von epitaktischen, ultradünnen Co-Filmen und darauf massengefiltert deponierten FeNanopartikeln mit Durchmessern im Bereich von 6−10 nm vorgestellt. Dabei konnte einerseits gezeigt werden, dass T-MOKE eine quantitative Analyse dünner magnetischer Filme mit Bedeckungen bis in den Submonolagenbereich ermöglicht und einen alternativen Zugang zu den ansonsten durch XMCD untersuchten Eigenschaften darstellen kann. Andererseits erlaubte die Kombination von T-MOKE- und XMCD-Experimenten eine detaillierte, größenabhängige in situ Untersuchung der deponierten Fe-Nanopartikel. Die Form der Nanopartikel konnte durch Auswertung von hochauflösenden TEM-Aufnahmen bestimmt werden. Die Analyse der XMCD-Experimente ergab mit dem Festkörper vergleichbare Spinmomente aber deutlich erhöhte und größenabhängige magnetische Bahnmomente. Die vorgestellten Ergebnisse demonstrieren damit nicht nur das Potenzial der resonanten Spektroskopie durch Absorptionsund Reflexionsmessungen im weichen Röntgenbereich, sondern zeigen darüber hinaus, dass das komplexe Zusammenspiel von Form, Struktur und Magnetismus selbst bei Nanopartikeln mit mehr als 10.000 Atomen noch zu deutlichen Abweichungen von den Eigenschaften des Festkörpers führen kann. Die Resultate an den Fe-Nanopartikeln können dabei einerseits vor dem Hintergrund der bekannten Empfindlichkeit der magnetischen Eigenschaften des Eisenfestkörpers gegenüber Änderungen der Kristallstruktur betrachtet werden [194–197]. Zum Verständnis der in dieser Arbeit beobachteten hohen Bahnmomente der Nanopartikel würden daher bereits entsprechende theoretische Untersuchungen am Festkörper mit tetragonaler Verzerrung und an dessen Oberflächen beitragen. Darüber hinaus wären experimentelle XMCD-Untersuchungen an den niedrigindizierten Eisenoberflächen wünschenswert. Andererseits geben die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse wichtige Informationen für mögliche technische Anwendungen sowie die Herstellung von Fe-Nanopartikeln mit Durchmessern im Bereich einiger Nanometer. Dies betrifft zum einen die bei den hier untersuchten großen Partikeln beobachtete thermodynamische Gleichgewichtsform, die möglicherweise hilfreich für das Verständnis der Wachstumskinetik von Fe-Nanopartikeln sowohl bei ihrer Erzeugung in Gasaggregationsquellen als auch in chemischen Prozessen ist [4, 8, 32, 190, 198]. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass Fe-Nanopartikel im hier untersuchten Größenbereich hohe magnetische Momente besitzen und somit interessant für viele Anwendungen sind. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich bei noch kleineren Systemen kristallographische Phasenübergänge einstellen, die eventuell mit reduzierten magnetischen Momenten einhergehen [42, 194]. Für die Zukunft bleiben weitere interessante Fragen, z. B. nach dem Tiefenprofil der magnetischen Eigenschaften der Nanopartikel. Dazu könnten die unterschiedlichen Informations- 117 7 Zusammenfassende Diskussion und Ausblick tiefen von Fluoreszenz-, TEY- und Auger-Elektronen-Detektion bei entsprechenden Absorptionsmessungen ausgenutzt werden. Darüber hinaus ist das Studium von Legierungspartikeln sowohl hinsichtlich ihrer magnetischen als auch ihrer strukturellen Eigenschaften äußerst interessant. Dabei kommen nicht nur die hartmagnetischen FePt-Legierungen als Kandidaten für die magnetische Datenspeicherung in Frage, sondern eventuell auch FeCo, für das kürzlich eine hohe magnetische Anisotropieenergie bei tetragonaler Verzerrung des Kristallgitters vorausgesagt wurde [199]. Weiterhin lassen sich dynamische Aspekte magnetischer Systeme auf unterschiedlichen Zeitskalen beispielsweise mittels zeitaufgelöstes PEEM oder Rumpfniveauspektroskopie am Freie-Elektronen-Laser in Hamburg untersuchen [200]. Die bisher durchgeführten Reflexionsexperimente an dünnen Filmen und Nanopartikeln sollten auf die 3p-Rumpfniveaus erweitert werden, in deren Umgebung eine deutlich bessere Reflektivität und ein geringerer Einfluss der Rauigkeit zu erwarten ist. 118 A Berechnung des TEY von Mehrlagensystemen Die Berechnung der TEY-Signals von mehreren Schichten auf einem Substrat erfolgt analog zur Herleitung im Abschnitt 3.1.1, sie muss allerdings die Materialabhängigkeit sowohl des Absorptionskoeffizienten als auch der Austrittstiefe der Elektronen in den einzelnen Lagen berücksichtigen. So gilt für die Intensität in der n-ten Schicht: 1 I(z, E) = I0 · e sin θ (− Pn−1 i=1 µi (E)di −µn (E)x) , (A.1) P wobei x = z − n−1 i=1 di die Tiefe in der n-ten Lage ist. Die Zahl der bei z ausgelösten Photoelektronen dYe,0 (z) ist proportional zur dort wirksamen Intensität I(z, E), zur Konversionseffizienz Gi und zum Absorptionskoeffizienten µi (E): dYe,0 (z, E) = I(z, E) Gi · µi (E)dz. sin θ (A.2) Auf dem Weg zur Probenoberfläche werden diese Elektronen gestreut, so dass die effektiv zur Messung beitragende Zahl der Elektronen dYe (z) exponentiell abnimmt. Daher gilt für ein System aus mehreren Lagen: dYe (z, E) = dYe,0 (z, E)e− Pn−1 i=1 di /λie −x/λn e . (A.3) Dabei ist λie die materialabhängige, effektive Austrittstiefe im Medium i. Die gesamte Elektronenausbeute ergibt sich durch Integration über Glg. (A.3). Bei der Integration von Glg. (A.3) müssen die Übergänge zwischen den Medien durch geeignete stückweise Integration berücksichtigt werden. Im Fall eines dünnen Filmes der Dicke d mit dem Absorptionskoeffizienten µf (E), der Konversionseffizienz Gf und der mittleren Austrittstiefe 1/λfe auf einem Substrat mit µs (E), Gs und 1/λse ergibt sich: Z Ye (E) = |0 d I0 Gf −µf (E) z sin θ · µ (E)dz ·e f sin θ {z } F ilm I(z) nach Glg.(A.1) Z + |d ∞ Glg.(A.3) z }| { z }| { f z I0 Gs −µf (E) d +µs (E) d s −z/λs −µ (E) −d/λ +d/λ s e e e ·µ (E)dz . sin θ sin θ · e sin θ · e ·e s sin θ {z } Substrat 119 A Berechnung des TEY von Mehrlagensystemen Im zweiten (Substrat)Term wurde dabei die Intensität I(z) nach Glg. (A.1) und die Austrittswahrscheinlichkeit der Elektronen nach Glg. (A.3) eingesetzt. Die Integration liefert für beide Terme: • Filmterm: I0 Gf · µf (E) sin θ Z d −z e µf (E) + 1f sin θ λe 0 −d = dz µf (E) + 1f sin θ λe I0 Gf 1−e · µf (E) · µf (E) sin θ sin θ + −d ≡ Cf · µf (E) 1 − e 1 λfe ! µf (E) + 1f sin θ λe · Γf • Substratterm: = d I0 Gs · µs (E) sin θ e I0 Gs · µs (E) sin θ µf (E) + 1f sin θ λe µs (E) sin θ −d ≡ Cs · µs (E) · e + −z h e −µf (E) sind θ +µs (E) sind θ −d/λfe +d/λse −d = ∞ Z f d d I0 Gs s · µs (E)e−µf (E) sin θ +µs (E) sin θ −d/λe +d/λe sin θ h −d e µs (E) + λ1s sin θ e µs (E) + λ1s sin θ e µs (E) sin θ + i dz i 1 λse 1 λse µf (E) + 1f sin θ λe · Γs , wobei Cs,f und Γs,f die im Abschnitt 3.1.1 definierten Vor- und Korrekturfaktoren sind. Es ergibt sich für den Probenstrom einer solchen Probe der im Abschnitt 3.1.2 angegebene Zusammenhang: Ye (E, θ) = Cf · | −d 1−e µf (E) + 1f sin θ λe {z Filmterm ! −d µf (E) · Γf + Cs · e | } µf (E) + 1f sin θ λe {z · µs (E) · Γs . } (A.4) Substratterm Der erste Term in Glg. (A.4) beschreibt das Absorptionssignal eines Films mit der Dicke d. Im zweiten Term findet sich der vom halbunendlichen Festkörper her bekannte Term [siehe Glg. (3.6) im Abschnitt 3.1.1]. Dieser ist allerdings reduziert durch die vom darüber liegenden Film abgeschwächte Intensität des einfallenden Lichtes und die zusätzlich verringerte Austrittswahrscheinlichkeit der ausgelösten Elektronen. Analog ergibt sich für eine Probe mit einem zweiten Film der Dicke d2 , dem Absorptionskoeffizienten µf2 (E) und einer effektiven Austrittstiefe λfe2 : 120 • erster Film mit µf1 (E), λfe1 und d1 : −d1 Yef1 (E) = Cf1 · µf1 (E) 1 − e • zweiter Film mit µf2 (E), λfe2 und d2 : −d2 Yef2 (E) = Cf1 · µf2 (E) 1 − e µf (E) 1 + f1 sin θ λe 1 µf (E) 2 + f1 2 sin θ λe 1 · Γf1 −d1 ·e µf (E) 1 + f1 sin θ λe 1 · Γf2 • Substratterm mit µs (E) und λse : −d1 Yes (E) = Cs · µs (E) · e µf (E) 1 + f1 sin θ λe 1 −d2 ·e µf (E) 2 + f1 sin θ λe 2 · Γs Das Gesamtsignal der Probe Yetot (E) ergibt sich aus der Summe aller drei Beiträge: Yetot (E) = Yef1 (E) + Yef2 (E) + Yes (E) (A.5) Weitere Literatur zu diesen Rechnungen findet sich in den Referenzen [55, 88, 201, 202]. Experimentelle Werte für die effektive Austrittstiefe der Elektronen λie verschiedener Materialien sind beispielsweise in den Arbeiten [88, 203, 204] zu finden. 121 A Berechnung des TEY von Mehrlagensystemen 122 B Die Form der Eisennanopartikel In Abb. B.1 (a) ist die Konstruktion eines rhombischen Dodekaeders dargestellt: Die Ecken eines zentralen Würfels (graue Kugeln) werden mit den Mittelpunkten von 6 (gedachten) benachbarten Würfeln (gelbe Kugeln) verbunden. Die entstehenden zwölf Grenzflächen haben eine rhombische Form. Diese Konstruktion lässt sich leicht mit einem bcc-Kristallgitter verknüpfen. Dabei werden an eine Einheitszelle die 6 Zentralatome der nächsten Nachbarzellen angelagert. Ein Schnitt durch den so konstruierten Cluster mit 15 Atomen ist in Abb. B.1 (b) dargestellt. Durch Anlagerung weiterer Atome können größere Strukturen aufgebaut werden. Der in Abb. B.1 (b) gegebene Cluster ist durch den Aufbau der ersten, vollständigen Schale (nshell = 1) um das Zentralatom entstanden. (Reale Cluster dieser Größe zeigen oft starke Modifikationen der atomaren Abstände und bevorzugen meist ikosaedrische Geometrien.) Im Fall von Eisen erfolgt der Übergang zur einkristallinen bcc-Ordnung mit der Gitterkonstante des Festkörpers bei etwa 2000 Atomen. Die Form dieser Partikel im thermischen Gleichgewicht wird durch die Konkurrenz der Bindungsenergie im Volumen und der Oberflächenenergie beim Aufbau der gebildeten Facetten bestimmt (Wulff-Konstruktion). Üblicherweise sind die Energien geschlossener Oberflächen – der (110)-Oberfläche im Fall eines bcc-Kristalls – die geringsten, so dass die WulffKonstruktion einen rhombischen Dodekaeder mit 12 (110)-Facetten als energetisch günstigste Form vorhersagt. Tatsächlich zeigen die untersuchten Partikel in [132] und in dieser Arbeit jedoch auch (001)-Facetten. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Oberflächenenergie der (001)sich nicht wesentlich von der (110)-Oberfläche unterscheidet. Ein derartiger Partikel hat die Form eines abgestumpften rhombischen Dodekaeders und nähert sich damit einer abgerundeten Form, d. h. der sphärischen Symmetrie mit minimaler Oberfläche. Die Konstruktion und der Zusammenhang mit dem bcc-Gitter ist in Abb. B.1 (c) gezeigt. Aus der Konstruktion in Abb. B.1 (c) kann leicht die Zahl der Atome eines solchen Clusters bei Abschluss einer Schale bestimmt werden. Der Partikel kann in einen Würfel (hellgrau gefüllt) und 6 abgestumpfte Pyramiden mit quadratischer Grundfläche zerlegt werden. (Der Umriss des so konstruierten Partikels ist durch die dicken grauen Linien verdeutlicht.) Die Zahl der Atome im Würfel ergibt sich zu Ncube = (nshell + 1)3 + n3shell . Die Zahl der Atome in den Pyramiden ist gegeben durch Npyramid = nshell (nshell + 1)(2nshell + 1). Davon müssen noch die durch die Abstumpfung des Dodekaeders entfernten Atome abgezogen werden, so dass sich für die Gesamtzahl der Atome in dem Partikel ergibt: Ntotal = (2nshell + 1)(2n2shell + 2nshell + 1) − ntrunc (ntrunc + 1)(2ntrunc + 1). (B.1) Die Zahl der Schalen nshell kann leicht aus der Zahl der sichtbaren Ebenen nplane nach 123 B Die Form der Eisennanopartikel nshell=1 ntrunc=0 (a) (b) nshell=5 ntrunc=3 (c) } D1 D2 10 nm λ2 λ1 nplane=11 (d) Abb. B.1: (a) Konstruktion eines rhombischen Dodekaeders. (b) Schnitt durch den Dodekaeder. (c) Konstruktion eines abgestumpften Dodekaeders. (d) hochauflösende TEM-Aufnahme eines großen Fe-Nanopartikels und schematische Rekonstruktion seiner Gestalt (durchgezogene weiße Linien). nshell = (nplane − 1)/2 bestimmt werden. Der in Abb. B.1 (c) dargestellte (grau umrissene) Cluster hat mit den angegebenen Parametern folglich 587 Atome. Abb. B.1 (d) ist die hochauflösende TEM-Aufnahme des großen Fe-Nanopartikels aus Abb. 6.1 im Abschnitt 6.1.1 zu sehen. Etwa in der Mitte des Partikels sind die atomaren Ebenen mit (110)-Orientierung zu erkennen. Durch Abzählen der sichtbaren Ebenen nplane und/oder Ausmessung der Partikeldimensionen D1 ∼ 133 Å und D2 ∼ 135 Å können verschiedene geometrische Parameter des Partikels bestimmt werden. So ergibt sich die Zahl der √ abgeschlossenen Schalen zu nshell = D2 /(a 2). Dabei ist a = 2,87 Å die Gitterkonstante von Eisen. Für den abgebildeten Partikel erhält man etwa nshell ∼ 33. Die Zahl der abgeschnit√ tenen Pyramidenebenen kann mit ntrunc = D2 /a · 2 − D1 /a berechnet werden. Für den dargestellten Partikel ergibt sich ntrunc ∼ 20. Nach Glg. (B.1) besteht der Partikel damit aus etwa 133.195 Atomen. Häufig sind nicht beide Abmessungen D1 und D2 , sondern nur eine Abschätzung einer lateralen Dimension D der Nanopartikel aus den TEM-Messungen bekannt. In diesem Fall müssen Annahmen über das Verhältnis beider Größen gemacht werden. Dazu wird davon ausgegangen, dass die Oberflächenenergien der beteiligten Facetten γ110 und γ001 etwa gleich 124 hex-hex Nedge Nvert hex-sqr hex Nedge Narea sqr Narea in Mulden bcc (001) (a) (b) Abb. B.2: Schematische Darstellung der Facetten des bcc-Nanopartikels aus Abb. B.1 (c) und Kennzeichnung charakteristischer Positionen. In (a) die (001)-Facette, in (b) die (110)Facette. sind [132, 164]. Gemäß der Wulff-Konstruktion gilt γ001 /γ110 = D1 /D2 für die Beziehung zwischen den Oberflächenenergien und den Partikelabmessungen [5]. Aus Abb. B.1 (d) ergibt sich dann γ001 /γ110 = 0,94. Für die folgenden Betrachtungen wird in guter Näherung angenommen, dass die Oberflächenenergien in guter Näherung gleich sind und dass demnach D1 = D2 ≡ D gilt. Da sich die Form der Partikel unter diesen Bedingungen der sphärischen Symmetrie annähert, kann D als Partikeldurchmesser interpretiert werden. Die Zahl √ √ der Schalen eines Partikels ist nshell = D/(a 2) und es gilt ntrunc /nshell = 2 − 2 ≈ 0,586. Aus dem gemessenen Durchmesser D eines Nanopartikels und sinnvoll gerundeten Werten für nshell und ntrunc kann mit Hilfe von Glg. (B.1) eine realistische Abschätzung der Atomzahl im Cluster vorgenommen werden. Neben der Zahl der Atome im Partikel sind die geometrischen Eigenschaften der Facetten von besonderem Interesse. Die (001)- und (110)-Facetten des in Abb. B.1 (c) gezeigten Clusters sind in Abb. B.2 dargestellt. Es können verschiedene Plätze auf den Facetten unterschieden werden. Die Eckatome (Nvert ) jeder Facette sind schwarz dargestellt. Insgesamt hat der abgestumpfte Dodekaeder 32 Ecken. Die quadratischen (001)-Facetten haben gemeinsame Kanten mit den quasihexagonalen (110)-Facetten. Die Zahl der dort sitzenden Atome sqr-hex (helle Kugeln) wird mit Nedge bezeichnet. Zur Oberfläche der (001)-Facetten tragen nur sqr die als dunkelgraue Kugeln dargestellten, oberen Atome (Narea ) bei. Die tiefer liegenden Zentralatome der bcc-Einheitszelle (graue Kugeln mit weißem Ring) werden nicht mitgezählt. Die (110)-Facetten haben – neben den Kanten mit den (001)-Facetten – auch gemeinsame hex-hex Atomen (helle Kugeln mit schwarzem Punkt). Die Atome auf der OberKanten mit Nedge hex ) sind als graue Kugeln dargestellt. Die Zahl der Atome an den fläche der (110)-Facette (Narea einzelnen Positionen kann in Abhängigkeit von nshell und ntrunc durch: Nvert = 32 (B.2) = nshell − ntrunc − 1 (B.3) hex-sqr Nedge = ntrunc − 1 2 1) − ntrunc (ntrunc − 1) sqr Narea = (ntrunc − 1)2 (B.4) hex-hex Nedge hex Narea = (nshell − (B.5) (B.6) 125 B Die Form der Eisennanopartikel angegeben werden. Die Gesamtzahl der Atome an der Partikeloberfläche ergibt sich zu: hex-sqr tot hex sqr hex-hex Nsurf = Nvert + 12Narea + 6Narea + 24Nedge + 24Nedge . (B.7) tot (nshell , ntrunc ) + Ntotal (nshell − 1, ntrunc − 1). Ntotal (nshell , ntrunc ) = Nsurf (B.8) Außerdem gilt: 126 C Fe-Referenzspektrum und Momente Für die in dieser Arbeit durchgeführten Simulationsrechnungen zum TEY sphärischer Nanopartikel wurden lineare Absorptionskoeffizienten aus einer XMCD-Referenzmessung an einem etwa 13 ML dicken Eisenfilm auf W(110) verwendet. Der Einfallswinkel betrug bei der Messung θ = 30 ◦ , der zirkulare Polarisationsgrad Pc = 0,9. Zur Berechnung der theoretischen TEY-Signale und zur Korrektur der Sättigungseffekte wurde eine effektive Austrittstiefe von 17 Å angenommen [88]. Für die Konversionseffizienzen galt Cs = Cf = 1, und die Werte für die linearen Absorptionskoeffizienten µ(E) von Fe (in den nicht resonanten Bereichen vor und hinter den Kanten) und W wurden der Literatur entnommen [115] (vgl. auch Abschnitt 5.1.1). Die ermittelten – um den Einfallswinkel und die unvollständige Polarisation bereinigten – magnetisierungsabhängigen Absorptionskoeffizienten sind in Abb. C.1 dargestellt. Die Peakintensitäten sind hier etwas kleiner als beispielsweise in Ref. [88]. Daraus ergibt sich, dass die Sättigungseffekte in den später simulierten Nanopartikelspektren eher geringer ausfallen als bei Verwendung der Daten aus [88]. Die aus den Simulationsrechnungen ermittelten Korrekturfaktoren für die Spin- und Bahnmomente sphärischer Fe-Nanopartikel können daher als eher konservativ betrachtet werden. Die aus den korrigierten Spektren ermittelten magnetischen Spin- und Bahnmomente des hier untersuchten Fe-Referenzfilms sind oben in Tabelle C.1 angegeben. Die Tabelle zeigt außerdem eine Auswahl von publizierten Spin- und Bahnmomenten, die aus XMCD-Messungen an Fe-Filmen auf verschiedenen Substraten stammen. Die Tabelle soll einen Vergleich der Messergebnisse an Eisenfilmen und den im Abschnitt 6.3 ermittelten magnetischen Momenten der Nanopartikel ermöglichen. Sie enthält daher nicht nur die in den verschiedenen Referenzen angegeben Werte, sondern versucht auch die wesentlichen Randbedingungen mit zu erfassen. Einerseits sind daher die Substrate und ihre kristallographische Oberflächenorientierung sowie eventuelle Abdeckmaterialien und die Dicke der untersuchten Filme berücksichtigt. Da alle Experimente mit Hilfe der TEY-Detektion durchgeführt wurden, ist außerdem der Einfallswinkel bezüglich der Probenoberfläche mit angegeben. Der Einfallswinkel bestimmt nicht nur die Stärke der auftretenden Sättigungseffekte, sondern beeinflusst auch die Oberflächenempfindlichkeit der Messung. Wurde der Einfallswinkel variiert, ist dieses mit var.“ ” gekennzeichnet. Weiterhin ist angegeben, ob die ermittelten Werte um die Sättigungseffekte korrigiert wurden. Da sowohl die effektiven Spinmomente (über den Einfluss des Dipolterms 7mT ) als auch die Bahnmomente in dünnen Filmen stark anisotrop sein können, ist zuletzt vermerkt, ob die Magnetisierung entlang der magnetisch schweren ( s.“) oder leichten ( l.“) ” ” orientiert war bzw. ob die Probe isotrope ( iso.“) Eigenschaften hatte. ” In Ref. [178] findet sich beispielsweise eine Untersuchung von bcc-Fe-Filmen auf Cu(100). Bei einem Film mit einer Dicke von 25 ML ermittelten die Autoren aus TEY-Spektren ein 127 C Fe-Referenzspektrum und Momente µ µ + -3 -1 µ (10 Å ) 6 3 0 7 0 0 7 1 0 7 2 0 7 3 0 Photonenenergie (eV) 7 4 0 Abb. C.1: Magnetisierungsabhängige lineare Absorptionskoeffizienten eines 13 ML dicken Eisenfilms auf W(110) im Bereich der Fe-2p-Rumpfniveaus. Spinmoment meff spin von 2,3 µB . Die Magnetisierung war in den Experimenten entlang der magnetisch leichten Richtung orientiert. Bei vergleichbar dicken bcc-Fe-Filmen auf GaAs(100) wurden etwas geringere Spinmomente von etwa 2,0 − 2,1 µB gefunden [179]. Die Magnetisierung war diesmal allerdings entlang der magnetisch schweren Richtung orientiert und die Filme waren mit einer Goldschicht abgedeckt. Ein etwas geringeres Spinmoment von 1,97 µB wurde auch an einem 25 nm dicken polykristallinen Fe-Film auf HOPG gefunden [47]. Schließlich hat das effektive Spinmoment des in dieser Arbeit vorgestellten Referenzfilms [13 ML bcc-Fe/W(110)] einen Wert von meff spin ∼ 2,1 µB (siehe Tab. 6.1). Sehr hohe magnetische Bahnmomente von bcc-Fe-Filmen auf GaAs(001) wurden in [179, 205] publiziert: morb = (0,26 ± 0,03) µB im Fall eines 8 ML-Films und morb = (0,12 ± 0,02) µB im Fall eines 33 ML-Films. An einem 250 Å-Fe-Film auf polykristallinem HOPG wurde ein magnetisches Bahnmoment von morb = 0,132 µB bestimmt [47]. Eisenfilme auf Cu(001)-Substraten zeigten im Fall eines 19 ML-bcc-Fe/Cu(001) ein magnetisches Bahnmoment morb = 0,143 µB und morb = 0,162 µB im Fall eines entsprechenden 40 ML-Films [178]. Im Gegensatz zu diesen Daten wurden in dünnen (etwa 4 ML) bcc-Fe-Filmen auf Cu(111) sowie Au(111) festkörperähnliche Bahnmomente gefunden [180, 181]. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Fe beim Wachstum auf diesen Substraten komplexere strukturelle und morphologische Übergänge zeigt. Aus den bedeckungsabhängigen Daten konnten die Autoren in beiden untersuchten Systemen jedoch abschätzen, dass das Bahnmoment von Atomen an den Kanten der Nanostrukturen etwa morb ∼ 0,5 µB beträgt. In einer weiteren Arbeit an den fcc-Fe/Cu(111)Nanostrukturen (für Bedeckungen kleiner als zwei Monolagen) konnte gezeigt werden, dass die Bahnmomente an den Oberflächen dieser Strukturen etwa den vierfachen Wert des zugehörigen Volumenwertes annehmen [206]. In dünnen Fe0,5 Pd0,5 -Legierungsfilmen wurden in Abhängigkeit von der chemischen Ordnung magnetische Bahnmomente von morb = 0,21 µB bis 0,4 µB an den Fe-Atomen gefunden [208]. 128 Ref. System Ab- Dicke deckung meff spin morb (µB ) (µB ) θ Korr. magn. Sätt. Achse hier Fe/W(110) - 26 Å 2,11 0,139 30 ◦ ja l. [47] Fe/HOPG - 250 Å 1,97 0,132 90 ◦ ja iso. [178] bcc-Fe/Cu(100) - 19 ML 2,20 0,143 var. ja l. bcc-Fe/Cu(100) - 25 ML 2,31 0,160 var. ja l. bcc-Fe/GaAs(100) Au 8 ML 2,03 0,26 90 ◦ - s. bcc-Fe/GaAs(100) Au 33 ML 2,07 0,12 90 ◦ - s. [205] Fe/GaAs(100) Cr 18 ML 1,85 0,15 90 ◦ - s. [181] bcc-(110)-Fe/Cu(111) - 4 ML 1,98* 0,085* 90 ◦ - s. [180] Fe/Cu(111) (gestuft) - 4 ML 1,98* 0,085* 90 ◦ - s. [206] Fe/Cu(111) (gestuft) - 4 ML - 0,05 var. - l. [207] bct-Fe/Pd(100) - 25ML 2,4 0,3 45◦ - l. [179] Tabelle C.1: Auswahl von Ergebnissen aus XMCD-Messungen via TEY an dünnen Fe-Filmen auf verschiedenen Substraten. Angegeben sind die Dicke, die effektiven Spin- und Bahnmomente meff spin bzw. morb sowie der Einfallswinkel der Strahlung θ. Außerdem ist vermerkt, ob die Magnetisierung entlang der schweren (s.) oder der magnetisch leichten Achse (l.) orientiert war, bzw. ob die Probe isotrope (iso.) Eigenschaften zeigte und, ob die Ergebnisse bezüglich Sättigungseffekten korrigiert worden sind. 129 C Fe-Referenzspektrum und Momente 130 D TEY von Nanopartikeln – Sättigungseffekte Die mathematische Beschreibung von TEY-Spektren halbunendlicher Proben bzw. dünner Filme und die Ursache für das Auftreten so genannter Selbstabsorptionseffekte in TEYSpektren wurde ausführlich im Abschnitt 3.1 und Anhang A dargestellt. Die mathematische Behandlung des Problems ist im Fall deponierter Nanopartikel wegen der komplexeren Geometrie solcher Proben deutlich aufwendiger und nur numerisch durchzuführen. Erste Rechnungen zu sphärischen, deponierten Co-Nanopartikeln wurden kürzlich von Fauth publiziert [177]. Im Rahmen dieser Arbeit wurden diese Rechnungen reproduziert und auf Eisen übertragen, das sich von Kobalt durch eine kürze freie Weglänge der Sekundärelektronen im Metall und eine stärkere Absorption im Bereich der 2p-Resonanzen unterscheidet. Anstelle der in Ref. [177] durchgeführten Monte-Carlo-Simulationen wurden in dieser Arbeit numerische Routinen aus dem Programmpaket MAPLE 9.5“ zur Integration des modellierten Problems ” verwendet. Die Sättigungseffekte machen sich in einer Abweichung des Probenstroms vom tatsächlichen linearen Absorptionskoeffizienten bemerkbar. In Abb. D.1 ist die aus den hier durchgeführten Rechnungen ermittelte Abweichung für sphärische Fe- und Co-Nanopartikel unterschiedlicher Durchmesser (D = 1−30 nm) auf einem Substrat in Anlehnung an die Arbeit von Fauth dargestellt. Für die Rechnungen wurde eine mittlere freie Weglänge von ΛFe e = 2,83 nm bzw. ΛCo = 3,67 nm verwendet, die aus Vergleichsrechnungen an entsprechenden halbunendlie Fe chen Festkörperoberflächen mit effektiven Austrittstiefen von λe = 1,7 nm bzw. λCo e = 2,2 nm bestimmt wurden (siehe [88, 177, 204]). Die grauen Symbole in Abb. D.1 zeigen die Ergebnisse für die Eisennanopartikel, die schwarzen geben die Resultate für die Kobaltpartikel wieder. Zu erkennen ist, dass mit zunehmendem linearen Absorptionskoeffizienten und mit zunehmender Partikelgröße die Abweichung des Probenstromes vom tatsächlichen Absorptionsquerschnitt zunimmt. Die für die 2p-Kanten der 3d-Metalle charakteristischen Bereiche des linearen Absorptionskoeffizienten sind in der Abbildung durch graue Balken dargestellt. Dabei entspricht der Balken bei den geringsten Werten dem Bereich vor den jeweiligen 2p-Kanten von Fe und Co. Die beiden anderen Balken entsprechen den 2p1/2 - und 2p3/2 -Kanten. Die Ergebnisse für Kobalt können direkt mit denen aus der Arbeit von Fauth (bei senkrechtem Lichteinfall) verglichen werden. Es zeigt sich, dass die Rechnungen nahezu identische Resultate liefern. Nur im Fall größerer Partikel und sehr hoher Absorption ergeben sich erkennbare Abweichungen. Der für diese Arbeit interessante Bereich ist durch den rot gestrichelten Kasten kenntlich gemacht. Erstaunlicherweise ergeben sich in diesem Bereich fast gleiche Verhältnisse für Fe und Co. Stärkere Abweichungen infolge der materialspezifischen mittleren, freien Weglänge ergeben sich nur bei Partikeln mit Durchmessern > 10 nm. 131 D TEY von Nanopartikeln – Sättigungseffekte Bei der Simulation und Auswertung von Absorptionsspektren von Eisen- und Kobaltnanopartikeln ergeben sich dennoch deutliche Unterschiede, da die Absorptionsquerschnitte im Bereich der Fe-2p-Kanten höher sind als im Bereich der Co-2p-Kanten. Entsprechend stärker fallen die Selbstabsorptionseffekte bei Fe-Nanopartikeln aus. Die Wirkung der Sättigungseffekte auf ein nichtmagnetisches Absorptionsspektrum eines sphärischen Fe-Nanopartikels mit einem Durchmesser von D = 7,6 nm ist in Abb. D.2 dargestellt. Das TEY-Spektrum des Nanopartikels ist durch die rot gestrichelte Linie dargestellt, das der Rechnung zugrunde liegende Spektrum des Absorptionskoeffizienten ist zum Vergleich als schwarz durchgezogene Linie wiedergegeben. Das TEY-Spektrum des Partikels zeigt erwartungsgemäß deutlich reduzierte Peakhöhen. Ein Vergleich mit den experimentellen Daten von Fe-Nanopartikeln mit D = (7,6 ± 1,5) nm im oberen, linken Teil in Abb. 6.7 aus Abschnitt 6.3.1 zeigt, dass die Simulation die Stärke der Sättigungseffekte sehr gut reproduziert. Dies wird durch weitere, in dieser Arbeit nicht berücksichtigte Daten, bestätigt. 132 Abb. D.1: Abweichungen des TEY von der direkten Proportionalität zum linearen Absorptionskoeffizienten µ für sphärische Fe- und Co-Nanopartikel (graue bzw. schwarze Symbole). Die Darstellung erfolgt in Anlehnung an Ref. [177]. µ, Ye (bel. Einheiten) µ TEY Fe-Nanopartikel, D=7,6nm 8 4 0 7 0 0 7 1 0 7 2 0 7 3 0 Photonenenergie (eV) Abb. D.2: Vergleich des simulierten TEY-Spektrums eines sphärischen Fe-Nanopartikels mit D = 7,6 nm und dem tatsächlichen Absorptionskoeffizienten. 133 D TEY von Nanopartikeln – Sättigungseffekte 134 E Berechnung des Reflexionskoeffizienten in der T-MOKE-Geometrie Die Berechnung der Reflexionskoeffizienten einer magnetischen und absorbierenden Festkörperoberfläche erfolgt analog zu der in Lehrbüchern dargestellten Herleitung der Fresnelschen Reflexionskoeffizienten für s- und p-polarisiertes Licht an einem im Allgemeinen nicht absorbierenden Medium. Ausgangspunkt der hier in Anlehnung an die Referenzen [209, 210] vorgestellten Berechnung des Reflexionskoeffizienten für p-polarisiertes Licht sind daher die Stetigkeitsbedingungen für die Komponenten der an der Grenzfläche einfallenden, reflektierten und transmittierten Feldern nach denen die Tangentialkomponenten des elektrischen Feldes E und des magnetischen Feldes H und die Normalkomponenten der dielektrischen Verschiebung D und der magnetischen Induktion B stetig ineinander übergehen. Die Verhältnisse beim transversalen magneto-optischen Kerr-Effekt sind in Abb. E.1 dargestellt.1 Das p-polarisierte Licht wird beim Einfall unter dem Winkel θi in der x-y-Ebene reflektiert und tritt infolge der Brechung unter dem Brechungswinkel θt in das Medium ein. Die Magnetisierung liegt senkrecht zur Einfallsebene, d. h. entlang der z-Achse. y Di , Ei Dr , Er Hi Hr ki kr θi Vakuum x Festkörper z, m θt kt Dt Ht Et Abb. E.1: Felder bei der Reflexion von p-polarisierter Strahlung an einer Festkörperoberfläche in der T-MOKE-Geometrie, d. h. die Magnetisierung des Festkörpers ist senkrecht zur Einfallsebene orientiert. 1 Zu beachten ist, dass der Einfallswinkel θi hier bezüglich der Oberflächennormalen definiert ist. 135 E Berechnung des Reflexionskoeffizienten in der T-MOKE-Geometrie Die Stetigkeitsbedingungen für die einfallenden, reflektierten und transmittierten Felder E und H können unter Beachtung des in Abb. E.1 definierten Koordinatensystems in folgender Form angegeben werden: ey × (Ei + Er ) = ey × Et (E.1) ey × (Hi + Hr ) = ey × Ht , (E.2) für die entsprechenden D- und B-Felder lauten die Stetigkeitsbedingungen: ey · (Di + Dr ) = ey · Dt (E.3) ey · (Bi + Br ) = ey · Bt . (E.4) Die in dieser Form angegebenen Stetigkeitsbedingungen ergeben sich direkt aus den Maxwellschen Gleichungen und gelten allgemein an der Grenzfläche zweier Medien, d. h. sie sind unabhängig von der Polarisation und der Magnetisierung der Probe. Aus ihnen folgen unmittelbar das Reflexions- und das Snelliussche Brechungsgesetz [97]. ± = r Der hier gesuchte Reflexionskoeffizient rpp pp ± ∆rpp ist definiert als das Verhältnis ± = E r /E i [siehe zwischen der reflektierten und der einfallenden elektrischen Feldstärke rpp p p Glgn. (3.10) und (3.9)]. Die Berechnung erfolgt durch die Betrachtung der Komponenten der dielektrischen Verschiebung D an der Grenzfläche. Wegen der p-Polarisation haben die D-Felder mit den in Abb. E.1 definierten Winkel folgende Komponentendarstellungen: cos θi − cos θi cos θt Di = Di (E.5) sin θi , Dr = Dr sin θi und Dt = Dt sin θt . 0 0 0 Aus der Stetigkeitsbedingung in Glg. (E.3) ergibt sich daher folgende einfache Beziehung für die Amplituden der dielektrischen Verschiebung: (Di + Dr ) sin θi = Dt sin θt . (E.6) Der Brechungswinkel θt kann mit Hilfe des Snelliusschen Brechungsgesetzes sin θi = n⊥ sin θt (E.7) durch den Einfallswinkel und den im Abschnitt 2.2.2 hergeleiteten Brechungsindex n⊥ des magnetischen Mediums ausgedrückt werden. Nach Glg. (2.40) ändern sich n⊥ und damit der Brechungswinkel θt bei Umkehr der Magnetisierung nicht, so dass gilt: (Di + Dr ) sin θi = 1 Dt sin θi . n⊥ (E.8) Da die einfallenden und reflektierten dielektrischen Verschiebungen Dip und Drp sich im Vakuum ausbreiten, hängen sie mit den entsprechenden elektrischen Feldern Eip und Erp über ± = E r /E i die einfache Beziehung Dp = ε0 · E p zusammen. Zur Bestimmung des Verhältnis rpp p p 136 aus Glg. (E.8) muss daher nur noch die dielektrische Verschiebung im Medium Dt durch Epr und Epi ausgedrückt werden. Im Medium ist die dielektrische Verschiebung Dt mit dem entsprechenden elektrischen Feld Et durch den Dielektrizitätstensor εr nach Glg. (2.8) im Kap. 2.2 verknüpft. Um eine zusätzliche Gleichung für Dt in Abhängigkeit von Ei und Er zu erhalten, kann daher die Stetigkeitsbedingung für die elektrischen Felder nach Glg. (E.1) ausgenutzt werden. Dazu werden die elektrischen Felder durch die dielektrischen Verschiebungen ausgedrückt: Di Dr −1 Dt ey × + − εr = 0. (E.9) ε0 ε0 ε0 Da das Koordinatensystem so gewählt wurde, dass die Magnetisierung m parallel zur z-Achse liegt, hat εr die in Glg. (2.27) angegebene Form. Die Inversion ergibt: εr −1 = εxx ε2xx +ε2xy εxy ε2xx +ε2xy εxy 2 xx +εxy εxx ε2xx +ε2xy 0 0 1 εzz − ε2 0 0 . (E.10) Gleichung (E.9) ist erfüllt, wenn der durch den Klammerausdruck gegebene Vektor parallel zu ey orientiert ist, da dann das Kreuzprodukt verschwindet. Wegen der p-Polarisation verfügen die D-Vektoren ohnehin über keine z-Komponente, auch die Multiplikation mit εr −1 belässt Dt in der x-y-Ebene. Daher muss zur Lösung von Gleichung (E.9) nur die x-Komponente des Klammerausdrucks verschwinden. Dies führt auf die zweite Bestimmungsgleichung für Dt : Di cos θi − Dr cos θi − Dt (εxx cos θi − εxy sin θt ) = 0, ε2xx + ε2xy (E.11) die durch Einsetzen von n⊥ auf folgende übersichtlichere Form gebracht werden kann: ε Di − Dr = xy 1 cos θt − εxx sin θt · · Dt . cos θi n2⊥ (E.12) Durch Auflösen von Glg (E.11) nach Dt und anschließendem Einsetzen in Glg. (E.8) ergibt sich das Verhältnis Dr /Di zu: n⊥ cos θi − cos θt + Dr = Di n⊥ cos θi + cos θt − εxy εxx εxy εxx sin θt sin θt = Er . Ei (E.13) Die Eliminierung des Brechungswinkels durch den Einfallswinkel führt auf die folgende exakte Form des Reflexionskoeffizienten: q εxy 2 cos θ − n n2⊥ − sin θi2 + εxx sin θi i ⊥ Er q rpp = . (E.14) = ε Ei n2 cos θ + n2 − sin θ2 − xy sin θ ⊥ i ⊥ i εxx i Die Reflektivität der Oberfläche ergibt sich dann durch das Betragsquadrat |Rp |2 . 137 E Berechnung des Reflexionskoeffizienten in der T-MOKE-Geometrie 138 Literaturverzeichnis [1] H. Haberland, Clusters of Atoms and Molecules (Springer, Berlin, 1995). [2] W. A. de Heer, The physics of simple metal clusters: Experimental aspects and simple models, Rev. Mod. Phys. 65, 611 (1993). [3] S. H. Sun, C. B. Murray, D. Weller, L. Folks und A. Moser, Monodisperse FePt nanoparticles and ferromagnetic FePt nanocrystal superlattices, Science 287, 1989 (2000). [4] F. Dumestre, B. Chaudret, C. Amiens, P. Renaud und P. Fejes, Superlattices of iron nanocubes synthesized from Fe[N(SiMe3 )2 ]2 , Science 303, 821 (2004). [5] F. Baletto und R. Ferrando, Structural properties of nanoclusters: Energetic, thermodynamic, and kinetic effects, Rev. Mod. Phys. 77, 371 (2005). [6] C. Binns, Nanoclusters deposited on surfaces, Surf. Sci. 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Blackman, J.-P. Bucher, J. Dorantes-Dávila, V. Dupuis, L. Favre, D. Kechrakos, A. Kleibert, K.-H. Meiwes-Broer, G. M. Pastor, A. Perez, O. Toulemonde, K. N. Trohidou, J. Tuaillon und Y. Xie, Magnetic and Structural Properties of Isolated and Assembled Clusters, Surf. Sci. Rep. 56, 189 (2005). • J. Bansmann und A. Kleibert, Magnetism of Mass-Filtered Nanoparticles on Ferromagnetic Supports, Appl. Phys. A 80, 957 (2005). • A. Kleibert, V. Senz, J. Bansmann und P. M. Oppeneer, Thickness Dependence and Magnetocrystalline Anisotropy of the X-Ray Transverse Magneto-Optical Kerr Effect at the Co 2p Edges of Ultrathin Co Films on W(110), Phys. Rev. B 72, 144404 (2005). • C. Binns, K. N. Trohidou, J. Bansmann, S. H. Baker, J. A. Blackman, J.-P. Bucher, D. Kechrakos, A. Kleibert, S. Louch, K.-H. Meiwes-Broer, G. M. Pastor, A. Perez und Y. Xie, The Behaviour of Nanostructured Magnetic Materials Produced by Depositing Gas-Phase Nanoparticles, J. Phys. D: Appl. Phys. 38, R357 (2005). • M. Getzlaff, J. Bansmann, F. Bulut, R. K. Gebhardt, A. Kleibert und K.-H. MeiwesBroer, Structure, Composition and Magnetic Properties of Size-Selected FeCo Alloy Clusters on Surfaces, Appl. Phys. A 82, 95 (2006). • J. Bansmann, M. Getzlaff, A. Kleibert, F. Bulut, R. K. Gebhardt und K.-H. MeiwesBroer, Mass-filtered cobalt clusters in contact with epitaxially ordered metal surfaces, Appl. Phys. A 82, 73 (2006). 157 158 Lebenslauf Lebenslauf Persönliche Angaben: Name: Geboren am: Familienstand: Armin Kleibert 27. April 1976 in Neubrandenburg ledig Schulausbildung: 09/1981 - 07/1989 09/1989 - 07/1990 09/1990 - 07/1994 71. Polytechnische Oberschule in Rostock 4. Erweiterte Oberschule in Rostock Erasmus-Gymnasium in Rostock Wehrdienst: 10/1994 - 09/1995 Grundwehrdienst in Schwanewede Studium: 10/1995 - 12/2001 Physikstudium an der Universität Rostock Diplom bei Prof. Meiwes-Broer in der AG Moleküle, Cluster und Oberflächen Promotion: 01/2002 - 06/2004 seit 07/2004 Stipendiat der Landesgraduiertenförderung in Mecklenburg-Vorpommern wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Physik der Universität Rostock, AG Prof. Meiwes-Broer 159 160 Danksagungen Danksagungen An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Zunächst gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Meiwes-Broer, der mir nicht nur die Möglichkeit gegeben hat, die vorliegende Arbeit in seiner Arbeitsgruppe durchzuführen, sondern diese durch sein Interesse und Vertrauen wesentlich gefördert hat. Jo Bansmann als meinem unmittelbaren Betreuer gilt ebenfalls großer Dank. Seine Erfahrung und sein unermüdlicher Einsatz bei der Planung und Durchführung der Messzeiten am BESSY haben ebenso wie die zahlreichen, fruchtbaren Diskussionen einen entscheidenden Anteil an dieser Arbeit. Für die vielen hilfreichen Anregungen danke ich Volkmar Senz. Thomas Fennel und Andreas Przystawik danke ich für die prompte Unterstützung in Softund Hardware-Fragen. Th. F. danke ich dabei insbesondere für die vermutlich schnellste und rechtzeitigste Farb-Laser-Drucker-Beschaffung, die je durchgeführt wurde ;-) Allen anderen Mitgliedern der Arbeitsgruppe möchte ich nicht nur für die wunderbare Arbeitsatmosphäre während der letzten Jahre, sondern auch für die gemeinsamen Unternehmungen jenseits der Physik danken. Mein Dank gebührt ebenfalls Kai Schlage und Torsten Klein, die mich für viele Reflektometrieexperimente mit qualitativ äußerst hochwertigen, magnetischen Schichtsystemen versorgt haben. Außerdem danke ich Frau Schädel, Herrn Hermann sowie Herrn Tofaute und den Mitarbeitern der mechanischen Werkstatt unseres Instituts für ihre vielfältige Unterstützung. Die Messzeiten am BESSY wären nicht ohne die Hilfe der dortigen Experten möglich gewesen. Namentlich erwähnt seien hier Hans-Christoph Mertins und Andreas Gaupp, denen ich für die Einweisung in die Bedienung des BESSY-Reflektometers und die Umsetzung zahlreicher Extra-Wünsche“ danke sowie Fred Senf, Rolf Follath, Torsten Kachel und Franz ” Schäfers für ihre kompetente Unterstützung in vielen Fällen. Außerdem danke ich Elizabeta Holub-Krappe, Detlef Schmitz und Prof. Dr. Hansjörg Maletta für die Möglichkeit, umfangreiche Experimente an der Nanostruktur-Beamline UE46-PGM des Hahn-Meitner-Instituts Berlin durchführen zu können. Für die Unterstützung bei den Experimenten am BESSY danke ich Kerstin Gebhardt und Furkan Bulut aus der AG Getzlaff an der Universität Düsseldorf. Mathias Getzlaff danke ich darüber hinaus für viele interessante Diskussionen am BESSY sowie auf Tagungen und Workshops. Besonders möchte ich mich bei Kai Fauth von der Universität Würzburg bedanken, dessen Kommentare zu allen Fragen der TEY-Detektion an Nanopartikeln einen wichtigen Einfluss auf die Analyse der Daten hatten. Mein Dank gilt weiterhin Valeri Stepanyuk vom MPI Halle für seine aufschlussreichen Erläuterungen zum Magnetismus von Nanostrukturen. 161 Außerdem danke ich Peter M. Oppeneer für seine vielfältigen Anregungen zur Durchführung und Analyse vieler Reflektometrieexperimente. Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden für ihre Unterstützung und ihr Verständnis während der letzten Jahre bedanken. Juliane Wolgast danke ich für ihren Beistand und ihre Unterstützung beim Korrekturlesen sowie dafür, dass sie mir die große, weite Welt jenseits von Mecklenburg-Vorpommern zeigt :-) 162