Ausgabe A - Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe

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Praxismanagement
Fortbildung zum Patientengespräch
Kommunikation als Erfolgsfaktor
Das Patientengespräch im Fokus. Zu diesem Thema gestaltete die ’Akademie für
Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe’ ihre diesjährige Herbst-Fortbildung. Und
einmal mehr wurde deutlich: Die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patient
ist der Schlüssel zum Vertrauen, der Schlüssel zum Behandlungserfolg.
Nicht umsonst habe sich die Akademie dieses Thema als diesjährigen Fortbildungsschwerpunkt gewählt, machte Prof. Dr.
Winfried Walther, Direktor der Akademie,
deutlich. Im täglich zu bewerkstelligenden
Spannungsfeld des Zahnarztes aus eigenen
Vorstellungen, fremden Patientenerwartungen und wirtschaftlichen Erwägungen sei
es genau dies, worauf es ankomme: „Das
Gespräch bringt es an den Tag. Der Patient
kann erkennen, ob wir ihm helfen wollen
oder nicht.“ So legte er die Messlatte eingangs der Fortbildung fest – und am Ende
waren sich die Besucher einig, sie war nicht
zu hoch gelegt.
Prof. Dr. Michael Dick erläuterte, wie es überhaupt gelingen kann, eine helfende Beziehung aufzubauen. Schon lange sei wissenschaftlich fundiert, dass eine gute Patientenbeziehung über entsprechende Kommunikationsformen auf den Erfolg einer Therapie
oder einer Behandlung bedeutsamen Einfluss hat. Dick bezog sich etwa auf die Arbeiten von Antonovsky (1997) und Engel
(1977). Bei der Patientenbeziehung müsse
man sich vor Augen halten, dass die BezieWenn dem Patienten
Freundlichkeit und
Kompetenz signalisiert
wird, bekommt er
leichter den Eindruck,
beim Zahnarzt seines
Vertrauens zu sein.
Fotos: Fotolia
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hung von Arzt und Patient asymmetrisch ist:
Das Hilfesuchen des Patienten beinhaltet eine Einschränkung dessen persönlicher Autonomie. Am Zahnarzt sei es, über die angemessene Kommunikation und die sich daraus entwickelnde Beziehung wieder eine
Symmetrie herzustellen. Dies beinhalte auch,
den Patienten mit seinen lebensgeschichtlichen Erfahrungen zu sehen, denn Stärken,
Schwächen, Blockaden oder Ressourcen des
Patienten beruhen auf dessen Erfahrungen,
positiven oder belastenden. Optimalerweise
versuche der Zahnarzt, Anschluss an diese
Erfahrungen des Klienten herzustellen.
Beziehungsaufbau als
Prozess betrachten
Wichtig sei es, sich klar zu machen, dass es
sowohl beim Patienten als auch beim Behandler eine Ebene der Erfahrung gibt, die
nicht offen zutage tritt, sondern die systematisch verdeckt wird und die den Behandlungserfolg verzögern oder verhindern
kann. Dafür gebe es zwar gute lebensgeschichtliche Gründe, die Ebene sei im Behandlungsprozess aber nicht bewusst. Dennoch sei sie von Beginn an und ständig wirksam und könne die Handlungsmöglichkeiten einschränken. Prof Dick: „Manchmal ist
halt auch einfach der Wurm drin.“
Er stellte zudem eine Klassifizierung vor, die
die Arzt-Patienten-Beziehung einstuft und
die bei der Entscheidungsfindung helfen
kann, in welche Richtung die Patientenbeziehung sich entwickeln soll:
■ Paternalistisches Modell:
Der Zahnarzt entscheidet für den Patienten
und übernimmt die Verantwortung. Die
Beziehung bleibt asymmetrisch.
■ Dienstleistungsmodell:
Der Zahnarzt richtet sich nach den Wünschen des Patienten. Die Patientenzufriedenheit steht im Mittelpunkt, der Patient
entscheidet. Die Beziehung bleibt asymmetrisch.
■ Partnerschaftliches Modell:
Es herrscht eine symmetrische Kooperationsbeziehung zwischen Zahnarzt und Patient. Der Zahnarzt ist medizinischer Experte, der Patient ist Experte für seine Lebensumstände. Die Verantwortung wird geteilt.
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■ Patientenorientiertes Modell:
Die anderen Modelle werden je nach
Situation angemessen und abwechselnd eingesetzt.
Problemdarstellung hat, beträgt gerade mal sechs Sekunden im Schnitt,
bereits nach 23 Sekunden wird der
Patient vom (Zahn-)Arzt unterbrochen.
„Zuhören lernen“ sind nach der AuffasDoch wie fängt man eine Beziehung
sung Wolowskis die Zauberwörter, mit
an, und wie erkennt man, dass sie
denen es gelingen könne, eine bessere
stimmt? Dick legte Wert darauf, zu bePatientenbeziehung zu gestalten. Und:
tonen, dass der Beziehungsaufbau als
gleichzeitig die Untugenden im ärztliProzess zu verstehen sei, um dem Pachen Gespräch vermeiden. Als ein Beitienten das Gefühl geben zu können,
spiel führte sie an, Patientenprobleme
Zuhören
können
ist
eine
wichtige
Grundvoraussetzung
dass er an der richtigen Stelle ist. Entzu bagatellisieren, also Probleme und
für den Zahnarzt, um eine Patientenbeziehung aufzusprechend einer patientenzentrierten
Gefühle herunterzuspielen und als
bauen.
Beziehung sollten Mediziner daher
unwichtig zu bewerten. Dadurch fühle
über ein variables Repertoire verschiedener
sich der Patient nicht ernst genommen.
Rollen- und Beziehungsvarianten verfügen.
Stattdessen solle man sich im ärztlichen
Zuhören – und dem
Dick: „Die Experten- und die Arztrolle beGespräch auf die Tugenden konzentrieren,
Patienten Interesse zeigen
herrschen Ärzte sehr gut. Die Rolle des Prowas damit beginne, dass es möglichst auf
Prof. Dr. Anne Wolowski widmete sich in ihzessbegleiters hingegen ist Vielen fremd.“
gleicher Augenhöhe stattfindet und dass
rem Vortrag ebenfalls der Kommunikation
Um einen Kontakt herzustellen, brauche es
Störungen ausgeschaltet sind oder, wenn
als Mittel, ein Patientenverhältnis aufzubauFähigkeiten wie Sensibilität, Gesprächsfühvorhersehbar, angekündigt werden. Fachen. „Die sprechende Medizin hat hierzulanrungskenntnisse und Wahrnehmungsverbegriffe sollten gegebenenfalls übersetzt
de keine Lobby“, so Wolowski. Sie zitierte
mögen dem Patienten gegenüber. „Eine
oder erst gebraucht werden, wenn der
aus mehreren Studien, aus denen hervorhelfende Beziehung aufbauen heißt“, so
Sachverhalt
alltagsverständlich
erklärt
gehe, dass das Gespräch mit dem Patienten
bilanzierte Dick, „Anschluss zwischen der
wurde. Generell solle dem Patienten, auch
hierzulande in den Praxen sehr vernachErfahrungswelt des Patienten und der therawenn es wegen Routineangelegenheiten oft
lässigt ist. So sei Deutschland „Kurz-Gepeutischen Kompetenz herstellen.“ Der
schwer fällt, kontinuierliches Interesse
sprächs-Europameister“, was bedeute, dass
Zahnarzt als Helfer benötige dazu eine augezeigt und ihm gegenüber eine offene
ein Patientengespräch im Durchschnitt acht
thentische, wertschätzende und neugierige
Körperhaltung eingenommen werden. sg
Minuten dauert, die Zeit, die der Patient zur
Haltung.
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