4. Diskussion 4. Diskussion 4.1. Endotheliale Antigenexpression von VCAM-1 und E-Selectin In der vorliegenden Studie fanden sich eine Expression von VCAM-1 und E-Selectin nicht nur durch Endothelzellen in Proben transplantierter Herzen mit einer leichten bzw. mäßigen Abstoßungsreaktion, sondern darüber hinaus auch durch Endothelzellen in Biopsien ohne jegliches klinisches oder morphologisches Abstoßungszeichen bzw. durch Endothelzellen in Biopsien nicht transplantierter Herzen. Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu Studien, in denen eine positive Anfärbung des Endothels für Adhäsionsmoleküle nur in Herzbiopsien nach Transplantation mit Zeichen der Abstoßung nachgewiesen wurden. Hieraus wurde die Hypothese abgeleitet, dass VCAM-1 und E-Selectin, da sie auch für eine Leukozytenadhäsion bzw. Migration in das Parenchym verantwortlich sind, als Zeichen einer in Entstehung begriffenen Abstoßungsreaktion zu werten sind (Allen et al., 1996; Allen et al., 1992; Ardehali et al., 1996; Briscoe et al., 1995; Herskowitz et al., 1994; Koskinen, 1993; Steinhoff et al., 1995; Tanaka et al., 1994; Taylor et al., 1992). Allerdings wurden in diesen Studien fast ausschließlich Biopsien mit Abstoßungsreaktionen in einem relativ engen Zeitraum post operationem untersucht und fast nie im langzeitigen Verlauf. Desweiteren wurden Transplantatproben mehrheitlich nicht mit Kontrollgruppen verglichen. So beschrieben Taylor et al. (1992) in ihrer Arbeit zwar eine deutlich stärkere Expression von VCAM-1 und E-Selectin durch Endothelzellen während einer akuten Abstoßungsreaktion, jedoch ohne nähere Angaben über den Grad der Abstoßung zu machen. Darüber hinaus wurde die Mehrzahl der von ihnen untersuchten Proben (10 von 15) in einem Zeitraum von weniger als 3 Monaten nach erfolgter Herztransplantation untersucht, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch mit einem hohen systemischen Zytokinspiegel gerechnet werden muss, der zu einer erhöhten Expression induzierbarer Adhäsionsmoleküle führt. Korrespondierend zu der vorliegenden Arbeit zeigten in der Kontrollgruppe ebenfalls einige Biopsien eine Expression dieser Adhäsionsmoleküle und zwar durch Endothelzellen. Die Kontrollgruppe bestand in der überwiegenden Mehrheit aus Biopsien von Patienten mit der klinischen Diagnose einer intrakraniellen Blutung oder von Patienten, bei denen die Herzbiopsie nach einem Verkehrsunfall entnommen wurde. Auch die Veröffentlichung von Tanaka et al. (1994) belegt, allerdings hier im Tierversuch, eine Induktion von VCAM-1 durch Endothelzellen nach erfolgter Herztransplantation in einem Untersuchungszeitraum von nur 8 Tagen. Allerdings wurde keine Kontrollgruppe von ihnen untersucht. Bei einer VCAM-1-Induktion nach so kurzer Zeit postoperativ muss hier 68 4. Diskussion eine allgemeine Zytokinausschüttung mit als Ursache für die von Tanaka et al. beschriebene starke VCAM-1-Expression diskutiert werden. Ein im Vergleich zur vorliegenden Arbeit ebenfalls kurzes Untersuchungsintervall von 30 bis 60 Tagen umfasst die Studie von Ardehali et al. (1995). Die Autoren wiesen im Tierversuch in transplantierten Herzen eine Induktion von VCAM-1 im Rahmen einer akuten Abstoßungsreaktion nach. Die zuvor explantierten Herzen, die als Kontrollgruppe gewertet wurden, wiesen keine immunhistochemische Anfärbung des Endothels auf. Auch bei dieser Studie muss diskutiert werden, ob die VCAM-1-Expression ursächlich mit der nur kurze Zeit zurückliegenden Herzoperation und einer eventuell dadurch verursachten generalisierten Zytokinausschüttung in Zusammenhang steht. Allen et al. (1992) beschreiben - übereinstimmend mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit - in einer Verlaufsstudie eines einzelnen Patienten innerhalb eines Zeitraumes von elf Wochen eine basale Expression von VCAM-1 durch Endothelzellen in Biopsien ohne histologische Zeichen einer (drohenden) Abstoßungsreaktion. Für die von ihnen nachgewiesenen Induktion von VCAM-1 im Rahmen einer moderaten Abstoßungsreaktion werden von den Autoren verschiedene Hypothesen diskutiert. Auf der einen Seite könnten die Adhäsionsmoleküle eine Abstoßungsreaktion initiieren, andererseits könnte die vermehrte Expression durch einen erhöhten Zytokinspiegel im Rahmen einer viralen Infektion verursacht sein; so weisen die Autoren in diesem Zusammenhang auf die beobachtete signifikante VCAM-1-Expression des Endothels im Rahmen einer CMVInfektion hin. In dieser Veröffentlichung muss auch hier auf den relativ kurzen Untersuchungszeitraum von elf Wochen postoperativ hingewiesen werden, sowie auf das Fehlen einer Kontrollgruppe. Auch wurde die Expression von E-Selectin, wie VCAM-1 ein durch Zytokine induzierbares Adhäsionsmolekül, in dieser Arbeit nicht untersucht. In einer weiteren Veröffentlichung von Allen et al. (1996) weisen die Autoren nach, dass VCAM-1 und E-Selectin nur in Abwesenheit einer zytokininduzierenden CMV-Infektion in Herzbiopsien abhängig vom Abstoßungsgrad exprimiert wird. Beide Adhäsionsmoleküle werden im Rahmen einer CMV-Infektion auch in Biopsien ohne histologische Zeichen einer Abstoßung exprimiert. So wiesen 80% der Biopsien ohne morphologische Zeichen einer Abstoßungsreaktion eine positive Reaktion des Endothels für VCAM-1 und E-Selectin auf, vergleichbar mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie. Allerdings ist bezüglich der vorliegenden Arbeit anzuführen, dass sich hier keine morphologischen Hinweise auf eine CMV-Infektion fanden. 69 4. Diskussion Auch Weigel et al. (2000) weisen in ihrer Studie nach, hier allerdings anhand von VCAM-1und E-Selectin-Serumwerten, dass bei Anwesenheit einer Infektion die Adhäsionsmoleküle ähnlich hochreguliert werden wie bei einer Abstoßungsreaktion und somit eine Unterscheidung zwischen Transplantatabstoßung und Myokardinfektion kaum möglich ist. Im Gegensatz zur vorliegenden Studie beobachteten Steinhoff et al. (1994) eine stärkere endotheliale Antigenexpression von VCAM-1 und E-Selectin in Proben transplantierter Herzen während einer Abstoßungsepisode im Vergleich zu Biopsien nichttranplantierter Herzen. Die von Steinhoff et al. nachgewiesene Expression von VCAM-1 und E-Selectin in Kontrollbiopsien nichttransplantierter Herzen korrespondiert mit den Beobachtungen der vorliegenden Arbeit. In der Studie von Steinhoff et al. handelt es sich bei den Kontrollbiopsien um Biopsien, die Patienten im Rahmen der präoperativen Diagnostik vor einer Herzklappen-Operation entnommen wurden, d.h. sie wurden, wie in der vorliegenden Studie, einem pathomorphologisch veränderten Herzen entnommen. Die in der vorliegenden Studie erhobenen Befunde lassen den Schluss zu, dass der Nachweis einer endothelialen VCAM-1- und E-Selectin-Antigenexpession nicht ohne weiters als Zeichen einer drohenden bzw. akuten Abstoßungsreaktion gewertet werden kann. Als Ursache der hier beschriebenen Expression induzierbarer Adhäsionsmoleküle ist eine systemische Wirkung von Zytokinen zu diskutieren, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer (akuten) Abstoßungsreaktion zu sehen ist. Hierzu zählt z.B. ein durch den schweren operativen Eingriff verursachter, langfristig erhöhter Zytokinspiegel. Zu diskutieren ist, dass dieser erhöhte Zytokinspiegel in der Transplantat-Gruppe in Zusammenhang mit den nachgewiesenen erhöhten Noradrenalinwerten zu sehen ist. Die in der vorliegenden Arbeit beobachtete endotheliale Antigenexpression von VCAM-1 und E-Selectin in Proben ohne Anstoßungsreaktion stimmt mit Befunden von Fries et al. (1993) überein. Diese zeigten im Tierversuch mittels Immunhistochemie und Northern Blot eine VCAM-1-Antigenexpression nach Endotoxinstimulation durch Endothelzellen in Herzgewebe sowie Nieren- und Lungengewebe und bewiesen, dass dies nicht zu einer nachfolgenden Leukozyteninfiltration, Interessanterweise konnten sie keine in das perivaskuläre vergleichbare Gewebe führte. E-Selectin-Antigenexpression nachweisen. Dies ist ein Hinweis dafür, dass neben VCAM-1 und E-Selectin zusätzliche Faktoren eine Rolle bei der im Rahmen der Abstoßungsreaktion auftretenden Leukozytenmigration zu spielen scheinen. Darüber hinaus lässt sich ableiten, dass die Adhäsionsmolekülexpression nicht als Zeichen einer Abstoßungsreaktion, welche durch eine Leukozyteninfiltration in das Parenchym gekennzeichnet ist, gewertet werden kann, und der Nachweis der hier 70 4. Diskussion untersuchten Adhäsionsmoleküle nicht als zuverlässiger prognostischer Marker einer drohenden Abstoßungsreaktion eingesetzt werden darf, wie dies von Quiao et al. (1992), Briscoe et al. (1995), Taylor (1992) und Ardehali et al. (1995) postuliert wurde. Diese These wird auch unterstützt durch die Ergebnisse von Herskowitz et al. (1995), die in ihren untersuchten Herzbiopsien eine Zunahme der Expression von VCAM-1 durch Endothelzellen immunhistochemisch nur bei 83% der Biopsien mit einer akuten Abstoßungsreaktion nachweisen konnten und bei 17% der untersuchten Biopsien keine endotheliale Expression von VCAM-1 fanden. Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene, im Vergleich zu VCAM-1 generell schwächere E-Selectin-Antigenexpression ohne Korrelation mit dem Schweregrad einer Abstoßung wird durch die Ergebnisse von Quiao et al. (1992) bestätigt. Sie konnten bei der immunhistochemischen Untersuchung von Herzbiopsien nur in zwei von insgesamt 84 Proben mit einer starken Abstoßungsreaktion eine schwache, fokale Anfärbung des Endothels mit dem Antikörper gegen E-Selectin nachweisen und somit keine Korrelation mit dem Schweregrad der Abstoßung herstellen. Briscoe et al. (1995) fanden in ihrer Arbeit im Verlauf eines Jahres nach Herztransplantation in 15% der Proben ohne Abstoßungsreaktionen eine schwache Anfärbung des Endothels für E-Selectin. Auch VCAM-1 wurde in einzelnen Proben ohne Abstoßungsreaktionen durch Endothelzellen exprimiert. Eine Korrelation der Anfärbung mit einer Abstoßungsepisode, wie in der Studie von Briscoe et al. (1995) beschrieben, konnte in der vorliegenden Arbeit allerdings nicht bestätigt werden. Dass die Expression von VCAM-1 und E-Selectin kein sicheres prognostisches Zeichen einer drohenden Abstoßungsreaktion ist, wird auch durch die Studie von Tanio et al. (1994) unterstützt. Die Autoren beobachteten in Biopsien mit histologisch deutlichen Abstoßungsreaktionen keine Induktion der E-Selectin-Antigenexpression. VCAM-1 wurde bei deutlicher Abstoßungsreaktion durch einige wenige Endothelzellen schwach fokal exprimiert, so dass die Autoren VCAM-1 als prognostischen Marker in Frage stellen. Zwar zeigt das Endothel der Biopsien der Transplantat-Gruppe in der vorliegenden Arbeit neben Biopsien mit fokal positivem Endothel auch Biopsien mit stärkerer endothelialer Expression von VCAM-1 und E-Selectin, eine eindeutige Korrelation lässt sich aber daraus nicht ableiten. 71 4. Diskussion Zusammenfassend legen sowohl die Ergebnisse der hier vorliegenden Arbeit als auch die Auswertung der Publikationen den Schluß nahe, dass die induzierbaren Adhäsionsmoleküle VCAM-1 und E-Selectin nicht die bisher ihnen zugesprochene zentrale Rolle für die Entstehung des Entzündungsinfiltrates und damit die Entwicklung der Abstoßungsreaktion spielen. Auch scheint ihre Induktion nicht durch die lokale Abstoßungsreaktion induziert zu werden. Stattdessen ist eine Aktivierung des Endothels durch systemisch wirkende Zytokine zu diskutieren. Für die Ausbildung einer Entzündungsreaktion im Sinne einer Abstoßungsreaktion scheinen daher zusätzliche Vorgänge auf intrazellulärer Ebene eine Rolle zu spielen. Unter diesen Gesichtspunkten sind auch die zwei in vivo-Studien von Bergese et al. (1995) zu diskutieren. Zwar zeigen beide Studien, dass eine durch IL-4 und TNF-α induzierte Expression von VCAM-1 durch Endothelzellen mittels pharmakologischer Therapie (z.B. mit Pentoxifylline =PTX) verhindert werden kann. Diese Blockierung der VCAM-1-Expression führt aber nicht zu einer verlängerten Überlebenszeit der Spenderherzen nach Transplantation unter PTX-Substitution und entsprechender Abwesenheit von VCAM-1. Da die Autoren eine Expression von VCAM-1 durch isolierte dendritische Zellen nachwiesen, welche nicht durch PTX eliminierbar war, vermuten die Autoren, dass das endotheliale VCAM-1 für die Entwicklung einer Abstoßungsreaktion nicht so notwendig ist wie die Expression von VCAM-1 durch nicht-endotheliale Zellen. Tanaka et al. (1995) belegen analog zu den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit im Tierversuch, dass insbesondere VCAM-1 bereits einen Tag nach erfolgter Transplantation durch das Endothel exprimiert wird, ohne das sich morphologische Zeichen einer Abstoßungsreaktion zeigten. Zusätzlich konnte in der Studie neben einer positiven endothelialen Expression auch eine VCAM-1-Expression durch glatte Muskelzellen im Bereich der Media der Koronargefäße und der Aorta nachgewiesen werden. Die Autoren vermuten, dass dies in Zusammenhang mit der Entwicklung einer beschleunigten Koronararteriensklerose des Spenderherzens zu sehen ist. Wie in der vorliegenden Studie zeigten auch Ardehali et al. (1995) eine VCAM-1 Expression des Endothels sowohl in Biopsien heterotop transplantierter Herzen ohne Abstoßungsreaktion, als auch in Biopsien der nativen, explantierten Herzen. Allerdings zeigten nur die glatten Muskelzellen der Media der epi- und intramyokardialen Arterien in den Proben der heterotop transplantierten Herzen eine VCAM-1-Expression. Diese Beobachtung lässt die Autoren vermuten, dass die alleinige Expression von VCAM-1 durch Endothelzellen noch keine Abstoßungsreaktion verursacht, sondern als mögliche Reaktion 72 4. Diskussion auf eine systemische Freisetzung von Mediatoren im Rahmen der erfolgten Transplantation bzw. Explantation zu werten ist. Erst die zusätzliche Expression von VCAM-1 durch glatte Muskelzellen in Verbindung mit weiteren Faktoren (z.B. MHCII-Antigene) könnte zu einer beschleunigten Vaskulopathie führen und somit zu einer chronischem Abstoßungsreaktion, die eine wesentliche Spätkomplikation der Herztransplantation darstellt. 4.2 Kardiomyozytäre Antigenexpression von VCAM-1 und E-Selectin in Biopsien transplantierter Herzen Die Expression der Adhäsionsmoleküle VCAM-1 und E-Selectin wurde in der vorliegenden Arbeit nicht nur in Endothelzellen, sondern auch in Kardiomyozyten in Biopsien transplantierter Herzen und in Biopsien der Kontrollgruppe, bestehend aus Patienten mit einer Kardiomyopathie oder Hypertonie, immunhistochemisch nachgewiesen. Im Gegensatz zu der endothelialen Expression dieser Adhäsionsmoleküle im Rahmen akuter Abstoßungsreakionen nach Herztransplantation ist die Expression von VCAM-1 und E-Selectin durch Kardiomyozyten bisher in der Literatur auffallend selten beschrieben. Da auch Proben transplantierter Herzen ohne oder mit nur geringen Anzeichen einer histologisch nachgewiesenen Abstoßungsreaktion eine positive Anfärbung der Myozyten aufwiesen, korreliert in der vorliegenden Arbeit die VCAM-1- und E-Selectin-Expression durch Myozyten nicht mit der Abstoßungsreaktion und kann daher nicht als prognostischer Marker für eine drohende Abstoßungsreaktion eingestuft werden. Interessant ist dabei, dass VCAM-1 und E-Selectin in den untersuchten Proben zwar interindividuell unterschiedlich stark exprimiert wurden, jedoch intraindividuell eine vergleichbare, weitgehend gleich starke Expression ohne größere Unterschiede in der Expressionsstärke aufwiesen. Unterstützt wird die Hypothese einer abstoßungsunabhängigen Expression von VCAM-1 und E-Selectin durch die positive immunhistochemische Anfärbung der Kardiomyozyten in den Biopsien der Patienten mit einer Kardiomyopathie und Hypertonie. Hieraus lässt sich die Hypothese einer basalen, eventuell auch zytokininduzierten VCAM-1- und E-SelectinExpression ableiten. Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene VCAM-1-Expression durch Myozyten wird bestätigt durch die Befunde von Molossi et al. (1995). Sie wiesen im Tierversuch 9-10 Tagen 73 4. Diskussion nach heterotroper Herztranplantation eine VCAM-1-Expression nicht nur durch Endothelzellen, sondern auch durch Myozyten immunhistochemisch nach. Eine Korrelation der Expressionsintensität mit dem Grad der Abstoßungsreaktion konnte von ihnen nur in der Kontrollgruppe (transplantierte Herzen ohne medikamentöse Behandlung der Abstoßungsreaktion) belegt werden. In Biopsien transplantierter Herzen, bei denen eine Prophylaxe der Abstoßungsreaktionen mit Cyclosporin A (einem Medikament, dass auch in der vorliegenden Arbeit zur Unterdrückung von Abstoßungsreaktionen eingesetzt wurde) oder eine TNF-Rezeptor-Blockade erfolgte, ergab sich, wie auch in der hier vorgelegten Arbeit, keine Korrelation zwischen der kardiomyozytären VCAM-1-Antigenexpression und dem Abstoßungsgrad. Da die endotheliale VCAM-1-Antigenepression in Arterien mittels TNF-α-Rezeptor-Blockade reduziert werden konnte, vermuten die Autoren, dass das Zytokin TNF-α ursächlich für eine VCAM-1-Expression ist. Offen bleibt bei ihnen, ob bei der kardiomyozytären VCAM-1-Expression ebenfalls Zytokine eine Rolle spielen oder ob es hier vielmehr eine basale Expression vorliegt. Auch andere Studien zeigten, dass verschiedene Stressfaktoren sowohl Kardiomyozyten als auch Endothelzellen in unterschiedlichem Ausmaß zur TNF-α-Produktion anregen und damit indirekt eine VCAM-1-Expression beeinflussen. So beobachteten Torre-Amione et al. (1996) bei der immunhistochemischen Untersuchung von Myokardgewebe von 30 Patienten mit Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium IV eine deutliche kardiomyozytäre Expression von TNFα-Protein. Dies wurde untermauert mittels Northern-Blot nachgewiesene, intramyokardiale, TNF-α-mRNA, während gesundes Kontrollmyokard keine TNF-α-Expression aufwies. Dies erklärt die von Torre-Amione et al. beschriebene intensive Expression von TNF-α durch Kardiomyozyten in den stark „vorgeschädigten“ explantierten Herzen sowie die geringere myokardiale TNF-α-Expression der weniger geschädigten Herzen der Kontrollgruppe. In verschiedenen Studien an Rattenmodellen kam es wenige Tage nach heterotoper Herztransplantation zu einer immunhistochemisch detektierbaren Expression von TNF-α in Endothelzellen, Kardiomyozyten und mononukleären Zellen; daneben konnte mittels RTPCR (Reverse Transkriptase-Polymerase Chain Reaction) TNF-α-mRNA intramyokardial belegt werden (Hancock et al., 1991; Han et al., 1998; Josien et al., 1998). Kontroverse Resultate liegen über die Korrelation zwischen Plasma-TNF-α und akuten Abstoßungsreaktionen vor. Chollet-Martin et al. (1990), Kimball et al. (1996) und Abdallah et al. (1997) beobachteten nach Herztransplantation mit akuten Abstoßungsreaktionen assoziiert auftretende erhöhte Serum-TNF-α-Spiegel, wohingegen Jordan et al. (1993), Azzawi et al. (1996), Grant et al. (1996) und George et al. (1997) keine Korrelation zwischen peripherem TNF-α-Spiegel und Auftreten bzw. Schweregrad histologisch nachweisbarer Abstoßungsreaktion fanden. 74 4. Diskussion Eine zu Molossi et al. (1995) gegensätzliche Hypothese wird in der Studie von Ansari et al. (1994) formuliert. In ihrer in-vitro-Studie zur Expression von VCAM-1 und E-Selectin durch fetale Kardiomyozyten konnten sie keine konstitutive Expression der beiden Adhäsionsmoleküle beobachten. Auch eine Inkubation mit verschiedenen Zytokinen wie INF-γ, TNF-α, LSP, IL-1α und IL1β konnte keine Expression dieser Adhäsionsmoleküle durch Kardiomyozyten nachweisen. Dies veranlasste die Autoren zu der Hypothese, dass weitere hier nicht Zytokine bzw. weitere Adhäsionsmoleküle eine Rolle bei der untersuchte Ausbildung eines Entzündungsprozesses, insbesondere bei der Transplantatabstoßung, spielen. Offen bleibt, ob die zeitliche Inkubationsperiode oder die angewendete Zytokinkonzentration dieser invitro-Studie übertragbar ist auf in-vivo-Verhätnisse ist. 4.3 Kardiomyozytäre Antigenexpression von VCAM-1 und E-Selectin in Beziehung zu klinischen Parametern Eine Korrelation zwischen der kardiomyoztären Expressionsintensität von VCAM-1 und ESelectin und dem mit der jeweiligen Biopsie korrespondierenden Noradrenalinwert lässt sich in der vorliegenden Arbeit nicht ableiten. Interessanterweise zeigen Antigenexpression der aber alle induzierbaren Biopsien in der Adhäsionsmoleküle Transplantatgruppe bei deutlich eine erhöhten Noradrenalinwerten. Da die VCAM-1- und E-Selectin-Antigenexpression durch Zytokine (TNF-alpha, Interleukin4) mit bedingt wird (Bergese et al., 1995), ist nicht auszuschließen, dass zwischen erhöhten Noradrenalinwerten und der Zytokinwirkung ein Zusammenhang besteht. Passend hierzu beschreiben Torre- Amione et al. (1995) einen erhöhten TNFalpha- Spiegel bei Patienten mit einer Kardiomyopathie. Van Riemsdijk-van Overbeeke et al., (1999) sehen die erhöhten Katecholaminspiegel bei Herzinsuffizienz als TNF-alpha induzierenden Faktor an. Desweiteren ist der Noradrenalinspiegel bei Herztranplantat-Patienten im Vergleich zu Kontrollpersonen im Allgemeinen erhöht (Stanford et al., 1997). Als Ursache werden Veränderungen der Hämodynamik angesehen, die mit einem erhöhten Katecholaminbedarf einhergehen (Dammenhyn et al., 1991). So entwickeln über 90% der Patienten im ersten postoperativen Jahr eine arterielle Hypertonie (Olivari et al., 1989). Die immunsuppresive Therapie mit Cyclosporin A und eine gesteigerte Aktivierung des Sympathikus werden als Ursache für erhöhte Noradrenalinspiegel mitdiskutiert (Bracht el al., 1996). 75 4. Diskussion Exzessiv erhöhte Katecholaminspiegel bei chronischer Herzinsuffizienz werden als TNF-αinduzierende Faktoren betrachtet (Koller-Strametz et al., 1998; van Riemsdijk-van Overbeeke et al., 1999). TNF-α entfaltet seine kardiodepressive Wirkung über die Hemmung des katecholamininduzierten cAMP-Anstiegs in den Kardiomyozyten und Erniedrigung der Empfindlichkeit für adrenerge Reize. Dies wird durch Modulierung der nach Rezeptorbindung erfolgenden, intrazellulären Prozesse und nicht über Herunterregulation der Rezeptoren (Gulick et al., 1988 und 1989) oder verminderte Katecholaminproduktion bewirkt. Das kann die fehlende Korrelation zwischen Noradrenalinspiegel und der TNF-αExpression durch die Kardiomyozyten in der vorliegenden Arbeit erklären. 4.4 Kardiomyozytäre Antigenexpression von VCAM-1 und E-Selectin in Biopsien von Kardiomyopathie- und Hypertonie-Patienten Aber nicht nur für transplantierte Herzen, auch für Kardiomyopathie- und Hypertonieherzen ist die VCAM-1- und E-Selectin-Expression durch Kardiomyozyten bisher wenig untersucht worden. Allerdings weisen eine Reihe von Autoren (Seko et al., 1992, Seko et al., 1996, Kühl et al., 1995, Toyozaki et al., 1993) auf die Rolle der viralen Myokarditis bei der Pathogenese der idiopathischen, dilatativen Kardiomyopathie (z.B. durch Enteroviren) hin. Während Seko et al. (1992) und Toyozaki et al. (1993) eine Expression des zur Ig-Familie gehörende Adhäsionsmolekül ICAM-1 bei Patienten mit der Diagnose einer klinischen Kardiomyopathie durch Kardiomyozyten nachweisen konnten, belegt die Arbeit von Seko et al. (1996) eine Expression von VCAM-1 durch Myozyten im Tierversuch im Rahmen einer Coxackievirusinfektion. In der gleichen Arbeit konnte in einem in-vitro-Versuch mit kultivierten Myozyten eine VCAM-1-Expression durch Gabe von IFN-γ und TNF-α induziert werden. Da eine Kontrollgruppe keine entsprechende Expression zeigte, spräche dies dafür, dass nur stimulierte Myozyten VCAM-1 exprimieren. Diese Befunde von Seko et al. (1996) stimmen mit den Ergebnisse der vorliegenden Arbeit überein, die eine positive Anfärbung durch Kardiomyozyten in Biopsien von Patienten mit Kardiomyopathie nachweist. Dies deutet auf eine nicht mit einer Abstoßungsreaktion korrelierende Reaktion der Kardiomyozyten in der Gruppe der transplantierten Herzen hin und stützt die Hypothese von zusätzlich aktivierenden Faktoren (wie z.B. Interferone, virale Infektionen), die die Expression von VCAM-1 durch Myozyten beeinflussen können. 76 4. Diskussion In Übereinstimmung mit der vorliegenden Arbeit konnten auch Kilbridge et al. (1994) ESelectin in Herzbiopsien nachweisen. Die Biopsien wurden Patienten vor und nach einer einer kardiopulmonalen Bypass-Operation entnommen (Dauer dieser Operation im Mittel ca. 2,5 Stunden). Der Nachweis wurde mittels Messung der für E-Selectin kodierenden m-RNA erbracht. Die Autoren konnten eine deutliche Induktion von E-Selectin nach erfolgter Operation nachweisen und werteten die Hochregulation von E-Selectin in Myozyten als Ausdruck und Reaktion der Zelle auf eine Verletzung des Parenchyms. Im Gegensatz zu diesen Studien sowie den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit stehen die Veröffentlichungen von Balantyne (1996) und Herskowitz et al. (1994). Beide Autoren beschreiben in Biopsien transplantierter Herzen keine immunhistochemische Anfärbung der Myozyten mit dem Antikörper gegen E-Selectin. Allerdings bezieht sich die Arbeit von Balantyne auf einen Case-Report eines einzelnen Patienten nach akuter Abstoßungsreaktion. Die Arbeit von Herskowitz et al. zeigte neben der fehlenden kardiomyozytären Reaktion auch keine Anfärbung der Endothelzellen mit dem Antikörper gegen E-Selectin. Ähnliche Ergebnisse wie in der vorliegenden Arbeit für Kardiomyozyten beschrieben, sind in ebenfalls zahlenmäßig geringen Publikationen, über das Expressionprofil von VCAM-1 und E-Selectin in Biopsien von Skelettmuskulatur beschrieben. In den Studien von Cid et al. (1996), Tews et al. (1995) und De Bleecker (1994) über das Expressionprofil von VCAM-1 und E-Selectin in Biopsien von Skelettmuskulatur von Patienten mit einer entzündlichen Myopathie und einer Kontrollgruppe ohne Zeichen einer neuromuskulären Erkrankung zeigten die Endothelzellen in der Kontrollgruppe jeweils keine Expression beider Adhäsionsmoleküle. Demgegenüber beschreiben Pallis et al. (1993) eine schwache, fokale Expression sowohl von VCAM-1 als auch E-Selectin durch Endothelzellen in Skelettmuskelbiopsien ohne Entzündungszeichen. Eine Induktion von VCAM-1 im Bereich des Endothels konnten Cid et al. (1996) bei Patienten im Rahmen eines entzündlichen Prozesses (Dermatomyositis und Polymyositis) nachweisen. E-Selectin war weder in normalen noch in pathologischen Muskelbiopsien nachweisbar. Auch Tews et al. (1995) wiesen diese Induktion von VCAM-1 und E-Selectin nach. E-Selectin zeigte im Vergleich zu VCAM-1 jedoch eine schwächere Induktion (28% der Proben) der Expression durch Endothelzellen in den Proben von Patienten mit einer entzündlichen Myopathie. Interessanterweise wurde eine Expression von VCAM-1 neben den Endothelzellen auch auf Muskelzellen und dendritische Zellen nachgewiesen. So konnten Cid et al. (1996) eine 77 4. Diskussion Expression von VCAM-1 auf Muskelfasern in 22% der Biopsien von Patienten mit einer Dermatomyositis nachweisen. Ebenso wiesen De Bleecker et al. (1994) in einzelnen Biopsien von Patienten mit einer Dermatomyositis eine VCAM-1-Expression durch Muskelfasern nach. Gleichfalls konnten Pallis et al. (1993) eine nicht-endotheliale Expression von VCAM-1 in Biopsien von Patienten mit einem systemischen Lupus erythematosus belegen. Hier zeigten die Myozyten innerhalb von Leukozyteninfiltraten sowie dendritische Zellen zwischen den Muskelfasern eine immunhistochemische Farbreaktion mit dem Antikörper gegen VCAM-1. Die Autoren aller Arbeiten über die kardiomyzytären Adhäsionmolekülexpression weisen auf die Induzierbarkeit von VCAM-1 und E-Selectin durch diverse Zytokine hin. So wird als Ursache für die Expression der Adhäsionsmoleküle durch Myozyten die Stimulation durch TNF-α und IFN-γ im Rahmen chronischer Erkrankungen wie z.B. Lupus erythematodes von Cid et al. (1996) diskutiert und die Expression der Adhäsionsmoleküle als Ausdruck einer entzündlichen Reaktion der Muskelzellen im Rahmen der Erkrankung gewertet. Pallis et al. (1993) gehen davon aus, dass die Expression von VCAM-1 und E-Selectin in Muskelbiopsien gesunder Patienten auf systemisch wirksame, im Kreislauf zirkulierende Zytokinen zurückzuführen sei. Diese Hypothese würde auch die Expression von VCAM-1 und E-Selectin in den untersuchten Herzbiopsien der vorliegenden Arbeit erklären. Tews et al. (1995) erklären die generell schwächere Expression von E-Selectin im Vergleich zu VCAM-1, eine Beobachtung die mit denen die vorliegende Arbeit übereinstimmt, mit dem besonderen zeitlichen Expressionsprofil von E-Selectin. E-Selectin wird im Rahmen akuter Entzündungsprozeße vergleichsweise schnell exprimiert und nach kurzer Zeit herunterreguliert. Die untersuchten Biopsien waren nicht im Frühstadium der Erkrankung gewonnen worden, so dass die Autoren davon ausgehen, dass E-Selectin im Verlauf der progredienten Erkrankung herabreguliert wurde. Dies würde auch das in der vorliegenden Studie vergleichsweise schwächere Expressionsmuster von E-Selectin durch Kardiomyozyten erklären. 4.5 Antigenexpression von HSP70 in Biopsien transplantierter Herzen Hitze-Schock-Proteine fungieren in der Zelle als sogenannte Chaperonine („ molekulare Behüter“), in dem sie die korrekte Faltung verschiedener Proteine an den Ribosomen gewährleisten. Daher gilt die Expression der Hitze-Schock-Proteine, wie in zahlreichen Studien belegt wurde, als Ausdruck eines Reparaturmechanismus der Zelle. Als sogenannte Stressfaktoren, die zu einer Expression von HSP führen, sind neben dem Hitze-Schock 78 4. Diskussion unter anderem auch Durchblutungsstörungen Schwermetalle, bzw. Ethanol, Sauerstoffschädigungen Aminosäure-Analoga, des Gewebes sowie Infektionskrankheiten zu nennen. Diese Faktoren führen zu einer vermehrten Expression von Hitze-Schock-Proteinen mit dem Ziel der Protektion der Zelle vor weiteren Schädigungen (Craig et al., 1993; Feige et al., 1992; Hendrick et al., 1993; Georgopoulos et al., 1993; Ellis 1991; Zimmerman et al., 1991). In Säugetierzellen sind die durch Stressfaktoren am stärksten induzierbaren HSP die Familie der 70 kDa HSP. Diese besteht aus einer Gruppe mit verschiedenen Isoformen, welche das HSP 72, HSP 73, HSP78 und HSP75 beinhalten (Hernand et al, 1996). Dabei wird in der Regel das HSP73 konstitutiv exprimiert, ist jedoch auch durch Stressfaktoren induzierbar. Das HSP72 wird hingegen durch ungestresste Zellen kaum exprimiert, wird aber durch Stressfaktoren induziert. Eine Induktion dieser HSP im Herzgewebe ist bei Stimuli wie Ischämie, Hypoxie, hämodynamische Störungen und chemische Substanzen nachgewiesen (Tanaka et al, 1998). Diese Induktion insbesondere der HSP70 mit seinen Isoformen lässt eine kardioprotektive Funktion von HSP 70 vermuten. So konnten Hutter et al. (1996) im Tierversuch nach Ischämie und nachfolgender Reperfusion, also Bedingungen, die auch bei transplantierten Herzen auftreten, eine Verminderung der Infarktgröße nach Induktion von HSP72 nachweisen. Auch Gowda et al. (1998) wiesen im Tierversuch nach lokaler Hitzebehandlung des Herzens und anschließender Induktion von HSP72 eine Limitierung der Infarktgröße nachweisen. Amrani et al. (1996) zeigten in einer in-vitro-Studie eine Verbesserung der mechanischen Herzfunktion (cardiac output) und der Endothelfunktion (Koronarfluß) nach Kardioplegie und Hyothermie, Bedingungen, die denen vor einer bevorstehenden Herztransplantation ähneln, nachdem diese Herzen zuvor einem Hitze-Stress ausgesetzt und dadurch eine Induktion von HSP72 verursacht worden war. Daher lässt auch diese Studie einen protektiven Effekt der HSP70 vermuten. In der vorliegenden Transplantatgruppe, Studie wurde unabhängig vom HSP70 Grad in allen der untersuchten Biopsien Abstoßungsreaktion, von der den Kardiomyozyten exprimiert, also auch in Biopsien ohne entsprechende Zeichen einer histologischen Abstoßungsreaktion. Neben einer kardiomyozytären HSP70Expression fand sich in in 53,6% der Transpantatbiopsien auch eine HSP70 Antigenexpression des Endothels.Eine Korrelation bezüglich des Abstoßungsgrades und der Expressionsintensität lies sich in der vorliegenden Studie nicht nachweisen. Allerdings muss kritisch erwähnt werden, dass in der vorliegenden Studie nur Biopsien vorlagen, die mehrheitlich keine bzw. 79 4. Diskussion eine schwache Abstoßungsreaktion zeigten. Biopsien mit einer akuten starken Abstoßungsreaktion konnten nicht untersucht werden. 4.6. Antigenexpression von HSP70 in Biopsien von Kardiomyopathie-und HypertoniePatienten Weiterhin wurde HSP70 auch in der Kontrollgruppe, bestehend aus Biopsien von Patienten mit der Diagnose einer Kardiomyopathie bzw. arterielle Hypertonie, von Kardiomyozyten exprimiert. HSP70 wurde aber auch bei den Kardiomyopathiepatienten in 55,5% der Biopsien und bei den Hypertoniepatienten in 23,1% der Biopsien durch das Endothel exprimiert. Eine Korrelation bezüglich der Herzinsuffizienz, eingeteilt nach dem NYHA-Stadium, ließ sich nicht erkennen, da auch Biopsien aus klinisch suffizienten Herzen eine positive Anfärbung des Myokards für HSP70 aufwiesen. Aus dieser Beobachtung kann die Hypothese abgeleitet Reparaturmechanismus werden, in dass einem die HSP70-Expression geschädigten Herzen ist ein und Ausdruck eines weniger eine abstoßungsspezifische Reaktion im transplantierten Herzgewebe. Offen bleibt, ob es eine spezifische myokardiale HSP70-Expression des Herzens gibt im Vergleich zu anderen Geweben (z.B. Leber, Niere usw.) und ob HSP70 tatsächliche eine kardioprotektive Rolle zukommt. Eine in-vitro-Studie von Nakano et al. (1996) belegt eine homogene, von den Autoren als konstitutiv interpretierte Expression der induzierbaren Isoformen von HSP 70 bzw. HSP 72 durch Kardiomyozyten. Diese basale Expression zeigte einen deutlichen Anstieg nach Inkubation der Myozyten mit TNF-α nach 12 Stunden. Demgegenüber spricht die in-vivo-Studie von McGrath et al. (1995) für eine hohe konstitutive Expression von HSP72 durch humane Kardiomyozyten in Herzbiopsien die vor und nach einer Bypass-OP entnommen wurden, so dass HSP72 teilweise durch diese Operation induziert wurde. Eine Kontrollgruppe (Biopsien von „nicht gestressten Tieren“) wies ebenfalls eine hohe konstitutive Expression von HSP72 auf. McGrath et al. vermuten in der hohen präoperativen HSP72-Expression einen möglichen Zusammenhang mit der bestehenden Erkrankung der untersuchten Herzen oder der medikamentösen Therapie. Diese Beobachtung stimmt mit der konstitutiven Expression von HSP70 der Kontrollgruppe in der vorliegenden Studie überein. In dieser Gruppe wurden ebenfalls Biopsien von „erkrankten Herzen“ untersucht, d.h. von Patienten mit einer Kardiomyopathie oder Hypertonie und daraus resultierender Herzinsuffizienz der NYHA- Stadien I-IV. 80 4. Diskussion Nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit ist HSP70 kein prognostischer Marker einer drohenden Abstoßungsreaktion. Da auch die Kontrollgruppe mit klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz (NYHA-Stadium I-IV) eine unterschiedlich starke Expression von HSP70 aufwiesen, ist ein Einfluss verschiedener Entzündungsmediatoren bzw. Zytokinen auf die Expression zu diskutieren. Die Beobachtung der vorliegenden Arbeit steht im Gegensatz zu den Veröffentlichungen von Mehta et al. (1997), Davis et al. (1996) und Baba et al. (1997), die in der HSP70-Expression einen möglichen Indikator für eine drohende Abstoßungsreaktion sehen. Die Ergebnisse der drei Studien wurden im Tierversuch mittels Western Blot ermittelt, in dem die mRNA für HSP70 gemessen wurde. Allerdings betrug der untersuchte Zeitraum bei allen drei Studien 5-7 Tage nach Transplantation, also lediglich einen im Vergleich zur vorliegenden Arbeit äußerst kurzen Zeitraum. Darüber hinaus divergieren die Ergebnisse der Studien hinsichtlich der konstitutiven und induzierbaren Form des HSP70. Während Mehta et al. (1997) eine Korrelation zwischen der HSP70-Expression und der Transplantatabstoßungsreaktion nur für die konstitutiven Form beobachteten, zeigte die Studie von Davis et al. (1996) eine Korrelation bezüglich Abstoßungsreaktion und Expressionsintensität des Myokards für die induzierbare Form des HSP70. Baba et al. (1997) untersuchten im Tierversuch mittels PCR die mRNA des induzierbaren HSP70 und fanden einen erhöhter mRNA-Spiegel fünf Tage nach Transplantation. Immunhistochemisch war, übereinstimmend mit der vorliegenden Arbeit, das induzierbare HSP70 in den Kardiomyozyten lokalisiert, infiltrierende Lymphozyten hingegen zeigten keine Anfärbung. Auch eine weitere Studie von Baba et al. (1998) bestätigt die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit. In dieser Studie wurden humane Endomyokardbiopsien in der frühen postoperativen Periode immunhistochemisch bezüglich des induzierbaren HSP70 untersucht und eine diesbezüglich immunhistochemische Anfärbung der Kardiomyozyten sowie auch der glatten Muskelzellen in Arterien beschrieben. Die Biopsien mit histologischen Zeichen einer akuten Abstoßung, zeigten interessanterweise keine Anfärbung der Myozyten, so dass Baba et al. eine inverse Korrelation der Antikörperfärbung vermuteten, d.h. bei starker Abstoßung nur eine geringe Anfärbung der Kardiomyozyten. Allerdings zeigten nur fünf der fünfzehn Patienten diese Abstoßungsreaktion, so dass keine signifikante Korrelation vorlag. 81 4. Diskussion 4.7 Antigenexpression von HSP27 in Herzbiopsien HSP 27 wird laut Literatur nicht konstitutiv, sondern nur nach Stressexposition exprimiert. (Löw-Friedrich et al., 1992). Zur myokardialen HSP27-Antigenexpression gibt es bisher nur wenige Veröffentlichungen. Die Bedeutung der HSP27Expression ist bisher somit noch unklar. Eine starke Expression dieses HSP27 wurde in Verbindung mit Brustkrebstumoren nachgewiesen, wobei die biologische Funktion bisher nicht geklärt werden konnte (Lemieux et al., 1997). Löw-Friedrich et al. (1992) konnten HSP30, ein ebenfalls zu den „low weight proteins“ gehörendes HSP, nach Stimulation mit verschiedenen Zytokinen in Myokardzellen in vitro nachweisen. Knowlton et al. (1998) zeigten in ihrer Arbeit mittels Western Blot eine im Vergleich zu gesundem Myokard um das zweifache erhöhte Expression von HSP27 innerhalb des Myokards bei Patienten mit einer dilatativen Kardiomyopathie. Ebenfalls mittels Western Blot konnten Qian et al. (1998) eine myokardiale Expression von HSP27 im Tierversuch nach Ganzkörperhyperthermie feststellen. In der vorliegenden Arbeit fand sich eine kardiomyozytäre Expression von HSP27 in 78,3% der Biopsien aus transplantierten Herzen und 65% der Kontrollgruppe. Darüber hinaus zeigten in den HSP27-positiven-Proben, im Gegensatz zu HSP70, ein unterschiedlich großer Anteil der Kardiomyozyten keine Anfärbung mit dem Antikörper gegen HSP27, so dass hier eine kardiomyozytäre konstitutive Expression in Frage zu stellen ist. Eine endotheliale HSP27-Antigenexpression wurde in der Transplantatgruppe in 3,6% der untersuchten Biopsien nachgwiesen. Eine endotheliale HSP27-Antigenexpression wurde in der Kontrollgruppe nicht nachgewiesen. Im Gegensatz zu den soeben erwähnten Arbeiten sowie den Ergebnissen der hier vorgelegten Arbeit beobachteten Ofenloch et al. (1998), die die Expression von HSP27 und HSP60 vor und nach Herztransplantation in einem Zeitraum von zwei Wochen untersuchten, eine Induktion von HSP27 und HSP60 durch Kardiomyozyten in transplantierten Herzen nach Abstoßungsreaktion. Allerdings war diese, offenbar nur mit einer Abstoßungsreaktion in Beziehung stehende Induktion nur in Biopsien ohne eine bekannte systemische (virale) Infektion nachweisbar. Patienten mit einer systemischen CMV-Infektion und entsprechender Freisetzung von Entzündungsmediatoren zeigten eine deutliche Induktion beider untersuchter Hitze-Schock-Proteine. Ofenloch et al. (1998) konnten, entsprechend der vorgelegten Studie, eine Induktion von HSP27 bei Patienten nach Herztransplantation nachweisen, wobei in ihrer Studie nur Kardiomyozyten eine HSP27-Expression aufwiesen. Die Autoren konnten zusätzlich eine Induktion dieses HSP zwei Wochen post operationem in Zusammenhang mit einer 82 4. Diskussion Abstoßungsreaktion beobachten. Allerdings korreliert die Expression mit einer Abstoßungsperiode nur unter Ausschluss systemischer Infektionen (hier CMV), da Patienten mit einer CMV-Infektion ebenfalls eine Induktion von HSP27 zeigten. Die Interpretation der nur fokalen HSP27-Expression durch Kardiomyozyten im Rahmen einer Stressreaktion in der vorgelegten Arbeit entspricht den Ergebnissen der in-vitro-Studie von Löw-Friedrich et al. (1992). Sie konnten anhand fetaler Kardiomyozyten eine Induktion der ebenfalls zu den „low-weight-stress-proteins“ gehörenden HSP30 nach Inkubation von Zytokinen wie IL-1, IL-2, IL-3, IL-6 und TNF-alpha belegen. Eine entsprechende Kontrollgruppe ohne Exposition gegenüber Zytokinen zeigte keine Expression. Diese Beobachtung lassen die Autoren vermuten, dass HSP30, neben HSP70, auch eine kardioprotektive Rolle der Kardiomyozyten nach Exposition von Zytokinen spielen. In der gleichen Studie konnte durch Inkubation mit IL-1 eine Induktion von HSP70 durch fetale Kardiomyozyten nachgewiesen werden. Zusammenfassung Zusammenfassend konnten die verschiedenen Studien im Tiermodell und mittels Western Blot einen erhöhten mRNA-Spiegel für die induzierbare Form des HSP70 während einer akuten Abstoßungsreaktion nach Herztransplantation nachweisen. In der Literatur beschriebene immunhistochemische Untersuchungen (Ofenloch et al. 1998) konnten, übereinstimmend mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit, keine sichere Korrelation zwischen der HSP-Expression und einer Abstoßungsreaktion nachweisen. Die Expression von HSP70 und HSP27 durch Kardiomyozyten und auch zum Teil durch das Endothel wird auch in den vorliegenden Studien belegt. Das in dieser Arbeit beschriebene Expressionsprofil der HSP ist somit keine abstoßungsspezifische Reaktion. Ob die Expression eine durch Entzündungsmediatoren oder systemisch zirkulierendes Noradrenalin (für die Biopsien transplantierter Herzen wurde in 99% der Proben deutlich erhöhte Noradrenalinwerte gemessen) verursachte Reaktion des untersuchten Herzgewebes ist, kann hier nicht beantwortet werden. Offensichtlich ist die HSP70Expression im Vergleich zur HSP27Expression spezifischer (in der Tranplantatgruppe fiel die immunhistochemische Reaktion bei 17,9% der Biopsien negativ aus, bei den Biopsien von Patienten mit Kardiomyopathien in 38,5% sowie bei den Proben von Patienten mit arterieller Hypertonie in 33,3% der Fälle). Hinweise dafür, dass verschiedene Entzündungsmediatoren einen Einfluss auf die Expression von HSP durch Kardiomyozyten haben, liefern die Studien von Löw-Friedrich et al. (1992) und Nakano et al. (1996), die einen Zusammenhang zwischen TNF-α, IL-1, IL-2, 83 4. Diskussion IL-3 und Il-6 im Serum und der Expression von HSP der 30kD und 70kD Familie beschreiben. Im Rahmen der Hypertonie und Kardiomyopathie, letztere unter Umständen durch Viren verursacht, könnte eine systemische Zytokinproduktion eine HSP-Expression bedingen. Bei den Biopsien von Patienten arterieller Hypertonie könnten veränderte hämodynamische Einflüsse (Minderperfusion, Druckveränderung im Bereich der Ventrikel) eine veränderte HSP-Expression verursachen, eine Aussage, die Baba et al. (1998) für transplantierte Herzen mit erhöhtem rechtsartrialen bzw. linksventriklären Druck aufstellte. 84