Wie funktioniert das Leben? 2.1 DNA DNA ist das Speichermolekül des Lebens. Der Zucker, der zusammen mit den Phosphatresten das Rückgrat des Kettenmoleküls bildet, ist die Desoxyribose. Dieser Zucker ist chemisch wenig angreifbar und verleiht der DNA eine hohe Stabilität. Die meisten stabilen Strukturen des Moleküls, die in der Natur beobachtet werden, haben die Form einer Doppelhelix. Abbildung 3 illustriert drei verschiedene Doppelhelices, die in der Natur vorkommen. Dabei ist die in Abbildung 3A dargestellte B-DNA die bei weitem häufigste. Die chemische Stabilität ist die Grundlage für die besondere Eignung von DNA als Speichermolekül. Sie verleiht dem Molekül eine hohe Haltbarkeit. Auf der Grundlage der Grobstruktur der DNA als Doppelhelix gibt es zwei strukturelle Variationsmöglichkeiten bei DNA: Zum einen ergibt sich durch die im DNA-Molekül codierte Nukleotidabfolge ein feinstruktureller Unterschied innerhalb der Furchen der Doppelhelix. Dieser Unterschied repräsentiert die genomische Information, die in der DNA gespeichert ist. Moleküle, die an die DNA binden, sind in der Lage, die feinstrukturellen Unterschiede in der Furche zu erkennen. So kann DNA selektiv abgelesen werden, z. B. durch Transkriptionsfaktoren, also Proteine, die das Ablesen von Genen initiieren (Abb. 4). Die Bindung von Transkriptionsfaktoren an DNA ist das Ergebnis eines Prozesses der Minimierung der freien Energie des molekularen Ensembles, bestehend aus den beteiligten Makromolekülen und dem sie umgebenden Wasser. Dieser Prozess ist im Prinzip mit Naturgesetzen beschreibbar. In ihm spielen sowohl enthalpische – also auf physikalische Kräfte zurückzuführende – als auch entropische – also auf das Maß der molekularen Unordnung zurückzuführende – Beiträge eine Rolle. In der Vergangenheit wurden die Präferenzen von Transkriptionsfaktoren hinsichtlich ihrer DNA-Bindestellen hauptsächlich mit vergleichenden Methoden modelliert, bei denen Abb. 4 Ein Transkriptionsfaktor „liest“ DNA. Die DNA ist in der Skelettform dargestellt. Das an sie bindende Protein ist mit seiner molekularen Oberfläche (lila) dargestellt. Die Oberfläche ist transparent, so dass im Inneren des Proteins die Sekundärstruktur des Proteinrückgrates zu sehen ist. Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 11–44 (2011) 19