Die diagnostische „Liquorpunktion“ in der neurologischen Facharztpraxis PD Dr. med. Eva Schielke NEUROLOGIE BERLINMITTE Heinrich Quincke (1841-1922) 1870 Habilitation an der Charité über Anatomie und Physiologie des Liquor cerebrospinalis bei Hunden 1891 Durchführung der ersten Lumbalpunktion bei einem Kind mit Hydrocephalus 1902 Monographie „Die Technik der Lumbalpunction“ Lumbalpunktion: Technik sitzend liegend Entscheidend ist die gute Lagerung! Google-Treffer bei „gute Krankenschwester“ Lumbalpunktion: Komplikationen • iatrogene Meningitis • epidurale Blutung • postpunktionelles Syndrom • postpunktionelle Einklemmung Postpunktioneller Kopfschmerz August Bier (1861-1949) 1898 Selbstversuch zur Spinalanästhesie, danach heftige postpunktionelle Kopfschmerzen 1899 Publikation „Versuche ueber die Cocainisierung des Rückenmarkes“, darin auch Darstellung der LeakageTheorie normal: Liquor als hydraulischer Stoßdämpfer postpunktionelles Duraleck: Liquorverlust Liquorunterdruck: Gehirn rutscht nach kaudal → Zug an Dura, aua! Nerven und Gefäßen •Kopfschmerzen •Übelkeit, Erbrechen •Tinnitus, Hypakusis •Abducensparese Liquorunterdrucksyndrom: Besserung im Liegen Inzidenz postpunktioneller Kopfschmerzen: relevante Faktoren • Kanülengröße • Ausrichtung des Kanülenschliffs • Form der Kanülenspitze Kanülendurchmesser Gauge postpunktionelle Kopfschmerzen ∅ [mm] 16 1,63 18 1,22 20 0,91 21 0,81 22 0,71 70% 20% Inzidenz postpunktioneller Kopfschmerzen: relevante Faktoren • Kanülengröße • Ausrichtung des Kanülenschliffs • Form der Kanülenspitze falsch! richtig! Inzidenz postpunktioneller Kopfschmerzen: relevante Faktoren • Kanülengröße • Ausrichtung des Kanülenschliffs • Form der Kanülenspitze Quincke-Kanüle + - geringer Zeitaufwand häufig postpunktionelle Kopfschmerzen (ca. 20-40 %) Sprotte-Kanüle - Einführkanüle nötig, langsames Abtropfen + selten postpunktionelle Kopfschmerzen (ca. 2-6 %) Epiduraler autologer Blut-Patch bei postpunktionellem Syndrom epidurale Injektion von 10-20 ml Eigenblut Schmerzfreiheit nach ca. 2 Stunden bei > 80 % der so behandelten Patienten postpunktionelle Herniation: das geschwollene Gehirn rutscht nach kaudal → Einklemmung Postpunktionelle Herniation zervikomedullärer Infarkt nach Einklemmung der Kleinhirntonsillen Subokzipitalpunktion: Technik Subokzipitalpunktion: Risiken Arnold-Chiari-Malformation → Verletzung der Kleinhirntonsillen Nadel zu tief eingestochen → Hirnstammverletzung Kontraindikationen der Lumbal- und Subokzipitalpunktion • lokale Infektion im Zugangsbereich • Blutungsneigung • anatomische Abnormitäten wie ArnoldChiari-Mißbildung (v.a. bei SOP) • V.a. erhöhten intrakraniellen Druck Ambulante Lumbalpunktion Indikationen • V.a. MS • Periphere Facialisparese • V.a. Borreliose • HIV-Infektion • u.a. • • • • • Kontraindikationen Gerinnungsstörung Herniationsgefahr Vitale Fragestellung (V.a. SAB, eitrige Meningitis u.ä.) Onkologische Erkrankung V.a. NPH Ambulante LP - Procedere • Ärztliche Indikations- u. Fragestellung • Gerinnungsanamnese: Hämophilie, Marcumar/Falithrom: nein ASS, Aggrenox, Clopidogrel: meist ja • Thrombozyten, Quick/INR, PTT • Klinischer u./o. bildgebender Ausschluss einer intrakraniellen Druckerhöhung • Aufklärung und schriftliche Einwilligung 24 h vor LP Ambulante LP - Procedere • Checkliste (Gerinnung, Einwilligung?) • nach Absprache mit Pat. Sedierung mit 10 mg Diazepam (aufgehobene Fahrtüchtigkeit!) • LP mit Sprottekanüle im Sitzen oder Liegen • bei sehr schwierigen Verhältnissen und Ausschluss von Kontraindikationen SOP • anschließend 2 Stunden Überwachung Ambulante LP - Kosten • Sprotte-Kanüle: möglichst als Praxisbedarf! • Abrechnung: EBM Ziffer 02342 (1100 Punkte, 38,85 €) • GOÄ Nr. 305 (1,0fach: 20,40 €)