eine Welt - ein Klima

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eine Welt - ein Klima
Redaktion: Paula Riester (V.i.S.d.P.), Sebastian Brux, Nadine
McNeil, Georg Kössler, Ario Ebrahimpour-Mirzaie, Kathrin
Henneberger
Mitarbeit: Bärbel Henneberger, Hans Christian Müller
und Reinhard Loske
Herausgeberin: GRÜNE JUGEND Bundesverband
Hessische Straße 10, 10115 Berlin
Gestaltung&Layout: modul
Fotos: de.wikipedia.org (GNU-Lizenz, Bärbel Henneberger,
worldmapper.org, vooble (creative commons), Privat.
1. Auflage (Mai 2007)
Druck: UNION-Druckerei
Kontakt: GRÜNE JUGEND Bundesverband
Hessische Straße 10, 10115 Berlin
Fon: 030/275 940-95
Fax: 030/275 940-96
Email: [email protected]
www.gruene-jugend.de
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Inhaltsverzeichniss
Impressum
Inhaltsverzeichniss
Editorial
Woher kommen die Erkenntnisse über den Klimawandel?
Funktionsweise des natürlichen Treibhauseffekts
Die Klimagase
Der CO2 - Kreislauf
Zahlen und Fakten zum „anthropogenen Treibhauseffekt“
Trägheit des Klimasystems
Auswirkungen des Klimawandels
Der Meeresspiegel steigt
Der Golfstrom
Versauerung
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität
Vor dem Klima auf der Flucht
Klimagerechtigkeit
Das Kyoto-Protokoll
Das neue Klimaschutzabkommen: KyotoPlus
Ein CO2-Check pro Kopf - unsere Idee (1)
Globale Umweltorganisation - unsere Idee (2)
Den nationalen Alleingang wagen
Ökologisch Steuern
Einführung eines Top-Runner-Systems
Energieautarke Regionen
Gastbeitrag von Reinhard Loske
Klimabüchertipps zum Weiterlesen
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Liebe Leserinnen und Leser,
alle reden von Deutschland, wir reden vom Wetter! Der
grüne Wahlkampfslogan von 1990 war damals ein Schock
und ließ die Grünen aus dem Bundestag fliegen. 17
Jahre später ist das Thema aktuell wie nie zuvor: Der SternReport, der IPCC-Bericht, Stürme und warme Winter –
niemand kann mehr leugnen, dass wir mitten im von uns
selbst verursachten Klimawandel stecken.
Statt in den letzten Jahrzehnten auf WissenschaftlerInnen
und Umweltverbände zu hören, wurden weiterhin kräftig
CO2 und andere Treibhausgase in die Atmosphäre
geblasen. Das 1997 beschlossene Kyoto-Protokoll hat
dabei wenig zur Begrenzung des Problems beigetragen
– nicht zuletzt, weil der größte Klimasünder, die USA, immer
noch nicht beigetreten ist. Doch auch heute wird zwar
viel über Klimaschutz geredet, konkrete Veränderungen
sind aber wenig zu erkennen. Stattdessen stellen sich
immer noch viele PolitikerInnen und VertreterInnen aus
Wirtschaft und Industrie quer.
Dieses Verhalten können wir uns heute nicht mehr leisten.
Nach wissenschaftlichen Studien haben wir noch 10 bis
15 Jahre, um den Klimawandel umzukehren und die
Katastrophe zu verhindern. Dafür dürfen wir uns nicht auf
die faule Haut legen, sondern müssen jetzt handeln. In
der Energiewirtschaft, der Industrie, im Verkehr, in der
Landwirtschaft und beim persönlichen Konsum müssen
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die richtigen Weichen gestellt werden – und zwar
auf globaler Ebene. Wir dürfen jetzt nicht in Lethargie
verfallen, sondern müssen Druck auf Politik und
Wirtschaft ausüben und das eigene Verhalten ändern.
Die neue Broschüre der GRÜNEN JUGEND erklärt, wie
es eigentlich zum Klimawandel kam und was die
einzelnen Gründe dafür sind. Außerdem stellt sie die
konkreten Auswirkungen auf unsere Ökosysteme dar
und deckt gleichzeitig Lösungsmöglichkeiten auf.
Damit wollen wir auch zeigen, dass Jede und Jeder
etwas zum Klimaschutz beitragen kann.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und hoffen,
dass ihr danach noch aktivere KlimaschützerInnen
werdet!
Paula Riester und Jan Albrecht
(SprecherInnen der GRÜNEN JUGEND)
Woher kommen die Erkenntnisse über den Klimawandel?
wissenschaftliche Beweislage) im Februar 2007 eine große
Welle der Aufmerksamkeit auslöste. Wichtig ist zu wissen,
dass das IPCC keine eigene Forschung betreibt, sondern
die neuesten Ergebnisse lediglich zusammenträgt,
auswertet und vereinigt.
Seit 1988 beschäftigen sich die Vereinten Nationen
(VN) intensiv mit dem Thema Klimawandel. Zwei ihrer
Unterorganisationen, die World Meteorological
Organisation (WMO, Weltwetterorganisation) und das
United Nations Environment Programme (UNEP,
Umweltprogramm der VN) haben das
Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC,
Zwischenstaatlicher Ausschuss zum Klimawandel)
eingesetzt. Das IPCC berichtet in regelmäßigen
Abständen von etwa fünf Jahren über die Entwicklung
des Klimasystems und die Auswirkungen auf die
menschlichen Gesellschaftssysteme sowie die
Möglichkeiten der politischen Gegensteuerung. Die
ersten drei Berichte wurden 1990, 1995 und 2001
veröffentlicht. Der vierte Teil (2007) wurde nach und
nach veröffentlicht, wobei schon der erste Teil (die
Das IPCC bedient sich bei seinen Prognosen verschiedener
Szenarien, die nach Faktoren geordnet sind. Es wird
zwischen einer wirtschafts- und einer umweltfreundlicheren
Politik sowie zwischen einer stark und weniger stark
globalisierten Welt der Zukunft unterschieden. Daraus
resultieren Schwankungen - zum Beispiel bei der
Einschätzung des zukünftigen CO2-Ausstoßes.
Gegenüber dem Bericht von 2001, der bis vor kurzem
die Hauptgrundlage der Wissenschaft und Klimapolitik
war, hat sich einiges getan.
• D i e Wa h r s c h e i n l i c h ke i t, d a s s d i e g l o b a l e n
Temperaturveränderungen anthropogen („vom Menschen
verursacht“) sind, stieg von 66 auf 90 Prozent.
•Die globale Erwärmung wird höher sein als bisher
angenommen sein: bis zu 6,4 Grad Celsius.
Klimaforschung
Beim Klima werden drei Stu­
fen unterschieden:
Das Mikroklima beschreibt
die nähere Umgebung, wie
die Küche oder den
Häuserblock, das Mesoklima
bezieht sich auf ganze Land­
striche (zum Beispiel die
Nordsee) und das Makrokli­
ma beschreibt Verhältnisse in
größeren Gebieten wie etwa
Asien, dem Regenwald oder
dem ganzen Planeten.
2-Grad Strategie:
Schon 1984 wurde in der
Wissenschaft ein Anstieg von
zwei Grad Celsius bei einem
CO2-Peak (siehe Seite 8) um
das Jahr 2020 angenom­
men. Heute ist diese relativ
starke Erwärmung sogar zum
offiziellen Klima-Ziel vieler
Regierungen und ForscherIn­
nen geworden, da die meisten
Zukunftsszenarien einen noch
höheren Temperaturanstieg
vorhersagen.
KritikerInnen des Ausschusses verweisen darauf, dass die
nationalen Regierungen massiv auf die Formulierungen
im IPCC-Bericht einwirken. Die Staaten entscheiden also
mit, was die ForscherInnen ihnen raten.
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Funktionsweise des'natürlichen Treibhauseffekts
Wissenschaftlich noch
weitgehend ungeklärt ist, wie
die Wolken zur Reflektion
beitragen beziehungsweise
wie sehr Veränderungen des
Wetters den Klimawandel
beeinflussen können.
Der Albedo-Effekt
Albedo ist das Maß für das
„Rückstrahlvermögen“ eines
Körpers. Dieses ist für Eis
relativ hoch und somit wird
viel Wärme von der Erde
ferngehalten.
Obwohl der Klima­
wandel viel mehr um­
fasst als den Anstieg
der Temperaturen auf
der Erde („globale
Erwärmung“), wird im
Folgenden darauf
verstärkt eingegan­
gen.
Die Erderwärmung er­
gibt sich auf Grund
des so genannten
„Treibhauseffektes“.
Den Namen hat er
von Gewächshäusern, die die
Wärme der Sonne
zwar rein, die von den
Pflanzen abgegebe­
ne Wärme aber nicht
wieder raus lassen („selektive Transparenz“). Somit kommt
es zu einem Wärmestau. Unsere Atmosphäre funktioniert
so ähnlich wie diese Treibhäuser.
Entscheidend ist hierbei die Wellenlänge der Sonnenstrah­
lung. Als kurzwellige (UV-) Strahlung wird sie fast vollständig
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von der Atmosphäre
durchgelassen. Nicht
durchgelassene
Wärme wird in der
Atmosphäre gehalten
(Absorption) bezie­
hungsweise zurück
gestrahlt (Reflektion).
Die durchkommende
Wärme erhitzt die
Meere und Landmas­
sen. Hier wird sie in
langwellige (infrarote)
„Wärmestrahlung“ um­
gewandelt und
wieder zurück gewor­
fen,
von
der
Atmosphäre aber
zum größten Teil ab­
sorbiert. Die Menge
der Treibhausgase be­
stimmt dabei, wie viel Wärme aus dem System
austreten kann und wie viel erhalten bleibt. Über
Millionen von Jahren hat sich ein kompliziertes Gleich­
gewicht gebildet, das Leben auf der Erde erst
ermöglicht hat. Schwankungen gibt es zwar, die
natürlichen Kreisläufe reagieren aber ohne äußeres
Einwirken nicht so abrupt wie dies seit der Industriellen
Revolution der Fall ist.
Die Klimagase
Wasserdampf sorgt mit 60 Prozent für den größten
Teil des natürlichen Treibhauseffektes. Ohne diesen
wäre es auf der Erde durchschnittlich 30 Grad kälter.
Den restlichen Anteil haben Kohlendioxid (CO2),
Methan („Sumpfgas“, CH4), Distickstoffoxid („Lachgas“,
N2O), teilhalogenierte und perfluorierte
Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs) sowie
Schwefelhexafluorid (SF6).
Der Anteil dieser Gase steigt seit Beginn der
industriellen Revolution, als die Menschen begannen,
fossile Rohstoffe zu nutzen. Somit kommt es zum
„anthropogenen Treibhauseffekt“.
Kohlendioxid (CO2) ist das wichtigste Treibhausgas. Zwar
hat es nur einen Anteil von etwa 20 Prozent am natürlichen,
ist dafür aber für 60 Prozent des „anthropogenen“
Treibhauseffektes verantwortlich. Immer mehr „Lücken“
werden geschlossen und weniger Wärme kann aus dem
System entweichen.
Atmosphäre:
Der gasförmige Mantel um die
Erde, der das „anthropogene“
CO2 primär aufnimmt.
Biosphäre:
Die belebte Erdoberfläche sowie
die untere Schicht der
Atmosphäre einschließlich aller
Lebewesen.
Hydrosphäre:
Das gesamte Wasser (Meere,
Flüsse usw.) auf der Erde.
Kryosphäre:
Der "Kältespeicher" der Erde
(Eis- und Schneemassen). Er
kühlt und reflektiert das einfal­
lende Sonnenlicht.
Der CO2 - Kreislauf
In der Atmosphäre befindet sich nur rund 0,001
Prozent (etwa 800 Gigatonnen) des globalen
Kohlenstoffs. Sie ist damit - wie die Biosphäre - ein
sehr kleiner Kohlenstoffspeicher im Gegensatz zu den
Meeren und Böden und reagiert somit auf
Änderungen sehr empfindlich. Weltweit werden
jährlich insgesamt 550 Gigatonnen CO2 gespeichert
– der größte Teil davon aufgrund der Fotosynthese.
Ungefähr genauso viel CO2 wird – normalerweise - wieder
ausgestoßen. Der größte Austausch findet dabei über
die Atmosphäre statt. Der gesamte Kreislauf wird gestört,
wenn entweder mehr CO2 hinzugeführt wird (etwa durch
Verbrennung der fossilen Rohstoffe) oder ein CO2-Entzug
verhindert wird (beispielsweise durch Abholzung).
Lithosphäre:
Die oberste Erdkruste unter der
Biosphäre. Hier sind die
Lagerstätten von Kohle, Öl und
Gas.
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Einige
Begriffsdefinitionen:
„CO2 äquivalent“ rechnet den
Wirkungsgrad von anderen Ga­
sen in den von CO2 um. Ein Kilo
Methan entspricht 23 Kilo CO2.
Also: 1 CH4 = 23 CO2 äq.
1 Gt (Gigatonne) = 1 Milliarde t
1 Mt (Megatonne) = 1 Millionen
t
1 Gt C = 3.67 Gt CO2
ppm = parts per million
ppb = parts per billion
billion = Milliarde
Der „Peak“: Er beschreibt den
Höhepunkt des globalen CO2Ausstoßes, also die globale
Trendwende und muss so schnell
wie möglich erreicht werden!
Beispiel:
Bei einem Flug von Berlin nach
London werden pro Person
ungefähr 270 Kilo CO2 äq. emit­
tiert. Wir Deutsche stoßen im Jahr
pro Kopf zirka zehn Tonnen CO2
aus, Menschen in Äthiopien nur
50 Kilo. Bei einer gerechten Ver­
teilung dürften wir maximal zwei
Tonnen CO2 produzieren, bei
einer ökologisch-nachhaltigen
Verteilung sogar noch weniger.
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Zahlen und Fakten zum „anthropogenen Treibhauseffekt“
Unterschieden werden muss vor allem zwischen der
Konzentration von CO2 in der Atmosphäre und dem
Ausstoß. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre stieg von 1750
bis 2005 um 35 Prozent (von 280 ppm auf 379 ppm).
Der jährliche Anstieg des Treibhausgases in der
Atmosphäre (derzeit ungefähr 1.9 ppm pro Jahr) steigt
dagegen exponentiell.
Der weltweite anthropogene CO2-Ausstoß betrug im Jahr
2006 etwa 32 Gigatonnen (26,4 Gigatonnen durch
Nutzung fossiler Rohstoffe und 5,9 Gigatonnen durch
die Veränderung der Landschaft), davon entfielen
allein auf Deutschland etwa 880 Megatonnen CO2
- also ungefähr drei Prozent des weltweiten Ausstoßes.
Doch auch die Konzentrationen von Methan (148
Prozent) und Lachgas (18 Prozent) sind seit 1750
gestiegen. Jährlich werden ungefähr 37 Megatonnen
CH4 (etwa 2,5 Megatonnen pro Jahr) vor allem durch
die Landwirtschaft emittiert.
Trägheit des Klimasystems
Wenn wir heute weniger Treibhausgase ausstoßen, wird
sich die globale Erwärmung erst in 30 Jahren
abschwächen und auch die CO2-Konzentration in der
Atmosphäre braucht 100 bis 300 Jahre, um sich
abzubauen. Der Meeresspiegel wird noch lange nach
dem „Peak“ ansteigen, doch je früher er erreicht wird,
desto geringer ist der bleibende Schaden. Ein Großteil
der Studien peilt heute eine Maximalkonzentration
von 450 ppm bis 550 ppm an.
Auswirkungen des Klimawandels
Die wichtigste Zahl im VN-Klimabericht bezog sich
auf den durchschnittlichen Temperaturanstieg bis
zum letzten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, der bis
zu vier Grad Celsius erreichen kann. Weltweit wird es
zu Verschiebungen der Klimazonen kommen.
Klimaveränderungen werden jedoch regional sehr
unterschiedlich sein, so dass nicht generell von einer
Niederschlagszunahme oder -abnahme gesprochen
werden kann. ExpertInnen sind sich aber einig, dass
es allgemein zu einer Zunahme extremer
Wetterereignisse kommen wird, uns also mehr
Hurricanes, mehr Waldbrände und stärkere
Überschwemmungen erwarten werden. In Gegenden
wie zum Beispiel der Sahel-Zone werden sehr
wahrscheinlich noch schlimmere Dürren auftreten
und die Wüstenbildung wird zunehmen - etwa zwei
Drittel Spaniens könnte zur Wüste werden,
Hungerkatastrophen und Kriege um Ressourcen wie
Wasser werden sich häufen.
Veränderungen des Niederschlags werden lokal sehr
verschieden sein, in Europa wird zum Beispiel vor
allem der Süden unter einem Niederschlagsmangel
zu leiden haben. In Deutschland wird es im Winter
mehr und im Sommer etwa 30 Prozent weniger
Regen geben, im Nordosten und Südwesten werden
die jahreszeitlichen Unterschiede wohl noch stärker
sein. So trocknet Brandenburg schon jetzt im Sommer
aus, was nicht nur für die Landwirtschaft ein großes
Problem ist. Viele Schädlinge mögen Wärme und
werden nach Norden wandern - hierzu gehören auch
die gefährlichen Borkenkäfer oder die Zecken. Aber auch
Krankheiten wie Malaria könnten in Europa langfristig
heimisch werden. Zudem wird die Pollensaison für
AllergikerInnen länger werden.
„Das neue Deutschland zeichnet
sich durch trocken-heiße Sommer
und warm-feuchte Winter aus."
Peter Werner vom Potsdam-Institut für
Klimafolgenforschung
Durch das Abschmelzen der Gletscher und verstärkte
Regenfälle wird es mehr Überschwemmungen (die
häufigste Naturkatastrophe in Europa) geben. Die oberen
Schichten des Perma- oder Dauerfrostbodens (zum Beispiel
in Sibirien) haben sich seit 1980 schon um drei Grad
Celsius erwärmt. Ein Abtauen könnte zu einem noch
höheren natürlichen Treibhausgasausstoß führen, was
eine „positive Rückkopplung“ entstehen ließe – der
Klimawandel würde sich selbst beschleunigen.
Der Stern-Report
Im Bericht des ehemaligen
Weltbank-Chefökonoms und
jetzigen britischen Chefbera­
ters Nicholas Stern wird pro­
gnostiziert, dass künftig fünf
bis zwanzig Prozent des glo­
balen Bruttoinlandsprodukts
aufgebracht werden müssten,
um die Lebensverhältnisse
dem Klimawandel anzupas­
sen. Bei richtigem Klima­
schutz verringern sich diese
Kosten auf etwa ein Prozent.
Klimaschutz lohnt sich also
auch wirtschaftlich!
In Deutschland werden heute
jährlich 160 Millionen Euro
für Deiche ausgegeben. Um
Hamburg künftig vor
Überschwemmungen zu
schützen, müsste allein diese
eine Stadt schon mit einem
600 Millionen Euro teuren
Deich geschützt werden - und
das ist laut Stern erst der An­
fang!
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Das Beispiel
Seychellen:
Lage: Indischer Ozean,
nördlich von Madagaskar
Problem: die meisten Men­
schen leben an der Küste und
der Meeresspiegel steigt
Gegenmaßnahmen: nationa­
les Naturschutzkonzept aus
Tourismus-Einnahmen
Prognose: Grundwasseran­
stieg ist ein Problem für Land­
wirtschaft; ab 80 Zentimeter
Anstieg muss die Hauptinsel
evakuiert werden
Was wir wissen:
In den letzten 40 Jahren ist
die Wassertemperatur der
Nordsee um 1,1 Grad Celsius
gestiegen.
Die Geschwindigkeit, mit der
das Grönlandeis schmilzt, hat
sich in den vergangenen zwei
Jahren um 250 Prozent be­
schleunigt.
Das Max-Planck-Institut für
Meteorologie erwartet einen
Anstieg des Meeresspiegels
um bis zu 86 Zentimeter bis
2100.
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Der Meeresspiegel steigt
Das Meer stieg zwischen 1961 und 2003 um
durchschnittlich 1,8 mm/ Jahr im weltweiten Durchschnitt,
im letzten Jahrzehnt sogar um ca. 3,1 mm/ Jahr. Der
Anstieg variiert regional stark, doch insgesamt machte
er im 20. Jahrhundert circa 17 Zentimeter aus. Dies hängt
vor allem mit schmelzendem Eis zusammen, aber im
Meer schwimmendes Eis verdrängt genau so viel Wasser,
wie im flüssigen Zustand. Das als sicher geltende
Abschmelzen des Nordpols (Arktis) trägt also nicht direkt
zum Anstieg des Meeres bei. Allerdings wird durch das
Fehlen dieser großen weißen Fläche weniger Wärme
zurück in den Weltraum reflektiert (Albedo; siehe Seite 6).
Durch die Erwärmung wird es aber auch zum
Abschmelzen des Eisschildes auf Grönland und der letzten
Gletscher kommen. Das komplette Grönlandeis würde
den Meeresspiegel im globalen Mittel um circa 7Meter
ansteigen lassen. Schon jetzt trägt das grönländische
Eisschild etwa 15Prozent zum Anstieg des Meeresspiegels
bei. Die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die
Antarktis sind nicht ganz verstanden und äußerst unsicher.
Der wohl größte Grund des Anstieges ist die „Thermische
Expansion“, denn Wasser dehnt sich bei Wärme aus. Die
Meere absorbieren circa 80 Prozent der ins
Klimasystem kommenden Wärme. In den oberen
700 Metern hat sich das Meer schon um bis zu 1
Grad Celsius erwärmt
Eine Meeresspiegelerhöhung wäre für Inselgruppen
wie die Seychellen katastrophal. Aber auch
küstennahe Gebiete in Europa werden mit
Überflutungen und einem Anstieg des Grundwassers
rechnen müssen. Dieses weist dann einen höheren
Salzgehalt auf, wodurch die Landwirtschaft
beeinträchtigt wird.
Durch den Anstieg der Wassertemperatur wird es
mehr Stürme wie Katrina geben. Die Leidtragenden
dabei sind vor allem die Menschen in den
Entwicklungsländern wie in Bangladesh, wo
Hundertmillionen Menschen umgesiedelt werden
müssten, aber auch die Niederlande und
Norddeutschland (zum Beispiel die Innenstadt von
Hamburg) sind sehr bedroht.
Der Golfstrom
Alle Gewässer besitzen einen bestimmten Salzgehalt
(„Salinität“). Im Nordatlantik kommt warmes Wasser
aus dem Süden und sinkt vor Grönland wegen
zunehmendem Salzgehalt sowie größerer Dichte ab
und fließt wieder in den Süden.
Diese „meridionale atlantische Umwälzbewegung“
(Golfstrom) ist Teil des „globalen Förderbandes“ (siehe
Bild 1) und verantwortlich für das milde Klima in
Europa. Durch die Eisschmelze, vor allem auf
Grönland, gelangt Frischwasser in das Nordpolarmeer
und senkt den Salzgehalt: Das Absinken bleibt aus und
der Golfstrom schwächt sich ab. Eine Abschwächung
um etwa ein Viertel in diesem Jahrhundert ist laut VN sehr
gewiss. Dennoch werden die Temperaturen steigen, weil
der Einfluss der globalen Erwärmung überwiegt. Da 75
Prozent des weltweiten Süßwassers in der Antarktis lagern,
würde ein Schmelzen dort natürlich auch unvorhersehbare
Effekte auslösen.
Sämtliche Trends zeigen eine
Verstärkung der Effekte.
Das bedeutet:
Änderungen der Meerestem­
peratur, der Salinität und des
pH-Werts haben auch Auswir­
kungen auf die Arten im Meer.
Das Meer verstärkt unsere
selbst gemachten KlimaProbleme (Schmelzwasser,
thermische Expansion, CO2Aufnahmefähigkeit, verringerte
Fangmengen).
Versauerung
Früher waren Atmosphäre und Hydrosphäre (das
Wasservorkommen auf der Erde) in einem natürlichen
Gleichgewicht. Auch heute wird in den Meeren
ungefähr ein Drittel des weltweiten CO2-Vorkommens
als Kohlensäure (H2CO3) gebunden. Sie wirken damit
als „natürliche Senke“, ohne die der Treibhauseffekt
viel stärker sein würde. Der pH-Wert sinkt aber durch
das viele CO2 ab und die Meere werden somit
immer saurer. Die genauen Folgen sind noch nicht
WissenschaftlerInnen gehen
davon aus, dass sich der pHWert der Meere um 0,77 ab­
senken könnte.
abschätzbar, aber bestimmte Arten werden auswandern
oder aussterben. Die Nahrungsketten könnten von unten
zusammenbrechen.
Verschlimmernd kommt hinzu, dass mit höheren
Temperaturen und mehr atmosphärischem CO2 die
Aufnahmefähigkeit der Meere für CO2 weiter abnimmt.
Das Meer fungiert also als Katalysator des Klimawandels.
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Biopiraterie
Geld machen
mit dem Erbgut
In vielen Ländern nutzen die
Ureinwohner Pflanzen als
Heilmittel oder für andere be­
sondere Zwecke. Multinatio­
nale Konzerne (zum Beispiel
Saatgutfirmen) lassen sich
das Erbgut dieser Pflanzen
patentieren und fordern
danach Abgaben für die Nut­
zung dieser Pflanzen. Soll ein
alteingesessener Stamm, der
die Pflanze seit Tausenden
von Jahren benutzt, plötzlich
patentrechtliche Abgaben zah­
len? Gegen diese Ungerech­
tigkeit kämpfen viele Men­
schen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs).
12
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität
Biodiversität oder biologische Vielfalt bezeichnet
verschiedene Ebenen der lebendigen Vielfalt: die
Anzahl von Arten eines Gebietes (Artenvielfalt); die
Vielfalt an Ökosystemen oder Lebensräumen und
die Vielfalt innerhalb der Arten (also die Unterschiede
der genetischen Informationen zwischen den
Individuen). Pflanzen und Tiere liefern den Menschen
seit jeher Nahrung, Textilien, Heilmittel, Baustoffe oder
Brennmaterial. Auch die Landwirtschaft ist auf den
Artenreichtum und eine stabile Bodenbildung
angewiesen. Funktionierende Ökosysteme machen
das Leben auf der Erde erst möglich. Die Verbreitung
der Tier- und Pflanzenarten auf unserem Planeten
wird ganz wesentlich vom Klima bestimmt. Schon
immer hat es klimatische Veränderungen gegeben,
nur wird die Geschwindigkeit des prognostizierten
Wandels durch den Treibhauseffekt etwa 30 mal
schneller sein als derjenige am Ende der letzten
Eiszeit. Arten können durch Klimawandel in ihrer
Existenz bedroht sein, wenn das Verbreitungsgebiet
schrumpft oder ganz verloren geht, beziehungsweise
wenn die Art neue Lebensräume wegen einer
geringen Ausbreitungsfähigkeit, wegen Barrieren oder
veränderter Konkurrenz- oder Nahrungsbeziehungen
nicht besiedeln kann. Ein durch Klimawandel
verursachter Verlust von 5 bis 30 Prozent aller Pflanzenund Tierarten in den nächsten Jahrzehnten kann in
Deutschland als wahrscheinlich angesehen werden.
Folgen für den
Menschen
Bei vielen Arten wurde bereits jetzt eine Verschiebung
der Verbreitungsgebiete beobachtet. Beispielsweise
sind 18 Fischarten der Nordsee, darunter Schellfisch
und Kabeljau, im Laufe der letzten 15 Jahre teils
mehr als 100 Kilometer in Richtung Norden
ausgewandert. In diesem Zeitraum ist die Temperatur
in der Nordsee um ein Grad Celsius gestiegen. Da
das Klima ein wesentlicher Bestimmungsfaktor von
Pflanzenarealen ist, werden die aus wärmeren
Gebieten stammenden Arten von der Erwärmung
profitieren. Der durch höhere Temperaturen bedingte
Wassermangel - zusammen mit neu einwandernden
Schädlingen - kann zum Absterben von heimischen
Bäumen führen. Besonders die polaren Ökosysteme
sind bereits jetzt in vollem Ausmaß vom Klimawandel
betroffen. Arten können nicht immer neue
Lebensräume finden und ihr Areal verlagern. Um das
Überleben von Arten bei verändertem Klima zu
sichern, müssen ausreichend große Populationen
erhalten und Wanderungsmöglichkeiten, etwa durch
die Vernetzung von Habitaten, geschaffen werden.
Auch sollte die Barrierewirkung von Verkehrswegen,
begradigten Fließgewässern und landwirtschaftlich
genutzter Flächen verringert werden. Kein Ökosystem
der Erde bleibt vom Klimawandel verschont - den
Menschen können allein aus den Veränderungen in
der Biodiversität enorme Schäden entstehen.
Veränderung der Temperatur
Stickstoff- und CO2-Gehalt der Luft
Jahresrythmus
Nahrungsbeziehungen
Verhalten
Konkurrenzfähigkeit
Die Auswirkungen des Klima­
wandels auf die Lebewesen
dieser Erde werden auch für
die Gesundheit der Menschen
direkte Auswirkungen haben.
Bei einer Erwärmung kommt
es generell zu einer Vermeh­
rung von Krankheitserregern
und –überträgern.
Beispielsweise werden bei
einem Temperaturanstieg von
2,5 Grad Celsius 210 Millio­
nen Menschen mehr von Ma­
laria bedroht sein, auch Ze­
cken kämen dann immer
weiter nördlich vor. In vielen
Ländern werden große Teile
der Ernten ausfallen, es dro­
hen Hungersnöte. Auch der
Pollenflug wird bis zu einem
Monat früher einsetzen – für
Allergiker ein großes Problem.
Fortpflanzung
Verschiebung von Verbreitungsgebieten
13
Vor dem Klima auf der Flucht
Immer mehr Menschen müssen wegen Klimawandel
und Umweltzerstörung flüchten und werden zu so
genannten Klima- oder Unmweltflüchtlingen. Dabei fliehen
diese Menschen nur in den seltenen Fällen direkt aufgrund
von Naturkatastrophen. Vielmehr entwickeln sich meistens
aus der globalen Umweltzerstörung und dem Klimawandel
indirekte und/oder wirtschaftliche Beweggründe, die eine
Flucht notwendig machen. Zum einen wäre hier die
regionale Umweltverschmutzung zu nennen, die
Lebensraum zerstört und Agrarflächen unbrauchbar
macht. Diese so genannte Deposition der Umwelt wird
auch weiterhin von den Industrienationen forciert und
betrieben. Die Umweltverschmutzung wird
dementsprechend in Entwicklungs- und Schwellenländer
exportiert. Die GRÜNE JUGEND fordert deshalb schon
lange globale Umweltstandards. Auch die schleichende
Degradation der Umwelt - das heißt die Verschlechterung
der Qualität der Natur durch Umweltschäden - lässt
Menschen flüchten. Heute bleiben der Verlust des Bodens
und seiner Fruchtbarkeit und der Mangel an Frischwasser
wesentliche Fluchtgründe. Die globale Klimaerwärmung
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führt dabei zum Beispiel entweder zu extrem viel oder
extrem wenig Wasser. Auch Wüstenbildung und
anhaltende Hitzeperioden beschleunigen die
Degradation. Weitere Fluchtgründe sind vom
Menschen verursachte „Naturkatastrophen“. Diese
folgen teils direkt der Umweltdegradation, etwa wenn
Überschwemmungen durch menschliche Eingriffe
begünstigt und mitverursacht werden. Der globale
Klimawandel zeigt, dass regionale Krisen zu globalen
Krisen werden. Ein ansteigender Meeresspiegel,
Änderungen des Regionalklimas, Verschiebungen
von Vegetationszonen - all dies wird neue
Fluchtbewegungen auslösen. Zuletzt wäre noch die
soziale wie auch die politische Destabilisierung ganzer
Regionen und Staaten zu nennen. Verteilungskämpfe,
durch Umweltverschmutzung bedingte Armut sowie
Wasserknappheiten können auch zu gewalttätigen
oder sogar kriegerischen Handlungen führen. Es ist
wichtig, diese Kausalzusammenhänge auch in die
innenpolitische Diskussion um Migrationsgründe
aufzunehmen.
Klimagerechtigkeit
Mensch & Natur
Der Mensch sollte nicht der
Natur gegenüberstehen, son­
dern mit ihr leben. Er ist trotz
Sprache und Kultur nur ein
Teil des Lebens auf der Erde
- unser Fortbestehen ist von
unserer Umwelt abhängig.
Der Mensch ist auf intakte
Ökosysteme und auf alle Tiere
und Pflanzen angewiesen.
Diese liefern uns Nahrung,
Ressourcen und Schönheit.
Der Mensch sollte sich be­
wusst werden, dass er, um
die Rechte seiner Mitmen­
schen und zukünftiger Gene­
rationen zu wahren, auch die
Natur schützen muss. Unsere
Umwelt ist einmalig und not­
wendig für das Überleben von
Menschen und Tieren.
Der momentane Klimawandel ist zum größten Teil
auf die Treibhausgasemissionen der Industrieländer
zurückzuführen. Diese gelangten durch die industrielle
Revolution zu ihrem heutigen Wohlstand. Ohne den
scheinbar unbegrenzten Import von Ressourcen aus
den Kolonien wäre dieser nicht zu Stande gekommen.
Der Verbrauch von Rohstoffen und die Freisetzung
von CO2 ist auf der Welt noch heute extrem ungleich
verteilt. Die Industrieländer stoßen fast die Hälfte der
weltweiten C02-Emissionen aus, obwohl dort nur etwa
15 Prozent der Weltbevölkerung leben. Ein kleiner
reicher Teil der Menschheit verursacht den
Klimawandel. Der weitaus größere und ärmere Teil
leidet am härtesten und direktesten unter den Folgen.
Es ist ein nachvollziehbarer Wunsch der Schwellenund Entwicklungsländer, wirtschaftlich aufzuholen.
Der Ressourcenverbrauch der Industrieländer lässt
sich aber nicht auf alle Länder der Welt übertragen.
Dafür wären nicht genügend Kapazitäten verfügbar,
außerdem würden die sich vervielfachenden
Treibhausgasemissionen die Atmosphäre schwer
schädigen. Eine gerechte Lösung wäre, wenn die
Industrieländer ihren Ressourcenverbrauch stärker
mindern als die Entwicklungsländer ihren ausweiten
würden . Sie träfen sich in der Mitte an einem Punkt,
der eine international faire Ressourcenverteilung
gewährleistet und bei dem der Gesamtverbrauch für
unsere Umwelt tragbar ist. Die Industrieländer müssen
hierfür die ersten Schritte gehen, um die Entwicklungsländer
mit ins Klimaschutz-Boot zu locken.
15
Kyoto-Mechanismen
Wege zum Klimaschutz
1. Emissionshandel
(Emission Trading)
Die individuellen Emissions­
rechte der Staaten können
untereinander gehandelt wer­
den. Seit 2005 gibt es inner­
halb Europas einen Emissi­
onshandel. JedeR
VerursacherIn muss über Zer­
tifikate verfügen - werden sie
nicht verbraucht, können sie
an andere, die zuviel Emissi­
onen produzieren, weiterver­
kauft werden.
Das Kyoto-Protokoll
Im Jahr 1992 fand die erste internationale Klimakonferenz
statt. Dort verabschiedeten die Industrieländer die KlimaRahmenkonvention ("United Nations Framework
Convention on Climate Change" – UNFCCC), die vorsah,
den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2000 zurück auf den Stand
von 1990 zu bringen. Auf der dritten Klimakonferenz 1997
in Kyoto wurde das so genannte Kyoto-Protokoll
verabschiedet. Es ist eine völkerrechtlich verbindliche
Klimaschutz-Vereinbarung und legt fest, dass zwischen
2008 und 2012 die Emissionen der Industriestaaten
insgesamt um 5,2 Prozent gegenüber dem Niveau
von 1990 reduziert werden sollen. Wie viel die
einzelnen Staaten dazu beitragen müssen, ist höchst
unterschiedlich. Das Kyoto-Protokoll trat am 16.
Februar 2005 in Kraft, nachdem endlich genug
Staaten – nämlich 55 – das Protokoll ratifiziert hatten.
Inzwischen haben 171 Staaten der Erde das KyotoProtokoll angenommen. Der derzeitige C02-Produzent
Nummer eins, die USA, und auch Australien sind
jedoch immer noch nicht dabei.
2. Clean Development
Mechanism
Industriestaaten können für
Projekte zur
Emissionsbekämpfung in
Entwicklungsländern "credits"
erhalten, die ihren Reduktions­
zielen angerechnet werden.
3. Joint Implemantation
Industrieländer können ge­
meinsam Klimaschutzprojekte
organisieren und erhalten für
Reduktionen ebenfalls
"credits".
16
Das neue Klimaschutzabkommen: KyotoPlus
Auf die Unversehrtheit der Atmosphäre ist jedes Leben
auf der Erde angewiesen. Sie ist ein Gemeinschaftsgut,
das keine Grenzen kennt. Deshalb brauchen wir
multilaterale Beschlüsse, um sie zu schützen. Das KyotoProtokoll war ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Aber um den Klimawandel wirklich zu bremsen,
bedarf es weitaus größerer Kraftanstrengungen.
Deshalb brauchen wir ein neues wirksames
Klimaschutzabkommen, das alle Länder der Erde
mit einbezieht.
Ein CO2-Check pro Kopf - unsere Idee (1)
Alle Menschen haben das Recht, die gleiche Menge
C02 auszustoßen. Aber nur soviel, dass die Erde sich
insgesamt um höchstens zwei Grad Celsius erwärmt.
Bei bald acht Milliarden Menschen wären das 1,5
Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Die Zertifikate werden
entsprechend der Größe der Bevölkerung an die
Länder vergeben. Wenn die Zertifikate nicht genutzt
werden, können sie teuer verkauft werden. Somit
fließt zusätzliches Geld von den Industrie- an die
Entwicklungsländer.
Das Geld soll für die Erforschung neuer Technologien
verwendet werden, aber auch für den Aufbau von
Infrastruktur und die Förderung von Sozial- und
Bildungssystemen. Neben echtem Klimaschutz brauchen
wir weitere Anpassungsmaßnahmen. Dafür fehlt es vielen
ärmeren Länder an Technologien und Geld.
Globale Umweltorganisation - unsere Idee (2)
Um den Zertifikatehandel zu überwachen und zu
kontrollieren, dass die Industrieländer den
Entwicklungsländern nicht alle Zertifikate abkaufen
und der Erlös sinnvoll eingesetzt wird, bedarf es einer
globalen Umweltorganisation. Diese muss mit
ausreichend Macht ausgestattet sein, um zum Beispiel
Strafzölle und Sanktionen zu verhängen, wenn Länder
sich nicht an den nötigen Reduktionen beteiligen.
Natürlich wird der Klimaschutz auch Kosten mit sich
bringen. Der Schaden, der durch fehlenden Klimaschutz
entstünde, würde diese aber bei weitem übersteigen. Ein
internationaler Fonds, den die Umweltorganisation
überwacht, muss eingerichtet werden. Dort zahlen die
Industriestaaten pro Jahr zwei Prozent ihres BIP ein. Dieser
Fonds soll Internationale Forschungen, Klimaschutzprojekte
und die Förderung von erneuerbaren Energien finanzieren.
Wie viel CO2 muss
eingespart werden?
Bis 2100 darf sich das Klima
nicht mehr als um zwei Grad
Celsius erwärmen. Mehr wäre
nicht zu verantworten. Aber
selbst diese zwei Grad werden
schon schlimme Folgen mit
sich bringen. Für die Einhal­
tung der "2 Grad-Strategie"
brauchen wir bis spätestens
2050 eine Halbierung der
CO2-Emissionen gegenüber
dem Niveau von 1990. Die
Industrieländer müssen aus
ihrer historischen Verantwor­
tung heraus weitaus mehr
Treibhausgase einsparen.
Deshalb hat sich Europa
schon jetzt das Ziel zu setzen,
bis 2020 mindestens 40 Pro­
zent und bis 2050 etwa 80
Prozent weniger Treibhausga­
se auszustoßen. Zwischen
2080 und 2100 müssen die
globalen Treibhausgasemis­
sionen dann gegen Null ge­
hen.
17
Den nationalen Alleingang wagen
Das wichtigste Instrument zur
Förderung der regenerativen
Energien ist das ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG). Es
garantiert den Betreibern von
regenerativen Energiequellen
bis 2020 einen Mindestpreis
für ihren Strom und bietet so­
mit eine wichtige Vorausset­
zung für Investitionen.
Insbesondere der Ausbau von
Biomasse, Windenergie und
Photovoltaik hat hiervon pro­
fitiert. Im Gegensatz zu ande­
ren Subventionen sinkt die
Förderung kontinuierlich bis
sie nicht mehr notwendig ist.
Das in Deutschland erfolgrei­
che EEG wird inzwischen
weltweit kopiert.
18
Nicht nur international, sondern auch auf nationaler Ebene
finden sich eine Reihe sinnvoller Möglichkeiten zur
Bekämpfung des Klimawandels. Die verbreitete Angst
der Nationalstaaten vor einem Alleingang in Sachen
Klimaschutz ist unbegründet. Denn: Eine Vorreiterrolle im
Klimaschutz zahlt sich aus!
Energiepolitik der drei „E“s
Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Energieeinsparung:
An diesen Schlagworten muss sich die Energiepolitik der
Zukunft orientieren. Ziel sollte es sein, dass 2050 der
weltweite Energiebedarf zu 80 Prozent aus erneuerbaren
Energien gedeckt werden kann. Wichtigste Voraussetzung
hierfür ist es, die Erforschung und Entwicklung effizienter
Technologien zur umweltfreundlichen Energieerzeugung
voranzutreiben. Teure Investitionen in den Ausbau
schmutziger Kohle- und Atomkraftwerke stehen diesem
Ziel im Wege. Im Bereich Energieeinsparung und Effizienz
liegen noch riesige Potentiale. Hier müssen entsprechende
Anreize für mehr Energieeffizienz geschaffen werden.
Maßnahmen zur Eindämmung von Wärmeverlusten sind
einfach umzusetzen und erzielen große Effekte.
Neubauten können heute beispielsweise schon ganz
ohne Energie auskommen.
Klimafreundlich mobil sein
Der Verkehrssektor als einer der Hauptverursacher
des Treibhauseffekts muss in den Emissionshandel
e i n b e z o g e n w e r d e n. A u ß e r d e m m ü s s e n
Maßnahmen ergriffen werden, die den Lastverkehr
auf die Schiene verlagern. Der private Autoverkehr
muss reduziert und der Ausbau öffentlicher
Verkehrsmittel gestärkt werden.
Ökologisch Steuern
Für eine langfristig klimagerechte Entwicklung ist eine
umfassende Reform der nationalen Steuersysteme
im Sinne einer ökologischen Steuerreform unerlässlich.
Der Grundgedanke ist einfach: Die Höhe einer Steuer
sollte an ökologischen Kriterien gebunden werden.
Kosten für Klimaschäden, die durch die Produktion
und den Transport von Waren entstehen, werden auf
das Produkt übertragen, so dass sich
umweltschädliche Produktionen nicht mehr lohnen.
Ökologisch hergestellte Nahrungsmittel würden dann
Das Top-RunnerPrinzip
beispielsweise günstiger sein als solche aus konventioneller
Produktion. Mit der Ökosteuer der rot-grünen Koalition
wurde ein erster richtiger Schritt hierzu unternommen.
Langfristig gilt es, alle externen Kosten nicht
umweltverträglicher Produktion in den Preis mit
einzubeziehen. Die Einführung einer Flugticketabgabe
nach französischem Vorbild wäre ein sinnvoller erster
Schritt hin zu einer längst überfälligen globalen Besteuerung
von Flugbenzin.
Einführung eines Top-Runner-Systems
Wo indirekte Steuerungsmechanismen des Staates
nicht mehr ausreichen, müssen Verbote in Betracht
gezogen werden. Diese sind da besonders sinnvoll,
wo bessere Alternativen möglich sind. Elektronische
Geräte verbrauchen immer noch weit mehr Energie
als technisch nötig. Durch die Einführung eines Top-
Runner-System, bei dem die jeweils aktuell
umweltfreundlichste Technologie zwei Jahre später zum
gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandard für neue
Modelle wird, könnten uneffiziente Geräte bald der
Vergangenheit angehören.
Nach dem Top-Runner-Prinzip
setzten die effizientesten
Geräte den Standart für die
Entwicklung neuer Geräte ei­
ner Produktgruppe. Ziel ist es
einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und gleich­
zeitig die Wettbewerbsfähigkeit
eigener Produkte auf dem
Weltmarkt zu verbessern. Ja­
pan hat bereits 1998 ein
Top-Runner-Programm
eingeführt und damit den En­
ergieverbrauch fü rElektrogeräte deutlich senken
können. Beispielsweise konn­
te der Verbrauch von Klima­
anlagen in Japan um 63%,
der von Computern sogar um
83% reduziert werden. Von
der Regelung profitieren also
auch die VerbraucherInnen,
die mit geringeren Stromkos­
ten rechnen können.
19
Das 1x1 des
Energiesparens
Ungefähr ein Drittel des End­
energieverbrauches verursa­
chen private Haushalte. Jede
Person kann also durch kleine
Schritte Großes leisten für für
den Klimaschutz. Stand-By
abschalten, Energiesparlam­
pen verwenden, beim Kochen
einen Deckel auf dem Topf
legen, bei niedrigeren Tempe­
raturen waschen, keinen
Trockner benutzen... Darüber
hinaus kann mit geringen
Mehrkosten Öko-Strom bezo­
gen werden.
www.atomsausstiegselber-machen.de
Alte Stromfressergeräte sollten
durch neue und energieeffizi­
entere Geräte ausgetauscht
werden. Beim Kauf hilft das
europäische Energielabel.
Darauf sind die wichtigsten
technischen Daten für jedes
Gerät notiert. Am besten sind
Geräte mit den Noten A, A+
oder A++.
www.eu-label.de
20
Energieautarke Regionen
Energieautarke Regionen sind Städte, Dörfer oder ganze
Landstriche, die mit erneuerbaren Energien und vielen
kleinen Kraftwerken ihre eigene Stromversorgung bestreiten
können. Damit sind sie unabhängig von großen
Stromkonzernen und können selber bestimmen, wie ihr
Strom produziert wird.
Klimawandel in der Schule
Menschen werden sich erst dann bewusst klimafreundlich
verhalten, wenn sie über den Klimawandeln ausreichend
aufgeklärt sind. Kinder müssen die Chance bekommen,
von Anfang an zu ökologisch bewussten Menschen
erzogen zu werden. Das Thema soll in der Schule in einem
speziellen Fach „Umwelt und Naturschutz“ behandelt
werden. Klimaschutz muss gelehrt und gelebt werden wie etwa durch Energiesparprojekte und Solaranlagen
auf dem Dach der Schule.
Landwirtschaft
Für den Klimaschutz müssen wir den Konsum von Fleisch
drastisch verringern und die konventionelle Landwirtschaft
auf Ökolandbau umstellen. Denn ökologische
Landwirtschaft benutzt keinen Mineral- und Stickstoffdünger,
verbraucht weniger Energie und Ressourcen und nutzt
die natürlichen Gegebenheiten optimal.
Waldschutz
Wälder sind eine natürliche Kohlenstoffspeicherung.
Bei der Abholzung und Verbrennung – etwa im
Amazonasregenwald - wird sehr viel CO2 freigesetzt.
Deshalb gehört der radikale Schutz der letzten Regenund Urwälder mit zum Klimaschutz. Ebenso
Aufforstungsprojekte und eine nachhaltige
Forstwirtschaft.
Worldmapper
Worldmapper ist ein
Zusammenschluss
verschiedener Menschen der
University of Sheffield und der
University of Michigan. Sie sind
dabei geografische Karten zu
erstellen, die jeweils in Bezug
zu einem bestimmten Thema
stehen, also etwa dem
Flugverhalten, dem Wohlstand
oder der HIV-Infektionen einer
Region. Diese Karten sind nicht
nach der Landmasse sondern
nach anderen Daten
ausgerichtet. Regelmäßig
werden neue Karten in den
unterschiedlichen Kategorien
veröffentlicht, es gibt eine
Mailingliste und einen RSSFeed. Mehr Infos findet ihr unter
www.worldmapper.org oder
direkt bei
[email protected].
21
Klimaschutz für alle!
der Klimawandel geht uns alle
an. Die Grüne Partei möchte
mit Dir gemeinsam das Klima
schützen - im Alltag, im
persönlichen Lebensstil, als
BürgerIn und VerbraucherIn.
Dafür bietet das Grüne Kli­
maaktionsportal jede Menge
Infos, Tipps und Aktionen. Hier
kannst Du aktiv werden, selbst
bloggen, diskutieren, dein
Wissen testen und vieles mehr.
Misch dich ein! Dein Klima
braucht dich.
Besuche
www.gruenes-klima.de
Gastbeitrag von Reinhard Loske
Kein entweder oder: Klimaschutzpolitik und ein Wandel
des Lebensstils gehören zusammen
Die Debatte über den Klimawandel stellt im Moment
alles vom Kopf auf die Füße. Manches Tabu, mit dem
sich Umweltschützer und Grüne längst
arrangiert hatten, wird plötzlich
gebrochen. Um dem Vorwurf von Verzicht
und Askese zu entgehen, konzentrierte
man sich lange Zeit auf Fragen der
Technologie und des politischen
Rahmens. Und in der Tat, bessere Technik,
bessere Produkte und bessere Gesetze
bewirken auch viel für den Umweltschutz.
Aber wahr ist eben auch, dass die
bessere Effizienz durch das ständige
Wachstum aufgefressen wird.
Doch es wäre falsch, politische
Maßnahmen gegen individuelle
Verhaltensänderungen auszuspielen. Es
geht nicht um Politikwandel oder Lebensstilwandel, sondern
um Politik- und Lebensstilwandel. So sehr es gute Gesetze
für erneuerbare Energien, für öffentliche Verkehrsmittel,
für Klimaschutz oder für den Ökolandbau braucht, so
22
sehr kann jedeR einzelne jetzt handeln: Nur noch
Ökostrom beziehen oder ihn selbst produzieren, das
eigene Haus dämmen und die Heizung
modernisieren oder Druck auf den Vermieter ausüben,
Mobilität möglichst zu Fuß, mit dem Rad oder per
Bus und Bahn abwickeln, beim
nächsten Mal ein verbrauchsarmes
Auto anschaffen oder sich am CarSharing beteiligen, Urlaub auch mal
im eigenen Land machen, weniger
Fleisch essen, Nahrungsmittel aus
der Region kaufen, die eigenen
Kinder so erziehen, dass sie ein
entsprechendes Bewusstsein
entwickeln können und möglichst
ein gutes Vorbild sein.
Der allerwichtigste Beitrag zum
Klimaschutz ist es wohl, den Kopf
selbstbewusst über die Warenflut zu
erheben und nicht jedem
kurzlebigen Trend nachzulaufen. Man wird dann
vielleicht feststellen, dass der Verzicht auf überflüssige
Dinge, die den Alltag verstopfen, eher ein Gewinn
ist als ein Verlust.
Klimabüchertipps zum Weiterlesen:
Klima-Linkliste
Der Klimawandel
IPCC: www.ipcc.ch
UNFCCC und Kyoto-Protokoll:
„Bringen wir das Klima aus dem Takt? Hintergründe und
Prognosen“ und „Herausforderung Klimawandel. Was wir
jetzt tun müssen.“.
unfccc.int
Umweltorganisationen
Greenpeace:
Fair Future
www.greenpeace.de
Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschlands:
www.bund.net
BUND Jugend:
Das Buch von Rahmstorf und Schwellnhuber erklärt
anschaulich die Klimageschichte unseres Planeten,
welche Faktoren für das Klima verantwortlich sind,
sowie die Funktionsweise des Treibhauseffektes. Sie
Beschreibungen die Auswirkungen und Diskustieren
die pro und kontra Argumente der verschiedenen
Gegenmaßnahmen, die ergriffen werden können.
Herausforderung
Klimawandel
www.bundjugend.de
Naturschutzbund Deutschlands:
www.nabu.de
Robin Wood:
www.umwelt.org/robin-wood
Globaler Klimaschutz Tag
Von den begrenzten Ressourcen und Globaler
Gerechtigkeit auf der Erde handelt das Buch und kommt
somit nicht an dem Klimawandel vorbei. Wenn auch
nicht Schwerpunktthema des Buches, so leistet es
Denkanstöße und Ideen für eine faire Lösung des
Klimaproblems und verbindet es mit den vielen anderen
wichtigen Globalen Problemen unserer Erde. Geschrieben
wurde es von dem Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt
und Energie. Es ist auch bei der Bundeszentrale für Politische
Bildung erschienen.
Jedes Jahr im Herbst findet
meist vor der Weltklima Konfe­
renz ein Internationaler Protest­
tag für mehr Klimaschutz statt.
2007 wird der 8 Dezember der
große Tag sein. Alle Menschen,
dieser Erde sind dazu Aufgeru­
fen gemeinsam für mehr Klima­
schutz zu streiten.
Viele Infos unter
globalclimatecampaign.org
Mojib Latif hat gleich mehrere sehr gute Bücher zum
Klimawandel geschrieben. Unter anderem „Klima“,
23
www.gruene-jugend.de
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