AG 5_ Koellner_Glatz - Deutsche Rentenversicherung

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Lamprocapnos spectabilis
Dr. med. Johannes Glatz
Prof. Dr. med. Volker Köllner
Rehazentrum Seehof der DRV Bund
14513 Teltow/Berlin
Probleme in der psychokardiologischen
Versorgung - warum braucht es ein spezielles
Reha-Konzept?
Psychokardiologische Rehabilitation im
Rehazentrum Seehof
2 Fallbeispiele
Wo besteht Forschungsbedarf?
Großes Überschneidungsfeld bei den kardiologischen und
psychosomatischen Erkrankungen
Kardiologische Erkrankung kann Psychotherapie
behindern (z.B. psycholog. Krankheitsverständnis,
Expositionen)
umgekehrt kann psychische Erkrankung kardiologische
Behandlung stark beeinträchtigen (z.B. Compliance,
Aktivität)
Patienten mit Komorbidität sind oft sehr schwierig zu
behandeln, fühlen sich rasch missverstanden und „fehl am
Platz“ in den unterschiedlichen Abteilungen
Warum Psychokardiologie?
Erfahrungen aus unserer Klinik
Patienten suchen selten von sich aus psychotherapeutische
Hilfe
Erstmaliger Kontakt zu psychotherapeutischen
Behandlungsangeboten oft während Anschlussheilbehandlung oder Rehabilitation nach kardiologischem
Akutereignis
Überwiegend gebahnt durch Primärbehandler (in der
Akutphase Kardiologe, in der chronischen Phase Hausarzt)
oder Angehörige
Im Wahrnehmungshorizont der Patienten erscheint
Psychotherapie häufig irrelevant oder sogar bedrohlich
Oft werden erst bei hohem Leidensdruck und/oder Druck der
Angehörigen psychotherapeutische Maßnahmen in
Erwägung gezogen
Körperliche Erkrankung geht regelhaft mit Ängsten,
Belastungsgefühlen und Stimmungsverschlechterung einher
das ist keine psychische Komorbidität, sondern eine psychische
Reaktion
Der Grad und die Qualität der psychischen Reaktion hat
somatische Wirkungen auf die körperliche Erkrankung
(Cortisolspiegel, Adrenalin, Biorhythmus, Schlaf)
Der Grad und die Qualität der psychischen Reaktion hat
verhaltensmedizinische Wirkungen auf die körperliche Erkrankung
(Diät, körperliche Aktivität, Compliance)
Systemerkrankungen (Metabolisches Syndrom, Herzinfarkt)
beeinträchtigen auch das ZNS
Aufregung führt zu größerer Aufregung
Psychische Komorbidität und Begleitreaktionen entscheiden über
die sozialmedizinische Prognose
CCM
ICD
LVAD
41jähriger Patient, Herzinfarkt vor zwei Jahren mit
Implantation von Stents
Entwicklung einer Herzinsuffizienz
Ungünstiges Profil der Risikofaktoren:
Familiäre Belastung (Vater früh an Infarkt verstorben)
Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung
Bis vor einem Monat 20 Zigaretten täglich
Jederzeit möglich:
Re-Infarkt
Maligne Herzrhythmusstörungen
Akuter Herztod
Bis zu mehrmals wöchentlich Brustschmerzen und Luftnot,
dabei Angst und Panik
Aufsuchen von Rettungsstellen, Unsicherheit bei den Ärzten:
Durchführung von EKGs und Untersuchungen
zunehmendes Sicherungs- und Schonverhalten des Patienten,
Vermeidung von Anstrengung, Vermeidung von Wegen,
Verunsicherung wenn unterwegs, erhöhtes Erregungsniveau und
Angstanfälle bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln
(Flügen!) mit zunehmender Agoraphobie
Patient verlangt unter Androhung von juristischen
Konsequenzen hochdosierte Nitratinfusionen, weil er die
Erfahrung gemacht habe, dass die stenokardischen
Beschwerden danach besser werden (somatische oder
psychische Wirkung?)
Depression
Herzinsuffizienz
Gedrückte Stimmung
Belastungsgefühl
Lustlosigkeit
Lustlosigkeit
Erschöpfbarkeit
Erschöpfbarkeit
Antriebsstörung
Aktivitätseinschränkung
Gefühl des Ausgebranntseins
Schwere- und Burnout-Gefühl
Insuffizienzgefühl
Leistungsinsuffizienz
Sexuelle Funktionsstörung
Sexuelle Funktionsstörung
Konzentrationsprobleme
Kognitive Beeinträchtigungen
Schlafstörungen, Müdigkeit
Schlafprobleme durch z.B.
Dyspnoe
Appetitlosigkeit
Verlangsamung
Depressive Anhedonie
Appetitlosigkeit
Verlangsamung
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
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psych. gesund
psych. Stör.
unauffällig
leicht
schwer
Pat. in Rehakliniken: „Fühlten Sie sich in letzter Zeit ständig völlig erschöpft?“ (Gerdes et al 2000)
Zum Vergleich Prävalenz psychischer Störungen in der Bevölkerung
(Bundesgesundheitssurvey 1998, Wittchen und Jacobi, 2001)
40
**
35
30
25
Kardiovask.
Bevölkerung
% 20
15
10
5
0
4 Wo.
12 Monate Lebenszeit
(Bundesgesundheitssurvey, Baumeister et al 2004)
Delir
Dementielle Entwicklungen
(z.B. Multiinfarktdemenz)
Hirnorganische Psychosyndrome
nach Herz-OPs, Reanimationen, Stoffwechselentgleisungen
Gefäßerkrankungen betreffen Herz und Hirn
Patienten mit einer kardialen Erkrankung
+ einer komorbiden psychischen Störung
+ einer als Reaktion hierauf aufgetretenen psychischen Störung
+ Problemen bei der Krankheitsverarbeitung
die durch psychische Faktoren mitverursacht / aufrechterhalten wird (z.B.
Hypertonie)
Bei kardialen Symptomen ohne organisches Korrelat (z. B.
Panikstörung) ist psychosomatische Reha ausreichend.
Psychokardiologische Reha im Sinner einer integrierten
Betreuung durch beide Fachbereiche = doppelter
Facharztstandard.
Gemeinsame gleichberechtigte Leitung
Zielgruppe sind Rehabilitanden, die sowohl eine
rehabedürftige kardiale als auch eine psychische
Erkrankung haben.
Die Rehadauer beträgt 5 Wochen mit Verlängerungsoption
6 Betten der Psychosomatik und 6 Betten der Kardiologie
wurden zu einer gemeinsamen Einheit zusammengefasst.
Wer machts?
AUS DER KARDIOLOGIE
Dr. med. J. Glatz
Dr. med. E. Langheim
Dr. med. W. Rademacher
AUS DER PSYCHOSOMATIK
Prof. Dr. V. Köllner
Dr. med. P. Langner
M. Baumjohann
Dr. med. U. Kessler
D. Rezbach
S. Dieling
J.Kleinschmidt
Ehrenmitglied: Dr. med. Barbara Lieberei
Die Aufnahme und Behandlung erfolgt durch einen
kardiologischen Stationsarzt und einen psychosomatischen Bezugstherapeuten
Psychotherapie: Min. 2x30‘ Einzeltherapie und
2x90‘ indikative Gruppe Pychokardiologie
Sport- und Bewegungstherapie nach kardiologischem
Standard
Je nach Indikation Ergotherapie, kognitives Training,
künstlerische Therapien, Sozialtherapie sowie
Patientenschulungen aus beiden Abteilungen.
Gemeinsame Visiten mit den kardiologischen
und psychosomatischen Ober- / Chefärzten
Wöchentliche Teambesprechungen
= ca. 3 Stunden gemeinsame Teamzeit/Woche
Gemeinsame vollständige sozialmedizinische Beurteilung durch beide
Fachabteilungen
Dieses Konzept erfordert zusätzliche
personelle Ressourcen
Der Tag der Rehabilitanden hat nur 24
Stunden – eine simple Addition beider RehaProgramme funktioniert nicht!
Wie finden die richtigen Rehabilitanden den
Weg zu uns?
52 Jahre, verheiratet, 1 Sohn, Rechtsanwaltsgehilfin
8/2015 Freitags plötzlich thorakale Beschwerden,
ausstrahlend in den Kiefer
Notfallambulanz: Orthopädische Beschwerden,
Einrenken von 6 Wirbeln
Montagvormittag bei Beschwerdepresistenz
Vorstellung beim Hausarzt, EKG unauffällig, zur
Sicherheit Blutabnahme.
Abends Anruf: „Ich habe den Krankenwagen zu ihnen
geschickt, Sie müssen gleich ins Krankenhaus!“
Dort Diagnose eines NSTEMI, Cx-PTCA mit
Stentimplantation, kard. unauffällliger Verlauf
Vorgeschichte: 6 Monate vorher Tod des Vaters
wegen unerkannter schwerer Herzerkrankung.
Wegen kard. unerklärbarer Anfälle mit Brustenge,
Herzklopfen und Kribbeln erhielt sie in der
Akutkardiologie Tavor n. B.
In der kard. Reha zunächst unauffälliger Verlauf.
RF: Fam. Hypercholesterinämie, Nikotinabusus
Zu Hause zunehmende Frequenz der Panikanfälle,
tägliche Einnahme von Tavor, zunehmend
Vermeidungsverhalten, sozialer Rückzug und
gedrückte Stimmung.
7 x Notaufnahme in 2 Monaten
Fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit
1/16 Einweisung in psychiatrische Klinik /Tagesklinik
8 Wochen Aufenthalt. Anschließend Stimmung
verbessert, Angst unverändert, Tavorkonsum auch
„Dort wurde nur nach meiner Kindheit gefragt, aber
nicht nach dem Herz(infarkt).“
Ein Arbeitsversuch im Sommer 2016 scheitert wegen
Panikanfällen, danach wieder Zunahme der
Depressivität.
Daraufhin Antrag auf Psychosomatische Reha und
Zuweisung in unsere Abteilung Psychokardiologie
Diagnosen hier:
Mittelschwere depressive Episode
Panikstörung
Benzodiazepinabhängigkeit
Stabile kononare 1-Gefäß-Erkrankung, Z. n. NSTEMI
RF: fam. Hypercholesterinämie, Nikotinabusus
Testdiagnostik: im
SCL-90 stark erhöhte Depressivität und Ängstlichkeit
Im AVEM Risikomuster B
Im Herzangstfragebogen deutlich erhöhte Werte v. a. bei
Furcht, weniger bei Vermeidung.
Keine psychische Symptomatik vor dem Herzinfarkt
Auffällig sind eine hohe Leistungsorientierung und
eine eher geringe Selbstfürsorge
Rehaziele:
Erlernen von Strategien zur Angstbewältigung
▪ Unterscheiden lernen zwischen AP und Panik
▪ Selbstvertrauen durch körperl. Aktivierung
▪ Kogn. Umbewerten und Exposition in vivo
Ausschleichen der Benzodiazepine
Verbesserung von Stimmung und Selbstfürsorge
Erarbeiten eines Krankheitskonzepts und eines Modells für
das Leben mit der KHK
Return to work
Benzodiazepinfreiheit
Fähigkeit, Panikanfälle alleine und ohne EKG zu bewältigen
Wiederaufnahme der körperlichen Aktivität und mehr
Selbstvertrauen in den eigenen Körper
Mehr Selbstfürsorge, bessere Stimmung
Plan zur Rückkehr ins Erwerbsleben
Einschätzung der Patientin, was geholfen hat:
Herz & Seele wurden gleichermaßen ernst genommen
Hier wurde mir zugehört und es war immer ein kompetenter
Ansprechpartner für meine Fragen da
Mitpatienten, die die gleichen Probleme hatte, wie ich
Effektivität der integrierten Betreuung: Lohnt der
Mehraufwand?
Evaluation psychotherapeutischer Konzepte bei
psychokardiologischen Patienten
Bedeutung und Behandelbarkeit kognitiver
Beeinträchtigungen?
Bedeutung und Beeinflussbarkeit herzbezogener
Ängste?
Häufigkeit und Behandelbarkeit von PTBS?
Kardiologie
Psychosomatik
Psychokardiologie
Seehof-Teltow
Vielen Dank !
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Programmschwerpunkte
• Psychokardiologie
• Begutachtung und Sozialmedizin
• Neue diagnostische Verfahren
• Optimierte Therapie
• Devices und
Herzrhythmusstörungen
• Prävention
• Multiresistente Erreger
• Gute Kommunikation
• Rehabilitation
Tagungspräsidenten:
Dr. Johannes Glatz
Prof. Dr. Volker Köllner
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