ITMAGAZINE Das kleine ­Einmaleins der Mitarbeitermotivation 1. April 2017 ­ Von Albrecht Müllerschön Führungspersonen vergessen gerne, dass ihr Verhalten einen direkten Einfluss auf die Produktivität der Arbeitnehmer hat. Führungskräfte können durch ihr Verhalten die Mitarbeitermotivation stark beeinflussen. Etwa durch ihre Art, Mitarbeiter zu führen und mit ihnen zu kommunizieren. Arbeitnehmer zu motivieren und dafür zu sorgen, dass sie nicht demotiviert werden, gehört zu den klassischen Führungsaufgaben. Das ist fast allen Führungskräften klar, jedoch geht dieser Aspekt in der Hektik des Betriebsalltags oftmals vergessen. Die nachfolgenden Punkte sind als Auffrischung für das Wesentliche gedacht. 1. Wertschätzung und Interesse zeigen Umfragen über alle Hierarchie­Ebenen hinweg zeigen, dass Wertschätzung den Mitarbeitern sehr wichtig ist. Angestellte eines Unternehmens möchten als Person mit individuellen Wünschen und Bedürfnissen wahrgenommen werden. Und vermutlich behaupten die meisten Führungskräfte, dass sie einen entsprechenden persönlichen Umgang mit ihren Mitarbeitern pflegen. Doch Hand aufs Herz: Wie oft suchen Führungskräfte das persönliche Gespräch mit den Mitarbeitern, abgesehen von beruflichen Themen? Und wie viel wissen sie darüber, was die Mitarbeiter privat beschäftigt und wie glücklich und zufrieden diese mit ihrer Arbeitssituation sind? Die meisten Führungskräfte haben diesbezüglich nur Vermutungen. Zudem stellt sich die Frage, wie wertschätzend der Umgang mit den Mitarbeitern ist, die nicht die von ihnen gewünschte Leistung bringen oder die wegen eines Versäumnisses oder Fehlers von ihrem Vorgesetzten gerügt wurden? Bleiben Ton, Aussagen und der Blickkontakt im Mitarbeitergespräch dann noch wertschätzend? Oder wird den Mitarbeitern dann auch schon mal eine Bemerkung um die Ohren gehauen, bei der diese innerlich schlucken müssen und an der sie einige Zeit zu knabbern haben? Tipp: Als Führungskraft sollte man das eigene Verhalten beobachten und reflektieren – speziell in Konflikt­ und Stresssituationen. Denn insbesondere in solchen Situationen zeigen Führungskräfte oft ein Verhalten, das bei den Arbeitnehmern zu emotionalen Verletzungen führen kann und die vertrauensvolle Beziehung zerstört. 2. Lob und Anerkennung ­kundtun Menschen wünschen sich Lob und Anerkennung und sie möchten wissen, wo sie stehen und wie ihre Bemühungen wahrgenommen werden. Dies gibt ihnen Sicherheit und stärkt ihr Selbstvertrauen. In einem Lob kommt darüber hinaus auch Wertschätzung zum Ausdruck. Lob und Anerkennung kann man Mitarbeitern nicht nur für absolute Glanztaten – wie zum Beispiel für den Abschluss eines Mega­­Auftrags oder die Lösung eines grossen Problems – aussprechen. Auch im Betriebsalltag gibt es vieles zu loben. Beispielsweise wenn ein Mitarbeiter rechtzeitig das Gespräch mit dem Vorgesetzten sucht, etwa wenn eine Planabweichung droht. Oder wenn er stets zuverlässig seine Aufgaben erfüllt und pünktlich zur Arbeit erscheint. Solche Dinge sind nicht so selbstverständlich, wie sie Führungskräften oft erscheinen mögen. Doch leider merken sie dies oft erst, wenn der Mitarbeiter weg ist. Etwa, weil er das Unternehmen gewechselt hat und jemand Neues seine Position einnimmt. Tipp: Nicht die grossen Lobeshymnen machen den Unterschied. Der kleine Nebensatz im Alltag ist entscheidend: Tipp: Nicht die grossen Lobeshymnen machen den Unterschied. Der kleine Nebensatz im Alltag ist entscheidend: «Super Idee», «Spitze, dass Sie das geschafft haben.» Am besten kombiniert mit einem Lächeln und einem Blick in die Augen. 3. Feedback geben Im Gegensatz zum Lob, welches aus einer kurzen Bemerkung wie «Gut gemacht» bestehen kann, ist das Feedback eine ausführliche und strukturierte Rückmeldung, die in der Regel unter vier Augen gegeben wird. Beim Feedback werden neben den Stärken auch die Schwächen thematisiert, die ein Mitarbeiter beim Wahrnehmen gewisser Aufgaben zeigt. Zudem werden dem Mitarbeiter Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt. Dementsprechend ist das Feedback oder die Rückmeldung ein zentrales Führungsinstrument, wenn es darum geht, dass sich Mitarbeiter weiterentwickeln. So können sie immer eigenständiger arbeiten und mit der Zeit auch komplexere Aufgaben übernehmen. Und auch die Tatsache, dass sich eine Führungskraft regelmässig Zeit für Feedback­Gespräche nimmt, kann für die Mitarbeiter ein Signal sein. So wird ihnen etwa gezeigt, dass der Chef Vertrauen hat in die persönlichen Kompetenzen und man auf eine langfristige Zusammenarbeit setzt. Somit ist regelmässiges Feedback wichtig, auch damit mit der Zeit die persönliche Belastung des Vorgesetzten sinkt, weil die Mitarbeiter stets kompetenter werden. Tipp: Eine Führungskraft sollten beim Feed­back nach folgender Struktur vorgehen: • Welches Verhalten fällt auf? • Wie wirkt das Verhalten beziehungsweise welche Konsequenzen hat ­dieses? • Wie sollte das Verhalten oder Vorgehen künftig sein? • Welche Unterstützung braucht der Arbeitnehmer hierfür? 4. Klare Ziele und ­Erwartungen formulieren Wenn Mitarbeiter nicht wissen, welche Ziele es bei der Arbeit zu erreichen gilt und welche Erwartungen die Führungskraft an sie setzen, dann können sie auch nicht eigenständig arbeiten. Dazu kommt, dass die Mitarbeiter dann nur wenige Erfolgserlebnisse haben, weil sie ja ziel­ und orientierungslos arbeiten. Das frustriert und demotiviert sie mit der Zeit. Tipp: Führungspersonen sollten mit den Mitarbeitern regelmässig klären, ob die Aufgaben und die dabei zu erreichenden Ziele klar sind und ob sie diese verstanden haben. Die rhetorische Frage «Alles klar?», zum Beispiel nach dem Delegieren einer Aufgabe, bringt wenig. Man muss sich als Führungskraft vergewissern, dass der Mitarbeiter die Aufgabe und die damit verbundenen Ziele wirklich verstanden hat. 5. Vertrauen schenken Normalerweise wird ein Mitarbeiter von einem Unternehmen eingestellt, weil man ihm in seiner Kompetenz vertraut oder man zumindest davon ausgehen konnte, dass er mit der Zeit gewisse Aufgaben übernehmen kann. Entsprechendes Vertrauen sollte man dem Mitarbeiter auch zeigen und sein Verhalten und Tun nicht kleinteilig kontrollieren, als müsste man, salopp formuliert, einen Hund dressieren. Wechselseitiges Vertrauen ist die Basis für eine gute Zusammenarbeit. Fehlt dieses, wird das Potential des Mitarbeiters nicht genutzt und der Mitarbeiter verhält sich mit der Zeit so, wie er geführt wird: Nämlich wie ein Mitarbeiter, dem man keine Aufgaben zum eigenständigen Bearbeiten anvertrauen kann. Tipp: Führungspersonen sollten reflektieren, ob sie eher Vertrauen schenken oder ob sie dazu neigen, andere Menschen und ihr Tun vorsichtig, kritisch zu beäugen. Die Grundhaltung einer Führungskraft sollte Vertrauen sein, zumindest bis man vom Gegenteil überzeugt wurde. Wenn das Vertrauensverhältnis gestört ist, sollte man mit dem Mitarbeiter unter vier Augen über die Qualität der Zusammenarbeit sprechen und die wechselseitigen Erwartungen klären. 6. Die Zusammenarbeit fördern In modernen Unternehmen werden die meisten Leistungen im Team erbracht – und dies setzt eine wechselseitige Kommunikation und Information voraus. Denn ohne diese können keine Synergie­Effekte erzielt werden und ohne diese sind wiederum keine Top­Leistungen möglich. Wie intensiv Arbeitnehmer miteinander kommunizieren und sich informieren, hängt stark davon ab, welches Vorbild ihnen gegeben wird. Führungspersonen sollten es als Bringschuld sehen, Mitarbeiter zu informieren. Stehen die Arbeitnehmer in der Holschuld, die nötigen Infos zu besorgen, verhalten sie sich auch entsprechend. Tipp: Führungspersonen sollten sich bewusst sein, was der Grund zum Einstellen der Mitarbeiter war. Man sollte sich jeweils in Erinnerung rufen, dass die Aufgaben ohne Hilfe der Mitarbeiter nicht bewältigt werden können. Also müssen die Mitglieder eines Teams, wozu auch die Führungskraft zählt, sich wechselseitig unterstützen. Zudem gilt es, die Voraussetzungen zu schaffen, um Herausforderungen gemeinsam zu lösen. 7. Work­Life­Balance ­ermöglichen Arbeitnehmer sollten zwar für ihre Arbeit brennen, aber nicht ausbrennen. Denn dann sinkt ihre Leistungsfähigkeit gegen Null. Führungspersonen sollten sich deshalb immer wieder bewusst machen, dass die Mitarbeiter neben dem Berufsleben auch noch ein Privatleben haben. Und auch dort sind sie mit Anforderungen konfrontiert, die sie erfüllen müssen und möchten. Führungspersonen sollten Verständnis dafür aufbringen und die Mitarbeiter nicht in Loyalitätskonflikte stürzen. Zum Beispiel, indem man vom Arbeitnehmer erwartet, dass er dem Unternehmen wie eine Maschine 24 Stunden am Tag zur Verfügung steht. Denn nur wenn ihre Work­Life­Balance stimmt, sind Mitarbeiter auf Dauer leistungsfähig und ­bereit. Das gilt übrigens auch für die Führungskräfte. Tipp: Den Arbeitnehmern sollte signalisiert werden, dass ihre privaten Wünsche und Bedürfnisse respektiert werden. Dabei sollten sie unterstützt werden, dass sie auch in beruflichen und privaten Stress­Zeiten ihre Work­Life­Balance möglichst bewahren. Etwa, indem flexibles Arbeiten ermöglicht wird oder man ihnen gestattet, einen Tag pro Woche von Zuhause aus zu arbeiten. So wird nicht nur die Loyalität der Mitarbeiter gegenüber der Führung und dem Unternehmen gestärkt, sondern auch ihre Leistungsbereitschaft. Der Autor Dr. Albrecht Müllerschön ist Inhaber der Müllerschön Managementberatung, Starzeln (Baden­Württemberg), die auf das Themenfeld Personalauswahl, ­diagnostik und ­entwicklung spezialisiert ist. Der Wirtschaftspsychologe ist Autor mehrerer Personal­Fachbücher und Lehrcoach an der Uni Tübingen. www.muellerschoen­beratung.de Copyright by Swiss IT Media 2017