Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis 30.08.12 Schizophrenie - Übersicht ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ERKRANKUNGEN AUS DEM SCHIZOPHRENEN FORMENKREIS ¨ ¨ ¨ ¨ Was ist Schizophrenie ? Symptomatik Varianten Verlauf der Erkrankung Morphologie und Physiologie der Schizophrenie Auslöser Behandlung Empfehlungen für Literatur und andere Medien Neuromodulatoren für Schizophrenie Familienplanung bei Müttern mit Schizophrenie Dr. Christoph Göttl kinder-jugendpsychiatrie.at Was ist Schizophrenie ? n Benennung von Eugen Bleuler 1911, Schweizer Arzt n Alternativ oft auch Psychose genannt n Zusammengesetzt aus den Wörtern: n n Schizo [griechisch], spalt..., gespalten n Phrenos [griechisch] der Geist, das Bewusstsein ¨ Erstes Konzept der Störung wurde von Emil Kraepelin (1856-1926) und Eugen Bleuler (1857-1939) formuliert Fehlverstanden oft als gespaltene Persönlichkeit oder multiple Persönlichkeit n n Geschichte der Schizophrenie Unterscheidung: n Multiple Persönlichkeiten haben 2 oder mehr Identitäten, die aber jede für sich gut angepasst und unauffällig ist n Schizophrene haben nur eine Persönlichkeit die sich aber durch die Krankheit so verändert, dass die Person auffällig und unfähig wird ihr Leben selbst in den Griff zu bekommen ¨ Unterschiede in Ansätzen und Definitionen Auftretenshäufigkeit: n 1% in allen Kulturen n Männer erkranken leicht häufiger n Höhere soziale Schichten seltener Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at 1 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Dementia praecox ¨ Verfolgungswahn ¨ Katatonie ¨ Halluzinationen ¨ Gestörte Aufmerksamkeit ¨ Stereotypes Verhalten ¨ Emotionale Dysfunktion 30.08.12 Bleulers Ansatz ¨ Kritik an Kraeplelins Begriff und deskriptivem Ansatz ¨ Einführung des Begriffs der Schizophrenie ¨ Schizophrenie als Störung der assoziativen Zusammenhänge (kein zielgerichtetes Denken möglich) Ø Definition der Schizophrenie nach DSM IV ¨ Symptome müssen seit min. 6 Monaten bestehen min. 1 aktiver Monat, der durch zwei der folgenden Symptome gekennzeichnet sein muss: ü Wahnideen ü Halluzinationen ü Desorganisierte Sprache ü Grob desorganisiertes oder katatones Verhalten Resultierend: Aufmerksamkeitsstörungen und Passivität Definition der Schizophrenie nach DSM IV ¨ Übrige Zeit besteht aus: Ø Davon Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at Ø Prodromalphase (vor der aktiven Phase) Ø Residualphase (nach der aktiven Phase) 2 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Definition der Schizophrenie nach DSM IV ¨ Kennzeichen dieser Phasen: Rückzug ü Beeinträchtigtes Leistungsvermögen ü Flacher oder unangemessener Affekt ü Vage oder umständliche Sprache ü Beeinträchtigung der Hygiene und Körperpflege ü Ungewöhnliche Überzeugungen oder magisches Denken ü Ungewöhnliche Wahrnehmungserfahrungen 30.08.12 Bedeutung der Schizophrenie n ü Sozialer Symptombereiche der Schizophrenie Frühstadium ¨ Emotional ¨ Motorisch ¨ Denken ¨ Aufmerksamkeit und Wahrnehmung ¨ Alltagsfertigkeiten Residual- / Alterssymptome n n n n Frühsymptome (Prodromalsymptome) einer Schizophrenie n n n n n n n n n n n n Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at In psychiatrischen Kliniken die zweithäufigste Erkrankung nach Depressionen 60 Mio Menschen Weltweit daran erkrankt 6-9 Mio davon werden durch die Erkrankung sterben Große Belastung für Angehörige Große Finanzielle Belastung für das Gesundheitswesen da Heilung im Moment nicht möglich Gefühle von sozialer Unsicherheit, Sozialer Rückzug Über Wochen gedrückte Stimmung Schlafstörungen Gefühle von Lustlosigkeit, Antriebsstörungen Anspannung, Nervosität, innere Unruhe Gedanken geraten durcheinander, werden von anderen Gedanken unterbrochen Konzentrationsstörungen Erhöhtes Misstrauen, Reizbarkeit, vermehrte Konflikte Gefühle von Unwirklichkeit ("alles wie im Film") Erhöhte Licht- und Geräuschsempfindlichkeit Tendenz belanglose und zufällige Gegebenheiten auf sich zu beziehen Trugwahrnehmungen 3 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Symptome aus dem emotionalen Bereich n n n n n n flacher Affekt unangebrachter Affekt Anhedonie (Unfähigkeit zum Genießen) Antriebsarmut Probleme beim Erkennen von emotionalen Gesichtsausdrücken und bei der Einschätzung von zu erwartendem Verhalten Widersprüchlichkeit der verschiedenen Ausdrucksebenen von Emotionen Katatone Symptome bei Schizophrenen 30.08.12 Motorische Symptome einer Schizophrenie n n n n n n n Störungen der Sprache und des Denkens n n n n n n n n Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at Verlust der Bewegungsspontaneität Gesten und Manierismen rituelle oder magische Handlungen katatone Rigidität bis Stupor Haltungsstereotypien Flexibilitas carea (wächserne Biegsamkeit) Aber auch katatone Erregung (hypermotorisch) Gelockerte Assoziationen oder Zerfahrenheit des Denkens Schnelle Themawechsel Unzusammenhängende Bemerkungen Gedankenabriss Neologismen (Traurig + grausam = trauram) Perseverationen (Wiederholungen) Wahnvorstellungen Suizid bei 10-15% der Patienten 4 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsstörungen n Erhöhte Empfindlichkeit für Geräusche und optische Eindrücke n n n Überflutet werden der Sinne Es fällt schwer die Aufmerksamkeit auf etwas wichtiges zu richten Meist auditorisch n Stimmen die kommentieren, warnen oder anweisen n Aber auch alle anderen Sinne n n n n n n n n Ausfall sozialer Fertigkeiten und Wegfall sozialer Kontakte Ausfall von Exekutiv- und Planungsfähigkeiten Schwere Verwahrlosung ist oft die Folge Gedankeninduktion, Gedankenentzug Störungen der Augenfolgebewegungen Residual- (Rest-) Symptome einer Schizophrenie n Einschränkungen der Alltagsfertigkeiten Halluzinationen n n 30.08.12 Meist Rückkehr zum Stadium der Frühsymptome Flacher Affekt „Merkwürdiges“ Verhalten Soziale Zurückgezogenheit Aber keine akuten Wahn- oder Halluzinationssymptome Andere Unterteilung der Symptome n n n n Halluzinationen, Wahn Negativ = Verlust von Funktionen im Vergleich zum Normalen: n n Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at Unterteilung in positive und negative Symptomatik Positiv = Produktiv also etwas das über das normale hinaus geht: Flacher Affekt, motorische Verlangsamung Unterteilung für Diagnose und Medikation von Bedeutung 5 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Varianten der Schizophrenie n n n n 30.08.12 Desorganisierter Typus Ø Sexuelle, hypochondrische, religiöse und paranoide Halluzinationen Ø Wahnphänomene (unregelmäßig) Ø Bizarre Vorstellungen (z.B. körperlicher Verfall) Ø Ständiges Verändern Ø Flacher Affekt Ø Inkohärente Sprache Ø Kann Stuhl und Urin nicht halten Ø Mangelnde Körperpflege sehr variantenreiche Erkrankung selten alle Symptome auf einmal evtl. nicht eine einzelne Erkrankung Schizophrenie mit vielen Varianten sonder verschiedene Erkrankungen gängige Unterteilung heute: Paranoider Typus (Wahn + Halluzinationen) Desorganisierter Typus (Sprechen und Denken) n Katatoner Typus (vor allem motorisch) n Residualer Typus (Restsymptomatik) n n Katatoner Typus ¨ Motorische Störungen Ø Schwankungen ¨ Paranoider Typus ¨ zwischen Stupor und extremer Erregung Seltene Form, da die medikamentöse Therapie gut anschlägt Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at Ausgeprägte Wahnvorstellungen (Verfolgungswahn, Größenwahn, Eifersuchtswahn) ¨ Lebhafte akustische und visuelle Halluzinationen ¨ Beziehungswahn (alles wird auf sich gedeutet) ¨ Aggressives Verhalten ¨ Aufmerksamer und gesprächsfreudiger als andere Schizophrene 6 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Alternative Einteilung n n n Verlauf der Erkrankung Typ I (positive Symptomatik) Typ II (negative Symptomatik) n Unterscheidung gewinnt an Bedeutung für Prognose Behandlung und Ursachenforschung n n n n n n 30.08.12 Krankheit verläuft immer in Schüben (floride Episoden) unterbrochen von relativ ruhigen Phasen (Residualphasen) 4 Verläufe 25 % eine einzelne Episode ohne weitere Erkrankung 32 % mehrere Phasen ohne akute Residualsymptomatik n 8 % mehrere Phasen mit konstanter Residualsymptomatik n 35 % mehrere Phasen mit sich verschlechternder Residualsymptomatik n Letzte Gruppe ist praktisch Lebenslang beeinträchtigt und muss i.d.R. hospitalisiert werden n Prognose bei Typ-I besser Typ I reagiert besser auf Medikamente Typ I eher biochemische Auffälligkeiten Typ II eher hirnanatomische Normabweichungen n Evtl. also zwei getrennte Erkrankungen Neurophysiologie der Erkrankung 1 Neurophysiologie der Erkrankung 2 Dopamin n Dopaminüberschuss führt zu positiven Symptomen der Schizophrenie n Aber bei Erkrankten wohl eher eine Überfunktion der Dopamin-Rezeptoren oder zu große Anzahl derer, aber nicht zu viel Dopamin n Dopamin-Unterfunktion führt zu Parkinson-Symptomen (Problem bei der Therapie) n Kausaler Zusammenhang Dopamin -> Symptome ist noch nicht geklärt daher ist eine kausale Therapie noch nicht möglich NMDA Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at n Relativ neue Theorie n NMDA ist wichtigster Botenstoff im Gedächtnis- und Bewusstseinssystem des Gehirns n n n NMDA und Dopamin stehen in reziprokem Zusammenhang (NMDA-Theorie beinhaltet auch die Dopamin-Theorie) Belege ergeben sich aus Beobachtungen: n Bei einer Narkose werden primär die NMDA-Rezeptoren ausgeschaltet à Narkose kann Episode bei erkrankten auslösen n NMDA-Agonisten lösen Krampfanfälle aus à aber Krampfbehandlung ist wirksam bei Schizophrenie Vorteile: n Erklärung des Zusammenhangs zu Stress und Erkrankung n Erklärung sowohl negativer als auch positiver Symptome n Neue Pharmakologische Therapien 7 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Neuroanatomie der Erkrankung n Vergrößerung des 3. Hirnventrikel vor allem bei Typ-IISchizophrenie sowie Volumenverlust des Vorderhirns Auslöser der Erkrankung 1 Endogene Ursachen: n Hoher Anteil genetischer Verursachung 1% Erkrankung in Grundpopulation unabhängig von Kultur spricht für genetische Ursachen n 33-50% Erkrankung bei eineiigen Zwillingen schizophrener Patienten n Weitere Belege aus der Endophänotypforschung: n n Störungen der Augenbewegungen lassen sich auch bei Eltern schizophrener Patienten finden n Aber keine 100%ige Vererbung also auch andere Auslöser nötig Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at 30.08.12 Ätiologie der Schizophrenie ¨ Genetische Befunde ¨ Labeling-Theorie ¨ Biochemische Faktoren ¨ Abnormalitäten des Gehirns ¨ Sozioökonomische Faktoren ¨ Familiärer Hintergrund Genetische Befunde Beziehung zum Probanden Prozentsatz schizophrener Menschen Ehepartner 1,00 Enkel Nichten/ Neffen Kinder 2,84 2,65 9,35 Geschwister Zweeiige Zwillinge 7,30 12,08 Eineiige Zwillinge 44,30 8 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Auslöser der Erkrankung 2 Diathese-Stress-Modell: n Man erbt ein Risiko für Schizophrenie n Ob die Krankheit ausbricht wird von äußeren Faktoren vor allem von Stress bestimmt n Belege: n n n n Expressed Emotions sind bester Rückfallprädiktor bei Schizophrenen Patienten: In Familien ohne EE 12-15% Rückfall In Familien mit hohem EE 53-90% Rückfall Episoden einer Erkrankung geht häufig eine Zeit mit erhöhtem Stress voraus Kann gut mit der NMDA-Theorie erklärt werden, da Stresshormon Cortisol die Produktion von NMDA hemmt Ältere Ansätze: n n n ¨ Labeling - Theorie ¨ Entworfen von Scheff 1966 ¨ Schizophrene verstoßen gegen residuale Regeln ¨ ¨ Schizophrenogene Mutter Double Bind Eigentlich alle wissenschaftlich widerlegt Kritik an der Labeling - Theorie ¨ 30.08.12 Trivialisierung einer ernsthaften Störung Wenige Befunde für die Reduzierung von Normverstößen, wenn Stigmatisierung ausbliebe Dadurch werden sie als geisteskrank etikettiert und gesellschaftlich ausgeschlossen Sie erfüllen die Erwartungen, die an sie als Geisteskranke gestellt werden Auslöser der Erkrankung 3 Drogen: n Halluzinogene wie LSD, PCP oder Psilocybin lösen durch unterschiedliche Wirkmechanismen (5-HT2A Agonismus, NMDA Antagonismus) Halluzinationen und verfälschte Sinneswahrnehmungen aus n Cannabis wirkt mittelbar auf NMDA Rezeptoren n Amphetamine und Kokain wirken direkt auf den Dopamin-Haushalt n Bei Personen mit erhöhtem genetischem Schizophrenie-Risiko können diese Drogen eine Episode mit massiven Symptomen auslösen n Bei regelmäßigem oder massivem Konsum kann es auch ohne genetisches Risiko zu Ausbruch einer drogeninduzierten Psychose kommen n Besonders gefährlich: Cannabis n n Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at Während Drogenpsychosen bei LSD von relativ kurzer Dauer sind können CannabisPsychosen bis zu einem Jahr anhalten und anschließend zu einer Residualsymptomatik führen Cannabis kann aber auch im Sinne einer Selbstmedikation positiv wirken 9 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Biochemische Faktoren ¨ ¨ ¨ ¨ Theorie, nach der Schizophrenie durch übermäßige Aktivität des Neurotransmitters Dopamin verursacht wird Phenothiazine blockieren die postsynaptischen Rezeptoren der dopaminreichen Hirnareale und werden deshalb bei Schizophrenie verabreicht Nicht bei allen Schizophrenen ist Dopaminüberschuss nachweisbar Unterschiedliche Reaktionen auf Phenothiazine und Amphetamine (positive bzw. negative Kriterien) Sozioökonomische Faktoren ¨ ¨ ¨ Höchste Schizophrenikerrate in Stadtgebieten unter Bewohnern der untersten Schichten Schizophrenie ist in den untersten Schichten doppelt so häufig wie in der nächst höheren Zwei erklärende Hypothesen Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at 30.08.12 Abnormalitäten im Gehirn ¨ Insbesondere Männer weisen vergrößerte Ventrikel auf Ø Pathologie des limbischen Systems oder des Zwischenhirns ¨ Bei allen Schizophrenen ist eine niedrige Aktivität im präfrontalen Kortex zu beobachten Sozioökonomische Faktoren ¨ Soziogene Hypothese Ø ¨ Entwürdigende Behandlung, niedriges Bildungsniveau, fehlende Bestätigung und Chancen wirken belastend Soziale – Drift – Theorie Ø Abdriftung in untere Schichten, da die sich entwickelnde Psychose die Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards verhindert oder sie fliehen vor dem sozialen Druck 10 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Familiärer Hintergrund ¨ Schizophrenogene Mutter Ø ¨ Kalt, dominant, konfliktauslösend oder zurückweisend, überfürsorglich, aufopfernd, rigide und moralistisch 30.08.12 Behandlung 1 Psychopharmaka: n Müssen in den meisten Fällen lebenslang genommen werden Vorsichtige Eindosierung ist immer nötig n Problem ist die Mitarbeit der Patienten bedingt durch die Symptome der Krankheit n Typika (Haldol, Chlorpromazin) n Double – bind – Theorie (Bateson) n Wirken auf D2-Rezeptor n Wirken vor allem bei Typ I Starke Nebenwirkungen (Tremor bis Rigor) Malignes Neuroleptisches Syndrom Spätdyskinesien (sehr ähnlich der Parkinsonkrankheit) bereits nach wenigen Jahren der Einnahme n ¨ Fehlerbehaftete Kommunikation, Konfliktpräsenz kann begünstigt wirken n n n Atypika (Clozapin, Risperidon, Olanzapin, Quetiapin, Amisulprid) n n n n Wirken jeweils auf D2 und 2-HT2A Rezeptoren Weniger motorische Nebenwirkungen auch keine Spätdyskinesien Clozapin: Gefahr von Agranulozytose (mehrere Todesfälle) Wirken auch bei Typ II Behandlung 2 Behandlung 3 Aussichten für Psychopharmaka n Zusammen mit der NMDA-Theorie hat man auch nach pharmakologischen Umsetzungen gesucht n NMDA-Agonisten bergen zu hohes Krampfpotential daher für Behandlung unbrauchbar n Zum Funktionieren der NMDA-Rezeptoren ist eine Aminosäure namens D-Serine notwendig n Gabe von D-Serine hat sehr große Erfolge bei der Behandlung von Schizophrenie gezeigt mit minimalen Nebenwirkungen n Marktreife solcher Präparate in 5-10 Jahren EKT – Elektrokrampftherapie n Sehr umstrittene Therapie n Kleiner „Elektroschock“ ins Gehirn n Unter Vollnarkose n Auslösung eines epileptischen Anfalls n Evtl. so eine Art „Reset“ des Gehirns n Wirkt bei Schizophenie und Depressionen n Kann aber zu kurzen Amnesien führen Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at 11 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Behandlung 4 Psychotherapie n Nur unterstützend n Am ehesten noch begleitend zu einer Pharmakotherapie n Hospitalisation und Betreuung notwendig n Suizidprävention n Arbeit mit Angehörigen sehr wichtig 30.08.12 Weitere Informationen n Gehirn und Geist, Ausgabe 4/2002 n Meine Psychose, mein Fahrrad und ich – Zur Selbstorganisation der Verrücktheit (Fritz B. Simon) n http://www.zebb.de n http://www.kompetenznetz-schizophrenie.de n http://www.psychosenetz.de Neurotransmitter/Modulatoren und Pathophysiologie der Schizophrenie Neuromodulatoren bei Schizophrenie • Dopamin • Glutamat • Serotonin • Neuropeptide (Neurotensin, Enkephalin) • Neurohormone (Östrogen) • GABA • Noradrenalin Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at • Acetylcholin 12 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Potentielle psychotogene Bahnen PCP 30.08.12 Postulierte Ziele psychopharmakologischer Interventionen PCP LSD Atropine Dopamin: PCP im mesolimbischen System im mesocortikalen System LSD Andere wahrscheinlich direkt oder indirekt involvierte Neurotransmittersysteme PCP Amphetamine Serotonin, GABA, Exzitator-Aminosäuren, Neuropeptide,Noradrenalin, Acetylcholin Modifiziert nach Carlsson A: Historial aspects and future directions. In: Kapur S, Lecrubier Y (eds.) Dopamine in the pathophysiology and treatment of schizophrenia. Dunitz, London, 2003, pp 1-13 Rezeptorprofil und klinisches Nutzen/ Risiko Profil I • D2 Antagonismus Positivsymptome : alle Antipsychotika EPMS Prolaktinerhöhung • 5HT2A Antagonismus > D2 Antagonismus: Negativsymptome : alle Antipsychotika (Quetiapin?); nicht erklärbar: Amisulprid EPS < als klassische NL: alle Antipsychotika (cave Referenzsubstanz) keine relevante Prolaktinerhöhung : alle Antipsychotika Ausnahme: Risperidon Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at Rezeptorprofil und klinisches Nutzen/ Risiko Profil II • H1 Antagonismus Sedierung: Zotepin, Clozapin, Quetiapin, Olanzapin Gewichtszunahme s.o. • α1 Antagonismus orthostat. Hypertension: Clozapin Risperidon, Quetiapin, Zotepin, (Sertindol), Sedierung Sexualstörungen 13 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Rezeptorprofil und klinisches Nutzen/ Risiko Profil III 30.08.12 Ausgewählte Probleme der neurobiologischen Schizophrenieforschung • Phänotyp - kategorial vs. dimensional - Subtypen vs. Subsyndrome • Veränderungen im Verlauf • mAch Rezeptorbeeinflussung - Entwicklungsstörung (neurodevelopmental) Speichelfluss (m4 Agonisten) - Neurodegeneration anticholinerge Wirkung (m1 Antagonisten) - Neurotoxizität - behandlungsbedingte neurobiologische Veränderungen (toxisch vs. neuroplastisch) andererseits EPS • Genotyp Krankheiten von Kindern schizophrener Eltern Familienplanung bei schizophrenen Erkrankungen Belastungsstörungen ¨ Autismus ¨ Neurosen ¨ Ess-Störungen ¨ Altersspezifische emotionale Störungen ¨ Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis ¨ Remschmidt H, Mattejat F (1994). Kinder psychotischer Eltern. Göttingen: Hogrefe. Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at 14 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Genetische Befunde 30.08.12 Ethischer Konflikt ¨ Beziehung zum Probanden Prozentsatz schizophrener Menschen Ehepartner Enkel Nichten/ Neffen 1,00 2,84 2,65 Kinder Geschwister 9,35 7,30 Zweeiige Zwillinge Eineiige Zwillinge 12,08 44,30 Ethische Beratung Begleitung ¨ Beeinflussung durch Information ¨ Keine Abnahme oder Präjudiktion der Entscheidung ¨ Offenes Ansprechen der vorliegenden ethischen Konflikte ¨ Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at Bestimmung über Kinderwunsch zählt zu den unveräußerlichen Menschenrechten. Ausdruck von Menschenwürde und freier Entscheidung ¨ Verantwortung um Wohlergehen und Fürsorge um das Kind Sexualität bei schizophren Erkrankten ¨ Unterscheidet sich signifikant von gesunden Frauen ¤ Häufiger außerhalb tragfähiger Beziehungen ¤ Stärkerer Wechsel von Sexualpartnern ¤ Geringeres Wissen um Empfängnisverhütung ¤ Daher öfter unbeabsichtigte und ungewollte Schwangerschaften ¤ Häufiger aus gewaltsamen Übergriffen entstandene Schwangerschaften ¤ Mit erhöhtem Infektionsrisiko verbunden 15 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Schwangerschaft bei schizophren erkrankten Müttern ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Geht gehäuft mit starken Ängsten über den Geburtsvorgang einher Häufiger Partnerkonflikte Seltener Teilnahme an Schwangerschafts- und Geburtsvorsorge Durch die verstärkte psychosoziale Belastung verstärken sich Positivund Negativsymtpomatik Eine psychotische Verleugnung der Schwangerschaft ist möglich Verleugnung von Schwangerschaft geht mit erhöhter Rate an somatischen Komplikationen bei Mutter und Kind einher Erhöhte Rate an Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen auch ohne Verleugnung Es besteht die Gefahr aggressiver oder gar neonatizider Handlungen gegen das Neugeborene Medikation bei Schwangerschaft ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Es liegen ausreichende Daten zur antidepressiven und antipsychotischen Behandlung für Schwangerschaft, Wochenbett und Stillzeit vor Psychoedukation Enge Begleitung durch Klinik oder niedergelassenen Facharzt notwendig Über die ersten Kinderjahre ist eine fachliche Begleitung notwendig Planung von Koordination von Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialamt und Jugendamt notwendig Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at 30.08.12 Puerperales Psychoserisiko ¨ ¨ ¨ Steigt bis zu 50% an, v.a. bei unzureichender oder fehlender antipsychotischer Medikation Schwere psychotische Exazerbationen führen häufig zu Trennung vom Baby durch Hospitalisierung Das psychotische Erleben kann das Baby mit einschließen und zu dessen Schädigung oder Tötung führen ¨ ¨ ¨ Außer auf psychiatrischen Mutter- Kind-Einheiten (LSF) Es kann unter sicherem antipsychotischem Schutz sehr wohl gelingen, Die Herausforderung einer Schwangerschaft, der Geburt selbst und der Mutterschaft konstruktiv anzunehmen und zu meistern Erfolge Viele Mütter verlieren die Obsorge dennoch ¨ In der Trennung von Eltern und Kind ist wieder eine psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung erforderlich ¨ Begleitung der Kinder mit deren erhöhtem Risiko für psychiatrische Symptome und Krankheiten ¨ 16 Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis Postpartum-Psychose Häufigkeit 1-2% ¨ Unter medikamentöser Unterstützung nach 14 Tagen zu 95% ausgeklungen ¨ 30.08.12 Postpartum-Psychose: Auswirkungen auf die Kinder ¨ ¨ Murray et al. 2003: weder kognitive noch emotionale Auswirkungen auf die Kinder Weil trotz psychotischer Symptome hohe mütterliche Feinfühligkeit erhalten, außer in das Kind wird ein verfolgendes Objekt projiziert Kinder schizophrener Eltern • • Nachgewiesenes genetisches Risiko Erhebliche psychosoziale Belastungen: – – – – – – – Alltags- und Finanzprobleme Geringer familiärer Zusammenhalt Gestörte Eltern-Kind-Beziehung Geringe Emotionalität und verbale Responsivität der Mütter Zurückweisender und autoritärer Erziehungsstil Kühles Familienklima Rasche Überforderung der Eltern mit ihren Kindern Asarnow JR, Goldstein MJ, Ben-Meir S (1988). Parental communication deviance in childhood onset schizophrenia spectrum and depressive disorders. J Child Psychol Psychiatry; 29:825-38. Mednick SA, Parnas J, Schulsinger F (1987). The Copenhagen High-Risk Project 1962-86. Schizophr Bull;13:485-95. Dr. Christoph Gö?l www.kinder-­‐jugendpsychiatrie.at 17