Klimaänderung – Auswirkungen auf Gewässer, Naturschutz und Landnutzungen Andreas Krug Abteilungsleiter II.2 Integrativer Naturschutz und nachhaltige Nutzung, Gentechnik mit Henrik Hufgard, Andreas Kärcher und Frank Klingenstein Jahreskongress BWK-LV-NRW 25.04.08, Hagen Einführung • Der anthropogene Treibhauseffekt ist wissenschaftlich nachweisbar •Unsicherheiten über künftige Entwicklungen steigen mit zunehmender räumlicher Konkretheit der Aussagen •Szenarien stellen plausible Annahmen, aber keine Vorhersagen dar •Unsicherheitsfaktoren: Entwicklung der Meeresökosysteme und der Wälder, Landnutzungswandel, Bevölkerungsentwicklung, wirtschaftliche Entwicklung als wesentliche beeinflussende Rahmenbedingungen Fakten •Anstieg der CO2-Konzentration von 280 ppm (ca. 1850) auf aktuell 380 ppm •Emission von weiteren Treibhausgasen (Methan, Lachgas, Ozon…) (insbesondere durch Änderungen in der Landwirtschaft) Veränderung des Strahlungshaushaltes •Die letzten 10 Jahre waren global die wärmsten seit Beginn der Messungen. •WETTREG: regionale Klimamodellierung für Deutschland Erwärmung: v. a. im Norden und in den Voralpen •Veränderungen der Niederschläge: nordostdt. Tiefland trockener Mittelgebirgsregionen mehr Niederschlag im Winter Prognostizierte Änderung der mittleren Niederschlagssummen in NRW NRW NRW Mittlere Jahressumme Niederschlag Status quo (1951-2000) Mittlere Jahressumme Niederschlag Szenario (2046-2055) Quelle: Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Prognostizierte Änderung der mittleren Niederschlagssummen in Bayern In Bayern (in % 2021 bis 2050) Sommer Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt Winter Veränderungen in der Phänologie (z.B. Zugvögel, Pflanzen) spiegeln die Verlängerung der Vegetationsperiode um 11 Tage seit 1950 wider Arealveränderungen: Zunahme/Ausbreitung atlantischer = frostempfindlicher (immergrüner) Arten 0°C-Januar-Isoline ~ +1,5°C Walther et al. 2005, Proc. R. Soc. Lond. B, 272, 1427-1432 Gottesanbeterin (Mantis religiosa) schwarz: alte Vorkommen grün: neue Vorkommen Bienenfresser: Rückbesiedlung seines „barocken“ Areals bis Südschweden Kleines Granatauge (Erythromma viridulum): RL2 3 in Sachsen-Anhalt ◆= 1980s Gebirgsarten der oberen Höhenstufen Piz dals Lejs Piz Minor Piz Alv Piz Chatscheders Piz Tschüffer × = 1900s Piz Lagalb Arten des Wattenmeers (Meeresspiegelanstieg) und Küstenarten ● = 2003 Arten von (kühlen) Feuchtgebieten (Moore, Niedermoore, Feuchtwiesen und -wälder) In Deutschland könnten In Deutschland könnten 5-30% der Arten aussterben 5-30% der Arten aussterben Mittel Verlust an Pflanzenarten pro Zelle [%] +2°C 15 % +3°C 20 % +4°C 35 % 32 Mio. € jährliche Kosten durch allergenen Pollen teuerste Art Deutschlands Vorkommen von Arten der Gattung Ambrosia (amerikanische Neophyten) Beifuß Beifußblä blättriges Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) artemisiifolia) aus Nordamerika Mögliche Auswirkungen auf die Fließgewässer (vgl. auch IPCC 2007) • • • • • Zu- oder Abnahmen im Abflussgeschehen Verschiebung der Abflussspitzen (etwa vom zeitigen Frühjahr in den Winter infolge verfrühter Schneeschmelze) Veränderungen der Wasserqualität infolge höherer Temperaturen und geringerer Abflussmengen Vielfach Zunahme des Ausmaßes und der Häufigkeit von Flutereignissen Dabei regional starke Unterschiede Mögliche Auswirkungen auf Flüsse und Auen Alpin gespeiste Gewässer: • größere Hochwasser als zuvor durch vermehrten abflusswirksamen Niederschlag (Schneeschmelze) in Frühjahr und Sommer • schärfere Artenauslese und Artenverschiebung bei episodisch auftretenden extremen Sommerhochwassern • kürzere Hochwasser führen zu verringerter Grundwasserneubildung vor allem bei den heutigen eingeschränkten Überflutungsmöglichkeiten in den Auen • Niedrigwasserperioden im Sommer können zunehmen Nicht alpin gespeiste Gewässer: • geringere Hochwassertoleranz der Auewälder wegen länger und stärker werdender sommerlicher Trockenzeit Mögliche Auswirkungen auf Flüsse und Auen Rhein • Verringerung der Abflüsse im Spätsommer und Herbst • Zunahme großer Hochwasser (Höhere Niederschläge im Einzugsgebiet, weniger Schnee) Elbe • erhöhte Wahrscheinlichkeit von Niedrigwasser in den Sommermonaten Einschränkungen für die Elbeschifffahrt • erhöhte Wahrscheinlichkeit von Starkniederschlägen Hochwassergefahr Lösungsmöglichkeiten – Flüsse und Auen • Umsetzung der Ziele der WRRL und des Naturschutzes gemäß Naturschutzgesetz für Flussauen insbesondere für den Wasserhaushalt • Ergänzende Maßnahmen zur ökologischen Verbesserung von Auen aus Naturschutzsicht (Retentionsraum) • Die Rückgewinnung dynamischer Flussauen – verbessert die Oberflächen- und Grundwasserverhältnisse – ist ein wesentlicher Beitrag zum naturverträglichen Hochwasserschutz – puffert Niedrigwasserstände • Verknüpfung von naturschutzrelevanten Aufgaben der WRRL mit der Arbeit der Naturschutzbehörden Lösungsmöglichkeiten – Flüsse und Auen • Umsetzung der Ziele des Koalitionsvertrages (Stichwort „Mehr Raum für die Flüsse“) → Forderung: Nationales Auenprogramm (F+E-Projekte des BfN) Bundesweite Bilanzierung und Bewertung von Flussauen (Auengütekarte) Zielsetzung der Forschungsvorhaben • Erstellung eines bundesweiten Fachdatensatzes zum Auenschutz • erstmalige bundesweite Dokumentation des Zustandes der Flussauen • Umsetzung eines nationalen Auenprogramms Mögliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft Direkte Auswirkungen • Mehr Winter-, weniger Sommerniederschläge Trockenstress im Sommer Bewässerung? • Zunahme der Starkniederschlagsereignisse Höhere Erosionsgefahr • Ertragseinbußen vermutlich bei Getreide, höhere Ertrage z.B. bei Mais „Indirekte“ Auswirkungen • Änderungen der Landnutzungen Klimatisch bedingt (Anpassungen der Anbaustrukturen) Politisch bedingt, z.B. durch Förderung von Biomasse (Folgen: z.B. verstärkter Anbau von „Biogasmais“, Umbruch von Dauergrünland) • derzeitige Änderung der Landbewirtschaftungen führt eher zu Klimaerwärmung Mögliche Auswirkungen auf den Wald Änderung der Baumartenzusammensetzung und der Verbreitungsgebiete • Wärme liebende Baumarten können sich ausbreiten • Mehr Winter-, weniger Sommerniederschläge Trockenstress im Sommer Zunahme von Schadereignisse und Kalamitäten • Erhöhte Anfälligkeit bereits gestresster Bäume • Windwurfereignisse werden zunehmen • Ausbreitung Wärme liebender Insekten : – z.B. Massenvermehrungen des Eichenprachtkäfers (Agrilus biguttatus), des Schwammspinners (Lymantria dispar) und des Eichenprozessionsspinners (Thaumetopoea processionea). Lösungsmöglichkeiten Land- und Forstwirtschaft • Ausweitung naturschutz- und klimaschutzrelevanter Landbewirtschaftung (extensive Systeme, Ökologischer Landbau • Klimaschutzförderung nur mit Nachweis eines positiven Beitrags zum Klimaschutz (Biogasmais-Förderung ist unsinnig!) • Anpassung der Wälder an die Herausforderungen des Klimawandels z. B. durch Anbau möglichst vielfältiger Mischbestände • Naturnahe Waldbewirtschaftung möglichst auf der gesamten forstwirtschaftlich genutzten Fläche (Naturverjüngung, natürliche Prozesse, ausreichender Alt- und Totholzanteil). • Erhöhung der natürliche Speicherkapazität für CO2 der Landlebensräume (z. B. durch Wiedervernässung und Renaturierung von Mooren und durch die Zunahme naturnaher Wälder). “alte”Naturschutzforderungen mit neuer Relevanz - große Schutzgebiete - Wanderungskorridore/Biotopverbund Anpassung an den Klimawandel: in anderen Sektoren einfacher… steigende Dynamik führt zum Verlust von Begründungen des (bes. konservierenden) Naturschutzes wofür dann noch Schutzbemühungen? ???