eine Welt - ein Klima Redaktion: Paula Riester (V.i.S.d.P.), Sebastian Brux, Nadine McNeil, Georg Kössler, Ario Ebrahimpour-Mirzaie, Kathrin Henneberger Mitarbeit: Bärbel Henneberger, Hans Christian Müller und Reinhard Loske Herausgeberin: GRÜNE JUGEND Bundesverband Hessische Straße 10, 10115 Berlin Gestaltung&Layout: modul Fotos: de.wikipedia.org (GNU-Lizenz, Bärbel Henneberger, worldmapper.org, vooble (creative commons), Privat. 1. Auflage (Mai 2007) Druck: UNION-Druckerei Kontakt: GRÜNE JUGEND Bundesverband Hessische Straße 10, 10115 Berlin Fon: 030/275 940-95 Fax: 030/275 940-96 Email: [email protected] www.gruene-jugend.de 02 Inhaltsverzeichniss Impressum Inhaltsverzeichniss Editorial Woher kommen die Erkenntnisse über den Klimawandel? Funktionsweise des natürlichen Treibhauseffekts Die Klimagase Der CO2 - Kreislauf Zahlen und Fakten zum anthropogenen Treibhauseffekt Trägheit des Klimasystems Auswirkungen des Klimawandels Der Meeresspiegel steigt Der Golfstrom Versauerung Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität Vor dem Klima auf der Flucht Klimagerechtigkeit Das Kyoto-Protokoll Das neue Klimaschutzabkommen: KyotoPlus Ein CO2-Check pro Kopf - unsere Idee (1) Globale Umweltorganisation - unsere Idee (2) Den nationalen Alleingang wagen Ökologisch Steuern Einführung eines Top-Runner-Systems Energieautarke Regionen Gastbeitrag von Reinhard Loske Klimabüchertipps zum Weiterlesen 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 03 Liebe Leserinnen und Leser, alle reden von Deutschland, wir reden vom Wetter! Der grüne Wahlkampfslogan von 1990 war damals ein Schock und ließ die Grünen aus dem Bundestag fliegen. 17 Jahre später ist das Thema aktuell wie nie zuvor: Der SternReport, der IPCC-Bericht, Stürme und warme Winter niemand kann mehr leugnen, dass wir mitten im von uns selbst verursachten Klimawandel stecken. Statt in den letzten Jahrzehnten auf WissenschaftlerInnen und Umweltverbände zu hören, wurden weiterhin kräftig CO2 und andere Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen. Das 1997 beschlossene Kyoto-Protokoll hat dabei wenig zur Begrenzung des Problems beigetragen nicht zuletzt, weil der größte Klimasünder, die USA, immer noch nicht beigetreten ist. Doch auch heute wird zwar viel über Klimaschutz geredet, konkrete Veränderungen sind aber wenig zu erkennen. Stattdessen stellen sich immer noch viele PolitikerInnen und VertreterInnen aus Wirtschaft und Industrie quer. Dieses Verhalten können wir uns heute nicht mehr leisten. Nach wissenschaftlichen Studien haben wir noch 10 bis 15 Jahre, um den Klimawandel umzukehren und die Katastrophe zu verhindern. Dafür dürfen wir uns nicht auf die faule Haut legen, sondern müssen jetzt handeln. In der Energiewirtschaft, der Industrie, im Verkehr, in der Landwirtschaft und beim persönlichen Konsum müssen 04 00 die richtigen Weichen gestellt werden und zwar auf globaler Ebene. Wir dürfen jetzt nicht in Lethargie verfallen, sondern müssen Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben und das eigene Verhalten ändern. Die neue Broschüre der GRÜNEN JUGEND erklärt, wie es eigentlich zum Klimawandel kam und was die einzelnen Gründe dafür sind. Außerdem stellt sie die konkreten Auswirkungen auf unsere Ökosysteme dar und deckt gleichzeitig Lösungsmöglichkeiten auf. Damit wollen wir auch zeigen, dass Jede und Jeder etwas zum Klimaschutz beitragen kann. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und hoffen, dass ihr danach noch aktivere KlimaschützerInnen werdet! Paula Riester und Jan Albrecht (SprecherInnen der GRÜNEN JUGEND) Woher kommen die Erkenntnisse über den Klimawandel? wissenschaftliche Beweislage) im Februar 2007 eine große Welle der Aufmerksamkeit auslöste. Wichtig ist zu wissen, dass das IPCC keine eigene Forschung betreibt, sondern die neuesten Ergebnisse lediglich zusammenträgt, auswertet und vereinigt. Seit 1988 beschäftigen sich die Vereinten Nationen (VN) intensiv mit dem Thema Klimawandel. Zwei ihrer Unterorganisationen, die World Meteorological Organisation (WMO, Weltwetterorganisation) und das United Nations Environment Programme (UNEP, Umweltprogramm der VN) haben das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, Zwischenstaatlicher Ausschuss zum Klimawandel) eingesetzt. Das IPCC berichtet in regelmäßigen Abständen von etwa fünf Jahren über die Entwicklung des Klimasystems und die Auswirkungen auf die menschlichen Gesellschaftssysteme sowie die Möglichkeiten der politischen Gegensteuerung. Die ersten drei Berichte wurden 1990, 1995 und 2001 veröffentlicht. Der vierte Teil (2007) wurde nach und nach veröffentlicht, wobei schon der erste Teil (die Das IPCC bedient sich bei seinen Prognosen verschiedener Szenarien, die nach Faktoren geordnet sind. Es wird zwischen einer wirtschafts- und einer umweltfreundlicheren Politik sowie zwischen einer stark und weniger stark globalisierten Welt der Zukunft unterschieden. Daraus resultieren Schwankungen - zum Beispiel bei der Einschätzung des zukünftigen CO2-Ausstoßes. Gegenüber dem Bericht von 2001, der bis vor kurzem die Hauptgrundlage der Wissenschaft und Klimapolitik war, hat sich einiges getan. D i e Wa h r s c h e i n l i c h ke i t, d a s s d i e g l o b a l e n Temperaturveränderungen anthropogen (vom Menschen verursacht) sind, stieg von 66 auf 90 Prozent. Die globale Erwärmung wird höher sein als bisher angenommen sein: bis zu 6,4 Grad Celsius. Klimaforschung Beim Klima werden drei Stu­ fen unterschieden: Das Mikroklima beschreibt die nähere Umgebung, wie die Küche oder den Häuserblock, das Mesoklima bezieht sich auf ganze Land­ striche (zum Beispiel die Nordsee) und das Makrokli­ ma beschreibt Verhältnisse in größeren Gebieten wie etwa Asien, dem Regenwald oder dem ganzen Planeten. 2-Grad Strategie: Schon 1984 wurde in der Wissenschaft ein Anstieg von zwei Grad Celsius bei einem CO2-Peak (siehe Seite 8) um das Jahr 2020 angenom­ men. Heute ist diese relativ starke Erwärmung sogar zum offiziellen Klima-Ziel vieler Regierungen und ForscherIn­ nen geworden, da die meisten Zukunftsszenarien einen noch höheren Temperaturanstieg vorhersagen. KritikerInnen des Ausschusses verweisen darauf, dass die nationalen Regierungen massiv auf die Formulierungen im IPCC-Bericht einwirken. Die Staaten entscheiden also mit, was die ForscherInnen ihnen raten. 05 Funktionsweise des'natürlichen Treibhauseffekts Wissenschaftlich noch weitgehend ungeklärt ist, wie die Wolken zur Reflektion beitragen beziehungsweise wie sehr Veränderungen des Wetters den Klimawandel beeinflussen können. Der Albedo-Effekt Albedo ist das Maß für das Rückstrahlvermögen eines Körpers. Dieses ist für Eis relativ hoch und somit wird viel Wärme von der Erde ferngehalten. Obwohl der Klima­ wandel viel mehr um­ fasst als den Anstieg der Temperaturen auf der Erde (globale Erwärmung), wird im Folgenden darauf verstärkt eingegan­ gen. Die Erderwärmung er­ gibt sich auf Grund des so genannten Treibhauseffektes. Den Namen hat er von Gewächshäusern, die die Wärme der Sonne zwar rein, die von den Pflanzen abgegebe­ ne Wärme aber nicht wieder raus lassen (selektive Transparenz). Somit kommt es zu einem Wärmestau. Unsere Atmosphäre funktioniert so ähnlich wie diese Treibhäuser. Entscheidend ist hierbei die Wellenlänge der Sonnenstrah­ lung. Als kurzwellige (UV-) Strahlung wird sie fast vollständig 06 von der Atmosphäre durchgelassen. Nicht durchgelassene Wärme wird in der Atmosphäre gehalten (Absorption) bezie­ hungsweise zurück gestrahlt (Reflektion). Die durchkommende Wärme erhitzt die Meere und Landmas­ sen. Hier wird sie in langwellige (infrarote) Wärmestrahlung um­ gewandelt und wieder zurück gewor­ fen, von der Atmosphäre aber zum größten Teil ab­ sorbiert. Die Menge der Treibhausgase be­ stimmt dabei, wie viel Wärme aus dem System austreten kann und wie viel erhalten bleibt. Über Millionen von Jahren hat sich ein kompliziertes Gleich­ gewicht gebildet, das Leben auf der Erde erst ermöglicht hat. Schwankungen gibt es zwar, die natürlichen Kreisläufe reagieren aber ohne äußeres Einwirken nicht so abrupt wie dies seit der Industriellen Revolution der Fall ist. Die Klimagase Wasserdampf sorgt mit 60 Prozent für den größten Teil des natürlichen Treibhauseffektes. Ohne diesen wäre es auf der Erde durchschnittlich 30 Grad kälter. Den restlichen Anteil haben Kohlendioxid (CO2), Methan (Sumpfgas, CH4), Distickstoffoxid (Lachgas, N2O), teilhalogenierte und perfluorierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs) sowie Schwefelhexafluorid (SF6). Der Anteil dieser Gase steigt seit Beginn der industriellen Revolution, als die Menschen begannen, fossile Rohstoffe zu nutzen. Somit kommt es zum anthropogenen Treibhauseffekt. Kohlendioxid (CO2) ist das wichtigste Treibhausgas. Zwar hat es nur einen Anteil von etwa 20 Prozent am natürlichen, ist dafür aber für 60 Prozent des anthropogenen Treibhauseffektes verantwortlich. Immer mehr Lücken werden geschlossen und weniger Wärme kann aus dem System entweichen. Atmosphäre: Der gasförmige Mantel um die Erde, der das anthropogene CO2 primär aufnimmt. Biosphäre: Die belebte Erdoberfläche sowie die untere Schicht der Atmosphäre einschließlich aller Lebewesen. Hydrosphäre: Das gesamte Wasser (Meere, Flüsse usw.) auf der Erde. Kryosphäre: Der "Kältespeicher" der Erde (Eis- und Schneemassen). Er kühlt und reflektiert das einfal­ lende Sonnenlicht. Der CO2 - Kreislauf In der Atmosphäre befindet sich nur rund 0,001 Prozent (etwa 800 Gigatonnen) des globalen Kohlenstoffs. Sie ist damit - wie die Biosphäre - ein sehr kleiner Kohlenstoffspeicher im Gegensatz zu den Meeren und Böden und reagiert somit auf Änderungen sehr empfindlich. Weltweit werden jährlich insgesamt 550 Gigatonnen CO2 gespeichert der größte Teil davon aufgrund der Fotosynthese. Ungefähr genauso viel CO2 wird normalerweise - wieder ausgestoßen. Der größte Austausch findet dabei über die Atmosphäre statt. Der gesamte Kreislauf wird gestört, wenn entweder mehr CO2 hinzugeführt wird (etwa durch Verbrennung der fossilen Rohstoffe) oder ein CO2-Entzug verhindert wird (beispielsweise durch Abholzung). Lithosphäre: Die oberste Erdkruste unter der Biosphäre. Hier sind die Lagerstätten von Kohle, Öl und Gas. 07 Einige Begriffsdefinitionen: CO2 äquivalent rechnet den Wirkungsgrad von anderen Ga­ sen in den von CO2 um. Ein Kilo Methan entspricht 23 Kilo CO2. Also: 1 CH4 = 23 CO2 äq. 1 Gt (Gigatonne) = 1 Milliarde t 1 Mt (Megatonne) = 1 Millionen t 1 Gt C = 3.67 Gt CO2 ppm = parts per million ppb = parts per billion billion = Milliarde Der Peak: Er beschreibt den Höhepunkt des globalen CO2Ausstoßes, also die globale Trendwende und muss so schnell wie möglich erreicht werden! Beispiel: Bei einem Flug von Berlin nach London werden pro Person ungefähr 270 Kilo CO2 äq. emit­ tiert. Wir Deutsche stoßen im Jahr pro Kopf zirka zehn Tonnen CO2 aus, Menschen in Äthiopien nur 50 Kilo. Bei einer gerechten Ver­ teilung dürften wir maximal zwei Tonnen CO2 produzieren, bei einer ökologisch-nachhaltigen Verteilung sogar noch weniger. 08 Zahlen und Fakten zum anthropogenen Treibhauseffekt Unterschieden werden muss vor allem zwischen der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre und dem Ausstoß. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre stieg von 1750 bis 2005 um 35 Prozent (von 280 ppm auf 379 ppm). Der jährliche Anstieg des Treibhausgases in der Atmosphäre (derzeit ungefähr 1.9 ppm pro Jahr) steigt dagegen exponentiell. Der weltweite anthropogene CO2-Ausstoß betrug im Jahr 2006 etwa 32 Gigatonnen (26,4 Gigatonnen durch Nutzung fossiler Rohstoffe und 5,9 Gigatonnen durch die Veränderung der Landschaft), davon entfielen allein auf Deutschland etwa 880 Megatonnen CO2 - also ungefähr drei Prozent des weltweiten Ausstoßes. Doch auch die Konzentrationen von Methan (148 Prozent) und Lachgas (18 Prozent) sind seit 1750 gestiegen. Jährlich werden ungefähr 37 Megatonnen CH4 (etwa 2,5 Megatonnen pro Jahr) vor allem durch die Landwirtschaft emittiert. Trägheit des Klimasystems Wenn wir heute weniger Treibhausgase ausstoßen, wird sich die globale Erwärmung erst in 30 Jahren abschwächen und auch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre braucht 100 bis 300 Jahre, um sich abzubauen. Der Meeresspiegel wird noch lange nach dem Peak ansteigen, doch je früher er erreicht wird, desto geringer ist der bleibende Schaden. Ein Großteil der Studien peilt heute eine Maximalkonzentration von 450 ppm bis 550 ppm an. Auswirkungen des Klimawandels Die wichtigste Zahl im VN-Klimabericht bezog sich auf den durchschnittlichen Temperaturanstieg bis zum letzten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, der bis zu vier Grad Celsius erreichen kann. Weltweit wird es zu Verschiebungen der Klimazonen kommen. Klimaveränderungen werden jedoch regional sehr unterschiedlich sein, so dass nicht generell von einer Niederschlagszunahme oder -abnahme gesprochen werden kann. ExpertInnen sind sich aber einig, dass es allgemein zu einer Zunahme extremer Wetterereignisse kommen wird, uns also mehr Hurricanes, mehr Waldbrände und stärkere Überschwemmungen erwarten werden. In Gegenden wie zum Beispiel der Sahel-Zone werden sehr wahrscheinlich noch schlimmere Dürren auftreten und die Wüstenbildung wird zunehmen - etwa zwei Drittel Spaniens könnte zur Wüste werden, Hungerkatastrophen und Kriege um Ressourcen wie Wasser werden sich häufen. Veränderungen des Niederschlags werden lokal sehr verschieden sein, in Europa wird zum Beispiel vor allem der Süden unter einem Niederschlagsmangel zu leiden haben. In Deutschland wird es im Winter mehr und im Sommer etwa 30 Prozent weniger Regen geben, im Nordosten und Südwesten werden die jahreszeitlichen Unterschiede wohl noch stärker sein. So trocknet Brandenburg schon jetzt im Sommer aus, was nicht nur für die Landwirtschaft ein großes Problem ist. Viele Schädlinge mögen Wärme und werden nach Norden wandern - hierzu gehören auch die gefährlichen Borkenkäfer oder die Zecken. Aber auch Krankheiten wie Malaria könnten in Europa langfristig heimisch werden. Zudem wird die Pollensaison für AllergikerInnen länger werden. Das neue Deutschland zeichnet sich durch trocken-heiße Sommer und warm-feuchte Winter aus." Peter Werner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Durch das Abschmelzen der Gletscher und verstärkte Regenfälle wird es mehr Überschwemmungen (die häufigste Naturkatastrophe in Europa) geben. Die oberen Schichten des Perma- oder Dauerfrostbodens (zum Beispiel in Sibirien) haben sich seit 1980 schon um drei Grad Celsius erwärmt. Ein Abtauen könnte zu einem noch höheren natürlichen Treibhausgasausstoß führen, was eine positive Rückkopplung entstehen ließe der Klimawandel würde sich selbst beschleunigen. Der Stern-Report Im Bericht des ehemaligen Weltbank-Chefökonoms und jetzigen britischen Chefbera­ ters Nicholas Stern wird pro­ gnostiziert, dass künftig fünf bis zwanzig Prozent des glo­ balen Bruttoinlandsprodukts aufgebracht werden müssten, um die Lebensverhältnisse dem Klimawandel anzupas­ sen. Bei richtigem Klima­ schutz verringern sich diese Kosten auf etwa ein Prozent. Klimaschutz lohnt sich also auch wirtschaftlich! In Deutschland werden heute jährlich 160 Millionen Euro für Deiche ausgegeben. Um Hamburg künftig vor Überschwemmungen zu schützen, müsste allein diese eine Stadt schon mit einem 600 Millionen Euro teuren Deich geschützt werden - und das ist laut Stern erst der An­ fang! 09 Das Beispiel Seychellen: Lage: Indischer Ozean, nördlich von Madagaskar Problem: die meisten Men­ schen leben an der Küste und der Meeresspiegel steigt Gegenmaßnahmen: nationa­ les Naturschutzkonzept aus Tourismus-Einnahmen Prognose: Grundwasseran­ stieg ist ein Problem für Land­ wirtschaft; ab 80 Zentimeter Anstieg muss die Hauptinsel evakuiert werden Was wir wissen: In den letzten 40 Jahren ist die Wassertemperatur der Nordsee um 1,1 Grad Celsius gestiegen. Die Geschwindigkeit, mit der das Grönlandeis schmilzt, hat sich in den vergangenen zwei Jahren um 250 Prozent be­ schleunigt. Das Max-Planck-Institut für Meteorologie erwartet einen Anstieg des Meeresspiegels um bis zu 86 Zentimeter bis 2100. 10 Der Meeresspiegel steigt Das Meer stieg zwischen 1961 und 2003 um durchschnittlich 1,8 mm/ Jahr im weltweiten Durchschnitt, im letzten Jahrzehnt sogar um ca. 3,1 mm/ Jahr. Der Anstieg variiert regional stark, doch insgesamt machte er im 20. Jahrhundert circa 17 Zentimeter aus. Dies hängt vor allem mit schmelzendem Eis zusammen, aber im Meer schwimmendes Eis verdrängt genau so viel Wasser, wie im flüssigen Zustand. Das als sicher geltende Abschmelzen des Nordpols (Arktis) trägt also nicht direkt zum Anstieg des Meeres bei. Allerdings wird durch das Fehlen dieser großen weißen Fläche weniger Wärme zurück in den Weltraum reflektiert (Albedo; siehe Seite 6). Durch die Erwärmung wird es aber auch zum Abschmelzen des Eisschildes auf Grönland und der letzten Gletscher kommen. Das komplette Grönlandeis würde den Meeresspiegel im globalen Mittel um circa 7Meter ansteigen lassen. Schon jetzt trägt das grönländische Eisschild etwa 15Prozent zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Antarktis sind nicht ganz verstanden und äußerst unsicher. Der wohl größte Grund des Anstieges ist die Thermische Expansion, denn Wasser dehnt sich bei Wärme aus. Die Meere absorbieren circa 80 Prozent der ins Klimasystem kommenden Wärme. In den oberen 700 Metern hat sich das Meer schon um bis zu 1 Grad Celsius erwärmt Eine Meeresspiegelerhöhung wäre für Inselgruppen wie die Seychellen katastrophal. Aber auch küstennahe Gebiete in Europa werden mit Überflutungen und einem Anstieg des Grundwassers rechnen müssen. Dieses weist dann einen höheren Salzgehalt auf, wodurch die Landwirtschaft beeinträchtigt wird. Durch den Anstieg der Wassertemperatur wird es mehr Stürme wie Katrina geben. Die Leidtragenden dabei sind vor allem die Menschen in den Entwicklungsländern wie in Bangladesh, wo Hundertmillionen Menschen umgesiedelt werden müssten, aber auch die Niederlande und Norddeutschland (zum Beispiel die Innenstadt von Hamburg) sind sehr bedroht. Der Golfstrom Alle Gewässer besitzen einen bestimmten Salzgehalt (Salinität). Im Nordatlantik kommt warmes Wasser aus dem Süden und sinkt vor Grönland wegen zunehmendem Salzgehalt sowie größerer Dichte ab und fließt wieder in den Süden. Diese meridionale atlantische Umwälzbewegung (Golfstrom) ist Teil des globalen Förderbandes (siehe Bild 1) und verantwortlich für das milde Klima in Europa. Durch die Eisschmelze, vor allem auf Grönland, gelangt Frischwasser in das Nordpolarmeer und senkt den Salzgehalt: Das Absinken bleibt aus und der Golfstrom schwächt sich ab. Eine Abschwächung um etwa ein Viertel in diesem Jahrhundert ist laut VN sehr gewiss. Dennoch werden die Temperaturen steigen, weil der Einfluss der globalen Erwärmung überwiegt. Da 75 Prozent des weltweiten Süßwassers in der Antarktis lagern, würde ein Schmelzen dort natürlich auch unvorhersehbare Effekte auslösen. Sämtliche Trends zeigen eine Verstärkung der Effekte. Das bedeutet: Änderungen der Meerestem­ peratur, der Salinität und des pH-Werts haben auch Auswir­ kungen auf die Arten im Meer. Das Meer verstärkt unsere selbst gemachten KlimaProbleme (Schmelzwasser, thermische Expansion, CO2Aufnahmefähigkeit, verringerte Fangmengen). Versauerung Früher waren Atmosphäre und Hydrosphäre (das Wasservorkommen auf der Erde) in einem natürlichen Gleichgewicht. Auch heute wird in den Meeren ungefähr ein Drittel des weltweiten CO2-Vorkommens als Kohlensäure (H2CO3) gebunden. Sie wirken damit als natürliche Senke, ohne die der Treibhauseffekt viel stärker sein würde. Der pH-Wert sinkt aber durch das viele CO2 ab und die Meere werden somit immer saurer. Die genauen Folgen sind noch nicht WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass sich der pHWert der Meere um 0,77 ab­ senken könnte. abschätzbar, aber bestimmte Arten werden auswandern oder aussterben. Die Nahrungsketten könnten von unten zusammenbrechen. Verschlimmernd kommt hinzu, dass mit höheren Temperaturen und mehr atmosphärischem CO2 die Aufnahmefähigkeit der Meere für CO2 weiter abnimmt. Das Meer fungiert also als Katalysator des Klimawandels. 11 Biopiraterie Geld machen mit dem Erbgut In vielen Ländern nutzen die Ureinwohner Pflanzen als Heilmittel oder für andere be­ sondere Zwecke. Multinatio­ nale Konzerne (zum Beispiel Saatgutfirmen) lassen sich das Erbgut dieser Pflanzen patentieren und fordern danach Abgaben für die Nut­ zung dieser Pflanzen. Soll ein alteingesessener Stamm, der die Pflanze seit Tausenden von Jahren benutzt, plötzlich patentrechtliche Abgaben zah­ len? Gegen diese Ungerech­ tigkeit kämpfen viele Men­ schen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). 12 Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität Biodiversität oder biologische Vielfalt bezeichnet verschiedene Ebenen der lebendigen Vielfalt: die Anzahl von Arten eines Gebietes (Artenvielfalt); die Vielfalt an Ökosystemen oder Lebensräumen und die Vielfalt innerhalb der Arten (also die Unterschiede der genetischen Informationen zwischen den Individuen). Pflanzen und Tiere liefern den Menschen seit jeher Nahrung, Textilien, Heilmittel, Baustoffe oder Brennmaterial. Auch die Landwirtschaft ist auf den Artenreichtum und eine stabile Bodenbildung angewiesen. Funktionierende Ökosysteme machen das Leben auf der Erde erst möglich. Die Verbreitung der Tier- und Pflanzenarten auf unserem Planeten wird ganz wesentlich vom Klima bestimmt. Schon immer hat es klimatische Veränderungen gegeben, nur wird die Geschwindigkeit des prognostizierten Wandels durch den Treibhauseffekt etwa 30 mal schneller sein als derjenige am Ende der letzten Eiszeit. Arten können durch Klimawandel in ihrer Existenz bedroht sein, wenn das Verbreitungsgebiet schrumpft oder ganz verloren geht, beziehungsweise wenn die Art neue Lebensräume wegen einer geringen Ausbreitungsfähigkeit, wegen Barrieren oder veränderter Konkurrenz- oder Nahrungsbeziehungen nicht besiedeln kann. Ein durch Klimawandel verursachter Verlust von 5 bis 30 Prozent aller Pflanzenund Tierarten in den nächsten Jahrzehnten kann in Deutschland als wahrscheinlich angesehen werden. Folgen für den Menschen Bei vielen Arten wurde bereits jetzt eine Verschiebung der Verbreitungsgebiete beobachtet. Beispielsweise sind 18 Fischarten der Nordsee, darunter Schellfisch und Kabeljau, im Laufe der letzten 15 Jahre teils mehr als 100 Kilometer in Richtung Norden ausgewandert. In diesem Zeitraum ist die Temperatur in der Nordsee um ein Grad Celsius gestiegen. Da das Klima ein wesentlicher Bestimmungsfaktor von Pflanzenarealen ist, werden die aus wärmeren Gebieten stammenden Arten von der Erwärmung profitieren. Der durch höhere Temperaturen bedingte Wassermangel - zusammen mit neu einwandernden Schädlingen - kann zum Absterben von heimischen Bäumen führen. Besonders die polaren Ökosysteme sind bereits jetzt in vollem Ausmaß vom Klimawandel betroffen. Arten können nicht immer neue Lebensräume finden und ihr Areal verlagern. Um das Überleben von Arten bei verändertem Klima zu sichern, müssen ausreichend große Populationen erhalten und Wanderungsmöglichkeiten, etwa durch die Vernetzung von Habitaten, geschaffen werden. Auch sollte die Barrierewirkung von Verkehrswegen, begradigten Fließgewässern und landwirtschaftlich genutzter Flächen verringert werden. Kein Ökosystem der Erde bleibt vom Klimawandel verschont - den Menschen können allein aus den Veränderungen in der Biodiversität enorme Schäden entstehen. Veränderung der Temperatur Stickstoff- und CO2-Gehalt der Luft Jahresrythmus Nahrungsbeziehungen Verhalten Konkurrenzfähigkeit Die Auswirkungen des Klima­ wandels auf die Lebewesen dieser Erde werden auch für die Gesundheit der Menschen direkte Auswirkungen haben. Bei einer Erwärmung kommt es generell zu einer Vermeh­ rung von Krankheitserregern und überträgern. Beispielsweise werden bei einem Temperaturanstieg von 2,5 Grad Celsius 210 Millio­ nen Menschen mehr von Ma­ laria bedroht sein, auch Ze­ cken kämen dann immer weiter nördlich vor. In vielen Ländern werden große Teile der Ernten ausfallen, es dro­ hen Hungersnöte. Auch der Pollenflug wird bis zu einem Monat früher einsetzen für Allergiker ein großes Problem. Fortpflanzung Verschiebung von Verbreitungsgebieten 13 Vor dem Klima auf der Flucht Immer mehr Menschen müssen wegen Klimawandel und Umweltzerstörung flüchten und werden zu so genannten Klima- oder Unmweltflüchtlingen. Dabei fliehen diese Menschen nur in den seltenen Fällen direkt aufgrund von Naturkatastrophen. Vielmehr entwickeln sich meistens aus der globalen Umweltzerstörung und dem Klimawandel indirekte und/oder wirtschaftliche Beweggründe, die eine Flucht notwendig machen. Zum einen wäre hier die regionale Umweltverschmutzung zu nennen, die Lebensraum zerstört und Agrarflächen unbrauchbar macht. Diese so genannte Deposition der Umwelt wird auch weiterhin von den Industrienationen forciert und betrieben. Die Umweltverschmutzung wird dementsprechend in Entwicklungs- und Schwellenländer exportiert. Die GRÜNE JUGEND fordert deshalb schon lange globale Umweltstandards. Auch die schleichende Degradation der Umwelt - das heißt die Verschlechterung der Qualität der Natur durch Umweltschäden - lässt Menschen flüchten. Heute bleiben der Verlust des Bodens und seiner Fruchtbarkeit und der Mangel an Frischwasser wesentliche Fluchtgründe. Die globale Klimaerwärmung 14 führt dabei zum Beispiel entweder zu extrem viel oder extrem wenig Wasser. Auch Wüstenbildung und anhaltende Hitzeperioden beschleunigen die Degradation. Weitere Fluchtgründe sind vom Menschen verursachte Naturkatastrophen. Diese folgen teils direkt der Umweltdegradation, etwa wenn Überschwemmungen durch menschliche Eingriffe begünstigt und mitverursacht werden. Der globale Klimawandel zeigt, dass regionale Krisen zu globalen Krisen werden. Ein ansteigender Meeresspiegel, Änderungen des Regionalklimas, Verschiebungen von Vegetationszonen - all dies wird neue Fluchtbewegungen auslösen. Zuletzt wäre noch die soziale wie auch die politische Destabilisierung ganzer Regionen und Staaten zu nennen. Verteilungskämpfe, durch Umweltverschmutzung bedingte Armut sowie Wasserknappheiten können auch zu gewalttätigen oder sogar kriegerischen Handlungen führen. Es ist wichtig, diese Kausalzusammenhänge auch in die innenpolitische Diskussion um Migrationsgründe aufzunehmen. Klimagerechtigkeit Mensch & Natur Der Mensch sollte nicht der Natur gegenüberstehen, son­ dern mit ihr leben. Er ist trotz Sprache und Kultur nur ein Teil des Lebens auf der Erde - unser Fortbestehen ist von unserer Umwelt abhängig. Der Mensch ist auf intakte Ökosysteme und auf alle Tiere und Pflanzen angewiesen. Diese liefern uns Nahrung, Ressourcen und Schönheit. Der Mensch sollte sich be­ wusst werden, dass er, um die Rechte seiner Mitmen­ schen und zukünftiger Gene­ rationen zu wahren, auch die Natur schützen muss. Unsere Umwelt ist einmalig und not­ wendig für das Überleben von Menschen und Tieren. Der momentane Klimawandel ist zum größten Teil auf die Treibhausgasemissionen der Industrieländer zurückzuführen. Diese gelangten durch die industrielle Revolution zu ihrem heutigen Wohlstand. Ohne den scheinbar unbegrenzten Import von Ressourcen aus den Kolonien wäre dieser nicht zu Stande gekommen. Der Verbrauch von Rohstoffen und die Freisetzung von CO2 ist auf der Welt noch heute extrem ungleich verteilt. Die Industrieländer stoßen fast die Hälfte der weltweiten C02-Emissionen aus, obwohl dort nur etwa 15 Prozent der Weltbevölkerung leben. Ein kleiner reicher Teil der Menschheit verursacht den Klimawandel. Der weitaus größere und ärmere Teil leidet am härtesten und direktesten unter den Folgen. Es ist ein nachvollziehbarer Wunsch der Schwellenund Entwicklungsländer, wirtschaftlich aufzuholen. Der Ressourcenverbrauch der Industrieländer lässt sich aber nicht auf alle Länder der Welt übertragen. Dafür wären nicht genügend Kapazitäten verfügbar, außerdem würden die sich vervielfachenden Treibhausgasemissionen die Atmosphäre schwer schädigen. Eine gerechte Lösung wäre, wenn die Industrieländer ihren Ressourcenverbrauch stärker mindern als die Entwicklungsländer ihren ausweiten würden . Sie träfen sich in der Mitte an einem Punkt, der eine international faire Ressourcenverteilung gewährleistet und bei dem der Gesamtverbrauch für unsere Umwelt tragbar ist. Die Industrieländer müssen hierfür die ersten Schritte gehen, um die Entwicklungsländer mit ins Klimaschutz-Boot zu locken. 15 Kyoto-Mechanismen Wege zum Klimaschutz 1. Emissionshandel (Emission Trading) Die individuellen Emissions­ rechte der Staaten können untereinander gehandelt wer­ den. Seit 2005 gibt es inner­ halb Europas einen Emissi­ onshandel. JedeR VerursacherIn muss über Zer­ tifikate verfügen - werden sie nicht verbraucht, können sie an andere, die zuviel Emissi­ onen produzieren, weiterver­ kauft werden. Das Kyoto-Protokoll Im Jahr 1992 fand die erste internationale Klimakonferenz statt. Dort verabschiedeten die Industrieländer die KlimaRahmenkonvention ("United Nations Framework Convention on Climate Change" UNFCCC), die vorsah, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2000 zurück auf den Stand von 1990 zu bringen. Auf der dritten Klimakonferenz 1997 in Kyoto wurde das so genannte Kyoto-Protokoll verabschiedet. Es ist eine völkerrechtlich verbindliche Klimaschutz-Vereinbarung und legt fest, dass zwischen 2008 und 2012 die Emissionen der Industriestaaten insgesamt um 5,2 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 reduziert werden sollen. Wie viel die einzelnen Staaten dazu beitragen müssen, ist höchst unterschiedlich. Das Kyoto-Protokoll trat am 16. Februar 2005 in Kraft, nachdem endlich genug Staaten nämlich 55 das Protokoll ratifiziert hatten. Inzwischen haben 171 Staaten der Erde das KyotoProtokoll angenommen. Der derzeitige C02-Produzent Nummer eins, die USA, und auch Australien sind jedoch immer noch nicht dabei. 2. Clean Development Mechanism Industriestaaten können für Projekte zur Emissionsbekämpfung in Entwicklungsländern "credits" erhalten, die ihren Reduktions­ zielen angerechnet werden. 3. Joint Implemantation Industrieländer können ge­ meinsam Klimaschutzprojekte organisieren und erhalten für Reduktionen ebenfalls "credits". 16 Das neue Klimaschutzabkommen: KyotoPlus Auf die Unversehrtheit der Atmosphäre ist jedes Leben auf der Erde angewiesen. Sie ist ein Gemeinschaftsgut, das keine Grenzen kennt. Deshalb brauchen wir multilaterale Beschlüsse, um sie zu schützen. Das KyotoProtokoll war ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber um den Klimawandel wirklich zu bremsen, bedarf es weitaus größerer Kraftanstrengungen. Deshalb brauchen wir ein neues wirksames Klimaschutzabkommen, das alle Länder der Erde mit einbezieht. Ein CO2-Check pro Kopf - unsere Idee (1) Alle Menschen haben das Recht, die gleiche Menge C02 auszustoßen. Aber nur soviel, dass die Erde sich insgesamt um höchstens zwei Grad Celsius erwärmt. Bei bald acht Milliarden Menschen wären das 1,5 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Die Zertifikate werden entsprechend der Größe der Bevölkerung an die Länder vergeben. Wenn die Zertifikate nicht genutzt werden, können sie teuer verkauft werden. Somit fließt zusätzliches Geld von den Industrie- an die Entwicklungsländer. Das Geld soll für die Erforschung neuer Technologien verwendet werden, aber auch für den Aufbau von Infrastruktur und die Förderung von Sozial- und Bildungssystemen. Neben echtem Klimaschutz brauchen wir weitere Anpassungsmaßnahmen. Dafür fehlt es vielen ärmeren Länder an Technologien und Geld. Globale Umweltorganisation - unsere Idee (2) Um den Zertifikatehandel zu überwachen und zu kontrollieren, dass die Industrieländer den Entwicklungsländern nicht alle Zertifikate abkaufen und der Erlös sinnvoll eingesetzt wird, bedarf es einer globalen Umweltorganisation. Diese muss mit ausreichend Macht ausgestattet sein, um zum Beispiel Strafzölle und Sanktionen zu verhängen, wenn Länder sich nicht an den nötigen Reduktionen beteiligen. Natürlich wird der Klimaschutz auch Kosten mit sich bringen. Der Schaden, der durch fehlenden Klimaschutz entstünde, würde diese aber bei weitem übersteigen. Ein internationaler Fonds, den die Umweltorganisation überwacht, muss eingerichtet werden. Dort zahlen die Industriestaaten pro Jahr zwei Prozent ihres BIP ein. Dieser Fonds soll Internationale Forschungen, Klimaschutzprojekte und die Förderung von erneuerbaren Energien finanzieren. Wie viel CO2 muss eingespart werden? Bis 2100 darf sich das Klima nicht mehr als um zwei Grad Celsius erwärmen. Mehr wäre nicht zu verantworten. Aber selbst diese zwei Grad werden schon schlimme Folgen mit sich bringen. Für die Einhal­ tung der "2 Grad-Strategie" brauchen wir bis spätestens 2050 eine Halbierung der CO2-Emissionen gegenüber dem Niveau von 1990. Die Industrieländer müssen aus ihrer historischen Verantwor­ tung heraus weitaus mehr Treibhausgase einsparen. Deshalb hat sich Europa schon jetzt das Ziel zu setzen, bis 2020 mindestens 40 Pro­ zent und bis 2050 etwa 80 Prozent weniger Treibhausga­ se auszustoßen. Zwischen 2080 und 2100 müssen die globalen Treibhausgasemis­ sionen dann gegen Null ge­ hen. 17 Den nationalen Alleingang wagen Das wichtigste Instrument zur Förderung der regenerativen Energien ist das ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG). Es garantiert den Betreibern von regenerativen Energiequellen bis 2020 einen Mindestpreis für ihren Strom und bietet so­ mit eine wichtige Vorausset­ zung für Investitionen. Insbesondere der Ausbau von Biomasse, Windenergie und Photovoltaik hat hiervon pro­ fitiert. Im Gegensatz zu ande­ ren Subventionen sinkt die Förderung kontinuierlich bis sie nicht mehr notwendig ist. Das in Deutschland erfolgrei­ che EEG wird inzwischen weltweit kopiert. 18 Nicht nur international, sondern auch auf nationaler Ebene finden sich eine Reihe sinnvoller Möglichkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels. Die verbreitete Angst der Nationalstaaten vor einem Alleingang in Sachen Klimaschutz ist unbegründet. Denn: Eine Vorreiterrolle im Klimaschutz zahlt sich aus! Energiepolitik der drei Es Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Energieeinsparung: An diesen Schlagworten muss sich die Energiepolitik der Zukunft orientieren. Ziel sollte es sein, dass 2050 der weltweite Energiebedarf zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Wichtigste Voraussetzung hierfür ist es, die Erforschung und Entwicklung effizienter Technologien zur umweltfreundlichen Energieerzeugung voranzutreiben. Teure Investitionen in den Ausbau schmutziger Kohle- und Atomkraftwerke stehen diesem Ziel im Wege. Im Bereich Energieeinsparung und Effizienz liegen noch riesige Potentiale. Hier müssen entsprechende Anreize für mehr Energieeffizienz geschaffen werden. Maßnahmen zur Eindämmung von Wärmeverlusten sind einfach umzusetzen und erzielen große Effekte. Neubauten können heute beispielsweise schon ganz ohne Energie auskommen. Klimafreundlich mobil sein Der Verkehrssektor als einer der Hauptverursacher des Treibhauseffekts muss in den Emissionshandel e i n b e z o g e n w e r d e n. A u ß e r d e m m ü s s e n Maßnahmen ergriffen werden, die den Lastverkehr auf die Schiene verlagern. Der private Autoverkehr muss reduziert und der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel gestärkt werden. Ökologisch Steuern Für eine langfristig klimagerechte Entwicklung ist eine umfassende Reform der nationalen Steuersysteme im Sinne einer ökologischen Steuerreform unerlässlich. Der Grundgedanke ist einfach: Die Höhe einer Steuer sollte an ökologischen Kriterien gebunden werden. Kosten für Klimaschäden, die durch die Produktion und den Transport von Waren entstehen, werden auf das Produkt übertragen, so dass sich umweltschädliche Produktionen nicht mehr lohnen. Ökologisch hergestellte Nahrungsmittel würden dann Das Top-RunnerPrinzip beispielsweise günstiger sein als solche aus konventioneller Produktion. Mit der Ökosteuer der rot-grünen Koalition wurde ein erster richtiger Schritt hierzu unternommen. Langfristig gilt es, alle externen Kosten nicht umweltverträglicher Produktion in den Preis mit einzubeziehen. Die Einführung einer Flugticketabgabe nach französischem Vorbild wäre ein sinnvoller erster Schritt hin zu einer längst überfälligen globalen Besteuerung von Flugbenzin. Einführung eines Top-Runner-Systems Wo indirekte Steuerungsmechanismen des Staates nicht mehr ausreichen, müssen Verbote in Betracht gezogen werden. Diese sind da besonders sinnvoll, wo bessere Alternativen möglich sind. Elektronische Geräte verbrauchen immer noch weit mehr Energie als technisch nötig. Durch die Einführung eines Top- Runner-System, bei dem die jeweils aktuell umweltfreundlichste Technologie zwei Jahre später zum gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandard für neue Modelle wird, könnten uneffiziente Geräte bald der Vergangenheit angehören. Nach dem Top-Runner-Prinzip setzten die effizientesten Geräte den Standart für die Entwicklung neuer Geräte ei­ ner Produktgruppe. Ziel ist es einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und gleich­ zeitig die Wettbewerbsfähigkeit eigener Produkte auf dem Weltmarkt zu verbessern. Ja­ pan hat bereits 1998 ein Top-Runner-Programm eingeführt und damit den En­ ergieverbrauch fü rElektrogeräte deutlich senken können. Beispielsweise konn­ te der Verbrauch von Klima­ anlagen in Japan um 63%, der von Computern sogar um 83% reduziert werden. Von der Regelung profitieren also auch die VerbraucherInnen, die mit geringeren Stromkos­ ten rechnen können. 19 Das 1x1 des Energiesparens Ungefähr ein Drittel des End­ energieverbrauches verursa­ chen private Haushalte. Jede Person kann also durch kleine Schritte Großes leisten für für den Klimaschutz. Stand-By abschalten, Energiesparlam­ pen verwenden, beim Kochen einen Deckel auf dem Topf legen, bei niedrigeren Tempe­ raturen waschen, keinen Trockner benutzen... Darüber hinaus kann mit geringen Mehrkosten Öko-Strom bezo­ gen werden. www.atomsausstiegselber-machen.de Alte Stromfressergeräte sollten durch neue und energieeffizi­ entere Geräte ausgetauscht werden. Beim Kauf hilft das europäische Energielabel. Darauf sind die wichtigsten technischen Daten für jedes Gerät notiert. Am besten sind Geräte mit den Noten A, A+ oder A++. www.eu-label.de 20 Energieautarke Regionen Energieautarke Regionen sind Städte, Dörfer oder ganze Landstriche, die mit erneuerbaren Energien und vielen kleinen Kraftwerken ihre eigene Stromversorgung bestreiten können. Damit sind sie unabhängig von großen Stromkonzernen und können selber bestimmen, wie ihr Strom produziert wird. Klimawandel in der Schule Menschen werden sich erst dann bewusst klimafreundlich verhalten, wenn sie über den Klimawandeln ausreichend aufgeklärt sind. Kinder müssen die Chance bekommen, von Anfang an zu ökologisch bewussten Menschen erzogen zu werden. Das Thema soll in der Schule in einem speziellen Fach Umwelt und Naturschutz behandelt werden. Klimaschutz muss gelehrt und gelebt werden wie etwa durch Energiesparprojekte und Solaranlagen auf dem Dach der Schule. Landwirtschaft Für den Klimaschutz müssen wir den Konsum von Fleisch drastisch verringern und die konventionelle Landwirtschaft auf Ökolandbau umstellen. Denn ökologische Landwirtschaft benutzt keinen Mineral- und Stickstoffdünger, verbraucht weniger Energie und Ressourcen und nutzt die natürlichen Gegebenheiten optimal. Waldschutz Wälder sind eine natürliche Kohlenstoffspeicherung. Bei der Abholzung und Verbrennung etwa im Amazonasregenwald - wird sehr viel CO2 freigesetzt. Deshalb gehört der radikale Schutz der letzten Regenund Urwälder mit zum Klimaschutz. Ebenso Aufforstungsprojekte und eine nachhaltige Forstwirtschaft. Worldmapper Worldmapper ist ein Zusammenschluss verschiedener Menschen der University of Sheffield und der University of Michigan. Sie sind dabei geografische Karten zu erstellen, die jeweils in Bezug zu einem bestimmten Thema stehen, also etwa dem Flugverhalten, dem Wohlstand oder der HIV-Infektionen einer Region. Diese Karten sind nicht nach der Landmasse sondern nach anderen Daten ausgerichtet. Regelmäßig werden neue Karten in den unterschiedlichen Kategorien veröffentlicht, es gibt eine Mailingliste und einen RSSFeed. Mehr Infos findet ihr unter www.worldmapper.org oder direkt bei [email protected]. 21 Klimaschutz für alle! der Klimawandel geht uns alle an. Die Grüne Partei möchte mit Dir gemeinsam das Klima schützen - im Alltag, im persönlichen Lebensstil, als BürgerIn und VerbraucherIn. Dafür bietet das Grüne Kli­ maaktionsportal jede Menge Infos, Tipps und Aktionen. Hier kannst Du aktiv werden, selbst bloggen, diskutieren, dein Wissen testen und vieles mehr. Misch dich ein! Dein Klima braucht dich. Besuche www.gruenes-klima.de Gastbeitrag von Reinhard Loske Kein entweder oder: Klimaschutzpolitik und ein Wandel des Lebensstils gehören zusammen Die Debatte über den Klimawandel stellt im Moment alles vom Kopf auf die Füße. Manches Tabu, mit dem sich Umweltschützer und Grüne längst arrangiert hatten, wird plötzlich gebrochen. Um dem Vorwurf von Verzicht und Askese zu entgehen, konzentrierte man sich lange Zeit auf Fragen der Technologie und des politischen Rahmens. Und in der Tat, bessere Technik, bessere Produkte und bessere Gesetze bewirken auch viel für den Umweltschutz. Aber wahr ist eben auch, dass die bessere Effizienz durch das ständige Wachstum aufgefressen wird. Doch es wäre falsch, politische Maßnahmen gegen individuelle Verhaltensänderungen auszuspielen. Es geht nicht um Politikwandel oder Lebensstilwandel, sondern um Politik- und Lebensstilwandel. So sehr es gute Gesetze für erneuerbare Energien, für öffentliche Verkehrsmittel, für Klimaschutz oder für den Ökolandbau braucht, so 22 sehr kann jedeR einzelne jetzt handeln: Nur noch Ökostrom beziehen oder ihn selbst produzieren, das eigene Haus dämmen und die Heizung modernisieren oder Druck auf den Vermieter ausüben, Mobilität möglichst zu Fuß, mit dem Rad oder per Bus und Bahn abwickeln, beim nächsten Mal ein verbrauchsarmes Auto anschaffen oder sich am CarSharing beteiligen, Urlaub auch mal im eigenen Land machen, weniger Fleisch essen, Nahrungsmittel aus der Region kaufen, die eigenen Kinder so erziehen, dass sie ein entsprechendes Bewusstsein entwickeln können und möglichst ein gutes Vorbild sein. Der allerwichtigste Beitrag zum Klimaschutz ist es wohl, den Kopf selbstbewusst über die Warenflut zu erheben und nicht jedem kurzlebigen Trend nachzulaufen. Man wird dann vielleicht feststellen, dass der Verzicht auf überflüssige Dinge, die den Alltag verstopfen, eher ein Gewinn ist als ein Verlust. Klimabüchertipps zum Weiterlesen: Klima-Linkliste Der Klimawandel IPCC: www.ipcc.ch UNFCCC und Kyoto-Protokoll: Bringen wir das Klima aus dem Takt? Hintergründe und Prognosen und Herausforderung Klimawandel. Was wir jetzt tun müssen.. unfccc.int Umweltorganisationen Greenpeace: Fair Future www.greenpeace.de Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands: www.bund.net BUND Jugend: Das Buch von Rahmstorf und Schwellnhuber erklärt anschaulich die Klimageschichte unseres Planeten, welche Faktoren für das Klima verantwortlich sind, sowie die Funktionsweise des Treibhauseffektes. Sie Beschreibungen die Auswirkungen und Diskustieren die pro und kontra Argumente der verschiedenen Gegenmaßnahmen, die ergriffen werden können. Herausforderung Klimawandel www.bundjugend.de Naturschutzbund Deutschlands: www.nabu.de Robin Wood: www.umwelt.org/robin-wood Globaler Klimaschutz Tag Von den begrenzten Ressourcen und Globaler Gerechtigkeit auf der Erde handelt das Buch und kommt somit nicht an dem Klimawandel vorbei. Wenn auch nicht Schwerpunktthema des Buches, so leistet es Denkanstöße und Ideen für eine faire Lösung des Klimaproblems und verbindet es mit den vielen anderen wichtigen Globalen Problemen unserer Erde. Geschrieben wurde es von dem Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie. Es ist auch bei der Bundeszentrale für Politische Bildung erschienen. Jedes Jahr im Herbst findet meist vor der Weltklima Konfe­ renz ein Internationaler Protest­ tag für mehr Klimaschutz statt. 2007 wird der 8 Dezember der große Tag sein. Alle Menschen, dieser Erde sind dazu Aufgeru­ fen gemeinsam für mehr Klima­ schutz zu streiten. Viele Infos unter globalclimatecampaign.org Mojib Latif hat gleich mehrere sehr gute Bücher zum Klimawandel geschrieben. Unter anderem Klima, 23 www.gruene-jugend.de