1.8. Diskrete Wahrscheinlichkeitsräume.

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1.8. Diskrete Wahrscheinlichkeitsräume 1. Sei
• Ω eine endliche oder abzählbar unendliche Menge,
2
• F = Pot(Ω)
und
P
• P[A] = a∈A pa , A ∈ F,
wobei
X
pa = P[{a}] ∈ [0, 1], a ∈ Ω;
pa = 1.
a∈Ω
In einem solchen Fall wird (Ω, F, P) als diskreter Wahrscheinlichkeitsraum bezeichnet.
Beispiele 3.
(a) Bernoulli-Verteilung mit Parameter p ∈ [0, 1]:
Ω = {0, 1};
p0 = 1 − p, p1 = p.
Anwendung: Münzwurf (fair, wenn p = 1/2, sonst unfair) 4.
(b) Binomial-Verteilung B(N, p) mit Parametern N ∈ N und p ∈ [0, 1]:
N k
Ω = {0, 1, . . . , N }; pk =
p (1 − p)N −k , k ∈ Ω.
k
Anwendung: B(N, p) beschreibt die Anzahl der Erfolge beim N -maligen, unabhängigen Münzwurf mit Erfolgswahrscheinlichkeit p 5.
(c) Geometrische Verteilung (auf N) mit Parameter p ∈ (0, 1) 6:
Ω = N = {1, 2, . . . };
pk = (1 − p)k−1 p, k ∈ Ω.
Anwendung: Beschreibung des Zeitpunkts des ersten Wurfs von Zahl“ bei dem ∞”
fachen, unabhängigen Wurf einer Münze mit Wahrscheinlichkeit p für Zahl“ beim
”
7
einmaligen Wurf .
(d) Laplacesche Verteilung auf einer endlichen Menge M (Gleichverteilung
auf M 8):
1
, m ∈ Ω.
Ω = M ; pm =
|M |
1
Derartige Wahrscheinlichkeitsräume tauchen sehr oft in den klassischen elementaren Beispielen der Wahrscheinlichkeitstheorie auf.
2Für höchstens abzählbar unendliche Stichprobenräume Ω ist dies die übliche Wahl. In
überabzählbaren Stichprobenräumen Ω wäre mehr Sorgfalt bei der Wahl einer σ-Algebra zu verwenden, vgl. Abschnitte 1.4 und 1.7.
3Die ersten Beispiele diskreter Wahrscheinlichkeitsräume wurden in Abschnitt 1.1 vorgestellt.
4Vgl. Abschnitt 1.1(a), (b). Auch andere Experimente“ mit zwei möglichen Ausgängen können
”
mit Hilfe einer Bernoulli-Verteilung modelliert werden. Beispiele wären der Test einer Person auf
eine HIV-Infektion oder das Ergebnis einer Funktionsprüfung für eine Glühbirne.
5Vgl. auch Ein Einblick in den Aufbau und die Themen der Stochastik“, Abschnitt 2, (1)-(5).
”
Die Anzahl der defekten Produktionsstücke bei N Tests ist binomialverteilt mit den Parametern
N und der Fehlerwahrscheinlichkeit p.
6In [1] wird auch die Wahrscheinlichkeitsverteilung auf N = {0, 1, 2, . . . } mit p = (1 − p)k p,
0
k
k ∈ N0 , als geometrische Verteilung bezeichnet.
7Wegen der Unabhängigkeit der Würfe gilt insbesondere
˜
ˆ
P zum Zeitpunkt n wird das erste Mal Zahl“ geworfen
”
ˆ
˜
= P 1. Wurf , Kopf“, . . . , (n − 1)-ter Wurf , Kopf“, n-ter Wurf , Zahl“
”
”
”
= P[1. Wurf , Kopf“] . . . P[(n − 1)-ter Wurf , Kopf“]P[n-ter Wurf , Zahl“]
”
”
”
= (1 − p)n−1 p, n ∈ N.
Etwas ausführlicher werden diese Überlegungen in Abschnitt 2.1.1(a) dargelegt.
8Vgl. Abschnitt 1.4.1. Dort wird die Gleichverteilung auf [0, 1] betrachtet. Allgemeiner wird in
Abschnitt 1.9.1 die Gleichverteilung auf einem beschränkten Gebiet G ⊂ Rd eingeführt werden.
1
2
Anwendung: Wurf einer fairen Münze (einmalig, bzw. N -malig, unabhängig 9).
(e) Poissonverteilung P (λ) mit Parameter λ > 0:
λk
exp(−λ), k ∈ Ω.
k!
Anwendung: Modellierung der Anzahl von total zufälligen“ Zeitpunkten 10 in ei”
nem Zeitintervall [0, T ], z.B. der Anzahl eingehender Anrufe in einer Telefonzentrale 11.
Ω = N0 = {0, 1, 2, . . . };
pk =
Weitere diskrete Wahrscheinlichkeitsmaße: Multinomialverteilung, Hypergeometrische Verteilung 12.
Bemerkungen. (i) Sei Ω ⊂ Rd höchstens abzählbar. Ein diskretes Wahrscheinlichkeitsmaß P auf Ω kann auch als ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf 13 (Rd , B(Rd ))
betrachtet werden. Man definiert dann
X
P[A] =
P[{a}], A ∈ B(Rd ).
a∈Ω∩A
(ii) Für ein allgemeines Wahrscheinlichkeitsmaß P 14 auf (Rd , B(Rd )) bezeichnet
man Punkte a ∈ Rd mit P[{a}] > 0 auch als Atome von P. Offensichtlich ist ein
diskretes Wahrscheinlichkeitsmaß auf seinen Atomen konzentriert 15.
Literatur
[1] H.-O. Georgii. Stochastik. De Gruyter, 2002.
9In diesem Fall besitzen die Wurfsequenzen die Gleichverteilung auf {0, 1}N , vgl. Abschnitt 1.1(e).
10Sowohl die Anzahl als auch die Lage jener Zeitpunkte innerhalb von [0, T ] seien zufällig.
Außerdem seien keine Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Zeitpunkten vorhanden.
11Weitere Beispiele wären jeweils in einem Zeitintervall [0, T ] die Anzahl der bei einem Mailserver eingehenden E-Mails, die Anzahl der Verkehrsunfälle auf einem festen Straßenabschnitt,
der Vulkaneruptionen auf der Erde, der von Astronomen beobachteten Supernova-Explosionen,
....
Die Tatsache, daß in derartigen Situationen mit Hilfe der Poissonverteilung eine vernünftige mathematische Modellierung vorgenommen werden kann, ergibt sich aus der Gültigkeit der PoissonApproximation der Binomialverteilung. Dieses Resultat besagt, daß bei N → ∞ die Binomialverteilung B(N, pN ) gegen die Poissonverteilung P (λ) konvergiert“, falls N pN → λ, vgl. Ab”
schnitt . . .
12
Vgl. Abschnitte . . . . Diese beiden Wahrscheinlichkeitsmaße sind auf endlichen Teilmengen
eines geeigneten Zd , d = 2, 3, . . . , konzentriert. Sie treten auf bei der Modellierung der Resultate
von mehrmaligen Ziehungen aus einer Urne, die endlich viele Kugeln mit teilweise unterschiedlichen Farben enthält. Verschiedenartige Situationen ergeben sich, wenn die gezogenen Kugeln
zurückgelegt, bzw. nicht zurückgelegt werden.
13B(Rd ) ist die kleinste σ-Algebra in Rd , die alle d-dimensionalen Rechtecke in Rd enthält,
vgl. Abschnitt 1.4.3.
14P muß nicht diskret sein.
15Für ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf (Rd , B(Rd )) mit einer Dichte f , vgl. Fußnote 29 in
R
Abschnitt 1.4.3 und Abschnitt 1.9, gilt P[{a}] = {a} dx f (x) = 0, a ∈ Rd . Ein solches Wahr-
scheinlichkeitsmaß hat daher keine Atome.
3. November 2007
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